Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
9
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 2704/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 SF 1027/12 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 25. Januar 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Vorliegend geht es um die Ablehnung eines gerichtlichen Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit. Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Mannheim (S 12 R 2704/10) ist streitig, ob dem Kläger Rente wegen Erwerbsminderung zusteht.
Das SG hat am 8.2.2011 den Neurologen und Psychiater Dr. R., Ärztlicher Direktor der S. Kliniken Bad S., mit der Erstattung eines Gutachtens aufgrund ambulanter Untersuchung des Klägers beauftragt.
Mit Schreiben vom 22.2.2011 hat der Bevollmächtigte des griechischen Klägers, der seit Oktober 1988 in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt ist, fürsorglich beantragt, einen Dolmetscher für die g. Sprache zur Untersuchung hinzuzuziehen. Zwar könne sich der Kläger in der Regel gut auf deutsch verständigen bzw. habe dies gut gekonnt. Durch den Schlaganfall sei diese Fähigkeit jedoch stark beeinträchtigt, so dass immer wieder eine Übersetzung aus dem G. bzw. ins G. erforderlich sei. Darüber hinaus werde beantragt, der Ehefrau des Klägers, die Anwesenheit bei der Untersuchung zu gestatten, da der Kläger erhebliche Kommunikationsprobleme habe, die sich dadurch äußerten, dass er Fragen nicht bzw. falsch verstehe, während der Beantwortung den Faden verliere oder Antworten gebe, die den Tatsachen nicht entsprächen, ohne dies zu bemerken.
Das SG hat im Hinblick darauf mit Verfügung vom 23.2.2011 den Sachverständigen gebeten, einen Dolmetscher hinzuzuziehen und es in sein Ermessen gestellt, die Ehefrau des Klägers zur gutachterlichen Untersuchung zuzulassen. Auf telefonische Nachfrage des Sachverständigen, ob eine Angestellte der Klinik, die G. sei, die Dolmetscherfunktion übernehmen könne, hat das SG mit Verfügung vom 11.3.2011 mitgeteilt, dagegen bestünden keine Bedenken.
Am 28.3.2011 hat der Sachverständige den Kläger untersucht; am 25.7.2011 ist das Gutachten nebst Unterlagen über testpsychologische Untersuchungen einschließlich des Schmerzfragebogens beim SG eingegangen, das mit Verfügung vom 26.7.2011 an die Beteiligten übersandt worden ist.
Mit Schriftsatz vom 1.8.2011, eingegangen bei Gericht am 3.8.2011, hat der Kläger den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Zur Begründung hat der Bevollmächtigte des Klägers vorgetragen, der Sachverständige habe sich ohne weiteres und insbesondere ohne Begründung über Hinweise und Anordnungen des Gerichts hinweggesetzt. So habe das SG mit Schreiben vom 23.2.2011 die Beiziehung eines Dolmetschers genehmigt. Stattdessen habe der Sachverständige eine medizinische Fachangestellte hinzugezogen, die gewisse G.kenntnisse gehabt habe, nach Angaben des Klägers jedoch nicht sehr gut g. gesprochen habe, so dass es erhebliche Kommunikationsprobleme, insbesondere bei der Beantwortung der Fragebögen, gegeben habe. Darüber hinaus sei die pauschale Behauptung, die Ehefrau des Klägers sei bei der Begutachtung zugegen gewesen, unzutreffend. Mit ihr sei lediglich ein 20-minütiges Gespräch geführt worden. Im Schriftsatz vom 22.9.2011 hat er ergänzend vorgetragen, die Mitarbeiterin des Sachverständigen habe in das Ergebnis der Begutachtung eingegriffen, indem sie Fragen, die der Kläger nach ihrer Ansicht nicht zutreffend beantwortet habe, immer wieder wiederholt habe, bis der Kläger die nach ihrer Ansicht zutreffende Antwort gegeben habe. Zwischenzeitlich habe der Kläger mitgeteilt, eine erhebliche Anzahl von Fragen habe die Mitarbeiterin selbst beantwortet, da das Durcharbeiten der Fragebögen wegen seiner Konzentrationsstörungen und Gedächtnisprobleme in der vorgesehenen Zeit nicht möglich gewesen wäre. Das zugesagte abschließende Gespräch mit den Sachverständigen habe aus Zeitgründen nicht stattgefunden, so dass sich der Sachverständige nur ca. 15 Minuten persönlich mit dem Kläger beschäftigt habe.
