L 8 AL 2729/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 1 AL 4431/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 2729/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 29. April 2008 abgeändert. Die Klage des Klägers wird in vollem Umfang abgewiesen.

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Rücknahme der Bewilligung und Erstattung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) sowie von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung streitig.

Der (aufgrund des Berichtigungsurteils des Türkischen Amtsgerichts C vom 17.11.1999) 1944 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Er ist verheiratet. Der Kläger bezog von der Beklagten bis 15.06.1995 Arbeitslosengeld. Unter dem 06.06.1995 beantragte der Kläger die Gewährung von Alhi und mit Anträgen vom 26.10.1995 und 21.03.1996 (sowie weiteren Anträgen) die Weiterbewilligung von Alhi. Er gab an, dass er und seine Ehegattin über kein Vermögen verfügten bzw. unterließ Angaben zu vorhandenem Vermögen und bestätigte mit seiner Unterschrift die Richtigkeit seiner Angaben sowie das Merkblatt für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben.

Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheiden vom 14.06.1995, 13.10.1995 und 11.01.1996 für die Zeit vom 16.06.1995 bis 29.09.1995 und 26.10.1995 bis 31.03.1996 - auf der Grundlage eines Arbeitsentgeltes von wöchentlich 1,160 DM - Alhi i.H.v. täglich 71,90 DM, ab 01.01.1996 von 74,70 DM, sowie mit Bescheid vom 29.03.1996 für die Zeit vom 01.04.1996 bis 31.03.1997 - auf der Grundlage eines wöchentlichen Arbeitsentgeltes von 700 DM, ab 01.07.1996 von 680 DM – i.H.v. täglich 52,00 DM, ab 01.07.1996 von täglich 50,90 DM und ab 01.01.1997 von täglich 50,20 DM. Für die Zeit vom 30.09.1995 bis 25.10.1995 wurde wegen Ortsabwesenheit des Kläger Alhi nicht geleistet. Dem Kläger wurde auch in der Folgezeit - mit Unterbrechungen - bis zum Bezug von Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.02.2004 Alhi geleistet.

Am 13.10.2005 erhielt die Beklagte durch ein Schreiben des Hauptzollamtes Stuttgart vom 11.10.2005 davon Kenntnis, dass der Kläger bei der T. C. M Bankasi in A. (TCMB) am 28.01.1994 - nach vorheriger Abhebung von 50.000 DM am 28.01.1994 - auf ein unter seinem Namen geführtes Konto 100.000 DM einbezahlt hatte. Die Beklagte errechnete unter Berücksichtigung eines Freibetrages i.H.v.16.000 DM 72 Wochen fehlender Bedürftigkeit und für den Zeitraum vom 16.06.1995 bis 28.11.1996 einen Überzahlungsbetrag von Alhi i.H.v. 17.258,20 DM (umgerechnet 8.823,98 EUR) sowie von Beiträgen zur Krankenversicherung i.H.v. 7.124,45 DM (umgerechnet 3.642,67 EUR) und zur Pflegeversicherung i.H.v. 393,81 DM (umgerechnet 201,35 EUR).

Mit Anhörungsschreiben vom 17.02.2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, es sei zu prüfen, ob die Entscheidung über die Bewilligung von Alhi aufzuheben und die Leistungen insoweit vom Kläger zu erstatten seien, da er bei der türkischen Nationalbank 1994 einen Geldbetrag in Höhe von insgesamt 100.000 DM angelegt habe.

Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 17.07.2006 hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 16.06.1995 bis 29.09.1995 sowie vom 26.10.1995 bis 28.11.1996 auf und forderte vom Kläger Alhi i.H.v. 8.823,98 EUR, Beiträge zur Krankenversicherung i.H.v. 3.642,67 EUR sowie zur Pflegeversicherung i.H.v. 201,35 EUR, insgesamt 12.668,00 EUR zurück.

Hiergegen legte der Kläger am 17.08.2006 Widerspruch ein, mit der Begründung, er sei nicht im Besitz der genannten Summe gewesen. Mit Widerspruchsbescheid vom 31.10.2006 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 17.07.2006 zurück.

