Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AS 1882/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 5948/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 28.06.2007 wird aufgehoben.
Auf die Klage der Klägerin werden die Bescheide des Beklagten vom 05. Mai 2006 betreffend die Zeiträume Dezember 2005 bis 30. April 2006 aufgehoben. Der Erstattungsbescheid des Beklagten vom 29. Februar 2008 wird aufgehoben.
Im Übrigen werden die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Klagen abgewiesen.
Der Beklagte trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob und in welcher Höhe die Klägerin Anspruch auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in der Zeit vom 04.05.2005 bis 30.04.2006 hat.
Die 1977 geborene Klägerin bezog bis zum 22.01.2005 Arbeitslosengeld mit einem Leistungssatz von kalendertäglich 21,61 EUR. Mit Bescheid vom 21.02.2005 bewilligte die ARGE Leipzig der Klägerin und ihrer am 25.04.2001 geborenen Tochter Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.01.2005 bis 30.06.2005. Hierbei wurde ein befristeter Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld zugrunde gelegt, und zwar für den Monat Januar 2006 in Höhe von 66,00 EUR und für die Zeit vom 01.02.2005 bis 30.06.2005 in Höhe von monatlich 220,00 EUR.
1. Am 04.05.2005 stellte die Klägerin, die zwischenzeitlich nach Horb umgezogen war, bei der Dienststelle Horb der Rechtsvorgängerin des Beklagten (im Folgenden: Beklagter) (vgl. § 76 Abs. 3 SGB II) den Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II für sich und ihre Tochter.
Mit Bescheid vom 06.07.2005 bewilligte der Beklagte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Klägerin und ihre Tochter in folgender Höhe:
04.05.2005 bis 31.05.2005 373,33 EUR 01.06.2005 bis 30.06.2005 400,00 EUR 01.07.2005 bis 31.10.2005 monatlich 395,00 EUR.
Hiergegen legte die Klägerin unter Vorlage der Bescheide der ARGE Leipzig Widerspruch ein mit der Begründung, ihr stehe auch ein befristeter Zuschlag nach Arbeitslosengeld zu.
Nachdem die Klägerin Nachweise über Einkünfte aus einer Aushilfstätigkeit im Juni und Juli 2005 vorgelegt hatte, bewilligte der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 18.10.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in folgender Höhe:
04.05.2005 bis 31.05.2005 437,73 EUR 01.06.2005 bis 30.06.2005 469,00 EUR 01.07.2005 bis 31.07.2005 382,11 EUR 01.08.2005 bis 31.08.2005 420,00 EUR 01.09.2005 bis 31.10.2005 monatlich 469,00 EUR.
Zur Begründung führte sie u.a. aus, durch die Änderung der örtlichen Gegebenheiten in Horb errechne sich im Gegensatz zu Leipzig - dort sei die Sicherung des Lebensunterhalts niedriger - kein weiterer Zuschlag aus dem Arbeitslosengeld.
Hiergegen legte die Klägerin gleichfalls Widerspruch ein wiederum mit der Begründung, es sei ein befristeter Zuschlag nach der Gewährung von Arbeitslosengeld zu gewähren.
Nachdem die Klägerin am 11.10.2005 den Antrag auf Fortzahlung des Alg II gestellt sowie mitgeteilt hatte, dass sie ab dem 23.09.2005 eine Nebentätigkeit ausübe, bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 25.10.2005 der Klägerin und deren Tochter Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.11.2005 bis 30.04.2006 in Höhe von monatlich 303,30 EUR. Hierbei legte er ein zu berücksichtigendes Erwerbseinkommen von monatlich 185,87 EUR zugrunde.
Vom 01.10.2005 bis 28.02.2006 übte die Klägerin eine geringfügige Beschäftigung bei der Firma A. in Horb aus und erzielte hieraus ein monatlich wechselndes Einkommen in Höhe von Oktober 2005 284,88 November 2005 224,38 Dezember 2005 246,38 Januar 2006 202,38 Februar 2006 158,38
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.05.2006 wies der Beklagte den Widerspruch gegen die Bescheide vom 06.07.2005, 18.10.2005 und 25.10.2005 wegen der Gewährung eines befristeten Zuschlags nach § 24 SGB II zurück. Zur Begründung führte er aus, die Gewährung des befristeten Zuschlags nach § 24 SGB II solle in vertretbarem Umfang einen Teil der Einkommenseinbußen abfedern, die in der Regel beim Übertritt in das Arbeitslosengeld II entstünden. Dies sei hier jedoch gerade nicht der Fall. Der maßgebende Gesamtbedarf nach dem SGB II in Höhe von 731,84 EUR übersteige sogar das Arbeitslosengeld (monatlich 648,30 EUR).
2. Am 13.04.2006 stellte die Klägerin den Antrag auf Fortzahlung der Leistungen nach dem SGB II. Auf dem Antragsformular sowie auf einer Veränderungsmitteilung, die von der Klägerin am 02.05.2006 unterschrieben worden ist, wird angegeben, am 01.12.2005 sei ihr Freund J. in die Wohnung eingezogen. Die Miete sei erhöht worden. Herr J. sei bisher Vermieter (Untervermieter) der Klägerin gewesen. In der Folgezeit wurden Lohnabrechnungen des Herrn J. für die Monate November 2005 bis April 2006 sowie die arbeitgeberseitige Kündigung dessen Arbeitsverhältnis zum 15.05.2006 vorgelegt. Danach hatte dieser folgendes Bruttoeinkommen, aus dem die Beklagte nachstehendes zu berücksichtigendes Einkommen errechnete: November 2005 2.425,29 EUR 977,66 EUR Dezember 2005 1.677,60 EUR 596,07 EUR Januar 2006 1.958,90 EUR 742,56 EUR Februar 2006 1.998,89 EUR 765,93 EUR März 2006 2.319,92 EUR 924,78 EUR April 2006 180,38 EUR 64,30 EUR
Im Fragebogen zur Überprüfung des Vorliegens einer eheähnlichen Gemeinschaft nach § 7 SGB II gab die Klägerin unter dem 02.05.2006 an, sie sei erstmals im Dezember 2005 mit Herrn J. zusammengezogen. Anlass für das Zusammenziehen sei gewesen, dass sie Untermieterin des Herrn J. gewesen sei, sie hätten keine gemeinsamen Kinder, sie sei aber jetzt schwanger. Es bestehe kein gemeinsames (Giro-)Konto und der Partner könne nicht über die Einkommens- und Vermögensgegenstände des anderen Partners verfügen. Sie hätten sich gegenseitig nicht als Begünstigte bei den Versicherungen registrieren lassen. Der Mietvertrag sei von beiden Partnern unterzeichnet worden. Der Einkauf der täglichen Bedarfsgüter erfolge für beide gemeinsam, die Mahlzeiten würden gemeinsam zubereitet und eingenommen und die Haushaltsgeräte/Geschirr gemeinsam benutzt. Sie sorge für die Reinigung der Kleidung und Wäsche.