Der Sachverständige hat dazu unter dem 11.10.2011 ausgeführt, die hinzugezogene Mitarbeiterin stamme aus einer g. Familie und sei bisher bei den g. sprechenden Patienten sehr gut in der Lage gewesen, als Dolmetscherin zu fungieren. Der Ehefrau des Klägers sei es auf Ihren Wunsch hin gestattet worden, für einen begrenzten Zeitraum der Exploration des Klägers beizuwohnen. Angesichts des Umstandes, dass der Kläger durchaus in der Lage gewesen sei, mit ihm auf Deutsch zu kommunizieren und selbstständig Auskünfte auf Deutsch zu erteilen, habe während der psychiatrischen Untersuchung auf die Anwesenheit einer dritten Person verzichtet werden können. Nach Auskunft der Mitarbeiterin habe der Kläger Anweisungen gut verstanden und sei bei der Testdurchführung kooperativ gewesen. Die im Gutachten beschriebenen Testergebnisse zeigten, dass sich der Kläger als depressiv einschätze und unter Störungen der Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit und der Gegenwartsdauer leide und starke Schmerzen empfinde. Bei einer Testverfälschung im Rahmen eines Kommunikationsproblems wäre eher davon auszugehen, dass die Tests unauffällige Befunde ergeben hätten, und die subjektiven Beschwerden des Klägers nicht so deutlich hätten herausgearbeitet werden können. Die von ihm persönlich durchgeführte psychische Exploration und die von ihm persönlich vorgenommene neurologische Untersuchung hätten ca. 90 bis 120 Minuten gedauert. Hinzu kämen mehrere fünf- bis zehnminütige Aufenthalte im Testzimmer, während der er den Kläger bei der Beantwortung der Fragebögen habe beobachten können.
Mit Beschluss vom 25.1.2012 hat das SG das Ablehnungsgesuch gegen den Sachverständigen Dr. R. zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Sachverständige habe sich nicht über Anweisungen des Gerichts zu Lasten des Klägers hinweggesetzt. Aus der Tatsache, dass der Sachverständige die Anwesenheit der Ehefrau des Klägers nicht während der gesamten Begutachtung zugelassen habe, lasse sich keine Voreingenommenheit zu Lasten des Klägers ableiten. Auch im Vorgehen der Mitarbeiterin könne eine einseitige Vorgehensweise zu Lasten des Klägers nicht erkannt werden. Der Vorwurf, die Mitarbeiterin habe eine Reihe von Fragen selbst beantwortet, ohne den Kläger zu fragen, sei in völlig unsubstantiierter und allgemeiner Form erst am 22.9.2011, das heißt rund ein halbes Jahr nach dem Untersuchungszeitpunkt und rund zwei Monate nach Bekanntgabe des schriftlichen Gutachtens an den Kläger, erhoben worden und damit nicht nur pauschal, sondern auch verspätet. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen den am 1.2.2012 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 1.3.2012 Beschwerde eingelegt und vorgetragen, das SG hätte seinen Sachvortrag im Hinblick auf das Verhalten der Mitarbeiterin des Sachverständigen weder als verspätet noch als zu pauschal zurückweisen dürfen. Von einer Verspätung sei nicht auszugehen, weil erst mit Vorlage des schriftlichen Gutachtens festgestanden habe, dass tatsächlich ein Fehlverhalten vorgelegen habe. Erst daraus ergebe sich, dass die Beeinflussung der Beantwortung der Fragen nicht dokumentiert worden sei. Der Sachverständige hätte im Detail angeben müssen, welche Fragen er (der Kläger) selbst beantwortet habe und bei welcher Frage die Hilfskraft auf die Antwort in welcher Weise Einfluss genommen habe.
Wegen des weiteren Vorbringens und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgemäß erhobene Beschwerde des Klägers ist gemäß §§ 172 ff Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, jedoch nicht begründet.
Gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 406 Abs. 1 Satz 1, 42 Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein gerichtlich bestellter Sachverständiger aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Die Ablehnung des Sachverständigen setzt - ebenso wie die des Richters (vgl. hierzu etwa Bundesverfassungsgericht BVerfGE 73, 330, 335; BSG SozR 3 - 1500 § 60 Nr. 1) - voraus, dass ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen zu rechtfertigen (vgl. § 42 Abs. 2 ZPO). Für die Besorgnis der Befangenheit kommt es nicht darauf an, ob der Sachverständige tatsächlich parteiisch ist oder das Gericht Zweifel an seiner Unparteilichkeit hat. Es kommt ausschließlich darauf an, ob ein Beteiligter von seinem Standpunkt aus bei vernünftigem Überlegen, d.h. bei objektivierter Betrachtungsweise, Bedenken gegen die Unparteilichkeit haben kann. Rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen und Gedankengänge des Ablehnenden scheiden aus (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 32. Auflage § 42 Rdnr. 9). Mangel an Sachkunde, Unzulänglichkeiten oder Fehlerhaftigkeit des Gutachtens reichen für sich allein zur Ablehnung des Sachverständigen jedoch nicht aus (vgl. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.3.2005, VI ZB 74/04 in NJW 2005, 1859 f.). Es ist nicht Aufgabe des Ablehnungsverfahrens, sondern des Verfahrens in der Sache selbst, die inhaltliche Richtigkeit und Überzeugungskraft eines Gutachtens zu überprüfen, während das Ablehnungsverfahren im Falle der Sachverständigenablehnung allein dazu dient, die Beteiligten eines Rechtsstreits vor der Unsachlichkeit des als Gehilfe des Gerichts in das Verfahren eingebundenen Gutachters aus einem in seiner Person liegenden Grund zu bewahren. Es müssen daher besondere Umstände hinzutreten, die auf ein unsachliches oder willkürliches Verhalten des abgelehnten Sachverständigen schließen lassen (LSG Berlin, Beschluss vom 30.9.2003 - L 15 A 27/03 - in Juris). Diese Ablehnungsgründe müssen sich grundsätzlich aus dem Vortrag des Ablehnenden im Rahmen des jeweiligen Rechtsstreits ergeben.
Soweit der Kläger zunächst geltend gemacht hat, der Sachverständige habe sich über Anweisungen des Gerichts zu seinen Lasten hinweggesetzt, war diese Behauptung schon nicht zutreffend, da sich das SG damit einverstanden erklärt hatte, dass eine Mitarbeiterin der Klinik die Dolmetscherfunktion übernimmt.
Soweit der Kläger beanstandet, dass im Gutachten angegeben werde, seine Ehefrau sei bei der Begutachtung zugegen gewesen, während mit ihr lediglich ein 20-minütiges Gespräch geführt worden sei, begründet dies keine Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen, zumal er nicht behauptet hat, die Ehefrau sei während der gesamten Begutachtung anwesend gewesen.
Soweit der Kläger bemängelt, der Sachverständige habe nicht dokumentiert, dass die Fragebögen unter Beaufsichtigung und mit Wirkung einer Hilfsperson ohne seine Anwesenheit ausgefüllt worden seien, obwohl der Sachverständige hätte angeben müssen, welche der Fragen er (der Kläger) selbst beantwortet und bei welchen Fragen die Hilfskraft auf die Antwort in welcher Weise Einfluss genommen habe, lässt sich hieraus eine voreingenommene Einstellung des Sachverständigen gegenüber dem Kläger nicht entnehmen. Vielmehr könnte dies lediglich die Frage betreffen, in wieweit die Ergebnisse der Fragebögen verwertbar sind, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass nach den eigenen Ausführungen des Bevollmächtigten des Klägers im Schriftsatz vom 22.2.2011 der Kläger bei der Beantwortung von Fragen eine Unterstützung benötigt haben dürfte. So hat der Bevollmächtigte darin selbst behauptet, der Kläger habe erhebliche Kommunikationsprobleme, die sich darin äußern würden, dass er Fragen nicht bzw. falsch verstehe, bei der Beantwortung den Faden verliere oder schlichtweg Antworten gebe, die den Tatsachen nicht entsprechen, ohne dies zu bemerken.
Unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers sind Gründe, die bei einem objektiv vernünftig Denkenden eine Besorgnis der Befangenheit begründen würden, nicht feststellbar.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Vorliegend geht es um die Ablehnung eines gerichtlichen Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit. Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Mannheim (S 12 R 2704/10) ist streitig, ob dem Kläger Rente wegen Erwerbsminderung zusteht.
Das SG hat am 8.2.2011 den Neurologen und Psychiater Dr. R., Ärztlicher Direktor der S. Kliniken Bad S., mit der Erstattung eines Gutachtens aufgrund ambulanter Untersuchung des Klägers beauftragt.
Mit Schreiben vom 22.2.2011 hat der Bevollmächtigte des griechischen Klägers, der seit Oktober 1988 in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt ist, fürsorglich beantragt, einen Dolmetscher für die g. Sprache zur Untersuchung hinzuzuziehen. Zwar könne sich der Kläger in der Regel gut auf deutsch verständigen bzw. habe dies gut gekonnt. Durch den Schlaganfall sei diese Fähigkeit jedoch stark beeinträchtigt, so dass immer wieder eine Übersetzung aus dem G. bzw. ins G. erforderlich sei. Darüber hinaus werde beantragt, der Ehefrau des Klägers, die Anwesenheit bei der Untersuchung zu gestatten, da der Kläger erhebliche Kommunikationsprobleme habe, die sich dadurch äußerten, dass er Fragen nicht bzw. falsch verstehe, während der Beantwortung den Faden verliere oder Antworten gebe, die den Tatsachen nicht entsprächen, ohne dies zu bemerken.
Das SG hat im Hinblick darauf mit Verfügung vom 23.2.2011 den Sachverständigen gebeten, einen Dolmetscher hinzuzuziehen und es in sein Ermessen gestellt, die Ehefrau des Klägers zur gutachterlichen Untersuchung zuzulassen. Auf telefonische Nachfrage des Sachverständigen, ob eine Angestellte der Klinik, die G. sei, die Dolmetscherfunktion übernehmen könne, hat das SG mit Verfügung vom 11.3.2011 mitgeteilt, dagegen bestünden keine Bedenken.
Am 28.3.2011 hat der Sachverständige den Kläger untersucht; am 25.7.2011 ist das Gutachten nebst Unterlagen über testpsychologische Untersuchungen einschließlich des Schmerzfragebogens beim SG eingegangen, das mit Verfügung vom 26.7.2011 an die Beteiligten übersandt worden ist.
Mit Schriftsatz vom 1.8.2011, eingegangen bei Gericht am 3.8.2011, hat der Kläger den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Zur Begründung hat der Bevollmächtigte des Klägers vorgetragen, der Sachverständige habe sich ohne weiteres und insbesondere ohne Begründung über Hinweise und Anordnungen des Gerichts hinweggesetzt. So habe das SG mit Schreiben vom 23.2.2011 die Beiziehung eines Dolmetschers genehmigt. Stattdessen habe der Sachverständige eine medizinische Fachangestellte hinzugezogen, die gewisse G.kenntnisse gehabt habe, nach Angaben des Klägers jedoch nicht sehr gut g. gesprochen habe, so dass es erhebliche Kommunikationsprobleme, insbesondere bei der Beantwortung der Fragebögen, gegeben habe. Darüber hinaus sei die pauschale Behauptung, die Ehefrau des Klägers sei bei der Begutachtung zugegen gewesen, unzutreffend. Mit ihr sei lediglich ein 20-minütiges Gespräch geführt worden. Im Schriftsatz vom 22.9.2011 hat er ergänzend vorgetragen, die Mitarbeiterin des Sachverständigen habe in das Ergebnis der Begutachtung eingegriffen, indem sie Fragen, die der Kläger nach ihrer Ansicht nicht zutreffend beantwortet habe, immer wieder wiederholt habe, bis der Kläger die nach ihrer Ansicht zutreffende Antwort gegeben habe. Zwischenzeitlich habe der Kläger mitgeteilt, eine erhebliche Anzahl von Fragen habe die Mitarbeiterin selbst beantwortet, da das Durcharbeiten der Fragebögen wegen seiner Konzentrationsstörungen und Gedächtnisprobleme in der vorgesehenen Zeit nicht möglich gewesen wäre. Das zugesagte abschließende Gespräch mit den Sachverständigen habe aus Zeitgründen nicht stattgefunden, so dass sich der Sachverständige nur ca. 15 Minuten persönlich mit dem Kläger beschäftigt habe.
Der Sachverständige hat dazu unter dem 11.10.2011 ausgeführt, die hinzugezogene Mitarbeiterin stamme aus einer g. Familie und sei bisher bei den g. sprechenden Patienten sehr gut in der Lage gewesen, als Dolmetscherin zu fungieren. Der Ehefrau des Klägers sei es auf Ihren Wunsch hin gestattet worden, für einen begrenzten Zeitraum der Exploration des Klägers beizuwohnen. Angesichts des Umstandes, dass der Kläger durchaus in der Lage gewesen sei, mit ihm auf Deutsch zu kommunizieren und selbstständig Auskünfte auf Deutsch zu erteilen, habe während der psychiatrischen Untersuchung auf die Anwesenheit einer dritten Person verzichtet werden können. Nach Auskunft der Mitarbeiterin habe der Kläger Anweisungen gut verstanden und sei bei der Testdurchführung kooperativ gewesen. Die im Gutachten beschriebenen Testergebnisse zeigten, dass sich der Kläger als depressiv einschätze und unter Störungen der Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit und der Gegenwartsdauer leide und starke Schmerzen empfinde. Bei einer Testverfälschung im Rahmen eines Kommunikationsproblems wäre eher davon auszugehen, dass die Tests unauffällige Befunde ergeben hätten, und die subjektiven Beschwerden des Klägers nicht so deutlich hätten herausgearbeitet werden können. Die von ihm persönlich durchgeführte psychische Exploration und die von ihm persönlich vorgenommene neurologische Untersuchung hätten ca. 90 bis 120 Minuten gedauert. Hinzu kämen mehrere fünf- bis zehnminütige Aufenthalte im Testzimmer, während der er den Kläger bei der Beantwortung der Fragebögen habe beobachten können.
Mit Beschluss vom 25.1.2012 hat das SG das Ablehnungsgesuch gegen den Sachverständigen Dr. R. zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Sachverständige habe sich nicht über Anweisungen des Gerichts zu Lasten des Klägers hinweggesetzt. Aus der Tatsache, dass der Sachverständige die Anwesenheit der Ehefrau des Klägers nicht während der gesamten Begutachtung zugelassen habe, lasse sich keine Voreingenommenheit zu Lasten des Klägers ableiten. Auch im Vorgehen der Mitarbeiterin könne eine einseitige Vorgehensweise zu Lasten des Klägers nicht erkannt werden. Der Vorwurf, die Mitarbeiterin habe eine Reihe von Fragen selbst beantwortet, ohne den Kläger zu fragen, sei in völlig unsubstantiierter und allgemeiner Form erst am 22.9.2011, das heißt rund ein halbes Jahr nach dem Untersuchungszeitpunkt und rund zwei Monate nach Bekanntgabe des schriftlichen Gutachtens an den Kläger, erhoben worden und damit nicht nur pauschal, sondern auch verspätet. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen den am 1.2.2012 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 1.3.2012 Beschwerde eingelegt und vorgetragen, das SG hätte seinen Sachvortrag im Hinblick auf das Verhalten der Mitarbeiterin des Sachverständigen weder als verspätet noch als zu pauschal zurückweisen dürfen. Von einer Verspätung sei nicht auszugehen, weil erst mit Vorlage des schriftlichen Gutachtens festgestanden habe, dass tatsächlich ein Fehlverhalten vorgelegen habe. Erst daraus ergebe sich, dass die Beeinflussung der Beantwortung der Fragen nicht dokumentiert worden sei. Der Sachverständige hätte im Detail angeben müssen, welche Fragen er (der Kläger) selbst beantwortet habe und bei welcher Frage die Hilfskraft auf die Antwort in welcher Weise Einfluss genommen habe.
Wegen des weiteren Vorbringens und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgemäß erhobene Beschwerde des Klägers ist gemäß §§ 172 ff Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, jedoch nicht begründet.
Gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 406 Abs. 1 Satz 1, 42 Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein gerichtlich bestellter Sachverständiger aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Die Ablehnung des Sachverständigen setzt - ebenso wie die des Richters (vgl. hierzu etwa Bundesverfassungsgericht BVerfGE 73, 330, 335; BSG SozR 3 - 1500 § 60 Nr. 1) - voraus, dass ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen zu rechtfertigen (vgl. § 42 Abs. 2 ZPO). Für die Besorgnis der Befangenheit kommt es nicht darauf an, ob der Sachverständige tatsächlich parteiisch ist oder das Gericht Zweifel an seiner Unparteilichkeit hat. Es kommt ausschließlich darauf an, ob ein Beteiligter von seinem Standpunkt aus bei vernünftigem Überlegen, d.h. bei objektivierter Betrachtungsweise, Bedenken gegen die Unparteilichkeit haben kann. Rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen und Gedankengänge des Ablehnenden scheiden aus (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 32. Auflage § 42 Rdnr. 9). Mangel an Sachkunde, Unzulänglichkeiten oder Fehlerhaftigkeit des Gutachtens reichen für sich allein zur Ablehnung des Sachverständigen jedoch nicht aus (vgl. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.3.2005, VI ZB 74/04 in NJW 2005, 1859 f.). Es ist nicht Aufgabe des Ablehnungsverfahrens, sondern des Verfahrens in der Sache selbst, die inhaltliche Richtigkeit und Überzeugungskraft eines Gutachtens zu überprüfen, während das Ablehnungsverfahren im Falle der Sachverständigenablehnung allein dazu dient, die Beteiligten eines Rechtsstreits vor der Unsachlichkeit des als Gehilfe des Gerichts in das Verfahren eingebundenen Gutachters aus einem in seiner Person liegenden Grund zu bewahren. Es müssen daher besondere Umstände hinzutreten, die auf ein unsachliches oder willkürliches Verhalten des abgelehnten Sachverständigen schließen lassen (LSG Berlin, Beschluss vom 30.9.2003 - L 15 A 27/03 - in Juris). Diese Ablehnungsgründe müssen sich grundsätzlich aus dem Vortrag des Ablehnenden im Rahmen des jeweiligen Rechtsstreits ergeben.
Soweit der Kläger zunächst geltend gemacht hat, der Sachverständige habe sich über Anweisungen des Gerichts zu seinen Lasten hinweggesetzt, war diese Behauptung schon nicht zutreffend, da sich das SG damit einverstanden erklärt hatte, dass eine Mitarbeiterin der Klinik die Dolmetscherfunktion übernimmt.
Soweit der Kläger beanstandet, dass im Gutachten angegeben werde, seine Ehefrau sei bei der Begutachtung zugegen gewesen, während mit ihr lediglich ein 20-minütiges Gespräch geführt worden sei, begründet dies keine Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen, zumal er nicht behauptet hat, die Ehefrau sei während der gesamten Begutachtung anwesend gewesen.
Soweit der Kläger bemängelt, der Sachverständige habe nicht dokumentiert, dass die Fragebögen unter Beaufsichtigung und mit Wirkung einer Hilfsperson ohne seine Anwesenheit ausgefüllt worden seien, obwohl der Sachverständige hätte angeben müssen, welche der Fragen er (der Kläger) selbst beantwortet und bei welchen Fragen die Hilfskraft auf die Antwort in welcher Weise Einfluss genommen habe, lässt sich hieraus eine voreingenommene Einstellung des Sachverständigen gegenüber dem Kläger nicht entnehmen. Vielmehr könnte dies lediglich die Frage betreffen, in wieweit die Ergebnisse der Fragebögen verwertbar sind, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass nach den eigenen Ausführungen des Bevollmächtigten des Klägers im Schriftsatz vom 22.2.2011 der Kläger bei der Beantwortung von Fragen eine Unterstützung benötigt haben dürfte. So hat der Bevollmächtigte darin selbst behauptet, der Kläger habe erhebliche Kommunikationsprobleme, die sich darin äußern würden, dass er Fragen nicht bzw. falsch verstehe, bei der Beantwortung den Faden verliere oder schlichtweg Antworten gebe, die den Tatsachen nicht entsprechen, ohne dies zu bemerken.
Unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers sind Gründe, die bei einem objektiv vernünftig Denkenden eine Besorgnis der Befangenheit begründen würden, nicht feststellbar.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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