L 3 AL 3919/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AL 5246/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 3919/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. Juli 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Erstattung von Bewerbungskosten, die Gewährung von Vorschüssen bzw. Abschlagszahlungen hierauf. Ferner wendet er sich auch dagegen, dass die Leistungsgewährung von der Nutzung eines "Formantrages" abhängig gemacht wird. Schließlich begehrt er der Beklagten zu untersagen, Leistungen zu versagen und Vermittlungsvorschläge mit einer Sperrzeitandrohung zu verbinden, solange keine Bewerbungskosten gezahlt worden seien.

Der am 18.01.1975 geborene Kläger stand mit Unterbrechungen im langjährigen Bezug von Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Er führte und führt deswegen vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) und dem Landessozialgericht Baden-Württemberg zahlreiche Rechtsstreitigkeiten gegen die Beklagte.

Mit Bescheiden vom 28.09., vom 04., 15., 18., 19. und 20.10. und vom 30.11.2010 lehnte die Beklagte Anträge des Klägers auf Erstattung von Bewerbungskosten ab.

Bereits am 25.10.2010 erhob der Kläger "Untätigkeitsklage" zum SG - S 11 AL 4406/10 - mit der die Gewährung einer Bewerbungskostenpauschale i.H.v. 300,- EUR geltend machte. Hierzu legte er u.a. die Bescheide der Beklagten vom 28.09., vom 04., 15., 18. und vom 19.10.2010 vor. Die Klage ist unverändert beim SG anhängig. Am 06.12.2010 erhob der Kläger abermals Klage zum SG - S 11 AL 5074/10 -, mit der er die Erstattung der Kosten für insg. 23 Bewerbungen i.H.v. jeweils 13,60 EUR, hilfsweise i.H.v. 5,- EUR geltend machte und u.a. den Bescheid der Beklagten vom 30.11.2010 vorlegte. Auch diese Klage ist unverändert beim SG anhängig.

Widersprüche des Klägers gegen die Bescheide vom 28.09., vom 04., 15., 18., 19. und 20.10. und vom 30.11.2010 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.12.2010 zurück.

Am 16.12.2010 hat der Kläger gegen den Widerspruchsbescheid vom 10.12.2010 Klage zum SG erhoben - S 11 AL 5246/10 -. Zu deren Begründung hat er vorgetragen, auf die Erstattung der Bewerbungskosten bestehe ein Anspruch. Es sei unzumutbar, von ihm Bewerbungsbemühungen zu verlangen, wenn hierfür keine angemessenen Leistungen erbracht würden.

Die Beklagte ist der Klage unter Verweis auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid und andere anhängige Verfahren, in denen der Kläger gleichfalls die Erstattung von Bewerbungs-kosten geltend gemacht hat, entgegen getreten. Nach Anhörung der Beteiligten (gerichtliches Schreiben vom 25.03.2011, dem Kläger am 01.04.2011 zugestellt) hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 22.07.2011 abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, der vom Kläger am 26.04.2011 gestellte Befangenheitsantrag hindere es nicht daran, in der Sache zu entscheiden, da es offensichtlich rechtsmissbräuchlich sei. Der Antrag ziele einzig darauf ab, den Kammer-vorsitzenden vom vorliegenden Verfahren auszuschließen, um die Bearbeitung des Verfahrens durch einen anderen Richter zu erreichen. Auch dem Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht, den der Kläger gestellt habe, sei nicht zu entsprechen, da dieser gleichfalls als grob rechtsmiss-bräuchlich zu qualifizieren sei. Dem Kläger sei im März 2010 Einsicht in die gesamten Akten in den Räumlichkeiten seiner Wohnortgemeinde ermöglicht worden. Der Kläger habe hiervon keinen Gebrauch gemacht. Hieran zeigt sich, dass der Kläger mit den Anträgen lediglich die Beendigung des Rechtsstreits zu verhindern suche. Soweit der Kläger die Erstattung von Bewerbungskosten begehre, sei die Klage bereits unzulässig, da die Bescheide vom 28.09., vom 04., 15., 18., 19., 20.10. und vom 30.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.12.2010 bereits Gegenstand der Verfahren - S 11 AL 4406/10 -, - S 11 AL 4953/10 - und - S 11 AL 5074/10 - seien, weswegen die Klage wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzu-lässig sei. Die vom Kläger gleichfalls verfolgen vorbeugenden Unterlassungsklagen seien in Ermangelung eines qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis unzulässig.

