L 5 KR 3041/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 93/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 3041/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 20.06.2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich mit der Berufung noch gegen den Beitragsbescheid der Beklagten, soweit darin Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung seit dem 01.07.2009 in Höhe von 78,85 EUR monatlich zusätzlich aufgrund einer Auszahlung einer Direktversicherung festgesetzt worden sind.

Der 1946 geborene Kläger ist bei der Beklagten seit dem 01.07.2009 als Rentner in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung pflichtversichert. Zuvor bestand eine freiwillige Versicherung als abhängig Beschäftigter, wobei der Kläger wegen Überschreitung der Beitragsbemessungsgrenze Höchstbeiträge zu zahlen hatte.

Am 13.03.2007 erhielt die Beklagte die Mitteilung, dass dem Kläger zum 01.12.2006 eine betriebliche Direktversicherung als Kapitalzahlung in Höhe von 63.503,82 EUR ausbezahlt worden sei. Nachdem bis zum 30.06.2009 ohnehin Beiträge in Höhe des Höchstbeitrages zu zahlen waren, zog die Beklagte diese Zahlung zunächst nicht zur Beitragspflicht heran. Eine Mitteilung an den Kläger hierzu erfolgte nicht. Nachdem der Kläger dann zum 30.06.2009 aus seinem Beschäftigungsverhältnis ausschied und seine Einkünfte unter die Beitragsbemessungsgrenze gesunken waren, setzte die Beklagte mit Bescheid vom 22.07.2009 auf der Grundlage von weiteren monatlichen Einnahmen in Höhe von 529,- EUR zusätzliche Beiträge in Höhe von 78,85 EUR zur gesetzlichen Kranken- und 10,32 EUR zur sozialen Pflegeversicherung fest.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, dass die Beklagte verpflichtet gewesen sei, ihn unverzüglich auf die Beitragspflicht der Direktversicherung hinzuweisen und nicht erst mehr als zwei Jahre später. Hierzu verwies der Kläger auf § 202 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), woraus sich eine Aufklärungspflicht der Beklagten ergebe. Das Geld sei mittlerweile für Renovierungsarbeiten verbraucht. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2009 zurück.

Mit seiner am 11.01.2010 zum Sozialgericht Ulm (SG) erhobenen Klage hat der Kläger die Aufhebung des Beitragsbescheids weiterverfolgt und zur Begründung vorgetragen, dass die Beiträge verjährt seien oder zumindest ihre Geltendmachung als verwirkt anzusehen sei. Er habe nicht von der Beitragspflicht bezüglich der Direktversicherung gewusst. Insofern sei die Forderung über nunmehr 89 Monate mit 90 EUR, also insgesamt 8.010,- EUR nicht nachvollziehbar. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.

Mit Urteil vom 20.06.2011 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 22.07.2009 in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 15.12.2009 hinsichtlich der Festsetzungen zur sozialen Pflegeversicherung aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Hinsichtlich der Klageabweisung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte sei gemäß § 229 Abs. 1 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m. §§ 237, 248 Satz 1 SGB V, jeweils in der seit dem 1. Januar 2004 geltenden Fassung, berechtigt gewesen, von dem in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversicherten Kläger Beiträge auch aus der einmaligen Kapitalzahlung aus der Direktversicherung, die eine Zahlung der betrieblichen Altersversorgung gewesen sei, ab 1. Juli 2004 nach dem vollen allgemeinen Beitragssatz zu verlangen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gehörten zu den Renten der betrieblichen Altersversorgung im Sinne von § 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB V auch Renten, die aus einer vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeschlossenen Direktversicherung im Sinne des § 1 Abs 2 Betriebstaltersvorsorgegesetz (BetrAVG) gezahlt würden, unabhängig davon, ob sie zum Teil oder ganz auf Leistungen des Arbeitnehmers bzw. des Bezugsberechtigten beruhten. Diese so genannte institutionelle Abgrenzung, die sich allein daran orientiere, ob die Rente von einer Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung gezahlt werde und Modalitäten des individuellen Rechtserwerbs unberücksichtigt lasse, verstoße nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) im Vergleich mit sonstigen, nicht zur Beitragsbemessung heranzuziehenden Zahlungen aus privaten Renten- und Lebensversicherungsverträgen. Die Beiträge zur Direktversicherung würden im Übrigen vom Bruttogehalt abgezogen, sodass diese Abzüge bislang noch nicht der Kranken- und Pflegeversicherungspflicht unterlegen hätten. Im vorliegenden Fall habe der Kläger über seinen damaligen Arbeitgeber eine Direktversicherung abgeschlossen und Beiträge aus seinen Bruttobezügen in diese Versicherung geleistet. Bei dieser Versicherung handele es sich nach höchstrichterlicher Rechtsprechung um eine betriebliche Altersversorgung, die nach dem 01.01.2004 ausbezahlt wurden sei und damit vollständig der Kranken- und Pflegeversicherungspflicht unterliege. Die Verteilung der Zahlungspflicht auf 10 Jahre sei nach § 229 Abs. 1 Satz 2 SGB V rechtmäßig, ebenso die Höhe der monatlichen Beitragspflicht mit 1/120 des Auszahlbetrages (1/120 von 63.503,82 EUR ergebe die monatlich festgesetzten 529,20 EUR). Insofern habe die Beklagte die Verteilung der am 01.12.2006 zugeflossenen Versicherung zutreffend für den Zeitraum bis zum 30.11.2016 vorgenommen. Der Einwand der Verjährung bzw. Verwirkung könne nicht greifen. Hier gebe es insbesondere keine Rechtfertigung dafür, den Kläger durch die Einmalzahlung besser zu stellen, als einen Versorgungsempfänger, der seine Leistung jeweils monatlich ausbezahlt erhalte. Dementsprechend greife auch der Einwand der Entreicherung nicht. Auch bei wiederkehrenden beitragspflichtigen Versorgungsbezügen hänge nämlich die Beitragspflicht nicht davon ab, ob und wofür der Versicherte diese verbrauchen wollte oder verbraucht habe (vgl. BSG, Urteil vom 12.11.2008 - B 12 KR 6/08 R -). Bei gedachter Anwendung von § 48 SGB X - ausgehend von einer Änderung der Tatsachengrundlage; hier: Änderung der Einkommensverhältnisse - wäre im Übrigen ein Vertrauensschutz nicht gegeben. Der Verweis auf die Vorschrift des § 202 SGB V gehe fehl, da diese keine Vorschrift darstelle, die der Beklagten eine Aufklärungspflicht mit Schutzcharakter gegenüber dem Kläger auferlege. Grundsätzlich normiere § 202 Abs. 1 Satz 4 SGB V zwar, dass auch dem Versorgungsempfänger die Beitragspflicht unverzüglich mitzuteilen sei. Diese gesetzliche Regelung habe nach dem Willen des Gesetzgebers jedoch keine umfassende Aufklärungspflicht der Krankenkassen begründen sollen. Vielmehr habe die Krankenkasse nur zur Mitteilung verpflichtet werden sollen, wenn sich überhaupt ein zu erhebender Beitrag ergebe (vgl. BT-Drucksache 12/5187, S. 31). Selbst bei gedachter Aufklärungspflicht durch die Beklagte könnte daraus allenfalls ein Anspruch aus Amtshaftung resultieren. Zum einen stelle sich dann aber bereits die Frage, worin der Schaden des Klägers gesehen werden sollte, da er das Geld unstreitig erhalten habe und der Verbrauch alleine noch keinen Schaden begründen könne. Außerdem wäre ein Amtshaftungsanspruch vor den Zivilgerichten zu verfolgen, weshalb das hier angegangene Gericht hierüber nicht zu entscheiden habe.

