Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 2082/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 5783/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 02.09.2010 wird zurückgewiesen
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagten der Klägerin die in der Zeit vom 01.01.1995 bis zum 31.12.1999 gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu erstatten haben.
Die 1934 geborene Klägerin war zunächst in dem von ihrer Mutter geführten Gemischtwarenladen versicherungspflichtig beschäftigt. In der Zeit vom 01.01.1979 bis 31.12.1999 hat sie den Gemischtwarenladen dann selbst geführt und bis zum Tod der Mutter auch diese gepflegt. Die Klägerin hat angegeben, bis ca 1995/1996 den Laden vormittags von 09:00 bis 12:00 Uhr und nachmittags von 15:00 bis 18:00 Uhr offen gehabt zu haben; mittwochs- und samstagnachmittags jedoch nicht. Ab ca 1997 habe sie die Arbeitszeit reduziert und den Laden nur noch von 10:00 bis 12:00 Uhr und von 15:00 bis 18:00 Uhr, samstags von 09:00 bis 12:00 Uhr geöffnet; samstagnachmittags und mittwochnachmittags nicht. Sie habe damals wöchentlich ca 25 Stunden gearbeitet. Da der Laden nicht so gut gelaufen sei, habe sie alles was so angefallen sei während der Öffnungszeiten erledigt; lediglich Putzarbeiten habe sie nach Ladenschluss erledigt. Mitarbeiter hatte die Klägerin keine. Aus den Einkommenssteuerbescheiden ergeben sich folgende Einkünfte aus dem Geschäft der Klägerin:
Einkommenssteuerbescheid für das Jahr Einkünfte aus Gewerbebetrieb: 1994 - 3.971,00 DM 1995 - 1.691,00 DM 1996 - 1.856,00 DM 1997 - 8.098,00 DM 1998 - 6.328,00 DM 1999 - 1.718,00 DM 2000 - 2.773,00 DM
In dieser Zeit hat die Klägerin - nach eigenen Angaben - von ihrer Rente und von Sachentnahmen (Waren zum Lebensunterhalt/Lebensmittel) aus dem Laden zum Eigenverbrauch iHv ca zwischen 2.000,00 und 3.000,00 DM gelebt. Die Rente hat sie im Wesentlichen in das Geschäft investiert und die Verluste, die auch aus noch aus den achtziger Jahren bestehenden Verbindlichkeiten in Folge eines Umbaus des Geschäftsgebäudes stammten, ausgeglichen.
Mit Bescheid vom 30.03.1994 bewilligte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) der Klägerin ab dem 01.10.1993 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit und bestimmte den monatlichen Zahlbetrag auf 963,27 DM (monatlicher Geldwert der Rente: 963,27 DM); Beitragsanteile zur Kranken- und Pflegeversicherung wurden nicht einbehalten oder aus der Rente abgeführt. Die BfA berechnete die Berufsunfähigkeitsrente ab dem 01.10.1993 neu und bestimmte mit Bescheid vom 03.04.1997 den monatlichen Zahlbetrag der Rente bezogen auf den 01.10.1993 auf 1.086,76 DM (monatlicher Geldwert der Rente: 963,27 DM zuzüglich Zuschuss zur freiwilligen Krankenversicherung (KV) iHv monatlich 66,73 DM; später - für die Zeit ab 01.01.1995 - wurde auch ein Zuschuss zur Pflegeversicherung gezahlt). Mit Bescheid vom 01.03.2000 bewilligte die BfA der Klägerin ab dem 01.11.1999 eine Altersrente für Schwerbehinderte, Berufsunfähige oder Erwerbsunfähige und bestimmte den monatlichen Zahlbetrag bezogen auf den 01.11.1999 auf 1.687,44 DM (monatlicher Geldwert der Rente: 1.568,25 DM zuzüglich Zuschuss zur KV iHv monatlich 105,86 DM sowie Zuschuss zur PV iHv monatlich 13,33 DM) fest.
Die BfA gewährte der Klägerin dann mit Bescheid vom 11.04.2001 eine Altersrente für Schwerbehinderte, Berufsunfähige oder Erwerbsunfähige rückwirkend ab dem 01.01.1995 und berechnete den monatlichen Zahlbetrag bezogen auf den 01.01.1995 auf 1.601,41 DM (monatlicher Geldwert der Rente: 1.493,85 DM zuzüglich Zuschuss zur KV iHv monatlich 100,09 DM sowie Zuschuss zur PV iHv monatlich 7,47 DM). Ab 01.01.2000 war die Klägerin in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) pflichtversichert. Erst ab diesem Zeitpunkt wurden von der Rente der Klägerin Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung von der Rente einbehalten.
Die Klägerin war in der streitigen Zeit bei der Beklagten zu 1 als hauptberuflich Selbständige freiwillig krankenversichertes Mitglied. Sie zahlte jeweils Beiträge aus der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage. Bei der Beklagten zu 2 war sie pflichtversichertes Mitglied und zahlte entsprechende Beiträge.
Mit Schreiben vom 11.12.2008 beantragte die Klägerin die Rückerstattung der Beiträge zur freiwilligen Kranken- und zur Pflegeversicherung für die Zeit vom 01.01.1994 bis 01.01.2000 mit der Begründung, sie habe seit September 1993 eine Erwerbsminderungsrente und seit Dezember 1995 eine Zweidrittel-Rente bezogen, die später rückwirkend zur Vollrente wegen Alters umgewandelt worden sei; damit habe sie zu Unrecht sowohl aufgrund ihrer Selbständigkeit Krankenkassenbeiträge entrichtet wie auch als Rentnerin. Die für die selbständige Tätigkeit, aus der sie keine Gewinne erzielt habe, entrichteten Beiträge vom 01.01.1994 bis 01.01.2000 seien deshalb zu erstatten.
Mit dem ohne Rechtsbehelfsbelehrung erteilten Bescheid vom 09.03.2009 lehnte die Beklagte zu 1 die begehrte Beitragserstattung ab. Die Ausübung einer hauptberuflich selbständigen Erwerbstätigkeit schließe eine Versicherungspflicht als Rentner aus, weshalb die Klägerin trotz des Rentenbezugs als freiwilliges Mitglied krankenversichert gewesen sei. Außerdem habe die Klägerin 1999 Krankengeld als Leistung der freiwilligen Versicherung bezogen, weshalb eine Erstattung der Beiträge ohnehin nicht erfolgen könne.
Die Klägerin machte mit ihrem Widerspruch vom 14.01.2010 geltend, sie sei falsch beraten worden. Nach Erhalt des Rentenbescheids vom 30.03.1994 habe sie im Rahmen einer Beratung mit Mitarbeitern der Beklagten ihre Versicherung neu regeln wollen. Damals sei aber gesagt worden, dass dies nicht ginge. Ab Januar 2000 sei sie dann aber pflichtversichert worden. Auch sei ihr die Rente im Jahr 2001 rückwirkend gewährt worden. Da der Bescheid auch der Beklagten zugegangen sei, hätte diese hierauf reagieren müssen.
