Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 5 SO 732/12 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 1620/12 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen (Ablehnung einstweiligen Rechtsschutzes) vom 4. April 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
Die gemäß § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Nach der Teilerledigungserklärung der Antragstellerin ist Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nur noch deren Begehren, ihr vorläufig für jeden Tag des Aufenthaltes ihres elfjährigen Sohnes im Rahmen ihres Umgangsrechtes 1/30 des monatlichen Regelsatzes zu gewähren. Das Sozialgericht Reutlingen (SG) hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz in diesem Umfang zu Recht abgelehnt.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit - wie hier - nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)). Beides sind gleichberechtigte Voraussetzungen, die ein bewegliches System darstellen: Je nach Wahrscheinlichkeit des Erfolges in der Hauptsache können die Anforderungen an den Anordnungsgrund geringer sein und umgekehrt. Völlig entfallen darf hingegen keine der beiden. Dementsprechend sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch im Hinblick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind dann in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergebenden Gebotes der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruches auf effektiven Rechtsschutz unter Umständen nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und vom 6. September 2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - beide (juris) unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 4. April 2008 - L 7 AS 5626/07 ER-B - und vom 11. Juni 2008 - L 7 AS 2309/08 ER-B - beide (juris)).
Vorliegend fehlt es bereits am Anordnungsanspruch i.S.e. materiell-rechtlichen Leistungsanspruches. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Sozialhilfeleistungen an sich selbst wegen der Kosten, die für den Lebensunterhalt ihres Sohnes im Zusammenhang mit der Ausübung des Umgangsrechtes anfallen. Fahrtkosten entstehen der Antragstellerin durch die Ausübung des Umgangsrechts nicht.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat in der von der Antragstellerin selbst zitierten Entscheidung (SozR 4-4200 § 20 Nr. 1) bereits zum Leistungsrecht des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) entschieden, dass zwischen den Ansprüchen der einzelnen gegebenenfalls leistungsberechtigten Personen zu unterscheiden ist, hier also der Antragstellerin und ihres Sohnes. Dabei ist insbesondere nicht ausschlaggebend, wem die Kosten der Ausübung des Umgangsrechtes unterhaltsrechtlich zuzuordnen sind. Inhaber des Leistungsanspruches ist danach nicht generell der zivilrechtlich Unterhaltsverpflichtete, sondern der jeweils Hilfebedürftige für seine ihm selbst grundsicherungsrechtlich zuzuordnenden Kosten. Ist ohnehin schon unterhaltsrechtlich davon auszugehen, dass der Hilfeempfänger die seinem Kind im Rahmen der Ausübung des Umgangsrechts entstehenden Kosten nicht zu tragen hat, weil er über kein Einkommen bzw. Vermögen oberhalb des grundsicherungsrechtlichen Existenzminimums verfügt, so müssen die Regelungen des SGB II auch nicht notwendigerweise den Kriterien des Unterhaltsrechts folgen. Denn sie substituieren keine Unterhaltsverpflichtung durch Leistungen an den Verpflichteten, sondern fehlende Unterhaltszahlungen durch Leistungen an den Unterhaltsberechtigten. Die vom BSG später bestätigte Rechtsprechung (SozR 4-4200 § 7 Nr. 13) gilt in gleicher Weise für das Recht der Sozialhilfe (ebenso Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18. Juni 2010 - L 20 SO 19/10 - und LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 7. November 2008 - L 8 SO 134/08 ER - (beide juris)). Zwar kennt das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) nicht das Institut der Bedarfsgemeinschaft des SGB II. Es ordnet aber wie dieses die individuellen Ansprüche nach den entsprechenden sozialhilferechtlich bestimmten Bedarfslagen den jeweiligen Hilfebedürftigen zu, ohne sich dabei an den zivilrechtlichen Unterhaltsvorschriften zu orientieren. Die mangels Leistungsfähigkeit fehlende Unterhaltsverpflichtung gilt in gleicher Weise für Empfänger von Leistungen der Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung nach dem Vierten bzw. bei Beziehern laufender Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel SGB XII. Es ist daher auch im Rahmen des SGB XII nicht geboten, die Leistungsansprüche abweichend von den sozialhilferechtlich zugeordneten Bedarfslagen nach den zivilrechtlichen Unterhaltsregelungen zuzuweisen.
