L 5 R 3913/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 R 614/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 3913/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10.06.2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um einen Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1965 geborene Kläger erlernte nach dem Hauptschulabschluss den Beruf des Raumausstatters. Im Anschluss arbeitete er als Montagehelfer und war bis 2001 in der Produktion eines Automobilzulieferers als Schichtführer beschäftigt. Aufgrund gesundheitlicher Beschwerden absolvierte der Kläger von 2001 bis 2003 auf Kosten der Rentenversicherung eine Umschulung zum Fachinformatiker und erwarb anschließend nach kurzzeitiger Arbeitslosigkeit durch eine sechsmonatige Weiterbildung die Zusatzqualifikation IT-Security Spezialist. Zuletzt war der Kläger von Februar 2005 bis Februar 2006 als Maschinenbediener bei einer Autozuliefererfirma angestellt.

In der Zeit vom 01.02.2006 bis zum 22.02.2006 war der Kläger zur medizinischen Rehabilitation in der Reha-Klinik S. in D. wegen lumbaler Beschwerden nach Bandscheibenoperation im Jahr 1999. Im Rahmen der dort durchgeführten Behandlung wurde ein dringender Verdacht auf ischämische Kardiomyopathie bei Akinesie/Dyskinasie der kompletten Herzvorderwand geäußert. Der Kläger befand sich in der Zeit vom 02.03.2006 bis zum 30.03.2006 zur stationären Behandlung in der kardiologischen Abteilung des Städtischen Klinikums K., wo ihm nach Feststellung eines stattgefundenen Vorderwandinfarktes prophylaktisch am 10.03.2006 ein Herzschrittmacher implantiert wurde. Anschließend führte der Kläger eine weitere Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik F. in der Zeit vom 04.04.2006 bis zum 25.04.2006 durch.

Am 03.07.2006 stellte der Kläger erstmals einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung. Nach Beiziehung aktueller Befundberichte veranlasste die Beklagte eine mehrfach medizinische Begutachtung des Klägers auf internistischem (Gutachten Dr. M. vom 10.10.2006), orthopädischen (Gutachten Dr. Sch. vom 22.08.2006) und nervenärztlichem (Gutachten Dr. B. vom 23.08.2006) Fachgebiet unter der Federführung des Internisten, Sport- und Sozialmediziners Dr. M ... Die Gutachter gelangten zu dem Ergebnis, der Kläger könne auch unter Berücksichtigung der festgestellten Gesundheitsstörungen, nämlich Lumbalsyndrom, Zervikalsyndrom und einer Herzvorderwandvernarbung, weiterhin leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes überwiegend im Stehen und Gehen und Sitzen unter qualitativen Einschränkungen verrichten.

Mit Bescheid vom 12.10.2006 lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 15.02.2007 zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde bestandskräftig.

Am 09.07.2007 beantragte der Kläger bei der Beklagten erneut Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung legte er ein Attest des behandelnden Internisten Dr. R. vom 24.06.2007 vor, wonach infolge der medikamentösen Behandlung der Herzkrankheit mittlerweile eine schmerzhafte Erkrankung der Muskulatur insbesondere der Oberschenkel und der Oberarme aufgetreten sei.

Die Beklagte ließ den Kläger daraufhin erneut durch den Internisten, Sport- und Sozialmediziner Dr. M. untersuchen und begutachten. Dr. M. diagnostizierte in seinem unter dem 10.09.2007 erstatteten Gutachten: 1. Mittelgradig eingeschränkte Herzfunktion bei ausgedehnter Narbenbildung im Vorderwandbereich bei koronarer Eingefäßerkrankung mit ausgedehntem Herzinfarkt, ohne manifeste Zeichen einer Herzschwäche, in der Ergometrie bis 100 Watt belastbar, unter dauerhafter, blutgerinnungshemmender Therapie, 2. letztendlich ätiologisch unklare Muskelschmerzen bei Belastung, 3. Erhöhung der Muskelenzyme unter einer cholesterinsenkenden Therapie, Lumbalsyndrom bei degenerativen Veränderungen der LWS und Zustand nach LWS¬Operation, 4. Zervikalsyndrom bei Osteochondrose der HWS, 5. Neurogenes Thoracic-outlet-Syndrom, 6. Defibrillatorträger aus prophylaktischen Gesichtspunkten.

Der Gutachter gelangte zu dem Ergebnis, gegenüber dem Vorgutachten habe sich der Gesundheitszustand des Klägers nicht wesentlich geändert. Es seien lediglich belastungsabhängige Muskelbeschwerden hinzugetreten, denen jedoch ein organisches Korrelat fehle und die daher eine Leistungsminderung nicht begründeten. Nach wie vor seien dem Kläger leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden arbeitstäglich möglich.

Gestützt auf das Gutachten lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27.09.2007 den Rentenantrag des Klägers ab.

Hiergegen erhob der Kläger am 10.10.2007 Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, der Gutachter Dr. M. habe übersehen, dass die Muskelkrämpfe und Schmerzen an Armen und Beinen bereits im August 2007 durch das Klinikum K.-L. abgeklärt worden seien. Dabei sei ein neurogenes Thoracic-outlet-Syndrom festgestellt worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 08.01.2008 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Nach Auswertung sämtlicher medizinischer Unterlagen und unter Würdigung aller Umstände seien dem Kläger auch bei Berücksichtigung der festgestellten Erkrankungen leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich noch zumutbar.

Am 08.02.2008 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Karlsruhe. Er vertrat weiter die Auffassung, aufgrund seiner gesundheitlichen Beschwerden, insbesondere der starken Herzleistungsminderung, dem Schmerzsyndrom und dem neurogenen Thoracic-outlet-Syndrom, nicht mehr in der Lage zu sein, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auch nur drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Aufgrund der Herzerkrankung und der starken Schmerzsymptomatik könne er auch eine Gehstrecke von 500 m nicht mehr zurückzulegen. Ein Kfz dürfe er nach Angabe der Ärzte aufgrund der Schmerzmitteleinnahme nicht mehr führen.