Der Widerspruchsausschuss der Beklagten zu 1 wies mit Widerspruchsbescheid vom 27.05.2010 den Widerspruch der Klägerin zurück. Die Ausübung einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit schließe die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) aus. Der Bescheid betreffend die Ablehnung der KVdR-Mitgliedschaft von 1995 sei ebenso längst bestandskräftig wie die jährlich ergangenen Beitragsbescheide, denen nie widersprochen worden sei. Außerdem habe die Klägerin im Oktober 1999 Krankengeld, berechnet aus ihrem beitragspflichtigen Arbeitseinkommen, erhalten, weshalb eine Erstattung der Beiträge ausscheide. Schließlich seien die Beiträge auch bereits - vier Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entrichtet worden seien - verjährt.
Am 23.06.2010 hat die Klägerin beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben. Sie hat insbesondere geltend gemacht, aufgrund der rückwirkend bewilligten (Voll-)Rente wegen Alters habe sie nicht vorher die Art des Versicherungsverhältnisses beantragen können; auch fühle sie sich durch die Beklagte falsch beraten, weil ihr damals nicht gesagt worden sei, dass sie sich hätte günstiger versichern können; ihr Einkommen sei im maßgeblichen Zeitraum nie positiv gewesen. Es sei versäumt worden, sie darauf hinzuweisen, dass sie sich als Selbständige auch aufgrund ihres Niedrigeinkommens versichern könne; dies habe sie erst im Mai 2000 erfahren. Wegen dieser unterbliebenen Aufklärung bzw Falschberatung könne sich die Beklagte auch nicht auf die Verjährung berufen, zumal auch deren Mitarbeiter ihr bereits im November 1993 erklärt habe, dass sie als Selbständige Beiträge aufgrund der Mindestbemessungsgrundlage zu entrichten habe. Bezüglich der angeführten Krankengeldzahlung sei sie durchaus zu einer Verrechnung bei der Beitragsrückerstattung bereit.
Das SG hat in einem Erörterungstermin vom 02.09.2010 die Beteiligten gehört. In diesem Termin einigten sich die Beteiligten darauf, dass die strittigen Bescheide auch im Namen der Bekalgten Ziff 2 ergangen waren und diese als weitere Beklagte in das Klageverfahren einbezogen werde.
Mit im Erörterungstermin am 02.09.2010 verkündetem Gerichtsbescheid hat das SG die Klage abgewiesen. Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage sei nicht begründet. Die Abweisung der Klage ergebe sich zunächst bereits aus den tatsächlichen und rechtlichen Gründen des angefochtenen Bescheids vom 09.03.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2010. In den angefochtenen Bescheiden habe sich die beklagte Krankenkasse zutreffend auf die längst bestandskräftig und für die Beteiligten bindend gewordenen Bescheide betreffend der fehlenden Voraussetzungen für die Pflichtmitgliedschaft in der KVdR sowie auf die gleichfalls nicht angefochtenen und bestandskräftig gewordenen jährlichen Bescheide über die Festsetzung der Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung berufen. Auch wenn man zu Gunsten der Klägerin deren Antrag vom 11.12.2008 zugleich als Antrag auf Überprüfung der bestandskräftig gewordenen Bescheide nach § 44 SGB X auslege und die angefochtenen Bescheide inhaltlich dahingehend würdige, dass damit auch ein solcher Überprüfungsantrag geprüft und (ablehnend) verbeschieden worden sei, führe dies zu keiner für die Klägerin günstigeren Beurteilung. Denn eine für die Klägerin günstigere Beitragsgestaltung sei rechtlich nur möglich gewesen, wenn die Klägerin im Zeitraum von 1994 bis Anfang 2000 zu Unrecht als hauptberuflich Selbständige beurteilt worden wäre. Einen diesbezüglichen Nachweis habe sie aber nicht erbracht. Im Übrigen habe die Klägerin ihr selbständiges Gewerbe erst zum 02.03.2002 abgemeldet. Trotz reduzierter Öffnungszeiten müsse durchschnittlich eine wöchentliche Arbeitsstundenzahl von 40 Stunden für Wareneinkauf, Abrechnung, Pflege des Warenbestands, Reinigung der Räumlichkeiten und sämtliche Büroarbeiten angenommen werden, was im Umfang einer Vollzeitbeschäftigung entspreche. Auch sei die selbständige Tätigkeit für die Bestreitung ihres Lebensunterhalts keineswegs ganz untergeordnet gewesen. Sei die Klägerin aber zu Recht als hauptberuflich Selbständige versichert gewesen, sei es auch nicht zu beanstanden, dass der Klägerin der Zugang zur Pflichtmitgliedschaft in der KVdR entsprechend § 5 Abs 5 SGB V verwehrt worden sei und sie mit den - von ihr nie angefochtenen - Beitragsbescheiden zu den für hauptberuflich Selbständige nach Gesetz und Satzung maßgeblichen Beiträgen herangezogen worden sei.
Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 29.11.2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 17.12.2010 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie mitgeteilt, ihre Arbeitszeit habe damals bei um die 25 Stunden gelegen. Nur manchmal, wenn es unumgänglich gewesen sei, habe sie teilweise auch außerhalb der Öffnungszeiten gearbeitet; eine 40-Stunden-Woche, wie vom SG angenommen, habe sie nicht gehabt. Mit Schreiben vom 21.04.2012 hat die Klägerin dann noch mitgeteilt, es gehe ihr nur um die Jahre 1995 bis 1999. Es stelle sich die Frage, wie es zusammen gehe, dass sie mit Bescheid vom 11.04.2001 rückwirkend eine volle Altersrente erhalten habe und dennoch den vollen Beitrag zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung habe zahlen müssen. Es habe schon von Anfang an eine falsche Beratung vorgelegen. Nach Erhalt des Bescheids vom 30.04.1994 habe sie sich beraten lassen und eine Beitragsreduzierung erwartet. Herr H. von der Beklagten habe aber gesagt, dass sie, solange sie als Selbständige das Geschäft betreibe, den vollen Beitrag nach der Mindestbeitragsbemessungsgrenze bezahlen müsse, auch wenn sie eine Rente beziehe.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 02.09.2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 09.03.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.05.2010 aufzuheben und die Beklagten zu verurteilen, ihr die von 01.01.1995 bis 31.12.1999 entrichteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung unter Anrechnung des bezogenen Krankengeldes zu erstatten.
Die Beklagten beantragen sinngemäß,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Beklagten sind der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Sachverhalt wurde in einem Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 27.01.2012 mit den Beteiligten erörtert. Wegen des Inhalts des Termins wird auf Blatt 29 bis 32, wegen der im Termin vorgelegten Unterlagen auf Blatt 33 bis 88 der Senatsakte Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakten sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist gemäß §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG statthaft und zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 iVm Abs 4 SGG) ist der die Erstattung der von der Klägerin an die beiden Beklagten in der Zeit vom 01.01.1995 bis zum 31.12.1999 gezahlten Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung ablehnende Bescheid der Beklagten vom 09.03.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2010. Dieser Bescheid wirkt entsprechend der gemeinsam und im Namen der Beklagten zu 2) getroffenen Vereinbarung auch für und gegen die Beklagte zu 2). Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Erstattung der für die Zeit vom 01.01.1995 bis zum 31.12.1999 gezahlten Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung.
Ob wegen des Umstandes, dass der angefochtene Gerichtsbescheid zwar vor dem Erörterungstermin (Schreiben des SG vom 17.08.2010) angekündigt, aber im Erörterungstermin verkündet und anschließend zugestellt wurde, ein wesentlicher Mangel iSd § 159 Abs 1 Nr 2 SGG anzunehmen ist, kann offen bleiben, denn selbst wenn die Verkündung des Gerichtsbescheides in einem nichtöffentlichen Termin ein Verfahrensmangel darstellen würde, wäre dieser durch die wirksame und tatsächliche Zustellung des Gerichtsbescheids an beide Beteiligte geheilt; es handelt sich daher nicht bloß um eine Nichtentscheidung des SG. Auch ist eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme nicht notwendig, weshalb eine Zurückverweisung nach dem seit 01.01.2012 geltenden § 159 Abs 1 SGG nicht in Betracht kommt. Im Übrigen wurde weder der Anspruch der Klägerin oder der Beklagten auf rechtliches Gehör verletzt, noch eine Überraschungsentscheidung getroffen, sodass der Senat auch in Anwendung der zum Zeitpunkt der Berufungserhebung geltenden Fassung des § 159 Abs 1 SGG im Rahmen seines Ermessens nicht zu einer Aufhebung und Zurückverweisung verpflichtet war.
Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin auf Beitragserstattung ist § 26 Abs 2 SGB IV. Hiernach sind zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten, es sei denn, dass der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs auf Grund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, Leistungen erbracht oder zu erbringen hat; Beiträge, die für Zeiten entrichtet worden sind, die während des Bezugs von Leistungen beitragsfrei sind, sind jedoch zu erstatten. Voraussetzung eines solchen Beitragserstattungsanspruchs ist damit, dass die Beiträge zu Unrecht entrichtet (gezahlt) worden waren. Dies konnte der Senat jedoch nicht feststellen.
Die Klägerin hat in der streitigen Zeit ursprünglich eine Berufsunfähigkeitsrente, später eine Altersrente für Schwerbehinderte, Berufsunfähige oder Erwerbsunfähige bezogen. Hieraus resultierte bei der Klägerin jedoch keine Versicherungspflicht in der Gesetzlichen Krankenversicherung der Rentner (KVdR). Zwar begründet § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V grds eine Pflichtversicherung für bestimmte Rentner, doch ist diese Pflichtversicherung nach § 5 Abs 5 SGB V - der im gesamten streitigen Zeitraum unverändert galt - ausgeschlossen, wenn der Versicherte hauptberuflich selbständig erwerbstätig ist. Damit ist die vorliegend entscheidende Frage die, ob die Klägerin im streitigen Zeitraum vom 01.01.1995 bis zum 31.12.1999 in diesem Sinne hauptberuflich selbständig erwerbstätig war. War sie dies nicht, hat die Erwerbstätigkeit der Klägerin die Pflichtversicherung in der KVdR nicht verdrängt und die Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung wären zu Unrecht geleistet worden.
Jedoch konnte sich der Senat nicht davon überzeugen, dass die Klägerin in der Zeit vom 01.01.1995 bis zum 31.12.1999 nicht hauptberuflich selbständig erwerbstätig war. Die Klägerin hat zwar in dieser Zeit zunächst eine Rente wegen Berufsunfähigkeit, später eine Altersrente bezogen, hat aber ihr Geschäft weiter betrieben. Insoweit war die Klägerin selbständig erwerbstätig. Dies ist jedoch nur dann von Bedeutung, wenn diese selbständige Erwerbstätigkeit hauptberuflich ausgeübt worden war. Hauptberuflich ist eine selbständige Erwerbstätigkeit dann, wenn sie von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Aufwand her die übrigen Erwerbstätigkeiten zusammen deutlich übersteigt und sie den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit darstellt (Senatsurteil vom 24.08.2004, L 11 KR 4196/03, juris Rdnr 19 unter Hinweis auf BT-Drucksache 11/2237 S 160). Sie muss auf Gewinnerzielung ausgerichtet sein; unerheblich ist in diesem Kontext, ob tatsächlich Verluste erwirtschaftet werden (Felix in jurisPK-SGB V, 2. Auflage 2012, § 5 SGB V Rdnr 112, Fnr 249 unter Hinweis auf BSG 26.09.1996, 12 RK 46/95, BSGE 79, 133-147 = SozR 3-2500 § 240 Nr 27 = juris). Damit ist eine selbständige Tätigkeit dann hauptberuflich, wenn sie von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Aufwand her die übrigen Erwerbstätigkeiten zusammen deutlich übersteigt und den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit bildet (Felix aaO). Maßgeblich sind immer die Umstände des Einzelfalls (Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, aaO, § 5 SGB V RdNr. 91 f). Bei dieser Prüfung ist grds auf die Verhältnisse abzustellen, die ab der Zeit des Zusammentreffens der Rente bzw Arbeitnehmertätigkeit mit der selbständigen Erwerbstätigkeit bestanden haben (LSG aaO Rdnr 20). Diese tatsächlichen Verhältnisse sind in einer vorausschauenden Betrachtungsweise zu beurteilen (BSG, 19.02.1987, 12 RK 9/85, SozR 2200 § 172 Nr 19 = juris). Dabei kann bei Rentnern die Hauptberuflichkeit der selbständigen Erwerbstätigkeit nicht aus der Gegenüberstellung der Arbeitszeiten abgeleitet werden (Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V, § 5 Rdnr 491), denn der Rentenbezug bedingt gerade eine Untätigkeit und damit das Nichtvorhandensein einer Arbeitszeit. Indizien für eine hauptberuflich selbständige Erwerbstätigkeit können bei Rentnern daher die Anzeige bzw die Genehmigung des Gewerbes, die Beschäftigung von Mitarbeitern oder der zeitliche Umfang der selbständigen Erwerbstätigkeit als solcher sein (Gerlach aaO). Insoweit kann auch die Bedeutung der selbständigen Tätigkeit im Verhältnis zum Rentenbezug zB aus dem wirtschaftlichen Schwerpunkt hergeleitet werden (Gerlach aaO Rdnr 492a).
