L 3 AL 5357/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AL 1580/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 5357/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25. Oktober 2011 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten sind die Rechtmäßigkeit der Aufhebung eines Widerspruchsbescheids und die Bewilligung von Leistungen hinsichtlich der Arbeitsaufnahme des Klägers bei der Firma R. im Streit.

Der am 18.01.1975 geborene Kläger stand mit Unterbrechungen im langjährigen Bezug von Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Er führte und führt deswegen vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) und dem Landessozialgericht Baden-Württemberg zahlreiche Rechtsstreitigkeiten gegen die Beklagte.

Mit Schreiben vom 18.02.2009 fordert die Beklagte den Kläger auf, am 25.02.2009 bei ihr vorzusprechen. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch, nahm den Termin jedoch trotzdem wahr. Die Beklagte verwarf sodann den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16.09.2009. Mit Schreiben vom 24.02.2011 teilte sie dem Kläger sodann mit, dass der Widerspruchsbescheid vom 16.09.2009 aufgehoben werde, da er den Termin wahrgenommen habe und vom Widerspruchsbescheid keine belastende Wirkung mehr ausgehe; das Widerspruchsverfahren werde eingestellt.

Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers, mit dem dieser geltend machte, ein Widerspruchsbescheid könne nicht mehr aufgehoben werden, verwarf die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30.05.2011 als unzulässig. Das Schreiben vom 24.02.2011 sei, so die Beklagte, kein Verwaltungsakt, da hierdurch Rechte des Klägers weder begründet, entzogen oder festgestellt würden. Dem Kläger sei hierdurch lediglich die Aufhebung des Widerspruchsbescheids vom 16.09.2009 und die Einstellung des Widerspruchsverfahrens mitgeteilt worden.

Anlässlich seiner Arbeitsaufnahme bei der Fa. R., Calw, beantragte der Kläger am 31.01.2011 verschiedene Leistungen (Monatsfahrkarte für den öffentlichen Personennahverkehr, Übergangsbeihilfe, Umzugskosten, Verpflegungsmehraufwand, Unterkunftskosten) unter Gewährung von Vorschüssen bzw. Abschlägen hierauf. Gegen die Aufforderung der Beklagten vom gleichen Tag, eine vollständige Ausfertigung seines Arbeitsvertrags vorzulegen, erhob der Kläger gleichfalls am 31.01.2011 Widerspruch.

Mit Bescheid vom 02.02.2011 sicherte die Beklagte dem Kläger unter der Voraussetzung der Vorlage des Arbeitsvertrages für Februar 2011 die Übernahme der Übernachtungskosten i.H.v. 28,- EUR täglich im Wege der direkten Überweisung der Kosten an den Betreiber der Unterkunft, einen Verpflegungsmehraufwand i.H.v. 14,- EUR täglich und eine Monatsfahrkarte für den öffentlichen Personennahverkehr i.H.v. 48,- EUR zu. Über seine weiteren Anträge könne erst nach Vorlage einer Bescheinigung über die von ihm geleistete Arbeitszeit entschieden werden. Auch hiergegen erhob der Kläger Widerspruch.

Mit Schreiben vom 03.02.2011 teilte die Beklagte der Betreiberin der Unterkunft des Klägers mit, dass sie die Unterkunftskosten für den Zeitraum vom 31.01. - 04.02.2011 übernehme. Auch hiergegen wandte sich der Kläger mit einem Widerspruch.

Am 07.02.2011 erhob der Kläger gegen die Schreiben und Bescheide vom 31.01., 02. und vom 03.02.2011 Klage zum SG - S 11 AL 499/11 -, die dort unverändert anhängig ist.

Unter dem 08.02.2011 forderte die Beklagte den Kläger auf, einen Nachweis über die von ihm geleistete Arbeitszeit vorzulegen. Hiergegen erhob der Kläger am gleichen Tag Widerspruch.

Nachdem ihr eine Rechnung der Betreiberin der Unterkunft des Klägers und ein Stundennachweises über die geleistete Arbeitszeit in der Zeit vom 01. - 09.02.2011 vorgelegt wurde, bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 01.03.2011 entsprechend der von ihr erteilten Zusicherung 48,- EUR für eine Monatsfahrkarte, 98,- EUR für den Verpflegungsmehraufwand vom 01. - 04. und vom 07. -09.02.2011 sowie Unterkunftskosten für die Zeit vom 31.01. - 03.02.2011 und vom 06. - 09.02.2011. Hiergegen erhob der Kläger am 26.03.2011 Widerspruch.

