Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 3 SO 336/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SO 4008/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 8. August 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Klägerin höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) von der Beklagten unter Berücksichtigung eines (weiteren) Mehrbedarfs wegen krankheitsbedingter kostenaufwändiger Ernährung im Zeitraum vom 1.7.2008 bis 30.4.2010 verlangen kann und ob sie einen Anspruch auf Auszahlung bewilligter Mehrbedarfszuschläge für vergangene Zeiträume hat.
Die 1944 in T. (T.) geborene Klägerin bezieht seit Ende 2005 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung von der Beklagten. Von der Deutschen Rentenversicherung erhielt sie Rente wegen voller Erwerbsminderung (Zahlbetrag ab 1.7.2008 monatlich 288,50 EUR), Seit 1.6.2009 erhält sie von der Deutschen Rentenversicherung Regelaltersrente (monatlicher Zahlbetrag im Juni 2009: 291,03 EUR, ab 1.7.2009: 299,04 EUR). Außerdem bezieht sie eine Rente aus Tschechien (Zahlbetrag halbjährlich im Nachhinein; Zufluss am 7.1.2008 271,78 EUR, von der Beklagten mit monatlich 45,30 EUR berücksichtigt; Zufluss am 27.6.2008 315,69 EUR; Zufluss am 28.1.2009 307,23 EUR, von der Beklagten ab März 2009 mit monatlich 51,20 EUR berücksichtigt; Zufluss am 9.7.2009 347,36 EUR, von der Beklagten ab August 2009 mit monatlich 57,89 EUR berücksichtigt).
Mit Bescheid vom 23.6.2008 (Bl. 466 Verw.-Akte) bewilligte ihr die Beklagte für den Zeitraum vom 1.7.2008 bis 30.4.2009 monatliche Leistungen in Höhe von 542,93 EUR unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfes wegen krankheitsbedingter (Osteoporose) kostenaufwändiger Ernährung von 25,56 EUR monatlich. Hiergegen legte die Klägerin am 14.7.2008 Widerspruch ein und begehrte einen weiteren Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung aufgrund einer Laktoseintoleranz. Auf Veranlassung der Beklagten legte sie ein ärztliches Attest des Allgemeinmediziners Dr. V., K., vom 20.10.2008 vor, in welchem als Krankheiten Osteoporose und Laktose-Intoleranz und als notwendige Krankenkost calciumreiche und laktosefreie Kost genannt werden.
Mit Änderungsbescheid vom 3.3.2009 (Bl. 583 Verw.-Akte) wegen Änderung des Einkommens aus der tschechischen Rente bewilligte die Beklagte monatliche Leistungen in Höhe von 537,34 EUR, wobei der Mehrbedarf unverändert anerkannt wurde. Hiergegen legte die Klägerin am 18.3.2009 Widerspruch ein und bemängelte nochmals das fehlende Geld für die zweite Diät.
Mit Bescheid vom 16.4.2009 (Bl. 597 Verw.-Akte) bewilligte die Beklagte für den Zeitraum vom 1.5.2009 bis 30.4.2010 monatliche Leistungen in Höhe von 489,24 EUR - nach anderweitiger Vermietung der Garage durch den Vermieter waren die Unterkunftskosten um monatlich 50 EUR gesunken - ebenfalls unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfes von 25,56 EUR monatlich und nach dem Beginn der Regelaltersrente mit Änderungsbescheid vom 7.5.2009 monatlich in Höhe von 478,39 EUR.
Mit Bescheid vom 22.6.2009 (Bl. 629 Verw.-Akte) reduzierte die Beklagte diese Bewilligung für Juli 2009 auf 468,68 EUR und für August 2009 bis April 2010 auf monatlich je 460,67 EUR, da nach den neuen Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge kein Mehrbedarf bei Osteoporose mehr zu berücksichtigen sei.
Hiergegen legte die Klägerin am 6.7.2009 Widerspruch ein und legte eine weitere ärztliche Bescheinigung des Allgemeinmediziners Dr. V. vor. Dort wird als Erkrankung "Lactoseintoleranz" und als notwendige Kostform "lactosefreie Nahrung" mitgeteilt, ohne weitere Einzelheiten zum Krankheitsbild oder der Ernährung zu nennen. Nach Einholung einer Stellungnahme des Gesundheitsamtes (Bl. 661/663 Verw.-Akte) teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 29.7.2009 mit, das Gesundheitsamt habe festgestellt, dass weder aufgrund der Laktoseintoleranz noch aufgrund der Osteoporose ein Mehrbedarf gewährt werden könne. Bei diesen Gesundheitsstörungen sei eine laktosereduzierte Vollkost unter Berücksichtigung des Kalzium- und Vitamin-D-Gehalts der Nahrungsmittel, unter Weglassen von Milch und individuell schlecht vertragenen Milchprodukten und unter Meidung von fertig zubereiteten anderen Lebensmitteln, denen Laktose zugesetzt sei. Spezielle Ersatzprodukte wie laktosefreie Milchprodukte seien nicht erforderlich; die gleichzeitig vorliegende Osteoporose könne durch entsprechende andere kalziumhaltige Nahrungsmittel wie Kohl, Broccoli u.a. sowie durch die Beachtung des Kalziumgehalts beim Einkauf von Mineralwässern ausreichend günstig beeinflusst werden. Mit Änderungsbescheid vom 12.8.2009 (Bl. 703 Verw.-Akte) bewilligte die Beklagte wegen Änderung des Renteneinkommens ab September 2009 monatliche Leistungen in Höhe von 453,98 EUR, wogegen die Klägerin am 10.9.2009 Widerspruch einlegte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 9.2.2010 (Bl. 873 Verw.-Akte) wies das Landratsamt K. die Widersprüche der Klägerin als unbegründet zurück und führte unter anderem aus, nach dem aktuellen Stand der Ernährungsmedizin sei bei den bei der Klägerin vorliegenden Krankheitsbildern (Osteoporose und Laktose-Unverträglichkeit) eine Ernährung durch Vollkost notwendig und ausreichend, welche nicht kostenaufwändig sei, sondern aus dem Regelsatz bestritten werden könne. Das Gesundheitsamt sei nach Vorlage eines ärztlichen Attests am 24.7.2009 zu dem Ergebnis gekommen, dass aufgrund der vorliegenden Erkrankungen eine laktosereduzierte Vollkost erforderlich sei, diese aber keine zusätzlichen Kosten verursache, welche über den im Regelsatz enthaltenen Ernährungsanteil hinausgehen. Die Einstellung des Mehrbedarfszuschlags wegen Krankenkost ab 1.7.2009 sei damit zu Recht erfolgt.
Hiergegen hat die Klägerin am 17.2.2010 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben und mit Schreiben vom 26.7.2011 den Gegenstand der Klage mit "Anerkennung und Zahlung der beiden Diät-Zuschläge" bezeichnet. Zur Begründung hat die Klägerin ausgeführt, dass ihr wegen Osteoporose und Laktoseintoleranz zwei Mehrbedarfe wegen kostenaufwändiger Ernährung zustünden. Über diese Mehrbedarfe habe nicht irgendein Verein zu entscheiden, sondern das Gesetz. Sie legte ein ärztliches Attest des Allgemeinmediziners Dr. V. (K.) vom 11.4.2010 vor, wonach bei ihr am 12.8.2008 eine Laktoseintoleranz diagnostiziert worden sei. Der Mehrbedarf wegen Osteoporose sei von der Beklagten zwar in den Monaten Mai, Juni und Juli 2006 ausgezahlt worden, danach aber nicht mehr, so dass ihr die Beklagte für längere Zeit den Diätzuschlag schulde.