Das Sozialgericht hörte zunächst die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen an.

Der hausärztliche Internist Dr. R. teilte am 05.04.2008 mit, den Kläger seit Februar 2006 wegen diverser Erkrankungen behandelt zu haben. Die festgestellten Gesundheitsstörungen hätten zur Auswirkung, dass der Kläger bei Belastung unter Dyspnoe, muskulärer Schwäche und Rückenschmerzen leide. Handwerkliche Tätigkeiten seien dem Kläger daher nur noch unter drei Stunden möglich. Führend sei die Herzkrankheit; die Muskelerkrankung infolge der Gabe von Cholesterinsenkern habe ebenfalls zu einer Minderung des Leistungsvermögens geführt. Ebenso seien das Bandscheibenleiden und das Thoracic-outlet-Syndrom relevant. Schreibtischarbeit im Wechsel zwischen Stehen und Sitzen könne der Kläger hingegen noch halbtags ausüben. Der Orthopäde Dr. P. berichtete unter dem 07.04.2008, der Kläger befinde sich seit dem Jahr 2000 wegen Beschwerden im Bereich der LWS und einem lumbalen Bandscheibenvorfall in seiner fachorthopädischen Behandlung. Der letzte erhobene Befund vom 14.01.2008 lautete "heute Fussheberparese KG4, Pat. extrem schmerzgeplagt, V.a. Aggravation". Nach seiner Einschätzung sei der Kläger noch in der Lage, sowohl leichte Tätigkeiten für sechs Stunden täglich zu verrichten als auch einen Arbeitsweg zu Fuß oder mit dem Kfz zurückzulegen. Der Kardiologe Dr. R. gab in seiner Stellungnahme vom 24.04.2008 an, den Kläger in der Zeit vom 28.06.2006 bis 21.01.2008 wegen Herzinsuffizienz bei struktureller Herzerkrankung, Zustand nach ICD Implantation und koronarer 1-Gefäßerkrankung behandelt zu haben. Durch die eingeschränkte linksventrikuläre Funktion sei die Belastbarkeit des Klägers im Alltag reduziert. Auch sei der Kläger durch die Rhythmusstörungen behindert und gefährdet. Der Kläger könne deshalb auch leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr vollschichtig, sondern allenfalls zwei bis vier Stunden täglich ausüben. Der Neurologe Dr. R. schilderte am 23.04.2008, der Kläger habe sich seit März 2007 wiederholt, insbesondere wegen eines neurogenen Thoracic-outlet-Syndroms in seiner Sprechstunde vorgestellt. Aus neurologischer Sicht sollten leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vom Kläger unter Berücksichtigung seiner Gesundheitsbeschwerden noch vollschichtig zu verrichten sein.

Das Sozialgericht beauftragte den Internisten Dr. S. mit der ambulanten Untersuchung und Begutachtung des Klägers. Dr. S. stellte in seinem Gutachten vom 15.07.2008 auf internistischem Fachgebiet eine koronare Eingefäßerkrankung bei Zustand nach Vorderwandinfarkt und Implantation eines Kardiowerter/Defibrillator, ein kosto-klavikuläres Syndrom linksbetont, Hypertonie und CK-Erhöhung fest. Nach den aktenkundigen und bei der ambulanten Untersuchung erhobenen Daten, insbesondere der Spiroergometrie, sei das Leistungsvermögen des Klägers für leichte körperliche Arbeiten mit Sicherheit nicht quantitativ eingeschränkt. Der Kläger könne leichte körperliche Arbeiten, in Belastungsspitzen auch mittelschwere körperliche Arbeiten, im Gehen, im Stehen oder im Sitzen in geschlossenen Räumen oder bei entsprechender Kleidung auch im Freien im Rahmen einer 5-Tage-Woche noch acht Stunden pro Arbeitstag verrichten. Auch sei der Kläger noch in der Lage, Wegstrecken innerorts von mehr als 500 m mit einem Zeitaufwand von ca. 15-18 min viermal täglich zurückzulegen, uneingeschränkt öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen und ein Fahrzeug zu führen.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG beauftragte das Sozialgericht ferner den Kardiologen Dr. B., B. mit der Begutachtung des Klägers. In seinem kardiologischen Gutachten vom 08.03.2009 diagnostizierte Dr. B. beim Kläger eine koronare 1-Gefäßerkrankung mit linksventrikulärer Dilatation bei anteriorer Narbe und mittelgradig reduzierter globalsystolischer LV-Funktion bei Zustand nach AICD-Implantation und Vorderwand-Myokardinfarkt 10/04, eine CSE-Myopathie auf Sortis sowie auf nicht internistischem Fachgebiet ein Thoracic-outlet-Syndrom, costoclavikuläres Syndrom mit neurogenem Anteil und spinaler Enge HWK 5/6 und lumbaler Bandscheibenvorfall. Aufgrund der durchgeführten medizinisch-technischen Untersuchung, nämlich einem 12-Kanal-Ruhe-EKG, einer farbcodierten Duplex-Echokardiographie, einer Stressechokardiographie bei dynamischer Belastung halbsitzend sowie einem 24-Stunden-Langzeit-EKG stellte der Gutachter eine mittelgradige Leistungsminderung aufgrund der internistischen Beschwerden fest. Beim Kläger bestehe eine Diskrepanz zwischen den festgestellten kardialen Veränderungen und der ermittelten Auswurfleistung des linken Ventrikels einerseits und den aktenkundigen Ergebnissen der ergometrischen Untersuchungen anderseits. Ergometrische Untersuchungen bildeten jedoch nicht ausschließlich die kardiale Leistungsfähigkeit ab, sondern seien vielfach durch andere Faktoren beeinflusst. Da beim Kläger sowohl Übergewicht mit erhöhtem Sauerstoffbedarf als auch ein aufgrund der vorausgegangenen beruflichen Tätigkeit gut ausgebildeter muskulärer Bewegungsapparat bestehe, sei das ergometrische Ergebnis besser, als es der myokardiale Funktionszustand erwarten lasse. Letzterer sei jedoch für die Leistungsfähigkeit limitierend. Insgesamt müsse daher davon ausgegangen werden, dass der Kläger im Rahmen einer 5-Tage-Woche eine Tätigkeit nur noch mit einer täglichen Arbeitszeit von drei bis sechs Stunden ausüben könne. Der Kläger sei in der Lage, täglich viermal 500 m in jeweils 15-18 min als Arbeitsweg zurückzulegen, sofern zwischen den einzelnen Gehstrecken ausreichende Erholungsphasen eingeräumt würden.

Dr. L. vom Sozialmedizinischen Dienst der Beklagten nahm am 23.03.2009 zu dem Gutachten von Dr. B. Stellung. Dieses habe anamnestisch und klinisch keine neuen Gesichtspunkte ergeben, so dass es keine Veranlassung gebe, von der Bewertung durch Dr. S. abzuweichen.

Nachdem der Kläger einen Befundbericht der Inneren Abteilung (Kardiologie/Angiologie) des Klinikums K.-L. vorgelegt hatte, hörte das Sozialgericht den Chefarzt dieser Abteilung, Prof. Dr. D., als sachverständigen Zeugen schriftlich an. Prof. Dr. D. berichtete unter dem 18.05.2009, er habe den Kläger im Februar 2009 wegen vorgebrachter Sensibilitätsstörungen und Schwächegefühl in den Armen linksbetont ambulant untersucht. Der erhobene Befund entspreche im Wesentlichen den Beschwerden, die bereits im Jahre 2007 durch die Neurologische Abteilung des Klinikums festgestellt worden seien. Nach seiner Einschätzung erlaube die vom Kläger vorgebrachte Symptomatik an den Armen eine leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Die Aussage betreffe nur die Beschwerden an den Armen.

Mit Urteil vom 10.06.2009 wies das Sozialgericht Karlsruhe die Klage ab.

Gemäß § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) habe der Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, wenn er - teilweise oder voll - erwerbsgemindert ist, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt habe. Erwerbsgemindert sei nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könne; dabei sei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Sei der Versicherte zu einer mindestens sechsstündigen Erwerbstätigkeit gesundheitlich in der Lage, werde grundsätzlich vermutet, dass es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seinem Leistungsvermögen entsprechende Arbeitsplätze gebe. Eine Tätigkeit, auf die der Versicherte noch zumutbar verwiesen werden könne, müsse daher in der Regel nicht benannt werden. Anders verhalte es sich nur, wenn beim Versicherten eine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bestehe. In einem solchen Ausnahmefall müsse eine konkrete Tätigkeit benannt werden, die sich mit den Einschränkungen des Versicherten vereinbaren lasse (Bundessozialgericht vom 10.12.2003 -B 5 RJ 64/02 R-, Breithaupt 2005, S. 309, 312). An diesem gesetzlichen Maßstab gemessen sei der Kläger nicht erwerbsgemindert. Er sei vielmehr gesundheitlich in der Lage, eine leichte körperliche Arbeit mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Beim Kläger bestehe auch weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung.