Mit Bescheid vom 30.05.2006 lehnte der Beklagte sodann den Fortzahlungsantrag vom 13.04.2006 ab. Er führte aus, die Ablehnung erfolge wegen der Einkommensverhältnisse von Herrn J. und betreffe vorläufig nur den Zeitraum vom 01. bis 31.05.2006.
Mit drei Bescheiden jeweils vom 05.05.2006 lehnte die Beklagte den Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für Dezember 2005, Januar 2006 und für die Zeit vom 01.02.2006 bis 30.04.2006 ab mit der Begründung, es liege keine Bedürftigkeit vor.
Mit zwei Anhörungsschreiben gem. § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gleichfalls vom 05.05.2006 teilte der Beklagte der Klägerin mit, diese habe zu Unrecht Leistungen bezogen. Es sei beabsichtigt, die Bewilligung von Leistungen vom 01.10.2005 bis 31.10.2005 in Höhe von 116,96 EUR aufzuheben, weil die Klägerin die Erzielung von Nebeneinkommen nicht mitgeteilt habe. Es sei weiter beabsichtigt, die Bewilligung von Leistungen vom 01.12.2005 bis 30.04.2006 in Höhe von 1.838,74 EUR aufzuheben, weil die Klägerin erst im Mai 2006 mitgeteilt habe, dass sie seit dem 01.12.2005 mit Herrn J. liiert sei. Dadurch müsse dessen Einkommen rückwirkend ab dem 01.12.2005 auf ihre Leistungen angerechnet werden.
In ihrer am 18.05.2006 bei der Beklagten eingegangenen Stellungnahme hierzu gab die Klägerin an, sie sei erst seit ca. 5 Monaten mit Herrn J. zusammen. Dieser sei nicht bereit, für den Unterhalt ihrer Tochter A. aufzukommen.
Nach einem Postrücklauf teilte das Einwohnermeldeamt Horb dem Beklagten mit, die Klägerin sei mit ihrem Kind am 13.06.2006 nach Leipzig verzogen. Der Lebensgefährte Herr J. sei gleichfalls nach Leipzig verzogen, jedoch unter einer anderen Anschrift.
Mit Bescheid vom 12.07.2006 hob der Beklagte die Leistungsbewilligung ab dem 01.07.2006 wegen eines Umzugs und des dadurch bedingten Wechsels der Zuständigkeit auf.
3. Am 23.05.2006 hat die Klägerin gegen den Widerspruchsbescheid vom 17.05.2006 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben mit dem Antrag, ihr den befristeten Zuschlag nach § 24 SGB II zu gewähren.
Die Beklagte hat vorgetragen, die Bewilligung des Zuschlages nach § 24 SGB II durch die ARGE Leipzig sei rechtlich nicht haltbar. Ein Zuschlag komme nur dann in Betracht, wenn die Leistungen nach dem SGB II im Einzelfall geringer seien als die Leistungen nach dem SGB III.
Mit Gerichtsbescheid vom 28.06.2007 hat das SG die Klage abgewiesen mit der Begründung, der Gesamtbedarf der Klägerin nach dem SGB II betrage monatlich 731,84 EUR und übersteige damit das zuletzt bezogene Alg in Höhe von monatlich 643,80 EUR. Die Beklagte sei auch nicht an die Bewilligung des Zuschlags durch die ARGE Leipzig gebunden.
4. Hiergegen hat die Klägerin am 23.07.2007 Berufung eingelegt und ergänzend vorgetragen, nach ihrem erneuten Umzug nach Leipzig sei ihr der Zuschlag wieder bewilligt worden. Die Klägerin hat den Wohngeldbescheid der Stadt Leipzig vom 28.07.2004 vorgelegt, mit dem ihr für die Zeit vom 01.06.2004 bis 31.05.2005 Wohngeld (Mietzuschuss) in Höhe von monatlich 117,00 EUR bewilligt worden war.
Mit Änderungsbescheiden vom 29.02.2008 hat die Beklagte der Klägerin Leistungen für die Zeit vom 04.05.2005 bis 30.11.2005 in folgender Höhe bewilligt:
04.05. bis 31.05.2005 437,73 EUR befristeter Zuschlag nach § 24 SGB II 42,00 EUR 01.06. bis 30.06.2005 469,00 EUR befristeter Zuschlag nach § 24 SGB II 45,00 EUR 01.07. bis 31.07.2005 382,11 EUR befristeter Zuschlag nach § 24 SGB II 45,00 EUR 01.08. bis 31.08.2005 420,00 EUR befristeter Zuschlag nach § 24 SGB II 45,00 EUR 01.09. bis 30.09.2005 469,00 EUR befristeter Zuschlag nach § 24 SGB II 45,00 EUR 01.10.2005 bis 31.10.2005 352,04 EUR befristeter Zuschlag nach § 24 SGB II 45,00 EUR 01.11.2005 bis 30.11.2005 337,15 EUR befristeter Zuschlag nach § 24 SGB II 45,00 EUR.
Weiter hat sie einen befristeten Zuschlag nach § 24 SGB II für folgende Zeiten bewilligt:
01. bis 31.01.2006 39,00 EUR 01.02. bis 28.02.2006 23,00 EUR 01. bis 30.04.2006 23.00 EUR.
Mit Erstattungsbescheid gleichfalls vom 29.02.2008 hat die Beklagte die Erstattung von in der Zeit vom 01.12.2005 bis 30.04.2006 der Klägerin gewährter Leistungen (Arbeitslosengeld II (Regelleistung) 1.133,74 EUR, Mehrbedarfe für Alleinerziehende 620,- EUR) in Höhe von insgesamt 1.753,74 EUR festgesetzt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, mit Bescheiden vom 05.05.2006 und 29.02.2008 sei die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes vom 01.12.2005 bis 31.12.2005 und vom 01.03.2006 bis 31.03.2006 ganz sowie vom 01.01.2006 bis 28.02.2006 und vom 01.04.2006 bis 30.04.2006 teilweise aufgehoben worden. Der Betrag sei gemäß § 50 SGB X zu erstatten.
Die Klägerin, die gegen sämtliche vorgenannten Bescheide Widerspruch eingelegt hat, hat ergänzend vorgetragen, sie lebe mit Herrn J. erst seit Februar/März 2006 "offiziell zusammen".
