L 12 AS 992/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 14 AS 755/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 992/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 16. Januar 2012 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Förderung einer Umschulung zum Ergo-, Physio-, Arbeitstherapeuten bzw. Logopäden, Atem-, Stimm- und Sprecherzieher durch den Beklagten im Rahmen der beruflichen Weiterbildung.

Der 1970 geborene Kläger bezieht laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Er ist gelernter Kunst- und Bauschlosser, arbeitete aber nur drei Monate in diesem Bereich.

Am 24. Oktober 2008 beantragte der Kläger die Förderung einer Weiterbildung zum Ergo-, Physio-, Arbeitstherapeuten bzw. Logopäden, Atem-, Stimm- und Sprecherzieher, was der Beklagte mit Bescheid vom 16. Januar 2009 ablehnte. Für die angestrebten beruflichen Tätigkeiten werde eine bedeutende Arbeitskräftenachfrage nicht prognostiziert. Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. Februar 2009 zurück und führte zur Begründung aus, die Weiterbildung sei nicht notwendig, da nicht hinreichend gesichert sei, dass die Chancen auf dem Arbeitsmarkt im Hinblick auf die angestrebten Tätigkeiten besser seien als bisher auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Zudem sei bei dem Kläger das erforderliche Durchhaltevermögen für eine Umschulung nicht gegeben, zunächst sei eine Trainingsmaßnahme vorzuschalten und die Erwerbsfähigkeit festzustellen.

Hiergegen richtet sich die am 10. März 2009 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage, mit welcher der Kläger geltend macht, die Weiterbildung sei notwendig, wie die lange Dauer der Arbeitslosigkeit zeige. Vorpraktika in den begehrten Berufsfeldern hätten die Eignung des Klägers und seine soziale Kompetenz bestätigt. Es bestehe auch eine positive Beschäftigungsprognose, vor allem im boomenden Markt der Wellnessbranche oder der Gesundheitsprävention. Die gesundheitliche Eignung werde bereits durch die Bundeswehrtauglichkeit bestätigt, ergänzend hat der Kläger eine Bescheinigung seines Psychotherapeuten vom 6. August 2009 vorgelegt.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 16. Januar 2012 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Förderung der Weiterbildung. Er habe schon keine konkreten Angaben gemacht, welche Maßnahme er bei welchem Träger anstrebe, so dass schon nicht geprüft werden könne, ob Maßnahme und Träger zugelassen seien. Es sei auch keine vorherige Beratung durch den Beklagten erfolgt und die Weiterbildung könne nicht als notwendig angesehen werden. Die insoweit vom Beklagten zu treffende Prognoseentscheidung sei nicht zu beanstanden, zudem erfülle der Kläger auch nicht die persönlichen Voraussetzungen für die angestrebten Ausbildungen - Ausdauer, soziale Kompetenz, Rücksichtnahme und Einfühlungsvermögen.

Gegen das seinem damaligen Bevollmächtigten am 3. Februar 2012 zugestellte Urteil richtet sich die am 7. März 2012 eingelegte Berufung des Klägers. Sein Anwalt habe ihn im Termin vor dem SG nicht richtig vertreten. Das Urteil sei nicht gerecht. Seit dem 18. Januar 2012 gehe er einer Tätigkeit in einer Stiftung nach und sei zuverlässig, kollegial, freundlich, pünktlich und höflich. Damit werde das in dem Urteil von ihm aufgezeigte Bild widerlegt. Auf gerichtlichen Hinweis zur Unzulässigkeit der Berufung und die Anfrage nach Gründen für die verspätete Einlegung hat der Kläger mit Schreiben vom 13. März 2012 ausgeführt, sein Anwalt allein sei wegen seiner Unzuverlässigkeit verantwortlich für die vom Kläger unverschuldete Fristversäumnis. Dem Kläger selbst sei das Urteil erst am 7. oder 8. Februar 2012 zugegangen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 16. Januar 2012 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 16. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Februar 2009 zu verurteilen, dem Kläger die Förderung der beruflichen Weiterbildung zum Ergo-, Physio-, Arbeitstherapeuten bzw. Logopäden, Atem-, Stimm- und Sprecherzieher zu bewilligen, hilfsweise zu verpflichten, über den Antrag vom 24. Oktober 2008 auf Förderung der beruflichen Weiterbildung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt sinngemäß,

die Berufung als unzulässig zu verwerfen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Klägers ist unzulässig.