Das SG hat hierauf versucht, von Amts wegen Sachverhaltsermittlungen anzustellen und wollte bei den behandelnden Ärzten der Klägerin Beweis durch die Einholung von Befundberichten erheben. Das SG hat von der Klägerin mit Schreiben vom 12.4.2011 eine Entbindungserklärung von der ärztlichen Schweigepflicht angefordert und mit Schreiben vom 24.5.2011 hieran erinnert. Mit Schreiben vom 7.6.2011 wurde die Klägerin nochmals angemahnt und auf die Folgen einer Verletzung der Mitwirkungspflicht hingewiesen. Die Klägerin hat gleichwohl ihre Ärzte nicht von der Schweigepflicht entbunden. Das SG hat zuletzt mit Schreiben vom 6.7.2011 - der Klägerin zugestellt am 9.7.2011 - darauf hingewiesen, dass im Falle der Nichtvorlage einer Entbindungserklärung von der ärztlichen Schweigepflicht bis 31.7.2011 eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid beabsichtigt sei. Hierauf legte die Klägerin ein Attest des Internisten B. (K.) vom 20.7.2011 vor, in welchem die Diagnose einer Laktoseintoleranz mitgeteilt wird. Es bestehe eine Empfehlung zu einer laktosearmen Diät. Inwieweit dies eine kostenintensivere Ernährung bedeute, könne aber nicht beurteilt werden.
Mit Gerichtsbescheid vom 8.8.2011 hat das SG entschieden, dass der von der Beklagten mit Bescheid vom 22.6.2009 verfügte Wegfall des Ernährungsmehrbedarfs wegen Krankheit rechtswidrig war. Die Klägerin habe, wie ursprünglich bewilligt, auch vom 1.7.2009 bis 30.4.2010 Anspruch auf den Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung aufgrund der Osteoporose. Die Bewilligung sei insoweit bestandskräftig, die Voraussetzungen nach §§ 45, 48 Zehntes Buch Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) für eine Rücknahme oder Aufhebung würden nicht vorliegen. Im Übrigen hat das SG die Klage abgewiesen. Es sei nicht bewiesen, dass die Klägerin im Zeitraum vom 1.8.2008 bis 30.4.2010 einen Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung eines weiteren – wegen Laktoseintoleranz - krankheitsbedingten Ernährungsmehrbedarfs habe. Die insoweit erforderlichen medizinischen Ermittlungen hätten mangels Mitwirkung der Klägerin nicht erfolgen können. Ein Anspruch auf Auszahlung rückständiger Mehrbedarfe für die Vergangenheit bestehe nicht, da die Beklagte die in den jeweiligen Bewilligungsbescheiden bewilligten Leistungen ausgezahlt und die Ansprüche der Klägerin erfüllt habe. Dies ergebe sich aus Kontoauszügen in den Verwaltungsakten. Die Klägerin habe demgegenüber nicht darlegen können, dass die bewilligten Beträge nicht überwiesen worden seien.
Gegen den ihr am 11.8.2011 mittels Postzustellungsurkunde zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 9.9.2011 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt, zur Begründung auf ihr bisheriges Vorbringen Bezug genommen und zuletzt sinngemäß darauf hingewiesen, dass auch eine Ernährung mit ausgewogener Kost Mehrkosten verursachen würde.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 8. August 2011 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 23. Juni 2008, 3. März 2009, 16. April 2009, 7. Mai 2009, 22. Juni 2009, 12. August 2009, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts K. vom 9. Februar 2010 zu verurteilen, ihr vom 1. Juli 2008 bis 30. April 2010 höhere Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung eines weiteren Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung wegen einer Laktoseintoleranz zu gewähren und die Beklagte zu verurteilen, ihr bereits bewilligte Mehrbedarfszuschläge im Zeitraum vom 1. August 2006 bis 30. Juni 2009 in Höhe von monatlich 25,56 EUR (gesamt 869,04 EUR) auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt auf die Ausführungen des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid Bezug.
Der Senat hat versucht, Beweis zu erheben durch die Einholung ärztlicher Befundberichte und hat der Klägerin mit Schreiben vom 7.11.2011, mittels PZU am 9.11.2011 zugestellt, aufgegeben, bis 30.11.2011 die vorbereitete übersandte Erklärung über die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht zu übersenden. Dies hat die Klägerin nicht getan. Der Senat hat in dem vorbezeichneten Schreiben auch auf die Folgen einer Fristversäumnis sowie auf die Grundsätze der Beweiswürdigung, insbesondere den Grundsatz der objektiven Beweislast hingewiesen, wonach die Nichterweislichkeit anspruchsbegründender Tatsachen zu Lasten desjenigen geht, der sich darauf beruft.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat mit Einwilligung der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
I.
Die form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs. 1 SGG) und statthafte (§ 143 SGG) Berufung ist zulässig.
Streitgegenstand (§ 95 SGG) des vorliegenden Rechtsstreites ist zum einen noch die Frage, ob der Klägerin höhere Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung eines (weiteren) Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung (Laktoseintoleranz) im Zeitraum vom 1.7.2008 bis 30.4.2010 zustehen, insoweit als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig, zum zweiten, ob ihr in der Vergangenheit die bewilligten Grundsicherungsleistungen in richtiger Höhe unter Berücksichtigung des bewilligten Mehrbedarfs von monatlich 25,56 EUR ausgezahlt wurden, insoweit als Leistungsklage zulässig. Die Klägerin hat ihr Begehren mit Schriftsatz vom 26.7.2011 ausdrücklich insoweit in zulässiger Weise (vgl. Bundessozialgericht - BSG - v. 16.12.2010 – B 8 SO 9/09 R = SozR 4-3500 § 30 Nr. 2 RdNr. 12 und v. 26.8.2008 – B 8/9b SO 10/06 R - BSGE 101, 217 = SozR 4-3500 § 133a Nr. 1 RdNr. 12 ff.) auf diese Frage beschränkt. Zu beachten ist aber, dass der Streitgegenstand nicht mehr weiter aufgespalten werden kann; die Frage nach dem Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung kann nicht losgelöst von den Grundsicherungsleistungen (Regelleistung) als eigenständiger Streitgegenstand abgehandelt werden (vgl. zu § 21 Abs. 5 SGB II: BSG v. 24.2.2011 – B 14 AS 49/10 R = SozR 4-4200 § 21 Nr. 10, v. 10.5.2011 – B 4 AS 100/10 R = juris RdNr. 15 und v. 22.11.2011 – B 4 AS 138/10 R).
Richtiger Klagegegner ist die Stadt K., welcher vom örtlichen Träger der Sozialhilfe, dem Landkreis K., die Durchführung der Aufgabenwahrnehmung nach dem SGB XII im Wege der Delegation übertragen wurde (§ 99 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 3 Abs. 1 AGSGB XII Ba-Wü i.V.m. mit der Satzung über die Durchführung der Sozialhilfe nach SGB XII und der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach SGB II im Landkreis K.). Mit dieser Übertragung ist die Erledigung sämtlicher, mit Ausnahme der in § 1 Abs. 3 der Durchführungssatzung genannten Aufgaben verbunden, also insbesondere auch die vorliegend streitgegenständliche Entscheidung über die Leistungsbewilligung. Eine Beiladung des Landkreises oder eine Berichtigung des Rubrums dahingehend, dass der Landkreis auch als Beklagter zu führen wäre, im Hinblick darauf, dass er den Widerspruchsbescheid erlassen hat, ist wegen der Prozessstandschaft der Beklagten nicht erforderlich. Die Beklagte führt insoweit einen Fremdprozess im eigenen Namen, als sie sowohl die von ihr erlassenen Bescheide als auch den Widerspruchsbescheid des Landkreises verteidigt und somit fremde Rechte wahrnimmt (vgl. VGH Baden-Württemberg v. 10.10.1967 – III 752/66 = FEVS 15, 32, 35 f.).
Der Widerspruchsbescheid vom 9.2.2010 ist formell rechtmäßig zustande gekommen. Eine beratende Beteiligung sozial erfahrener Dritter vor Erlass eines Widerspruchsbescheides gegen die Ablehnung der Sozialhilfe oder die Festsetzung ihrer Art und Höhe erfolgt in Baden-Württemberg abweichend von § 116 Abs. 2 SGB XII nicht (§ 9 AGSGB XII).
II.
Einen Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen im Zeitraum von 1.7.2008 bis 30.4.2010 hat die Klägerin nicht.
Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen ist § 19 Abs. 2 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) i.V.m. §§ 41 ff. SGB XII (jeweils und im Folgenden alle Normen des SGB XII immer in der bis 31.12.2010 geltenden Fassung).
Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei (dauerhafter) Erwerbsminderung nach § 41 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII haben auf Antrag Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die das 65. Lebensjahr vollendet haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert i.S. des § 43 Abs. 2 des Sozialgesetzbuchs Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) sind und bei denen unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann, soweit sie ihren Lebensunterhalt nicht aus ihrem Einkommen und Vermögen gemäß §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII beschaffen können (§ 41 Abs. 2 SGB XII).
Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung umfassen gemäß § 42 Satz 1 SGB XII u.a. den für den Leistungsberechtigten maßgebenden Regelsatz nach § 28 SGB XII, die Mehrbedarfe gemäß § 30 SGB XII sowie die einmaligen Bedarfe gemäß § 31 SGB XII. Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB XII (in der bis 31.12.2010 gültigen Normfassung) wird der gesamte Bedarf des notwendigen Lebensunterhalts außerhalb von Einrichtungen mit Ausnahme von Leistungen der Unterkunft und Heizung und der Sonderbedarfe der §§ 30 bis 34 SGB XII nach Regelsätzen erbracht. Der Regelbedarf wird abweichend festgelegt, wenn im Einzelfall ein Bedarf ganz oder teilweise anderweitig gedeckt ist oder unabweisbar seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht (§ 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII). Diese Regelung gilt auch für Leistungen der §§ 41 ff. SGB XII (BSG v. 11.12.2007 – B 8/9b SO 21/06 R - BSGE 99, 252 = SozR 4-3500 § 28 Nr. 3). Anhaltspunkte für einen abweichenden Bedarf im Sinne dieser Vorschrift liegen nicht vor.
Die voll erwerbsgeminderte Klägerin war in den streitigen Zeiträumen zwar dem Grunde nach anspruchsberechtigt gemäß § 19 Abs. 2 i.V.m. §§ 41 ff. SGB XII, sowohl während ihres Erwerbsminderungsrentenbezuges als auch während ihres Altersrentenbezuges, da sie ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen vollständig decken konnte. Die Beklagte ist in den Bewilligungsbescheiden jeweils zutreffend von dem sich aus §§ 28, 42 SGB XII ergebenden Regelbedarf ausgegangen. Ein Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen wegen eines weiteren Mehrbedarfs an kostenaufwändiger Ernährung wegen Laktoseintoleranz ist aber nicht bewiesen und besteht damit nicht. Voraussetzung für die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung sind krankheitsbedingte Gründe, die eine Ernährung erfordern, deren Kosten aufwändiger sind als dies für Personen ohne diese Einschränkung der Fall ist (vgl. eingehend BSG v. 10.5.2011 – B 4 AS 100/10 R).
Rechtsgrundlage für die Bewilligungen von Mehrbedarfen wegen kostenaufwändiger Ernährung ist § 42 Satz 1 Nr. 3 SGB XII i.V.m. § 30 Abs. 1 Nr. 5 SGB XII. Danach wird für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Zur Beurteilung dieses Anspruchs ist festzustellen, ob eine Krankheit oder Behinderung vorliegt, ob sie eine bestimmte Kostform erfordert und in welchem Umfang gegebenenfalls zusätzliche Kosten anfallen. Liegen mehrere Erkrankungen vor, für die jeweils ein Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung aus medizinischen Gründen geltend gemacht wird, so ist der Ernährungsaufwand aufgrund des gesamten Krankheitsbildes konkret zu ermitteln (vgl. zum inhaltsgleichen § 21 Abs. 5 SGB II BSG v. 27.2.2008 – B 14/7b AS32/06 R – BSGE 100, 83 = SozR 4-4200 § 20 Nr. 6). Wenn sich unterschiedliche Erkrankungen in unterschiedlichen Mehrbedarfen auswirken, ist auch eine Kumulation von Kosten entgegen der Rechtsauffassung des SG nicht ausgeschlossen (BSG v. 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R = SozR 4-4200 § 9 Nr 5 = juris RdNr. 41). Die aktuellen Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge vom 1.10.2008 (abgedruckt in NDV 2008, 503 ff) heben die grundsätzliche Verpflichtung der Verwaltung und der Gerichte, die Besonderheiten des jeweiligen Sachverhalts von Amts wegen aufzuklären (§ 20 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch [SGB X] bzw. § 103 SGG), nicht auf und ersetzen auch nicht eine ggf. erforderliche Begutachtung im Einzelfall (BSG v. 10.5.2011 – B 4 AS 100/10 R und v. 22.11.2011 – B 4 AS 138/10 R).
Ausgehend von diesen Grundsätzen wären vorliegend, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, medizinische Ermittlungen erforderlich gewesen, um zunächst das bei der Klägerin individuelle Krankheitsbild festzustellen und dann ggf. in einem medizinischen und/oder ernährungswissenschaftlichen Gutachten die Auswirkungen der Erkrankung(en) abzuklären und die Frage zu beantworten, ob und welche bestimmte Ernährung krankheitsbedingt notwendig ist und ob und welche Mehrkosten dies verursacht. Diese Ermittlungen, welche das SG und der Senat vornehmen wollten, sind schon im Ansatz gescheitert, weil die Klägerin ihre behandelnden Ärzte nicht von der Schweigepflicht entbunden hat und daher bereits die Einholung von Befundberichten nicht möglich war. Dies geht nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast zu Lasten der Klägerin.
Nach den vorliegenden Unterlagen und Attesten ist nicht bewiesen, dass die Klägerin wegen Laktoseintoleranz einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung hat, so dass es auf die Frage, wie mehrere Mehrbedarfe hier ggf. zusammenwirken und wie eine Gesamteinschätzung vorzunehmen ist, nicht ankommt. Die Diagnose "Laktoseintoleranz" allein aus den Attesten des Allgemeinmediziners V. (K.) vom 20.10.2008, 6.7.2009 und 11.4.2010 und des Internisten B. (K.) vom 20.7.2011 genügt nicht, da sich hieraus keinerlei individuelle Einzelheiten zum speziell bei der Klägerin vorliegenden Krankheitsbild ableiten lassen, insbesondere nicht, wie stark eine Unverträglichkeit ausgeprägt ist. Der zweite Schritt in der vom BSG entwickelten Prüfungsreihenfolge, ob und inwieweit das individuelle Krankheitsbild nach aktuellem medizinischen Kenntnisstand eine kostenaufwändigere Ernährung bedingt, kann deshalb vorliegend mangels Datengrundlage nicht vorgenommen werden. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, kann die Feststellung eines krankheitsbedingten Ernährungsmehrbedarfs für einen zurückliegenden Zeitraum nicht ohne schriftliche Anhörung der damals behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen erfolgen. Auch die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens war nicht möglich, weil mangels erforderlicher Vorermittlung auch insoweit die erforderliche Datengrundlage fehlt, um überhaupt sinnvolle Fragen an einen Gutachter richten zu können. Gerade diese Vorermittlungen hat die Klägerin jedoch vereitelt, indem sie trotz mehrfacher Aufforderung in beiden Instanzen und Belehrung über die Folgen die Erklärung über die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht nicht abgegeben hat. Es gibt keine Hinweise darauf, dass dies der Klägerin aus wichtigem Grund nicht zumutbar gewesen wäre.