Der Senat hat die Akten der ARGE Leipzig zum Verfahren beigezogen. Danach hat die Klägerin zuletzt bis zum 22.01.2005 Arbeitslosengeld I in Höhe von kalendertäglich 21,61 EUR bzw. monatlich 648,30 EUR bezogen. Mit Bescheid der ARGE Leipzig vom 21.02.2005 sind der Klägerin und ihrer Tochter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von monatlich 1.033,99 EUR bewilligt worden. Diese setzten sich zusammen aus Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (ohne Kosten für Unterkunft und Heizung) in Höhe von 450,- EUR, Kosten für Unterkunft und Heizung von 363,99 EUR sowie dem befristeten Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich 220,- EUR.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 28. Juni 2007 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 06. Juli 2005 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 18. Oktober 2005 sowie den Bescheid vom 25. Oktober 2005, diese in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2006 abzuändern, die Bescheide vom 05. Mai 2006 und 30. Mai 2006 sowie den Erstattungsbescheid vom 29. Februar 2008 aufzuheben, die Änderungsbescheide vom 29. Februar 2008 betreffend die Bewilligung von Leistungen für die Zeit vom 04. Mai 2005 bis 31. November 2005, Januar und Februar 2006 sowie April 2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 04. Mai 2005 bis 12. Juni 2006 einen höheren befristeten Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld gemäß § 24 SGB II zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klagen abzuweisen.
Er hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend. Er hat weiter vorgetragen, der in den Bescheiden vom 29.02.2008 ausgewiesene Zuschlag sei maschinell berechnet worden unter Zugrundelegung des von der Arbeitsagentur Nagold bewilligten Alg II (400,- EUR) zuzüglich der Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 298,50 EUR. Unter Zugrundelegung des erstmals nach dem Bezug von Arbeitslosengeld bewilligten Alg II ergebe sich ein niedrigerer Betrag. Die Höhe des erstmals bewilligten Alg II habe gemäß dem Bescheid der ARGE Leipzig vom 21.02.2005 ohne den Zuschlag nach § 24 Abs. 2 SGB II 731,84 EUR betragen (Bedarf 1.058,99 EUR abzüglich Unterhalt 106,- EUR, Kindergeld 154,- EUR, Erwerbseinkommen 67,15 EUR). Der Unterschiedsbetrag zum zuvor bezogenen Alg I (648,30 EUR) und Wohngeld (117,- EUR) belaufe sich auf 33,46. Zwei Drittel hiervon seien die mitgeteilten 22,31 EUR. Ein Aufhebungsbescheid vom 05.05.2006 existiere nicht. Es sei lediglich ein Ablehnungsbescheid am 05.05.2006 erlassen worden. Der Beklagte vertritt weiter die Rechtsauffassung, die Änderungsbescheide vom 29.02.2008 beinhalteten eine teilweise Aufhebung der Leistungsbewilligung.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, ergänzend Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor. Streitig ist die Gewährung einer laufenden Leistung für mehr als ein Jahr. Auch ist die zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung am 23.07.2007 noch geltende Berufungssumme von 500,- EUR (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der bis zum 31.03.2008 geltenden Fassung) überschritten.
Beklagte des vorliegenden Verfahrens ist gem. § 76 Abs. 3 Satz 1 SGB II ab dem 01.01.2012 das Jobcenter Landkreis Freudenstadt als Rechtsnachfolger der Bundesagentur für Arbeit. Bei Wechsel der Trägerschaft oder der Organisationsform tritt danach der zuständige Träger oder die zuständige Organisationsform an die Stelle des bisherigen Trägers oder der bisherigen Organisationsform; dies gilt auch für laufende Verwaltungs- und Gerichtsverfahren. Danach tritt wegen der Weiterentwicklung der Organisation des SGB II ein Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes ein; das Passivrubrum war entsprechend von Amts wegen zu berichtigen (BSG, Urteil v. 18.01.2011 - B 4 AS 99/10 R - juris Rn. 11).
Gegenstand des Verfahrens sind auch die den Zeitraum vom 04.05.2005 bis 30.06.2006 betreffenden Änderungs-, Aufhebungs- und Erstattungsbescheide gemäß § 96 SGG geworden, über die der Senat auf Klage entscheidet.
1. Die Berufung ist nicht begründet, soweit sie sich gegen den Änderungsbescheid vom 18.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.10.2005 sowie der Änderungsbescheide vom 29.02.2008 für die Zeit vom 04.05.2005 bis 30.11.2005 richtet. Denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung eines höheren als von der Beklagten bewilligten Zuschlages nach Bezug von Arbeitslosengeld gemäß § 24 SGB II in der bis zum 30.06.2006 geltenden Fassung. Soweit danach der erwerbsfähige Hilfebedürftige Arbeits-losengeld II innerhalb von 2 Jahren nach dem Ende des Bezugs von Arbeitslosengeld bezieht, erhält er in diesem Zeitraum einen monatlichen Zuschlag. Nach Ablauf des ersten Jahres wird der Zuschlag um 50 v.H. vermindert. Gemäß § 24 Abs. 2 SGB II beträgt der Zuschlag zwei Drittel des Unterschiedsbetrages zwischen 1. dem von dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zuletzt bezogenen Arbeitslosengeld und dem nach dem Wohngeldgesetz erhaltenen Wohngeld 2. dem an den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Angehörigen zu zahlenden Arbeitslosengeld II nach § 19 Satz 1 Nr. 1 sowie Satz 2 oder Sozialgeld nach § 28. Zur Ermittlung der Höhe des befristeten Zuschlags ist das Arbeitslosengeld des einzelnen hilfebedürftigen erwerbsfähigen Anspruchsberechtigten dem Gesamtbedarf der Bedarfsge-meinschaft gegenüber zu stellen. Der bei Beginn des Arbeitslosengeld II-Bezugs ermittelte Differenzbetrag bleibt für den gesamten Bezugszeitraum Berechnungsgrundlage (Grundsatz der Unveränderlichkeit; vgl. BSG, Urteil vom 31.10.2007 - B 14/11 b AS 5/07 R - in juris).
Danach ist die von dem Beklagten manuell erstellte Berechnung, welcher Ansprüche der Klägerin und ihrer Tochter gegenüber der ARGE Leipzig zugrunde gelegt wurden, zutreffend. Die Klägerin bezog zuletzt (bis 22.01.2005) Arbeitslosengeld in Höhe von 648,30 EUR monatlich und Wohngeld in Höhe von 117,- EUR monatlich. Das zum Leistungsbeginn zu zahlende Alg II und Sozialgeld einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung betrug unter Berücksichtigung des anzurechnenden Einkommens monatlich 731,84 EUR. Aus dem Unterschieds¬betrag von 33,46 EUR ergab sich ein Zuschlag gem. § 24 SGB II in Höhe von 22,31 EUR für die Zeit vom 23.01.2005 bis 22.01.2006 und von 11,16 EUR für die Zeit vom 23.01.2006 bis 22.01.2007. Durch den bewilligten höheren Zuschlag in den Bescheiden vom 29.02.2008 ist die Klägerin nicht beschwert. Für den Beklagten nicht bindend ist der hinsichtlich des Zuschlages nach § 24 SGB II unzutreffende Bescheid der ARGE Leipzig, mit dem ein befristeter Zuschlag von monatlich 220 EUR festgesetzt worden war.
2. Die Berufung bzw. die Klage sind begründet, soweit sie sich gegen die Ablehnungsbescheide vom 05.05.2006 für die Zeit ab Januar 2006 sowie gegen den Erstattungsbescheid vom 29.02.2008 richten.
Die Beklagte hat der Klägerin mit Bescheid vom 25.10.2005 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 303,30 EUR für die Zeit vom 01.11.2005 bis 30.04.2006 bewilligt.
Dieser Bescheid wurde teilweise rechtswidrig, nachdem die Klägerin ab Dezember 2005 mit Herrn J. zusammengezogen und dieser als weiteres Mitglied der Bedarfsgemeinschaft zu berücksichtigen war. Nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 b SGB II in der bis zum 31.07.2006 geltenden Fassung gehören zur Bedarfsgemeinschaft als Partner der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen die Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt. Eheähnliche Gemeinschaften sind Lebensgemeinschaften zwischen Frau und Mann, die über eine Wirtschafts- und Wohngemeinschaft hinaus innere Bindungen aufweist, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen (BVerfGE 17.11.1992 - 1 BvL 8/87 - BVerfGE 87, 234, 264f.). Zur Überzeugung des Senats bestand zwischen der Klägerin und Herrn J. ab Dezember 2005 eine solche Einstehensgemeinschaft. Dies ergibt sich aus der Angabe der Klägerin in der Veränderungsmitteilung vom 02.05.2006, wonach am 01.12.2005 ihr Freund eingezogen sei, sowie aus ihren Angaben im Fragebogen gleichfalls vom 02.05.2006. Danach bestand ein gemeinsamer Haushalt, die Räume der Wohnung wurden gemeinschaftlich genutzt, es wurde für beide gemeinsam eingekauft, die Mahlzeiten gemeinsam eingenommen und die Haushaltsgeräte gemeinschaftlich genutzt. Schließlich ist aus der Beziehung auch die am 07.10.2006 geborene Tochter S. hervorgegangen.
Eine Aufhebung dieses Bewilligungsbescheids nach § 48 SGB X ist jedoch nicht erfolgt.
Die Bescheide vom 05.05.2006 gehen insoweit ins Leere, als mit ihnen der Antrag auf Gewährung von Leistungen für die Zeit vom 01.12.2005 bis 30.04.2006 abgelehnt worden ist. Denn für diesen Zeitraum lag bereits eine Leistungsbewilligung vor. Lediglich der Ablehnungsbescheid für die Zeit vom 01.05.2006 bis 31.10.2006 trifft eine Regelung für einen Zeitraum, für den noch keine Bewilligung erfolgt war. Zudem hat der Beklagte mit Bescheid vom 30.05.2006 die Bewilligung von Leistungen für Mai 2006 abgelehnt.
Die Bescheide vom 05.05.2006 stellen auch keine Aufhebungsbescheide dar. Eine Aufhebung wäre vorliegend allein nach Maßgabe des § 48 SGB X statthaft. Soweit danach in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft auszuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X), nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (Nr. 3) oder der betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Diesen Erfordernissen genügen die Bescheide vom 05.05.2006 nicht.
Ausweislich des eindeutigen Wortlauts der Bescheide sollte mit diesen nicht ein Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben, sondern ein Leistungsantrag abgelehnt werden. Eine dahingehende Auslegung, dass die Bewilli-gungsentscheidung aufgehoben werden sollte, ist nicht möglich. Maßstab für die Auslegung eines Verwaltungsakts ist der Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten, der die Zusammenhänge berücksichtigt, welche die Behörde nach ihrem wirklichen Willen (§ 133 BGB) erkennbar in ihre Entscheidung einbezogen hat (BSG, Urteil v. 29.01.2008 - B 5a/5 R 20/06 R - in juris; Urteil des erkennenden Senats vom 11.05.2011 - L 3 AS 1039/10). Ein erkennbarer Wille, die Leistungsbewilligung aufzuheben, kann den Bescheiden vom 05.05.2006 jedoch nicht entnommen werden, da sie keinen Bezug auf vorangegangene Bewilligungsentscheidungen enthalten und nach dem Wortlaut eine erstmalige Entscheidung über den Leistungsanspruch der Klägerin getroffen werden sollte.
Zwar hat der Beklagte im Rahmen der Änderungsbescheide vom 29.02.2008 verfügt, dass "die bisher in diesem Zusammenhang ergangene Entscheidung insoweit aufhoben" werde, die diesbezügliche Aufhebungsentscheidung erfolgte jedoch außerhalb des zeitlichen Rahmens von einem Jahr ab Kenntniserlangung (§§ 48 Abs. 4, 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X) und war deshalb verfristet. Nach § 48 Abs. 4 SGB X in Verbindung mit § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X muss die Behörde die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen verfügen, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigten Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen. Die Jahresfrist beginnt frühestens mit der Anhörung des Begünstigten (KassKomm-Steinwedel, § 45 Rn. 27), "Kenntnis" bedeutet die hinreichende Sicherheit für den Erlass eines Rücknahmebescheides (BSG, Urteil v. 25.01.1994 - 7 RAr 14/93 - juris). Die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X beginnt jedoch in jedem Fall schon dann, wenn die Behörde der Ansicht ist, dass die ihr vorliegenden Tatsachen für eine Rücknahme bzw. Aufhebung der Bewilligungsentscheidung genügen (BSG, Urteil v. 06.04.2006 - B 7a AL 64/05 R - juris). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe lag die Kenntnis des Beklagten spätestens ab dem 18. Mai 2006, dem Zugang der Stellungnahme der Klägerin auf die Anhörungsschreiben vom 05.05.2006, vor. Eine Aufhebung im Februar 2008 ist damit jedenfalls verfristet.
Obwohl die Bewilligungsbescheide für die Zeit vom 01.12.2005 bis 30.04.2006 nicht mehr zurückgenommen werden können und damit die Klägerin in dieser Zeit Leistungen nach dem SGB II bezogen hat, stehen ihr für diese Zeit keine weitergehenden Leistungen wegen der Gewährung eines befristeten Zuschlages zu. Dies folgt aus § 48 Abs. 3 SGB X. Kann danach ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 SGB X nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Abs. 1 oder 2 zu Gunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinaus gehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, sowie einem recht-mäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwal¬tungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 SGB X nicht zurückgenommen werden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Auf die Klage der Klägerin werden die Bescheide des Beklagten vom 05. Mai 2006 betreffend die Zeiträume Dezember 2005 bis 30. April 2006 aufgehoben. Der Erstattungsbescheid des Beklagten vom 29. Februar 2008 wird aufgehoben.