Gegen dieses ihm am 27.06.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19.07.2011 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt und im Wesentlichen geltend gemacht, das Bundesverfassungsgericht habe erst in den Jahren 2007 und 2008 über die Rechtmäßigkeit der Regelung des § 229 SGB V entschieden. Das SG führe fehlerhaft aus, dass der Einwand des Klägers auf Verjährung bzw. Verwirkung nicht greifen könne, da der Gleichbehandlungsgrundsatz aus Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz eine Gleichbehandlung solcher Versorgungsempfänger, die eine Leistung einmalig und solcher, welche monatlich Leistungen erhielten, gebiete. Insoweit verkenne das Gericht, dass Versorgungsempfänger, die eine monatliche Leistung erhielten, nicht dem Kläger gleichzustellen seien. Denn bei dem Versorgungsempfänger, dem seine Leistung jeweils monatlich ausgezahlt werde, bestehe nicht die Gefahr, dass er seine Leistung bereits verbraucht habe bis er gemäß § 202 Abs. 1 S. 4 SGB V von seiner Beitragspflicht in Kenntnis gesetzt werde. Hierin liege gerade der entscheidende Unterschied. Er habe eben gerade nicht davon gewusst, dass eine Leistungspflicht bestand, aufgrund der Unkenntnis habe er die entsprechenden Beträge bereits verbraucht. Nur dann, wenn also der Versorgungsempfänger, der eine Leistung monatlich oder in regelmäßigen Abständen erhalte und selbst keine Kenntnis über eine Verpflichtung habe, könne eine Gleichstellung erfolgen. Dann könnte selbstverständlich auch dieser Empfänger den Einwand der Verwirkung bzw. Verjährung erheben. Der Einwand, bei der Verletzung der Informationspflichten der Beklagte könne sich allenfalls einen Anspruch aus Amtshaftung ergeben, aber es sei schon ein Schaden nicht erkennbar, treffe ebenfalls nicht zu. Solange der Kläger die von der Beklagten geforderten Beiträge noch nicht bezahlt habe, habe sich zwar noch kein Schaden ergeben, sodass Schadensersatzansprüche aus Amtshaftung nicht eingreifen könnten. Es gehe aber doch vorliegend um die Frage, ob er trotz Informationspflichtverletzung der Beklagten zu Beitragszahlungen herangezogen werden könne. Selbst bei einem Amtshaftungsanspruch gelte der Rechtsgrundsatz "dolo agit qui petit quod statim redditurus est". Danach sei das Verhalten der Krankenversicherung rechtsmissbräuchlich, da sie etwas einfordere, was sie aus anderen Gesichtspunkten wieder zu erstatten hätte. Die Ausführungen des Sozialgerichts, die Vorschrift des § 202 SGB V stelle keine Vorschrift dar, welche der Beklagten eine Aufklärungspflicht mit nachfolgendem Schutzcharakter gegenüber dem Kläger auferlege, widerspreche dem klaren Wortlaut des Gesetzes. Selbst das Sozialgericht führe zunächst zutreffend aus, dass die Beklagte nach dieser Vorschrift verpflichtet sei, dem Versorgungsempfänger die Beitragspflicht unverzüglich mitzuteilen. Der Wortlaut des § 202 Abs. 1 S. 4 SGB V sei klar und eindeutig. Es bestehe also die Pflicht des Beklagten unverzüglich den Versorgungsempfänger zu informieren. Im Falle einer Einmalzahlung müsse die Vorschrift so verstanden werden, dass der Versorgungsempfänger bereits bei Erhalt der Einmalzahlung über seine etwaigen Beitragspflichten informiert werde, damit er die Möglichkeit habe, das Geld hierfür zurückzulegen. Wenn schon Einmalzahlungen zur Beitragspflicht herangezogen würden unter erweiternder Auslegung der Beitragspflichten, dann müssten auch die Informationspflichten entsprechend ausgelegt werden. Er habe — wie bereits ausgeführt — die Gelder der Kapitalzahlung für häusliche Renovierungsarbeiten, für die Rückzahlung von Verbindlichkeiten sowie für die Unterstützung seiner Familien aufgebraucht. Außerdem habe er mit seiner Frau eine lange geplante zweimonatige Urlaubsreise unternommen, die mit Sicherheit etwas kürzer und demzufolge günstiger ausgefallen wäre, hätte er von der Zahlungsverpflichtung gewusst.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 20.06.2011 aufzuheben, soweit die Klage abgewiesen worden ist, und den Bescheid vom 22.07.2009 in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 15.12.2009 auch hinsichtlich der Festsetzung von Krankenversicherungsbeiträge auf der Grundlage des Auszahlungsbetrags der Direktversicherung aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend und ihren Bescheid für rechtmäßig.

Der Senat hat die Beteiligten mit Verfügungen vom 03.11.2011 und 10.01.2012 darauf hingewiesen, dass er die Berufung gem. § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, und diese Verfahrensweise beabsichtigt sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

II.

Der Senat weist die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurück, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft. Die Berufung ist auch sonst gem. § 151 SGG zulässig.

De Berufung des Klägers ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage hinsichtlich der streitigen Krankenversicherungsbeiträge als unbegründet abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten ist insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Nach § 237 Satz 1 SGB V werden bei versicherungspflichtigen Rentnern der Beitragsbemessung in der GKV neben dem Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung (Nr. 1) und dem Arbeitseinkommen (Nr. 3) der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen (Nr. 2) zugrunde gelegt. § 226 Abs. 2 SGB V und die §§ 228, 229 und 231 SGB V gelten insofern nach § 237 Satz 2 SGB V entsprechend. Als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) i.S. des § 237 Satz 1 Nr. 2 SGB V gehören nach Maßgabe von § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V zu den beitragspflichtigen Einnahmen des Klägers auch die - vorliegend allein in Betracht kommenden - "Renten der betrieblichen Altersversorgung" i.S. des § 237 Satz 1 Nr. 5 SGB V, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden.

Die Abgrenzung der beitragspflichtigen Leistungen der betrieblichen Altersversorgung i.S. des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V gegenüber den beitragsfreien sonstigen Leistungen aus privaten Lebensversicherungen ist grundsätzlich nach der Institution, die sie zahlt (z.B. Pensionskasse, § 1b Abs. 3 BetrAVG), bzw. dem Versicherungstyp (Direktversicherung, § 1b Abs. 2 BetrAVG) vorzunehmen. Diese institutionelle Abgrenzung stellt auch aus verfassungsrechtlicher Sicht grundsätzlich ein geeignetes Kriterium dar, um beitragspflichtige Versorgungsbezüge und beitragsfreie private Lebensversicherungen voneinander abzugrenzen (BVerfG, Beschluss vom 06.09.2010 - 1 BvR 739/08 -, veröffentlicht in Juris Rn. 16 und Beschluss vom 28.09.2010 - 1 BvR 1660/08 – veröffentlicht in Juris Rn. 14).

Das BSG (Urteil vom 25.05.2011 - B 12 P 1/09 R -, veröffentlicht in Juris) hat an der hierzu vom SG zitierten Rechtsprechung für Fälle wie den vorliegenden festgehalten und ausgeführt: Der Senat hat seine Auffassung seinerzeit - zu § 180 Abs. 8 Satz 2 Nr. 5 RVO - damit begründet, dass Beitragsrecht und Betriebsrentenrecht unterschiedliche Ziele verfolgen (BSG SozR 2200 § 180 Nr. 47 S. 202 f.) und der Begriff der betrieblichen Altersversorgung deshalb nach Zweck und Systematik des Beitragsrechts abzugrenzen ist (BSGE 58, 10, 11 f. = SozR 2200 § 180 Nr. 25 S. 90; BSG SozR 2200 § 180 Nr. 40 S. 163). Trotz der ständigen Rechtsprechung des BSG hat der Gesetzgeber § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V nicht geändert (so BSG Urteil vom 11.10.2001 - B 12 KR 4/00 R - juris RdNr. 21). Diese - für eine eigenständige Bestimmung des Begriffs der betrieblichen Altersversorgung maßgebende - Begründung hält der Senat weiter für tragfähig. Der Senat hat in der Vergangenheit insbesondere darauf abgestellt, dass die Einbeziehung von Versorgungsbezügen in die Beitragspflicht der Krankenversicherung der Rentner neben einer Einnahmenerhöhung bei den Krankenkassen auch der Stärkung der Beitragsgerechtigkeit und der Solidarität unter den versicherten Rentnern dient sowie die Gründe hierfür auch in allgemein am Gleichheitssatz orientierten Erwägungen liegen, nämlich alle aus früherer Berufstätigkeit herrührenden Versorgungseinnahmen gleich zu behandeln (vgl. hierzu etwa BSG SozR 4-2500 § 229 Nr. 7 RdNr. 16). Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen danach lediglich Einnahmen unberücksichtigt bleiben, die nicht (unmittelbar) auf ein früheres Beschäftigungsverhältnis oder auf eine frühere Erwerbstätigkeit zurückzuführen sind, z.B. Einnahmen aufgrund betriebsfremder privater Eigenvorsorge oder Einnahmen aus ererbtem Vermögen (BSGE 58, 10, 12 = SozR 2200 § 180 Nr. 25 S. 90 f. unter Hinweis auf BT-Drucks. 9/458 S. 34; ferner BSG SozR 3-2500 § 229 Nr. 13 S. 69). Wesentliche Merkmale einer Rente der betrieblichen Altersversorgung (als einer mit der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbaren Einnahme) im Sinne des Beitragsrechts der GKV sind danach - wenn ihr Bezug nicht schon institutionell (Versorgungseinrichtung, Versicherungstyp) vom Betriebsrentenrecht erfasst wird - ein Zusammenhang zwischen dem Erwerb dieser Rente und der früheren Beschäftigung sowie ihre Einkommens- (Lohn- bzw. Entgelt-)Ersatzfunktion als - weiteres - Merkmal der Vergleichbarkeit mit der gesetzlichen Rente (BSG SozR 2200 § 180 Nr. 38 S. 154, Nr. 40 S. 164, Nr. 47 S. 205; vgl. ferner BSG SozR 3-2500 § 229 Nr. 1; auch BSG SozR 3-2500 § 229 Nr. 3 S. 10 und Nr. 6 S. 23).