Hiergegen erhob der Kläger am 29.11.2006 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG). Er machte zur Begründung geltend, das auf seinen Namen bei der TCMB angelegte Guthaben habe seinem Sohn E S Y (ESY) und dessen Ehefrau gehört. Er sei von seinem Sohn gebeten worden, 100.000 DM in der Türkei verzinslich und festgeschrieben anzulegen, da sein Sohn über kein Konto in der Türkei verfügt habe. Er sei nicht befugt gewesen, über das Geld frei zu verfügen, sondern sei an Weisungen seines Sohnes gebunden gewesen. Er habe sich zu dieser Handhabung aufgrund der Familienbande eingelassen. Sein Sohn und dessen Ehefrau habe in der Türkei Immobilien kaufen wollen. Bereits vor der Geldanlage habe sein Sohn und dessen Ehefrau am 17.05.1997 Grundeigentum erworben, das mit dem für den Sohn und dessen Ehefrau angelegten Geld bezahlt worden sei. Vom Sohn angespartes Geld sei am 28.01.1992 in der Türkei angelegt worden. Der Betrag von 50.000 DM sei bis 28.01.1996 angespart gewesen. Am 28.01.1994 seien über die D. Bank 50.000 DM an ihn für seinen Sohn ausbezahlt und am selben Tag 100.000 DM wiederum über eine Einzahlung bei der D. Bank bei der türkischen Bank angespart worden. Sämtliche Gelder hätten von seinem Sohn gestammt. Er habe die Gelder seines Sohnes lediglich verwaltet. Sein Sohn habe monatlich ca. 1.000 DM angespart, die auf sein (des Klägers) Konto einbezahlt worden seien. Die Ein- und Auszahlungen ab 1994 beträfen ausschließlich Ersparnisse seines Sohnes. Der dargestellte Sachverhalt sei der gesamten Familie bekannt. Der Kläger legte eine Kontenzusammenstellung der TCMB vom 27.10.2006 vor und beantragte Zeugen zu vernehmen.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Das Vorbringen des Klägers belege kein verdecktes Treuhandverhältnis.

Das SG hat in der nichtöffentlichen Sitzung am 11.01.2008 den Kläger angehört und ESY als Zeugen vernommen. Hierzu wird auf die Sitzungsniederschrift des SG Bezug genommen.

Mit Gerichtsbescheid vom 29.04.2008 hob das SG den Bescheid der Beklagten vom 17.07.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.10.2006 auf, soweit Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung i.H.v. 3.344,03 EUR zu erstatten sind. Im Übrigen wies es die Klage ab. Das SG führte zur Begründung aus, die Rückforderung erbrachter Alhi sei zu Recht erfolgt. Zum maßgeblichen Stichtag hätten die Konten bei der TCMB zu Beginn der Bewilligungszeiträume am 16.06.1995 und am 26.10.1995 ein Guthaben von 100.000 DM sowie am 01.04.1996 von zusätzlich 17.800,00 DM ausgewiesen. Diese Geldanlagen seien grundsätzlich verwertbar gewesen. Ein verdecktes Treuhandverhältnis sei nicht festzustellen. Es könne nicht festgestellt werden, dass es sich bei den in den streitigen Zeiträumen auf den Konten der TCMB angelegten Guthaben von insgesamt 117.800,00 DM ausschließlich um Geld des ESY gehandelt habe. Der Aufstockungsbetrag von 50.000 DM lasse sich aus Zahlungen des ESY an den Kläger nicht erklären. Dem Kläger hätten am 28.01.1994 noch Mittel einer von der Firma P. am 31.03.1993 erhaltenen Abfindung zur Verfügung gestanden, als die Geldanlage um 50.000 DM aufgestockt worden sei. Der Kläger habe offenbar auch nach jahrelangem Alhi-Bezug über beachtliche Geldmittel verfügt. Es werde als wahr unterstellt, dass der Zeuge ESY monatlich über 1.200 DM in bar abgehoben und dem Kläger bar übergeben habe, weshalb es zur Feststellung dieses Sachverhaltes der Vernehmung weiter benannter Zeugen nicht bedürfe. Die Barauszahlungen und Übergabe des Bargeldes sage nichts darüber, was mit dem Geld geschehen und für welche Zwecke es eingesetzt worden sei. Im Übrigen seien die Angaben des Klägers und eine Treuhandvereinbarung nicht plausibel und nicht glaubhaft. Es sei davon auszugehen, dass ESY nicht mehr genau bezifferbare Beträge in bar dem Kläger als Familienoberhaupt gegeben und darauf vertraut habe, dass der Kläger damit in erster Linie für den Lebensunterhalt der Familie Sorge und mögliche, aber nicht absehbare Überschüsse, nach Gutdünken wirtschaftlich sinnvoll anlege, wovon ESY irgendwann profitieren werde. Entsprechend sei der Kläger Verfahren. Es sei davon auszugehen, dass in den "Topf" der Familie auch die Abfindung von der Firma P. gelangt sei und aus dem "Topf" Hochzeiten und die Ablösung der Militärdienstzeiten bezahlt worden seien. Aus diesem gemeinsamen Wirtschaften sei eine beachtliche Treuhandabrede nicht abzuleiten. Es könne zwar von ESY stammendes Geld in die streitigen Guthaben eingeflossen sein. Dies genüge aber nicht, um sie als Treugut dem ESY zuzurechnen. Zwar trage die Beklagte grundsätzlich die Beweislast dafür, dass die ursprünglichen Bewilligungsbescheide rechtswidrig gewesen seien. Allerdings sei eine Umkehr der Beweislast dann gerechtfertigt, wenn in der Sphäre des Arbeitslosen wurzelnde Vorgänge nicht erwiesen seien. Der Kläger habe lediglich die Kontoaufstellung der TCMB vorlegen können. Dem Hilfsantrag auf Vernehmung des zuständigen Sachbearbeiters bei der D. Bank sei nicht nachzugehen. Die weiteren Voraussetzungen des §§ 45 SGB X lägen ebenfalls vor. Der Kläger habe die auf seinen Namen geführten Konten und deren Guthaben verschwiegen, obwohl er ausdrücklich in den Antragsformularen danach gefragt worden sei und habe unterschriftlich versichert, dass seine Angaben zuträfen. Damit sei in der Regel grobe Fahrlässigkeit anzunehmen. Der Kläger sei nach seinen persönlichen und individuellen Fähigkeiten in der Lage, diesen Sorgfaltsanforderungen nachzukommen. Die Fristen seien gewahrt. Die Beklagte habe demnach zu Recht die Bewilligung von Alhi für den Zeitraum vom 16.06.1995 bis 28.11.1996 zurückgenommen. Die in diesem Zeitraum zu Unrecht erbrachten Leistungen i.H.v. 17.258,20 DM habe der Kläger zu erstatten. Die Klage sei indessen hinsichtlich der Erstattungspflicht gezahlter Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung begründet, da die ab 01.01.2005 maßgebliche Rechtslage hierfür keine Rechtsgrundlage mehr biete.

Gegen den dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 08.05.2008 und der Beklagten am 13.05.2008 zugestellten Gerichtsbescheid haben der Kläger am 09.06.2008 und die Beklagte am 12.06.2008 Berufung eingelegt.

Der Kläger hat zur Begründung unter Bezug auf sein erstinstanzliches Vorbringen daran festgehalten, dass sämtliches Geld, das auf seinem Konto bei der TCMB angelegt gewesen sei, im Vermögen seines Sohnes gestanden habe. Dies habe auch der Zeuge als Treugeber bestätigt. Die Spekulationen des SG zur Aufbewahrung von Bargeld und die Ansparung des Geldes seien nicht geeignet, die Glaubwürdigkeit des Zeugen in Zweifel zu ziehen. Schriftliche Vertragsabsprachen könnten nicht verlangt werden. Es gebe keinen Erfahrungssatz, dass die Treuhandabrede schriftlich verfasst sein müsse. Bereits die Tatsache, dass das Geld auf seinem Konto angespart worden sei, bestätige die Treuhandabrede. Ebenso der Umstand, dass das Geld von ihm abgehoben und seinem Sohn übergeben worden sei. Dieser habe sich damit Grundeigentum in der Türkei gekauft. Die Barbeträge, die er zuhause aufbewahrt habe, seien nicht in die tägliche Haushaltsführung geflossen. Darauf, ob sein Sohn gewusst habe, wo er das Geld aufbewahre, komme es nicht an, sondern darauf, dass das Geld von ihm aufbewahrt worden sei. Die vom Bundessozialgericht gestellten Anforderungen an einen Treuhandvertrag mit Dritten seien somit gewahrt.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 29. April 2008 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 17.07.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Oktober 2006 insgesamt aufzuheben, sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 29. April 2008 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen, sowie die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie hat zur Begründung vorgetragen, nach der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung des BSG seien die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nicht wegen Fehlens einer Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig zurückgefordert worden. Im Übrigen sei der Gerichtsbescheid des SG nicht zu beanstanden. Der Kläger habe in seiner Berufungsbegründung nichts vorgetragen, was geeignet wäre, die stringente Argumentation des SG zu erschüttern. Der Zufluss von Geld allein genüge für eine Treuhandabrede nicht. Der Kläger habe keine Vorgaben bei der Geldanlage zu beachten gehabt. Eine notwendige Trennung von Eigen- und Fremdvermögen habe nicht vorgelegen. Das SG sei zu Recht von einer Umkehr der Beweislast ausgegangen.

Der Senat hat wegen eines gegen den Kläger durchgeführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens die Akten der Staatsanwaltschaft Stuttgart (133 Js 39.247/06) beigezogen und hieraus Kopien zur Senatsakte genommen. Danach ist von der Staatsanwaltschaft Stuttgart das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen Betrugs zum Nachteil der Arbeitsagentur mit Verfügung vom 25.01.2007 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden, da die Ermittlungen den Verdacht des Betrugs nicht bestätigt hätten. Der Kläger habe unwiderlegbar angegeben, dass er das Geld bis zur Antragstellung 2001 bereits verbraucht habe.

Die Beteiligten haben auf Hinweisschreiben des Berichterstatters zur Rücknahmevorschrift des § 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X weiter streitig vorgetragen. Die Beklagte hat vorgetragen, die 10-Jahres-Frist greife vorliegend nicht, da der Kläger die Bewilligungen durch arglistige Täuschung erreicht habe. Die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit sei vorliegend gemäß § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 SGB X unbefristet möglich, wobei unerheblich sei, dass die Rücknahme der Bewilligungen auf diese Vorschrift nicht geschützt sei. Zudem lägen Bewilligungen vor, die sich innerhalb des 10-Jahreszeitraums bewegten. Aus der Einstellung der strafrechtlichen Ermittlungen folge nicht zwangsläufig, dass keine Arglist vorliege. Der Kläger hat vorgetragen, eine arglistige Täuschung liege nicht vor. Er sei der Auffassung, dass das Geld, das auf seinem Konto angelegt gewesen sei, nicht ihm, sondern seinem Sohn gehört habe. Selbst wenn er einem Irrtum erlegen wäre, fehle es an der Arglist. Die von ihm bestrittene, von der Beklagten behauptete arglistige Täuschung hätte sich 10 Jahre vor Erlass des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides ereignet.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie drei Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) eingelegten Berufungen des Klägers und der Beklagten sind jeweils statthaft und insgesamt zulässig. Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet (1.). Demgegenüber ist die Berufung der Beklagten begründet (2.). Der Bescheid der Beklagten vom 17.07.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.10.2006 ist insgesamt rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, weshalb das angefochtene Urteil des SG abzuändern war.

1. Das SG hat im angefochtenen Urteil die für die Entscheidung des Rechtsstreites maßgeblichen Rechtsvorschriften vollständig und zutreffend dargestellt. Dass das AFG und die AlhiV zwischenzeitlich außer Kraft getreten sind, hindert ihre Anwendbarkeit vorliegend nicht. Die vom SG genannten Vorschriften sind weiterhin als Grundlage für die Beurteilung der Frage, ob dem Kläger Leistungen im streitigen Zeitraum rechtswidrig erbracht worden sind, heranzuziehen. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).