Auch wenn die Klägerin ihr Geschäft nur noch in einem eingeschränkten zeitlichen Umfang (nach eigenen Angaben ca 25 Stunden pro Woche) betrieben hat, ist der Zeitaufwand hierfür von nicht bloß untergeordnetem Gewicht. Sie hatte in der streitigen Zeit zwar keine Mitarbeiter, doch hatte sie das Geschäft als selbständiges Gewerbe angemeldet und in nicht unerheblichem Umfang betrieben. Sie hat Waren (hauptsächlich Waren zum täglichen Gebrauch wie Lebensmittel und Haushaltsbedarfsartikel) an- und verkauft. Auch wenn die Klägerin aus der selbständigen Tätigkeit steuerrechtlich nur Verluste erwirtschaftet hatte und die Rente als betragsmäßig größte Einkommensquelle diente, mit der Verluste aus dem Geschäft ausgeglichen wurden, hat die Klägerin im Wesentlichen ihren Lebensunterhalt aus den steuerfreien Sachbezügen aus ihrem Geschäft bestritten. Denn nicht nur die Rente, sondern die Warenentnahmen aus dem Laden - so auch ihre Angaben gegenüber dem Senat - dienten der Klägerin zum Erhalt der Lebensgrundlage in Form der Ernährung. Insoweit lag der wirtschaftliche Schwerpunkt des Lebens der Klägerin im Geschäft und damit in der selbständigen Erwerbstätigkeit. Auch dass die Klägerin ihre Rentenbeträge in das Geschäft investiert hatte, zeigt, dass der Mittelpunkt des Wirtschaftens das Geschäft war. Dieses hat die Klägerin in Gewinnerzielungsabsicht betrieben, auch wenn ihr ein tatsächlicher steuerrechtlich relevanter Gewinn nicht gelungen war.
Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung des wirtschaftlichen und persönlichen Situation der Klägerin ist der Senat daher zu der Überzeugung gelangt, dass die selbständige Erwerbstätigkeit gegenüber dem Bezug der Rente zeitlich und wirtschaftlich das Schwergewicht gebildet und damit im Vordergrund gestanden hatte; die Klägerin war daher hauptberuflich selbständig erwerbstätig. Bei der Selbständigkeit der Klägerin handelte es sich auch nicht bloß um einen aus Liebhaberei oder hobbymäßig selbständig betriebenen Laden. Vielmehr war dieser die Basis der Lebensführung und des Wirtschaftens der Klägerin. Der Senat sieht sich in seiner Auffassung dadurch bestärkt, dass die Klägerin in der mündlichen Verhandlung angegeben hatte, hätte sie schon 1995 eine Rente wegen Alters erhalten, hätte das Geschäft wohl nicht aufgegeben, sondern - auch wegen der bestehenden Schulden aus dem Umbau der Räumlichkeiten - neben der Rente her betrieben.
Damit war die Klägerin hauptberuflich selbständig und wegen § 5 Abs 5 SGB V in der streitigen Zeit nicht in der KVdR versicherungspflichtig. Die freiwillige Versicherung (§ 240 SGB V) war daher zu Recht erfolgt; dass die Beiträge falsch berechnet worden wären, war nicht geltend gemacht worden, konnte der Senat aber auch nicht feststellen.
Dass der Klägerin im Jahr 2001 rückwirkend zum 01.01.1995 eine Altersrente bewilligt worden war, ändert an den tatsächlichen Verhältnissen im streitigen Zeitraum nichts. Denn eine derartige nachträgliche, rückwirkende Änderung der Verhältnisse im Jahr 2001 kann die tatsächliche gelebte und wirtschaftliche Situation der Jahre 1995 bis 1999 nicht mehr verändern.
War die Klägerin daher zutreffend nicht als pflichtversicherte Rentnerin, sondern als freiwillig versichertes Mitglied der Beklagten zu 1 krankenversichert, so war diese auch nach § 20 Abs 3 SGB XI in der seit 01.01.1995 geltenden Fassung in der sozialen Pflegeversicherung bei der Beklagten zu 2 versicherungspflichtig. Die damit bezahlten Beiträge sind ebenfalls nicht zu Unrecht erbracht; dass die Beiträge falsch berechnet worden wären, war auch insoweit nicht geltend gemacht worden, konnte der Senat aber auch nicht feststellen.
War die Klägerin daher in der GKV bei der Beklagten zu 1 zu Recht freiwillig versichertes Mitglied und in der sozialen Pflegeversicherung zu Recht versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten zu 2, hat sie die zwischen 1995 und 1999 gezahlten Beiträge nicht zu Unrecht geleistet. Daher hat die Klägerin - unabhängig von der Bestandskraft früherer Bescheide, der Inanspruchnahme von Krankengeld oder der Frage des Eintritts von Verjährung - keinen Anspruch auf Erstattung der in der Zeit vom 01.01.1995 bis zum 31.12.1999 geleisteten Beiträge.
Nur am Rande der Entscheidung sei darauf hingewiesen, dass die Klägerin in den Jahren 1995 bis 1999 aus den von ihr bezogenen Renten keine Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung getragen und die BfA keine solche Beiträge gezahlt hat. Vielmehr waren ihr - wenn auch erst im Jahr 1997 rückwirkend - vom Rentenversicherungsträger Zuschüsse zu ihren Aufwendungen für die freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung (§§ 106, 106a aF SGB VI) gezahlt worden; dies sogar noch im Bescheid vom 11.04.2001 für die Zeit bis 31.12.1999; erst ab dem 01.01.2000 waren die Zuschüsse entfallen.
Soweit die Klägerin geltend macht, von den Beklagten falsch beraten worden zu sein, konnte der Senat eine solche Falschberatung nicht feststellen. Zunächst hatte die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, nach dem Tod ihrer Mutter versucht zu haben, eine abhängige Beschäftigung zu finden, was ihr aber in Folge ihrer Behinderung nicht gelungen sei. In diesem Zusammenhang habe ein Mitarbeiter des Arbeitsamtes gesagt, sie solle den Betrieb nicht aufgeben. Des Weiteren hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass sie von dem Mitarbeiter der Beklagten bei Beginn der Rente im Jahr 1993 auf die Folgen der Fortführung des Betriebes hingewiesen worden sei. Aber selbst wenn die Klägerin falsch beraten worden wäre, könnte im Rahmen des sog sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ein tatsächliches Verhalten der Klägerin nicht rückwirkend ungeschehen gemacht werden. Denn der sozialrechtliche Herstellungsanspruch dient der Korrektur von behördlichem Fehlverhalten; tatsächliches Verhalten des Versicherten kann nicht wieder beseitigt werden. Insoweit steht die tatsächliche Ausübung der hauptberuflich selbständigen Tätigkeit in der Zeit vom 01.01.1995 bis zum 31.12.1999 einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch entgegen. Im Übrigen dürfte auch die Beratung der Beklagten - selbst wenn diese die Klägerin zutreffend beraten hätten - nicht ursächlich für das Weiterbetreiben des Ladens gewesen sein. Denn die Klägerin hatte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausgeführt, sie hätte wegen der aus den achtziger Jahren bestehenden Schulden, das Geschäft sehr wahrscheinlich auch neben der Rente betrieben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat im Rahmen seines Ermessens insbesondere berücksichtigt, dass die Klägerin in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben ist.
Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Nr. 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagten der Klägerin die in der Zeit vom 01.01.1995 bis zum 31.12.1999 gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu erstatten haben.
Die 1934 geborene Klägerin war zunächst in dem von ihrer Mutter geführten Gemischtwarenladen versicherungspflichtig beschäftigt. In der Zeit vom 01.01.1979 bis 31.12.1999 hat sie den Gemischtwarenladen dann selbst geführt und bis zum Tod der Mutter auch diese gepflegt. Die Klägerin hat angegeben, bis ca 1995/1996 den Laden vormittags von 09:00 bis 12:00 Uhr und nachmittags von 15:00 bis 18:00 Uhr offen gehabt zu haben; mittwochs- und samstagnachmittags jedoch nicht. Ab ca 1997 habe sie die Arbeitszeit reduziert und den Laden nur noch von 10:00 bis 12:00 Uhr und von 15:00 bis 18:00 Uhr, samstags von 09:00 bis 12:00 Uhr geöffnet; samstagnachmittags und mittwochnachmittags nicht. Sie habe damals wöchentlich ca 25 Stunden gearbeitet. Da der Laden nicht so gut gelaufen sei, habe sie alles was so angefallen sei während der Öffnungszeiten erledigt; lediglich Putzarbeiten habe sie nach Ladenschluss erledigt. Mitarbeiter hatte die Klägerin keine. Aus den Einkommenssteuerbescheiden ergeben sich folgende Einkünfte aus dem Geschäft der Klägerin:
Einkommenssteuerbescheid für das Jahr Einkünfte aus Gewerbebetrieb: 1994 - 3.971,00 DM 1995 - 1.691,00 DM 1996 - 1.856,00 DM 1997 - 8.098,00 DM 1998 - 6.328,00 DM 1999 - 1.718,00 DM 2000 - 2.773,00 DM
In dieser Zeit hat die Klägerin - nach eigenen Angaben - von ihrer Rente und von Sachentnahmen (Waren zum Lebensunterhalt/Lebensmittel) aus dem Laden zum Eigenverbrauch iHv ca zwischen 2.000,00 und 3.000,00 DM gelebt. Die Rente hat sie im Wesentlichen in das Geschäft investiert und die Verluste, die auch aus noch aus den achtziger Jahren bestehenden Verbindlichkeiten in Folge eines Umbaus des Geschäftsgebäudes stammten, ausgeglichen.
Mit Bescheid vom 30.03.1994 bewilligte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) der Klägerin ab dem 01.10.1993 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit und bestimmte den monatlichen Zahlbetrag auf 963,27 DM (monatlicher Geldwert der Rente: 963,27 DM); Beitragsanteile zur Kranken- und Pflegeversicherung wurden nicht einbehalten oder aus der Rente abgeführt. Die BfA berechnete die Berufsunfähigkeitsrente ab dem 01.10.1993 neu und bestimmte mit Bescheid vom 03.04.1997 den monatlichen Zahlbetrag der Rente bezogen auf den 01.10.1993 auf 1.086,76 DM (monatlicher Geldwert der Rente: 963,27 DM zuzüglich Zuschuss zur freiwilligen Krankenversicherung (KV) iHv monatlich 66,73 DM; später - für die Zeit ab 01.01.1995 - wurde auch ein Zuschuss zur Pflegeversicherung gezahlt). Mit Bescheid vom 01.03.2000 bewilligte die BfA der Klägerin ab dem 01.11.1999 eine Altersrente für Schwerbehinderte, Berufsunfähige oder Erwerbsunfähige und bestimmte den monatlichen Zahlbetrag bezogen auf den 01.11.1999 auf 1.687,44 DM (monatlicher Geldwert der Rente: 1.568,25 DM zuzüglich Zuschuss zur KV iHv monatlich 105,86 DM sowie Zuschuss zur PV iHv monatlich 13,33 DM) fest.
Die BfA gewährte der Klägerin dann mit Bescheid vom 11.04.2001 eine Altersrente für Schwerbehinderte, Berufsunfähige oder Erwerbsunfähige rückwirkend ab dem 01.01.1995 und berechnete den monatlichen Zahlbetrag bezogen auf den 01.01.1995 auf 1.601,41 DM (monatlicher Geldwert der Rente: 1.493,85 DM zuzüglich Zuschuss zur KV iHv monatlich 100,09 DM sowie Zuschuss zur PV iHv monatlich 7,47 DM). Ab 01.01.2000 war die Klägerin in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) pflichtversichert. Erst ab diesem Zeitpunkt wurden von der Rente der Klägerin Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung von der Rente einbehalten.
Die Klägerin war in der streitigen Zeit bei der Beklagten zu 1 als hauptberuflich Selbständige freiwillig krankenversichertes Mitglied. Sie zahlte jeweils Beiträge aus der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage. Bei der Beklagten zu 2 war sie pflichtversichertes Mitglied und zahlte entsprechende Beiträge.
Mit Schreiben vom 11.12.2008 beantragte die Klägerin die Rückerstattung der Beiträge zur freiwilligen Kranken- und zur Pflegeversicherung für die Zeit vom 01.01.1994 bis 01.01.2000 mit der Begründung, sie habe seit September 1993 eine Erwerbsminderungsrente und seit Dezember 1995 eine Zweidrittel-Rente bezogen, die später rückwirkend zur Vollrente wegen Alters umgewandelt worden sei; damit habe sie zu Unrecht sowohl aufgrund ihrer Selbständigkeit Krankenkassenbeiträge entrichtet wie auch als Rentnerin. Die für die selbständige Tätigkeit, aus der sie keine Gewinne erzielt habe, entrichteten Beiträge vom 01.01.1994 bis 01.01.2000 seien deshalb zu erstatten.
Mit dem ohne Rechtsbehelfsbelehrung erteilten Bescheid vom 09.03.2009 lehnte die Beklagte zu 1 die begehrte Beitragserstattung ab. Die Ausübung einer hauptberuflich selbständigen Erwerbstätigkeit schließe eine Versicherungspflicht als Rentner aus, weshalb die Klägerin trotz des Rentenbezugs als freiwilliges Mitglied krankenversichert gewesen sei. Außerdem habe die Klägerin 1999 Krankengeld als Leistung der freiwilligen Versicherung bezogen, weshalb eine Erstattung der Beiträge ohnehin nicht erfolgen könne.
Die Klägerin machte mit ihrem Widerspruch vom 14.01.2010 geltend, sie sei falsch beraten worden. Nach Erhalt des Rentenbescheids vom 30.03.1994 habe sie im Rahmen einer Beratung mit Mitarbeitern der Beklagten ihre Versicherung neu regeln wollen. Damals sei aber gesagt worden, dass dies nicht ginge. Ab Januar 2000 sei sie dann aber pflichtversichert worden. Auch sei ihr die Rente im Jahr 2001 rückwirkend gewährt worden. Da der Bescheid auch der Beklagten zugegangen sei, hätte diese hierauf reagieren müssen.
Der Widerspruchsausschuss der Beklagten zu 1 wies mit Widerspruchsbescheid vom 27.05.2010 den Widerspruch der Klägerin zurück. Die Ausübung einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit schließe die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) aus. Der Bescheid betreffend die Ablehnung der KVdR-Mitgliedschaft von 1995 sei ebenso längst bestandskräftig wie die jährlich ergangenen Beitragsbescheide, denen nie widersprochen worden sei. Außerdem habe die Klägerin im Oktober 1999 Krankengeld, berechnet aus ihrem beitragspflichtigen Arbeitseinkommen, erhalten, weshalb eine Erstattung der Beiträge ausscheide. Schließlich seien die Beiträge auch bereits - vier Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entrichtet worden seien - verjährt.
Am 23.06.2010 hat die Klägerin beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben. Sie hat insbesondere geltend gemacht, aufgrund der rückwirkend bewilligten (Voll-)Rente wegen Alters habe sie nicht vorher die Art des Versicherungsverhältnisses beantragen können; auch fühle sie sich durch die Beklagte falsch beraten, weil ihr damals nicht gesagt worden sei, dass sie sich hätte günstiger versichern können; ihr Einkommen sei im maßgeblichen Zeitraum nie positiv gewesen. Es sei versäumt worden, sie darauf hinzuweisen, dass sie sich als Selbständige auch aufgrund ihres Niedrigeinkommens versichern könne; dies habe sie erst im Mai 2000 erfahren. Wegen dieser unterbliebenen Aufklärung bzw Falschberatung könne sich die Beklagte auch nicht auf die Verjährung berufen, zumal auch deren Mitarbeiter ihr bereits im November 1993 erklärt habe, dass sie als Selbständige Beiträge aufgrund der Mindestbemessungsgrundlage zu entrichten habe. Bezüglich der angeführten Krankengeldzahlung sei sie durchaus zu einer Verrechnung bei der Beitragsrückerstattung bereit.
Das SG hat in einem Erörterungstermin vom 02.09.2010 die Beteiligten gehört. In diesem Termin einigten sich die Beteiligten darauf, dass die strittigen Bescheide auch im Namen der Bekalgten Ziff 2 ergangen waren und diese als weitere Beklagte in das Klageverfahren einbezogen werde.
Mit im Erörterungstermin am 02.09.2010 verkündetem Gerichtsbescheid hat das SG die Klage abgewiesen. Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage sei nicht begründet. Die Abweisung der Klage ergebe sich zunächst bereits aus den tatsächlichen und rechtlichen Gründen des angefochtenen Bescheids vom 09.03.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2010. In den angefochtenen Bescheiden habe sich die beklagte Krankenkasse zutreffend auf die längst bestandskräftig und für die Beteiligten bindend gewordenen Bescheide betreffend der fehlenden Voraussetzungen für die Pflichtmitgliedschaft in der KVdR sowie auf die gleichfalls nicht angefochtenen und bestandskräftig gewordenen jährlichen Bescheide über die Festsetzung der Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung berufen. Auch wenn man zu Gunsten der Klägerin deren Antrag vom 11.12.2008 zugleich als Antrag auf Überprüfung der bestandskräftig gewordenen Bescheide nach § 44 SGB X auslege und die angefochtenen Bescheide inhaltlich dahingehend würdige, dass damit auch ein solcher Überprüfungsantrag geprüft und (ablehnend) verbeschieden worden sei, führe dies zu keiner für die Klägerin günstigeren Beurteilung. Denn eine für die Klägerin günstigere Beitragsgestaltung sei rechtlich nur möglich gewesen, wenn die Klägerin im Zeitraum von 1994 bis Anfang 2000 zu Unrecht als hauptberuflich Selbständige beurteilt worden wäre. Einen diesbezüglichen Nachweis habe sie aber nicht erbracht. Im Übrigen habe die Klägerin ihr selbständiges Gewerbe erst zum 02.03.2002 abgemeldet. Trotz reduzierter Öffnungszeiten müsse durchschnittlich eine wöchentliche Arbeitsstundenzahl von 40 Stunden für Wareneinkauf, Abrechnung, Pflege des Warenbestands, Reinigung der Räumlichkeiten und sämtliche Büroarbeiten angenommen werden, was im Umfang einer Vollzeitbeschäftigung entspreche. Auch sei die selbständige Tätigkeit für die Bestreitung ihres Lebensunterhalts keineswegs ganz untergeordnet gewesen. Sei die Klägerin aber zu Recht als hauptberuflich Selbständige versichert gewesen, sei es auch nicht zu beanstanden, dass der Klägerin der Zugang zur Pflichtmitgliedschaft in der KVdR entsprechend § 5 Abs 5 SGB V verwehrt worden sei und sie mit den - von ihr nie angefochtenen - Beitragsbescheiden zu den für hauptberuflich Selbständige nach Gesetz und Satzung maßgeblichen Beiträgen herangezogen worden sei.
Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 29.11.2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 17.12.2010 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie mitgeteilt, ihre Arbeitszeit habe damals bei um die 25 Stunden gelegen. Nur manchmal, wenn es unumgänglich gewesen sei, habe sie teilweise auch außerhalb der Öffnungszeiten gearbeitet; eine 40-Stunden-Woche, wie vom SG angenommen, habe sie nicht gehabt. Mit Schreiben vom 21.04.2012 hat die Klägerin dann noch mitgeteilt, es gehe ihr nur um die Jahre 1995 bis 1999. Es stelle sich die Frage, wie es zusammen gehe, dass sie mit Bescheid vom 11.04.2001 rückwirkend eine volle Altersrente erhalten habe und dennoch den vollen Beitrag zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung habe zahlen müssen. Es habe schon von Anfang an eine falsche Beratung vorgelegen. Nach Erhalt des Bescheids vom 30.04.1994 habe sie sich beraten lassen und eine Beitragsreduzierung erwartet. Herr H. von der Beklagten habe aber gesagt, dass sie, solange sie als Selbständige das Geschäft betreibe, den vollen Beitrag nach der Mindestbeitragsbemessungsgrenze bezahlen müsse, auch wenn sie eine Rente beziehe.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 02.09.2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 09.03.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.05.2010 aufzuheben und die Beklagten zu verurteilen, ihr die von 01.01.1995 bis 31.12.1999 entrichteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung unter Anrechnung des bezogenen Krankengeldes zu erstatten.
Die Beklagten beantragen sinngemäß,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Beklagten sind der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Sachverhalt wurde in einem Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 27.01.2012 mit den Beteiligten erörtert. Wegen des Inhalts des Termins wird auf Blatt 29 bis 32, wegen der im Termin vorgelegten Unterlagen auf Blatt 33 bis 88 der Senatsakte Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakten sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist gemäß §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG statthaft und zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 iVm Abs 4 SGG) ist der die Erstattung der von der Klägerin an die beiden Beklagten in der Zeit vom 01.01.1995 bis zum 31.12.1999 gezahlten Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung ablehnende Bescheid der Beklagten vom 09.03.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2010. Dieser Bescheid wirkt entsprechend der gemeinsam und im Namen der Beklagten zu 2) getroffenen Vereinbarung auch für und gegen die Beklagte zu 2). Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Erstattung der für die Zeit vom 01.01.1995 bis zum 31.12.1999 gezahlten Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung.
Ob wegen des Umstandes, dass der angefochtene Gerichtsbescheid zwar vor dem Erörterungstermin (Schreiben des SG vom 17.08.2010) angekündigt, aber im Erörterungstermin verkündet und anschließend zugestellt wurde, ein wesentlicher Mangel iSd § 159 Abs 1 Nr 2 SGG anzunehmen ist, kann offen bleiben, denn selbst wenn die Verkündung des Gerichtsbescheides in einem nichtöffentlichen Termin ein Verfahrensmangel darstellen würde, wäre dieser durch die wirksame und tatsächliche Zustellung des Gerichtsbescheids an beide Beteiligte geheilt; es handelt sich daher nicht bloß um eine Nichtentscheidung des SG. Auch ist eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme nicht notwendig, weshalb eine Zurückverweisung nach dem seit 01.01.2012 geltenden § 159 Abs 1 SGG nicht in Betracht kommt. Im Übrigen wurde weder der Anspruch der Klägerin oder der Beklagten auf rechtliches Gehör verletzt, noch eine Überraschungsentscheidung getroffen, sodass der Senat auch in Anwendung der zum Zeitpunkt der Berufungserhebung geltenden Fassung des § 159 Abs 1 SGG im Rahmen seines Ermessens nicht zu einer Aufhebung und Zurückverweisung verpflichtet war.
Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin auf Beitragserstattung ist § 26 Abs 2 SGB IV. Hiernach sind zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten, es sei denn, dass der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs auf Grund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, Leistungen erbracht oder zu erbringen hat; Beiträge, die für Zeiten entrichtet worden sind, die während des Bezugs von Leistungen beitragsfrei sind, sind jedoch zu erstatten. Voraussetzung eines solchen Beitragserstattungsanspruchs ist damit, dass die Beiträge zu Unrecht entrichtet (gezahlt) worden waren. Dies konnte der Senat jedoch nicht feststellen.
Die Klägerin hat in der streitigen Zeit ursprünglich eine Berufsunfähigkeitsrente, später eine Altersrente für Schwerbehinderte, Berufsunfähige oder Erwerbsunfähige bezogen. Hieraus resultierte bei der Klägerin jedoch keine Versicherungspflicht in der Gesetzlichen Krankenversicherung der Rentner (KVdR). Zwar begründet § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V grds eine Pflichtversicherung für bestimmte Rentner, doch ist diese Pflichtversicherung nach § 5 Abs 5 SGB V - der im gesamten streitigen Zeitraum unverändert galt - ausgeschlossen, wenn der Versicherte hauptberuflich selbständig erwerbstätig ist. Damit ist die vorliegend entscheidende Frage die, ob die Klägerin im streitigen Zeitraum vom 01.01.1995 bis zum 31.12.1999 in diesem Sinne hauptberuflich selbständig erwerbstätig war. War sie dies nicht, hat die Erwerbstätigkeit der Klägerin die Pflichtversicherung in der KVdR nicht verdrängt und die Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung wären zu Unrecht geleistet worden.
Jedoch konnte sich der Senat nicht davon überzeugen, dass die Klägerin in der Zeit vom 01.01.1995 bis zum 31.12.1999 nicht hauptberuflich selbständig erwerbstätig war. Die Klägerin hat zwar in dieser Zeit zunächst eine Rente wegen Berufsunfähigkeit, später eine Altersrente bezogen, hat aber ihr Geschäft weiter betrieben. Insoweit war die Klägerin selbständig erwerbstätig. Dies ist jedoch nur dann von Bedeutung, wenn diese selbständige Erwerbstätigkeit hauptberuflich ausgeübt worden war. Hauptberuflich ist eine selbständige Erwerbstätigkeit dann, wenn sie von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Aufwand her die übrigen Erwerbstätigkeiten zusammen deutlich übersteigt und sie den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit darstellt (Senatsurteil vom 24.08.2004, L 11 KR 4196/03, juris Rdnr 19 unter Hinweis auf BT-Drucksache 11/2237 S 160). Sie muss auf Gewinnerzielung ausgerichtet sein; unerheblich ist in diesem Kontext, ob tatsächlich Verluste erwirtschaftet werden (Felix in jurisPK-SGB V, 2. Auflage 2012, § 5 SGB V Rdnr 112, Fnr 249 unter Hinweis auf BSG 26.09.1996, 12 RK 46/95, BSGE 79, 133-147 = SozR 3-2500 § 240 Nr 27 = juris). Damit ist eine selbständige Tätigkeit dann hauptberuflich, wenn sie von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Aufwand her die übrigen Erwerbstätigkeiten zusammen deutlich übersteigt und den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit bildet (Felix aaO). Maßgeblich sind immer die Umstände des Einzelfalls (Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, aaO, § 5 SGB V RdNr. 91 f). Bei dieser Prüfung ist grds auf die Verhältnisse abzustellen, die ab der Zeit des Zusammentreffens der Rente bzw Arbeitnehmertätigkeit mit der selbständigen Erwerbstätigkeit bestanden haben (LSG aaO Rdnr 20). Diese tatsächlichen Verhältnisse sind in einer vorausschauenden Betrachtungsweise zu beurteilen (BSG, 19.02.1987, 12 RK 9/85, SozR 2200 § 172 Nr 19 = juris). Dabei kann bei Rentnern die Hauptberuflichkeit der selbständigen Erwerbstätigkeit nicht aus der Gegenüberstellung der Arbeitszeiten abgeleitet werden (Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V, § 5 Rdnr 491), denn der Rentenbezug bedingt gerade eine Untätigkeit und damit das Nichtvorhandensein einer Arbeitszeit. Indizien für eine hauptberuflich selbständige Erwerbstätigkeit können bei Rentnern daher die Anzeige bzw die Genehmigung des Gewerbes, die Beschäftigung von Mitarbeitern oder der zeitliche Umfang der selbständigen Erwerbstätigkeit als solcher sein (Gerlach aaO). Insoweit kann auch die Bedeutung der selbständigen Tätigkeit im Verhältnis zum Rentenbezug zB aus dem wirtschaftlichen Schwerpunkt hergeleitet werden (Gerlach aaO Rdnr 492a).
