Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 429/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 1485/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 12.12.2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Neuberechnung ihrer Rente unter Berücksichtigung eines ungekürzten Zugangsfaktors.
Die 1959 geborene Klägerin beantragte bei der Beklagten am 22.11.2005 eine Rente wegen Erwerbsminderung. Mit Bescheid vom 24.01.2006 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Aufgrund des dagegen am 16.02.2006 eingelegten Widerspruches der Klägerin gewährte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 14.09.2006 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.06.2006 bis zum 31.05.2008. Die Beklagte legte einen Zugangsfaktor von 0,892 zugrunde.
Den dagegen am 20.09.2006 erhobenen Widerspruch der Klägerin, mit dem sie sich auf die entgegenstehende Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts - BSG - zum Zugangsfaktor berief und zugleich auch eine Rente auf Dauer begehrte, wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 19.12.2006 erfolglos zurück. Die Voraussetzung für die Gewährung einer Rente auf Dauer lägen nicht vor. Weiter handle sich bei dem Urteil des BSG vom 16.05.2006 (Az. B 4 RA 22/05 R) zum Zugangsfaktor um eine Einzelfallentscheidung, der nicht gefolgt werden könne.
Am 22.01.2007 erhob die Klägerin gegen die Bescheide vom 24.01.2006 und vom 14.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 19.12.2006 Klage zum Sozialgericht Freiburg, die sie nicht begründete.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 12.12.2007 ab. Die Beklagte habe zu Recht für die Berechnung der Erwerbsminderungsrente der Klägerin den Zugangsfaktor von 0,892 zugrunde gelegt. Die Höhe des Zugangsfaktors bestimme sich nach § 77 SGB VI. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift richte er sich nach dem Alter des Versicherten bei Rentenbeginn oder bei Tod und bestimme, in welchem Umfang Entgeltpunkte bei der Ermittlung des Monatsbetrags der Rente als persönliche Entgeltpunkte zu berücksichtigen seien. Danach habe die Beklagte den der Rentenberechnung der Klägerin zu Grunde zu legenden Zugangsfaktor korrekt mit 0,892 bestimmt. Das Sozialgericht schloss sich der Rechtsprechung des 4. Senates des Bundessozialgericht (Urteil vom 16.05.2006 - B 4 RA 22/05 R - zur Auslegung des § 77 SGB VI) nicht an und hielt eine Kürzung auch der vor Vollendung des 60. Lebensjahres begonnenen Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit für rechtmäßig. Gegen die vom Bundessozialgericht vorgenommene Auslegung sprächen Entstehungsgeschichte, Wortlaut und Systematik der Norm. Gegenstand dieses Verfahrens sei auch allein die Frage des Zugangsfaktors und nicht, ob der Klägerin eine Erwerbsminderungsrente auf Dauer zustehe. Dies ergebe sich aus dem Klagantrag, der auszulegen sei, da die Klage nicht begründet worden sei. Dieser laute "die Rente wegen voller Erwerbsminderung mit Zugangsfaktor 1,0 zu berechnen". In einem weiteren Satz werde noch klargestellt, dass "die Klage wegen des Zugangsfaktors vorerst fristwahrender Natur" sei. Im Übrigen sei auch nicht ersichtlich, warum vom gesetzlichen Grundsatz der Gewährung einer Erwerbsminderungsrente auf Zeit hätte abgewichen werden sollen.
Gegen diesen ihrem Bevollmächtigten am 13.12.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 18.12.2007 Berufung eingelegt. Die Höhe der Renten sei durch einzelgesetzgeberische Maßnahmen auf dem Niveau von 1995 eingefroren worden. Vor diesem Hintergrund sei der versicherungsmathematische Abschlag von 10,8 % als unverhältnismäßig anzusehen und verstoße gegen Art. 14 GG.
Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 12.12.2007 aufzuheben und die Bescheide der Beklagten vom 24.01.2006 und vom 14.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.12.2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, bei der Berechnung der Erwerbsminderungsrente einen Zugangsfaktor von 1,000 zu Grunde zu legen und entsprechend Rente an die Klägerin auszubezahlen.
Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.
Mit Beschluss vom 25.03.2008 ist das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden.
Die Beklagte hat den Rechtstreit am 07.04.2011 wieder angerufen und auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 11.01.2011 (1 BvR 3588/08 und 1 BvR 555/09) hingewiesen, wonach die Kürzung des Zugangsfaktors bei Renten wegen Erwerbsminderung in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung mit dem Grundgesetz vereinbar sei, auch wenn der Rentenbezug vor Vollendung des 60. Lebensjahres beginne. Die Klägerin möge die Berufung nunmehr zurücknehmen.
Der Vertreter der Klägerin hat sich im wieder angerufenen Verfahren nicht mehr zur Sache geäußert.
Mit Beschluss vom 26.03.2012 hat der Senat den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz auf die Berichterstatterin zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen.
Die Beteiligten haben mit Schreiben vom 02.11.2011 und vom 23.04.2012 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG - ohne mündliche Verhandlung und in der Besetzung mit der Berichterstatterin als Vorsitzender und den ehrenamtlichen Richtern, da der Rechtstreit durch Beschluss des Senats vom 26.03.2012 nach § 153 Abs. 5 SGG auf die Berichterstatterin zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen worden ist. Die Beteiligten sind hierzu angehört worden.
Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Klägerin hat ihr Berufungsbegehren mit dem in der Berufungsschrift vom 18.12.2007 gestellten Antrag ausdrücklich auf die Frage der Rentenberechnung und des Zugangsfaktors beschränkt.
Die Beklagte hat zu Recht bei der Berechnung des Rentenzahlbetrages den Zugangsfaktor von 0,892 zugrunde gelegt. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Auszahlung eines Rentenbetrages auf der Grundlage einer Berechnung mit dem ungekürzten Zugangsfaktor 1,0.
Die Kürzung des Zugangsfaktors ergibt sich aus § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 SGB VI in der ab dem 01.01.2001 bis 31.12.2007 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl I S. 1827). Hieraus ergibt sich für die bei Rentenbeginn 46-jährige Klägerin die maximale Kürzung des Zugangsfaktors um 0,108 wegen einer um 36 Monate vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente. An der von der Klägerin in Bezug genommenen anderslautenden Rechtsprechung des 4. Senates des BSG haben die in der Folgezeit zuständigen Senate des BSG nicht mehr festgehalten (vgl. Anfragebeschlüsse vom 29.01.2008 - B 5a/5 R 32/07 R und B 5a R 88/07 R sowie die Beschlüsse vom 26.06.2008 - B 13 R 9/08 S und B 13 R 11/08 S - juris). Nach der neueren Rechtsprechung des BSG haben Erwerbsminderungsrentner nach dem Sinn des § 77 Abs. 2 SGB VI eine Absenkung des Zugangsfaktors auch dann hinzunehmen, wenn sie bei Rentenbeginn das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, weil die Regelung letztlich nur die Höhe der Rentenabsenkung begrenzen soll (vgl. BSG, Urteil vom 14.08.2008 - B 5 R 32/07 R - juris).
Die Klägerin kann auch nicht mit dem Einwand durchdringen, die Kürzung des Zugangsfaktors stelle einen unverhältnismäßigen Eingriff in ihre eigentumsrechtlich geschützte Rentenanwartschaft dar. Das BVerfG hat hierzu mit Beschluss vom 11.01.2011 (- 1 BvR 3588/08, 1 BvR 555/09 - juris) entschieden, dass die Kürzung des Zugangsfaktors bei Renten wegen Erwerbsminderung auch dann mit dem Grundgesetz vereinbar ist, wenn der Rentenbezug vor der Vollendung des 60. Lebensjahres beginnt. Das BVerfG hat dies damit begründet, dass die Kürzung des Zugangsfaktors eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung der eigentumsrechtlich geschützten Rentenanwartschaften sei. Nach Einführung der Abschläge bei vorzeitigem Bezug einer Altersrente durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1992 - RRG 1992) vom 18. Dezember 1989 (BGBl I S. 2261) sei der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass Versicherte anstelle einer gekürzten Altersrente bevorzugt eine Erwerbsminderungsrente beantragen würden. Mit der Einführung von Abschlägen in einem Umfang von höchstens 10,8 % bei der Erwerbsminderungsrente habe im Rahmen eines Gesamtkonzepts die Höhe der Erwerbsminderungsrenten gekürzt und den vorzeitig in Anspruch genommenen Altersrenten angepasst werden sollen. Diese Kürzung der Erwerbsminderungsrenten sei auch verhältnismäßig, denn der Gesetzgeber habe, um die Wirkung der neuen Rentenabschläge zu mildern, mit dem Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl I S. 1827) die Zeit zwischen dem 55. und 60. Lebensjahr, die zuvor nur zu einem Drittel angerechnet worden sei, in vollem Umfang als Zurechnungszeit bewertet. Dahinter habe die Überlegung gestanden, dass bei Versicherten, die vor Vollendung des 60. Lebensjahres eine Erwerbsminderungsrente beantragen würden, eine Ausweichreaktion von vornherein ausscheide und diese Versicherten nicht übermäßig mit Kürzungen hätten belastet werden sollen. Wenn die Versicherten, deren Erwerbsminderungsrente vor Vollendung des 60. Lebensjahres beginnen würde, jedoch nicht von der Absenkung des Zugangsfaktors erfasst würden, hätte aber die gleichzeitige Aufwertung der Zurechnungszeiten bewirkt, dass die Rentenansprüche des betroffenen Personenkreises sogar gestiegen und die Inanspruchnahme von Erwerbsminderungsrente attraktiver geworden wäre. Damit wäre das gesetzgeberische Ziel von Einsparungen zur Verbesserung der Finanzsituation in der Rentenversicherung in sein Gegenteil verkehrt worden.
Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an.
Die Berufung der Klägerin bleibt deshalb erfolglos.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Neuberechnung ihrer Rente unter Berücksichtigung eines ungekürzten Zugangsfaktors.
Die 1959 geborene Klägerin beantragte bei der Beklagten am 22.11.2005 eine Rente wegen Erwerbsminderung. Mit Bescheid vom 24.01.2006 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Aufgrund des dagegen am 16.02.2006 eingelegten Widerspruches der Klägerin gewährte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 14.09.2006 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.06.2006 bis zum 31.05.2008. Die Beklagte legte einen Zugangsfaktor von 0,892 zugrunde.
Den dagegen am 20.09.2006 erhobenen Widerspruch der Klägerin, mit dem sie sich auf die entgegenstehende Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts - BSG - zum Zugangsfaktor berief und zugleich auch eine Rente auf Dauer begehrte, wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 19.12.2006 erfolglos zurück. Die Voraussetzung für die Gewährung einer Rente auf Dauer lägen nicht vor. Weiter handle sich bei dem Urteil des BSG vom 16.05.2006 (Az. B 4 RA 22/05 R) zum Zugangsfaktor um eine Einzelfallentscheidung, der nicht gefolgt werden könne.