Dies ergebe sich insbesondere aus der Gesamtwürdigung des im Verwaltungsverfahren erstatteten Gutachtens des Internisten, Sport- und Sozialmediziners Dr. M. und des im Gerichtsverfahren von Amts wegen eingeholten internistischen Gutachtens von Dr. S ... Die von den Gutachtern festgestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen schränkten die berufliche Leistungsfähigkeit des Klägers zwar in qualitativer, nicht aber in quantitativer Hinsicht ein. Dem Kläger seien derzeit und auf absehbare Zeit noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Gehen, im Stehen oder im Sitzen unter Beachtung bestimmter qualitativer Leistungsausschlüsse - keine Tätigkeiten in längeren Zwangshaltungen des Kopfes oder Rumpfes, keine Tätigkeiten in Zwangshaltung der Arme, in Armvorhalteposition oder Überkopfarbeiten, keine Tätigkeiten mit häufigem Bücken oder Stauchungen bzw. Vibrationen der Wirbelsäule, kein Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, keine Arbeiten mit Absturzgefahr, keine Arbeiten an Maschinen, von denen eine erhöhte Unfall- oder Verletzungsgefahr ausgehe, keine Tätigkeiten in der Nähe elektromagnetischer Felder, keine Nachtschichttätigkeit und keine Arbeiten mit Personenbeförderung sowie der Beförderung gefährlicher Güter - über sechs Stunden pro Arbeitstag möglich. Der Kläger sei auch in der Lage, den Weg zu einer Arbeitsstätte zu bewältigen. Er könne in angemessener Zeit eine Wegstrecke von 500 m zu Fuß zurücklegen und öffentliche Verkehrsmittel oder einen eigenen Pkw benutzen. Der Herzerkrankung, die nach dem Gesamtergebnis der Beweisaufnahme den Schwerpunkt der körperlichen Beschwerden des Klägers ausmache, könne hinreichend durch qualitative Tätigkeitsausschlüsse Rechnung getragen werden. Dr. S. habe schlüssig und nachvollziehbar aus den erhobenen Befunden, den Laborwerten und dem Ergebnis der ergometrischen Untersuchungen abgeleitet, dass der Kläger im Leistungsbereich leichter körperlicher Arbeiten durch seine Herzerkrankung in zeitlicher Hinsicht nicht eingeschränkt werde. Die abweichende Beurteilung durch den Gutachter Dr. B. und die sachverständigen Zeugen Dr. R. und Dr. R. könnten dagegen nicht überzeugen. Der Gutachter Dr. B. sei bereits im Ausgangspunkt seiner Bewertung von den aktenkundigen Befunden abgewichen, ohne Gründe hierfür zu nennen. Er habe die Einschränkung der linksventrikulären Funktionen beim Kläger als mittelgradig eingestuft. Demgegenüber habe der Sachverständige Dr. S. festgestellt, dass eine relevante Pumpfunktionsstörung beim Kläger ausgeschlossen werden könne, weil der Wert der Brain natriuretic peptide (BNP), der als Indikator für eine Herzminderleistung diene, nach dem Laborbefund beim Kläger im Normbereich gelegen habe. Diese Feststellung des Sachverständigen stimme nicht nur mit den Befunden überein, die der Gutachter Dr. M. erhoben habe, sondern werde auch durch die Angaben des behandelnden Kardiologen Dr. R. bestätigt. Dieser habe in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 24.04.2008 lediglich über eine leichtgradig eingeschränkte linksventrikuläre systolische Funktion beim Kläger berichtet. Dr. B. habe sich mit diesen abweichenden Befundbeschreibungen in seinem Gutachten nicht auseinandergesetzt. Auch die von dem Gutachter Dr. B. vorgenommene Einschätzung der Leistungsfähigkeit des Klägers sei nicht schlüssig. Rentenrechtlich komme es für die Beurteilung der Erwerbsminderung nicht auf die genaue Diagnose, sondern auf die Leistungseinschränkungen an. Für die Einschätzung der verbleibenden beruflichen Leistungsfähigkeit sei dabei maßgeblich, welche Bedeutung eine Gesundheitsstörung für die körperliche Funktionalität habe. In den ergometrischen Untersuchungen durch den Gutachter Dr. M. und den Sachverständigen Dr. S. bzw. den Lungenfacharzt Dr. v. B. habe der Kläger eine Belastung mit 100 Watt bewältigt. Auch im Rahmen der Stressechokardiographie beim Gutachter Dr. B. habe der Kläger bis 100 Watt belastet werden können. Wie bei den Vorgutachtern sei die Untersuchung bei Dr. B. nicht wegen pectanginöser Beschwerden, sondern wegen muskulärer Erschöpfung bzw. Trainingsmangel abgebrochen worden. Zu diesem Befund stehe die These des Gutachters Dr. B. in offenem, unaufgelösten Widerspruch, dass der Kläger in den funktionellen Tests wegen eines "gut ausgebildeten muskulären Bewegungsapparates" ein besseres Ergebnis erreicht habe, als es sein myokardialer Funktionszustand habe erwarten lassen. Nach den Ergebnissen der auch von Dr. B. durchgeführten Untersuchungen sei gerade nicht der myokardiale Zustand für die Leistungsfähigkeit des Klägers limitierend gewesen, sondern der Trainingsmangel des Klägers und die daraus resultierende schnelle Erschöpfbarkeit.

Den Leistungseinschätzungen der sachverständigen Zeugen Dr. R. und Dr. R. fehle eine aus sich heraus nachvollziehbare Begründung. Der hausärztliche Internist Dr. R. habe im Wesentlichen über Beschwerden des Klägers bei Belastung berichtet. Deshalb sei seine Einschätzung, der Kläger könne auch leichte Schreibtischarbeiten nur noch halbtags verrichten, nicht nachvollziehbar. Gleiches gelte für die Einschätzung des behandelnden Kardiologen Dr. R ... Dieser habe beim Kläger eine lediglich leichtgradig eingeschränkte linksventrikuläre Funktion diagnostiziert und darüber hinaus berichtet, dass der Kläger nur bei mittleren bis stärkeren Anstrengungen unter Atemnot, ansonsten im Alltag aber unter keinen Beschwerden von Seiten des Herzens leide. Daraus erschließe sich nicht, aus welchen Gründen der Kläger auch zu leichten körperlichen Tätigkeiten nur noch in einem zeitlichen Umfang von zwei bis vier Stunden in der Lage sein solle. Auch in der Zusammenschau mit den weiteren Gesundheitsstörungen, insbesondere der Gefäßerkrankung und den orthopädischen Beschwerden, sei der Kläger gegenwärtig und auf absehbare Zeit noch in der Lage, arbeitstäglich in einem zeitlichen Umfang von über sechs Stunden eine leichte Berufstätigkeit auszuüben. Der medizinische Befund des Klägers sei insgesamt nicht derart schwerwiegend, dass sich hieraus eine quantitative Einschränkung ableiten ließe. Das beim Kläger vorliegende Kompressionssyndrom der oberen Thoraxapertur schließe zwar Überkopfarbeiten, Arbeiten in der Armvorhalteposition und mit Zwangshaltungen der Arme aus, führe jedoch darüber hinaus nicht zu einer Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit. Auch den orthopädischen Beschwerden des Klägers werde durch Tätigkeitsausschlüsse hinreichend Rechnung getragen. Eine zeitliche Einschränkung für leichte Berufstätigkeiten ergebe sich daraus nicht. Das Leistungsvermögen des Klägers sei danach zwar vielfach qualitativ eingeschränkt, es bestehe jedoch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. eine schwere spezifische Leistungsbehinderung. Allein die Häufung "üblicher" Leistungseinschränkungen begründe noch keine Notwendigkeit, eine konkrete Verweisungstätigkeit zu benennen. Den Beschwerden des Klägers sei durch die Verweisung auf eine leichte Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes ausreichend Rechnung getragen. Der Arbeitsmarkt sei für den Kläger nicht verschlossen.

Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 03.08.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 26.08.2009 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vortragen lassen, das Thoracic-outlet-Syndrom habe sich verschlechtert. Dies sei den Angaben von Dr. R. vom 23.04.2008 und vom 27.09.2009 zu entnehmen und habe letztlich zu der internistischen Untersuchung durch Prof. Dr. D. am 19.02.2009 geführt. In dessen Bericht vom 02.03.2009 werde bei fehlendem Therapieerfolg eine erneute stationäre Abklärung über die neurologische Abteilung zur Differenzialdiagnostik bei dem komplexen Beschwerdebild geraten. Es seien deshalb weitere Ermittlungen durch das Sozialgericht angezeigt gewesen. Auch die Muskelkrämpfe, deren Ursache bisher nicht geklärt sei, begrenzten seine zeitliche Leistungsfähigkeit. Zudem habe er auf Grund der medikamentösen Behandlung durch Marcumar Kreislaufprobleme. Diese limitierten ebenfalls seine zeitliche Leistungsfähigkeit. Die Ermittlungen zur Wegefähigkeit seien nicht korrekt gewesen, da die behandelnden Ärzte nach der Wegefähigkeit für 4 x 100 m anstelle von 4 x 500 m täglich befragt worden seien.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10.06.2009 und den Bescheid der Beklagten vom 27.09.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.01.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.07.2007 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend und hat hinsichtlich der Wegefähigkeit darauf hingewiesen, dass der Kläger mit dem eigenen PKW zur Begutachtung von Dr. S. gefahren sei, der ihm auch attestiert habe, in erforderlichem Umfang Wegstrecken zurücklegen zu können.

Der Senat hat von Amts wegen ein sozialmedizinisches Sachverständigengutachten von Dr. Sch. eingeholt. Dieser diagnostiziert in seinem Gutachten vom 22.03.2010

1. Koronare Herzkrankheit, angenommener Herzinfarkt 2004, Narbenbildung im Vorderwandbereich, zwischenzeitlich schwere, inzwischen gebesserte systolische Funktionsstörung, jetzt keine manifeste Herzinsuffizienz bis zu mittelschwerer Belastung. 2. Dauerhafte blutgerinnungshemmende Therapie. 3. Defibrillator-Implantation (vorsorglich) 2006. 4. Lumbalsyndrom bei Osteochondrose der LWS, Prolaps L4/5 und Rezidiv-Prolaps L5/S 1 mit allenfalls ganz diskreter persistierender radikulärer L5/S1- Restsymptomatik links. 5. Cervikalsyndrom bei Osteochondrose der HWS. 6. Thoracic-outlet-Syndrom (Engpass-Syndrom zwischen 1. Rippe und Schlüsselbein) 7. CPK-Erhöhung ohne zugeordnete Symptomatik.

Für die vom Kläger als Hauptbeschwerden angegebene Fatigue-Symptomatik habe sich auch durch umfangreiche Laboruntersuchungen kein organisches Substrat finden lassen. Die seit län-gerem bekannte CPK-Erhöhung sei als solche nicht für das Beschwerdebild verantwortlich zu machen. Die Herzschwäche habe sich zu einem erheblichen Grad gebessert, so dass die Herzleistung für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ausreiche. Die Implantation des Defibrillators sei nachrangig, da es sich um eine prophylaktische Maßnahme gehandelt habe. Vom Kläger berichtet Kreislaufstörungen könnten auf den niedrig eingestellten Blutdruck zurückzuführen sein, seien aber nicht von arbeitsmedizinischer Relevanz. Den Wirbelsäulenbeschwerden könne ebenso wie dem Engpass-Syndrom am Thoraxausgang mit qualitativen Leistungseinschränkungen begegnet werden. Der Kläger könne keine häufigen mittelschweren Arbeiten, keinerlei schwere Arbeiten, z.B. auch kein Heben und Tragen von Lasten schwerer als 15 kg bei gelegentlichem und 8 kg bei häufigem Anfall mehr verrichten, ebenso keine Arbeiten mit Selbst- oder Fremdgefährdung und erheblicher Verletzungsgefahr, keine Tätigkeiten mit Zwangshaltung der Wirbelsäule, ständigem Stehen, mit erhobenen oder vorgehaltenen Armen bzw. mit längerer statischer Haltearbeit der Arme. Tätigkeiten unter Berücksichtigung dieser Funktionseinschränkungen könne der Kläger aber mehr als sechs Stunden am Tag verrichten. Für die abweichende Leistungseinschätzung von Dr. B. finde sich keine Begründung anhand der Befunde. Eine sozialmedizinisch relevante Einschränkung des Gehvermögens sei nicht festgestellt worden.

Der Kläger hat gegen die Begutachtung durch Dr. Sch. eingewendet, dieser habe eine orthopädische Begutachtung ohne Messungen der Muskulatur durchgeführt, so dass ihm nicht aufgefallen sei, dass die Muskulatur am linken Bein im Vergleich zum rechten Bein geringer ausgeprägt sei. Dr. Sch. habe außerdem nicht niedergelegt, dass er sich im Sitzen ausgezogen habe und beim Hackengang nach hinten geknickt sei. Zudem habe Herr Dr. Sch. die Durchführung des Zehenganges beschrieben, welcher tatsächlich nicht erfolgt sei. Nicht erwähnt werde auch, dass er beim Vorbeugen Schmerzen geäußert habe. Das Belastungs-EKG sei nicht mit automatischer Blutdruckmessung durchgeführt worden, da diese defekt gewesen sei.

Dr. Sch. hat sich in einer ergänzenden Stellungnahme vom 31.05.2010 zu den Einwendungen des Klägers geäußert und ausgeführt, er habe keine orthopädische Begutachtung durchgeführt, sondern eine internistische Begutachtung, wobei der Bewegungsapparat sehr sorgfältig untersucht worden sei. Eine Messung der Extremitätenumfänge sei dabei nicht routinemäßig vorzunehmen und erübrigte sich, wenn der Augenschein eine symmetrisch gebildete Muskulatur erkennen lasse. Die Tatsache, dass sich der Kläger im Sitzen ausgezogen habe, sei nicht erwähnenswert, wenn es nicht als unbedingt erforderlich und behinderungsrelevant erscheine. Schwierigkeiten hätten sich dabei nicht erkennen lassen. Die Anmerkungen zur Blutdruckmessung während der Ergometrie seien in verschiedener Hinsicht unzutreffend bzw. neben der Sache. Die manuelle Messung sei verlässlicher als die automatische Blutdruckmessung und damit Zeichen größerer Sorgfalt bei der Untersuchung und nicht Hinweis auf eine schlecht gewartete Apparatur, wie der Vortrag hier wohl nahelegen solle. Die während der Ergometrie gemessenen Blutdruckwerte, welche die Ausgangsbasis für die Beurteilung der Blutdruckeinstellung im Hinblick auf das Leistungsvermögen darstellten, würden ein Optimum an Verlässlichkeit bieten.

Der Kläger befand sich in der Zeit vom 03.11.2010 bis zum 10.11.2010 zur stationären Behandlung im Städtischen Klinikum K ... Am 05.11.2010 wurde dort eine operative Dekompression im Bereich L5/S1 durchgeführt. Ausweislich des Berichts von Prof. Dr. Sp. vom 11.11.2010 über den stationären Aufenthalt hatte sich der postoperative Verlauf komplikationslos gestaltet bei regelrechter Wundheilung. Eine Frühmobilisation sei gut möglich gewesen. Ein weiterer stationärer Aufenthalt im Städtischen Klinikum K. erfolgte in der Zeit vom 15.11.2010 bis zum 19.11.2010 in der Kardiologischen Abteilung, da sich im Bereich der linken Schulter über dem Herzschrittmacher eine lokale Rötung und eine leichte Schwellung gezeigt hatten. Ein systemischer Infekt konnte ausweislich des Befundberichtes von Prof. Dr. Sch. vom 18.11.2010 ebenso ausgeschlossen werden wie ein Erysipel/Herpes zoster. Es wurde eine konservative Therapie sowie die Wiederaufnahme der operationsbedingt unterbrochenen Markumar-Therapie empfohlen.

In der Zeit vom 24.11.2010 bis zum 15.12.2010 war der Kläger zur Anschlussheilbehandlung in der orthopädischen Fachklinik W ... Im Entlassbericht vom 20.12.2010 wurden als Diagnosen genannt: 1. Lumboischialgie li. bei Rezessusstenose L5/S1 li., OP 05.11.10 2. Koronare Eingefäßerkrankung 3. Z.n. Vorderwandinfarkt 10/2004 4. Z.n. TCD-Implantation 2006 5. Arterielle Hypertonie In der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung wurde ausgeführt, der Kläger werde nach abgeschlossener Rekonvaleszenz voraussichtlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Wechselrhythmus von Gehen, Stehen und Sitzen ausüben können. Zu vermeiden seien Heben und Tragen von schweren Lasten sowie länger andauernde einseitige Zwangshaltungen.

Der Kläger legte noch ärztliche Atteste seiner behandelnden Ärzte vor. Sein Hausarzt Dr. R. führte in dem Attest vom 03.04.2011 aus, der Kläger sei durch die bestehenden Erkrankungen massiv beeinträchtigt. Es habe sich ein depressives Syndrom entwickelt. Der Kläger befinde sich in Schmerztherapie und sei mit Opiaten eingestellt. Von einer Erwerbstätigkeit von mehr als zwei Stunden könne nicht mehr ausgegangen werden. Der Neurologe Dr. R. nahm in seinem Schreiben vom 05.04.2011 zu dem Entlassbericht der Fachklinik W. Stellung und beanstandete, dass bei den Diagnosen nicht berücksichtigt worden sei, dass bei dem Kläger seit Jahren der dringende Verdacht auf ein neurovaskuläres Thoracic-outlet-Syndrom bestehe. Die Kardiologin Dr. E. äußerte sich am 19.04.2011 zum Gutachten von Dr. Sch. und hielt die kardialen Ergebnisse darin für nicht richtig wiedergegeben. Die Leistungsfähigkeit des Klägers sei durch seine stark reduzierte linksventrikuläre Funktion höhergradig eingeschränkt. Körperlich belastende Tätigkeiten sollten vermieden werden.

Die Beklagte nahm hierzu Stellung und führte aus, die auf internistischem Gebiet liegenden Gesundheitsstörungen und die damit verbundenen Einschränkungen des Klägers seien im internistisch/sozialmedizinischen Gutachten von Dr. Sch. am 08.04.2010 hinreichend gewürdigt worden. Dieser habe insbesondere festgestellt, dass eine inzwischen gebesserte, keine manifeste Herzinsuffizienz bis zu mittelschwerer Belastung vorliege. Auch das Engpasssyndrom im Thoraxausgang, bei dem bisher eine erhebliche Gefäßbeteiligung nicht habe nachgewiesen werden können, sei berücksichtigt worden. Die Leistungsbeurteilung im Entlassungsbericht der Fachklinik W. vom 20.12.2010 betreffe ausschließlich die orthopädischen Erkrankungen des Klägers, nach denen leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes regelmäßig mindestens sechs Stunden täglich ohne längere einseitige Zwangshaltungen zumutbar seien. Dies stimme mit dem von Dr. Sch. am 08.04.2010 festgestellten Leistungsvermögen überein.

Der Kläger hat mit Schreiben vom 18.04.2011 und vom 16.06.2011 einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung zugestemmt, die Beklagte hat ihr Einverständnis hierzu mit Schriftsatz vom 23.05.2011 erteilt.

Wegen des weiteren Inhalts der Beweisaufnahme und den Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Akten des Sozialgerichts und des Senats sowie auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).

Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihm Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren. Er hat darauf keinen Anspruch.

Das Sozialgericht hat in seinem Urteil zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften (§§ 43, 240 SGB VI) das Rentenbegehren des Klägers zu beurteilen ist, und weshalb ihm danach Rente nicht zusteht. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten und die im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen anzumerken:

Der Senat teilt die Auffassung des Sozialgerichts, dass der Kläger zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts (unter qualitativen Einschränkungen) mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann, so dass Erwerbsminderung nicht vorliegt (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Das im Berufungsverfahren vom Senat eingeholte sozialmedizinische Sachverständigengutachten von Dr. Sch. bestätigt die Leistungseinschätzung des Verwaltungsgutachters Dr. M. und des Vorgutachters des erstinstanzlichen Verfahrens Dr. S ... Die Leistungseinschätzung des Gutachters Dr. B. auf drei bis unter sechs Stunden arbeitstäglich sowie die von den behandelnden Ärzten geäußerten, zeitlich eingeschränkten Leistungsbewertungen haben sich hingegen nicht bestätigt, so dass sich der Senat diesen nicht anzuschließen vermag.

Auf kardiologischem Fachgebiet leidet der Kläger an einer koronaren Herzkrankheit mit angenommenem Herzinfarkt im Oktober 2004, mit Narbenbildung im Vorderwandbereich. Dr. Sch. beschrieb in seinem Gutachten vom 22.03.2010 eine vormals schwere, inzwischen gebesserte systolische Funktionsstörung und zum Begutachtungszeitpunkt keine manifeste Herzinsuffizienz bis zu mittelschwerer Belastung. Bei dem Kläger wird eine dauerhafte blutgerinnungshemmende Therapie durchgeführt, im Jahr 2006 erfolgte eine vorsorgliche Defibrillator-Implantation. Aufgrund dieser Erkrankungen ist eine Leistungseinschränkung in zeitlicher Hinsicht nicht begründet. Der Senat folgt hierin der nachvollziehbaren Leistungsbewertung durch Dr. Sch., der leichte Tätigkeiten ohne häufige mittelschwere Arbeiten noch in einem Umfang von sechs und mehr Stunden arbeitstäglich für zumutbar hält. Er stützt diese Einschätzung auf die von ihm im Rahmen der Begutachtung gemessenen Belastungswerte sowie die komplette Normalisierung des BNP-Wertes. Diese Untersuchungen haben erkennen lassen, dass sich die Herzschwäche zu einem erheblichen Grad gebessert habe. Die Implantation des Defibrillators sei nur vorsorglich erfolgt, relevante Herzrhythmusstörungen seien bisher gar nicht aufgetreten. Der Senat teilt auch die von Dr. Sch. geäußerte Kritik an der Leistungseinschätzung durch Dr. B., der bei seiner Begutachtung nach § 109 SGG im erstinstanzlichen Verfahren ein Leistungsvermögen von lediglich drei bis sechs Stunden arbeitstäglich angenommen hatte. Für eine solche Einschränkung bietet Dr. B. in seinem Gutachten vom 08.03.2009 keine nachvollziehbare Erklärung. Dr. L. vom sozialmedizinischen Dienst der Beklagten hatte bereits in seiner Stellungnahme vom 23.03.2009 darauf hingewiesen, dass Dr. B. keine wesentlich anderen Befunde erhoben hatte als der Vorgutachter Dr. S., so dass keine Veranlassung bestanden habe, von der Leistungseinschätzung von Dr. S. abzuweichen. Dieser hatte keine zeitliche Limitierung des Leistungsvermögens angenommen. Soweit der Kläger die durchgeführten Untersuchungen von Dr. Sch. kritisiert und eine fehlende automatische Blutdruckmessung beim Belastungs-EKG beanstandet hatte, hat Dr. Sch. in seiner ergänzenden Stellungnahme mit dem Hinweis auf die größere Verlässlichkeit manueller Blutdruckmessungen nachvollziehbar erläutert, aus welchem Grund er eine solche durchgeführt hat.

Der stationäre Aufenthalt des Klägers in der Kardiologischen Abteilung des Städtischen Klinikums K. vom November 2010 beruhte nicht auf einer Erkrankung, die für die Bewertung des Leistungsvermögens des Klägers von Relevanz ist. Ausweislich des Arztberichtes vom 18.11.2010 war eine lokale Rötung und eine leichte Schwellung im linken Schulterbereich oberhalb des implantierten Herzschrittmachers aufgetreten, die einer konservativen Behandlung zugänglich war. Auswirkung auf die kardiale Leistungsfähigkeit hatte diese Erkrankung nicht. Sie wird auch nicht erwähnt in dem vom Kläger vorgelegten Attest seiner behandelnden Kardiologin Dr. E. vom 19.04.2011. Dieses enthält auch keine sonstigen Untersuchungsergebnisse oder Befunde nach der Begutachtung durch Dr. Sch., die eine Verschlechterung der Koronarerkrankung erkennen ließen. Soweit Dr. E. bestreitet, dass sich der Befund einer hochgradig eingeschränkten linksventrikulären Funktion gebessert habe und davon ausgeht, dass es seit 2009 immer wieder zu nicht anhaltenden ventrikulären Tachykardien gekommen sei, setzt sie sich nicht ansatzweise mit den entgegenstehenden Feststellungen des Gutachters Dr. Sch. auseinander, dessen Gutachten umfangreiche Untersuchungen zugrundelagen, mit denen er seine Annahme einer gebesserten Herzleistung begründet hat. Im Übrigen hat die Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass die Einschätzung von Dr. E., dem Kläger seien keine körperlich belastenden Tätigkeiten mehr zumutbar, nicht von der Leistungseinschätzung von Dr. Sch. abweicht, der schwere körperliche Tätigkeiten vollständig und mittelschwere Tätigkeiten in häufigem Umfang ausgeschlossen hatte. Anlass für weitere Ermittlungen von Amts wegen bestand deshalb nicht.

Soweit der Kläger bei Dr. Sch. die Symptomatik eines Fatigue-Syndroms beschrieben hat, konnte dafür in der Begutachtung keine organische Ursache gefunden werden. Die durchgeführten umfangreichen Laboruntersuchungen haben nach Aussage von Dr. Sch. keine Hinweise auf eine systemische Erkrankung ergeben. Auch für die CPK-Erhöhung, auf die der Kläger seit 2006 bestehende Muskelschmerzen und -krämpfe zurückführt, hat Dr. Sch. keine Ursache gefunden. Dr. Sch. hat aus der CPK-Erhöhung aber auch keine Leistungseinschränkung für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ableiten können. Er stimmt damit überein mit den Feststellungen des Gutachters Dr. S., der bei seiner im erstinstanzlichen Verfahren durchgeführten Untersuchung des Klägers ebenfalls einen erhöhten CPK-Wert festgestellt hatte, die Erhöhung in dem gegebenen Umfang aber für den Nachweis einer relevanten Muskelerkrankung definitiv ausgeschlossen hatte. Soweit der Kläger auch über Schwindel und Kreislaufstörungen berichtet hat, konnte Dr. Sch. auch diesen Beschwerden keine Relevanz für die Bewertung des Leistungsvermögens zumessen. Er hat diese Beschwerden auf die medikamentöse Einstellung des Blutdrucks auf eher niedrige Werte zurückgeführt, die als solche medizinisch korrekt sei. Eine sozialmedizinisch erhebliche Absenkung des Blutdrucks hat sich bei den Untersuchungen im Rahmen der Begutachtung nicht ergeben.

In orthopädischer Hinsicht leidet der Kläger an einem Lumbalsyndrom bei Osteochondrose der LWS, Prolaps L4/5 und Rezidiv-Prolaps L5/S 1 mit diskreter persistierender radikulärer L5/S1- Restsymptomatik links sowie an einem Cervikalsyndrom bei Osteochondrose der HWS. Diese Erkrankungen begründen keine Leistungseinschränkungen, die über die aufgrund der Herzerkrankung bereits erforderlichen Einschränkungen hinausgehen. Dr. Sch. konnte schwerwiegende Funktionsstörungen nicht feststellen. Auch die im Verlaufe des Berufungsverfahrens durchgeführte operative Dekompression im Bereich L5/S1 hat ebenfalls keine nachhaltige Funktionsbeeinträchtigung zur Folge, so dass sich auch daraus keine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens des Klägers ergibt. Nach dem Bericht der Fachklinik W. konnte nach Durchführung der Rehabilitationsbehandlung aus orthopädischer Sicht wiederum ein Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Umfang von sechs und mehr Stunden arbeitstäglich im Wechselrhythmus von Gehen, Stehen und Sitzen, ohne Heben und Tragen schwerer Lasten und ohne einseitige Zwangshaltungen prognostiziert werden.

Das auf neurologischem Fachgebiet bestehende Thoracic-outlet-Syndrom begründet ebenfalls keine weitergehenden Leistungseinschränkungen. Dr. Sch. hat diese Erkrankung im Rahmen seiner sozialmedizinischen Begutachtung diagnostiziert und qualitative Leistungseinschränkungen beschrieben. So könne der Kläger keine Tätigkeiten mit erhobenen oder länger vorgehaltenen Armen mehr verrichten. Sofern in dem vom Kläger vorgelegten Arztbrief seines behandelnden Neurologen Dr. R. vom 05.04.2011 beanstandet wird, dass in dem Entlassbericht der Fachklinik W. diese Erkrankung bei den Diagnosen nicht erwähnt worden sei, stellt dies die Leistungseinschätzung der behandelnden Ärzte in W. nicht in Frage. Vielmehr ist anzunehmen, dass das Thoracic-outlet-Syndrom während der Rehabilitationsmaßnahme nicht behandlungsbedürftig war, da es auch bei den reharelevanten Funktionsdiagnosen nicht aufgeführt worden ist, obwohl es aufgrund der Vorlage eines Attests von Dr. R. bekannt gewesen ist. Beschwerden aufgrund dieser Erkrankung hat der Kläger in der Rehabilitationsmaßnahme offenbar nicht geltend gemacht. Der vom Kläger zuletzt im Berufungsverfahren vorgelegte Befundbericht von Dr. R. vom 13.01.2011 enthält keine weitergehenden Angaben über Beschwerden im Zusammenhang mit dem Thoracic-outlet-Syndrom, die zu einer Beschränkung des Leistungsvermögens führen könnten. Im Übrigen hatte Dr. R. im erstinstanzlichen Verfahren in seiner Stellungnahme vom 23.03.2008 dieser Erkankung keine leistungsmindernde Bedeutung zugemessen. Auch insoweit besteht für den Senat kein Anlass zu weitergehenden Ermittlungen von Amts wegen.

In dem ärztlichen Attest von Dr. R. vom 03.04.2011 berichtet dieser von einem depressiven Syndrom, das sich zwischenzeitlich aufgrund der massiven gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers entwickelt habe. Befundtatsachen, die für eine solche Erkrankung sprechen könnten, beschreibt Dr. R. indes nicht. Ebenso fehlt eine fachärztlich gesicherte Diagnose. Die von Dr. R. geäußerte Einschätzung eines Leistungsvermögens von maximal zwei Stunden pro Tag ist nicht nachvollziehbar, da Dr. R. - abgesehen von der nicht gesicherten Depression - keine anderen Erkrankungen beschreibt, als bereits der Begutachtung durch Dr. Sch. zugrunde lagen.

Die Berufung des Klägers musste daher ohne Erfolg bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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