Das SG hat weiter im angefochtenen Gerichtsbescheid ausführlich und zutreffend begründet, dass beim Kläger zum maßgeblichen Stichtag für die Prüfung der Vermögensberücksichtigung für die Bewilligungszeiträume ab 16.06.1995 und 26.10.1995 auf Konten des Klägers bei der TCMB ein verwertbares Gutachten von 100.000 DM und am 01.04.1996 von 117.800 DM bestanden hat. Weiter hat das SG ausführlich und zutreffend ausgeführt, dass das vom Kläger behauptete Treuhandverhältnis nicht anzunehmen ist, weil eine Treuhandvereinbarung nicht vorliegt, dass die auf Konten des Klägers bei der TCMB ausgewiesenen Kontobewegungen mit Zahlungen des Zeugen ESY an den Kläger nicht zu erklären sind, dass davon auszugehen ist, dass dem Kläger am 28.01.1994 aus der am 31.03.1993 von der Firma P. erhaltenen Abfindung i.H.v.85.995 DM noch Mittel zur Verfügung standen, als die frühere Geldanlage um 50.000 DM aufgestockt wurde, dass der Kläger offenbar auch nach jahrelangen Alhi-Bezug über beachtliche Geldmittel verfügte, dass allein Barabhebungen und Zahlungen des Zeugen ESY an den Kläger nichts darüber aussagen, was mit den Geldern weiter geschehen und für welchen Zweck es eingesetzt wurde, und dass die Angaben des Klägers sowie eine Treuhandvereinbarung nicht plausibel und nicht glaubhaft sind. Weiter hat das SG zutreffend begründet, dass beim Kläger von einer Umkehr der Beweislast bezüglich der zurückgenommenen Bewilligungsentscheidungen auszugehen ist. Das SG hat auch die Hilfsanträge des Klägers auf Vernehmung weiterer Zeugen zutreffend abgelehnt. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zur selben Überzeugung. Er nimmt zur Begründung seiner eigenen Entscheidung auf diese Ausführungen des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid Bezug, die er sich zur Vermeidung von Wiederholungen ebenfalls zu eigen macht (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsvorbringen bleibt auszuführen:

Der streitgegenständliche Bescheid ist nicht wegen eines Anhörungsfehlers formell rechtswidrig. Der Kläger ist gemäß § 24 SGB X mit dem Anhörungsschreiben der Beklagten vom 04.05.2006 vor dem Erlass des Bescheides vom 17.07.2006 ordnungsgemäß angehört worden. Im Rahmen der Anhörung muss die Beklagte dem Kläger nur die Gelegenheit einräumen, sich zu den für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachen zu äußern. Dem wird der Inhalt des Anhörungsschreibens gerecht. Eine fehlerhafte Anhörung hat der Kläger im Übrigen auch nicht gerügt.

Ob der Senat an seiner Rechtsprechung im Urteil vom 15.02.2008 - L 8 AL 3748/05 - , dass die bei einem Treuhandvertrag bestehende Treuhandbindung untersagt, das Vermögen des Treugebers mit eigenem Vermögen zu vermengen, worauf das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid Bezug genommen hat, weiter festhält, kann vorliegend offen bleiben. Denn für den Senat steht unabhängig davon fest, dass ein vom Kläger behauptetes verdecktes Treuhandverhältnis nicht besteht, wie das SG zutreffend ausgeführt hat. Entgegen dem Berufungsvorbringen des Klägers ist das Vorliegen eines verdeckten Treuhandverhältnisses durch die Angaben des Zeugen ESY nicht bestätigt worden. ESY hat beim SG hierzu angegeben, bis 1993 seinem Vater monatlich Geld gegeben zu haben. Angaben dazu, welchen Betrag sein Vater erspart hat, hat der Zeuge nicht machen können. Er hat vielmehr lediglich angeben können, wie viel sein Vater gespart habe, wisse er nicht. Er habe gewusst, dass sein Vater gespart hat und etwas für ihn mache. Es sei üblich, dass die Familie aus einem Topf wirtschaftet. Sein Vater hat ihm später, nachdem er von seinen Eltern ausgezogen war, etwas gekauft. Dass das Geld vom Kläger abgehoben und seinem Sohn zum Erwerb von Grundeigentum in der Türkei übergeben worden ist, hat ESY nicht bestätigt. Diesen Angaben des Zeugen lässt sich eine treuhänderische Vereinbarung zwischen dem Zeugen ESY und dem Kläger, die in den wesentlichen Punkten dem zwischen Dritten Üblichen entspricht, nicht entnehmen. Unabhängig davon, dass keine (schriftlichen) Vereinbarungen getroffen wurden, sind Absprachen zur konkreten Höhe und zum Zeitpunkt von Einzahlungen und Rückzahlungen nicht getroffen worden. Eine Vereinbarung zu den wesentlichen Modalitäten, z.B. zur Frage, wem Zinserträge zufließen sollen, ist nicht vorhanden. Der Kläger musste keine Rechenschaft hinsichtlich des Kontos abgeben. Ihm war auch die Entscheidungsbefugnis vorbehalten, wie die Gelder verwendet werden. Diese Handhabung widerspricht nicht nur dem, was unter Dritten üblich ist, sondern lässt sich auch nicht mit einem Treuhandverhältnis in Einklang bringen. Die Angaben des Zeugen ESY widerlegen zudem das schriftsätzliche Vorbringen des Klägers im Klageverfahren, der Zeuge habe den Kläger gebeten, auf dessen bestehenden Konto in der Türkei verzinslich und festgeschrieben Geld anzulegen, wobei ausschließlich der Zeuge selbst verfügungsberechtigt gewesen sei. Eine Befugnis, über das Geld frei zu verfügen, habe nicht bestanden, sondern er sei im Außenverhältnis zu einer Verfügung an die Weisungen des Zeugen gebunden gewesen. Eine Verwendung zu eigenen Zwecken des Klägers sei vom Zeugen nicht genehmigt worden. Von diesen Angaben ist auch der Kläger selbst bei seiner Anhörung vor dem SG abgerückt. Der Senat wertet deswegen das Vorbringen des Klägers zum Bestehen eines Treuhandverhältnisses als reine Schutzbehauptung.

Beim Kläger kann auch nicht deswegen, weil nach der von ihm vorgelegten Kontenzusammenstellung der TCMB vom 27.10.2006 am 01.04.1996, also während des streitigen Erstattungszeitraums, 100.000 DM abgehoben wurden, unabhängig von den hierzu vom SG im angefochtenen Gerichtsbescheid gemachten Ausführungen (Seite 9 oberer Absatz), nicht davon ausgegangen werden, dass durch diese Abhebung eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 SGB X dahin eingetreten ist, dass durch Vermögensverbrauch ab dem 01.04.1996 das Guthaben von 100.000 DM nicht mehr Bedürftigkeit ausschließend zu berücksichtigen ist. Denn die hierzu vom Kläger gemachten Angaben weisen erhebliche Unstimmigkeiten und Widersprüchlichkeiten auf, weshalb sie für den Senat nicht glaubhaft sind. So soll nach den Angaben des Klägers in der Klagebegründung (Schriftsatz vom 14.01.2007) der Betrag von 100.000 DM für einen am 17.05.1997 getätigten Kauf von Grundeigentum für den Zeugen und dessen Ehefrau, das am 30.12.1998 nach Fertigstellung und Zahlung des Kaufpreises übertragen worden sei, verwendet worden seien. Damit lässt sich zeitlich die bereits am 01.04.1996 erfolgte Abhebungen der 100.000 DM vom Konto des Klägers bei der TCMB nicht zuordnen. Bei seiner Anhörung vor dem SG hatte der Kläger dann zwei türkische Bescheinigungen vorgelegt, wonach der Zeuge und dessen Ehefrau am 17.05.1995 Eigentümer von Geschäften in der Türkei geworden seien, die der Kläger nach seinen Angaben durch den 1996 abgehobenen Geldbetrag von 100.000 DM durch die Zahlung von Teilbeträgen finanziert haben will. Dieses Vorbringen lässt sich mit seinem Vorbringen im Schriftsatz vom 14.01.2007 nicht vereinbaren, wobei der Kläger und der Zeuge ESY zudem unterschiedliche Angaben zur Höhe des Kaufpreises gemacht haben, wie das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend ausgeführt hat. Damit ist der Verbleib des am 01.04.1996 abgehobenen Vermögens ungeklärt und zur Überzeugung des Senats die fehlende Bedürftigkeit des Klägers unter den der Beklagten zuzubilligenden erleichterten Beweisanforderungen auch ab dem 01.04.1996 nachgewiesen. Entsprechendes gilt für das am 28.01.1996 eingezahlte und am 01.04.1996 abgehobene Guthaben i.H.v. 17.800,00 DM. Es kommt mithin auch nicht darauf an, ob von einer verdeckten Schenkung auszugehen ist, die gemäß § 528 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) einen Rückgabeanspruch auslöst, der ebenfalls als Vermögen zu berücksichtigen wäre.

