L 9 AS 1096/12 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AS 3473/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 1096/12 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 16. Februar 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beschwerde des Klägers ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (vgl. §§ 172 Abs. 1 und 173 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]). Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet; das Sozialgericht (SG) hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Ergebnis zu Recht abgelehnt.

Prozessuale Grundlage des im vorläufigen Rechtsschutz verfolgten Anspruchs ist § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung als Regelungsanordnung setzt einen jeweils glaubhaft zu machenden (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung [ZPO]) Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch voraus. Die Dringlichkeit einer die Hauptsache vorweg nehmenden Eilentscheidung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG (Anordnungsgrund) kann bei Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in aller Regel nur bejaht werden, wenn wegen einer Notlage über existenzsichernde Leistung für die Gegenwart und die nahe Zukunft gestritten wird und dem Antragsteller schwere schlechthin unzumutbare Nachteile entstünden, wenn er auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens verwiesen würde (so u. a. auch 13. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg, Beschlüsse u. a. vom 25. November 2005 - L 13 AS 4106/05 ER-B - und 3. Februar 2012 - L 13 AS 141/12 ER-B). Einen finanziellen Ausgleich für die Vergangenheit, also für die Zeit vor Rechtshängigkeit des Eilverfahrens, herbeizuführen ist, von einer in die Gegenwart fortwirkenden Notlage abgesehen, nicht Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes, sondern des Hauptsacheverfahrens (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. Juli 2006 - L 13 AS 1620/06 ER-B - veröffentlicht in Juris). Der Anordnungsanspruch hängt vom voraussichtlichen Erfolg des Hauptsacherechtsbehelfs ab und erfordert in der Regel nur eine summarische Prüfung; an ihn sind um so niedrigere Anforderungen zu stellen, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen wiegen, insbesondere eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung droht (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG] in NJW 2003, 1236 f. und Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - veröffentlicht in Juris). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung, hier also der Entscheidung über die Beschwerde (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. Juli 2006 a.a.O. m.w.N.).

Ausgehend von diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht vor. Der Beklagte ist nicht im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Kläger höhere vorläufige Leistungen zu gewähren. Soweit der Kläger die Gewährung höherer Leistungen ohne Berücksichtigung der im Oktober 2011 zugeflossenen Betriebseinnahmen begehrt, ist dem im Rahmen der im Verfahren wegen Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vorzunehmenden Prüfung nicht zu folgen. Nachdem der Antrag auf Gewährung von Leistungen am 28. Oktober 2011 gestellt worden ist, ergibt sich aus der Regelung des § 37 Abs. 2 Zweites Busch Sozialgesetzbuch (SGB II), dass dieser Antrag auf den 1. Oktober 2011 zurückwirkt. Damit sind auch die im Oktober 2011 erzielten Betriebseinnahmen zu berücksichtigen. Dass die insofern vom Beklagten berücksichtigten Betriebseinnahmen unzutreffend berücksichtigt wurden, ist nach den vorliegenden Unterlagen nicht feststellbar und bleibt im Übrigen der Prüfung im Hauptsacheverfahren überlassen. Der Senat verweist insofern im Übrigen zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Beschluss.

Soweit der Kläger die Berücksichtigung weiterer Betriebsausgaben erstrebt, hat das SG im Rahmen des Verfahrens über die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ebenfalls zutreffend entschieden, dass die Aufwendung für das Carsharing Teilauto nicht zu berücksichtigen sind, nach dem der Antragsteller nach den Unterlagen sein vorhandenes Kraftfahrzeug weiterhin betrieblich nutzen wollte und nutzen konnte. Insofern ist die gleichzeitige Inanspruchnahme des Carsharing Dienstes Teilauto nicht notwendig, wie das SG zutreffend entschieden hat. Bezüglich der geltend gemachten Betriebsausgaben für betriebliche Darlehen fehlt es nach wie vor an der ausreichenden Glaubhaftmachung, dass es sich bei dem geltend gemachten Zins- und Tilgungsbeträgen um betrieblich veranlasste Ausgaben handelt.

Damit ist im Rahmen der Prüfung im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ein Anordnungsanspruch nicht hinreichend glaubhaft gemacht.

Im Übrigen fehlt es auch an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes. Insbesondere fehlt es an der Glaubhaftmachung der entsprechenden wirtschaftlichen Verhältnisse, nach dem der Kläger seine selbstständige Tätigkeit weiter über den 31. Oktober 2011 hinaus ausgeübt hat und davon auszugehen ist, dass er in dieser Zeit auch Einkünfte erzielt hat und erzielt, zumal er nach dem Vortrag des Beklagten auch keinen Weiterbewilligungsantrag für den Zeitraum ab 1. April 2012 gestellt und auch keine Nachweise über seine Einkünfte von Oktober 2011 bis März 2012 dazu vorgelegt habe. Der Kläger hat dann zwar mit Schreiben vom 3. April 2012 erklärt, er habe am 26. März 2012 einen Weitergewährungsantrag gestellt, was bei Abfassung des Schreiben des Beklagten vom 23. März 2012 nicht bekannt sein konnte, und Kontounterlagen bis 2. bzw. 10. November 2012 vorgelegt. Dies hat der Beklagte auch inzwischen mitgeteilt. Aus den weiteren Ausführungen des Klägers vom 3. April 2012 ergibt sich jedoch nichts, was einen Anordnungsgrund glaubhaft machen würde, zumal er einräumt, er habe von Mai bis Oktober 2011 Einkünfte in Höhe von 440 Euro erzielt. Dass er angesichts dessen keine Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit mehr hat, wird weder substantiiert behauptet, noch ist dies glaubhaft gemacht. Am 6. Februar 2012 hat er dem Beklagten vielmehr mitgeteilt, dass er einige kleinere Erfolge bei seinen Bemühungen um Kunden gehabt habe. Auch zur Höhe der Einkünfte ist nichts dargetan oder glaubhaft gemacht, so dass auch die Voraussetzungen eines Anordnungsgrundes nicht vorliegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung des § 193 SGG.

Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochtenen werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved