L 5 KR 1106/12 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 406/12 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 1106/12 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 28.02.2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist, ob die Antragstellerin Anspruch auf Hyperthermiebehandlungen in der Klinik St. G. in Bad A. als Sachleistung hat.

Die 1961 geborene Antragstellerin ist Mitglied der Antragsgegnerin. Bei ihr wurde Ende September 2011 ein ausgedehntes Mammakarzinom links mit Metastasen in den Milchgängen bei Verdacht auf befallene axilläre und thorakale Lymphknoten rechts und links festgestellt. In der Folge wurden Stanzbiopsien der linken Mamma durchgeführt. Der Antragstellerin wurde eine neoadjuvante Chemotherapie mit anschließender Operation und Radiatio angeboten, nach Aufklärung über Nebenwirkungen und damit verbundene Einschränkungen der Lebensqualität konnte sich die Antragstellerin zu einer solchen Therapie jedoch nicht entschließen. Da es seit Diagnosestellung zu einem zunehmenden Tumorwachstum gekommen war, suchte sie nach milderen Therapieoptionen und wurde vom Hausarzt, Facharzt für Allgemeinmedizin - Homöopathie - Naturheilverfahren - Umweltmedizin Dr. H., zu einer kombinierten Thermo-Chemotherapie in die Klinik St. G. in Bad A. überwiesen. Dort wurde die Antragstellerin am 03.01.2012 aufgenommen und am 18.01.2012 entlassen. Die Aufnahmeuntersuchung zeigte einen großen derben Tumor im Bereich der linken Mamma sowie mehrere vergrößerte Lymphknoten in der linken Achsel. Durchgeführt wurden zwei Ganzkörperhyperthermien sowie loko-regionäre Tiefenhyperthermien im Bereich der Tumorformationen. Zusätzlich wurde eine niedrig dosierte Chemotherapie durchgeführt. Supportiv kamen ein immunbiologisches Programm, Entgiftung und physiotherapeutische Maßnahmen zur Anwendung gemäß den Leitlinien DGO. Die Entlassung erfolgte am 18.01.2012 in stabilisiertem Allgemeinzustand, eine Wiederholung der Therapie war in sechs Wochen vorgesehen, wurde jedoch in der Folge nicht durchgeführt. Für die Behandlung stellte die Klinik St. G. der Antragstellerin Kosten in Höhe von 11.022,26 EUR in Rechnung.

Die Antragstellerin hatte am 03.01.2012 von Bad A. aus bei der Antragsgegnerin angerufen und telefonisch die Übernahme der Kosten der Behandlung in der Klinik St. G. beantragt. Der Antrag wurde sogleich telefonisch abgelehnt, weil es sich bei der Klinik in Bad A. um kein Vertragskrankenhaus handele. Hiergegen lies die Antragstellerin durch den Hausarzt Dr. H. am 05.01.2012 Widerspruch einlegen. Dieser bescheinigte der Antragstellerin ein fortgeschrittenes Mammakarzinom. Da die Antragstellerin ein weniger aggressives Therapieverfahren gewünscht habe, sei dafür die Ganzkörperhyperthermie mit low dose Chemotherapie geeignet. Die Klinik St. G. in Bad A. verfüge über eine mehr als 20-jährige Erfahrung mit diversen Hyperthermieverfahren bei unterschiedlichen Tumorentitäten. Speziell die extreme Ganzkörperhyperthermie werde in dieser Form zwar auch in Universitätskliniken in Studien durchgeführt, aber nicht für ein solches fortgeschrittenes Stadium. Daher sei die internistische Klinik in Bad A. für die Antragstellerin am besten geeignet.

Mit förmlichem Bescheid vom 16.01.2012 lehnte die Antragsgegnerin die Erteilung einer Kostenzusage für einen stationären Krankenhausaufenthalt in der Klinik St. G. in Bad A. ab. Die Ablehnung sei gerechtfertigt, weil die Klinik nicht über einen Versorgungsvertrag mit den gesetzlichen Krankenkassen verfüge. Die Antragstellerin habe bei der Auswahl des Krankenhauses die Wahl zwischen zugelassenen Krankenhäusern, zu denen die Klinik St. G. in Bad A. nicht zähle. Die Antragstellerin könne die von ihr gewünschte Behandlung (Hyperthermieverfahren) im hiesigen Raum in der Klinik Ö. in 7 N.-Ö. sowie in der B.-Klinik in 7 Bad B. durchführen lassen. Die Kliniken führten seit Jahren eine "alternative Krebstherapie" inklusive Hyperthermieverfahren durch. Beide Kliniken seien Vertragskrankenhäuser, für deren Behandlungskosten die Antragsgegnerin als Krankenkasse aufzukommen habe. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes (Nikolausbeschluss) komme nicht zur Anwendung, weil sie der Antragstellerin zugelassene Vertragskrankenhäuser aufgezeigt habe, die im Rahmen einer vollstationären Behandlung die gewünschten Behandlungsmethoden zu Lasten der Kassen erbringen könnten. Deshalb scheide die Kostenübernahme der stationären Behandlung in Bad A. aus.

Gegen diesen Bescheid hat die Antragstellerin Widerspruch eingelegt, den die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 28.03.2012 zurückgewiesen hat. Hiergegen hat die Antragstellerin unter dem 04.04.2012 vor dem Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben (Aktenzeichen S 11 KR 1116/12).

Bereits am 07.02.2012 beantragte die Antragstellerin bei dem SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, der Antragstellerin in der Klinik St. G. in Bad A. 15 stationäre Hyperthermiebehandlungen in Form der Tiefenhyperthermie, vier Ganzkörperhyperthermien mit low dose Chemotherapie sowie vier Galvano-Therapien als Sachleistung zu gewähren. Hyperthermische Behandlungen habe der G. B. angesichts der Vielzahl der onkologischen Indikationen, der verschiedenen hyperthermischen Behandlungsformen, der hierdurch bedingten fehlenden Standardisierung und mangels Studien der höchsten Evidenzklasse trotz bei einigen Indikationen schon weit fortgeschrittener Forschung noch nicht empfohlen. Die Internistische Klinik in Bad A. verfüge inzwischen über eine mehr als 20-jährige Erfahrung mit diversen Hyperthermien bei unterschiedlichen Tumorentitäten. Speziell die extreme Ganzkörperhyperthermie werde in dieser Form zwar auch an Universitätskliniken in Studien durchgeführt, aber nicht für ein solch fortgeschrittenes Stadium. Dies ergebe sich aus dem Attest des Dr. H ... Die Antragstellerin, die nicht weiter in der Lage sei, die begehrte Behandlung aus eigenen Mitteln vorzufinanzieren, habe Anspruch auf diese Behandlung. Der geltend gemachte Anspruch ergebe sich aus einer verfassungskonformen Auslegung der Vorschriften des SGB V. Bei ihr liege eine lebensbedrohliche Erkrankung vor, für die keine allgemein anerkannte, dem Standard entsprechende Therapie zur Verfügung stehe. Namentlich in der Strahlen- und Chemotherapie seien solche Standardmethoden nicht zu sehen. Bei der Beurteilung der Frage, ob es eine allgemein anerkannte Standardtherapie gebe, sei stets eine Einzelfallbetrachtung vorzunehmen (Hinweis auf BSG, Urteil vom 04.04.2006 - B 1 KR 7/05 R). Es komme insoweit also maßgeblich darauf an, ob in der konkreten Krankheitssituation des Versicherten eine anwendbare Therapie mit Erfolgsaussicht bestehe. Hiervon könne hinsichtlich der Strahlen- und Chemotherapie ohne hyperthermische Unterstützung in ihrem Falle nicht ausgegangen werden. Die weite Verbreitung der Hyperthermie und die hierdurch bedingte langjährige klinische Erfahrung einer Vielzahl von Anwendern bestätigten den therapeutischen Effekt der Hyperthermie. Die Behandlung in der Klinik St. G. in Bad A. habe nicht zuletzt ein verbessertes Allgemeinbefinden der Antragstellerin sowie eine Verkleinerung ihres Tumors er-bracht. Sie habe deshalb unter dem Gesichtspunkt einer verfassungskonformen Auslegung der Vorschriften des SGB V Anspruch auf Kostenübernahme der Hyperthermie durch die Antragsgegnerin. Da ihr der Anspruch auf die begehrten Behandlungen unter dem Gesichtspunkt der verfassungskonformen Auslegung zustehe, müsse sie sich nach ständiger Rechtsprechung nicht auf ein bestimmtes vertragsärztlich zugelassenes Krankenhaus verweisen lassen.

Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegengetreten. Sie hatte darauf hingewiesen, dass sie mit dem Bescheid vom 16.01.2012 allein die stationäre Behandlung der Antragstellerin in der Klinik St. G. in Bad A. abgelehnt habe. Hinsichtlich der beantragten Hyperthermiebehandlungen sei bei ihr ein entsprechender Antrag der Antragstellerin nicht gestellt worden.

Die Antragstellerin hat noch klargestellt, dass es ihr allein um zukünftige Behandlungen gehe. Mit Schreiben vom 24.02.2012 beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin förmlich die Kostenübernahme für die hier streitgegenständlichen Leistungen. Über diesen Antrag ist in der Folge nicht entschieden worden. Mit Beschluss vom 28.02.2012 lehnte das Sozialgericht Mannheim den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Die rechtlichen Voraussetzungen hierfür lägen nicht vor. Die Antragstellerin habe weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Nach summarischer Prüfung habe die Antragstellerin zwar dem Grunde nach einen Anspruch gegen die Antragsgegnerin auf die beantragte stationäre Therapie, nicht jedoch darauf, dass diese Therapie, wie von ihr ausdrücklich begehrt werde, in der nicht zugelassenen Klinik St. G. durchgeführt werde. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V hätten Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung. Von der Krankenbehandlung werde nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V die Krankenhausbehandlung umfasst. Nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V bestehe ein Anspruch Versicherter auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich sei, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden könne. Dabei umfasse die Krankenhausbehandlung im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig seien (§ 39 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Nach § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V hätten Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fort-schritt zu berücksichtigen. Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung stehe, könnten auch eine von § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Entwicklung auf den Krankheitsverlauf bestehe (§ 2 Abs. 1a Satz 1 SGB V in der aufgrund des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung [GKV-Versorgungsstrukturgesetz - GKV-VStG] vom 22.12.2011 [BGBl I 2011, 2983] seit dem 01.01.2012 geltenden Fassung). Leistungen in einem (zugelassenen) Krankenhaus könnten auch ohne eine vorherige Überprüfung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss erbracht werden. Eine Leistungspflicht der Krankenkasse sei nur dann ausgeschlossen, wenn der Bundesausschuss eine negative Stellungnahme abgegeben habe (BSG, Urteil vom 26.09.2006 - B 1 KR 3/06 R - SozR 2500 § 27 Nr. 10; Koch in: jurisPK-SGB V, § 137c SGB V; Rn. 8). Insofern bestehe ein grundlegender Unterschied zu ambulanten Leistungen, für die es im Falle von neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V einer ausdrücklichen Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses bedürfe, damit diese zu Lasten von gesetzlichen Krankenkassen erbracht werden könnten. Die von der Antragstellerin begehrten Therapien habe der G. B. für den stationären Bereich nicht ausgeschlossen. Die Antragstellerin habe daher - die medizinische Notwendigkeit einer stationären Behandlung unterstellt - dem Grunde nach einen Anspruch auf die von ihr begehrte stationäre Therapie. Für diesen Anspruch komme es nicht darauf an, ob die vom Bundesverfassungsgericht entwickelten und jetzt in § 2 Abs. 1a Satz 1 SGB V enthaltenen strengen Kriterien erfüllt seien. Nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V sei der Anspruch jedoch auf eine Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus nach § 108 SGB V begrenzt. Auf eine Behandlung in einer nicht zugelassenen Privatklinik habe die Antragstellerin dagegen keinen Anspruch. Aus den jetzt in § 2 Abs. la Satz 1 SGB V enthaltenen Vorgaben folge entgegen der Ansicht der Antragstellerin nichts anderes. § 2 Abs. la Satz 1 SGB V setze gerade voraus, dass eine dem me¬dizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung stehe. Im vorliegenden Fall sei diese Voraussetzung nach summarischer Prüfung nicht erfüllt. Die Antragsgegnerin habe der Antragstellerin ausdrücklich zwei Vertragskliniken benannt und ihr die Benennung weiterer Kliniken angeboten, in denen die Antragstellerin die von ihr begehrte Therapie erhalten könne. Demgegenüber habe die Antragstellerin - auch auf ausdrückliche Aufforderung des erkennenden SG - nicht im Ansatz glaubhaft gemacht, dass sie sich vergeblich um die begehrte Behandlung in einer Vertragsklinik bemüht habe oder diese dort nicht verfügbar sei. § 2 Abs. la Satz 1 SGB V solle unter den dort genannten engen Voraussetzungen lediglich aus verfassungsrechtlichen Gründen eine Versorgungslücke schließen, indem Leistungen gewährt würden, die ansonsten im System der gesetzlichen Krankenversicherung nicht verfügbar wären. Ein Anspruch eines Versicherten auf eine privatärztliche Behandlung lasse sich hieraus auch in Fällen einer lebensbedrohlichen Erkrankung jedenfalls dann nicht herleiten, wenn - wie im vorliegenden Fall - die begehrte oder jedenfalls eine vergleichbare Therapie gerade durch zugelassene Leistungserbringer gewährt werden könne. Ungeachtet dessen liege im vorliegenden Fall auch kein Anordnungsgrund vor. Denn der An-tragstellerin stünden gerade die begehrten oder jedenfalls vergleichbare Therapien in den von der Antragsgegnerin benannten Vertragskrankenhäusern zur Verfügung.

Gegen den am 05.03.2012 ihr zugestellen Beschluss hat die Antragstellerin am 12.03.2012 bei dem SG Beschwerde eingelegt, mit der sie ihr Begehren mit im Wesentlichen gleicher Begründung fortführt. Sie bestreitet, dass die von der Antragsgegnerin vorgeschlagenen Vertragskliniken das selbe Behandlungsangebot wie die Klinik St. G. in Bad A. bieten. In § 2 Abs. 1 a Satz 1 SGB V solle unter engen Voraussetzungen aus verfassungsrechtlichen Gründen eine Versorgungslücke geschlossen werden, indem Leistungen gewährt würden, die ansonsten im System der gesetzlichen Krankenversicherungen nicht verfügbar wären. Nur die Klinik St. G. könne der Antragstellerin ein zur Heilung ihrer Krebserkrankung entsprechendes Therapieprogramm bieten. Sie sei deswegen auf die Behandlung in dieser Klinik angewiesen.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 28.02.2012 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege vorläufigen Rechtsschutzes zu verpflichten, der Antragstellerin ab sofort 15 stationäre Hyperthermiebehandlungen in Form von Tiefenhyperthermie, vier Ganzkörperhyperthermien mit low dose Chemotherapie sowie vier Galvano-Therapien in der Klinik St. G. von Dr. F. D., M.-Kliniken GmbH & Co. KG, R. in 8 Bad A., als Sachleistung zu gewähren.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie beruft sich auf die überzeugenden Gründe des angefochtenen Beschlusses.

Der Senat hat die Antragstellerin aufgefordert, die medizinische Notwendigkeit der beantragten Leistungen durch ärztliches Attest - möglichst der durchführenden Klinik - nachzuweisen. Ein Attest wurde indes bis heute nicht vorgelegt. Dr. H. hat dem Senat in seiner Aussage als sachverständiger Zeuge vom 08.05.2012 mitgeteilt, er habe die Antragstellerin zwischen dem 02.01.2012 und dem 25.04.2012 behandelt. Behandlungen hätten in Form einer Chemotherapie und einer Hyperthermie stattgefunden. Hierzu übersandte er Befundberichte behandelnder Ärzte, insbesondere der Klinik St. G. vom 03.02.2012 über die Behandlung vom 04.01. bis 18.01.2012. Den selben Bericht hatte zuvor Dr. D., verantwortlicher Arzt der Klinik St. G., dem Senat mit Schreiben vom 27.04.2012 zukommen lassen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die die Antragstellerin betreffenden Verwaltungsakten der Antragsgegnerin sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin ist gemäß §§ 172 ff. Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, insbesondere nicht gemäß § 172 Abs. 2 Nr. 1 SGG ausgeschlossen, und auch sonst zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu Recht versagt.

Das SG hat die Voraussetzungen, unter denen einstweiliger Rechtsschutz gewährt werden kann, in ausführlicher und zutreffender Weise dargestellt. Es hat zudem auch umfangreich dargelegt, warum die Antragstellerin vorläufigen Rechtsschutz nicht beanspruchen kann. Insbesondere hat es zu Recht dargelegt, dass die Antragstellerin zwar einerseits dem Grunde nach Anspruch auf die von ihr begehrte stationäre Therapie hat, diese jedoch nicht in der Klinik St. G. in Bad A. beanspruchen kann, weil es sich bei jener Klinik eben um ein nicht zugelassenes Krankenhaus handelt. Schließlich hat das SG auch zu Recht beanstandet, dass die Antragstellerin trotz ausdrücklicher Aufforderung nicht im Ansatz glaubhaft gemacht habe, dass sie sich vergeblich um die begehrte Behandlung in einer Vertragsklinik bemüht habe oder diese dort nicht verfügbar sei. Der Senat sieht deshalb in entsprechender Anwendung von § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Beschwerde aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück.

Ergänzend ist noch auf Folgendes hinzuweisen:

Der schriftsätzlich gestellte Antrag der Antragstellerin umfasst an sich zwei voneinander zu trennende Ansprüche. Zum einen begehrt sie Leistungen der Hyperthermie, der Chemotherapie sowie Galvano-Therapien, zum anderen begehrt sie die Gewährung dieser Leistungen als Sachleistung in der Klinik St. G. in Bad A ...

Zu Recht hat das SG dargelegt, dass die Antragstellerin Anspruch auf die von ihr begehrten Leistungen hat. Sie selbst hat eingeräumt, dass Leistungen der Hyperthermie in zahlreichen Kliniken angeboten werden. Auch die Antragsgegnerin hat ihr in dem angefochtenen Bescheid vom 16.01.2012 zwei naturheilkundlich orientierte Kliniken benannt, die Leistungen der Hyperthermie erbringen. Eine low dose Chemotherapie kann sie sich von jedem niedergelassenen Onkologen verabreichen lassen. Insoweit fehlt es für eine einstweilige Anordnung an einem Rechtsschutzbedürfnis. Die Antragstellerin kann diese Leistungen auch ohne einstweilige Anordnung durch den Senat in jedem Vertragskrankenhaus in Anspruch nehmen, das diese Leistungen anbietet.

Der Senat geht davon aus, dass dies auch für die ergänzend geltend gemachten Galvanotherapien gilt, zu denen von der Antragstellerin nichts vorgetragen wurde und zu deren Notwendigkeit auch Dr. H. nichts ausgeführt hat.

Anderes gilt hinsichtlich der beantragten Leistungen für die Ganzkörperhyperthermie. Nach den eigenen Angaben der Antragstellerin im Schriftsatz vom 03.02.2012 wird die extreme Ganzkörperhyperthermie in dieser Form zwar auch in Universitätskliniken in Studien durchgeführt, aber nicht für ein solch fortgeschrittenes Stadium. Insoweit handelt es sich bei der begehrten Leistung um eine Behandlungsmethode, die - nach eigenen Angaben der Antragstellerin - sonst in keiner anderen Klinik erbracht wird. Es kann dahingestellt bleiben, ob positive Ergebnisse dieser Behandlungsmethode lediglich in der Selbstdarstellung der Klinik zu finden sind, zumal offenkundig objektive Studienergebnisse, die positive Einwirkungen auf die Krebserkrankungen kurz- und insbesondere mittel- und langfristig bestätigen würden, zu fehlen scheinen, und aus welchen Gründen Universitätskliniken die Ganzkörperhyperthermie nicht in der gleicher Weise wie die Klinik St. G. durchführen und welche Erfahrungen oder Befürchtungen dem zu Grunde liegen.

Die Antragstellerin kann die von ihr begehrte extreme Ganzkörperhyperthermie in der Klinik Bad A. nach den Vorschriften des SGB V als Sachleistung nicht beanspruchen, weil es sich in der Klinik Bad A. nicht um ein zugelassenes Vertragskrankenhaus handelt.

Sie kann die gewünschte Ganzkörperhyperthermie aber auch aus einer verfassungsrechtlichen Interpretation der Vorschriften des SGB V nicht herleiten. Gem. § 2 Abs. 1a Satz 1 SGB V (gültig ab 1.1.2012) können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V abweichende, insbesondere also eine in Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse (noch) nicht entsprechende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.

Mit § 2 Abs. 1a Satz 1 SGB V hat der Gesetzgeber die neuere Rechtsprechung des BVerfG und die daran anknüpfende Rechtsprechung des BSG kodifiziert, wonach sich ansonsten nicht bestehende Leistungsansprüche aus einer grundrechtsorientierten Auslegung der maßgeblichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts ergeben können. Für Auslegung und Anwendung des § 2 Abs. 1a Satz 1 SGB V sind daher die Maßgaben der genannten Rechtsprechung heranzuziehen.

In seinem Beschluss vom 6.12.2005 (- B 1 BvR 347/98 -) hat es das BVerfG für mit dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar erklärt, einen gesetzlichen Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die zu einem solchen Ergebnis führende Auslegung der leistungsrechtlichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts sei in der extremen Situation krankheitsbedingter Lebensgefahr (im vom BVerfG entschiedenen Fall durch die Duchenne`sche Muskeldystrophie) verfassungswidrig.