Nach der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG ist eine Wandlung einer Direktversicherung in eine private Altersvorsorge erst ab dem Zeitpunkt anzunehmen, in dem dieser selbst in die Stellung des Versicherungsnehmers einrückt, was hier nicht geschehen ist.

Das Bundesverfassungsgericht hat zudem entschieden (Beschluss vom 07.04.2008 - 1 BvR 1924/07 -, veröffentlicht in Juris), dass auch die Einbeziehung der nicht wiederkehrenden Versorgungsleistungen in die Beitragspflicht mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar ist. Sie bilde ein geeignetes und erforderliches Mittel zur Stärkung der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. BVerfGE 103, 392 (404)). Den betroffenen Personen seien die damit verbundenen Folgen zumutbar. Der Gesetzgeber sei von Verfassungs wegen berechtigt, jüngere Krankenversicherte von der Finanzierung des höheren Aufwands für die Rentner zu entlasten und die Rentner entsprechend ihrem Einkommen verstärkt zur Finanzierung heranzuziehen. Der Gesetzgeber könne dazu auch Teilgruppen herausgreifen und diese zu höheren Beitragszahlungen heranziehen, wenn dies durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt sei. Hierzu habe der Gesetzgeber vor allem die bisherige Privilegierung der Bezieher nicht wiederkehrender Versorgungsleistungen beseitigen dürfen, deren Besserstellung gegenüber den Beziehern laufender Versorgungsleistungen ohnedies verfassungsrechtlich problematisch gewesen sei.

Die damit ab Juli 2009 aufgrund bestehenden Beitragspflicht für die für die Zeit ab Juli 2009 zu zahlenden Beiträge waren zum Zeitpunkt ihrer Festsetzung im Juli 2009 unzweifelhaft weder ganz noch teilweise verjährt. Ebenso scheidet eine Verwirkung aus. Danach darf ein Recht nicht mehr ausgeübt werden, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde; der Berechtigte muss unter Verhältnissen untätig bleiben, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung des Rechts unternommen zu werden pflegt. An beiden Voraussetzungen fehlt es hier, da die mit dem angefochtenen Bescheid vom 22.07.2009 geltend gemachten Beiträge erst ab August 2009 fällig wurden. Zudem haben wirksame Gesetze - auch vor der Bestätigung ihrer Verfassungsgemäßheit durch das BVerfG - allgemeine Geltung, unabhängig davon, ob der Einzelne über deren Inhalt informiert wurde bzw. informiert ist. Allein weder eine unterlassene Information noch eine unterlassene Geltendmachung können dementsprechend bereits zur Verwirkung von Beitragsschulden aufgrund gesetzlich statuierter Beitragspflichten führen (vgl. auch unten). Sonstige Umstände, die insoweit zu berücksichtigen wären, liegen hier nicht vor.

Auch aus § 202 Satz 4 SGB V kann der Kläger nichts zu seinen Gunsten herleiten. Nach dieser Vorschrift ist die Krankenkasse verpflichtet, der Zahlstelle der Versorgungsbezüge und dem Bezieher von Versorgungsbezügen unverzüglich die Beitragspflicht des Versorgungsempfängers, deren Umfang und den Beitragssatz aus Versorgungsbezügen mitzuteilen. Diese Vorschrift dient allein der zügigen Beitragsabführung. Auch die Aufzählung macht deutlich, dass die genannte Verpflichtung erst dann besteht, wenn Beiträge tatsächlich abzuführen sind. Eine - auch dem Schutz des Versorgungsempfängers dienende - Pflicht über eine dem Grunde nach bestehende Beitragspflicht zu informieren, enthält die Regelung nicht. Aber selbst, wenn man annehmen wollte, dass die Beklagte den Kläger hierüber im März 2007 auch in dessen Interesse hätte informieren müssen, kann eine solche - unterstellte - Informationspflichtverletzung nicht zum Wegfall der Beitragspflicht aus den Versorgungsbezügen führen. Eine solche Rechtsfolge lässt sich aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nicht herleiten. Dieser setzt voraus, dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund Gesetzes oder Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung (§ 14 SGB I) und Auskunft (§ 15 SGB I), verletzt hat. Weiter ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können. Er ist damit gerichtet auf Vornahme einer Handlung zur Herstellung einer sozialrechtlichen Position im Sinne desjenigen Zustands, der bestehen würde, wenn der Sozialleistungsträger die ihm aus dem Sozialrechtsverhältnis erwachsenen Nebenpflichten ordnungsgemäß wahrgenommen hätte (BSG, Urteil vom 20.10.2010 - B 13 R 15/10 R -, veröffentlicht in juris m.w.N.).

Geht man davon aus, dass der Kläger hier so zu stellen wäre, als wäre er unverzüglich über die Beitragspflicht dem Grunde nach informiert worden, verbliebe es bei der hier streitigen Beitragspflicht, die auch bei rechtzeitiger Information kraft Gesetzes eingetreten wäre. Dementsprechend kann der Kläger auch aus einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch kein Entfallen der Beitragspflicht herleiten, für deren Eintritt die unterstellte Verletzung der Informationspflicht auch nicht kausal war.

Vielmehr möchte der Kläger contra legem begünstigt werden, indem er von der für ihn ebenso wie für andere Bezieher von Versorgungsbezügen geltenden Beitragspflicht ausgenommen werden will. Hierfür gibt es keinen rechtlichen Ansatzpunkt. Auch der Versorgungsempfänger, dem eine Auszahlung aus einer Kapitalversicherung wegen einer erfolgten Sicherungsabtretung o.ä. gar nicht unmittelbar zufließt, hat hieraus Krankenversicherungsbeiträge zahlen. Denn eine Minderung der beitragsrechtlichen Leistungsfähigkeit tritt nicht ein, weil entweder der Abtretende von einer Verbindlichkeit befreit wird oder er kraft freiwilligen Entschlusses über die Verwendung seiner Einkünfte verfügt, was die Beitragsbemessung ebenfalls nicht beeinflussen kann (BSG, Urteil vom 17.03.2010 - B 12 KR 4/09 R -, veröffentlicht in juris m.w.N.). Darauf, ob der Versorgungsempfänger die künftige Beitragspflicht aus den Versorgungsbezügen kannte oder kennen konnte, kommt es für die entsprechend dem Steuerrecht zu beurteilende Leistungsfähigkeit nicht an. Nichts anderes kann gelten, wenn, wie hier, dem Versorgungsempfänger die Bezüge vor Eintritt der Beitragspflicht zunächst unmittelbar zufließen und er dann darüber disponiert.

Unabhängig davon, dass Amtshaftungsansprüche vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen sind, tritt nach dem oben Dargelegten bei der Begleichung der Beitragsschulden kein Schaden ein, so dass der Kläger, entgegen seinem Vortrag, zu einer Rückforderung auch aus Amtshaftungsgesichtspunkten nicht berechtigt sein könnte.

Ein sonstiger Schaden ist weder dargelegt noch ersichtlich. Zudem ist der sozialrechtliche Herstellungsanspruch nicht auf die Gewährung von Schadensersatz im Sinne einer Kompensation in Geld, sondern auf Naturalrestitution gerichtet (BSG, Urteil vom 20.10.2010 - B 13 R 15/10 R -, veröffentlicht in juris).

Die vom Kläger geltend gemachten Zahlungsschwierigkeiten sind damit auch in diesem Fall allein im Bereich der Vollstreckung bei der die Pfändungsgrenzen zu beachten sind, zu berücksichtigen. Der Kläger kann zudem Stundung oder Niederschlagung unter Offenlegung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse bei der Beklagten beantragen.

Der Senat nimmt auf die Gründe der angegriffenen Entscheidung Bezug und sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Begründung ab.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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