Auch wenn die Klägerin ihr Geschäft nur noch in einem eingeschränkten zeitlichen Umfang (nach eigenen Angaben ca 25 Stunden pro Woche) betrieben hat, ist der Zeitaufwand hierfür von nicht bloß untergeordnetem Gewicht. Sie hatte in der streitigen Zeit zwar keine Mitarbeiter, doch hatte sie das Geschäft als selbständiges Gewerbe angemeldet und in nicht unerheblichem Umfang betrieben. Sie hat Waren (hauptsächlich Waren zum täglichen Gebrauch wie Lebensmittel und Haushaltsbedarfsartikel) an- und verkauft. Auch wenn die Klägerin aus der selbständigen Tätigkeit steuerrechtlich nur Verluste erwirtschaftet hatte und die Rente als betragsmäßig größte Einkommensquelle diente, mit der Verluste aus dem Geschäft ausgeglichen wurden, hat die Klägerin im Wesentlichen ihren Lebensunterhalt aus den steuerfreien Sachbezügen aus ihrem Geschäft bestritten. Denn nicht nur die Rente, sondern die Warenentnahmen aus dem Laden - so auch ihre Angaben gegenüber dem Senat - dienten der Klägerin zum Erhalt der Lebensgrundlage in Form der Ernährung. Insoweit lag der wirtschaftliche Schwerpunkt des Lebens der Klägerin im Geschäft und damit in der selbständigen Erwerbstätigkeit. Auch dass die Klägerin ihre Rentenbeträge in das Geschäft investiert hatte, zeigt, dass der Mittelpunkt des Wirtschaftens das Geschäft war. Dieses hat die Klägerin in Gewinnerzielungsabsicht betrieben, auch wenn ihr ein tatsächlicher steuerrechtlich relevanter Gewinn nicht gelungen war.
Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung des wirtschaftlichen und persönlichen Situation der Klägerin ist der Senat daher zu der Überzeugung gelangt, dass die selbständige Erwerbstätigkeit gegenüber dem Bezug der Rente zeitlich und wirtschaftlich das Schwergewicht gebildet und damit im Vordergrund gestanden hatte; die Klägerin war daher hauptberuflich selbständig erwerbstätig. Bei der Selbständigkeit der Klägerin handelte es sich auch nicht bloß um einen aus Liebhaberei oder hobbymäßig selbständig betriebenen Laden. Vielmehr war dieser die Basis der Lebensführung und des Wirtschaftens der Klägerin. Der Senat sieht sich in seiner Auffassung dadurch bestärkt, dass die Klägerin in der mündlichen Verhandlung angegeben hatte, hätte sie schon 1995 eine Rente wegen Alters erhalten, hätte das Geschäft wohl nicht aufgegeben, sondern - auch wegen der bestehenden Schulden aus dem Umbau der Räumlichkeiten - neben der Rente her betrieben.
Damit war die Klägerin hauptberuflich selbständig und wegen § 5 Abs 5 SGB V in der streitigen Zeit nicht in der KVdR versicherungspflichtig. Die freiwillige Versicherung (§ 240 SGB V) war daher zu Recht erfolgt; dass die Beiträge falsch berechnet worden wären, war nicht geltend gemacht worden, konnte der Senat aber auch nicht feststellen.
Dass der Klägerin im Jahr 2001 rückwirkend zum 01.01.1995 eine Altersrente bewilligt worden war, ändert an den tatsächlichen Verhältnissen im streitigen Zeitraum nichts. Denn eine derartige nachträgliche, rückwirkende Änderung der Verhältnisse im Jahr 2001 kann die tatsächliche gelebte und wirtschaftliche Situation der Jahre 1995 bis 1999 nicht mehr verändern.
War die Klägerin daher zutreffend nicht als pflichtversicherte Rentnerin, sondern als freiwillig versichertes Mitglied der Beklagten zu 1 krankenversichert, so war diese auch nach § 20 Abs 3 SGB XI in der seit 01.01.1995 geltenden Fassung in der sozialen Pflegeversicherung bei der Beklagten zu 2 versicherungspflichtig. Die damit bezahlten Beiträge sind ebenfalls nicht zu Unrecht erbracht; dass die Beiträge falsch berechnet worden wären, war auch insoweit nicht geltend gemacht worden, konnte der Senat aber auch nicht feststellen.
War die Klägerin daher in der GKV bei der Beklagten zu 1 zu Recht freiwillig versichertes Mitglied und in der sozialen Pflegeversicherung zu Recht versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten zu 2, hat sie die zwischen 1995 und 1999 gezahlten Beiträge nicht zu Unrecht geleistet. Daher hat die Klägerin - unabhängig von der Bestandskraft früherer Bescheide, der Inanspruchnahme von Krankengeld oder der Frage des Eintritts von Verjährung - keinen Anspruch auf Erstattung der in der Zeit vom 01.01.1995 bis zum 31.12.1999 geleisteten Beiträge.
Nur am Rande der Entscheidung sei darauf hingewiesen, dass die Klägerin in den Jahren 1995 bis 1999 aus den von ihr bezogenen Renten keine Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung getragen und die BfA keine solche Beiträge gezahlt hat. Vielmehr waren ihr - wenn auch erst im Jahr 1997 rückwirkend - vom Rentenversicherungsträger Zuschüsse zu ihren Aufwendungen für die freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung (§§ 106, 106a aF SGB VI) gezahlt worden; dies sogar noch im Bescheid vom 11.04.2001 für die Zeit bis 31.12.1999; erst ab dem 01.01.2000 waren die Zuschüsse entfallen.
Soweit die Klägerin geltend macht, von den Beklagten falsch beraten worden zu sein, konnte der Senat eine solche Falschberatung nicht feststellen. Zunächst hatte die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, nach dem Tod ihrer Mutter versucht zu haben, eine abhängige Beschäftigung zu finden, was ihr aber in Folge ihrer Behinderung nicht gelungen sei. In diesem Zusammenhang habe ein Mitarbeiter des Arbeitsamtes gesagt, sie solle den Betrieb nicht aufgeben. Des Weiteren hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass sie von dem Mitarbeiter der Beklagten bei Beginn der Rente im Jahr 1993 auf die Folgen der Fortführung des Betriebes hingewiesen worden sei. Aber selbst wenn die Klägerin falsch beraten worden wäre, könnte im Rahmen des sog sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ein tatsächliches Verhalten der Klägerin nicht rückwirkend ungeschehen gemacht werden. Denn der sozialrechtliche Herstellungsanspruch dient der Korrektur von behördlichem Fehlverhalten; tatsächliches Verhalten des Versicherten kann nicht wieder beseitigt werden. Insoweit steht die tatsächliche Ausübung der hauptberuflich selbständigen Tätigkeit in der Zeit vom 01.01.1995 bis zum 31.12.1999 einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch entgegen. Im Übrigen dürfte auch die Beratung der Beklagten - selbst wenn diese die Klägerin zutreffend beraten hätten - nicht ursächlich für das Weiterbetreiben des Ladens gewesen sein. Denn die Klägerin hatte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausgeführt, sie hätte wegen der aus den achtziger Jahren bestehenden Schulden, das Geschäft sehr wahrscheinlich auch neben der Rente betrieben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat im Rahmen seines Ermessens insbesondere berücksichtigt, dass die Klägerin in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben ist.
Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Nr. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved