L 11 R 1532/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 1059/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 1532/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Der frühere Gesellschafter-Geschäftsführer einer im Handelsregister gelöschten GmbH hat keinen Anspruch auf Erstattung der von der
GmbH getragenen Arbeitgeberanteile zur gesetzlichen Rentenversicherung.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 30.03.2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung der Arbeitgeberanteile von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung streitig.

Der 1942 geborene Kläger war ab 1990 als Geschäftsführer der E+. GmbH Gartengestaltung-Landschaftsbau, später umgewandelt in R. GmbH Gartengestaltung-Landschaftsbau, tätig. Neben seinem Sohn, B. R., war der Kläger zugleich Gesellschafter der GmbH. Mit Gesellschafterbeschluss vom 13.10.1998 wurde der Kläger als Geschäftsführer abberufen und B. R. als Geschäftsführer bestellt. Die GmbH führte für den Kläger vom 01.01.1996 bis 05.11.2001 Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung ab. Mit Beschluss des Amtsgerichts G. vom 27.12.2001 wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die R. GmbH mangels Masse abgewiesen (1 IN 127/01). Die Auflösung der Gesellschaft wurde am 22.01.2002 in das Handelsregister eingetragen. Eine Abwicklung der Gesellschaft im Wege einer Liquidation fand nicht statt. Am 08.09.2005 wurde die Gesellschaft infolge Vermögenslosigkeit von Amts wegen im Handelsregister gelöscht.

Mit Bescheiden vom 08.08.2001 und vom 20.06.2002 stellte die beigeladene Einzugsstelle die Versicherungsfreiheit der Tätigkeit des Klägers vom 01.04.1990 bis 12.10.1998 und ab dem 13.10.1998 fest.

Am 26.02.2007 ging bei der Beigeladenen das vom Kläger ausgefüllte Formular zur Beantragung der Erstattung der vom 01.01.1996 bis 05.11.2001 entrichteten Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile der Rentenversicherungsbeiträge ein. Der Antrag war nur vom Kläger unterschrieben. Mit Schreiben vom 07.03.2007 leitete die Beigeladene den Antrag an die Beklagte weiter.

Mit Bescheid vom 07.05.2007 bewilligte die Beklagte dem Kläger Regelaltersrente ab dem 01.07.2007 ohne Beitragszeiten vom 01.01.1996 bis 05.11.2001.

Mit Schreiben vom 02.07.2007 teilte die Beklagte B. R. mit, die Erstattung der Arbeitgeberanteile sei nur möglich, wenn sämtliche Gesellschafter dem Erstattungsantrag zustimmten. Bei Zustimmung möge er den Antrag unterschreiben und mit dem Firmenstempel versehen. B. R. unterschrieb daraufhin den Erstattungsantrag.

Mit Schreiben vom 02.08.2007 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass am 29.07.2002 eine Betriebsprüfung der E. GmbH für den Prüfzeitraum bis 31.12.2001 durchgeführt worden sei. Aufgrund dieser Betriebsprüfung sei ein Beanstandungsschutz entstanden. Eine Beitragserstattung könne nur erfolgen, wenn auf den Beanstandungsschutz verzichtet werde. Mit Schreiben vom 13.08.2007 erklärte der Kläger den Verzicht auf den Beanstandungsschutz.

Mit Bescheid vom 28.08.2007 beanstandete und erstattete die Beklagte dem Kläger die Arbeitnehmeranteile der in der Zeit vom 01.01.1996 bis 05.11.2001 geleisteten Rentenversicherungsbeiträge.

Mit Bescheid vom 31.08.2007 lehnte die Beklagte die Erstattung der Arbeitgeberanteile an den Kläger ab. Nach Auflösung der Gesellschaft sei die Befugnis eines Gesellschafters zur Geschäftsführung erloschen. Ein Rechtsnachfolger der Firma existiere nicht. Ein zur Antragstellung berechtigter Arbeitgeber sei nicht mehr vorhanden. Die Arbeitgeberanteile könnten daher nicht erstattet werden. Ein entsprechender Bescheid erging unter dem 28.08.2007 an B. R ...

Gegen den Bescheid vom 31.08.2007 legte der Kläger am 27.09.2007 Widerspruch ein. Durch seinen Bevollmächtigten ließ der Kläger im Wesentlichen ausführen, die Gesellschaft werde als fortbestehend fingiert. Andernfalls würde sich die Beklagte ungerechtfertigt bereichern. Vergleichsweise sei der Kläger damit einverstanden, wenn der Arbeitgeberanteil dem Versicherungskonto des Klägers gutgeschrieben und höhere Rente gezahlt werde.

Nach Aufforderung durch die Beklagte, eine vom Arbeitgeber ausgestellte Vollmacht vorzulegen, wies der Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 27.10.2008 darauf hin, dass der ehemalige Bevollmächtigte des Klägers schon im Jahr 2002 einen Antrag auf Beitragserstattung gestellt habe. Dieser formlose Antrag sei von den Behörden nicht weiter verfolgt worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 05.03.2009 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Der Erstattungsanspruch stünde nur demjenigen zu, der die Beiträge getragen habe. Nur die GmbH könne daher die Erstattung verlangen. Da kein Bevollmächtigter, der noch im Zeitpunkt des Bestehens der GmbH wirksam bevollmächtigt worden sei, benannt werden könne, scheide eine Beitragserstattung aus. Daran ändere auch eine im Jahr 2002 beantragte Beitragserstattung nichts, da schon im Dezember 2001 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die R. GmbH mangels Masse abgelehnt worden sei.

Am 24.03.2009 hat der Kläger zum Sozialgericht Ulm (SG) Klage erhoben und im Wesentlichen vorgetragen, der Kläger habe als Arbeitgeber in seiner eigenen Firma gearbeitet. Der Kläger sei Inhaber der Firma gewesen. Ihm habe der Gewinn zugestanden. Die Arbeitgeberanteile seien zwar von der damaligen GmbH entrichtet worden, jedoch für den Kläger und nicht für die GmbH. Die Beklagte sei ungerechtfertigt bereichert. Der Vorgang komme einer Enteignung gleich.

Mit Urteil vom 30.03.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage sei zulässig aber unbegründet. Die Beklagte habe als zuständige Behörde gehandelt. Dies ergebe sich aus den "Gemeinsamen Grundsätzen für die Verrechnung und Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung" nach § 211 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Auch materiell sei der angefochtene Bescheid nicht zu beanstanden. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erstattung der Arbeitgeberanteile an sich selbst. Habe eine GmbH als Arbeitgeber Beiträge entrichtet, stehe der Erstattungsanspruch nur der GmbH, nicht den einzelnen Gesellschaftern zu. Der Umstand, dass die GmbH nicht mehr existiere, ändere hieran nichts. Es bestünde die Möglichkeit, die Ansprüche im Wege der Nachtragsliquidation geltend zu machen. Die Auszahlung erfolge auch dann nicht an den Kläger, sondern an die GmbH. Der Kläger stünde auch nicht schutzlos, da er auf die Beanstandung und Erstattung der Arbeitnehmeranteile hätte verzichten und eine Rente unter Berücksichtigung der Beitragszeiten in Anspruch hätte nehmen können. Auch der Hilfsantrag, dem Kläger unter Berücksichtigung der Arbeitgeberanteile höhere Rente zu zahlen, habe keinen Erfolg. Mit der Erstattung der Arbeitnehmeranteile seien alle Ansprüche aus diesen Beiträgen erloschen. Dies gelte auch, wenn nur der Arbeitnehmeranteil erstattet werde.

Gegen dieses Urteil, das dem Bevollmächtigten des Klägers am 04.04.2011 zugestellt worden ist, hat der Kläger am 12.04.2011 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat der Kläger im Wesentlichen die Argumente aus dem Klageverfahren wiederholt. Ergänzend hat der Kläger vorgetragen, er habe das Eigentum der GmbH erwirtschaftet. Die Beklagte wolle dem Kläger, zumindest aber der GmbH, dieses Eigentum vorenthalten. Auch wenn die GmbH eine juristische Person sei, werde sie von natürlichen Personen mit Leben erfüllt. Die Interessen und Rechte dieser natürlichen Personen müssten der juristischen Person vorgehen. Die GmbH habe die Arbeitsleistung des Klägers nicht nur durch ein Gehalt, sondern auch mit Rentenbeiträgen entlohnt. Hierzu gehöre auch der Arbeitgeberanteil. Die GmbH habe dadurch ein Versprechen abgegeben, dass aus der Arbeitsleistung des Klägers eine bestimmte Rentenanwartschaft erwachse. Die Rentenanwartschaft müsse in voller Höhe entstehen, auch wenn im Nachhinein festgestellt werde, dass die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden seien. Die Beklagte dürfe nicht ohne Gegenleistung Gelder vereinnahmen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 30.03.2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 31.08.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.03.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die zu Unrecht entrichteten und bisher nicht ausbezahlten Arbeitgeberanteile der Rentenversicherungsbeiträge zu erstatten, hilfsweise die Arbeitgeberanteile dem Rentenkonto des Klägers wieder gutzuschreiben und daraus eine höhere Rente zu berechnen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Die Beteiligten wurden darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss zurückzuweisen, da der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Sie haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten und der Beigeladenen vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat kann gemäß § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) über die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss entscheiden, da die Berufsrichter des Senats die Berufung einstimmig für unbegründet erachten und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halten.

Die nach den §§ 143, 151 Abs 1, 144 Abs 1 Satz 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 31.08.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.03.2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der Arbeitgeberanteile der vom 01.01.1996 bis 05.11.2001 entrichteten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung.

Zutreffend hat das SG ausgeführt, dass die Beklagte als zuständige Behörde über den Erstattungsanspruch des Klägers entschieden hat. Gemäß § 126 SGB VI ist grundsätzlich der Rentenversicherungsträger für die Durchführung der Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung, die auch die Erstattung von Beiträgen umfasst, zuständig. Die Beigeladene kann als Einzugsstelle für die Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge zur Rentenversicherung gemäß § 211 Satz 1 Nr 1 SGB VI nur dann zuständig sein, wenn der Erstattungsanspruch noch nicht verjährt ist, die Beiträge vom Träger der Rentenversicherung noch nicht beanstandet worden sind und die Träger der Rentenversicherung dies mit den Einzugsstellen oder den Leistungsträgern vereinbart haben. Nach Ziffer 4.3.2d) der "Gemeinsamen Grundsätze für die Verrechnung und Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung" (Gemeinsames Rundschreiben vom 21.11.2006) wurde vereinbart, dass für die Bearbeitung des Antrags auf Erstattung zu Unrecht gezahlter Rentenversicherungsbeiträge ausschließlich der Rentenversicherungsträger zuständig ist, wenn der Erstattungsanspruch ganz oder teilweise verjährt ist. Nach § 27 Abs 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) verjährt der Erstattungsanspruch grundsätzlich in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden sind (anderes gilt erst nach Beanstandung, § 27 Abs 2 Satz 2 SGB IV). Nach § 23 Abs 1 Satz 2 SGB IV (in der Fassung vom 13.06.1994, gültig bis 31.12.1996) werden Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt oder dem Arbeitseinkommen zu bemessen sind, spätestens am Fünfzehnten des Monats fällig, der dem Monat folgt, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit, mit der das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wird, ausgeübt worden ist oder als ausgeübt gilt. Damit ist die Erstattung der Beiträge auf Grund abhängiger Beschäftigung für die Jahre 1996 und 1997 mit Ablauf der Jahre 2000 bzw 2001 verjährt. Soweit der Kläger behauptet, dass bereits im Jahr 2002 ein Antrag auf Erstattung gestellt worden ist, musste dieser Frage nicht weiter nachgegangen werden. Denn ein Antrag im Jahr 2002 konnte den Ablauf der Verjährungsfrist für die Beiträge der Jahre 1996 und 1997 ohnehin nicht mehr unterbrechen bzw hemmen. Somit war zumindest ein Teil des Erstattungsanspruchs verjährt, weshalb die Beklagte als zuständige Behörde über den Erstattungsanspruch des Klägers entschieden hat.

Der angefochtene Bescheid ist auch in der Sache nicht zu beanstanden. Der Kläger kann die Erstattung des Arbeitgeberanteils der vom 01.01.1996 bis 05.11.2001 entrichteten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nicht beanspruchen.

Anspruchsgrundlage für die Erstattung von Beiträgen ist § 26 Abs 2 SGB IV. Danach sind zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten, es sei denn, dass der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruches aufgrund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, Leistungen erbracht oder zu erbringen hat. Ob die Voraussetzungen für einen Erstattungsanspruch erfüllt sind, kann dahinstehen. Denn jedenfalls stünde der Erstattungsanspruch nicht dem Kläger zu. Gemäß § 26 Abs 3 SGB IV steht der Erstattungsanspruch dem zu, der die Beiträge getragen hat. Gläubiger des Erstattungsanspruchs ist mithin derjenige, der tatsächlich mit der Beitragszahlung belastet worden ist. Da der Arbeitgeber die Beiträge zur Rentenversicherung (§ 168 Abs 1 Nr 1 SGB VI) zur Hälfte trägt, ist er auch insoweit Gläubiger des Anspruchs auf Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge. Hat wie vorliegend eine GmbH die Arbeitgeberanteile getragen, so steht der Erstattungsanspruch nur der GmbH und nicht einem Gesellschafter zu (BSG 05.05.1988, 12 RK 42/87, SozR 2200 § 1425 Nr 3; Seewald in Kasseler Kommentar, SGB IV § 26 RdNr 24). Wie sich eine Zahlung und Erstattung der Arbeitgeberanteile innerhalb der GmbH und dort auf ihre Gesellschafter auswirkte, ist für die Beurteilung von Erstattungsansprüchen gegen die Versicherungsträger nicht entscheidend. Auf eine wirtschaftliche Belastung kommt es nicht an (BSG 05.05.1988, 12 RK 42/87, SozR 2200 § 1425 Nr 3; Bayerisches LSG 24.05.2007, L 4 KR 151/04, juris).

Ein Anspruch des Kläger ergibt sich auch nicht daraus, dass die R. GmbH am 22.01.2002 aufgelöst wurde. Ein automatischer Übergang der Ansprüche der Gesellschaft auf die Gesellschafter folgt daraus nicht. Die Auflösung einer GmbH hat zunächst nur zur Folge, dass sich eine Abwicklung im Wege einer Liquidation oder eines Insolvenzverfahrens anschließt. Vorliegend fanden weder ein Insolvenzverfahren noch eine Liquidation statt. Aufgrund der Vermögenslosigkeit der Gesellschaft folgte vielmehr das Löschungsverfahren (damals nach § 141 a Abs 1 Satz 1 des Gesetzes über die Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit, gültig bis 31.08.2009).

Sofern ein Anspruch auf Erstattung der Arbeitgeberanteile besteht, ist dieser somit bei der GmbH verlieben. Nur die R. GmbH kann diesen Anspruch geltend machen. Dem steht die Löschung der GmbH nicht entgegen. Das Bestehen eines Anspruchs hat zur Folge, dass die erfolgte Löschung nicht zur Vollbeendigung der GmbH führte. Nur im Falle der Vermögenslosigkeit führt die Löschung zur Beendigung der GmbH (Lehre vom Doppeltatbestand; Haas in Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, § 60 RdNr 6 mwN). Stellt sich nach Löschung der GmbH heraus, dass im Zeitpunkt der Eintragung der Löschung noch Vermögen vorhanden war, und hat vor der Löschung eine Liquidation stattgefunden, kommt es zur Nachtragsliquidation. Hat – wie vorliegend – zuvor keine Liquidation stattgefunden (hier wegen Vermögenslosigkeit) findet gemäß § 66 Abs 5 GmbHG erstmals eine Liquidation statt. Die Liquidatoren werden in beiden Fällen auf Antrag eines Beteiligten gerichtlich ernannt (§ 66 Abs 5 Satz 2 GmbHG; Haas in Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, § 60 RdNr 106 zur Nachtragsliquidation). Erst damit wird die GmbH handlungsfähig (OLG Koblenz 09.03.2007, 8 U 228/05, NZG 2007, 431 = juris RdNr 29). Der Kläger bzw sein Mitgesellschafter können die GmbH dagegen nicht wirksam vertreten. Mit der Löschung einer GmbH verliert ihr bisheriger gesetzlicher Vertreter (Geschäftsführer) seiner Vertretungsbefugnis (BGH 23.02.1970, II ZB 5/69, BGHZ 53, 264). Die GmbH ist auch nicht aufgrund einer Vertretung durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers handlungs- bzw prozessfähig, denn die R. GmbH hatte den Rentenberater des Klägers nicht vor ihrer Löschung mit ihrer Vertretung beauftragt (vgl BFH 27.04.2000, I R 65/98, BFHE 191, 494; BGH 18.01.1994, XI ZR 95/93, NJW-RR 1994, 542).

Auch der Hilfsantrag des Klägers hat keinen Erfolg. Durch die Erstattung sind die vom Kläger zurückgelegten Beitragszeiten verfallen. Aus den nicht erstatteten Arbeitgeberbeiträgen zur Rentenversicherung kann der Kläger keine Ansprüche herleiten. Ein Verstoß gegen das Grundgesetz (GG) wird hierdurch nicht begründet. Der Versicherte erlangt aus den nicht erstatteten Beitragsanteilen des Arbeitgebers allein keine eigentumsrechtlich geschützten Anwartschaften, die über Art 14 GG geschützt wären (vgl. BVerfG 24.11.1986, 1 BvR 772/85, SozR 2200 § 1303 Nr 34; BSG 18.02.1981, 1 RJ 134/79, SozR 2200 § 1303 Nr 18; BSG 04.10.1979, 1 RA 83/78, SozR 2200 § 1303 Nr 14).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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