Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 1 R 1548/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 4364/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 30. August 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1968 geborene Klägerin hat von September 1987 bis Februar 1990 eine Ausbildung zur Hotelfachfrau absolviert und war anschließend in diesem Beruf, zuletzt als Leiterin eines Restaurants, bis Februar 1996 - davon 15 Monate in der Schweiz - versicherungspflichtig beschäftigt. Danach bezog sie Arbeitslosengeld und Krankengeld sowie seit 2005 Arbeitslosengeld (ALG) II.
Einen Rentenantrag der Klägerin vom 11.9.2001 hatte die Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg (nunmehr: Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg - die Beklagte) mit Bescheid vom 24.10.2001 abgelehnt. Zur Begründung hatte sie ausgeführt, bei der Klägerin lägen Polyarthralgien (beide Schultergelenke, linksseitiges Sternoclavikulargelenk-Gelenk, HWS, LWS, beide Handgelenke, beide Sprunggelenke) unklarer Genese, schmerzhafte Beweglichkeitseinschränkung beider Schulterpartien und der HWS sowie ein Verdacht auf Somatisierungs-störungen vor. Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könne die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben.
Rentenanträge der Klägerin in der Schweiz hatten ebenfalls keinen Erfolg (Schreiben der Invalidenversicherungs-Stelle vom 27.1.2009).
Den Rentenantrag der Klägerin vom 21.1.2008 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 3.12.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.4.2009 ab, da volle bzw. teilweise Erwerbsminderung nicht vorliege. Die Klägerin habe auch mehrmals der Durchführung einer Leistung zur Teilhabe nicht zugestimmt. Grundlage hierfür war ein Gutachten des Internisten Dr. B. vom 4.3.2008, der bei der Klägerin eine chronifizierte Somatisierungsstörung und eine neurasthenische Persönlichkeit mit funktionellen Beschwerden diagnostiziert und die Ansicht vertreten hatte, die DD Lyme-Borreliose (Zeckenbiss-Folgekrankheit) sei trotz positiver Serologie eher nicht zutreffend. Seines Erachtens sei eine psychotherapeutische Rehabilitationsmaßnahme am ehesten Erfolg versprechend. Die endgültige Beurteilung des Leistungsvermögens der Klägerin sei erst nach Vorlage des Entlassungsberichts der Rehaklinik möglich. Mit diesem Vorbehalt halte er die Klägerin für vollschichtig leistungsfähig.
Im anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Heilbronn den behandelnden Internisten der Klägerin, Dipl. Med. M., als sachverständigen Zeugen gehört, ärztliche Unterlagen beigezogen sowie ein Gutachten bei dem Arzt für Innere Medizin, Neurologie und Psychiatrie Dr. S. eingeholt. Dieser hat im Gutachten vom 13.12.2010 auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert, keinen Anhalt für eine floride Borreliose, insbesondere keinen Anhalt für eine Neuroborreliose, gefunden und auf sonstigen Fachgebieten einen (bekannten) Spreizfuß mit Hallux rigidus rechts, ein (bekanntes) Wirbelsäulensyndrom ohne sensomotorische Ausfälle und Kniegelenksbeschwerden festgestellt. Er ist zum Ergebnis gelangt, dass die Klägerin ihren zuletzt ausgeübten Beruf einer Restaurantfachfrau und sonstige leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne. Vermeiden müsse sie Tätigkeiten mit vermehrt emotionalen Belastungen, erhöhtem Konfliktpotenzial, unter widrigen klimatischen Bedingungen sowie mit Nachtschichten.
Mit Urteil vom 30.8.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, da sie jedenfalls körperlich leichte Tätigkeiten vorwiegend im Sitzen mit gelegentlichem Haltungswechsel in geschlossenen temperierten Räumen mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne. Einer Rückfrage beim gerichtlichen Sachverständigen Dr. S. im Sinne des Hilfsantrages der Klägerin habe es nicht bedurft. Maßgeblich für die Beurteilung einer von der Klägerin geltend gemachten Erwerbsminderung seien konkrete Beeinträchtigungen des quantitativen oder qualitativen Leistungsvermögens; ohne Bedeutung sei dagegen die Genese von Krankheitssymptomen. Selbst wenn der gerichtliche Sachverständige von einer "chronischen Lyme-Borreliose" ausginge, beschreibe er in seinem Gutachten keine konkreten Befunde, die die Leistungsfähigkeit der Klägerin entscheidungserheblich einschränkten. Allein darauf komme es aber an. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen das am 12.9.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 7.10.2011 Berufung eingelegt, mit der sie die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung weiter verfolgt. Zur Begründung trägt sie vor, das SG habe sich zu Unrecht den Ausführungen der Beklagten angeschlossen und ihre tatsächlich vorliegende Erkrankung (Lyme-Borreliose) außer Acht gelassen bzw. das Vorhandensein einer medizinisch gesicherten chronifizierten Lyme-Borreliose infrage gestellt, ohne dies zu beweisen. Auch sei den von ihr vorgelegten medizinischen Attesten und Gutachten zu wenig Bedeutung beigemessen worden, obwohl diese auf Befunden der sie jahrelang behandelnden Ärzte beruhten. Zudem seien von ihr vorgelegte Unterlagen (u.a. Laborbefunde von Juni 2001 und September 2009), die einwandfrei das Vorhandensein von Borrelien nachwiesen, falsch interpretiert worden. Zu Unrecht sei ihr auch fehlende Mitwirkung vorgeworfen worden, da die angebotenen Reha-Maßnahmen, die sich schwerpunktmäßig an psychologischen und psychotherapeutischen Richtlinien orientierten, keine adäquate Reha-Maßnahme bei einer bakteriell verursachten und somit rein körperlichen Krankheit, wie der bei ihr einwandfrei diagnostizierten Lyme-Borreliose, seien. Zu Unrecht sei auch der Beweisantrag ihres Bevollmächtigten übergangen worden. Die beiden Gutachten gäben nur die persönliche Meinung der beiden Mediziner wieder und beruhten nicht auf bewiesenen Feststellungen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 30.8.2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 3.12.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.4.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer ab 1.2.2008 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hat erwidert, für die Beantwortung der Frage, ob eine Erwerbsminderung vorliege, seien die bestehenden qualitativen und quantitativen Leistungseinschränkungen maßgeblich. Der eigentlichen Diagnose komme allenfalls eine flankierende Bedeutung zu. Entscheidend sei daher nicht, ob die festgestellte Leistungseinschränkung letztlich auf einer Borreliose-Erkrankung (wie von der Klägerin behauptet) oder auf einer Somatisierungsstörung (wie von den nicht behandelnden Ärzten mehrfach festgestellt) beruhe. Das Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt betrage nach der durchgeführten medizinischen Sachaufklärung zweifelsfrei mindestens sechs Stunden täglich - unabhängig von der Diagnose, die letztlich dahingestellt bleiben könne.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Mit Schreiben vom 2.4. und 24.4.2012 hat der Senat die Beteiligten auch auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente wegen voller und teilweiser Erwerbsminderung - § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung oder teilweiser Erwerbsminderung nicht besteht, weil die Klägerin noch wenigstens sechs Stunden täglich leistungsfähig ist. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück.
Ergänzend ist lediglich auszuführen, dass sich neue medizinische Gesichtspunkte im Berufungsverfahren nicht ergeben haben, die das überzeugend begründete Urteil des SG infrage stellen könnten. Wie schon im PKH-Beschluss vom 23.1.2012 und in der Verfügung vom 24.4.2012 ausgeführt, hat das SG den von Rechtsanwalt A. im Klageverfahren gestellten Beweisantrag nicht einfach übergangen, sondern hat im Urteil im Einzelnen ausgeführt, warum eine Rückfrage bei dem Sachverständigen Dr. S. nicht erforderlich war. Dabei hat es zutreffend dargelegt, dass maßgebend für die Beurteilung des Leistungsvermögens der Klägerin die konkreten Beeinträchtigungen und die zu Grunde liegenden Befunde sind und nicht die Genese von Krankheitssymptomen.