Gegen den am 03.08.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 29.08.2011 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung bringt er vor, das Verfahren müsse zurückverwiesen werden, da eine Selbstentscheidung des SG über sein Befangenheitsgesuch unzulässig sei. Ihm seien keine Akten zugänglich gemacht worden ... Seine Anträge seien zulässig gewesen. Seit dem 13.09.2010 befindet sich der Kläger in Untersuchungshaft.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. Juli 2011 aufzuheben und das Verfahren an das Sozialgericht Karlsruhe zurückzuverweisen,

hilfsweise, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. Juli 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 28. September 2010, vom 04., 15., 18., 19., und vom 20.Oktober 2010 sowie vom 30. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Dezember 2010 zu verurteilen, die von ihm geltend gemachten Bewerbungskosten zu erstatten, hilfsweise seine Anträge neu zu verbescheiden, hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, seine Bewerbungsunterlagen auszudrucken und zu versenden, der Beklagten zu untersagen, die Gewährung von Leistungen von einem Formantrag abhängig zu machen, der Beklagten zu untersagen, Leistungen nach den §§ 60 ff. Sozialgesetzbuch Erstes Buch zu versagen, ohne dass sie zuvor konkrete Hinweise erteilt bzw. die fehlenden Tatsachen konkret bezeichnet hat, der Beklagten zu untersagen, Vermittlungsvorschläge mit einer Sperrzeitandrohung zu verbinden bzw. Sperrzeiten zu verhängen solange sie keine Bewerbungskosten erstattet, der Bekl. für jede Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld anzudrohen, die Beklagte zu verurteilen, im Rahmen von Vermittlungsvorschlägen angemessene Vorschüssen oder Abschläge auszukehren.

Die Beklagte hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert.

Der Senat hat dem Kläger die Möglichkeit eröffnet, Einsicht in die Verfahrens- und Verwaltungsakten zu nehmen, indem er die Akten in die Justizvollzugsanstalt Stuttgart Stammheim übersandt hat. Der Kläger hat hiervon am 07.03.2012 Gebrauch gemacht.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die bei der Beklagten für den streitgegenständlichen Vorgang geführte Verwaltungsakte, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 18.04.2012 wurden, sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 18.04.2012 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte Berufung (§ 143 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) wurde form- und fristgerecht eingelegt (vgl. § 151 Abs. 1 SGG); sie ist zulässig. Die Berufung ist jedoch unbegründet.

Der Rechtsstreit ist nicht, wie klägerseits beantragt, an das SG zurückzuverweisen. Gemäß § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG in der ab dem 01.01.2012 geltenden Fassung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 22.12.2011 (BGBl. I S.3057) kann das Landessozialgericht durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist. Ein wesentlicher Mangel des Verfahrens, der zur Zurück-verweisung an das SG führen könnte, liegt vor, wenn gegen eine das Gerichtsverfahren regelnde Vorschrift verstoßen wurde und die Entscheidung des Sozialgerichts hierauf beruhen kann. Das Landessozialgericht entscheidet bei Vorliegen eines Mangels nach seinem pflichtgemäßen Ermessen, ob es in der Sache selbst entscheidet oder zurückverweisen will. Eine Verpflichtung zur Zurückverweisung besteht auch bei Vorliegen eines wesentlichen Mangels des Verfahrens nicht (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 17.02.1956 - 6 RKa 14/55 - veröffentlicht in juris). Ungeachtet dessen, dass die vom Kläger angeführten Verfahrensfehler, wie in den zahlreichen Verfahren des Klägers bereits vielfach vom Senat entschieden wurde, nicht vorliegen - das SG hat berechtigterweise selbst über das Befangenheitsgesuch des Klägers vom 26.04.2011 entschieden und die Übersendung von Aktenkopien abgelehnt - würden diese ein Zurückverweisung nicht nach sich ziehen, da der Rechtsstreit in der Sache entscheidungsreif ist (vgl. Keller in Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9.Aufl., § 159, Rn. 5 ff) und eine Beweisaufnahme nicht erforderlich wäre. Überdies wurde dem Kläger während des Berufungs-verfahrens Akteneinsicht gewährt.

Auch soweit der Kläger mit der Berufung sein inhaltliches Begehren weiterverfolgt, ist die Berufung unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage war bereits unzulässig. Der Kläger hat bereits mit der Klageerhebung am 25.10.2010 - S 11 AL 4406/10 - die Erstattung von Bewerbungskosten im Wege einer "Untätigkeitsklage" geltend gemacht. Auch in dem, am 06.12.2010 anhängig gewordenen Klageverfahren - S 11 AL 5074/10 -, macht der Kläger die Erstattung von Bewerbungskosten geltend; dort begehrt er die Erstattung der Kosten für insg. 23 Bewerbungen i.H.v. jeweils 13,60 EUR, hilfsweise i.H.v. 5,- EUR. In diesen Verfahren hat er die vorliegend angefochtenen Bescheide beigefügt. Mit der am 16.12.2010 anhängig gemachte erstinstanzlichen Klage - S 11 AL 5246/10 - hat der Kläger erneut die ablehnenden Bescheide der Beklagten in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.12.2010 angegriffen und die Erstattung von Bewerbungskosten beantragt; das Klageverfahren hat mithin den gleichen Streitgegenstand betroffen. Die Klage war daher gemäß § 202 SGG i.V.m. § 17 Abs. 1 Gerichtsverfassungsgesetz bereits wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig (vgl. BSG, Urteil vom 05.07.1978 - 1 RJ 4/78 - veröffentlicht in juris; Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 94, Rn. 7). Die diesbezüglichen Hilfsanträge, seine Anträge neu zu verbescheiden, hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, seine Bewerbungs-unterlagen auszudrucken und zu versenden sind dem Folgend gleichfalls unzulässig.

Auch im Hinblick auf die weiteren Anträge des Klägers ist die Berufung unbegründet. Soweit der Kläger begehrt, die Gewährung von Leistungen von einem Formantrag abhängig zu machen, der Beklagten zu untersagen, Leistungen nach den §§ 60 ff. Sozialgesetzbuch Erstes Buch zu versagen, ohne dass sie zuvor konkrete Hinweise erteilt bzw. die fehlenden Tatsachen konkret bezeichnet hat, der Beklagten zu untersagen, Vermittlungsvorschläge mit einer Sperrzeitandrohung zu verbinden bzw. Sperrzeiten zu verhängen solange sie keine Bewerbungskosten erstattet und Beklagte zu verurteilen, im Rahmen von (zukünftigen) Vermittlungsvorschlägen angemessene Vorschüssen oder Abschläge auszukehren wendet er sich mit einer vorbeugenden Unterlassungsklage an das Gericht. Der Kläger kann sich insofern jedoch, wie das SG zutreffend entschieden hat, nicht auf das erforderliche qualifizierte Rechtsschutzbedürfnis berufen, da es ihm zumutbar ist, nachrangigen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen. Dem Antrag, der Beklagten bei Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld anzudrohen ist dem Folgend gleichfalls nicht stattzugeben.

Die Berufung ist hiernach zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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