Am 22.01.2007 erhob die Klägerin gegen die Bescheide vom 24.01.2006 und vom 14.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 19.12.2006 Klage zum Sozialgericht Freiburg, die sie nicht begründete.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 12.12.2007 ab. Die Beklagte habe zu Recht für die Berechnung der Erwerbsminderungsrente der Klägerin den Zugangsfaktor von 0,892 zugrunde gelegt. Die Höhe des Zugangsfaktors bestimme sich nach § 77 SGB VI. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift richte er sich nach dem Alter des Versicherten bei Rentenbeginn oder bei Tod und bestimme, in welchem Umfang Entgeltpunkte bei der Ermittlung des Monatsbetrags der Rente als persönliche Entgeltpunkte zu berücksichtigen seien. Danach habe die Beklagte den der Rentenberechnung der Klägerin zu Grunde zu legenden Zugangsfaktor korrekt mit 0,892 bestimmt. Das Sozialgericht schloss sich der Rechtsprechung des 4. Senates des Bundessozialgericht (Urteil vom 16.05.2006 - B 4 RA 22/05 R - zur Auslegung des § 77 SGB VI) nicht an und hielt eine Kürzung auch der vor Vollendung des 60. Lebensjahres begonnenen Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit für rechtmäßig. Gegen die vom Bundessozialgericht vorgenommene Auslegung sprächen Entstehungsgeschichte, Wortlaut und Systematik der Norm. Gegenstand dieses Verfahrens sei auch allein die Frage des Zugangsfaktors und nicht, ob der Klägerin eine Erwerbsminderungsrente auf Dauer zustehe. Dies ergebe sich aus dem Klagantrag, der auszulegen sei, da die Klage nicht begründet worden sei. Dieser laute "die Rente wegen voller Erwerbsminderung mit Zugangsfaktor 1,0 zu berechnen". In einem weiteren Satz werde noch klargestellt, dass "die Klage wegen des Zugangsfaktors vorerst fristwahrender Natur" sei. Im Übrigen sei auch nicht ersichtlich, warum vom gesetzlichen Grundsatz der Gewährung einer Erwerbsminderungsrente auf Zeit hätte abgewichen werden sollen.
Gegen diesen ihrem Bevollmächtigten am 13.12.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 18.12.2007 Berufung eingelegt. Die Höhe der Renten sei durch einzelgesetzgeberische Maßnahmen auf dem Niveau von 1995 eingefroren worden. Vor diesem Hintergrund sei der versicherungsmathematische Abschlag von 10,8 % als unverhältnismäßig anzusehen und verstoße gegen Art. 14 GG.
Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 12.12.2007 aufzuheben und die Bescheide der Beklagten vom 24.01.2006 und vom 14.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.12.2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, bei der Berechnung der Erwerbsminderungsrente einen Zugangsfaktor von 1,000 zu Grunde zu legen und entsprechend Rente an die Klägerin auszubezahlen.
Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.
Mit Beschluss vom 25.03.2008 ist das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden.
Die Beklagte hat den Rechtstreit am 07.04.2011 wieder angerufen und auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 11.01.2011 (1 BvR 3588/08 und 1 BvR 555/09) hingewiesen, wonach die Kürzung des Zugangsfaktors bei Renten wegen Erwerbsminderung in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung mit dem Grundgesetz vereinbar sei, auch wenn der Rentenbezug vor Vollendung des 60. Lebensjahres beginne. Die Klägerin möge die Berufung nunmehr zurücknehmen.
Der Vertreter der Klägerin hat sich im wieder angerufenen Verfahren nicht mehr zur Sache geäußert.
Mit Beschluss vom 26.03.2012 hat der Senat den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz auf die Berichterstatterin zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen.
Die Beteiligten haben mit Schreiben vom 02.11.2011 und vom 23.04.2012 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG - ohne mündliche Verhandlung und in der Besetzung mit der Berichterstatterin als Vorsitzender und den ehrenamtlichen Richtern, da der Rechtstreit durch Beschluss des Senats vom 26.03.2012 nach § 153 Abs. 5 SGG auf die Berichterstatterin zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen worden ist. Die Beteiligten sind hierzu angehört worden.
Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Klägerin hat ihr Berufungsbegehren mit dem in der Berufungsschrift vom 18.12.2007 gestellten Antrag ausdrücklich auf die Frage der Rentenberechnung und des Zugangsfaktors beschränkt.
Die Beklagte hat zu Recht bei der Berechnung des Rentenzahlbetrages den Zugangsfaktor von 0,892 zugrunde gelegt. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Auszahlung eines Rentenbetrages auf der Grundlage einer Berechnung mit dem ungekürzten Zugangsfaktor 1,0.
Die Kürzung des Zugangsfaktors ergibt sich aus § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 SGB VI in der ab dem 01.01.2001 bis 31.12.2007 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl I S. 1827). Hieraus ergibt sich für die bei Rentenbeginn 46-jährige Klägerin die maximale Kürzung des Zugangsfaktors um 0,108 wegen einer um 36 Monate vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente. An der von der Klägerin in Bezug genommenen anderslautenden Rechtsprechung des 4. Senates des BSG haben die in der Folgezeit zuständigen Senate des BSG nicht mehr festgehalten (vgl. Anfragebeschlüsse vom 29.01.2008 - B 5a/5 R 32/07 R und B 5a R 88/07 R sowie die Beschlüsse vom 26.06.2008 - B 13 R 9/08 S und B 13 R 11/08 S - juris). Nach der neueren Rechtsprechung des BSG haben Erwerbsminderungsrentner nach dem Sinn des § 77 Abs. 2 SGB VI eine Absenkung des Zugangsfaktors auch dann hinzunehmen, wenn sie bei Rentenbeginn das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, weil die Regelung letztlich nur die Höhe der Rentenabsenkung begrenzen soll (vgl. BSG, Urteil vom 14.08.2008 - B 5 R 32/07 R - juris).
Die Klägerin kann auch nicht mit dem Einwand durchdringen, die Kürzung des Zugangsfaktors stelle einen unverhältnismäßigen Eingriff in ihre eigentumsrechtlich geschützte Rentenanwartschaft dar. Das BVerfG hat hierzu mit Beschluss vom 11.01.2011 (- 1 BvR 3588/08, 1 BvR 555/09 - juris) entschieden, dass die Kürzung des Zugangsfaktors bei Renten wegen Erwerbsminderung auch dann mit dem Grundgesetz vereinbar ist, wenn der Rentenbezug vor der Vollendung des 60. Lebensjahres beginnt. Das BVerfG hat dies damit begründet, dass die Kürzung des Zugangsfaktors eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung der eigentumsrechtlich geschützten Rentenanwartschaften sei. Nach Einführung der Abschläge bei vorzeitigem Bezug einer Altersrente durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1992 - RRG 1992) vom 18. Dezember 1989 (BGBl I S. 2261) sei der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass Versicherte anstelle einer gekürzten Altersrente bevorzugt eine Erwerbsminderungsrente beantragen würden. Mit der Einführung von Abschlägen in einem Umfang von höchstens 10,8 % bei der Erwerbsminderungsrente habe im Rahmen eines Gesamtkonzepts die Höhe der Erwerbsminderungsrenten gekürzt und den vorzeitig in Anspruch genommenen Altersrenten angepasst werden sollen. Diese Kürzung der Erwerbsminderungsrenten sei auch verhältnismäßig, denn der Gesetzgeber habe, um die Wirkung der neuen Rentenabschläge zu mildern, mit dem Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl I S. 1827) die Zeit zwischen dem 55. und 60. Lebensjahr, die zuvor nur zu einem Drittel angerechnet worden sei, in vollem Umfang als Zurechnungszeit bewertet. Dahinter habe die Überlegung gestanden, dass bei Versicherten, die vor Vollendung des 60. Lebensjahres eine Erwerbsminderungsrente beantragen würden, eine Ausweichreaktion von vornherein ausscheide und diese Versicherten nicht übermäßig mit Kürzungen hätten belastet werden sollen. Wenn die Versicherten, deren Erwerbsminderungsrente vor Vollendung des 60. Lebensjahres beginnen würde, jedoch nicht von der Absenkung des Zugangsfaktors erfasst würden, hätte aber die gleichzeitige Aufwertung der Zurechnungszeiten bewirkt, dass die Rentenansprüche des betroffenen Personenkreises sogar gestiegen und die Inanspruchnahme von Erwerbsminderungsrente attraktiver geworden wäre. Damit wäre das gesetzgeberische Ziel von Einsparungen zur Verbesserung der Finanzsituation in der Rentenversicherung in sein Gegenteil verkehrt worden.
Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an.
Die Berufung der Klägerin bleibt deshalb erfolglos.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved