L 2 SO 5276/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 3 SO 3296/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SO 5276/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Trotz des Bezuges von SGB II-Leistungen keine Anwendung von § 21 SGB XII auf § 35 SGB XII a.F. (jetzt § 27b SGB XII) im Rahmen einer Maßnahme nach § 67 SGB XII.
Daher sind bei niedrigeren SGB II-Leistungen (aufgrund von Sanktionen) und damit einem niedrigeren Eigenanteil des Leistungsempfängers die insoweit nicht mehr abgedeckten Unterbringungskosten (zusätzlich) vom SGB XII-Leistungsträger zu übernehmen.
Auf die Berufung des Klägers (und des Beigeladenen) wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 7. Oktober 2010 sowie der Bescheid des Beklagten vom 27. Mai 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Oktober 2008 aufgehoben und der Beklagte verurteilt, für den Kläger an den Beigeladenen 606,67 EUR zu zahlen.

Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen sowie des Beigeladenen im Berufungsverfahren zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Übernahme ausstehender Kosten für die Unterbringung im "J." für die Monate September bis November 2007.

Der am 1981 geborene Kläger war seit 2. Juli 2007 im "J.", einer Einrichtung der Wohnsitzlosenhilfe des AGJ, Fachverband für Prävention und Rehabilitation in der Erzdiözese Freiburg (Beigeladener) untergebracht. Hierfür beantragte er am 8. August 2007 Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach den §§ 67 ff. Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII). Der Kläger befand sich insgesamt bis zum 27. April 2008 im J. (Bl. 38 SG-Akte).

Mit Bescheid vom 17. August 2007 (Bl.23 Verwaltungsakte - VA -) bewilligte der Beklagte Leistungen gemäß § 67 SGB XII, und zwar die entstandenen und noch entstehenden Pflege- und Betreuungskosten (Maßnahmepauschale) entsprechend dem Leistungstyp III.1.2 (Anm. des Senats: siehe hierzu § 2 Abs. 2 der Vereinbarung nach § 93 Abs. 2 BSHG vom 21. Dezember 2001 zwischen dem Beklagten und dem Beigeladenen: "Stationäre Hilfe mit internen Angeboten der Tagesstrukturierung", Investitionsbetrag: 7,31 EUR, Grundpauschale: 13,82 EUR [seit 1. April 2004 14,45 EUR], Maßnahmepauschale: 22,83 EUR [23,87 EUR], insgesamt 43,96 EUR – Bl. 21 ff. Senatsakte). Weiter ist dort ausgeführt, für die Dauer der Maßnahme erhalte der Kläger im Rahmen der Gesamtmaßnahmekosten einen Barbetrag zur persönlichen Verfügung (Taschengeld) sowie bei Bedarf einen Zuschlag für einmalige Bedürfnisse. Die Festsetzung und Auszahlung der Leistungen erfolge durch die Einrichtung. Die Hilfe umfasse lediglich Leistungen nach dem 8. Kapitel SGB XII; Hilfe zum Lebensunterhalt in Einrichtungen nach dem 3. Kapitel SGB XII könnten nicht gewährt werden, da er zum Personenkreis des SGB II (Anspruchsberechtigte auf Arbeitslosengeld II) gehöre. Gemäß § 19 Abs. 1 SGB XII habe der Kläger sich an dem Lebensunterhalt in Einrichtungen mit seinem Einkommen zu beteiligen. Dieser Eigenanteil umfasse lediglich die Kosten des dort gewährten Lebensunterhaltes und diene zur teilweisen Deckung des entstehenden Aufwandes. Sofern der Kläger daher über Einkommen verfüge (Arbeitsverdienst, Alg II), habe er dieses bis zum Erreichen eines monatlichen Höchstbetrages als Kostenbeitrag zum Lebensunterhalt an den J. zu entrichten. Die konkrete Festsetzung und Einziehung dieses Kostenbeitrages erfolge jeweils durch die Einrichtung. Dieser Bescheid erwuchs - soweit ersichtlich - in Bestandskraft. Grundlage war der Hilfeplan vom 9. August 2007 (Bl. 13/21 VA), in dem unter "notwendige Hilfen" ausgeführt ist: "Wir halten die stationäre Hilfe für die geeignete Maßnahme, um Herrn W. durch die klaren Strukturen und die hohe Präsenz von Sozialarbeit zu stabilisieren, um dann mit unserer begleitenden Unterstützung die entsprechenden Schritte in ein selbstständiges Leben mit Arbeit und einer eigenen Wohnung gehen zu können."

Ausweislich der Abrechnung des "J.es" gegenüber dem Beklagten für den Monat August 2007 entstanden hier Kosten aufgrund der Vergütungspauschale in Höhe von 1.414,53 EUR (31 Tage x 45,63 EUR) abzüglich eines erstatteten Regelbedarfes von 425,88 EUR (Bl. 29 VA). Bei den Folgeabrechnungen für die Monate September, Oktober und November 2007 sind jeweils noch ein Barbetrag sowie Bekleidungshilfen in Höhe von 93,69 EUR bzw. 23,00 EUR ausgewiesen. Der Beklagte hat jeweils einen Betrag i.H.v. 585,50 EUR als Eigenanteil des Klägers angerechnet (Bl. 35 ff. VA) und den danach verbleibenden Differenzbetrag an den Einrichtungsträger überwiesen.

Am 28. August 2007 trat der Kläger "sein gesamtes Einkommen im Sinne des § 76 BSHG" an den Träger des J.es ab (Bl. 44 Verwaltungsakte Jobcenter).

Mit Bescheid vom 6. Dezember 2007 (Bl. 53 VA) bewilligte das Jobcenter Landkreis Konstanz dem Kläger für August 2007 keine Leistung, für September 2007 sanktionsbedingt geminderte Leistungen in Höhe von 273,50 EUR, für Oktober 2007 ebenfalls geminderte Leistungen in Höhe von 374,03 EUR, für November 2007 Leistungen in Höhe von 502,30 EUR und für Dezember 2007 in (ungekürzter, voller) Höhe von 585,50 EUR.

Mit Bescheid vom 4. März 2008 (Bl.81/83 VA) verlängerte der Beklagte die Leistung nach § 67 SGB XII für die Zeit vom 1. März bis 31. August 2008, wiederum unter Ausnahme der Hilfe zum Lebensunterhalt in Einrichtungen nach dem 3. Kapitel des SGB XII. Eine weitere Verlängerung ab 1. Mai 2008 bis 31. Oktober 2008 erfolgte unter denselben Bedingungen noch mit Bescheid vom 7. Mai 2008 (Bl.105/109 VA).

Nachdem der Einrichtungsträger (Beigeladene) mehrfach (noch) offene Beträge für September 2007 in Höhe von 312,00 EUR, für Oktober 2007 in Höhe von 211,47 EUR und für November 2007 in Höhe von 83,20 EUR (insgesamt 606,67 EUR) angemahnt hatte (Bl. 93, 117 VA), erließ der Beklagte am 27. Mai 2008 einen Bescheid dahingehend, dass der Antrag auf Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach den §§ 27 f. SGB XII für den Zeitraum vom 1. September bis 12. November 2007 abgelehnt werde (Bl.117/119 VA - Anmerkung: Ab dem 13. November 2007 erhielt der Kläger vom Jobcenter Leistungen wieder in voller Höhe). Zur Begründung wurde ausgeführt, gemäß § 19 Abs. 1 SGB XII habe sich der Kläger am Lebensunterhalt in Einrichtungen mit seinem Einkommen zu beteiligen. Dieser Eigenanteil umfasse lediglich die Kosten des dort gewährten Lebensunterhaltes und diese zur teilweisen Deckung des entstehenden Aufwands. In seinem Falle sei der Kostenbeitrag aus seinem Anspruch auf Arbeitslosengeld I bzw. II zu begleichen. Aufgrund einer vom Kläger verursachten Sperrzeit habe er aber ab August 2007 durch das Jobcenter Konstanz eine Sanktion in Höhe von 30% der Regelleistung verhängt bekommen, ab Oktober 2007 dann aufgrund einer zweiten Sperrzeit, welche auch zum Erlöschen des Anspruches auf Arbeitslosengeld geführt habe, eine zweite Sanktion von 60% der Regelleistung. Aufgrund dieser Sanktionen habe der Kläger den Kostenbeitrag im Zeitraum 1. September bis 12. November 2007 nicht in voller Höhe an die Einrichtung begleichen können, weshalb diese die Übernahme des restlichen Kostenbeitrags im Rahmen der Sozialhilfe beantragt habe. Gemäß § 21 SGB XII erhielten jedoch Personen, die nach dem SGB II leistungsberechtigt seien, keine Leistungen nach dem SGB XII. Hierunter falle auch der Kläger. Eine Sanktionsmaßnahme begründe keinen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt.

Dagegen erhob der Kläger Widerspruch und führte aus, ihm sei mit Bescheid vom 17. Juli 2007 (gemeint wohl 17. August 2007) stationäre Hilfe nach §§ 67 ff. SGB XII bewilligt worden. Nach § 68 SGB XII umfasse die Hilfe alle Maßnahmen, die notwendig seien, um die Schwierigkeiten abzuwenden usw., die Leistung der stationären Hilfe beinhalte also auch die Bereitstellung von Unterkunft und Verpflegung, wie sich dies auch aus § 2 der Leistungsvereinbarung zwischen dem Träger und dem Landeswohlfahrtsverband Baden vom 21. Dezember 2001 ergebe. Im Bescheid vom 17. August 2007 habe der Beklagte mitgeteilt, dass der Kläger aus seinem Einkommen sich an den Kosten der stationären Maßnahme zu beteiligen habe. Er habe alles im genannten Zeitraum ihm zur Verfügung stehende Einkommen abgeführt. Da ein Höchstkostenbeitrag nicht genannt worden sei, könne von ihm lediglich eine Beteiligung im Rahmen des ihm zur Verfügung stehenden Einkommens verlangt werden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 2008 (Bl. 147 VA) wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte ergänzend aus, dem Kläger sei von Anfang an keine Hilfe zum Lebensunterhalt gewährt worden, weil er Anspruchsberechtigter nach dem SGB II sei. Nach dem dortigen § 31 Abs. 6 SGB II bestehe während der Absenkung oder des Wegfalls der Leistung kein Anspruch auf ergänzende Hilfe des Lebensunterhalts nach den Vorschriften des SGB XII.

Hiergegen hat der Kläger am 8. November 2008 vor dem Sozialgericht Konstanz (SG) Klage erhoben und im Wesentlichen geltend gemacht, bei der Hilfe nach den §§ 67 ff. SGB XII handele es sich um eine einheitliche Leistung, bei der Unterkunft und Vollverpflegung zur Aufgabenerfüllung mit gewährt würden. Einkommen könne nur nach den §§ 92, 92a SGB XII angerechnet werden. Eine Grundlage für die Festsetzung eines Kostenbeitrags auf der Basis fiktiven Einkommens sei nicht ersichtlich. Der sodann vom Kläger bevollmächtigte Rechtsanwalt hat im Weiteren noch darauf abgestellt, dass für den Kläger schon kein Anspruch nach dem SGB II dem Grunde nach bestehe, da er sich hier in einer stationären Einrichtung im Sinne von § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB II befinde und auch tatsächlich keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen sei. Der Klägerbevollmächtigte hat in dem Zusammenhang eine E-Mail des Leiters des J.es, Eipperle, vom 1. Oktober 2010 vorgelegt. Danach befand sich der Kläger in der Zeit vom 2. Juli 2007 bis 27. April 2008 auf dem J., und zwar in der Zeit vom 2. Juli bis 31. August 2007 im Aufnahmehaus und vom 1. September 2007 bis 27. April 2008 im Rahmen von stationäre Hilfe. In der Zeit vom 23. Juli 2007 bis 8. August 2007 arbeitete er bei der Firma Blum Gemüsebau, Insel Reichenau, vom 10. März 2008 bis 23. Dezember 2008 bei der Firma I.G.L.U., Radolfzell-Liggeringen. Dazwischen während der Zeit vom 9. August 2007 bis 9. März 2008 stand der Kläger in keinem versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis; zunächst war er auf dem J. im Rahmen von tagesstrukturierenden Maßnahmen beschäftigt, ab dem 15. November 2007 über eine Arbeitsgelegenheit nach dem SGB II (Anm. des Senats: Ein-Euro-Job).

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat darauf verwiesen, dass nur Leistungen des 8. Kapitels des SGB XII gewährt worden seien und explizit keine Hilfe zum Lebensunterhalt. Hiermit seien gerade Maßnahmekosten und Lebensunterhalt entklammert worden. Der Bedarf des Klägers setze sich aus zwei Leistungsarten zusammen, nämlich Leistungen zur Hilfe des Lebensunterhalts und solchen nach §§ 76 ff. SGB XII. Schließlich stehe einer Leistungsgewährung auch das Verbot der ergänzenden Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 31 Abs. 6 Satz 4 SGB II (Anm.: jetzt § 31b Abs.2 SGB II) entgegen.

Aufgrund mündlicher Verhandlung hat das SG mit Urteil vom 7. Oktober 2010 die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass zunächst einem Anspruch des Klägers nicht entgegenstehe, dass er am 28. August 2007 dem Träger des J. sein gesamtes Einkommen im Sinne des § 76 BSHG abgetreten habe, denn hierzu gehörten gerade nicht die hier begehrten Sozialhilfeleistungen selbst. Der Kläger sei also Anspruchsinhaber geblieben. Einem Anspruch des Klägers stehe aber § 21 Satz 1 SGB XII entgegen, da er als erwerbsfähig dem Grunde nach nach dem SGB II leistungsberechtigt sei. Insbesondere liege auch kein Leistungsausschluss wegen Unterbringung in einer stationären Einrichtung vor. Bei der Einrichtung, dem J., handele es sich um keine stationäre Einrichtung im Sinne des § 7 Abs. 4 SGB II in der in der hier in der maßgeblichen Zeit August bis Dezember 2007 geltenden Fassung vom 1. August 2006, denn es sei von dort aus durchaus objektiv möglich gewesen, einer mindestens dreistündigen Beschäftigung täglich nachzugehen. Dies zeige einerseits die Erwerbstätigkeit des Klägers außerhalb des Streitzeitraumes und andererseits sei es gerade Sinn der dortigen Therapie, die Betreuten wieder an das Arbeitsleben zu gewöhnen und in dieses zu integrieren. Da der Kläger somit leistungsberechtigt nach dem SGB II sei, habe er allerdings gemäß § 21 Satz 1 SGB XII keinen Anspruch auf den notwendigen Lebensunterhalt in Einrichtungen nach § 35 SGB XII (jetzt § 27b SGB XII). Bestätigt werde dies noch einmal ausdrücklich durch die flankierende Norm des § 31 Abs. 6 Satz 4 SGB II (jetzt § 31b Abs. 2 SGB II), wonach während der Absenkung oder des Wegfalles der Leistung kein Anspruch auf ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Vorschriften des SGB XII bestehe. Etwas anderes ergebe sich hier auch nicht daraus, dass dem Kläger eine "Komplexleistung" bewilligt worden wäre. Insoweit sei zunächst festzustellen, dass eine solche Bewilligung explizit nicht erfolgt sei, sondern die – nach der Vorstellung des Beklagten durch das Arbeitslosengeld II abgedeckten – laufenden Kosten des Lebensunterhalts ausdrücklich aus der Bewilligung ausgenommen worden seien. Ein Anspruch könne sich somit nur ergeben, wenn die Bewilligung von Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten entweder kraft Gesetzes auch die Leistung nach § 35 SGB XII (jetzt § 27b SGB XII) einschließen würde oder deren Bewilligung eine gesetzlich zwingende Folge wäre. Nach Auffassung des SG gebe es jedoch kein zwingendes Junktim zwischen der Bewilligung der Maßnahme nach § 67 SGB XII und derjenigen des notwendigen Lebensunterhalts. Der Gesetzgeber habe vielmehr mit § 35 SGB XII die früher in § 27 Abs. 3 BSHG vorgesehene Verklammerung von Hilfe zum Lebensunterhalt und Hilfe in besonderen Lebenslagen auflösen und diesen Bestandteil aus der Komplexleistung herauslösen wollen. Daher finde der frühere § 27 Abs. 3 BSHG auch keine Entsprechung im SGB XII. Der notwendige Lebensunterhalt sei also weder automatisch von der Bewilligung nach den §§ 67 ff. SGB XII umfasst noch sei der Beklagte gezwungen gewesen, diesen mit zu bewilligen.

Der Kläger hat gegen das seinem Bevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis am 16. November 2010 zugestellte Urteil bereits am 12. November 2010 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht der Klägerbevollmächtigte nach wie vor geltend, Falle des Klägers sei § 7 Abs. 4 SGB II einschlägig, der Kläger habe sich in der streitigen Zeit in einer stationären Einrichtung gefunden, die eine Erwerbstätigkeit entgegengestanden habe und habe schon deshalb dem Grunde nach keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II gehabt. Da er sei schon aus diesen Gründen der Beklagte verpflichtet gewesen auch den hier streitigen Differenzbetrag zu übernehmen.

Mit Beschluss vom 8. November 2011 wurde der Einrichtungsträger, der AGJ, Fachverband für Prävention und Rehabilitation in der Erzdiözese Freiburg e.V. beigeladen.

Der Beigeladene begehrt wie im Ergebnis der Kläger die Übernahme der noch ausstehenden Unterbringungskosten durch den Sozialhilfeträger, den Beklagten. Zur Begründung macht der Beigeladene geltend, da der Kläger in der Zeit von September 2007 bis Mitte Dezember 2007 über keine Einkünfte verfügt habe, habe er auch keine Eigenbeteiligung geleistet. Zunächst sei schon der streitgegenständliche Bescheid vom 27. Mai 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2008 aufzuheben, da der Kläger überhaupt keinen Antrag auf Leistungen zum Lebensunterhalt gestellt habe. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch ergebe sich bereits aus dem Bescheid vom 17. August 2007, der eine Bewilligung der Gesamtmaßnahmekosten enthalten habe. Danach seien lediglich das tatsächlich erzielte Einkommen abzusetzen. Diese Ausgestaltung sei auch rechtmäßig gewesen. Der Kläger habe deshalb aus diesem Bescheid vom 17. August 2007 einen Anspruch auf Freistellung von den Forderungen des Beigeladenen in der geltend gemachten Höhe. Bereits der erkennende Senat sei im PKH-Beschluss vom 30. September 2009 (L 2 SO 1886/09 PKH-B) zu Recht davon ausgegangen, dass sich der Leistungsantrag des Klägers auf Leistungen aus dem Bewilligungsbescheid vom 17. August 2007 beziehe. Der Kläger begehre nicht die Bewilligung von Leistungen zum Lebensunterhalt, sondern die bereits bewilligte tatsächliche Übernahme von Kosten der stationären Hilfe, die vom Beklagten bislang verweigert werde. Entgegen der Auffassung des SG sei auch die Übernahme der Gesamtmaßnahmekosten nach den §§ 67 ff. SGB XII bereits mit Bescheid vom 17. August 2007 bewilligt. Dies ergäbe die Auslegung des Bescheides, bei der auch zu berücksichtigen sei, dass der Beklagte bei der Bewilligung der Leistungen gemäß § 2 Abs. 1 SGB I verpflichtet sei, die sozialen Rechte nach dem Sozialgesetzbuch möglichst weitgehend zu verwirklichen. Die Auslegung als Übernahme der Gesamtmaßnahmekosten nach den §§ 67 ff. SGB XII ergebe sich u.a. auch aus der ausdrücklichen Bewilligung eines Barbetrages zur persönlichen Verfügung "im Rahmen der Gesamtmaßnahmekosten". Außerdem sei festgelegt worden, dass sich der Kläger mit seinem Einkommen am Lebensunterhalt in der Einrichtung zu beteiligen habe. Ein Kostenbeitrag habe jedoch ausdrücklich nur dann zu entrichten sein sollen, wenn der Kläger über Einkommen wie Arbeitsverdienst oder Arbeitslosengeld II verfüge. Den übrigen Regelungen des Bescheides könne keine Begrenzung der Kostenübernahme entnommen werden. Eine solche Gesamtkostenübernahme im Rahmen der §§ 67 ff. SGB XII sei auch rechtlich zulässig. Der Kläger habe auch Anspruch auf die Übernahme der gesamten Kosten. Die hauswirtschaftlichen Leistungen seien integraler Bestandteil der Leistungen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten. Außerdem seien Leistungen zum Lebensunterhalt jedenfalls dann als Leistungen nach den §§ 67 ff. SGB II zu erbringen, wenn eine Sicherstellung durch andere Leistungsträger faktisch nicht erfolge, schließlich stünden § 21 SGB XII bzw. § 5 Abs. 2 SGB II und § 35 Abs. 1 SGB XII a.F. einer Bewilligung im Rahmen der §§ 67 ff. SGB XII nicht entgegen. Die Gesamtbewilligung als Maßnahme nach § 67 SGB XII sei schon deshalb geboten, weil sich die hauswirtschaftlichen Leistungen inhaltlich nicht von den Maßnahmen nach §§ 67 ff. SGB XII trennen ließen. Nach der Konzeption des J.es würden die Bewohner in sämtliche hauswirtschaftliche Arbeiten einbezogen, da Ziel der Maßnahme auch das Wiedererlernen dieser Tätigkeit und die Verselbstständigung in diesem Bereich sei. Sie würden dabei von einer Hauswirtschafterin angeleitet. So verfüge der J. sowohl über eine Zentralküche als auch über Küchen in Wohngemeinschaften. In der Zentralküche würden die Bewohner unter Anleitung der Hauswirtschafterin gemeinsame Mahlzeiten kochen. In den WG-Küchen würden die Bewohner im Rahmen der Verselbstständigung zunächst ebenfalls unter Anleitung, später immer selbstständiger kochen. Dort würden sie auch ihr Frühstück und Abendessen oder Zwischenmahlzeiten richten. Eine ähnliche Struktur bestehe im Hinblick auf die Wäsche. Auch hier gebe es eine Wäscherei, in der die Bewohner unter Anleitung der Hauswirtschafterin tätig seien. Daneben stünden auch Waschmaschinen für die Bewohner zur Verfügung, indem diese zunächst unter Anleitung, dann immer selbstständiger ihre Wäsche waschen würden. Somit seien die hauswirtschaftlichen Leistungen integraler Bestandteil der Maßnahme nach §§ 67 f. SGB XII. Aber selbst wenn man davon ausgehe, dass die hauswirtschaftlichen Leistungen nicht zwangsläufig als integraler Bestandteil der Hilfe mit bewilligt werden müssten, so sei die Gesamtleistung jedenfalls dann zu bewilligen, wenn andere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes faktisch nicht zur Verfügung stünden. Danach gingen zum Beispiel Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII die Leistungen nach den §§ 67, 68 SGB XII zwar vor, dies jedoch nur insoweit, als der Bedarf tatsächlich durch Leistungen gedeckt werde. § 67 Satz 2 SGB XII setze denknotwendig voraus, dass die zur Überwindung der besonderen sozialen Schwierigkeiten erforderlichen Leistungen zum Lebensunterhalt von den Leistungen nach den §§ 67, 68 SGB XII umfasst würden, soweit sie nicht von den zuständigen Stellen erbracht würden. Die "eigentlichen" Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel gingen diesen Leistungen nach den §§ 67, 68 SGB XII lediglich vor. Soweit die Leistungen zum Lebensunterhalt jedoch Teil der Leistungen nach §§ 67, 68 SGB XII seien, könnten sie von § 5 Abs. 2 SGB II, § 21 SGB XII durch den Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II keinesfalls ausgeschlossen werden, denn der Leistungsausschluss beziehe sich ausschließlich auf Leistungen nach dem Dritten Kapitel. Der Sozialhilfeträger müsse die stationären Leistungen zum Lebensunterhalt deshalb zumindest solange (mit) erbringen, als diese vom Leistungsträger nach dem SGB II (noch) nicht erbracht würden. Soweit Leistungen zum Lebensunterhalt in Einrichtungen erbracht würden, würden die Ausschlussvorschriften in § 5 Abs. 2 SGB II, § 21 SGB XII nicht greifen. Deren Anwendungsbereich sei im Wege der teleologischen Reduktion auf Leistungen zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen zu begrenzen. So sei der Gesetzgeber, als er die ausdrückliche Ausnahme für stationäre Leistungen zum Lebensunterhalt nach § 35 SGB XII in § 21 SGB XII gestrichen habe, davon ausgegangen, dass es aufgrund des übereinstimmenden Begriffs der stationären Einrichtung in SGB II und SGB XII zu Konkurrenzverhältnissen zwischen Leistungsansprüchen nach SGB II und solchen nach SGB XII bei Inanspruchnahme von stationären Leistungen nach dem SGB XII nicht habe kommen können. Allerdings sei im weiteren Gesetzgebungsverfahren die ursprünglich angestrebte, eindeutige Abgrenzung und Vermeidung von Schnittstellen über einen Ausschluss stationärer Leistungsbezieher von Leistungen nach dem SGB II schon bei Verabschiedung beider Gesetze gescheitert, lange bevor das Bundessozialgericht (BSG) durch seine von der Gesetzesbegründung abweichende Rechtsprechung (BSG Urteil vom 6. September 2007 - B 14/7b AS 16/07, in Juris) durch die vom SGB XII abweichende Definition der stationären Einrichtung nach § 7 Abs. 4 SGB II weitere Felder für Konkurrenzen geschaffen habe. Würden die Ausschlusstatbestände von § 5 Abs. 2 SGB II und § 21 SGB XII auch für stationäre Leistungen gelten, so hätte dies somit nicht eine eindeutige Abgrenzung von Leistungen nach dem SGB II und Leistungen nach dem SGB II und Leistungen nach dem SGB XII und insbesondere nicht eine Vermeidung von Schnittstellen zur Folge. Es würden vielmehr zusätzliche Schnittstellen geschaffen und insbesondere im Bereich der Leistungen nach den § 67, 68 SGB XII würden die Betroffenen in einer schwierigen Lebensphase mit zwei Leistungsträgern und einem komplizierten Abgrenzungsverfahren belastet. Insgesamt sei der Anwendungsbereich des § 5 Abs. 2 SGB II und § 21 SGB XII im Wege der teleologischen Reduktion dahingehend einzugrenzen, dass nach Sinn und Zweck der Vorschrift bei grundsätzlicher Leistungsberechtigung nach dem SGB II lediglich Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII außerhalb von Einrichtungen ausgeschlossen seien. Denn nur bei den Leistungen zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen bestehe das von der Gesetzesbegründung postulierte "abgestimmte Leistungsniveau zwischen beiden Büchern". Im Verhältnis zu den Leistungen zum Lebensunterhalt in Einrichtungen nach dem SGB XII käme es dagegen zu vielfältigen Friktionen, die nach der ursprünglichen Konzeption des Gesetzgebers nicht über § 21 SGB XII, sondern über einen Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 4 SGB II gelöst werden sollten. Desweiteren hat der Bevollmächtigte des Beigeladenen darauf verwiesen, dass letztlich § 35 SGB XII a.F. bzw. § 27 b SGB XII neuer Fassung als bloße Rechengröße für den Einkommenseinsatz anzusehen seien (u.a. mit Hinweis auf Fahlbusch, Gutachten 24/04 des Deutschen Vereins vom 1. August 2005, www.Deutscher-Verein.de). Außerdem spreche auch die Gesetzesbegründung aus dem Jahr 2006 zur Änderung des § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB XII durch das SGB XII-Änderungsgesetz (die Vorschrift beziehe sich seither nur noch auf den notwendigen Lebensunterhalt in "stationären" Einrichtungen) von einem "bloßen Rechenbetrag" (Bundesrats-Drucksache 617/06, S. 17). Damit habe gewährleistet werden sollen, dass Leistungsempfänger in stationären Einrichtungen mit Leistungsempfängern außerhalb von Einrichtungen gleichgestellt würden. Insgesamt folge aus der Bewilligung der Übernahme der Gesamtmaßnahme Kosten im Bescheid vom 17. August 2007 ein Anspruch des Klägers auf Freistellung von den entsprechenden Verbindlichkeiten gegenüber dem Beigeladenen. Der Leistungsberechtigte bleibe nach der Rechtsprechung des BSG trotz der Bewilligung der Kostenübernahme, die zu einem Schuldbeitritt der Sozialhilfeträgers führe, als Gesamtschuldner neben dem Sozialhilfeträger zur Tragung der Vergütungen für die leistungserbringende Einrichtung verpflichtet und habe deshalb auch ein eigenes Interesse daran, dass der Sozialhilfeträger seine mit der Kostenübernahme gegenüber dem Leistungsberechtigten eingegangene Verpflichtung gegenüber dem Leistungserbringer erfülle.

Der Kläger und der Beigeladene beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 7. Oktober 2010 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 27. Mai 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2008 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die Kosten der Unterbringung im J. auch in Höhe weiterer 606,67 EUR zu übernehmen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die frist- und formgerecht erhobene Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft (§§ 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Das SG hat die Berufung zugelassen, hieran ist der Senat gebunden (§ 144 Abs. 3 SGG).

II.

Der AGJ, Fachverband für Prävention und Rehabilitation in der Erzdiözese Freiburg e.V. war auch gemäß § 75 Abs. 2 1. Alt SGG notwendig beizuladen.

Nach § 75 Abs. 2 1. Alt SGG sind Dritte beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann ("echte" notwendige Beiladung). Das Erfordernis einer einheitlichen Entscheidung ist erfüllt, wenn der Hilfebedürftige vollstationär in einem Heim aufgenommen ist und - wie vorliegend - gegenüber dem Sozialhilfeträger die Übernahme von (höheren) Heimkosten im Rahmen von Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten geltend macht. In solchen Fällen wird die Leistung vom Sozialhilfeträger nicht als Geldleistung erbracht. Der Sozialhilfeträger erklärt mit der Übernahme der Unterbringungskosten im Bewilligungsbescheid den Schuldbeitritt zur Zahlungsverpflichtung des Hilfebedürftigen gegenüber dem Heim; "Übernahme" bedeutet in diesem Zusammenhang Schuldbeitritt durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung (BSG Urteil vom 2. Februar 2010 – B 8 SO 20/08 R – juris Rdnr. 10 im Zusammenhang mit der Gewährung von Eingliederungshilfe und Verweis auf BSGE 102, 1 ff RdNr. 25 ff = SozR 4-1500 § 75 Nr. 9). Die Entscheidung kann deshalb nur einheitlich gegenüber dem Hilfebedürftigen und dem Heimträger ergehen; abgesehen davon verlangt der Kläger vom Beklagten auch die Zahlung höherer Beträge unmittelbar an den Heimträger.

III.

Gegenstand der Anfechtungs- und Leistungsklage sind der Bescheid vom 27. Mai 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2008, mit dem der Beklagte im Ergebnis die Übernahme der offenen Maßnahmekosten aufgrund des Bewilligungsbescheides vom 17. August 2007 ablehnte.

IV.

Die Berufung des Klägers wie auch des Beigeladenen ist auch begründet. Entgegen der Auffassung des SG hat der Kläger gegen den Beklagten einen Anspruch auf Übernahme der noch offenen Kosten für die Unterbringung im J. während der Zeit vom 1. September 2007 bis 12. November 2007 in Höhe von 606,67 EUR.

1. Gem. § 67 SGB XII sind Personen, bei denen besondere Lebensverhältnisse mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, Leistungen zur Überwindung dieser Schwierigkeiten zu erbringen, wenn sie aus eigener Kraft hierzu nicht fähig sind (Satz 1). Soweit der Bedarf durch Leistungen nach anderen Vorschriften dieses Buches oder des Achten Buches gedeckt wird, gehen diese Leistungen den Leistungen nach Satz 1 vor (Satz 2). Gem. § 68 Abs. 1 Satz 1 SGB XII umfassen die Leistungen alle Maßnahmen, die notwendig sind, um die Schwierigkeiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mildern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten, insbesondere Beratung und persönliche Betreuung für die Leistungsberechtigten und ihre Angehörigen, Hilfen zur Ausbildung, Erlangung und Sicherung eines Arbeitsplatzes sowie Maßnahmen bei der Erhaltung und Beschaffung einer Wohnung. Zur Durchführung der erforderlichen Maßnahmen ist gem. Satz 2 in geeigneten Fällen ein Gesamtplan zu erstellen. Die Leistung wird gem. § 68 Abs. 2 Satz 1 SGB XII ohne Rücksicht auf Einkommen und Vermögen erbracht, soweit im Einzelfall Dienstleistungen erforderlich sind. Einkommen und Vermögen der in § 19 Abs. 3 genannten Personen ist nicht zu berücksichtigen und von der Inanspruchnahme nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtiger abzusehen, soweit dies den Erfolg der Hilfe gefährden würde (Satz 2).

Nach § 2 Abs. 5 der Verordnung zur Durchführung der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten vom 24. Januar 2001 (BGBl. I 179) - VO nach § 69 SGB XII - sind Leistungen nach §§ 67 ff. SGB XII auch in stationären Einrichtungen zu erbringen. Sie sollen befristet und nur dann gewährt werden, wenn eine verfügbare ambulante oder teilstationäre Hilfe nicht geeignet und die stationäre Hilfe Teil eines Gesamtplans ist, an dessen Erstellung der für die stationäre Hilfe zuständige Träger der Sozialhilfe beteiligt ist. Diese Voraussetzungen liegen hier vor, was der Beklagte auch nicht bestreitet. Er hat nämlich auf der Grundlage des Hilfe-/Gesamtplanes vom 9. August 2007 unter dem 17. August 2007 gegenüber dem Einrichtungsträger unter Übersendung des an den Kläger parallel übersandten Bescheides vom 17. August 2007 die Zuordnung des Klägers in den Leistungstyp III 1.2 mitgeteilt (Bl. 27 VA). Mit Bescheid vom 17. August 2007 hatte der Beklagte dem Kläger im Hinblick auf die vereinbarte Unterbringung im J. (s. Hilfeplan vom 9. August 2007) Leistungen gem. den §§ 67, 68 SGB XII bewilligt, und zwar die entstandenen und noch entstehenden Pflege- und Betreuungskosten (Maßnahmepauschale) entsprechend dem Leistungstyp III.1.2. Weiter hat der Beklagte in diesem Bescheid ausgeführt, für die Dauer der Maßnahme erhalte der Kläger "im Rahmen der Gesamtmaßnahmekosten" einen Barbetrag zur persönlichen Verfügung (Taschengeld), sowie bei Bedarf einen Zuschlag für einmalige Bedürfnisse. Die Festsetzung und Auszahlung dieser Leistungen erfolge durch die Einrichtung. Die Hilfe umfasse lediglich Leistungen nach dem Achten Kapitel SGB XII; Hilfe zum Lebensunterhalt in Einrichtungen nach dem Dritten Kapitel SGB XII könne dem Kläger nicht gewährt werden, da er zum Personenkreis des SGB II (Anspruchsberechtigte auf Arbeitslosengeld II) gehöre. Er habe sich hier gem. § 19 Abs. 1 SGB XII an dem Lebensunterhalt in der Einrichtung mit seinem Einkommen zu beteiligen. Dieser Eigenanteil umfasse lediglich die Kosten des dort gewährten Lebensunterhaltes und diene zur teilweisen Deckung des entstehenden Aufwandes. Sofern er über Einkommen verfüge (Arbeitsverdienst, Alg II), habe er dieses bis zum Erreichen eines monatlichen Höchstbetrages als Kostenbeitrag zum Lebensunterhalt an den J. zu entrichten. Die konkrete Festsetzung dieses Kostenbeitrages erfolge jeweils durch die Einrichtung.

Allerdings hat der Kläger einen Anspruch auf Übernahme nur solcher Kosten, die er selbst dem Heimträger schuldet. Das BSG hat zu den Leistungen der stationären Hilfe in Einrichtungen bereits entschieden, dass diese als Sachleistung in Form einer besonderen Art der Sachleistungsverschaffung erbracht werden (BSG Urteil vom 2. Februar 2010 – B 8 SO 20/08 R – juris Rdnr. 12 mit Hinweis auf BSGE 102, 1 ff RdNr. 15 ff = SozR 4-1500 § 75 Nr. 9). Allgemein tragen die Sozialhilfeträger die Verantwortung für die Versorgungsinfrastruktur, die durch Abschluss der Verträge des dafür zuständigen Sozialhilfeträgers nach den §§ 75 ff SGB XII (bzw bis 31. Dezember 2004 der §§ 93 ff Bundessozialhilfegesetz) wahrgenommen wird; dem Hilfebedürftigen gegenüber aber besteht die Leistungsverpflichtung in der Übernahme der Heimkosten in Form eines Schuldbeitritts durch den für die Leistung zuständigen Sozialhilfeträger. Diese Konstruktion, die als Gewährleistungsverantwortungsmodell bezeichnet werden kann (vgl zu diesem Begriff Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, Vor §§ 84-87 RdNr 1, Stand Februar 2009) und nicht dem gesetzlichen Sicherstellungsauftrag des § 70 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) an die Krankenkassen gleichzusetzen ist (BSGE 102, 1 ff RdNr. 15 = SozR 4-1500 § 75 Nr. 9) , entspricht nach wie vor dem normativen Leitbild. Die §§ 5 bis 9 HeimG aF gehen - anders als die gesetzliche Krankenversicherung - ebenso wie das diese ersetzende, am 1. Oktober 2009 als Art 1 des Gesetzes zur Neuregelung der zivilrechtlichen Vorschriften des Heimgesetzes nach der Föderalismusreform vom 29. Juli 2009 (BGBl I 2319) in Kraft getretene Gesetz zur Regelung von Verträgen über Wohnraum mit Pflege- oder Betreuungsleistungen (WBVG) von einer eigenen Verpflichtung des Heimbewohners zur Zahlung der Heimvergütung aus. Erst der Schuldbeitritt führt zu einem unmittelbaren Zahlungsanspruch der Einrichtung gegen den Sozialhilfeträger (BSGE 102, 1 ff RdNr. 25 = SozR 4-1500 § 75 Nr. 9) ; andererseits hat der Hilfeempfänger gegen den Sozialhilfeträger einen Anspruch auf Zahlung des Sozialhilfeträgers unmittelbar an die Einrichtung (BSG aaO).

2. Ausweislich der vorliegenden Abrechnungen in der Verwaltungsakte, die auch vom Beklagten nicht bestritten werden, schuldet der Kläger dem Beigeladenen für die streitige Zeit 1. September 2007 bis 12. November 2007 insgesamt noch 606,67 EUR, nach dem zunächst noch größere Fehlbeträge aufgrund von Nachzahlungen durch das Jobcenter an den Kläger von diesem ausgeglichen worden waren. Aufgrund des Bewilligungsbescheides vom 17. August 2007 hat sich jedoch der Beklagte ausdrücklich verpflichtet, die Kosten dieser Maßnahme zu übernehmen. Der Kläger sollte lediglich "im Rahmen der Gesamtmaßnahmekosten" einen Barbetrag sowie bei Bedarf einen Zuschlag für einmalige Bedürfnisse erhalten. Im Übrigen sei, soweit er über Einkommen verfüge, dieses anzurechnen. D.h. aber mit anderen Worten, soweit der Kläger tatsächlich über kein Einkommen verfügt bzw. verfügte, war ausweislich des Bescheides des Beklagten auch nichts anzurechnen. In der hier streitigen Zeit hatte der Kläger auch im Ergebnis zunächst keine Einnahmen (weil sein vorangegangenes Arbeitsverhältnis offenkundig beendet war und Alg II-Leistungen noch nicht bewilligt waren) und dann auch lediglich nur gekürzte Leistungen nach dem SGB II aufgrund von Sanktionen erhalten, nicht jedoch Leistungen in der Höhe von 585,50 EUR, wie sie der Beklagte als Einkommen zugrundegelegt hatte. Erst ab Dezember 2007 erhielt der Kläger SGB II-Leistungen in dieser Höhe. Da der Kläger also in der streitigen Zeit nur über deutlich geringeres Einkommen verfügte als vom Beklagten in seiner internen Berechnung zugrundegelegt, hatte der Beklagte auch für diese Differenz die Kosten der stationären Unterbringung im J. aufgrund seiner Bewilligungsentscheidung vom 17. August 2007 bereits zu übernehmen.

3. Dem steht auch nicht die Ausschlussregelung in § 5 Abs. 2 SGB II bzw. § 21 SGB XII entgegen.

a.) Zunächst scheiden die Ausschlussregelungen nach § 5 Abs. 2 SGB II bzw. 21 SGB XII allerdings nicht schon deshalb aus, weil der Kläger sich in einer stationären Einrichtung befunden hatte. Insoweit hat vielmehr das SG zutreffend in seinem Urteil dargelegt, weshalb der Kläger trotz seines Aufenthaltes in dieser stationären Einrichtung nach wie vor erwerbsfähig sein konnte und damit der Ausschluss nach § 7 Abs. 4 SGB II in der seinerzeit vom 28. August bis 31. Dezember 2007 geltenden Fassung nicht zum Tragen kommt. Eine stationäre Einrichtung im Sinne des § 7 Abs. 4 SGB II liegt nämlich nur dann vor, wenn die objektive Struktur der Einrichtung es nicht zulässt, dass ein Hilfebedürftiger 3 Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einer Erwerbstätigkeit nachgeht (BSG Urteil vom 6. September 2007 - B 14/7b AS 16/07 R, BSGE 99, 88 = SozR 4-4200 § 7 Nr. 7, Juris Rdnr. 16). Der Kläger aber konnte einer Erwerbstätigkeit auch während seines Aufenthaltes im J. nachgehen, so unter anderem vom 23. Juli 2007 bis 8. August 2007 (bei Aufenthalt noch im Aufnahmehaus) und ab 10. März 2008 bzw. bereits ab 15. November 2007 im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit nach dem SGB II (bei Aufenthalt in der stationären Hilfe – Auskunft des Leiters des J.es Eipperle in der E-Mail vom 1. Oktober 2010 – Bl. 38 SG-Akte). Denn wie im übrigen im Hilfeplan (Bl. 17 VA) unter "Maßnahmen" aufgeführt ist, war der Kläger (darin) zu unterstützen, seine aktuelle Arbeit zu erhalten und durch Gespräche mit dem Arbeitgeber (zu) versuchen, ein dauerhaftes Arbeitsverhältnis daraus zu machen. Nach den Feststellungen des Senates erlaubte daher die Struktur der Einrichtung nicht nur eine versicherungspflichtige Erwerbstätigkeit, sondern zielte auch gerade daraufhin ab; der Aufenthalt im J. stand damit einer Erwerbstätigkeit des Klägers nicht entgegen, wie der Leiter des J.es Eipperle in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigte.

b.) Der Bedarf des Klägers für den notwendigen Lebensunterhalt nach dem SGB XII umfasst nach § 35 Abs. 1 SGB XII (jetzt § 27b SGB XII) den in der stationären Einrichtung erbrachten und den weiteren notwendigen Lebensunterhalt. Der notwendige Lebensunterhalt entspricht dem Umfang der Leistungen der Grundsicherung nach § 42 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 SGB XII. Der Anspruch des Klägers gegen den Beklagten umfasst auch die Übernahme der Kosten für den vom Einrichtungsträger in der stationären Einrichtung gewährten Lebensunterhalt nach § 35 Abs. 1 SGB XII, soweit er in der Einrichtung aufgrund ihrer Funktion neben der eigentlichen Aufgabenerfüllung (hier Maßnahme nach § 67 SGB XII) mitgewährt wird (vgl. hierzu BVerwG Urteil vom 22. März 1990, 5 C 58/86, ZfSH/SGB 1990, 308-309 noch zu § 27 Abs.3 BSHG). Nach dem vorliegenden Konzept des Einrichtungsträgers wird in der stationären Einrichtung Unterkunft und Vollverpflegung zur Aufgabenerfüllung mitgewährt, sind vielmehr sogar die hauswirtschaftlichen Tätigkeiten Teil des Konzeptes, so dass der Beklagte zur Kostenübernahme insgesamt verpflichtet ist. Der Kläger hat daher auch Anspruch darauf, dass der Beklagte die vollständigen Kosten der stationären Unterbringung übernimmt. Bei Erforderlichkeit einer stationären Maßnahme nach § 67 SGB XII - wie hier vom Beklagten zutreffend angenommen - ist eine Aufsplitterung der stationären Maßnahme in "Maßnahmekosten" und andere Kosten in §§ 67 ff. SGB XII nicht vorgesehen (siehe LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 17. August 2007 – L 23 B 167/07 SO ER – Rdnr. 14 nach Juris). Dies entspricht auch nicht der Zielstellung der §§ 67 ff. SGB XII, nämlich umfassende Maßnahmen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten zur Verfügung zu stellen. Dies folgt aus § 68 SGB XII i. V. m. § 2 Abs. 3 der Verordnung zur Durchführung der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (VO nach § 69 SGB XII). Danach richten sich Art und Umfang der Maßnahmen nach dem Ziel, die Hilfesuchenden zur Selbsthilfe zu befähigen, die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen und die Führung eines menschenwürdigen Lebens zu sichern. Auf Leistungen anderer Stellen oder nach anderen Vorschriften des SGB XII ist hinzuwirken; die Regelungen bei Erstattungsansprüchen der Leistungsträger untereinander gemäß §§ 102 bis 114 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - SGB X - finden insoweit auch zwischen Trägern der Sozialhilfe Anwendung. Daraus folgt, dass das Ziel der Maßnahme insgesamt vom jeweiligen Sozialhilfeträger mit der gewährten Hilfe zu sichern ist und etwaige Ansprüche gegen andere Träger im Wege der Geltendmachung von Erstattungsansprüchen zu realisieren sind. Grundlage für die Leistungserbringung ist dabei der erstellte Gesamtplan (§ 2 Abs. 1 Satz 4 VO nach § 69 SGB XII). Hilfeempfänger nach § 67 SGB XII sollen die Hilfe aus einer Hand erhalten, Zuständigkeitsfragen sollen zwischen den in Frage kommenden Sozialleistungsträgern geklärt werden (so LSG Berlin-Brandenburg a.a.O. und Beschluss vom 30. Mai 2007 - L 15 B 82/07 SO ER).

In der Sache selbst kann vor dem Hintergrund der Struktur der vom Kläger besuchten Maßnahme, wie sie vom Beigeladenen geschildert wird, schon ein bestimmter Anteil für die Hilfe zum Lebensunterhalt nicht "herausgerechnet" bzw. "aufgesplittet" werden. Denn die hauswirtschaftlichen Bereiche (gemeinsames Kochen, gemeinsames Waschen etc.) sind integraler Bestandteil der Maßnahme, denn die Teilnahme sämtlicher Bewohner an den hauswirtschaftlichen Arbeiten dient gerade dem Ziel des (Wieder-)Erlernens dieser Tätigkeiten und der Verselbständigung in diesem Bereich. In der Zentralküche wie auch in den Küchen der Wohngemeinschaften kochen die Bewohner unter Anleitung der Hauswirtschafterin gemeinsame Mahlzeiten, ähnlich verhält es sich bei der Wäsche; in der Wäscherei sind unter Anleitung der Hauswirtschafterin die Bewohner tätig und erlernen dort wie auch bei den Waschmaschinen in den jeweiligen Wohngemeinschaften, diese zu bedienen. Diese Tätigkeiten sind damit letztlich als integraler Bestandteil der Maßnahme nach § 67 SGB XII zu sehen (siehe LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 17. August 2007 – L 23 B 167/07 SO ER, Juris Rdnr. 14; siehe auch zum Mittagessen in einer Werkstatt für Behinderte im Rahmen der Eingliederungshilfe Urteil des BSG vom 9. Dezember 2008 - B 8/9b SO 12/07 R, Juris Rdnr. 14).

d.) Des Weiteren ist entgegen der Auffassung des SG § 35 SGB XII a.F. bzw. jetzt § 27 b SGB XII auch nicht durch § 21 SGB XII ausgeschlossen. § 35 SGB XII ist in diesem Zusammenhang vielmehr nur als "Rechengröße" zu sehen, begründet jedoch keinen individuellen Anspruch zur Hilfe zum Lebensunterhalt im Sinne von § 21 SGB XII bzw. § 5 Abs. 2 SGB II.

Gem. § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB XII a.F. (die hier noch maßgeblich ist) umfasst der notwendige Lebensunterhalt in Einrichtungen den darin erbrachten sowie in stationären Einrichtungen zusätzlich den weiteren notwendigen Lebensunterhalt. Der notwendige Lebensunterhalt in stationären Einrichtungen entspricht dem Umfang der Leistungen der Grundsicherung nach § 42 Satz 1 Nr. 1 bis 3 (Satz 2). Der weitere notwendige Lebensunterhalt umfasst gem. § 35 Abs. 2 Satz 1 a.F. insbesondere Kleidung und einen angemessenen Barbetrag zur persönlichen Verfügung; § 31 Abs. 2 Satz 2 ist nicht anzuwenden.

Da der Beklagte selbst im Bewilligungsbescheid vom 17. August 2007 von den Gesamtmaßnahmekosten spricht sowie ausdrücklich auf den lediglich dem Kläger noch im Rahmen der Gesamtmaßnahme zur Verfügung stehenden Barbetrag (Taschengeld) und die einmalige Beihilfen hinweist und auf der anderen Seite auf die Pflicht des Klägers zum Eigenbeitrag aus seinen Einnahmen, zeigt, dass der Beklagte davon ausgeht, dass in den Maßnahmekosten auch die Kosten für den notwendigen Lebensunterhalt bereits enthalten sind (Tagessatz multipliziert mit der Anzahl der Monatstage). Der Beigeladene berechnet auch keineswegs gegenüber dem Kläger bzw. dem Beklagten gesondert über den Tagessatz Kosten für Leistungen für den Lebensunterhalt (z.B. Verpflegung).

Hinsichtlich § 35 SGB XII a.F. bzw. jetzt § 27b SGB XII ist zunächst zu beachten, dass diese Regelung gegenüber der früheren Regelungen in § 27 Abs. 3 BSHG eine wesentliche Änderung enthielt. Mit der systematischen Zuordnung der Hilfe zum Lebensunterhalt in stationären Einrichtungen hat der Gesetzgeber die zuvor in § 27 Abs. 3 BSHG geregelte Verklammerung von Lebensunterhalt und Hilfe in besonderen Lebenslagen aufgelöst. Die in Einrichtungen zu leistende Hilfe zum Lebensunterhalt zählt danach nicht mehr zur Hilfe in besonderen Lebenslage bzw. heute zu den Leistungen nach § 19 Abs. 3, sondern gehört nunmehr zu den Leistungen nach dem Dritten Kapitel "Hilfe zum Lebensunterhalt" bzw. zum Vierten Kapitel (s. BSG Urteil vom 9. Dezember 2008 a.a.O.). Diese Zuordnung hat insofern erhebliche Auswirkungen, als nicht die Einkommensgrenzen nach § 85 SGB XII eingreifen. Auch die Schutzvorschrift beim Einsatz des Vermögens nach § 90 Abs. 3 Satz 2 kommt nicht zur Anwendung. Es gilt vielmehr insoweit § 19 Abs. 1 SGB XII (uneingeschränkter Einsatz des Einkommens). Durch das Änderungsgesetz vom 2. Dezember 2006 ist zwischenzeitlich § 92a SGB XII eingeführt worden, wonach von nicht getrennt lebenden Ehegatten und Lebenspartnern der Einsatz eigener Mittel nur begrenzt verlangt wird. Der Hintergrund der Regelung ist, Hilfe in Einrichtungen möglichst nicht zu privilegieren, da der Grundsatz "ambulant vor stationär" unterstützt werden soll (Grube/Wahrendorf, SGB XII Sozialhilfe, 3. Auflage § 35 Rdnr. 3; Armborst in LPK-SGB XII § 27b Rdnr.1). Große Schwierigkeiten bereitet konkret die Ermittlung des notwendigen Lebensunterhalts in stationären Einrichtungen. Insoweit nennt die Vorschrift in Abs. 1 Satz 2 einen allgemeinen Maßstab und daneben noch "weiteren notwendigen Lebensunterhalt", wobei dies in Abs. 2 umschrieben wird. Zunächst soll der notwendige Lebensunterhalt in stationären Einrichtungen dem Umfang der Leistungen nach § 42 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB XII entsprechen. Diese Regelung hat in der Praxis zu unübersehbaren Schwierigkeiten geführt, da die Anknüpfung an die Leistungen nach § 42 nicht mit den Leistungserbringungsrecht nach dem § 75 ff. SGB XII kompatibel ist. Dort wird nämlich die Vergütung zwingend in die Bestandteile Unterkunft und Verpflegung (Hotelkosten-Grundpauschale), Maßnahmepauschale und Investitionskosten gegliedert. Die in § 76 Abs. 2 vorgesehene Grundpauschale deckt aber einerseits nicht den gesamten notwendigen Lebensunterhalt ab, andererseits umfassen die Leistungen nach § 42 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB XII Bedarfsgegenstände, die in stationären Einrichtungen zumeist nicht relevant sind. Der Versuch des Gesetzgebers, den in stationären Einrichtungen zu gewährenden notwendigen Lebensunterhalt ebenso wie außerhalb von Einrichtungen weitgehend zu pauschalieren muss man daher als gescheitert ansehen. Da der Bedarfsdeckungsgrundsatz der Sozialhilfe nicht aufgegeben werden darf, wird die Bezugnahme auf die pauschalierten Leistungen nach § 42 SGB XII auch nur als "Rechengröße" (so Fahlbusch Deutscher Verein, Gutachten G 24/04 vom 1. August 2005; siehe auch Grube a.a.O. sowie Armborst a.a.O. Rdnr. 5 ) verstanden, und nicht als Leistungsnorm für den individuellen Anspruch des Leistungsberechtigten. Die Leistungsvereinbarungen mit den Leistungserbringern müssten jedenfalls bedarfsdeckend sein, sofern man nicht das Problem über die "weiteren Leistungen" nach Abs. 2 lösen kann.

e.) Das bedeutet aber weiter, dass die Ausschlussregelung nach § 5 Abs. 2 SGB II bzw. § 21 SGB XII bei § 35 SGB XII a.F. bzw. § 27b SGB XII n.F. keine Anwendung finden kann.

Da die Rechtslage - wie oben dargestellt - nicht eindeutig ist, eine eindeutige Regelung aus unterschiedlichen Gründen auch nicht gefunden wurde und mithin unterschiedliche Betrachtungsweisen gut vertretbar sind, favorisiert der Deutsche Verein (Fahlbusch im Gutachten 24/04 vom 1. August 2005) nach dem derzeitigen Erkenntnisstand mit nachstehendem Auslegungsvorschlag eine am Sinn und Zweck der Regelungen orientierte Interpretation, die mit der Technik der teleologischen Reduktion ein den Gesetzestext moderat korrigierendes, praktikables Verständnis der Norm des § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB XII im Verhältnis zu den Erstausstattungen nach § 31 SGB XII beabsichtigt. Die Textexegese zeigt, dass die Verweisung in § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB XII auf § 42 Satz 1 Nr. 3 SGB XII ins Leere läuft. Dies ergibt sich aus der Prüfung des Inhalts des § 31 SGB XII unter der Fragestellung, ob die hiernach möglichen Leistungen in einer Einrichtung sinnvoller Weise geleistet werden können oder müssen. Dies ergibt sich aber vor allem aus grundsätzlichen Erwägungen. Unter Berücksichtigung der Gesetzesgebungsgeschichte muss § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB XII als Vorschrift zur Berechnung des Anteils der Hilfe zum Lebensunterhalt am Gesamtbedarf an Sozialhilfe in einer Einrichtung gelesen werden. Die Regelung ist als Reaktion im ersten Änderungsgesetz in das SGB XII gelangt, nachdem aus der Praxis die Unklarheit offenkundig geworden war, wie der in der Einrichtung erbrachte, notwendige Lebensunterhalt der Höhe nach zu bestimmen sei. Der Gesetzgeber wollte einen Maßstab zur Bemessung des Lebensunterhalts schaffen und Probleme der praktischen Umsetzung bei der Berechnung und Feststellung der einzelnen Leistungen ausschließen (BT-Drs. 15/3673, S.3). Mit seinen Ausführungen in der Gesetzesbegründung macht der Gesetzgeber klar, dass die Vorschrift nicht als Leistungsnorm verstanden werden kann. Sie dient gerade nicht dazu, den individuellen Anspruch eines Leistungsberechtigten auf Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grundsicherung im Alter zu bestimmen. Denn hierfür enthält das Gesetz eigene Anspruchsgrundlagen. Die Vorschrift normiert vielmehr lediglich eine Rechengröße. Da sie lediglich eine Rechengröße darstellt, kommt es letztlich nicht darauf an, welche individuellen Ansprüche unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls bestehen. Die Bedarfsberechnung im Einzelfall hat selbstverständlich ohnehin zu erfolgen, sie schließt die Prüfung sämtlicher Leistungsnormen des SGB XII ein. Lediglich fiktiv setzt § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB XII aber einen bestimmten Anteil der möglichen Leistungen nach dem SGB XII als Berechnungsmodule des Lebensunterhalts in Einrichtungen an. Belege hierfür ist die Regelung des § 42 Satz 1 Nr. 2 SGB XII, wonach die Kosten für Miete und Heizung in der Einrichtung nicht den marktmäßigen sondern Durchschnitts-Preisen entsprechen. Belege hierfür ist ferner, dass nur ein Teil der Leistungen der Grundsicherung nach § 42 SGB XII erfasst werden. Diese Berechnungsweise erfolgt – was hier keiner Bewertung unterliegen soll – im Übrigen auch unabhängig von den in einer Einrichtung zu zahlenden Grundpauschalen und Investitionsbeträgen (Fahlbusch, Deutscher Verein, Gutachten G 24/04 vom 1. August 2005 Nrn.5 und 6).

Auch die Gesetzesbegründung aus dem Jahr 2006 zur Änderung des § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB XII durch das SGB XII Änderungsgesetz spricht im Übrigen von einem bloßen Rechenbetrag (Bundesratsdrucksache 617/06, S. 17). Damit habe gewährleistet werden sollen, dass Leistungsempfänger in stationären Einrichtungen mit Leistungsempfängern außerhalb von Einrichtungen gleichgestellt würden.

Damit aber sind vom Sozialhilfeträger, soweit tatsächlich Einkommen des Hilfebedürftigen ganz oder teilweise (aus welchen Gründen auch immer) weggefallen ist, die dadurch offen gebliebenen Kosten zu übernehmen. Dies auch vor dem Hintergrund, dass anderenfalls der Sozialhilfeträger die Maßnahme, die gerade dazu dient, den Hilfebedürftigen wieder in geordnete Verhältnisse - hier insbesondere aus der Obdachlosigkeit - zu bringen, selbst zum Scheitern bringen würde. Denn dann wäre nicht auszuschließen, dass der Einrichtungsträger den Vertrag mit dem Hilfebedürftigen kündigt und dieser wieder obdachlos wäre.

f.) Der Anwendungsbereich der §§ 5 Abs. 2 SGB II und 21 SGB XII muss folglich im Wege der teleologischen Reduktion dahingehend eingegrenzt werden , dass nach Sinn und Zweck der Vorschrift bei grundsätzlicher Leistungsberechtigung nach dem SGB II lediglich Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII außerhalb von Einrichtungen ausgeschlossen sein können. Denn nur bei den Leistungen zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen besteht das von der Gesetzesbegründung postulierte "abgestimmte Leistungsniveau zwischen beiden Büchern". Im Verhältnis zu den Leistungen zum Lebensunterhalt in Einrichtungen nach dem SGB XII käme es andernfalls zu vielfältigen Friktionen, die nach der ursprünglichen Konzeption des Gesetzgebers nicht über § 21 SGB XII, sondern über ein Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 4 SGB II gelöst werden sollten.

g.) Ob und inwieweit dem Beklagten gegebenenfalls gegenüber dem Kläger ein Erstattungs- bzw. Ersatzanspruch nach § 103 SGB XII (Kostenersatz sofern durch vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten die Voraussetzungen für die Leistungen der Sozialhilfe herbeigeführt worden sind – hier möglicherweise durch die vom Kläger verursachten Sanktionen im SGB II-Bereich) zusteht, war hier nicht zu prüfen, da zum einen der Beklagte bislang einen solchen Regress-/Ersatzanspruch nicht geprüft und geltend gemacht hat und zum anderen dies an der nach Auffassung des Senates vorrangig bestehenden Verpflichtung des Beklagten zur Übernahme der offenen Kosten im Zusammenhang mit der Unterbringung im J. nichts ändert.

4. Insgesamt war daher der Beklagte im Wege des Leistungsurteils auf der Grundlage seines Bewilligungsbescheides vom 17. August 2007 zu verurteilen, die noch offen stehenden Unterbringungskosten im J. für die Zeit September 2007 bis November 2007 in Höhe von 606,67 EUR zu übernehmen. Darüber hinaus war der Bescheid vom 27. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2008 aufzuheben, nachdem insoweit schon überhaupt kein Antrag des Klägers auf Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt gestellt worden war.

V.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Wenngleich der Beigeladene kein privilegierter Kläger nach § 183 SGG ist, war hier einheitlich nach § 193 SGG über die Kosten zu entscheiden (s. BSG-Urteil vom 29. Mai 2006 - B 2 U 391/05 b, SozR 4-1500 § 193 Nr. 3 Rdnr. 17 u. 18 nach Juris).

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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