Die Frist des § 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X steht der Rücknahme der für den streitigen Rückforderungszeitraum ergangenen Bewilligungsbescheide nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift darf zwar ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, wie dies für die zurückgenommenen Bewilligungsbescheide zutrifft, nur bis zum Ablauf von 10 Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden, wenn (u.a.) die Voraussetzungen des § 45 Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2, 3 SGB X gegeben sind. Diese 10-Jahres-Frist war bei Bekanntgabe des Rückforderungs- und Erstattungsbescheids vom 17.07.2006 jedoch bereits abgelaufen. Die für den streitigen Rückforderungszeitraum ergangen Bewilligungsbescheide sind am 14.06.1995, 13.10.1995 und 11.01.1996 für die Bewilligungszeit vom 16.06.1995 bis 29.09.1995 und 26.10.1995 bis 31.03.1996 sowie am 29.03.1996 für die Bewilligungszeit von 01.04.1996 bis 31.03.1997 erlassen und damit über 10 Jahre zurückliegend bekanntgeben worden. Die 10-Jahres-Frist gilt allerdings nicht, wenn die genannten Bewilligungsbescheide durch arglistige Täuschung gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 SGB X erwirkt wurden. Derjenige, dem der Vorwurf arglistiger Täuschung gemacht werden kann, ist auch nach Ablauf der 10-Jahres-Frist dem Entzug der Leistung für die Vergangenheit ausgesetzt (BSG, Urteil vom 24.03.1993 - 9/9a RV 38/91 -, juris). Hiervon ist zur Überzeugung des Senats beim Kläger auszugehen. Arglistig handelt, wer mit Täuschungswillen unrichtige Angaben macht. Bedingter Vorsatz genügt (Palandt, BGB, 62. Aufl. S. 123 Rdz. 11).

Wie oben ausgeführt ist die Behauptung des Klägers, hinsichtlich des auf seinen Namen bei der TCMB angelegten Guthabens handele es sich um ein verdecktes Treuhandverhältnis, als Schutzbehauptung zu werten. Nach den in den Anträgen auf Alhi gestellten eindeutigen Fragen nach eigenem Vermögen oder Vermögen der Ehefrau, durfte der Kläger das auf seinen Namen bei der TCMB angelegte Guthaben nicht verschweigen. Ihm war zur Überzeugung des Senats ohne Zweifel klar, dass dieses Guthaben anzugeben ist. Das nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme den "Familienunterhalt" sichernde Vermögen wurde vom Kläger allein verwaltet und nach seinem Belieben eingesetzt, was es auch nach seiner laienhaften Einschätzung zu eigenem Vermögen machte. Das Verschweigen dieses Vermögens bei der Antragstellung auf Gewährung von Alhi bzw. der Weiterbewilligung von Alhi für den streitigen Erstattungszeitraum durch den Kläger ist zur Überzeugung des Senats damit vorsätzlich erfolgt. Dem Kläger war weiter auch bekannt, dass die Bewilligung von Alhi davon abhängt, ob Bedürftigkeit vorliegt und dass hierbei das Vorhandensein von Vermögen von entscheidender Bedeutung ist. Seinen im Verlaufe des Verfahrens gemachten Angaben lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen. Er hat zumindest damit gerechnet, dass bei Angabe des Vermögens Alhi nicht oder nicht in dieser Höhe/Dauer bewilligt worden wäre. Das Verschweigen des Guthabens bei der TCMB lässt sich für den Senat danach nur damit erklären, dass der Kläger sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu Lasten der Beklagten bewusst verschaffen wollte. Mit seiner jeweils durch Unterschrift bekräftigten wahrheitswidrigen Bestätigung der Richtigkeit seiner Angaben hat der Kläger damit die Beklagte arglistig getäuscht. Dieser Bewertung steht nicht entgegen, dass das strafrechtliche Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen den Kläger durch Verfügung vom 25.01.2007 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurde. Dieser Verfügung liegt ersichtlich der Bezug von Alhi erst ab dem Jahr 2001 zu Grunde. Für davor liegende Bezugszeiten von Alhi ist vom Eintritt strafrechtlicher Verjährung und damit von einem Verfolgungshindernis auszugehen. Die Einstellungsverfügung beruht maßgeblich darauf, dass dem Kläger nicht widerlegt werden könne, das Vermögen im Jahr 2011 verbraucht zu haben, weshalb eine Verurteilung wegen Betrugs in einer Hauptverhandlung von der Staatsanwaltschaft nicht erwartet wurde. Diese Vorgaben der Staatsanwaltschaft treffen nach dem oben Ausgeführten für den vorliegend streitigen Erstattungszeitraum jedoch nicht zu.

