Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 632/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 2707/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. April 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1957 geborene Kläger hat von August 1971 bis Juli 1974 eine Ausbildung als Bundesbahnbetriebsaufseher absolviert und war dann bis zur kündigungsbedingten Beendigung des Arbeitsverhältnisses in diesem Berufsbereich bis Juni 1980 tätig. Danach war er gemäß seinen Angaben - mit Unterbrechungen - im Zeitraum von April 1980 bis November 1991 als "Arbeiter", von Juni 1992 bis Januar 1994 als Wachmann, von Juli 1994 bis Juni 1995 als Sanitärarbeiter, von Juni 1997 bis Mai 1998 als Kraftfahrer und von April bis Juni 2000 als "Hausdiener" tätig. Die Arbeitsverhältnisse wurden auf Grund von Kündigung beendet. Vom 2. Januar 2001 bis Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 18. September 2003 war der Kläger als Fahrer bei der Spedition Hein GmbH beschäftigt. Er fuhr ein Kraftfahrzeug, meist einen sogenannten "Sprinter", und hatte im Übrigen Be- und Entladetätigkeiten zu verrichten. Es handelte sich gemäß der Arbeitgeberauskunft vom 22. September 2007 um eine Tätigkeit, vor deren Ausübung ungelernte Arbeitnehmer nur eine kurze Einweisung benötigten, und die mit einem Entgelt von monatlich 1460,00 EUR vergütet war. Danach war der Kläger arbeitsunfähig bzw. arbeitslos. Ab Januar 2006 bezog er Arbeitslosengeld bzw. im weiteren Arbeitslosengeld II.
Es erfolgten stationäre Rehabilitationsmaßnahmen im Juni 2004 in der Fachklinik E. (Diagnose [D]: Z. n. intercorporeller Fusion L4/5 und L5/1 am 22. Januar 2004 bei Bandscheibenvorfall [BSV] L4/5 und L5/S1 und Spinalstenose; leichte bis mittelschwere Tätigkeiten, überwiegend im Stehen, Gehen oder Sitzen, in Tages-, Früh- und Nachtschicht, seien bei Vermeidung von Zwangshaltungen der Lendenwirbelsäule [LWS] sowie von häufigem Heben und Tragen von Lasten über 15 kg sechs Stunden und mehr möglich) sowie in der Reha-Klinik Hausbaden (D: Lumbale Überlastungssymptomatik bei neuromuskulärer Dysbalance mit fronto-sag. Fehlhaltung, nach zweiseitiger Spondylodese L4/5 und L5/S1, von ventral 01/2004, dorsale Komplettierung am 26. Januar 2005 wegen Instabilität der Segmente, sensible Radikulopathie C6 beidseits bei nachgewiesenen BSV C5/C6 links, medikamentös kompensierte Hypercholesterinämie; leichte körperliche Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten von 10 bis 15 kg ohne häufiges Bücken oder Torsionsbeanspruchung der WS und Überkopfarbeiten mit der Möglichkeit des Körperpositionswechsels zwischen Gehen, Stehen und Sitzen des allgemeinen Arbeitsmarktes seien vollschichtig möglich).
Nach einem von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg abgelehnten Rentenantrag (Bescheid vom 27. Dezember 2004 und Widerspruchsbescheid vom 22. September 2005) erhob der Kläger am 25. Oktober 2005 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG), S 15 R 4278/05. Nach Anhörung der behandelnden Ärzte (Dr. D. und Dr. G., die weitere ärztliche Äußerungen beifügten) und Einholung eines orthopädischen Gutachtens des Dr. B. vom 23. Januar 2006 (D: Z. n. zweimaliger LWS-Operation zunächst mit Einbringen von Titankörbchen, dann Implantation eines Fixateur interne, ohne neurologische Symptomatik, degeneratives Cervikalsyndrom, Protrusionen in mehreren Etagen ohne Wurzelkompression, initiales Carpaltunnelsyndrom rechts, polyarthritische Beschwerden in den Schulter- und Kniegelenken ohne Funktionsbehinderung; leichte berufliche Tätigkeiten nach Möglichkeit im freien Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen könnten sechs Stunden und mehr arbeitstäglich verrichtet werden) nahm der Kläger seine Klage am 22. März 2006 zurück.
Einen an die Beklagte gerichteten Rentenantrag vom 3. April 2007 begründete der Kläger damit, dass er seit August 2003 wegen BSVen an der WS, Schulter-, Knie-, und Fußbeschwerden, Rheuma sowie Gicht erwerbsgemindert sei.
Die Beklagte lehnte diesen Rentenantrag mit Bescheid vom 30. August 2007 Widerspruchsbescheid vom 14. Januar 2008 ab, da der Kläger ihm zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten könne.
Grundlage der Entscheidungen waren neben den o. g. Heilverfahren-Entlassungsberichten und dem Gutachten des Dr. B. vom 23. Januar 2006, beigezogene ärztliche Äußerungen, u. a. (ab 2007) des Neurologen Dr. D. vom 12. April 2007, des Neurochirurgen Dr. B. vom 9. Juli 2007 sowie des Radiologen Dr. Z.r über eine CT der LWS vom 6. Juni 2007. Ferner lagen der Entscheidung das Gutachten der Chirurgin Dr. L. vom 3. August 2007 (D: Schmerzsyndrom der LWS mit endgradigen Funktionseinbußen bei Z. n. operativer Versteifung des Segmentes L5/S1 wegen BSV, aktuell ohne Wurzelreizsymptome und ohne neurologische Ausfälle, HWS-BWS-Syndrom bei Nachweis degenerativer Veränderungen ohne Funktionseinbußen und ohne neurologische Ausfälle, Schulterschmerzen ohne Funktionseinbußen und ohne Nachweis degenerativer Veränderungen, Knieschmerzen beidseits ohne Reizzustand und ohne Funktionseinbußen bei radiologisch unauffälligem Befund sowie Zeichen eines Alkoholmissbrauchs [Abhängigkeit weder nachgewiesen noch ausgeschlossen]; leichte Arbeiten in wechselnder Arbeitshaltung - ohne WS-Zwangshaltungen und Überkopfarbeiten, häufiges Bücken und besonders Anheben von Gegenständen aus gebückter Haltung sowie Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten - seien über sechs Stunden möglich; im Hinblick auf den Alkoholmissbrauch seien Tätigkeiten mit besonderer Verantwortung für Personen und Sachwerte sowie berufliches Fahren eines Kfz derzeit ungünstig) und Stellungnahmen der Internistin Dr. M. vom 28. August 2007 (leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes seien vollschichtig möglich) sowie von Dr. K. vom 11. Dezember 2007 (vollschichtige Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt) zu Grunde.
Deswegen hat der Kläger am 11. Februar 2008 Klage beim SG erhoben. Er hat Berichte des Radiologen Dr. M. über eine Kernspintomographie der LWS vom 15. Januar 2008 sowie des Neurochirurgen Dr. H. vom 16. Januar 2008 vorgelegt.
Das SG hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Über die von ihnen erhobenen Befunde haben der Neurologe Dr. Diel am 28. Mai 2008, der Orthopäde Dr. G. am 10. Juni 2008, der Allgemeinmediziner und Sportmediziner Dr. D. am 20. Juni 2008 und der Neurochirurg Dr. B. am 4. Juli 2008 unter Beifügung ärztlicher Äußerungen berichtet.
Sodann hat das SG ein orthopädisches Sachverständigengutachten des Dr. J. vom 29. Juli 2008 eingeholt. Dieser hat u. a. ausgeführt, beim Kläger finde sich eine mäßige Fehlstatik der WS. Die vermehrte BWS-Kyphose könne aktiv nicht vollständig aufgerichtet werden. Kompensatorisch bestehe eine vermehrte HWS-Lordose. Durch einen Beckenschiefstand mit Verkürzung rechts um etwa 1,5 cm komme es zu einer rechtskonvexen Seitausbiegung der LWS. Bei der Vornüberbeugung des Oberkörpers finde sich kein Rippenbuckel oder Lendenwulst. Die Narbe in Höhe der unteren LWS sei reizfrei. Die HWS-Beweglichkeit sei in allen Ebenen frei. Aufgehoben sei die Beweglichkeit im unteren LWS-Bereich. Bei der Rotation von BWS und LWS sowie der Seitneigung ließen sich altersentsprechende Bewegungsmaße erheben. Neurologische Ausfälle fänden sich weder in den oberen noch den unteren Extremitäten und des Weiteren fänden sich auch keine Hinweise auf eine vorliegende Nervenwurzelreizung. Insbesondere führten die kernspintomographisch beschriebenen BSVe im Bereich der HWS und LWS zu keiner eindeutigen Nervenwurzelreizung. Im Bereich der oberen Extremitäten seien keine krankhaften Befunde zu objektivieren, trotz Angabe von Beschwerden in beiden Schultern sowie im Bereich des rechten Daumgengrundgelenkes. Im Bereich der unteren Extremität seien die Hüftgelenke seitengleich frei beweglich. Am rechten Kniegelenk liege ein minimaler Reizzustand vor, ohne Bewegungseinschränkung. Ein mäßiger Knorpelschaden im Bereich beider Kniescheibenrückflächen sei anzunehmen. Durch die Gesundheitsstörungen im Bereich der WS sei die Leistungsfähigkeit körperlich deutlich beeinträchtigt. Der Kläger könne nur noch leichte und kurzzeitig mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis 8 kg verrichten. Die Möglichkeit zum Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen sollte gegeben sein. Zu meiden seien wiederkehrende Arbeiten in vornübergebeugter Körperhaltung sowie Tätigkeiten in WS-Zwangshaltungen, Überkopfarbeiten beidseits, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Arbeiten in Kälte und Nässe. Bei Beachtung dieser Einschränkungen bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen von acht Stunden arbeitstäglich. Der Kläger könne auch noch vier Mal täglich einen Fußweg von 500 Meter jeweils unter 20 Minuten als Arbeitsweg zurücklegen und öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Zur Untersuchung sei er mit eigenem PKW angereist.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG ein weiteres Sachverständigengutachten des Prof. Dr. G-Z. vom 16. April 2009 eingeholt. Dieser hat die Diagnosen chronische Lumbalgien mit pseudoradikulärer Symptomatik beidseits bei BSV 3/4 rechts mediolateral und Z. n. Spondylodese L4 bis S1, chronisches Cervikalsyndrom bei BSV C 5/6 links mediolateral, multietageren BS-Protrusionen sowie Uncarthrose C 4/5 und C 5/6, chronische Dorsalgie ohne wesentliches klinisches Korrelat, chronische Omalgie beidseits ohne wesentliches klinisches und radiologisches Korrelat, chronische Gonalgie beidseits bei Patellaspitzensyndrom und Mittelfußschmerz links ohne radiologisches Korrelat gestellt. Auf Grund der Beschwerden im Bereich der LWS seien mittelschwere und schwere körperliche Arbeiten mit häufigem Bücken, Rotationsbewegungen des Rumpfes mit und ohne Belastung, Tragen und Heben von Lasten über 5 kg sowie Tätigkeiten in gleichförmiger Körperhaltung nicht zumutbar. Ferner seien Überkopfarbeiten sowie reine Bildschirmarbeiten und Tätigkeiten mit gleichförmiger Körperhaltung zu meiden. Häufiges Treppensteigen, Steigen auf Leitern und Gerüsten sowie Tätigkeiten in kniender Position und häufiges in die Hocke gehen seien ungünstig. Zu meiden seien auch Einwirkungen durch Kälte, Zugluft und Nässe. Zumutbar seien hingegen leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bei Beachtung der genannten Einschränkungen bis zu acht Stunden täglich. Der Kläger sei auch in der Lage, viermal täglich einen Fußweg von 500 Meter in jeweils unter 20 Minuten als Arbeitsweg zurückzulegen.
Der Kläger hat dann geltend gemacht, es bestehe eine Summierung von ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen, was die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erfordere. Eine überzeugende Verweisungstätigkeit liege indes nicht vor.
Die Beklagte hat eine Stellungnahme des Sozialmediziners Dr. W. vom 14. Juli 2009 vorgelegt und vorgetragen, die Diagnosen ließen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen nicht erkennen. Sie stünden einer Tätigkeit, z. B. als Pförtner an einer Nebenpforte, nicht entgegen.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 27. April 2010 abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung seien nicht erfüllt. Insbesondere stünden die von Dr. J. und Prof. Dr. G-Z. angegebenen Einschränkungen des Leistungsvermögens einer zumutbaren Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht entgegen, es liege auch keine Summierung von ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen vor und auch keine spezifische Leistungsbehinderung im Sinne der Rechtsprechung, die die Benennung einer Verweisungstätigkeit erforderte. Die Mehrzahl der bei dem Kläger zu beachtenden qualitativen Einschränkungen seien bereits vom Begriff "leichte körperliche Arbeit" erfasst, etwa Tätigkeiten ohne schweres Heben und Tragen von Lasten, Überkopfarbeiten sowie Arbeiten in Zwangshaltungen. Regelmäßig stellten derartige Arbeitsplätze auch keine besonderen Anforderungen an die Geh-, Steh- und Steigefähigkeit. Soweit davon nicht gedeckte Einschränkungen blieben, etwa Tätigkeiten mit Kälte-, Nässe- und Zugluftexposition, führe dies zu keiner wesentlichen Einengung der für den Kläger in Betracht kommenden Tätigkeiten. Überdies ließe sich kein Erfordernis besonderer Arbeitsbedingungen oder eine rentenrechtlich relevante Einschränkung der Wegefähigkeit feststellen.
Gegen den am 5. Mai 2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am Montag den 7. Juni 2010 Berufung eingelegt.
Der Kläger hat vorgetragen, unberücksichtigt geblieben sei als wesentlicher leistungslimitierender Faktor seine gravierende Alkoholerkrankung. Er könne die gesundheitliche Beeinträchtigung nicht aus eigenem Willen überwinden. Auf Grund der Chronizität der Ereignisse sei allerdings leider auch nicht davon auszugehen, dass eine Entwöhnungsbehandlung hier innerhalb von sechs Monaten erfolgreich sei. Im Übrigen habe das Schmerzgeschehen weiter an Intensität zugenommen und sei er auf die Einnahme morphinhaltiger Präparate angewiesen, die zusätzlich die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit drastisch einschränkten.
Der Senat hat - nachdem der Kläger auf Frage nach ihn den seit Januar 2009 behandelnden Ärzten Dr. D. und die Neurochirurgische Gemeinschaftspraxis Dres. B. und H. angegeben hat - die Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Dr. D. hat am 28. Dezem-ber 2010 ausgesagt, der Kläger sei in der Zeit ab 1. Januar 2009 durchschnittlich einmal pro Monat in seiner Sprechstunde gewesen und habe über LWS-Schmerzen und Funktionseinschränkungen, Missempfindungen bei längerem Stehen und beim Bücken geklagt. Die Situation habe sich seit 2008 nicht wesentlich geändert. Es seien Krankengymnastik, Physiotherapie und Schmerztherapie erfolgt. Hierzu hat er u.a. Berichte des Dermatologen Oser vom 9. Februar 2010 (Verdacht auf Mastodynie beiseits, atypischer Naevuszellnaevus am Rücken rechts oben), des Urologen Dr. N. vom 16. Juli 2009 (Epididymitis links), des Dr. G. vom 28. April 2009 (leicht vergrößerte Struma diffusa et regressiva, Euthyreose) sowie des Dr. B. vom 23. März 2009 (D: Fußschmerz links) vorgelegt. Dr. B. hat am 2. Mai 2011 ausgesagt, der Kläger sei seit 2008 nur am 23. März 2009 in Behandlung gewesen und habe sich danach nicht mehr vorgestellt. Hierzu hat er seinen Bericht vom 23. März 2009 (Fußschmerz links, Empfehlung Röntgenuntersuchung) vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. April 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 30. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Januar 2008 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren, hilfsweise ein orthopädisches Sachverständigengutachten zum Beweis der Tatsache einzuholen, dass er nicht mehr in der Lage sei, selbst leichtere Tätigkeiten werktäglich sechs Stunden auszuüben und ferner ein neurologisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten zum Beweis der Tatsache einzuholen, dass er nicht mehr in der Lage sei, selbst leichtere Tätigkeiten werktäglich sechs Stunden auszuüben.
Zu den aufrecht erhaltenen Hilfsanträgen hat der Bevollmächtigte ausgeführt, der Kläger berichte glaubhaft von seinen Beschwerden, was auch für die neurologisch-psychiatrischen Beschwerden gelte.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchte Rente - §§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil er zumindest leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen noch sechs Stunden arbeitstäglich verrichten kann, keinen besonderen Berufsschutz genießt, weil er zuletzt eine ungelernte Tätigkeit ausgeübt hat, und auch keine ungewöhnliche Leistungseinschränkung vorliegt, die die Benennung einer Verweisungstätigkeit erforderlich machen würde. Der Senat schließt sich dem unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren und seiner eigenen weiteren Ermittlungen durch Anhörung der behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen uneingeschränkt an, sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Ergänzend ist anzumerken, dass das SG die Klage zu Recht abgewiesen hat, weil der Kläger keinen Berufsschutz genießt, der die Ausübung einfacher Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unzumutbar machen würde und auch keine Einschränkung des Leistungsvermögens vorliegt, die darüber hinaus die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich machen würde. Im Übrigen sind dem Kläger z. B. Tätigkeiten als einfacher Pförtner, wie von der Beklagten bereits im Klageverfahren vorgetragen, unter Berücksichtigung der bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen zumutbar. Dies ergibt sich - wie vom SG zutreffend dargelegt - aus dem Sachverständigengutachten des Dr. J. und dem auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG eingeholten weiteren Sachverständigengutachten des Prof. Dr. G-Z. sowie der von der Beklagten im Klageverfahren vorgelegten Stellungnahme des Dr. W. vom 14. Juli 2009, die als qualifizierter Beteiligtenvortrag verwertbar war. Im Übrigen haben auch die Ermittlungen des Senats keine weitergehende Einschränkung des Leistungsvermögens ergeben. Gemäß den von Dr. D. nach seiner Aussage erhobenen Befunden ist eine wesentliche Änderung seit 2008 nicht eingetreten. Die von ihm vorgelegten Arztberichte, u.a. des Urologen Dr. N., des Radiologen Dr. G. und des Dermatologen O. belegen keine Gesundheitsstörungen, die von Relevanz für das Leistungsvermögen im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung wären. Darüber hinaus hat Dr. D. keine weiteren Untersuchungen fachärztlicher Art veranlasst und auch nicht von psychischen Störungen oder Beschwerden berichtet. Auch der Neurochirurg Dr. B. hat keine wesentlichen neuen Befunde mitgeteilt. Insbesondere hat sich der Kläger bei ihm lediglich im März 2009 wegen "Fußschmerzen" vorgestellt und ihn danach nicht mehr aufgesucht.
Damit sind weitergehende Gesundheitsstörungen, die zusätzliche Ermittlungen erforderlich machen würden, weder ersichtlich, noch nachgewiesen.
Soweit der Kläger hilfsweise beantragt hat, ein orthopädisches Sachverständigengutachten einzuholen, hat der Senat hierzu keine Veranlassung gesehen. Der Sachverhalt auf orthopädischem Gebiet ist durch das Gutachten von Dr. J. und auch durch das Sachverständigengutachten, das auf Antrag des Klägers bei Prof. Dr. G-Z. eingeholt worden ist, vollständig geklärt. Weitere orthopädische Berichte und Untersuchungen - außer der Vorstellung wegen "Fußschmerzen" März 2009 - sind nicht veranlasst worden und Dr. D. hat ausdrücklich angegeben, die LWS-Schmerzen und Funktionseinschränkungen seien unverändert, die Situation habe sich seit 2008, also auch seit der letzten Begutachtung, nicht wesentlich verändert. Damit besteht kein Anlass für weitere Ermittlungen auf orthopädischem Gebiet, auch wenn der Bevollmächtigte des Klägers vorträgt, dieser berichte "glaubhaft" von seinen Beschwerden.
Im Übrigen hat der Senat auch keine Veranlassung gesehen, ein neurologisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten einzuholen. Insbesondere haben die gehörten behandelnden Ärzte nicht über zusätzliche neurologische und außerdem auch nicht über psychiatrische Gesundheitsstörungen berichtet, so dass es insofern an einem Anhalt dafür fehlt, dass auf diesem Fachgebiet relevante Gesundheitsstörungen vorliegen, die geeignet sein könnten, das Leistungsvermögen weitergehend einzuschränken. Insbesondere hat auch Dr. D. bei seiner Aussage nicht über eine Alkoholkrankheit oder eine sonstige psychische Erkrankung berichtet und geben die Laborwerte, die er vorgelegt hat, hierzu nichts her.
Die Behauptung und Einschätzung allein des Bevollmächtigten des Klägers, dessen Angaben hinsichtlich der Beschwerden seien "glaubhaft", gibt keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen. Durch ärztliche Äußerungen wird diese Einschätzung nicht gestützt, insbesondere ergibt sich aus den Zeugenaussagen kein Anhalt für weitere dauerhafte, rentenrechtlich relevante Erkrankungen oder eine Verschlimmerung, die weitere Ermittlungen erforderlich machten. Der Senat lehnt deshalb auch insoweit weitere Ermittlungen ab.
Damit waren die vom Kläger (hilfsweise) beantragten weiteren Gutachten nicht einzuholen.