Mangels anderer Ansatzpunkte wegen der von der Klägerin verhinderten individuellen Ermittlung ist der Senat davon überzeugt, dass auch bei einer Laktoseintoleranz zunächst eine Ernährung mit sog. "Vollkost" unter Verwendung laktosearmer Produkte erforderlich aber auch ausreichend ist, wie es auch das von der Beklagten um Rat ersuchte Gesundheitsamt der Stadt erläutert hat. Der Milchzuckerunverträglichkeit kann durch die Vermeidung von laktosehaltiger Kost begegnet werden. Laktosefreie Kost für Erwachsene ist tatsächlich auch keineswegs kostenaufwändiger als laktosehaltige Nahrung. Der Klägerin ist deshalb ein Ausweichen auf die in vielen Discountern inzwischen angebotene kostengünstige laktosefreie Kost und insbesondere auch auf sojabasierte Produkte zuzumuten. Laktosefrei sind neben Sojaprodukten insbesondere folgende Nahrungsmittel: laktosefreie Milch, Fleisch und Fisch, roher und gekochter Schinken, Braten, Rauchfleisch, alle Pflanzenöle, Pflanzenmargarine, alle Getreide- und Mehlsorten, Reis, Mais, Haferflocken, Brot- und Gebäcksorten (soweit ohne Kuhmilch gebacken), Kartoffeln, alle Gemüse und Hülsenfruchtsorten, alle Obstsorten, Nüsse sowie Fruchtbonbons, Gummibärchen und Marmelade (vgl. Hauner, Essen und Trinken bei Laktoseintoleranz, Else Kröner-Fresenius-Zentrum für Ernährungsmedizin, Klinikum TU München, 2004, abrufbar unter http://www.mri.tum.de/system/files/Broschuere Lactose.pdf). Damit steht der Klägerin ein weites Feld an zum Teil sehr kostengünstigen Nahrungsmitteln für eine in jeder Hinsicht ausgewogene Ernährung offen. Die Ernährung mit einer Vollkost unterfällt nicht § 30 Abs. 5 SGB XII da es sich nicht um eine Krankenkost handelt; Vollkost ist aus der Regelleistung zu bestreiten (vgl. zu § 21 Abs. 5 SGB II: BSG v. 10.5.2011 – B 4 AS 100/10 R = juris RdNr 25f.).
Auch aus anderen Gesichtspunkten stehen der Klägerin keine höheren Grundsicherungsleistungen zu. Die Voraussetzungen eines Mehrbedarfs nach § 42 Satz 1 Nr. 3 SGB XII i.V.m. § 30 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 SGB XII (in der Fassung des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes v. 20.4.2007, BGBl. I,. 554) liegen nicht vor, da bei der Klägerin das Merkzeichen "G" nicht festgestellt ist. Ein Mehrbedarf allein wegen Alters oder wegen der vollen Erwerbsminderung wird nicht gewährt (BSG v. 16.12.2010 – B 8 SO 9/09 R = SozR 4-3500 § 30 Nr. 2).
Auch die Voraussetzungen des § 73 SGB XII sind nicht bewiesen. Nach Satz 1 dieser Vorschrift können Leistungen auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Die Klägerin hat im Laufe des Widerspruchsverfahrens zwar vorgetragen, sie leide an bis zu sechs chronischen Krankheiten und müsse neben der Praxisgebühr auch monatlich rund 30 EUR für Medikamente aufwenden. Insofern gilt aber, dass für die Absicherung im Krankheitsfall im Regelfall die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zuständig ist. Sozialhilfeempfänger haben keinen Anspruch auf Übernahme bzw. Erstattung der von ihnen selbst in der gesetzlichen Krankenversicherung bis zur individuellen Belastungsgrenze zu tragenden Praxisgebühren und Zuzahlungen (BSG v. 16.12.2010 – B 8 SO 7/09 R – BSGE 107, 169 = SozR 4-3500 § 28 Nr. 6). Soweit im Einzelfall bestimmte Heil- oder Arzneimittel vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) nicht in den GKV-Leistungskatalog aufgenommen sind, kann sich zwar bei Bedürftigkeit Betroffener ein Anspruch unter den Voraussetzungen des SGB XII ergeben (vgl. BSG v. 6.3.2012 – B 1 KR 24/10 R). Es konnten aber wegen der mangelnden Mitwirkung der Klägerin keine weiteren Ermittlungen, insbesondere durch die Einholung von ärztlichen Befundberichten angestellt werden (s.o.). Ein laufender atypischer Bedarf, der als Härte anerkannt und eine Leistungsgewährung nach § 73 Satz 1 SGB XII rechtfertigen könnte, konnte daher nicht festgestellt oder bewiesen werden.
Ein höherer Regelsatz steht der Klägerin auch nicht auf Grund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 9.2.2010 (BVerfGE 125, 175 ff) zu. In diesem Urteil hat das BVerfG zur Verfassungsmäßigkeit der Gewährleistung des verfassungsrechtlich gebotenen Existenzminimums durch Festbeträge in Form von Regelsätzen zu § 20 Abs. 2 SGB II a.F., die hinsichtlich ihrer Höhe den Regelleistungen nach § 28 SGB XII a.F. entsprechen, entschieden, dass sich der Gesetzgeber zur Bestimmung der Regelleistungen auf ein Verfahren gestützt habe, das im Grundsatz geeignet sei, die notwendigen Leistungen realitätsgerecht zu bemessen. Anders als im SGB II ist die Höhe der Regelsätze zwar in Verordnungen (§ 28 Abs. 2 SGB XII i.V.m. der Regelsatzverordnung) geregelt und mit Rücksicht auf die Normhierarchie theoretisch auch vom Gericht korrigierbar, soweit die (landesrechtlichen) Regelsätze nicht ermächtigungskonform sind. Eine solche Korrektur kann hier gleichwohl nicht vorgenommen werden, weil das BVerfG die auf die Regelsatzbemessung des SGB XII rekurrierende formell gesetzliche Regelung im Rahmen des SGB II bis Ende 2010 akzeptiert und ausdrücklich für die Bemessung der Regelbedarfe den Erlass eines Gesetzes gefordert hat, weshalb eine Bestimmung anderer Regelsätze durch die Gerichte ausgeschlossen ist (vgl im Einzelnen BSG v. 16.12.2010 – B 8 SO 7/09 R – BSGE 107, 169 = SozR 4-3500 § 28 Nr. 6 RdNr 26 f.).
In den angefochtenen Bewilligungsbescheiden hat die Beklagte außerdem das Einkommen der Klägerin aus ihrer Erwerbsminderungs- bzw. ab dem 1.6.2009 aus der Regelaltersrente und aus der tschechischen Rente zutreffend bei der monatlichen Bedarfs- und Leistungsfeststellung berücksichtigt. Auch insoweit ergibt sich kein Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen. Die nur halbjährlich anfallenden und insoweit wie einmalige Einnahmen zu behandelnden tschechischen Rentenzahlungen sind von der Beklagten zwar in der Regel erst einen Monat nach dem Zufluss monatlich mit dem entsprechenden Teilbetrag angesetzt worden, insoweit war dies aber aus Praktikabilitätsgründen zulässig und ist nicht zu beanstanden, da die Beklagte regelmäßig darauf angewiesen war, von der Klägerin Nachweise über Höhe und Zeitpunkt des Zuflusses zu erhalten (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 3 Abs 3 Satz 2 der Verordnung zur Durchführung des § 82 SGB XII). Die jeweiligen Änderungen mit Wirkung für die Zukunft aufgrund der geänderten Renteneinkommen der Klägerin konnte die Beklagte jeweils nach § 48 Abs. 1 SGB X vornehmen, ohne dass hierin eine unzulässige Verböserung (reformatio in peius) im laufenden Widerspruchsverfahren liegt.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Auszahlung von bewilligten Mehrbedarfszuschlägen für den geltend gemachten Zeitraum von August 2006 bis Juni 2009. Der Senat ist wie das SG davon überzeugt, dass die Beklagte die in den jeweiligen Bewilligungsbescheiden bewilligten Leistungen ausgezahlt und die Ansprüche der Klägerin damit erfüllt hat. Dies ergibt sich aus Kontoauszügen in den Verwaltungsakten. Die jeweiligen Mehrbedarfszuschläge werden in den Überweisungen lediglich nicht gesondert ausgewiesen, sondern sind Teil des Gesamtbetrags, welcher jeweils monatlich überwiesen wurde. Die Klägerin hat demgegenüber nicht darlegen können, dass die bewilligten Beträge nicht überwiesen worden seien. Die aus den Bewilligungsbescheiden resultierenden Ansprüche sind damit erloschen (vgl. § 362 Abs. 1 BGB).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Klägerin höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) von der Beklagten unter Berücksichtigung eines (weiteren) Mehrbedarfs wegen krankheitsbedingter kostenaufwändiger Ernährung im Zeitraum vom 1.7.2008 bis 30.4.2010 verlangen kann und ob sie einen Anspruch auf Auszahlung bewilligter Mehrbedarfszuschläge für vergangene Zeiträume hat.