Im Übrigen werden die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Klagen abgewiesen.
Der Beklagte trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob und in welcher Höhe die Klägerin Anspruch auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in der Zeit vom 04.05.2005 bis 30.04.2006 hat.
Die 1977 geborene Klägerin bezog bis zum 22.01.2005 Arbeitslosengeld mit einem Leistungssatz von kalendertäglich 21,61 EUR. Mit Bescheid vom 21.02.2005 bewilligte die ARGE Leipzig der Klägerin und ihrer am 25.04.2001 geborenen Tochter Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.01.2005 bis 30.06.2005. Hierbei wurde ein befristeter Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld zugrunde gelegt, und zwar für den Monat Januar 2006 in Höhe von 66,00 EUR und für die Zeit vom 01.02.2005 bis 30.06.2005 in Höhe von monatlich 220,00 EUR.
1. Am 04.05.2005 stellte die Klägerin, die zwischenzeitlich nach Horb umgezogen war, bei der Dienststelle Horb der Rechtsvorgängerin des Beklagten (im Folgenden: Beklagter) (vgl. § 76 Abs. 3 SGB II) den Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II für sich und ihre Tochter.
Mit Bescheid vom 06.07.2005 bewilligte der Beklagte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Klägerin und ihre Tochter in folgender Höhe:
04.05.2005 bis 31.05.2005 373,33 EUR 01.06.2005 bis 30.06.2005 400,00 EUR 01.07.2005 bis 31.10.2005 monatlich 395,00 EUR.
Hiergegen legte die Klägerin unter Vorlage der Bescheide der ARGE Leipzig Widerspruch ein mit der Begründung, ihr stehe auch ein befristeter Zuschlag nach Arbeitslosengeld zu.
Nachdem die Klägerin Nachweise über Einkünfte aus einer Aushilfstätigkeit im Juni und Juli 2005 vorgelegt hatte, bewilligte der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 18.10.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in folgender Höhe:
04.05.2005 bis 31.05.2005 437,73 EUR 01.06.2005 bis 30.06.2005 469,00 EUR 01.07.2005 bis 31.07.2005 382,11 EUR 01.08.2005 bis 31.08.2005 420,00 EUR 01.09.2005 bis 31.10.2005 monatlich 469,00 EUR.
Zur Begründung führte sie u.a. aus, durch die Änderung der örtlichen Gegebenheiten in Horb errechne sich im Gegensatz zu Leipzig - dort sei die Sicherung des Lebensunterhalts niedriger - kein weiterer Zuschlag aus dem Arbeitslosengeld.
Hiergegen legte die Klägerin gleichfalls Widerspruch ein wiederum mit der Begründung, es sei ein befristeter Zuschlag nach der Gewährung von Arbeitslosengeld zu gewähren.
Nachdem die Klägerin am 11.10.2005 den Antrag auf Fortzahlung des Alg II gestellt sowie mitgeteilt hatte, dass sie ab dem 23.09.2005 eine Nebentätigkeit ausübe, bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 25.10.2005 der Klägerin und deren Tochter Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.11.2005 bis 30.04.2006 in Höhe von monatlich 303,30 EUR. Hierbei legte er ein zu berücksichtigendes Erwerbseinkommen von monatlich 185,87 EUR zugrunde.
Vom 01.10.2005 bis 28.02.2006 übte die Klägerin eine geringfügige Beschäftigung bei der Firma A. in Horb aus und erzielte hieraus ein monatlich wechselndes Einkommen in Höhe von Oktober 2005 284,88 November 2005 224,38 Dezember 2005 246,38 Januar 2006 202,38 Februar 2006 158,38
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.05.2006 wies der Beklagte den Widerspruch gegen die Bescheide vom 06.07.2005, 18.10.2005 und 25.10.2005 wegen der Gewährung eines befristeten Zuschlags nach § 24 SGB II zurück. Zur Begründung führte er aus, die Gewährung des befristeten Zuschlags nach § 24 SGB II solle in vertretbarem Umfang einen Teil der Einkommenseinbußen abfedern, die in der Regel beim Übertritt in das Arbeitslosengeld II entstünden. Dies sei hier jedoch gerade nicht der Fall. Der maßgebende Gesamtbedarf nach dem SGB II in Höhe von 731,84 EUR übersteige sogar das Arbeitslosengeld (monatlich 648,30 EUR).
2. Am 13.04.2006 stellte die Klägerin den Antrag auf Fortzahlung der Leistungen nach dem SGB II. Auf dem Antragsformular sowie auf einer Veränderungsmitteilung, die von der Klägerin am 02.05.2006 unterschrieben worden ist, wird angegeben, am 01.12.2005 sei ihr Freund J. in die Wohnung eingezogen. Die Miete sei erhöht worden. Herr J. sei bisher Vermieter (Untervermieter) der Klägerin gewesen. In der Folgezeit wurden Lohnabrechnungen des Herrn J. für die Monate November 2005 bis April 2006 sowie die arbeitgeberseitige Kündigung dessen Arbeitsverhältnis zum 15.05.2006 vorgelegt. Danach hatte dieser folgendes Bruttoeinkommen, aus dem die Beklagte nachstehendes zu berücksichtigendes Einkommen errechnete: November 2005 2.425,29 EUR 977,66 EUR Dezember 2005 1.677,60 EUR 596,07 EUR Januar 2006 1.958,90 EUR 742,56 EUR Februar 2006 1.998,89 EUR 765,93 EUR März 2006 2.319,92 EUR 924,78 EUR April 2006 180,38 EUR 64,30 EUR
Im Fragebogen zur Überprüfung des Vorliegens einer eheähnlichen Gemeinschaft nach § 7 SGB II gab die Klägerin unter dem 02.05.2006 an, sie sei erstmals im Dezember 2005 mit Herrn J. zusammengezogen. Anlass für das Zusammenziehen sei gewesen, dass sie Untermieterin des Herrn J. gewesen sei, sie hätten keine gemeinsamen Kinder, sie sei aber jetzt schwanger. Es bestehe kein gemeinsames (Giro-)Konto und der Partner könne nicht über die Einkommens- und Vermögensgegenstände des anderen Partners verfügen. Sie hätten sich gegenseitig nicht als Begünstigte bei den Versicherungen registrieren lassen. Der Mietvertrag sei von beiden Partnern unterzeichnet worden. Der Einkauf der täglichen Bedarfsgüter erfolge für beide gemeinsam, die Mahlzeiten würden gemeinsam zubereitet und eingenommen und die Haushaltsgeräte/Geschirr gemeinsam benutzt. Sie sorge für die Reinigung der Kleidung und Wäsche.