Da der Kläger somit keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung oder teilweiser Erwerbsminderung hat, weist der Senat die Berufung zurück. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1957 geborene Kläger hat von August 1971 bis Juli 1974 eine Ausbildung als Bundesbahnbetriebsaufseher absolviert und war dann bis zur kündigungsbedingten Beendigung des Arbeitsverhältnisses in diesem Berufsbereich bis Juni 1980 tätig. Danach war er gemäß seinen Angaben - mit Unterbrechungen - im Zeitraum von April 1980 bis November 1991 als "Arbeiter", von Juni 1992 bis Januar 1994 als Wachmann, von Juli 1994 bis Juni 1995 als Sanitärarbeiter, von Juni 1997 bis Mai 1998 als Kraftfahrer und von April bis Juni 2000 als "Hausdiener" tätig. Die Arbeitsverhältnisse wurden auf Grund von Kündigung beendet. Vom 2. Januar 2001 bis Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 18. September 2003 war der Kläger als Fahrer bei der Spedition Hein GmbH beschäftigt. Er fuhr ein Kraftfahrzeug, meist einen sogenannten "Sprinter", und hatte im Übrigen Be- und Entladetätigkeiten zu verrichten. Es handelte sich gemäß der Arbeitgeberauskunft vom 22. September 2007 um eine Tätigkeit, vor deren Ausübung ungelernte Arbeitnehmer nur eine kurze Einweisung benötigten, und die mit einem Entgelt von monatlich 1460,00 EUR vergütet war. Danach war der Kläger arbeitsunfähig bzw. arbeitslos. Ab Januar 2006 bezog er Arbeitslosengeld bzw. im weiteren Arbeitslosengeld II.
Es erfolgten stationäre Rehabilitationsmaßnahmen im Juni 2004 in der Fachklinik E. (Diagnose [D]: Z. n. intercorporeller Fusion L4/5 und L5/1 am 22. Januar 2004 bei Bandscheibenvorfall [BSV] L4/5 und L5/S1 und Spinalstenose; leichte bis mittelschwere Tätigkeiten, überwiegend im Stehen, Gehen oder Sitzen, in Tages-, Früh- und Nachtschicht, seien bei Vermeidung von Zwangshaltungen der Lendenwirbelsäule [LWS] sowie von häufigem Heben und Tragen von Lasten über 15 kg sechs Stunden und mehr möglich) sowie in der Reha-Klinik Hausbaden (D: Lumbale Überlastungssymptomatik bei neuromuskulärer Dysbalance mit fronto-sag. Fehlhaltung, nach zweiseitiger Spondylodese L4/5 und L5/S1, von ventral 01/2004, dorsale Komplettierung am 26. Januar 2005 wegen Instabilität der Segmente, sensible Radikulopathie C6 beidseits bei nachgewiesenen BSV C5/C6 links, medikamentös kompensierte Hypercholesterinämie; leichte körperliche Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten von 10 bis 15 kg ohne häufiges Bücken oder Torsionsbeanspruchung der WS und Überkopfarbeiten mit der Möglichkeit des Körperpositionswechsels zwischen Gehen, Stehen und Sitzen des allgemeinen Arbeitsmarktes seien vollschichtig möglich).
Nach einem von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg abgelehnten Rentenantrag (Bescheid vom 27. Dezember 2004 und Widerspruchsbescheid vom 22. September 2005) erhob der Kläger am 25. Oktober 2005 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG), S 15 R 4278/05. Nach Anhörung der behandelnden Ärzte (Dr. D. und Dr. G., die weitere ärztliche Äußerungen beifügten) und Einholung eines orthopädischen Gutachtens des Dr. B. vom 23. Januar 2006 (D: Z. n. zweimaliger LWS-Operation zunächst mit Einbringen von Titankörbchen, dann Implantation eines Fixateur interne, ohne neurologische Symptomatik, degeneratives Cervikalsyndrom, Protrusionen in mehreren Etagen ohne Wurzelkompression, initiales Carpaltunnelsyndrom rechts, polyarthritische Beschwerden in den Schulter- und Kniegelenken ohne Funktionsbehinderung; leichte berufliche Tätigkeiten nach Möglichkeit im freien Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen könnten sechs Stunden und mehr arbeitstäglich verrichtet werden) nahm der Kläger seine Klage am 22. März 2006 zurück.
Einen an die Beklagte gerichteten Rentenantrag vom 3. April 2007 begründete der Kläger damit, dass er seit August 2003 wegen BSVen an der WS, Schulter-, Knie-, und Fußbeschwerden, Rheuma sowie Gicht erwerbsgemindert sei.
Die Beklagte lehnte diesen Rentenantrag mit Bescheid vom 30. August 2007 Widerspruchsbescheid vom 14. Januar 2008 ab, da der Kläger ihm zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten könne.
Grundlage der Entscheidungen waren neben den o. g. Heilverfahren-Entlassungsberichten und dem Gutachten des Dr. B. vom 23. Januar 2006, beigezogene ärztliche Äußerungen, u. a. (ab 2007) des Neurologen Dr. D. vom 12. April 2007, des Neurochirurgen Dr. B. vom 9. Juli 2007 sowie des Radiologen Dr. Z.r über eine CT der LWS vom 6. Juni 2007. Ferner lagen der Entscheidung das Gutachten der Chirurgin Dr. L. vom 3. August 2007 (D: Schmerzsyndrom der LWS mit endgradigen Funktionseinbußen bei Z. n. operativer Versteifung des Segmentes L5/S1 wegen BSV, aktuell ohne Wurzelreizsymptome und ohne neurologische Ausfälle, HWS-BWS-Syndrom bei Nachweis degenerativer Veränderungen ohne Funktionseinbußen und ohne neurologische Ausfälle, Schulterschmerzen ohne Funktionseinbußen und ohne Nachweis degenerativer Veränderungen, Knieschmerzen beidseits ohne Reizzustand und ohne Funktionseinbußen bei radiologisch unauffälligem Befund sowie Zeichen eines Alkoholmissbrauchs [Abhängigkeit weder nachgewiesen noch ausgeschlossen]; leichte Arbeiten in wechselnder Arbeitshaltung - ohne WS-Zwangshaltungen und Überkopfarbeiten, häufiges Bücken und besonders Anheben von Gegenständen aus gebückter Haltung sowie Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten - seien über sechs Stunden möglich; im Hinblick auf den Alkoholmissbrauch seien Tätigkeiten mit besonderer Verantwortung für Personen und Sachwerte sowie berufliches Fahren eines Kfz derzeit ungünstig) und Stellungnahmen der Internistin Dr. M. vom 28. August 2007 (leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes seien vollschichtig möglich) sowie von Dr. K. vom 11. Dezember 2007 (vollschichtige Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt) zu Grunde.
Deswegen hat der Kläger am 11. Februar 2008 Klage beim SG erhoben. Er hat Berichte des Radiologen Dr. M. über eine Kernspintomographie der LWS vom 15. Januar 2008 sowie des Neurochirurgen Dr. H. vom 16. Januar 2008 vorgelegt.
Das SG hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Über die von ihnen erhobenen Befunde haben der Neurologe Dr. Diel am 28. Mai 2008, der Orthopäde Dr. G. am 10. Juni 2008, der Allgemeinmediziner und Sportmediziner Dr. D. am 20. Juni 2008 und der Neurochirurg Dr. B. am 4. Juli 2008 unter Beifügung ärztlicher Äußerungen berichtet.
Sodann hat das SG ein orthopädisches Sachverständigengutachten des Dr. J. vom 29. Juli 2008 eingeholt. Dieser hat u. a. ausgeführt, beim Kläger finde sich eine mäßige Fehlstatik der WS. Die vermehrte BWS-Kyphose könne aktiv nicht vollständig aufgerichtet werden. Kompensatorisch bestehe eine vermehrte HWS-Lordose. Durch einen Beckenschiefstand mit Verkürzung rechts um etwa 1,5 cm komme es zu einer rechtskonvexen Seitausbiegung der LWS. Bei der Vornüberbeugung des Oberkörpers finde sich kein Rippenbuckel oder Lendenwulst. Die Narbe in Höhe der unteren LWS sei reizfrei. Die HWS-Beweglichkeit sei in allen Ebenen frei. Aufgehoben sei die Beweglichkeit im unteren LWS-Bereich. Bei der Rotation von BWS und LWS sowie der Seitneigung ließen sich altersentsprechende Bewegungsmaße erheben. Neurologische Ausfälle fänden sich weder in den oberen noch den unteren Extremitäten und des Weiteren fänden sich auch keine Hinweise auf eine vorliegende Nervenwurzelreizung. Insbesondere führten die kernspintomographisch beschriebenen BSVe im Bereich der HWS und LWS zu keiner eindeutigen Nervenwurzelreizung. Im Bereich der oberen Extremitäten seien keine krankhaften Befunde zu objektivieren, trotz Angabe von Beschwerden in beiden Schultern sowie im Bereich des rechten Daumgengrundgelenkes. Im Bereich der unteren Extremität seien die Hüftgelenke seitengleich frei beweglich. Am rechten Kniegelenk liege ein minimaler Reizzustand vor, ohne Bewegungseinschränkung. Ein mäßiger Knorpelschaden im Bereich beider Kniescheibenrückflächen sei anzunehmen. Durch die Gesundheitsstörungen im Bereich der WS sei die Leistungsfähigkeit körperlich deutlich beeinträchtigt. Der Kläger könne nur noch leichte und kurzzeitig mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis 8 kg verrichten. Die Möglichkeit zum Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen sollte gegeben sein. Zu meiden seien wiederkehrende Arbeiten in vornübergebeugter Körperhaltung sowie Tätigkeiten in WS-Zwangshaltungen, Überkopfarbeiten beidseits, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Arbeiten in Kälte und Nässe. Bei Beachtung dieser Einschränkungen bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen von acht Stunden arbeitstäglich. Der Kläger könne auch noch vier Mal täglich einen Fußweg von 500 Meter jeweils unter 20 Minuten als Arbeitsweg zurücklegen und öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Zur Untersuchung sei er mit eigenem PKW angereist.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG ein weiteres Sachverständigengutachten des Prof. Dr. G-Z. vom 16. April 2009 eingeholt. Dieser hat die Diagnosen chronische Lumbalgien mit pseudoradikulärer Symptomatik beidseits bei BSV 3/4 rechts mediolateral und Z. n. Spondylodese L4 bis S1, chronisches Cervikalsyndrom bei BSV C 5/6 links mediolateral, multietageren BS-Protrusionen sowie Uncarthrose C 4/5 und C 5/6, chronische Dorsalgie ohne wesentliches klinisches Korrelat, chronische Omalgie beidseits ohne wesentliches klinisches und radiologisches Korrelat, chronische Gonalgie beidseits bei Patellaspitzensyndrom und Mittelfußschmerz links ohne radiologisches Korrelat gestellt. Auf Grund der Beschwerden im Bereich der LWS seien mittelschwere und schwere körperliche Arbeiten mit häufigem Bücken, Rotationsbewegungen des Rumpfes mit und ohne Belastung, Tragen und Heben von Lasten über 5 kg sowie Tätigkeiten in gleichförmiger Körperhaltung nicht zumutbar. Ferner seien Überkopfarbeiten sowie reine Bildschirmarbeiten und Tätigkeiten mit gleichförmiger Körperhaltung zu meiden. Häufiges Treppensteigen, Steigen auf Leitern und Gerüsten sowie Tätigkeiten in kniender Position und häufiges in die Hocke gehen seien ungünstig. Zu meiden seien auch Einwirkungen durch Kälte, Zugluft und Nässe. Zumutbar seien hingegen leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bei Beachtung der genannten Einschränkungen bis zu acht Stunden täglich. Der Kläger sei auch in der Lage, viermal täglich einen Fußweg von 500 Meter in jeweils unter 20 Minuten als Arbeitsweg zurückzulegen.