Die 1944 in T. (T.) geborene Klägerin bezieht seit Ende 2005 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung von der Beklagten. Von der Deutschen Rentenversicherung erhielt sie Rente wegen voller Erwerbsminderung (Zahlbetrag ab 1.7.2008 monatlich 288,50 EUR), Seit 1.6.2009 erhält sie von der Deutschen Rentenversicherung Regelaltersrente (monatlicher Zahlbetrag im Juni 2009: 291,03 EUR, ab 1.7.2009: 299,04 EUR). Außerdem bezieht sie eine Rente aus Tschechien (Zahlbetrag halbjährlich im Nachhinein; Zufluss am 7.1.2008 271,78 EUR, von der Beklagten mit monatlich 45,30 EUR berücksichtigt; Zufluss am 27.6.2008 315,69 EUR; Zufluss am 28.1.2009 307,23 EUR, von der Beklagten ab März 2009 mit monatlich 51,20 EUR berücksichtigt; Zufluss am 9.7.2009 347,36 EUR, von der Beklagten ab August 2009 mit monatlich 57,89 EUR berücksichtigt).
Mit Bescheid vom 23.6.2008 (Bl. 466 Verw.-Akte) bewilligte ihr die Beklagte für den Zeitraum vom 1.7.2008 bis 30.4.2009 monatliche Leistungen in Höhe von 542,93 EUR unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfes wegen krankheitsbedingter (Osteoporose) kostenaufwändiger Ernährung von 25,56 EUR monatlich. Hiergegen legte die Klägerin am 14.7.2008 Widerspruch ein und begehrte einen weiteren Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung aufgrund einer Laktoseintoleranz. Auf Veranlassung der Beklagten legte sie ein ärztliches Attest des Allgemeinmediziners Dr. V., K., vom 20.10.2008 vor, in welchem als Krankheiten Osteoporose und Laktose-Intoleranz und als notwendige Krankenkost calciumreiche und laktosefreie Kost genannt werden.
Mit Änderungsbescheid vom 3.3.2009 (Bl. 583 Verw.-Akte) wegen Änderung des Einkommens aus der tschechischen Rente bewilligte die Beklagte monatliche Leistungen in Höhe von 537,34 EUR, wobei der Mehrbedarf unverändert anerkannt wurde. Hiergegen legte die Klägerin am 18.3.2009 Widerspruch ein und bemängelte nochmals das fehlende Geld für die zweite Diät.
Mit Bescheid vom 16.4.2009 (Bl. 597 Verw.-Akte) bewilligte die Beklagte für den Zeitraum vom 1.5.2009 bis 30.4.2010 monatliche Leistungen in Höhe von 489,24 EUR - nach anderweitiger Vermietung der Garage durch den Vermieter waren die Unterkunftskosten um monatlich 50 EUR gesunken - ebenfalls unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfes von 25,56 EUR monatlich und nach dem Beginn der Regelaltersrente mit Änderungsbescheid vom 7.5.2009 monatlich in Höhe von 478,39 EUR.
Mit Bescheid vom 22.6.2009 (Bl. 629 Verw.-Akte) reduzierte die Beklagte diese Bewilligung für Juli 2009 auf 468,68 EUR und für August 2009 bis April 2010 auf monatlich je 460,67 EUR, da nach den neuen Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge kein Mehrbedarf bei Osteoporose mehr zu berücksichtigen sei.
Hiergegen legte die Klägerin am 6.7.2009 Widerspruch ein und legte eine weitere ärztliche Bescheinigung des Allgemeinmediziners Dr. V. vor. Dort wird als Erkrankung "Lactoseintoleranz" und als notwendige Kostform "lactosefreie Nahrung" mitgeteilt, ohne weitere Einzelheiten zum Krankheitsbild oder der Ernährung zu nennen. Nach Einholung einer Stellungnahme des Gesundheitsamtes (Bl. 661/663 Verw.-Akte) teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 29.7.2009 mit, das Gesundheitsamt habe festgestellt, dass weder aufgrund der Laktoseintoleranz noch aufgrund der Osteoporose ein Mehrbedarf gewährt werden könne. Bei diesen Gesundheitsstörungen sei eine laktosereduzierte Vollkost unter Berücksichtigung des Kalzium- und Vitamin-D-Gehalts der Nahrungsmittel, unter Weglassen von Milch und individuell schlecht vertragenen Milchprodukten und unter Meidung von fertig zubereiteten anderen Lebensmitteln, denen Laktose zugesetzt sei. Spezielle Ersatzprodukte wie laktosefreie Milchprodukte seien nicht erforderlich; die gleichzeitig vorliegende Osteoporose könne durch entsprechende andere kalziumhaltige Nahrungsmittel wie Kohl, Broccoli u.a. sowie durch die Beachtung des Kalziumgehalts beim Einkauf von Mineralwässern ausreichend günstig beeinflusst werden. Mit Änderungsbescheid vom 12.8.2009 (Bl. 703 Verw.-Akte) bewilligte die Beklagte wegen Änderung des Renteneinkommens ab September 2009 monatliche Leistungen in Höhe von 453,98 EUR, wogegen die Klägerin am 10.9.2009 Widerspruch einlegte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 9.2.2010 (Bl. 873 Verw.-Akte) wies das Landratsamt K. die Widersprüche der Klägerin als unbegründet zurück und führte unter anderem aus, nach dem aktuellen Stand der Ernährungsmedizin sei bei den bei der Klägerin vorliegenden Krankheitsbildern (Osteoporose und Laktose-Unverträglichkeit) eine Ernährung durch Vollkost notwendig und ausreichend, welche nicht kostenaufwändig sei, sondern aus dem Regelsatz bestritten werden könne. Das Gesundheitsamt sei nach Vorlage eines ärztlichen Attests am 24.7.2009 zu dem Ergebnis gekommen, dass aufgrund der vorliegenden Erkrankungen eine laktosereduzierte Vollkost erforderlich sei, diese aber keine zusätzlichen Kosten verursache, welche über den im Regelsatz enthaltenen Ernährungsanteil hinausgehen. Die Einstellung des Mehrbedarfszuschlags wegen Krankenkost ab 1.7.2009 sei damit zu Recht erfolgt.
Hiergegen hat die Klägerin am 17.2.2010 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben und mit Schreiben vom 26.7.2011 den Gegenstand der Klage mit "Anerkennung und Zahlung der beiden Diät-Zuschläge" bezeichnet. Zur Begründung hat die Klägerin ausgeführt, dass ihr wegen Osteoporose und Laktoseintoleranz zwei Mehrbedarfe wegen kostenaufwändiger Ernährung zustünden. Über diese Mehrbedarfe habe nicht irgendein Verein zu entscheiden, sondern das Gesetz. Sie legte ein ärztliches Attest des Allgemeinmediziners Dr. V. (K.) vom 11.4.2010 vor, wonach bei ihr am 12.8.2008 eine Laktoseintoleranz diagnostiziert worden sei. Der Mehrbedarf wegen Osteoporose sei von der Beklagten zwar in den Monaten Mai, Juni und Juli 2006 ausgezahlt worden, danach aber nicht mehr, so dass ihr die Beklagte für längere Zeit den Diätzuschlag schulde.