Mit Bescheid vom 30.05.2006 lehnte der Beklagte sodann den Fortzahlungsantrag vom 13.04.2006 ab. Er führte aus, die Ablehnung erfolge wegen der Einkommensverhältnisse von Herrn J. und betreffe vorläufig nur den Zeitraum vom 01. bis 31.05.2006.
Mit drei Bescheiden jeweils vom 05.05.2006 lehnte die Beklagte den Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für Dezember 2005, Januar 2006 und für die Zeit vom 01.02.2006 bis 30.04.2006 ab mit der Begründung, es liege keine Bedürftigkeit vor.
Mit zwei Anhörungsschreiben gem. § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gleichfalls vom 05.05.2006 teilte der Beklagte der Klägerin mit, diese habe zu Unrecht Leistungen bezogen. Es sei beabsichtigt, die Bewilligung von Leistungen vom 01.10.2005 bis 31.10.2005 in Höhe von 116,96 EUR aufzuheben, weil die Klägerin die Erzielung von Nebeneinkommen nicht mitgeteilt habe. Es sei weiter beabsichtigt, die Bewilligung von Leistungen vom 01.12.2005 bis 30.04.2006 in Höhe von 1.838,74 EUR aufzuheben, weil die Klägerin erst im Mai 2006 mitgeteilt habe, dass sie seit dem 01.12.2005 mit Herrn J. liiert sei. Dadurch müsse dessen Einkommen rückwirkend ab dem 01.12.2005 auf ihre Leistungen angerechnet werden.
In ihrer am 18.05.2006 bei der Beklagten eingegangenen Stellungnahme hierzu gab die Klägerin an, sie sei erst seit ca. 5 Monaten mit Herrn J. zusammen. Dieser sei nicht bereit, für den Unterhalt ihrer Tochter A. aufzukommen.
Nach einem Postrücklauf teilte das Einwohnermeldeamt Horb dem Beklagten mit, die Klägerin sei mit ihrem Kind am 13.06.2006 nach Leipzig verzogen. Der Lebensgefährte Herr J. sei gleichfalls nach Leipzig verzogen, jedoch unter einer anderen Anschrift.
Mit Bescheid vom 12.07.2006 hob der Beklagte die Leistungsbewilligung ab dem 01.07.2006 wegen eines Umzugs und des dadurch bedingten Wechsels der Zuständigkeit auf.
3. Am 23.05.2006 hat die Klägerin gegen den Widerspruchsbescheid vom 17.05.2006 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben mit dem Antrag, ihr den befristeten Zuschlag nach § 24 SGB II zu gewähren.
Die Beklagte hat vorgetragen, die Bewilligung des Zuschlages nach § 24 SGB II durch die ARGE Leipzig sei rechtlich nicht haltbar. Ein Zuschlag komme nur dann in Betracht, wenn die Leistungen nach dem SGB II im Einzelfall geringer seien als die Leistungen nach dem SGB III.
Mit Gerichtsbescheid vom 28.06.2007 hat das SG die Klage abgewiesen mit der Begründung, der Gesamtbedarf der Klägerin nach dem SGB II betrage monatlich 731,84 EUR und übersteige damit das zuletzt bezogene Alg in Höhe von monatlich 643,80 EUR. Die Beklagte sei auch nicht an die Bewilligung des Zuschlags durch die ARGE Leipzig gebunden.
4. Hiergegen hat die Klägerin am 23.07.2007 Berufung eingelegt und ergänzend vorgetragen, nach ihrem erneuten Umzug nach Leipzig sei ihr der Zuschlag wieder bewilligt worden. Die Klägerin hat den Wohngeldbescheid der Stadt Leipzig vom 28.07.2004 vorgelegt, mit dem ihr für die Zeit vom 01.06.2004 bis 31.05.2005 Wohngeld (Mietzuschuss) in Höhe von monatlich 117,00 EUR bewilligt worden war.
Mit Änderungsbescheiden vom 29.02.2008 hat die Beklagte der Klägerin Leistungen für die Zeit vom 04.05.2005 bis 30.11.2005 in folgender Höhe bewilligt:
04.05. bis 31.05.2005 437,73 EUR befristeter Zuschlag nach § 24 SGB II 42,00 EUR 01.06. bis 30.06.2005 469,00 EUR befristeter Zuschlag nach § 24 SGB II 45,00 EUR 01.07. bis 31.07.2005 382,11 EUR befristeter Zuschlag nach § 24 SGB II 45,00 EUR 01.08. bis 31.08.2005 420,00 EUR befristeter Zuschlag nach § 24 SGB II 45,00 EUR 01.09. bis 30.09.2005 469,00 EUR befristeter Zuschlag nach § 24 SGB II 45,00 EUR 01.10.2005 bis 31.10.2005 352,04 EUR befristeter Zuschlag nach § 24 SGB II 45,00 EUR 01.11.2005 bis 30.11.2005 337,15 EUR befristeter Zuschlag nach § 24 SGB II 45,00 EUR.
Weiter hat sie einen befristeten Zuschlag nach § 24 SGB II für folgende Zeiten bewilligt:
01. bis 31.01.2006 39,00 EUR 01.02. bis 28.02.2006 23,00 EUR 01. bis 30.04.2006 23.00 EUR.
Mit Erstattungsbescheid gleichfalls vom 29.02.2008 hat die Beklagte die Erstattung von in der Zeit vom 01.12.2005 bis 30.04.2006 der Klägerin gewährter Leistungen (Arbeitslosengeld II (Regelleistung) 1.133,74 EUR, Mehrbedarfe für Alleinerziehende 620,- EUR) in Höhe von insgesamt 1.753,74 EUR festgesetzt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, mit Bescheiden vom 05.05.2006 und 29.02.2008 sei die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes vom 01.12.2005 bis 31.12.2005 und vom 01.03.2006 bis 31.03.2006 ganz sowie vom 01.01.2006 bis 28.02.2006 und vom 01.04.2006 bis 30.04.2006 teilweise aufgehoben worden. Der Betrag sei gemäß § 50 SGB X zu erstatten.
Die Klägerin, die gegen sämtliche vorgenannten Bescheide Widerspruch eingelegt hat, hat ergänzend vorgetragen, sie lebe mit Herrn J. erst seit Februar/März 2006 "offiziell zusammen".