Am 20.02.2011 informierte der Kläger die Beklagte darüber, dass ihm aufgrund eines Arbeitsunfalls in der Zeit vom 09. - 18.02.2011 keine Kosten entstanden seien.

Mit Schreiben vom 01.03.2011 forderte die Beklagte den Kläger zur Vorlage weiterer Stundennachweise auf. Hiergegen erhob der Kläger am 26.03.2011 Widerspruch.

Mit Widerspruchsbescheid vom 06.04.2011 entschied die Beklagte über die Widersprüche des Klägers und verwarf diese, soweit sie sich gegen die Schreiben vom 31.01.2011, vom 03.02.2011, vom 08.02.2011 und vom 01.03.2011 richteten, als unzulässig. Soweit sich die Widersprüche gegen die Bescheide vom 02. und 08.02.2011 richteten, wies sie die Widersprüche als unbegründet zurück. Ihr stehe, so die Beklagte, im Rahmen der Bewilligung der begehrten Leistungen ein Ermessenspielraum zu. Aufgrund der Erfahrungen im Umgang mit dem Kläger habe sie Leistungen zusichern und von der Vorlage bestimmter Nachweise abhängig machen dürfen. Überdies sei dem Kläger am 25.01.2011 Arbeitslosengeld i.H.v. 659,10 EUR überwiesen worden, mit dem er in der Lage gewesen sei, seinen Lebensunterhalt und die Kosten für die angefallenen Familienheimfahrten selbst zu tragen. Auch deswegen sei ihm auch kein Vorschuss zu bewilligen gewesen.

Hiergegen hat der Kläger am 12.04.2011 Klage zum SG erhoben, zu deren Begründung er vorgebracht hat, die Beklagte könne einen erlassenen Widerspruchsbescheid nicht wieder aufheben. Auf die begehrten Leistungen im Zusammenhang mit der Arbeitsaufnahme bei der Fa. R. bestehe ein Anspruch. Die Beklagte hätte Vorschüsse bzw. Abschläge erbringen müssen. Seine Eigenleistungsfähigkeit sei hierfür unerheblich gewesen. Sämtliche Widersprüche seien zulässig gewesen.

Die Beklagte ist der Klage unter Verweis auf den Widerspruchsbescheid vom 06.04.2011 entgegen getreten.

Nach Anhörung der Beteiligten (gerichtliches Schreiben vom 11.05.2011, dem Kläger am 13.05.2011 zugestellt) hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 25.10.2011 abgewiesen. Zu Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Befangenheitsgesuche des Klägers, die dieser während des Verfahrens am 26.04.2011 und am 30.08.2011 gestellt habe, hinderten es nicht daran, in der Sache zu entscheiden, da sie offensichtlich rechtsmissbräuchlich seien. Die Anträge zielten einzig darauf ab, den Kammervorsitzenden vom vorliegenden Verfahren auszuschließen, um die Bearbeitung des Verfahrens durch einen anderen Richter zu erreichen. Dem Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht sei nicht zu entsprechen, da dieser gleichfalls als grob rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren sei. Soweit sich der Kläger gegen das Schreiben vom 24.02.2011 wende, sei die Klage unbegründet. Dieses stelle zwar als actus contrarius einen Verwaltungsakt i.S.d. § 31 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) dar, da hierdurch der Widerspruchsbescheid vom 16.09.2009 widerrufen worden sei, die Beklagte sei jedoch nach § 46 SGB X berechtigt gewesen, den Widerspruchsbescheid zu widerrufen, da dieser nicht mehr hätte ergehen dürfen, da sich die Meldeaufforderung bereits zuvor, durch die Wahrnehmung des Termins, erledigt habe. Soweit sich der Kläger gegen die Schreiben und Bescheide vom 31.01.2011, vom 02.02.2011 und vom 03.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.04.2011 wendet, sei die Klage wegen anderweitiger Rechtshängigkeit bereits unzulässig, da diese Schreiben und Bescheide bereits Gegenstand des Verfahrens - S 11 AL 499/11 - seien. Ebenso sei die Klage unzulässig, soweit sich der Kläger gegen die Schreiben der Beklagten vom 08.02.2011 und vom 01.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.04.2011 wende, da die Beklagte die Widersprüche des Klägers diesbezüglich zu Recht als unzulässig verworfen habe, die Schreiben begründeten weder Rechte noch entzögen sie oder stellten solche fest. Sie seien daher nicht als Verwaltungsakte zu qualifizieren. Im Übrigen sei der Bescheid vom 01.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.04.2011 rechtmäßig. Der Beklagten sei bei der begehrten Förderung nach § 45 SGB III ein Ermessenspielraum eingeräumt. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Ermessensentscheidung seien nicht ersichtlich. Es sei insb. nicht ermessensfehlerhaft, den Kläger teilweise auf seine Eigenleistungsfähigkeit zu verweisen und nur die notwendigen Leistungen zu bewilligen bzw. die Bewilligung von der Erfüllung gewisser Bedingungen, wie die Vorlage von Nachweisen, abhängig zu machen.