Das SG hat hierauf versucht, von Amts wegen Sachverhaltsermittlungen anzustellen und wollte bei den behandelnden Ärzten der Klägerin Beweis durch die Einholung von Befundberichten erheben. Das SG hat von der Klägerin mit Schreiben vom 12.4.2011 eine Entbindungserklärung von der ärztlichen Schweigepflicht angefordert und mit Schreiben vom 24.5.2011 hieran erinnert. Mit Schreiben vom 7.6.2011 wurde die Klägerin nochmals angemahnt und auf die Folgen einer Verletzung der Mitwirkungspflicht hingewiesen. Die Klägerin hat gleichwohl ihre Ärzte nicht von der Schweigepflicht entbunden. Das SG hat zuletzt mit Schreiben vom 6.7.2011 - der Klägerin zugestellt am 9.7.2011 - darauf hingewiesen, dass im Falle der Nichtvorlage einer Entbindungserklärung von der ärztlichen Schweigepflicht bis 31.7.2011 eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid beabsichtigt sei. Hierauf legte die Klägerin ein Attest des Internisten B. (K.) vom 20.7.2011 vor, in welchem die Diagnose einer Laktoseintoleranz mitgeteilt wird. Es bestehe eine Empfehlung zu einer laktosearmen Diät. Inwieweit dies eine kostenintensivere Ernährung bedeute, könne aber nicht beurteilt werden.
Mit Gerichtsbescheid vom 8.8.2011 hat das SG entschieden, dass der von der Beklagten mit Bescheid vom 22.6.2009 verfügte Wegfall des Ernährungsmehrbedarfs wegen Krankheit rechtswidrig war. Die Klägerin habe, wie ursprünglich bewilligt, auch vom 1.7.2009 bis 30.4.2010 Anspruch auf den Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung aufgrund der Osteoporose. Die Bewilligung sei insoweit bestandskräftig, die Voraussetzungen nach §§ 45, 48 Zehntes Buch Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) für eine Rücknahme oder Aufhebung würden nicht vorliegen. Im Übrigen hat das SG die Klage abgewiesen. Es sei nicht bewiesen, dass die Klägerin im Zeitraum vom 1.8.2008 bis 30.4.2010 einen Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung eines weiteren – wegen Laktoseintoleranz - krankheitsbedingten Ernährungsmehrbedarfs habe. Die insoweit erforderlichen medizinischen Ermittlungen hätten mangels Mitwirkung der Klägerin nicht erfolgen können. Ein Anspruch auf Auszahlung rückständiger Mehrbedarfe für die Vergangenheit bestehe nicht, da die Beklagte die in den jeweiligen Bewilligungsbescheiden bewilligten Leistungen ausgezahlt und die Ansprüche der Klägerin erfüllt habe. Dies ergebe sich aus Kontoauszügen in den Verwaltungsakten. Die Klägerin habe demgegenüber nicht darlegen können, dass die bewilligten Beträge nicht überwiesen worden seien.
Gegen den ihr am 11.8.2011 mittels Postzustellungsurkunde zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 9.9.2011 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt, zur Begründung auf ihr bisheriges Vorbringen Bezug genommen und zuletzt sinngemäß darauf hingewiesen, dass auch eine Ernährung mit ausgewogener Kost Mehrkosten verursachen würde.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 8. August 2011 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 23. Juni 2008, 3. März 2009, 16. April 2009, 7. Mai 2009, 22. Juni 2009, 12. August 2009, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts K. vom 9. Februar 2010 zu verurteilen, ihr vom 1. Juli 2008 bis 30. April 2010 höhere Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung eines weiteren Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung wegen einer Laktoseintoleranz zu gewähren und die Beklagte zu verurteilen, ihr bereits bewilligte Mehrbedarfszuschläge im Zeitraum vom 1. August 2006 bis 30. Juni 2009 in Höhe von monatlich 25,56 EUR (gesamt 869,04 EUR) auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt auf die Ausführungen des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid Bezug.
Der Senat hat versucht, Beweis zu erheben durch die Einholung ärztlicher Befundberichte und hat der Klägerin mit Schreiben vom 7.11.2011, mittels PZU am 9.11.2011 zugestellt, aufgegeben, bis 30.11.2011 die vorbereitete übersandte Erklärung über die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht zu übersenden. Dies hat die Klägerin nicht getan. Der Senat hat in dem vorbezeichneten Schreiben auch auf die Folgen einer Fristversäumnis sowie auf die Grundsätze der Beweiswürdigung, insbesondere den Grundsatz der objektiven Beweislast hingewiesen, wonach die Nichterweislichkeit anspruchsbegründender Tatsachen zu Lasten desjenigen geht, der sich darauf beruft.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat mit Einwilligung der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
I.
Die form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs. 1 SGG) und statthafte (§ 143 SGG) Berufung ist zulässig.
Streitgegenstand (§ 95 SGG) des vorliegenden Rechtsstreites ist zum einen noch die Frage, ob der Klägerin höhere Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung eines (weiteren) Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung (Laktoseintoleranz) im Zeitraum vom 1.7.2008 bis 30.4.2010 zustehen, insoweit als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig, zum zweiten, ob ihr in der Vergangenheit die bewilligten Grundsicherungsleistungen in richtiger Höhe unter Berücksichtigung des bewilligten Mehrbedarfs von monatlich 25,56 EUR ausgezahlt wurden, insoweit als Leistungsklage zulässig. Die Klägerin hat ihr Begehren mit Schriftsatz vom 26.7.2011 ausdrücklich insoweit in zulässiger Weise (vgl. Bundessozialgericht - BSG - v. 16.12.2010 – B 8 SO 9/09 R = SozR 4-3500 § 30 Nr. 2 RdNr. 12 und v. 26.8.2008 – B 8/9b SO 10/06 R - BSGE 101, 217 = SozR 4-3500 § 133a Nr. 1 RdNr. 12 ff.) auf diese Frage beschränkt. Zu beachten ist aber, dass der Streitgegenstand nicht mehr weiter aufgespalten werden kann; die Frage nach dem Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung kann nicht losgelöst von den Grundsicherungsleistungen (Regelleistung) als eigenständiger Streitgegenstand abgehandelt werden (vgl. zu § 21 Abs. 5 SGB II: BSG v. 24.2.2011 – B 14 AS 49/10 R = SozR 4-4200 § 21 Nr. 10, v. 10.5.2011 – B 4 AS 100/10 R = juris RdNr. 15 und v. 22.11.2011 – B 4 AS 138/10 R).
Richtiger Klagegegner ist die Stadt K., welcher vom örtlichen Träger der Sozialhilfe, dem Landkreis K., die Durchführung der Aufgabenwahrnehmung nach dem SGB XII im Wege der Delegation übertragen wurde (§ 99 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 3 Abs. 1 AGSGB XII Ba-Wü i.V.m. mit der Satzung über die Durchführung der Sozialhilfe nach SGB XII und der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach SGB II im Landkreis K.). Mit dieser Übertragung ist die Erledigung sämtlicher, mit Ausnahme der in § 1 Abs. 3 der Durchführungssatzung genannten Aufgaben verbunden, also insbesondere auch die vorliegend streitgegenständliche Entscheidung über die Leistungsbewilligung. Eine Beiladung des Landkreises oder eine Berichtigung des Rubrums dahingehend, dass der Landkreis auch als Beklagter zu führen wäre, im Hinblick darauf, dass er den Widerspruchsbescheid erlassen hat, ist wegen der Prozessstandschaft der Beklagten nicht erforderlich. Die Beklagte führt insoweit einen Fremdprozess im eigenen Namen, als sie sowohl die von ihr erlassenen Bescheide als auch den Widerspruchsbescheid des Landkreises verteidigt und somit fremde Rechte wahrnimmt (vgl. VGH Baden-Württemberg v. 10.10.1967 – III 752/66 = FEVS 15, 32, 35 f.).
Der Widerspruchsbescheid vom 9.2.2010 ist formell rechtmäßig zustande gekommen. Eine beratende Beteiligung sozial erfahrener Dritter vor Erlass eines Widerspruchsbescheides gegen die Ablehnung der Sozialhilfe oder die Festsetzung ihrer Art und Höhe erfolgt in Baden-Württemberg abweichend von § 116 Abs. 2 SGB XII nicht (§ 9 AGSGB XII).
II.
Einen Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen im Zeitraum von 1.7.2008 bis 30.4.2010 hat die Klägerin nicht.
Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen ist § 19 Abs. 2 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) i.V.m. §§ 41 ff. SGB XII (jeweils und im Folgenden alle Normen des SGB XII immer in der bis 31.12.2010 geltenden Fassung).
Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei (dauerhafter) Erwerbsminderung nach § 41 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII haben auf Antrag Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die das 65. Lebensjahr vollendet haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert i.S. des § 43 Abs. 2 des Sozialgesetzbuchs Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) sind und bei denen unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann, soweit sie ihren Lebensunterhalt nicht aus ihrem Einkommen und Vermögen gemäß §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII beschaffen können (§ 41 Abs. 2 SGB XII).
Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung umfassen gemäß § 42 Satz 1 SGB XII u.a. den für den Leistungsberechtigten maßgebenden Regelsatz nach § 28 SGB XII, die Mehrbedarfe gemäß § 30 SGB XII sowie die einmaligen Bedarfe gemäß § 31 SGB XII. Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB XII (in der bis 31.12.2010 gültigen Normfassung) wird der gesamte Bedarf des notwendigen Lebensunterhalts außerhalb von Einrichtungen mit Ausnahme von Leistungen der Unterkunft und Heizung und der Sonderbedarfe der §§ 30 bis 34 SGB XII nach Regelsätzen erbracht. Der Regelbedarf wird abweichend festgelegt, wenn im Einzelfall ein Bedarf ganz oder teilweise anderweitig gedeckt ist oder unabweisbar seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht (§ 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII). Diese Regelung gilt auch für Leistungen der §§ 41 ff. SGB XII (BSG v. 11.12.2007 – B 8/9b SO 21/06 R - BSGE 99, 252 = SozR 4-3500 § 28 Nr. 3). Anhaltspunkte für einen abweichenden Bedarf im Sinne dieser Vorschrift liegen nicht vor.
Die voll erwerbsgeminderte Klägerin war in den streitigen Zeiträumen zwar dem Grunde nach anspruchsberechtigt gemäß § 19 Abs. 2 i.V.m. §§ 41 ff. SGB XII, sowohl während ihres Erwerbsminderungsrentenbezuges als auch während ihres Altersrentenbezuges, da sie ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen vollständig decken konnte. Die Beklagte ist in den Bewilligungsbescheiden jeweils zutreffend von dem sich aus §§ 28, 42 SGB XII ergebenden Regelbedarf ausgegangen. Ein Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen wegen eines weiteren Mehrbedarfs an kostenaufwändiger Ernährung wegen Laktoseintoleranz ist aber nicht bewiesen und besteht damit nicht. Voraussetzung für die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung sind krankheitsbedingte Gründe, die eine Ernährung erfordern, deren Kosten aufwändiger sind als dies für Personen ohne diese Einschränkung der Fall ist (vgl. eingehend BSG v. 10.5.2011 – B 4 AS 100/10 R).
Rechtsgrundlage für die Bewilligungen von Mehrbedarfen wegen kostenaufwändiger Ernährung ist § 42 Satz 1 Nr. 3 SGB XII i.V.m. § 30 Abs. 1 Nr. 5 SGB XII. Danach wird für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Zur Beurteilung dieses Anspruchs ist festzustellen, ob eine Krankheit oder Behinderung vorliegt, ob sie eine bestimmte Kostform erfordert und in welchem Umfang gegebenenfalls zusätzliche Kosten anfallen. Liegen mehrere Erkrankungen vor, für die jeweils ein Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung aus medizinischen Gründen geltend gemacht wird, so ist der Ernährungsaufwand aufgrund des gesamten Krankheitsbildes konkret zu ermitteln (vgl. zum inhaltsgleichen § 21 Abs. 5 SGB II BSG v. 27.2.2008 – B 14/7b AS32/06 R – BSGE 100, 83 = SozR 4-4200 § 20 Nr. 6). Wenn sich unterschiedliche Erkrankungen in unterschiedlichen Mehrbedarfen auswirken, ist auch eine Kumulation von Kosten entgegen der Rechtsauffassung des SG nicht ausgeschlossen (BSG v. 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R = SozR 4-4200 § 9 Nr 5 = juris RdNr. 41). Die aktuellen Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge vom 1.10.2008 (abgedruckt in NDV 2008, 503 ff) heben die grundsätzliche Verpflichtung der Verwaltung und der Gerichte, die Besonderheiten des jeweiligen Sachverhalts von Amts wegen aufzuklären (§ 20 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch [SGB X] bzw. § 103 SGG), nicht auf und ersetzen auch nicht eine ggf. erforderliche Begutachtung im Einzelfall (BSG v. 10.5.2011 – B 4 AS 100/10 R und v. 22.11.2011 – B 4 AS 138/10 R).
Ausgehend von diesen Grundsätzen wären vorliegend, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, medizinische Ermittlungen erforderlich gewesen, um zunächst das bei der Klägerin individuelle Krankheitsbild festzustellen und dann ggf. in einem medizinischen und/oder ernährungswissenschaftlichen Gutachten die Auswirkungen der Erkrankung(en) abzuklären und die Frage zu beantworten, ob und welche bestimmte Ernährung krankheitsbedingt notwendig ist und ob und welche Mehrkosten dies verursacht. Diese Ermittlungen, welche das SG und der Senat vornehmen wollten, sind schon im Ansatz gescheitert, weil die Klägerin ihre behandelnden Ärzte nicht von der Schweigepflicht entbunden hat und daher bereits die Einholung von Befundberichten nicht möglich war. Dies geht nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast zu Lasten der Klägerin.
Nach den vorliegenden Unterlagen und Attesten ist nicht bewiesen, dass die Klägerin wegen Laktoseintoleranz einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung hat, so dass es auf die Frage, wie mehrere Mehrbedarfe hier ggf. zusammenwirken und wie eine Gesamteinschätzung vorzunehmen ist, nicht ankommt. Die Diagnose "Laktoseintoleranz" allein aus den Attesten des Allgemeinmediziners V. (K.) vom 20.10.2008, 6.7.2009 und 11.4.2010 und des Internisten B. (K.) vom 20.7.2011 genügt nicht, da sich hieraus keinerlei individuelle Einzelheiten zum speziell bei der Klägerin vorliegenden Krankheitsbild ableiten lassen, insbesondere nicht, wie stark eine Unverträglichkeit ausgeprägt ist. Der zweite Schritt in der vom BSG entwickelten Prüfungsreihenfolge, ob und inwieweit das individuelle Krankheitsbild nach aktuellem medizinischen Kenntnisstand eine kostenaufwändigere Ernährung bedingt, kann deshalb vorliegend mangels Datengrundlage nicht vorgenommen werden. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, kann die Feststellung eines krankheitsbedingten Ernährungsmehrbedarfs für einen zurückliegenden Zeitraum nicht ohne schriftliche Anhörung der damals behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen erfolgen. Auch die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens war nicht möglich, weil mangels erforderlicher Vorermittlung auch insoweit die erforderliche Datengrundlage fehlt, um überhaupt sinnvolle Fragen an einen Gutachter richten zu können. Gerade diese Vorermittlungen hat die Klägerin jedoch vereitelt, indem sie trotz mehrfacher Aufforderung in beiden Instanzen und Belehrung über die Folgen die Erklärung über die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht nicht abgegeben hat. Es gibt keine Hinweise darauf, dass dies der Klägerin aus wichtigem Grund nicht zumutbar gewesen wäre.
Mangels anderer Ansatzpunkte wegen der von der Klägerin verhinderten individuellen Ermittlung ist der Senat davon überzeugt, dass auch bei einer Laktoseintoleranz zunächst eine Ernährung mit sog. "Vollkost" unter Verwendung laktosearmer Produkte erforderlich aber auch ausreichend ist, wie es auch das von der Beklagten um Rat ersuchte Gesundheitsamt der Stadt erläutert hat. Der Milchzuckerunverträglichkeit kann durch die Vermeidung von laktosehaltiger Kost begegnet werden. Laktosefreie Kost für Erwachsene ist tatsächlich auch keineswegs kostenaufwändiger als laktosehaltige Nahrung. Der Klägerin ist deshalb ein Ausweichen auf die in vielen Discountern inzwischen angebotene kostengünstige laktosefreie Kost und insbesondere auch auf sojabasierte Produkte zuzumuten. Laktosefrei sind neben Sojaprodukten insbesondere folgende Nahrungsmittel: laktosefreie Milch, Fleisch und Fisch, roher und gekochter Schinken, Braten, Rauchfleisch, alle Pflanzenöle, Pflanzenmargarine, alle Getreide- und Mehlsorten, Reis, Mais, Haferflocken, Brot- und Gebäcksorten (soweit ohne Kuhmilch gebacken), Kartoffeln, alle Gemüse und Hülsenfruchtsorten, alle Obstsorten, Nüsse sowie Fruchtbonbons, Gummibärchen und Marmelade (vgl. Hauner, Essen und Trinken bei Laktoseintoleranz, Else Kröner-Fresenius-Zentrum für Ernährungsmedizin, Klinikum TU München, 2004, abrufbar unter http://www.mri.tum.de/system/files/Broschuere Lactose.pdf). Damit steht der Klägerin ein weites Feld an zum Teil sehr kostengünstigen Nahrungsmitteln für eine in jeder Hinsicht ausgewogene Ernährung offen. Die Ernährung mit einer Vollkost unterfällt nicht § 30 Abs. 5 SGB XII da es sich nicht um eine Krankenkost handelt; Vollkost ist aus der Regelleistung zu bestreiten (vgl. zu § 21 Abs. 5 SGB II: BSG v. 10.5.2011 – B 4 AS 100/10 R = juris RdNr 25f.).
Auch aus anderen Gesichtspunkten stehen der Klägerin keine höheren Grundsicherungsleistungen zu. Die Voraussetzungen eines Mehrbedarfs nach § 42 Satz 1 Nr. 3 SGB XII i.V.m. § 30 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 SGB XII (in der Fassung des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes v. 20.4.2007, BGBl. I,. 554) liegen nicht vor, da bei der Klägerin das Merkzeichen "G" nicht festgestellt ist. Ein Mehrbedarf allein wegen Alters oder wegen der vollen Erwerbsminderung wird nicht gewährt (BSG v. 16.12.2010 – B 8 SO 9/09 R = SozR 4-3500 § 30 Nr. 2).
Auch die Voraussetzungen des § 73 SGB XII sind nicht bewiesen. Nach Satz 1 dieser Vorschrift können Leistungen auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Die Klägerin hat im Laufe des Widerspruchsverfahrens zwar vorgetragen, sie leide an bis zu sechs chronischen Krankheiten und müsse neben der Praxisgebühr auch monatlich rund 30 EUR für Medikamente aufwenden. Insofern gilt aber, dass für die Absicherung im Krankheitsfall im Regelfall die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zuständig ist. Sozialhilfeempfänger haben keinen Anspruch auf Übernahme bzw. Erstattung der von ihnen selbst in der gesetzlichen Krankenversicherung bis zur individuellen Belastungsgrenze zu tragenden Praxisgebühren und Zuzahlungen (BSG v. 16.12.2010 – B 8 SO 7/09 R – BSGE 107, 169 = SozR 4-3500 § 28 Nr. 6). Soweit im Einzelfall bestimmte Heil- oder Arzneimittel vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) nicht in den GKV-Leistungskatalog aufgenommen sind, kann sich zwar bei Bedürftigkeit Betroffener ein Anspruch unter den Voraussetzungen des SGB XII ergeben (vgl. BSG v. 6.3.2012 – B 1 KR 24/10 R). Es konnten aber wegen der mangelnden Mitwirkung der Klägerin keine weiteren Ermittlungen, insbesondere durch die Einholung von ärztlichen Befundberichten angestellt werden (s.o.). Ein laufender atypischer Bedarf, der als Härte anerkannt und eine Leistungsgewährung nach § 73 Satz 1 SGB XII rechtfertigen könnte, konnte daher nicht festgestellt oder bewiesen werden.
Ein höherer Regelsatz steht der Klägerin auch nicht auf Grund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 9.2.2010 (BVerfGE 125, 175 ff) zu. In diesem Urteil hat das BVerfG zur Verfassungsmäßigkeit der Gewährleistung des verfassungsrechtlich gebotenen Existenzminimums durch Festbeträge in Form von Regelsätzen zu § 20 Abs. 2 SGB II a.F., die hinsichtlich ihrer Höhe den Regelleistungen nach § 28 SGB XII a.F. entsprechen, entschieden, dass sich der Gesetzgeber zur Bestimmung der Regelleistungen auf ein Verfahren gestützt habe, das im Grundsatz geeignet sei, die notwendigen Leistungen realitätsgerecht zu bemessen. Anders als im SGB II ist die Höhe der Regelsätze zwar in Verordnungen (§ 28 Abs. 2 SGB XII i.V.m. der Regelsatzverordnung) geregelt und mit Rücksicht auf die Normhierarchie theoretisch auch vom Gericht korrigierbar, soweit die (landesrechtlichen) Regelsätze nicht ermächtigungskonform sind. Eine solche Korrektur kann hier gleichwohl nicht vorgenommen werden, weil das BVerfG die auf die Regelsatzbemessung des SGB XII rekurrierende formell gesetzliche Regelung im Rahmen des SGB II bis Ende 2010 akzeptiert und ausdrücklich für die Bemessung der Regelbedarfe den Erlass eines Gesetzes gefordert hat, weshalb eine Bestimmung anderer Regelsätze durch die Gerichte ausgeschlossen ist (vgl im Einzelnen BSG v. 16.12.2010 – B 8 SO 7/09 R – BSGE 107, 169 = SozR 4-3500 § 28 Nr. 6 RdNr 26 f.).
In den angefochtenen Bewilligungsbescheiden hat die Beklagte außerdem das Einkommen der Klägerin aus ihrer Erwerbsminderungs- bzw. ab dem 1.6.2009 aus der Regelaltersrente und aus der tschechischen Rente zutreffend bei der monatlichen Bedarfs- und Leistungsfeststellung berücksichtigt. Auch insoweit ergibt sich kein Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen. Die nur halbjährlich anfallenden und insoweit wie einmalige Einnahmen zu behandelnden tschechischen Rentenzahlungen sind von der Beklagten zwar in der Regel erst einen Monat nach dem Zufluss monatlich mit dem entsprechenden Teilbetrag angesetzt worden, insoweit war dies aber aus Praktikabilitätsgründen zulässig und ist nicht zu beanstanden, da die Beklagte regelmäßig darauf angewiesen war, von der Klägerin Nachweise über Höhe und Zeitpunkt des Zuflusses zu erhalten (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 3 Abs 3 Satz 2 der Verordnung zur Durchführung des § 82 SGB XII). Die jeweiligen Änderungen mit Wirkung für die Zukunft aufgrund der geänderten Renteneinkommen der Klägerin konnte die Beklagte jeweils nach § 48 Abs. 1 SGB X vornehmen, ohne dass hierin eine unzulässige Verböserung (reformatio in peius) im laufenden Widerspruchsverfahren liegt.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Auszahlung von bewilligten Mehrbedarfszuschlägen für den geltend gemachten Zeitraum von August 2006 bis Juni 2009. Der Senat ist wie das SG davon überzeugt, dass die Beklagte die in den jeweiligen Bewilligungsbescheiden bewilligten Leistungen ausgezahlt und die Ansprüche der Klägerin damit erfüllt hat. Dies ergibt sich aus Kontoauszügen in den Verwaltungsakten. Die jeweiligen Mehrbedarfszuschläge werden in den Überweisungen lediglich nicht gesondert ausgewiesen, sondern sind Teil des Gesamtbetrags, welcher jeweils monatlich überwiesen wurde. Die Klägerin hat demgegenüber nicht darlegen können, dass die bewilligten Beträge nicht überwiesen worden seien. Die aus den Bewilligungsbescheiden resultierenden Ansprüche sind damit erloschen (vgl. § 362 Abs. 1 BGB).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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