Nach § 158 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen, wenn sie nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Frist oder nicht schriftlich oder nicht in elektronischer Form oder nicht zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt worden ist. Die Entscheidung kann nach Satz 2 der Bestimmung durch Beschluss ergehen; der Senat hat hiervon nach dem ihm eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht. Die Beteiligten sind auf die beabsichtigte Entscheidung durch Beschluss hingewiesen worden.

Die Berufung des Klägers ist zwar formgerecht im Sinne des § 151 Abs. 1 und 2 SGG eingelegt worden; sie ist jedoch unzulässig, weil sie nicht rechtzeitig eingelegt worden ist.

Nach § 151 Absatz 1 SGG ist die Berufung binnen eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Landessozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird (§ 151 Abs. 2 Satz 1 SGG). Urteile, die - wie hier - verkündet worden sind, sind zuzustellen (§ 135 i.V.m. § 63 Abs. 1 Satz 1 SGG); zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung - ZPO - (vgl. § 63 Abs. 2 Satz 1 SGG). Nach § 64 Abs. 1 SGG beginnt der Lauf einer Frist, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit dem Tage nach der Zustellung. Eine nach Monaten bestimmte Frist endet mit dem Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, welcher nach der Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt - hier also die Zustellung - fällt (§ 64 Abs. 2 Satz 1 SGG); fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages (Abs. 3 a.a.O.). Vorliegend ist die Berufungsfrist versäumt, ohne dass Wiedereinsetzungsgründe gegeben sind.

Das mit einer zutreffenden Rechtsmittelbelehrung (vgl. § 136 Abs. 1 Nr. 7 SGG i.V.m. § 66 SGG) versehene Urteil des SG vom 16. Januar 2012 ist dem damaligen Bevollmächtigten des Klägers am 3. Februar 2012 wirksam zugestellt worden (§ 73 Abs. 6 Satz 5 SGG). Damit endete die Berufungsfrist (§ 151 Abs. 1 SGG) für den Kläger am Montag, den 5. März 2012. Die Berufung hat der Kläger zur Niederschrift der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle indes erst am 7. März 2012 und damit verspätet eingelegt.

Wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung kann dem Kläger auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Wiedereinsetzung ist (nur) zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine Verfahrensfrist einzuhalten (§ 67 Abs. 1 SGG). Dies ist dann der Fall, wenn der Beteiligte diejenige Sorgfalt aufgewendet hat, die einem gewissenhaften Prozessführenden nach den gesamten Umständen nach allgemeiner Verkehrsanschauung zuzumuten sind (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 67 Rdnr. 3 m.w.N.). Der Kläger hat mit Schreiben seines Anwalts vom 7. Februar 2012 das Urteil erhalten. Bereits aus der vom Kläger vorgelegten Kopie ist ersichtlich, dass auf dem ihm ausgehändigten Exemplar der Eingangsstempel seines Bevollmächtigten mit dem Datum 3. Februar 2012 angebracht war. Damit war für den Kläger schon ohne weitere Nachfragen ersichtlich, dass das Urteil seinem Bevollmächtigten am 3. Februar 2012 zugegangen war. Sollte der Kläger davon ausgegangen sein, dass es für die Fristberechnung auf den Zeitpunkt ankomme, zu dem er von seinem Bevollmächtigten die Mehrfertigung des Urteils erhält, hätte er sich in einem verschuldeten Rechtsirrtum befunden. Denn der Beteiligte muss die Rechtsmittelbelehrung beachten und sich ggf. sachkundig beraten lassen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 67 Rdnr. 8a). Auch sonstige Gründe, welche den Kläger schuldlos an einer rechtzeitigen Einlegung der Berufung gehindert haben könnten, sind nicht ersichtlich, hierzu wurde auch nichts vorgetragen.

Eine Prüfung des klägerischen Begehrens in der Sache ist dem Senat mithin verwehrt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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