Anderes ergibt sich auch nicht aus verfassungsrechtlichen Vorgaben, insbesondere aus Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG). Die Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums müssen danach zwar im Ergebnis die Ausübung des Umgangsrechts bei Bedürftigkeit ermöglichen (BVerfG NJW 1995, 1342). Dies erfordert es aber nicht, die Kosten des Lebensunterhalts des Kindes während der Ausübung des Umgangsrechts sozialhilferechtlich als Bedarf dem umgangsberechtigten Elternteil zuzuordnen. Eine sozialrechtliche Zuordnung zu den betroffenen Kindern gewährleistet in gleicher Weise die sozialhilferechtliche Versorgung während der Ausübung des Umgangsrechts, wie es eine Zuordnung entsprechender Bedarfe zum umgangsberechtigten Elternteil täte. Da Sozialhilfeleistungen nur nachrangig zu erbringen sind (§ 2 Abs. 1 SGB XII), sprechen zudem sozialhilferechtsimmante Gründe dagegen, entsprechende Bedarfe leistungsrechtlich allein dem umgangsberechtigten Elternteil zuzuordnen und dabei zwangsläufig unberücksichtigt zu lassen, ob etwa das betroffene Kind über eigenes Einkommen und Vermögen verfügt, welches ihm eine Befriedigung der entsprechenden Bedarfe ohne weiteres sicherstellen könnte (LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).
Die hiergegen von der Antragstellerin vorgebrachten Einwände greifen nicht durch. Auch wenn eine sog. temporäre Bedarfsgemeinschaft nach der Rechtsprechung des BSG einen Aufenthalt des Kindes beim Umgangsberechtigten von mehr als einem Tag voraussetzt, führt dies nicht zum Entfallen eines Leistungsanspruches des Kindes bei nur eintägigem Aufenthalt. In diesen Fällen vermittelt der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende beziehende Elternteil lediglich keine Bedarfsgemeinschaft und damit keinen Anspruch des Kindes auf Sozialgeld nach dem SGB II. Ein Anspruch auf Sozialhilfe nach dem Dritten Kapitel SGB XII dürfte allerdings nicht per se ausgeschlossen sein. Da die Antragstellerin selbst keine Leistungen nach dem SGB II, sondern solche nach dem SGB XII bezieht, käme eine Bedarfsgemeinschaft vorliegend ohnehin nicht in Betracht. Soweit der Sohn der Antragstellerin trotz offenbar ausreichenden Einkommens während der Ausübung des Umgangsrechts tatsächlich nicht auf dieses Einkommen zugreifen könnte, es ihm also rein tatsächlich nicht zur Verfügung stünde, könnte unter weiteren Voraussetzungen gegebenenfalls ein Sozialhilfeanspruch des Sohnes bestehen (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, a.a.O.). Hierüber war vorliegend allerdings nicht zu entscheiden, da die Antragstellerin ausdrücklich nur eigene Ansprüche geltend macht. Mangels Anordnungsanspruches hat das SG daher zu Recht den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung abgelehnt.
Wegen der dargestellten Möglichkeit, das Umgangsrecht sozialhilferechtlich anders abzusichern, führt auch eine Interessen- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlich in Art. 6 GG erfassten Belange nicht zu einem anderen Ergebnis.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Dabei bestand trotz der im Beschwerdeverfahren erfolgten teilweisen Erledigungserklärung keine Veranlassung, der Antragsgegnerin die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin teilweise aufzuerlegen. Denn auch der zunächst noch geltend gemachte Anspruch auf Beihilfe für ein Bett mit Matratze und weiterem Zubehör für eine Übernachtung des Sohnes hätte aus den oben genannten Gründen allenfalls diesem, nicht aber der Antragstellerin zugestanden.
Da die Rechtsverfolgung somit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bot (§ 73a SGG i.V.m. § 114 ZPO), war auch der Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren abzulehnen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
Die gemäß § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Nach der Teilerledigungserklärung der Antragstellerin ist Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nur noch deren Begehren, ihr vorläufig für jeden Tag des Aufenthaltes ihres elfjährigen Sohnes im Rahmen ihres Umgangsrechtes 1/30 des monatlichen Regelsatzes zu gewähren. Das Sozialgericht Reutlingen (SG) hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz in diesem Umfang zu Recht abgelehnt.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit - wie hier - nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)). Beides sind gleichberechtigte Voraussetzungen, die ein bewegliches System darstellen: Je nach Wahrscheinlichkeit des Erfolges in der Hauptsache können die Anforderungen an den Anordnungsgrund geringer sein und umgekehrt. Völlig entfallen darf hingegen keine der beiden. Dementsprechend sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch im Hinblick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind dann in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergebenden Gebotes der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruches auf effektiven Rechtsschutz unter Umständen nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und vom 6. September 2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - beide (juris) unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 4. April 2008 - L 7 AS 5626/07 ER-B - und vom 11. Juni 2008 - L 7 AS 2309/08 ER-B - beide (juris)).
Vorliegend fehlt es bereits am Anordnungsanspruch i.S.e. materiell-rechtlichen Leistungsanspruches. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Sozialhilfeleistungen an sich selbst wegen der Kosten, die für den Lebensunterhalt ihres Sohnes im Zusammenhang mit der Ausübung des Umgangsrechtes anfallen. Fahrtkosten entstehen der Antragstellerin durch die Ausübung des Umgangsrechts nicht.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat in der von der Antragstellerin selbst zitierten Entscheidung (SozR 4-4200 § 20 Nr. 1) bereits zum Leistungsrecht des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) entschieden, dass zwischen den Ansprüchen der einzelnen gegebenenfalls leistungsberechtigten Personen zu unterscheiden ist, hier also der Antragstellerin und ihres Sohnes. Dabei ist insbesondere nicht ausschlaggebend, wem die Kosten der Ausübung des Umgangsrechtes unterhaltsrechtlich zuzuordnen sind. Inhaber des Leistungsanspruches ist danach nicht generell der zivilrechtlich Unterhaltsverpflichtete, sondern der jeweils Hilfebedürftige für seine ihm selbst grundsicherungsrechtlich zuzuordnenden Kosten. Ist ohnehin schon unterhaltsrechtlich davon auszugehen, dass der Hilfeempfänger die seinem Kind im Rahmen der Ausübung des Umgangsrechts entstehenden Kosten nicht zu tragen hat, weil er über kein Einkommen bzw. Vermögen oberhalb des grundsicherungsrechtlichen Existenzminimums verfügt, so müssen die Regelungen des SGB II auch nicht notwendigerweise den Kriterien des Unterhaltsrechts folgen. Denn sie substituieren keine Unterhaltsverpflichtung durch Leistungen an den Verpflichteten, sondern fehlende Unterhaltszahlungen durch Leistungen an den Unterhaltsberechtigten. Die vom BSG später bestätigte Rechtsprechung (SozR 4-4200 § 7 Nr. 13) gilt in gleicher Weise für das Recht der Sozialhilfe (ebenso Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18. Juni 2010 - L 20 SO 19/10 - und LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 7. November 2008 - L 8 SO 134/08 ER - (beide juris)). Zwar kennt das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) nicht das Institut der Bedarfsgemeinschaft des SGB II. Es ordnet aber wie dieses die individuellen Ansprüche nach den entsprechenden sozialhilferechtlich bestimmten Bedarfslagen den jeweiligen Hilfebedürftigen zu, ohne sich dabei an den zivilrechtlichen Unterhaltsvorschriften zu orientieren. Die mangels Leistungsfähigkeit fehlende Unterhaltsverpflichtung gilt in gleicher Weise für Empfänger von Leistungen der Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung nach dem Vierten bzw. bei Beziehern laufender Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel SGB XII. Es ist daher auch im Rahmen des SGB XII nicht geboten, die Leistungsansprüche abweichend von den sozialhilferechtlich zugeordneten Bedarfslagen nach den zivilrechtlichen Unterhaltsregelungen zuzuweisen.