Der Kläger hat dann geltend gemacht, es bestehe eine Summierung von ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen, was die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erfordere. Eine überzeugende Verweisungstätigkeit liege indes nicht vor.
Die Beklagte hat eine Stellungnahme des Sozialmediziners Dr. W. vom 14. Juli 2009 vorgelegt und vorgetragen, die Diagnosen ließen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen nicht erkennen. Sie stünden einer Tätigkeit, z. B. als Pförtner an einer Nebenpforte, nicht entgegen.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 27. April 2010 abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung seien nicht erfüllt. Insbesondere stünden die von Dr. J. und Prof. Dr. G-Z. angegebenen Einschränkungen des Leistungsvermögens einer zumutbaren Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht entgegen, es liege auch keine Summierung von ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen vor und auch keine spezifische Leistungsbehinderung im Sinne der Rechtsprechung, die die Benennung einer Verweisungstätigkeit erforderte. Die Mehrzahl der bei dem Kläger zu beachtenden qualitativen Einschränkungen seien bereits vom Begriff "leichte körperliche Arbeit" erfasst, etwa Tätigkeiten ohne schweres Heben und Tragen von Lasten, Überkopfarbeiten sowie Arbeiten in Zwangshaltungen. Regelmäßig stellten derartige Arbeitsplätze auch keine besonderen Anforderungen an die Geh-, Steh- und Steigefähigkeit. Soweit davon nicht gedeckte Einschränkungen blieben, etwa Tätigkeiten mit Kälte-, Nässe- und Zugluftexposition, führe dies zu keiner wesentlichen Einengung der für den Kläger in Betracht kommenden Tätigkeiten. Überdies ließe sich kein Erfordernis besonderer Arbeitsbedingungen oder eine rentenrechtlich relevante Einschränkung der Wegefähigkeit feststellen.
Gegen den am 5. Mai 2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am Montag den 7. Juni 2010 Berufung eingelegt.
Der Kläger hat vorgetragen, unberücksichtigt geblieben sei als wesentlicher leistungslimitierender Faktor seine gravierende Alkoholerkrankung. Er könne die gesundheitliche Beeinträchtigung nicht aus eigenem Willen überwinden. Auf Grund der Chronizität der Ereignisse sei allerdings leider auch nicht davon auszugehen, dass eine Entwöhnungsbehandlung hier innerhalb von sechs Monaten erfolgreich sei. Im Übrigen habe das Schmerzgeschehen weiter an Intensität zugenommen und sei er auf die Einnahme morphinhaltiger Präparate angewiesen, die zusätzlich die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit drastisch einschränkten.
Der Senat hat - nachdem der Kläger auf Frage nach ihn den seit Januar 2009 behandelnden Ärzten Dr. D. und die Neurochirurgische Gemeinschaftspraxis Dres. B. und H. angegeben hat - die Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Dr. D. hat am 28. Dezem-ber 2010 ausgesagt, der Kläger sei in der Zeit ab 1. Januar 2009 durchschnittlich einmal pro Monat in seiner Sprechstunde gewesen und habe über LWS-Schmerzen und Funktionseinschränkungen, Missempfindungen bei längerem Stehen und beim Bücken geklagt. Die Situation habe sich seit 2008 nicht wesentlich geändert. Es seien Krankengymnastik, Physiotherapie und Schmerztherapie erfolgt. Hierzu hat er u.a. Berichte des Dermatologen Oser vom 9. Februar 2010 (Verdacht auf Mastodynie beiseits, atypischer Naevuszellnaevus am Rücken rechts oben), des Urologen Dr. N. vom 16. Juli 2009 (Epididymitis links), des Dr. G. vom 28. April 2009 (leicht vergrößerte Struma diffusa et regressiva, Euthyreose) sowie des Dr. B. vom 23. März 2009 (D: Fußschmerz links) vorgelegt. Dr. B. hat am 2. Mai 2011 ausgesagt, der Kläger sei seit 2008 nur am 23. März 2009 in Behandlung gewesen und habe sich danach nicht mehr vorgestellt. Hierzu hat er seinen Bericht vom 23. März 2009 (Fußschmerz links, Empfehlung Röntgenuntersuchung) vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. April 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 30. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Januar 2008 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren, hilfsweise ein orthopädisches Sachverständigengutachten zum Beweis der Tatsache einzuholen, dass er nicht mehr in der Lage sei, selbst leichtere Tätigkeiten werktäglich sechs Stunden auszuüben und ferner ein neurologisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten zum Beweis der Tatsache einzuholen, dass er nicht mehr in der Lage sei, selbst leichtere Tätigkeiten werktäglich sechs Stunden auszuüben.
Zu den aufrecht erhaltenen Hilfsanträgen hat der Bevollmächtigte ausgeführt, der Kläger berichte glaubhaft von seinen Beschwerden, was auch für die neurologisch-psychiatrischen Beschwerden gelte.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchte Rente - §§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil er zumindest leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen noch sechs Stunden arbeitstäglich verrichten kann, keinen besonderen Berufsschutz genießt, weil er zuletzt eine ungelernte Tätigkeit ausgeübt hat, und auch keine ungewöhnliche Leistungseinschränkung vorliegt, die die Benennung einer Verweisungstätigkeit erforderlich machen würde. Der Senat schließt sich dem unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren und seiner eigenen weiteren Ermittlungen durch Anhörung der behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen uneingeschränkt an, sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Ergänzend ist anzumerken, dass das SG die Klage zu Recht abgewiesen hat, weil der Kläger keinen Berufsschutz genießt, der die Ausübung einfacher Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unzumutbar machen würde und auch keine Einschränkung des Leistungsvermögens vorliegt, die darüber hinaus die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich machen würde. Im Übrigen sind dem Kläger z. B. Tätigkeiten als einfacher Pförtner, wie von der Beklagten bereits im Klageverfahren vorgetragen, unter Berücksichtigung der bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen zumutbar. Dies ergibt sich - wie vom SG zutreffend dargelegt - aus dem Sachverständigengutachten des Dr. J. und dem auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG eingeholten weiteren Sachverständigengutachten des Prof. Dr. G-Z. sowie der von der Beklagten im Klageverfahren vorgelegten Stellungnahme des Dr. W. vom 14. Juli 2009, die als qualifizierter Beteiligtenvortrag verwertbar war. Im Übrigen haben auch die Ermittlungen des Senats keine weitergehende Einschränkung des Leistungsvermögens ergeben. Gemäß den von Dr. D. nach seiner Aussage erhobenen Befunden ist eine wesentliche Änderung seit 2008 nicht eingetreten. Die von ihm vorgelegten Arztberichte, u.a. des Urologen Dr. N., des Radiologen Dr. G. und des Dermatologen O. belegen keine Gesundheitsstörungen, die von Relevanz für das Leistungsvermögen im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung wären. Darüber hinaus hat Dr. D. keine weiteren Untersuchungen fachärztlicher Art veranlasst und auch nicht von psychischen Störungen oder Beschwerden berichtet. Auch der Neurochirurg Dr. B. hat keine wesentlichen neuen Befunde mitgeteilt. Insbesondere hat sich der Kläger bei ihm lediglich im März 2009 wegen "Fußschmerzen" vorgestellt und ihn danach nicht mehr aufgesucht.
Damit sind weitergehende Gesundheitsstörungen, die zusätzliche Ermittlungen erforderlich machen würden, weder ersichtlich, noch nachgewiesen.
Soweit der Kläger hilfsweise beantragt hat, ein orthopädisches Sachverständigengutachten einzuholen, hat der Senat hierzu keine Veranlassung gesehen. Der Sachverhalt auf orthopädischem Gebiet ist durch das Gutachten von Dr. J. und auch durch das Sachverständigengutachten, das auf Antrag des Klägers bei Prof. Dr. G-Z. eingeholt worden ist, vollständig geklärt. Weitere orthopädische Berichte und Untersuchungen - außer der Vorstellung wegen "Fußschmerzen" März 2009 - sind nicht veranlasst worden und Dr. D. hat ausdrücklich angegeben, die LWS-Schmerzen und Funktionseinschränkungen seien unverändert, die Situation habe sich seit 2008, also auch seit der letzten Begutachtung, nicht wesentlich verändert. Damit besteht kein Anlass für weitere Ermittlungen auf orthopädischem Gebiet, auch wenn der Bevollmächtigte des Klägers vorträgt, dieser berichte "glaubhaft" von seinen Beschwerden.
Im Übrigen hat der Senat auch keine Veranlassung gesehen, ein neurologisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten einzuholen. Insbesondere haben die gehörten behandelnden Ärzte nicht über zusätzliche neurologische und außerdem auch nicht über psychiatrische Gesundheitsstörungen berichtet, so dass es insofern an einem Anhalt dafür fehlt, dass auf diesem Fachgebiet relevante Gesundheitsstörungen vorliegen, die geeignet sein könnten, das Leistungsvermögen weitergehend einzuschränken. Insbesondere hat auch Dr. D. bei seiner Aussage nicht über eine Alkoholkrankheit oder eine sonstige psychische Erkrankung berichtet und geben die Laborwerte, die er vorgelegt hat, hierzu nichts her.
Die Behauptung und Einschätzung allein des Bevollmächtigten des Klägers, dessen Angaben hinsichtlich der Beschwerden seien "glaubhaft", gibt keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen. Durch ärztliche Äußerungen wird diese Einschätzung nicht gestützt, insbesondere ergibt sich aus den Zeugenaussagen kein Anhalt für weitere dauerhafte, rentenrechtlich relevante Erkrankungen oder eine Verschlimmerung, die weitere Ermittlungen erforderlich machten. Der Senat lehnt deshalb auch insoweit weitere Ermittlungen ab.
Damit waren die vom Kläger (hilfsweise) beantragten weiteren Gutachten nicht einzuholen.
Da der Kläger somit keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung oder teilweiser Erwerbsminderung hat, weist der Senat die Berufung zurück. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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