Gegen den am 03.11.2011 gegenüber einem empfangsermächtigten Vertreter der Justizvollzugsanstalt Stuttgart zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger, der sich seit dem 13.09.2011 in Untersuchungshaft befindet, am 06.12.2011 Berufung eingelegt, mit der er seine Anträge weiterverfolgt. Er bringt er vor, er habe wegen des Amtsermittlungsgrundsatzes keine Nachweise zu erbringen. Der Beklagten seien sämtliche Ansprechpartner bekannt. Eine Eigenleistungsfähigkeit habe nicht bestanden. Das SG habe unzulässigerweise selbst über seine Befangenheitsanträge entschieden. Ferner bringt er vor, er habe als Untersuchungshäftling keinen Einfluss auf die Postlaufzeiten. Üblicherweise gehe Post von Untersuchungsgefangenen auf dem Postweg zum Haftrichter und werde von dort freigegeben. Seine Post sei von der Justizvollzugsanstalt wegen fehlender Frankierung aufgehalten und erst auf seine Beschwerde hin auf dem Dienstweg befördert worden.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25. Oktober 2011 und den Bescheid der Beklagten vom 24. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Mai 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Scheiben und Bescheide vom 31. Januar 2011, vom 02., 03. und 08. Februar 2011 sowie vom 01. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06. April 2011 zu verurteilen, die im Zusammenhang mit der Arbeitsaufnahme bei der Fa. R. beantragen Leistungen zu bewilligen, sowie festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet war, Vorschüsse bzw. Abschläge zu bewilligen, dass seine Anträge bewilligungsreif waren und dass das Verhalten der Beklagten rechtswidrig war.

Die Beklagte hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert. Der Senat hat bei der Justizvollzugsanstalt S. eine Auskunft zur Abwicklung des Briefverkehr der dort Inhaftierten eingeholt. Hr. E., Leiter der Briefüberwachung, hat hierzu unter dem 13.03.2012 mitgeteilt, dass eingehende Schreiben von Gerichten, die mit Zustellungsurkunde zugestellt werden, i.d.R. am selben Tag, an dem sie in der Anstalt zugehen, an die Gefangenen weitergeleitet würden. Schreiben von Gefangenen an Gerichte könnten anlässlich der Frühstücksausgabe von Montag bis Freitag in der Justizvollzugsanstalt abgegeben werden. Sie würden durch die Anstalt noch am selben Tag an das Gericht oder in den Postlauf weitergeleitet. Eine Kontrolle der Gefangenenpost an Gerichte erfolge nicht.

Der Senat hat dem Kläger die Möglichkeit eröffnet, Einsicht in die Verfahrens- und Verwaltungsakten zu nehmen, indem er die Akten in die Justizvollzugsanstalt S. übersandt hat. Der Kläger hat hiervon am 17.04.2012 Gebrauch gemacht. Unter dem 02.05.2012 hat der Senat, auf einen Antrag des Klägers hin, ein Vorführungsersuchen an die Justizvollzugsanstalt Stuttgart gerichtet.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die bei der Beklagten für den streitgegenständlichen Vorgang geführte Verwaltungsakte, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 16.05.2012 wurden, sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 16.05.2012 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung führt für den Kläger nicht zu Erfolg.

Der Senat konnte über die Berufung entscheiden, obschon der sich in Untersuchungshaft befindliche Kläger zu der mündlichen Verhandlung am 16.05.2012 nicht erschienen ist (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 21.09.2011 - L 3 AL 2514/10 -, Urteil vom 19.10.2011 - L 3 AL 3913/11 -; Beschlüsse des BSG vom 12.03.2012 in den vom Kläger dort betriebenen Verfahren - B 11 AL 43/11 BH - und - B 11 AL 44/11 BH -). Soweit der Kläger beantragt hat, ihn zur mündlichen Verhandlung vorzuführen, hat der Senat dem entsprochen und unter dem 02.05.2012 ein Vorführungsersuchen an die Justizvollzugsanstalt Stuttgart gerichtet. Wenn sich der Kläger, dessen persönliches Erscheinen nicht angeordnet war, nunmehr kurzzeitig - am Sitzungstag - weigert, sich ausführen zu lassen, ist er wie jeder andere Prozessbeteiligte zu behandeln, dem das Erscheinen zur mündlichen Verhandlung freigestellt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 21.06.1983 - 4 RJ 3/83 - veröffentlicht in juris); der Senat ist nicht daran gehindert ist, in der Sache zu entscheiden.

Der Senat war nicht verpflichtet, dem Kläger, wie von ihm beantragt, eine Kopie der Verfahrens- und Verwaltungsakte zu fertigen und zur Verfügung zu stellen. Der Antrag ist, da der Kläger eine Kopie der gesamten Akte begehrt hat, ohne ihn auf konkrete Aktenteile zu begrenzen, rechtsmissbräuchlich (Beschluss des erkennenden Senats vom 29.06.2011 - L 3 AL 1928/11 B -; Urteile des erkennenden Senats vom 21.09.2011, - L 3 AL 2514/10 -, - L 3 AL 2521/10 -, - L 3 AL 2641/10 -). Der Senat hat dem Kläger, seinem weiteren Antrag entsprechend, die Möglichkeit eröffnet, Einsicht in die Verfahrens- und Verwaltungsakten zu nehmen, indem er die Akten in die Justizvollzugsanstalt Stuttgart übersandt hat. Der Kläger hat hiervon Gebrauch gemacht.

Die Berufung des Klägers wurde verspätet eingelegt; sie ist als unzulässig zu verwerfen.

Gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Landessozialgericht - bzw. nach § 151 Abs. 2 Satz 1 SGG bei dem Sozialgericht - einzulegen.

Gemäß § 64 Abs.1 SGG beginnt der Lauf einer Frist grundsätzlich mit dem Tage nach der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. Dies ist der in gesetzlicher Form zu bewirkende und zu beurkundende Akt, durch den dem Adressaten Gelegenheit zur Kenntnisnahme eines Schriftstücks verschafft wird. Zugestellt wird im sozialgerichtlichen Verfahren nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO, vgl. § 63 Abs. 2 SGG). Die Zustellung an einen Straf- oder Untersuchungsgefangenen kann, wie vorliegend geschehen, durch Aushändigung des zuzustellenden Schriftstücks an den Leiter der Justizvollzugsanstalt oder einen zur Entgegennahme befugten Vollzugsbediensteten im Wege einer Ersatzzustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 3 ZPO bewirkt werden (Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.06.2001 - 11 S 2290/00 - veröffentlicht in juris). Eine derartige Ersatzzustellung setzt nicht voraus, dass der Postzusteller den Adressaten nicht in der Justizvollzugsanstalt angetroffen hat.

Ausweislich der aktenkundigen Postzustellungsurkunde wurde der Gerichtsbescheid des SG dem Bediensteten der Justizvollzugsanstalt am 03.11.2011 übergeben. Nach der schriftlichen Auskunft des Leiters der Briefüberwachung der Justizvollzugsanstalt Stuttgart, Hr. E., vom 13.03.2012, an der zu zweifeln der Senat keinerlei Veranlassung sieht, wurden und werden Schriftstücke am jeweiligen Tag an die dortigen Insassen, so auch den Kläger, ausgehändigt. Anhaltspunkte dafür, dass dies im Falle des angefochtenen Gerichtsbescheides vom 25.10.2011 nicht so erfolgt ist, bestehen, da insb. der Kläger keinen abweichenden Zeitpunkt der Übergabe des Gerichtsbescheides an ihn benannt hat, nicht.

Mithin wurde dem Kläger der Gerichtsbescheid des SG, der eine vollständige und ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung i.S.d. § 66 Abs. 1 SGG beinhaltet hat, zur Überzeugung des Senats ordnungsgemäß am 03.11.2011 zugestellt. Die einmonatige Berufungsfrist begann mithin gemäß § 64 Abs. 1 SGG am Folgetag, dem 04.11.2011 zu laufen. Sie endete, da der 03.12.2011 ein Sonnabend war, gem. §§ 64 Abs. 2, Abs. 3 SGG mit Ablauf des 05.12.2011, einem Montag. Der Kläger hat die Berufung am 06.12.2011, d.h. einen Tag nach Ablauf der Berufungsfrist beim SG eingelegt. Die Berufung ist mithin verfristet eingelegt worden.

Dem Kläger ist auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Gemäß § 67 Abs. 1 SGG ist jemanden, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Mithin ist nur im Fall einer unverschuldeten Fristversäumnis Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Dies setzt voraus, dass der Beteiligte diejenige Sorgfalt angewandt hat, die ein gewissenhaft Prozessführender nach den gesamten Umständen nach allgemeiner Verkehrsanschauung vernünftigerweise zugemutet werden kann (BSG, Urteil vom 31.03.1993 - 13 RJ 9/92 -; Urteil vom 27.05.2008 - B 2 U 5/07 R - m.w.N. jew. veröffentlicht in juris). Der Kläger hat zur Überzeugung des Senats die Berufungsfrist schuldhaft versäumt. Das Vorbringen des Klägers, zu Beginn seiner Haftzeit sei seine Post an Gerichte zensiert worden, sie sei wegen fehlender Frankierung angehalten und erst nach einer Beschwerde seinerseits per Dienstpost weitergeleitet worden, ist nicht geeignet, den Vorwurf der verschuldeten Fristversäumnis zu beseitigen. Der bloße Umstand, dass sich der Kläger in Untersuchungshaft befindet, ist kein Entschuldigungsgrund für die Versäumung einer Frist. Untersuchungsgefangene haben gemäß § 16 Abs. 1 des Zweiten Buches des Gesetzbuches über den Justizvollzug in Baden-Württemberg vom 10.11.2009 (GBl. 2009, 545) das Recht, unbeschränkt Schreiben abzusenden und zu empfangen. Der Kläger war also unter normalen Umständen nicht gehindert, rechtzeitig das Rechtsmittel einzulegen. Nur unter besonderen - hier nicht vorgetragenen und auch nicht ersichtlichen - Umständen, etwa der vom Beteiligten nicht zu vertretenden Unterbindung der Außenkontakte durch die Anstaltsleitung, könnte die Inhaftierung dazu führen, dass er ohne Verschulden verhindert ist, eine Frist einzuhalten (so ausdrücklich BSG, Beschluss vom 15.03.1995 - 13 BJ 17/95 – veröffentlicht in juris). Nach der schriftlichen Stellungnahme von Hr. E. unterliegen Schreiben von Inhaftierten an Gerichte keiner Kontrolle, mithin treten, anders als der Kläger vorbringt, keine unverschuldeten Verzögerungen ein. Auch hätte ein gewissenhaft Prozessführender seine Post, die an Gericht geht, die nicht in Haft- oder Strafsachen tätig sind, im Hinblick auf den regulären Postweg, ausreichend frankiert. Ein etwaiges Vertrauen darauf, dass seitens der Justizvollzugsanstalt eine für den Kläger kostenfreie Übersendung an alle Gericht (auch ausländische, die der Kläger gerichtsbekannterweise gleichfalls im Wege der Dienstpost anschreiben wollte), Behörden oder sonstige Institutionen gewährleistet wird, ist nicht geschützt; ein ggf. bestehender Irrtum des Klägers hierüber war jedenfalls nicht unverschuldet.

Mithin ist eine unverschuldete Fristversäumnis nicht glaubhaft gemacht, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nicht zu gewähren.

Die Berufung ist daher zu verwerfen.

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Berufung auch unbegründet ist. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Senat verweist insofern auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid und sieht von einer (weiteren) Begrünung ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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