Anderes ergibt sich auch nicht aus verfassungsrechtlichen Vorgaben, insbesondere aus Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG). Die Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums müssen danach zwar im Ergebnis die Ausübung des Umgangsrechts bei Bedürftigkeit ermöglichen (BVerfG NJW 1995, 1342). Dies erfordert es aber nicht, die Kosten des Lebensunterhalts des Kindes während der Ausübung des Umgangsrechts sozialhilferechtlich als Bedarf dem umgangsberechtigten Elternteil zuzuordnen. Eine sozialrechtliche Zuordnung zu den betroffenen Kindern gewährleistet in gleicher Weise die sozialhilferechtliche Versorgung während der Ausübung des Umgangsrechts, wie es eine Zuordnung entsprechender Bedarfe zum umgangsberechtigten Elternteil täte. Da Sozialhilfeleistungen nur nachrangig zu erbringen sind (§ 2 Abs. 1 SGB XII), sprechen zudem sozialhilferechtsimmante Gründe dagegen, entsprechende Bedarfe leistungsrechtlich allein dem umgangsberechtigten Elternteil zuzuordnen und dabei zwangsläufig unberücksichtigt zu lassen, ob etwa das betroffene Kind über eigenes Einkommen und Vermögen verfügt, welches ihm eine Befriedigung der entsprechenden Bedarfe ohne weiteres sicherstellen könnte (LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).
Die hiergegen von der Antragstellerin vorgebrachten Einwände greifen nicht durch. Auch wenn eine sog. temporäre Bedarfsgemeinschaft nach der Rechtsprechung des BSG einen Aufenthalt des Kindes beim Umgangsberechtigten von mehr als einem Tag voraussetzt, führt dies nicht zum Entfallen eines Leistungsanspruches des Kindes bei nur eintägigem Aufenthalt. In diesen Fällen vermittelt der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende beziehende Elternteil lediglich keine Bedarfsgemeinschaft und damit keinen Anspruch des Kindes auf Sozialgeld nach dem SGB II. Ein Anspruch auf Sozialhilfe nach dem Dritten Kapitel SGB XII dürfte allerdings nicht per se ausgeschlossen sein. Da die Antragstellerin selbst keine Leistungen nach dem SGB II, sondern solche nach dem SGB XII bezieht, käme eine Bedarfsgemeinschaft vorliegend ohnehin nicht in Betracht. Soweit der Sohn der Antragstellerin trotz offenbar ausreichenden Einkommens während der Ausübung des Umgangsrechts tatsächlich nicht auf dieses Einkommen zugreifen könnte, es ihm also rein tatsächlich nicht zur Verfügung stünde, könnte unter weiteren Voraussetzungen gegebenenfalls ein Sozialhilfeanspruch des Sohnes bestehen (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, a.a.O.). Hierüber war vorliegend allerdings nicht zu entscheiden, da die Antragstellerin ausdrücklich nur eigene Ansprüche geltend macht. Mangels Anordnungsanspruches hat das SG daher zu Recht den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung abgelehnt.
Wegen der dargestellten Möglichkeit, das Umgangsrecht sozialhilferechtlich anders abzusichern, führt auch eine Interessen- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlich in Art. 6 GG erfassten Belange nicht zu einem anderen Ergebnis.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Dabei bestand trotz der im Beschwerdeverfahren erfolgten teilweisen Erledigungserklärung keine Veranlassung, der Antragsgegnerin die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin teilweise aufzuerlegen. Denn auch der zunächst noch geltend gemachte Anspruch auf Beihilfe für ein Bett mit Matratze und weiterem Zubehör für eine Übernachtung des Sohnes hätte aus den oben genannten Gründen allenfalls diesem, nicht aber der Antragstellerin zugestanden.
Da die Rechtsverfolgung somit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bot (§ 73a SGG i.V.m. § 114 ZPO), war auch der Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren abzulehnen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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