Das Bundessozialgericht hat diese verfassungsgerichtlichen Vorgaben seiner Rechtsprechung zugrunde gelegt und näher konkretisiert. Danach – so etwa BSG Urt. v. 7.11.2006 - B 1 KR 24/06 R -; Urt. v. 4.4.2006 - B 1 KR 7/05 R - verstößt die Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine bestimmte neue ärztliche Behandlungsmethode sei im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen, weil der GBA diese noch nicht anerkannt oder sie sich zumindest in der Praxis und in der medizinischen Fachdiskussion noch nicht durchgesetzt habe (BSGE 94, 221), gegen das Grundgesetz, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:

1. Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor (oder eine zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Krankheit - BSG, Urt. v. 16.12.2008, - B 1 KN 3/07 KR R -; BSGE 96,153),

2. Bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung,

3. Bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine "auf Indizien gestützte" nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.

Im Falle der Antragstellerin liegt zwar zweifelsfrei eine individuelle Notlage als Folge einer lebensbedrohlichen Erkrankung vor. Es kann indes nicht festgestellt werden, dass eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, so dass die Antragstellerin auf die von ihr begehrte extreme Ganzkörperhyperthermie in der Klinik St. G. angewiesen wäre. Welche Anforderungen in diesem Zusammenhang an das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals des "Zur-Verfügung-Stehens einer allgemein anerkannten, medizinischem Standard entsprechenden Behandlung" zu fordern ist, kann offen bleiben. Jedenfalls in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem nicht einmal ansatzweise ein Bemühen erkennbar ist, abzuklären, welche Behandlungsmethoden die schulmedizinisch orientierten Kliniken und die als Vertragskrankenhäuser zugelassenen naturheilkundlich orientierten Kliniken bieten, kann das Vorliegen dieser Leistungsvoraussetzung nicht bejaht werden.

Den Unterlagen, die Dr. H. dem Senat überlassen hat, ist zu entnehmen, dass bei der Antragstellerin im September und im Oktober 2011 eine intensive radiologische Diagnostik vorgenommen wurde. Zur Abklärung der verdächtigen Knoten wurden Stanzbiopsien durchgeführt, die anschließend von einem Pathologen untersucht worden sind. In der Folge hat jedoch eine Behandlung in einer Klinik oder durch Fachärzte offensichtlich nicht stattgefunden. Neben Dr. H. wurde nicht einmal ein anderer Arzt für eine Zweitmeinung hinzugezogen. Konsultationen der behandelnden Ärzte untereinander, wie sie sonst üblich sind, wenn sich Klinikfachärzte in einer Konferenz über Erfolgsaussichten und Möglichkeiten einer Behandlung austauschen (sog. Tumorbords) und die Nebenwirkungen von in Frage kommenden Behandlungen mit dem nach aller Erfahrung zu erwartenden Ergebnis der Behandlung abwägen, sind offensichtlich nicht erfolgt. Onkologisch erfahrene Ärzte in einer auf Brustkrebserkrankungen spezialisierten Klink sind weder von der Antragstellerin noch ihrem Hausarzt konsultiert worden. Nicht stattgefunden haben auch Überlegungen, ob eine der verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten mit Hyperthermien in einer anderen naturheilkundlich orientierten Klinik als ernsthafte Alternative zu der extremen Ganzkörperhyperthermie in Bad A. in Betracht kommt.

Für den Senat ergibt sich somit das Bild, dass die Antragstellerin von vornherein die Absicht hatte, die Behandlungsmöglichkeiten, die die gesetzliche Krankenversicherung ihren Mitgliedern im Falle einer Brutkrebserkrankung anbietet, nicht in Anspruch zu nehmen und sich ohne fachärztliche Beratung darauf festgelegt hat, die Behandlung in der Klinik St. G. in Bad A. in Anspruch zu nehmen. Dass die extreme Ganzkörperhyperthermie der Klinik in Bad A. anderen Behandlungsmethoden überlegen sein soll, ist, wie das SG zutreffend kritisiert hat, von den Vertretern der Antragstellerin nicht ansatzweise plausibel dargelegt worden. Auch die Aufforderung des Senates, die Notwendigkeit der begehrten Behandlung wenigstens durch ein Attest der behandelnden Klinik bescheinigen zu lassen, ist nicht befolgt worden. Allein die Meinung des Hausarztes Dr. H., die Klinik in Bad A. verfüge über entsprechende Erfahrung und weise entsprechende Behandlungserfolge auf, genügt nicht.

Nach alledem ist die von der Rechtsprechung des BSG geforderte und in § 2 Abs. 1 a Satz 1 SGB V übernommene Voraussetzung, dass eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, nicht glaubhaft gemacht. Der Beschluss des SG ist somit nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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