Der Senat hat die Akten der ARGE Leipzig zum Verfahren beigezogen. Danach hat die Klägerin zuletzt bis zum 22.01.2005 Arbeitslosengeld I in Höhe von kalendertäglich 21,61 EUR bzw. monatlich 648,30 EUR bezogen. Mit Bescheid der ARGE Leipzig vom 21.02.2005 sind der Klägerin und ihrer Tochter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von monatlich 1.033,99 EUR bewilligt worden. Diese setzten sich zusammen aus Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (ohne Kosten für Unterkunft und Heizung) in Höhe von 450,- EUR, Kosten für Unterkunft und Heizung von 363,99 EUR sowie dem befristeten Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich 220,- EUR.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 28. Juni 2007 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 06. Juli 2005 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 18. Oktober 2005 sowie den Bescheid vom 25. Oktober 2005, diese in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2006 abzuändern, die Bescheide vom 05. Mai 2006 und 30. Mai 2006 sowie den Erstattungsbescheid vom 29. Februar 2008 aufzuheben, die Änderungsbescheide vom 29. Februar 2008 betreffend die Bewilligung von Leistungen für die Zeit vom 04. Mai 2005 bis 31. November 2005, Januar und Februar 2006 sowie April 2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 04. Mai 2005 bis 12. Juni 2006 einen höheren befristeten Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld gemäß § 24 SGB II zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klagen abzuweisen.
Er hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend. Er hat weiter vorgetragen, der in den Bescheiden vom 29.02.2008 ausgewiesene Zuschlag sei maschinell berechnet worden unter Zugrundelegung des von der Arbeitsagentur Nagold bewilligten Alg II (400,- EUR) zuzüglich der Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 298,50 EUR. Unter Zugrundelegung des erstmals nach dem Bezug von Arbeitslosengeld bewilligten Alg II ergebe sich ein niedrigerer Betrag. Die Höhe des erstmals bewilligten Alg II habe gemäß dem Bescheid der ARGE Leipzig vom 21.02.2005 ohne den Zuschlag nach § 24 Abs. 2 SGB II 731,84 EUR betragen (Bedarf 1.058,99 EUR abzüglich Unterhalt 106,- EUR, Kindergeld 154,- EUR, Erwerbseinkommen 67,15 EUR). Der Unterschiedsbetrag zum zuvor bezogenen Alg I (648,30 EUR) und Wohngeld (117,- EUR) belaufe sich auf 33,46. Zwei Drittel hiervon seien die mitgeteilten 22,31 EUR. Ein Aufhebungsbescheid vom 05.05.2006 existiere nicht. Es sei lediglich ein Ablehnungsbescheid am 05.05.2006 erlassen worden. Der Beklagte vertritt weiter die Rechtsauffassung, die Änderungsbescheide vom 29.02.2008 beinhalteten eine teilweise Aufhebung der Leistungsbewilligung.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, ergänzend Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor. Streitig ist die Gewährung einer laufenden Leistung für mehr als ein Jahr. Auch ist die zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung am 23.07.2007 noch geltende Berufungssumme von 500,- EUR (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der bis zum 31.03.2008 geltenden Fassung) überschritten.
Beklagte des vorliegenden Verfahrens ist gem. § 76 Abs. 3 Satz 1 SGB II ab dem 01.01.2012 das Jobcenter Landkreis Freudenstadt als Rechtsnachfolger der Bundesagentur für Arbeit. Bei Wechsel der Trägerschaft oder der Organisationsform tritt danach der zuständige Träger oder die zuständige Organisationsform an die Stelle des bisherigen Trägers oder der bisherigen Organisationsform; dies gilt auch für laufende Verwaltungs- und Gerichtsverfahren. Danach tritt wegen der Weiterentwicklung der Organisation des SGB II ein Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes ein; das Passivrubrum war entsprechend von Amts wegen zu berichtigen (BSG, Urteil v. 18.01.2011 - B 4 AS 99/10 R - juris Rn. 11).
Gegenstand des Verfahrens sind auch die den Zeitraum vom 04.05.2005 bis 30.06.2006 betreffenden Änderungs-, Aufhebungs- und Erstattungsbescheide gemäß § 96 SGG geworden, über die der Senat auf Klage entscheidet.
1. Die Berufung ist nicht begründet, soweit sie sich gegen den Änderungsbescheid vom 18.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.10.2005 sowie der Änderungsbescheide vom 29.02.2008 für die Zeit vom 04.05.2005 bis 30.11.2005 richtet. Denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung eines höheren als von der Beklagten bewilligten Zuschlages nach Bezug von Arbeitslosengeld gemäß § 24 SGB II in der bis zum 30.06.2006 geltenden Fassung. Soweit danach der erwerbsfähige Hilfebedürftige Arbeits-losengeld II innerhalb von 2 Jahren nach dem Ende des Bezugs von Arbeitslosengeld bezieht, erhält er in diesem Zeitraum einen monatlichen Zuschlag. Nach Ablauf des ersten Jahres wird der Zuschlag um 50 v.H. vermindert. Gemäß § 24 Abs. 2 SGB II beträgt der Zuschlag zwei Drittel des Unterschiedsbetrages zwischen 1. dem von dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zuletzt bezogenen Arbeitslosengeld und dem nach dem Wohngeldgesetz erhaltenen Wohngeld 2. dem an den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Angehörigen zu zahlenden Arbeitslosengeld II nach § 19 Satz 1 Nr. 1 sowie Satz 2 oder Sozialgeld nach § 28. Zur Ermittlung der Höhe des befristeten Zuschlags ist das Arbeitslosengeld des einzelnen hilfebedürftigen erwerbsfähigen Anspruchsberechtigten dem Gesamtbedarf der Bedarfsge-meinschaft gegenüber zu stellen. Der bei Beginn des Arbeitslosengeld II-Bezugs ermittelte Differenzbetrag bleibt für den gesamten Bezugszeitraum Berechnungsgrundlage (Grundsatz der Unveränderlichkeit; vgl. BSG, Urteil vom 31.10.2007 - B 14/11 b AS 5/07 R - in juris).
Danach ist die von dem Beklagten manuell erstellte Berechnung, welcher Ansprüche der Klägerin und ihrer Tochter gegenüber der ARGE Leipzig zugrunde gelegt wurden, zutreffend. Die Klägerin bezog zuletzt (bis 22.01.2005) Arbeitslosengeld in Höhe von 648,30 EUR monatlich und Wohngeld in Höhe von 117,- EUR monatlich. Das zum Leistungsbeginn zu zahlende Alg II und Sozialgeld einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung betrug unter Berücksichtigung des anzurechnenden Einkommens monatlich 731,84 EUR. Aus dem Unterschieds¬betrag von 33,46 EUR ergab sich ein Zuschlag gem. § 24 SGB II in Höhe von 22,31 EUR für die Zeit vom 23.01.2005 bis 22.01.2006 und von 11,16 EUR für die Zeit vom 23.01.2006 bis 22.01.2007. Durch den bewilligten höheren Zuschlag in den Bescheiden vom 29.02.2008 ist die Klägerin nicht beschwert. Für den Beklagten nicht bindend ist der hinsichtlich des Zuschlages nach § 24 SGB II unzutreffende Bescheid der ARGE Leipzig, mit dem ein befristeter Zuschlag von monatlich 220 EUR festgesetzt worden war.
2. Die Berufung bzw. die Klage sind begründet, soweit sie sich gegen die Ablehnungsbescheide vom 05.05.2006 für die Zeit ab Januar 2006 sowie gegen den Erstattungsbescheid vom 29.02.2008 richten.
Die Beklagte hat der Klägerin mit Bescheid vom 25.10.2005 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 303,30 EUR für die Zeit vom 01.11.2005 bis 30.04.2006 bewilligt.
Dieser Bescheid wurde teilweise rechtswidrig, nachdem die Klägerin ab Dezember 2005 mit Herrn J. zusammengezogen und dieser als weiteres Mitglied der Bedarfsgemeinschaft zu berücksichtigen war. Nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 b SGB II in der bis zum 31.07.2006 geltenden Fassung gehören zur Bedarfsgemeinschaft als Partner der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen die Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt. Eheähnliche Gemeinschaften sind Lebensgemeinschaften zwischen Frau und Mann, die über eine Wirtschafts- und Wohngemeinschaft hinaus innere Bindungen aufweist, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen (BVerfGE 17.11.1992 - 1 BvL 8/87 - BVerfGE 87, 234, 264f.). Zur Überzeugung des Senats bestand zwischen der Klägerin und Herrn J. ab Dezember 2005 eine solche Einstehensgemeinschaft. Dies ergibt sich aus der Angabe der Klägerin in der Veränderungsmitteilung vom 02.05.2006, wonach am 01.12.2005 ihr Freund eingezogen sei, sowie aus ihren Angaben im Fragebogen gleichfalls vom 02.05.2006. Danach bestand ein gemeinsamer Haushalt, die Räume der Wohnung wurden gemeinschaftlich genutzt, es wurde für beide gemeinsam eingekauft, die Mahlzeiten gemeinsam eingenommen und die Haushaltsgeräte gemeinschaftlich genutzt. Schließlich ist aus der Beziehung auch die am 07.10.2006 geborene Tochter S. hervorgegangen.
Eine Aufhebung dieses Bewilligungsbescheids nach § 48 SGB X ist jedoch nicht erfolgt.
Die Bescheide vom 05.05.2006 gehen insoweit ins Leere, als mit ihnen der Antrag auf Gewährung von Leistungen für die Zeit vom 01.12.2005 bis 30.04.2006 abgelehnt worden ist. Denn für diesen Zeitraum lag bereits eine Leistungsbewilligung vor. Lediglich der Ablehnungsbescheid für die Zeit vom 01.05.2006 bis 31.10.2006 trifft eine Regelung für einen Zeitraum, für den noch keine Bewilligung erfolgt war. Zudem hat der Beklagte mit Bescheid vom 30.05.2006 die Bewilligung von Leistungen für Mai 2006 abgelehnt.
Die Bescheide vom 05.05.2006 stellen auch keine Aufhebungsbescheide dar. Eine Aufhebung wäre vorliegend allein nach Maßgabe des § 48 SGB X statthaft. Soweit danach in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft auszuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X), nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (Nr. 3) oder der betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Diesen Erfordernissen genügen die Bescheide vom 05.05.2006 nicht.
Ausweislich des eindeutigen Wortlauts der Bescheide sollte mit diesen nicht ein Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben, sondern ein Leistungsantrag abgelehnt werden. Eine dahingehende Auslegung, dass die Bewilli-gungsentscheidung aufgehoben werden sollte, ist nicht möglich. Maßstab für die Auslegung eines Verwaltungsakts ist der Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten, der die Zusammenhänge berücksichtigt, welche die Behörde nach ihrem wirklichen Willen (§ 133 BGB) erkennbar in ihre Entscheidung einbezogen hat (BSG, Urteil v. 29.01.2008 - B 5a/5 R 20/06 R - in juris; Urteil des erkennenden Senats vom 11.05.2011 - L 3 AS 1039/10). Ein erkennbarer Wille, die Leistungsbewilligung aufzuheben, kann den Bescheiden vom 05.05.2006 jedoch nicht entnommen werden, da sie keinen Bezug auf vorangegangene Bewilligungsentscheidungen enthalten und nach dem Wortlaut eine erstmalige Entscheidung über den Leistungsanspruch der Klägerin getroffen werden sollte.
Zwar hat der Beklagte im Rahmen der Änderungsbescheide vom 29.02.2008 verfügt, dass "die bisher in diesem Zusammenhang ergangene Entscheidung insoweit aufhoben" werde, die diesbezügliche Aufhebungsentscheidung erfolgte jedoch außerhalb des zeitlichen Rahmens von einem Jahr ab Kenntniserlangung (§§ 48 Abs. 4, 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X) und war deshalb verfristet. Nach § 48 Abs. 4 SGB X in Verbindung mit § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X muss die Behörde die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen verfügen, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigten Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen. Die Jahresfrist beginnt frühestens mit der Anhörung des Begünstigten (KassKomm-Steinwedel, § 45 Rn. 27), "Kenntnis" bedeutet die hinreichende Sicherheit für den Erlass eines Rücknahmebescheides (BSG, Urteil v. 25.01.1994 - 7 RAr 14/93 - juris). Die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X beginnt jedoch in jedem Fall schon dann, wenn die Behörde der Ansicht ist, dass die ihr vorliegenden Tatsachen für eine Rücknahme bzw. Aufhebung der Bewilligungsentscheidung genügen (BSG, Urteil v. 06.04.2006 - B 7a AL 64/05 R - juris). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe lag die Kenntnis des Beklagten spätestens ab dem 18. Mai 2006, dem Zugang der Stellungnahme der Klägerin auf die Anhörungsschreiben vom 05.05.2006, vor. Eine Aufhebung im Februar 2008 ist damit jedenfalls verfristet.
Obwohl die Bewilligungsbescheide für die Zeit vom 01.12.2005 bis 30.04.2006 nicht mehr zurückgenommen werden können und damit die Klägerin in dieser Zeit Leistungen nach dem SGB II bezogen hat, stehen ihr für diese Zeit keine weitergehenden Leistungen wegen der Gewährung eines befristeten Zuschlages zu. Dies folgt aus § 48 Abs. 3 SGB X. Kann danach ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 SGB X nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Abs. 1 oder 2 zu Gunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinaus gehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, sowie einem recht-mäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwal¬tungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 SGB X nicht zurückgenommen werden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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