Nach der Gesamtwürdigung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen, die den Gesundheitszustand der Klägerin über Jahre wiedergeben, insbesondere des Reha-Entlassungsberichts des Gesundheitszentrums Bad W. vom 30.1.2001, des Gutachtens des Internisten Dr. B. vom 4.3.2008 sowie des Sachverständigengutachtens des Internisten, Neurologen und Psychiater Dr. S. vom 13.12.2010, vermag der Senat – ebenso wie das SG – nicht festzustellen, dass das Leistungsvermögen der Klägerin für körperlich leichte Tätigkeiten auf unter sechs Stunden täglich herabgesunken ist. Soweit die Klägerin meint, den Diagnosen und Laborberichten ihrer behandelnden Ärzte sei zu wenig Beachtung geschenkt worden, ist darauf hinzuweisen, dass diese sehr wohl von den Gutachtern Dr. B. und Dr. S. gewürdigt wurden, diese jedoch das Leistungsvermögen der Klägerin anders als der Dipl.-Med. M. einschätzen und darüber hinaus primär die Funktionseinschränkungen und Leistungsbeeinträchtigungen maßgebend sind, und nicht die Diagnosen und Laborberichte. Ferner berücksichtigt die Klägerin nicht, dass bei ihren Ärzten die Behandlung im Vordergrund steht und nicht die kritische gutachterliche Auseinandersetzung mit ihrem Leistungsvermögen.
Der Umstand, dass die Klägerin aufgrund der bei ihr vorliegenden Gesundheitsstörungen ihren früheren Beruf als Restaurantleiterin nicht mehr ausüben kann, führt zu keiner Rentengewährung, da die Klägerin nicht vor dem 2.1.1961 geboren wurde und deswegen eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI nicht in Betracht kommt. Auch die Tatsache, dass die Klägerin wegen der Aufgabe ihres früheren Berufs und ihrer fortbestehenden Arbeitslosigkeit starke finanzielle Einbußen hinnehmen muss, rechtfertigt keine Rentengewährung, zumal nicht – wie oben dargelegt – feststellbar ist, dass ihr Leistungsvermögen so weitgehend eingeschränkt ist, dass ihr auch leichte körperliche Tätigkeiten nicht mehr sechs Stunden täglich möglich wären.
Aus den Ausführungen der Klägerin im Berufungsverfahren ist nicht zu entnehmen, dass sie die Gewährung von ambulanten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation weiter verfolgt. Aber selbst wenn dies der Fall wäre, hätte dieses Begehren keinen Erfolg, da die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden hierüber nicht entschieden hat und deswegen eine diesbezügliche Klage – mangels Verwaltungsakt – unzulässig wäre.
Nach alledem war das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung der Klägerin musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1968 geborene Klägerin hat von September 1987 bis Februar 1990 eine Ausbildung zur Hotelfachfrau absolviert und war anschließend in diesem Beruf, zuletzt als Leiterin eines Restaurants, bis Februar 1996 - davon 15 Monate in der Schweiz - versicherungspflichtig beschäftigt. Danach bezog sie Arbeitslosengeld und Krankengeld sowie seit 2005 Arbeitslosengeld (ALG) II.
Einen Rentenantrag der Klägerin vom 11.9.2001 hatte die Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg (nunmehr: Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg - die Beklagte) mit Bescheid vom 24.10.2001 abgelehnt. Zur Begründung hatte sie ausgeführt, bei der Klägerin lägen Polyarthralgien (beide Schultergelenke, linksseitiges Sternoclavikulargelenk-Gelenk, HWS, LWS, beide Handgelenke, beide Sprunggelenke) unklarer Genese, schmerzhafte Beweglichkeitseinschränkung beider Schulterpartien und der HWS sowie ein Verdacht auf Somatisierungs-störungen vor. Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könne die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben.
Rentenanträge der Klägerin in der Schweiz hatten ebenfalls keinen Erfolg (Schreiben der Invalidenversicherungs-Stelle vom 27.1.2009).
Den Rentenantrag der Klägerin vom 21.1.2008 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 3.12.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.4.2009 ab, da volle bzw. teilweise Erwerbsminderung nicht vorliege. Die Klägerin habe auch mehrmals der Durchführung einer Leistung zur Teilhabe nicht zugestimmt. Grundlage hierfür war ein Gutachten des Internisten Dr. B. vom 4.3.2008, der bei der Klägerin eine chronifizierte Somatisierungsstörung und eine neurasthenische Persönlichkeit mit funktionellen Beschwerden diagnostiziert und die Ansicht vertreten hatte, die DD Lyme-Borreliose (Zeckenbiss-Folgekrankheit) sei trotz positiver Serologie eher nicht zutreffend. Seines Erachtens sei eine psychotherapeutische Rehabilitationsmaßnahme am ehesten Erfolg versprechend. Die endgültige Beurteilung des Leistungsvermögens der Klägerin sei erst nach Vorlage des Entlassungsberichts der Rehaklinik möglich. Mit diesem Vorbehalt halte er die Klägerin für vollschichtig leistungsfähig.
Im anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Heilbronn den behandelnden Internisten der Klägerin, Dipl. Med. M., als sachverständigen Zeugen gehört, ärztliche Unterlagen beigezogen sowie ein Gutachten bei dem Arzt für Innere Medizin, Neurologie und Psychiatrie Dr. S. eingeholt. Dieser hat im Gutachten vom 13.12.2010 auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert, keinen Anhalt für eine floride Borreliose, insbesondere keinen Anhalt für eine Neuroborreliose, gefunden und auf sonstigen Fachgebieten einen (bekannten) Spreizfuß mit Hallux rigidus rechts, ein (bekanntes) Wirbelsäulensyndrom ohne sensomotorische Ausfälle und Kniegelenksbeschwerden festgestellt. Er ist zum Ergebnis gelangt, dass die Klägerin ihren zuletzt ausgeübten Beruf einer Restaurantfachfrau und sonstige leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne. Vermeiden müsse sie Tätigkeiten mit vermehrt emotionalen Belastungen, erhöhtem Konfliktpotenzial, unter widrigen klimatischen Bedingungen sowie mit Nachtschichten.
Mit Urteil vom 30.8.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, da sie jedenfalls körperlich leichte Tätigkeiten vorwiegend im Sitzen mit gelegentlichem Haltungswechsel in geschlossenen temperierten Räumen mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne. Einer Rückfrage beim gerichtlichen Sachverständigen Dr. S. im Sinne des Hilfsantrages der Klägerin habe es nicht bedurft. Maßgeblich für die Beurteilung einer von der Klägerin geltend gemachten Erwerbsminderung seien konkrete Beeinträchtigungen des quantitativen oder qualitativen Leistungsvermögens; ohne Bedeutung sei dagegen die Genese von Krankheitssymptomen. Selbst wenn der gerichtliche Sachverständige von einer "chronischen Lyme-Borreliose" ausginge, beschreibe er in seinem Gutachten keine konkreten Befunde, die die Leistungsfähigkeit der Klägerin entscheidungserheblich einschränkten. Allein darauf komme es aber an. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen das am 12.9.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 7.10.2011 Berufung eingelegt, mit der sie die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung weiter verfolgt. Zur Begründung trägt sie vor, das SG habe sich zu Unrecht den Ausführungen der Beklagten angeschlossen und ihre tatsächlich vorliegende Erkrankung (Lyme-Borreliose) außer Acht gelassen bzw. das Vorhandensein einer medizinisch gesicherten chronifizierten Lyme-Borreliose infrage gestellt, ohne dies zu beweisen. Auch sei den von ihr vorgelegten medizinischen Attesten und Gutachten zu wenig Bedeutung beigemessen worden, obwohl diese auf Befunden der sie jahrelang behandelnden Ärzte beruhten. Zudem seien von ihr vorgelegte Unterlagen (u.a. Laborbefunde von Juni 2001 und September 2009), die einwandfrei das Vorhandensein von Borrelien nachwiesen, falsch interpretiert worden. Zu Unrecht sei ihr auch fehlende Mitwirkung vorgeworfen worden, da die angebotenen Reha-Maßnahmen, die sich schwerpunktmäßig an psychologischen und psychotherapeutischen Richtlinien orientierten, keine adäquate Reha-Maßnahme bei einer bakteriell verursachten und somit rein körperlichen Krankheit, wie der bei ihr einwandfrei diagnostizierten Lyme-Borreliose, seien. Zu Unrecht sei auch der Beweisantrag ihres Bevollmächtigten übergangen worden. Die beiden Gutachten gäben nur die persönliche Meinung der beiden Mediziner wieder und beruhten nicht auf bewiesenen Feststellungen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 30.8.2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 3.12.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.4.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer ab 1.2.2008 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hat erwidert, für die Beantwortung der Frage, ob eine Erwerbsminderung vorliege, seien die bestehenden qualitativen und quantitativen Leistungseinschränkungen maßgeblich. Der eigentlichen Diagnose komme allenfalls eine flankierende Bedeutung zu. Entscheidend sei daher nicht, ob die festgestellte Leistungseinschränkung letztlich auf einer Borreliose-Erkrankung (wie von der Klägerin behauptet) oder auf einer Somatisierungsstörung (wie von den nicht behandelnden Ärzten mehrfach festgestellt) beruhe. Das Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt betrage nach der durchgeführten medizinischen Sachaufklärung zweifelsfrei mindestens sechs Stunden täglich - unabhängig von der Diagnose, die letztlich dahingestellt bleiben könne.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Mit Schreiben vom 2.4. und 24.4.2012 hat der Senat die Beteiligten auch auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente wegen voller und teilweiser Erwerbsminderung - § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung oder teilweiser Erwerbsminderung nicht besteht, weil die Klägerin noch wenigstens sechs Stunden täglich leistungsfähig ist. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück.
Ergänzend ist lediglich auszuführen, dass sich neue medizinische Gesichtspunkte im Berufungsverfahren nicht ergeben haben, die das überzeugend begründete Urteil des SG infrage stellen könnten. Wie schon im PKH-Beschluss vom 23.1.2012 und in der Verfügung vom 24.4.2012 ausgeführt, hat das SG den von Rechtsanwalt A. im Klageverfahren gestellten Beweisantrag nicht einfach übergangen, sondern hat im Urteil im Einzelnen ausgeführt, warum eine Rückfrage bei dem Sachverständigen Dr. S. nicht erforderlich war. Dabei hat es zutreffend dargelegt, dass maßgebend für die Beurteilung des Leistungsvermögens der Klägerin die konkreten Beeinträchtigungen und die zu Grunde liegenden Befunde sind und nicht die Genese von Krankheitssymptomen.
Nach der Gesamtwürdigung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen, die den Gesundheitszustand der Klägerin über Jahre wiedergeben, insbesondere des Reha-Entlassungsberichts des Gesundheitszentrums Bad W. vom 30.1.2001, des Gutachtens des Internisten Dr. B. vom 4.3.2008 sowie des Sachverständigengutachtens des Internisten, Neurologen und Psychiater Dr. S. vom 13.12.2010, vermag der Senat – ebenso wie das SG – nicht festzustellen, dass das Leistungsvermögen der Klägerin für körperlich leichte Tätigkeiten auf unter sechs Stunden täglich herabgesunken ist. Soweit die Klägerin meint, den Diagnosen und Laborberichten ihrer behandelnden Ärzte sei zu wenig Beachtung geschenkt worden, ist darauf hinzuweisen, dass diese sehr wohl von den Gutachtern Dr. B. und Dr. S. gewürdigt wurden, diese jedoch das Leistungsvermögen der Klägerin anders als der Dipl.-Med. M. einschätzen und darüber hinaus primär die Funktionseinschränkungen und Leistungsbeeinträchtigungen maßgebend sind, und nicht die Diagnosen und Laborberichte. Ferner berücksichtigt die Klägerin nicht, dass bei ihren Ärzten die Behandlung im Vordergrund steht und nicht die kritische gutachterliche Auseinandersetzung mit ihrem Leistungsvermögen.
Der Umstand, dass die Klägerin aufgrund der bei ihr vorliegenden Gesundheitsstörungen ihren früheren Beruf als Restaurantleiterin nicht mehr ausüben kann, führt zu keiner Rentengewährung, da die Klägerin nicht vor dem 2.1.1961 geboren wurde und deswegen eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI nicht in Betracht kommt. Auch die Tatsache, dass die Klägerin wegen der Aufgabe ihres früheren Berufs und ihrer fortbestehenden Arbeitslosigkeit starke finanzielle Einbußen hinnehmen muss, rechtfertigt keine Rentengewährung, zumal nicht – wie oben dargelegt – feststellbar ist, dass ihr Leistungsvermögen so weitgehend eingeschränkt ist, dass ihr auch leichte körperliche Tätigkeiten nicht mehr sechs Stunden täglich möglich wären.
Aus den Ausführungen der Klägerin im Berufungsverfahren ist nicht zu entnehmen, dass sie die Gewährung von ambulanten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation weiter verfolgt. Aber selbst wenn dies der Fall wäre, hätte dieses Begehren keinen Erfolg, da die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden hierüber nicht entschieden hat und deswegen eine diesbezügliche Klage – mangels Verwaltungsakt – unzulässig wäre.
Nach alledem war das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung der Klägerin musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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