Die Dauer der fehlenden Bedürftigkeit des Klägers, gegen die der Kläger im Übrigen auch keine Einwände erhoben hat, ist von der Beklagten nicht zu Lasten des Klägers zu lang berechnet worden. Bedürftigkeit bestand nicht für die Zahl voller Wochen, die sich aus der Teilung des zu berücksichtigenden Vermögens durch das Arbeitsentgelt ergibt, nach dem sich die Alhi richtete. Nach der vom Kläger vorgelegten Kontenzusammenstellung der TCMB vom 27.10.2006 verfügte der Kläger im streitigen Erstattungszeitraum über ein verwertbares Guthaben von insgesamt 117.800,00 EUR. Nach Abzug eines Freibetrages von insgesamt 16.000,00 DM verbleibt damit ein zu berücksichtigendes Vermögen i.H.v. 101.800,00 DM. Bei einem wöchentlichen Arbeitsentgelt von 1.160,00 DM ergibt sich eine fehlende Bedürftigkeit für die Dauer von vollen 87 Wochen. Dies deckt den Zeitraum vom 16.06.1995 bis 28.11.1996 ab, sodass dem Kläger im streitigen Erstattungszeitraum zu Unrecht Alhi bewilligt und gezahlt worden ist.

Die Höhe der Erstattungsforderung von Alhi i.H.v. umgerechnet 8.823,98 EUR hat die Beklagte zutreffend berechnet. Einwendungen hiergegen hat der Kläger auch nicht erhoben.

Die Berufung des Klägers war deshalb zurückzuweisen.

2. Demgegenüber erweist sich die Berufung der Beklagten als begründet. Die Ansicht des SG, dass nach der seit 01.01.2005 geltenden Fassung des § 335 Abs. 1 SGB III eine Erstattung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung bei der rückwirkenden Aufhebung und Rückforderung von Alhi nicht mehr möglich sei, weil es der Beklagten an einer Ermächtigungsgrundlage fehle, teilt der Senat im Hinblick auf die zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung des BSG nicht (mehr). Der Kläger ist auch zur Erstattung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, die die Beklagte zutreffend i.H.v. umgerechnet 3.642,67 EUR (Krankenversicherung) sowie von 201,35 EUR (Pflegeversicherung) errechnet hat, verpflichtet. Der Erstattungsanspruch der Beklagten erstreckt sich gemäß § 335 Abs.1 Satz 1 und § 335 Abs. 5 SGB III auch auf die von ihr entrichteten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge. Dass in § 335 Abs.1 Satz 1 SGB III seit 01.01.2005 nur noch von Bezieher von Arbeitslosengeld oder Unterhaltsgeld und nicht mehr - wie noch bis 31.12.2004 - auch von Bezieher von Arbeitslosenhilfe die Rede ist, ändert hieran nichts. Zwar ist der entsprechende Aufhebungs- und Erstattungsbescheid erst am 17.07.2006, mithin unter der Geltung des § 335 Abs. 1 Satz 1 SGB III in seiner ab 01.01.2005 geltenden Fassung ergangen. Das Bundessozialgericht (BSG) hat hierzu aber am 07.10.2009 in den Revisionsverfahren B 11 AL 31/08 R und B 11 AL 32/08 R entschieden, dass für Bezieher von Arbeitslosenhilfe auch nach dem 01.01.2005 eine Rechtsgrundlage für die Erstattung der gezahlten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge besteht. Der Senat hat sich dieser Rechtsauffassung des BSG angeschlossen.

Auf die Berufung der Beklagten war das angefochtene Urteil des SG deshalb abzuändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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