Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 12 AL 1083/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 5717/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28. Juli 2008 abgeändert. Die Klage des Klägers wird in vollem Umfang abgewiesen.
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung und Rückforderung bewilligter Arbeitslosenhilfe (Alhi) sowie von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung streitig.
Der 1956 geborene Kläger ist verheiratet. Er bezog von der Beklagten im Zeitraum vom 25.05.1993 bis 16.05.1994 Alhi und vom 11.08.1995 bis 08.02.1996 Arbeitslosengeld.
Auf Antrag des Klägers vom 25.01.1996 und Folgeanträge vom 07.10.1996, 27.03.1997, 13.10.1997 und 13.12.1999 bewilligte die Beklagte dem Kläger Alhi für die Zeit ab 09.02.1996 bis 29.06.1996 (Bemessungsentgelt wöchentlich 1.350 DM), 01.07.1996 bis 26.02.1997 und 27.03.1997 bis 30.06.1997 (Bemessungsentgelt wöchentlich 1.310 DM), 01.07.1997 bis 23.07.1998 (Bemessungsentgelt wöchentlich 1.290 DM) und 31.01.2000 bis 29.08.2000 Bemessungsentgelt wöchentlich 1.290 DM). In der Zeit vom 04.08.1999 bis 31.01.2000 bezog der Kläger Alg. Außerdem bezog der Kläger im Zeitraum vom 09.02.1996 bis 29.08.2000 Krankengeld. Im Antrag auf Alhi und den Folgeanträgen verneinte der Kläger jeweils - mit Ausnahme von Wohneigentum - eigenes Vermögen bzw. Vermögen seiner Ehefrau Y. K. (Bargeld, Bankguthaben, Wertpapiere, Kapitallebensversicherungen, Bausparverträge sowie Sachwerte). Mit Bescheid der Landesversicherungsanstalt B.-W. vom 24.05.2002 wurde dem Kläger rückwirkend ab 01.11.2000 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (Leistungsfall 15.10.2000) zuerkannt.
Am 09.08.2004 wurde die Beklagte durch das Hauptzollamt S. darüber informiert, dass der Kläger und seine Ehefrau während des Bezugs von Alhi in erheblichem Umfang Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt hätten (Einkommensteuerveranlagungen 1995/1997/1999 und 2001). Nach den vom Hauptzollamt vorgelegten Unterlagen der TCM-Bank (künftig TCMB) vom 18.03.2004 / 31.03.2004 waren auf Konten des Klägers am 15.01.1993 220.000 DM (Kontoauflösung 17.01.1995) sowie am 15.01.1995 39.292 DM (Kontoauflösung 08.03.1995) sowie der Ehefrau des Klägers am 14.11.1995 230.000 DM, am 14.11.1999 288.775,51 DM und am 14.11.2001 171.689,42 Euro gutgeschrieben.
Die Beklagte errechnete Überzahlungsbeträge für den Zeitraum vom 09.02.1996 bis 31.12.1996 von Alhi i.H.v. umgerechnet 9.814,25 EUR sowie von Beiträge zur Krankenversicherung i.H.v. 2.716,26 EUR und zur Pflegeversicherung i.H.v. 202,70 EUR, für das Jahr 1997 von Alhi i.H.v. 9.769,71 EUR sowie Beiträge zur Krankenversicherung i.H.v. 3.327,25 EUR und Pflegeversicherung i.H.v. 435,10 EUR, für das Jahr 1998 Alhi i.H.v. 5.922,36 EUR sowie Beiträge zur Krankenversicherung i.H.v. 1.599,24 EUR und zur Pflegeversicherung i.H.v. 209,13 EUR sowie für die Zeit vom 31.01.2000 bis 28.08.2000 Alhi i.H.v. 4.347,67 EUR und Beiträge zur Krankenversicherung i.H.v. 1.717,74 EUR und zur Pflegeversicherung i.H.v. 73,91 EUR (Blätter 256/257, 261 - 263, 267/268, 272/273 der Beklagten-Akte, auf die Bezug genommen wird).
Mit Schreiben vom 31.08.2004 hörte die Beklagte den Kläger dazu an, Alhi im Jahr 1997 zu Unrecht bezogen zu haben, da er kein Vermögen angegeben habe und seine Zinsen sich auf 38.893 DM belaufen hätten. Der Kläger äußerte sich zu Zinseinkünften und machte geltend, dass Ersparnisse verschiedener Familienmitglieder angelegt worden seien, die nach wie vor Anspruch auf das jeweilige Kapital hätten. Der Kläger legte eine Einspruchsentscheidung des Finanzamts T. vom 11.02.2005 vor.
Mit vier Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden vom 27.05.2005 hob die Beklagte (wegen Vermögens) die Bewilligungen von Alhi ab 09.02.1996 auf und forderte vom Kläger für die Zeit vom 09.02.1996 bis 31.12.1996 Alhi i.H.v. 9.814,25 EUR sowie Beiträge zur Krankenversicherung i.H.v. 2.716,26 EUR und zur Pflegeversicherung i.H.v. 202,70 EUR, insgesamt 12.733,21 EUR, für die Zeit vom 01.01.1997 bis 26.02.1997 und 27.03.1997 bis 31.12.1997 Alhi i.H.v. 9.769,71 EUR sowie Beiträge zur Krankenversicherung i.H.v. 3.327,25 EUR und zur Pflegeversicherung i.H.v. 435,10 EUR, insgesamt 13.532,06 EUR, für die Zeit vom 01.01.1998 bis 23.07.1998 Alhi i.H.v. 5.922,36 EUR sowie Beiträge zur Krankenversicherung i.H.v. 1.599,24 EUR und zur Pflegeversicherung i.H.v. 209,13 EUR, insgesamt 7.730,73 EUR, sowie für die Zeit vom 31.01.2000 bis 28.08.2000 Alhi i.H.v. 4.347,67 EUR sowie Beiträge zur Krankenversicherung i.H.v. 1717,74 EUR und zur Pflegeversicherung i.H.v. 73,91 EUR, insgesamt 6.139,32 EUR, zurück.
Gegen die vier Bescheide vom 27.05.2005 legte der Kläger am 20.06.2005 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 15.02.2006 zurückgewiesen wurde.
Hiergegen erhob der Kläger am 20.03.2006 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG). Er machte zur Begründung geltend, die Beklagte habe zu Unrecht angenommen, dass er bzw. seine Ehefrau über Vermögen in der angenommenen Höhe verfügten. Er sei in den betroffenen Zeiträumen bedürftig gewesen. Seine Ehefrau habe bei der TCMB Festgeld angelegt, das sie zuvor von verschiedenen Verwandten und Bekannten treuhänderisch zur Verfügung erhalten habe, ohne über die Gelder verfügen zu können und zu dürfen. Er sei erst später durch seine Ehefrau über deren Handlungsweise in Kenntnis gesetzt worden. Bei der Antragstellung auf Alhi sei ihm nicht bekannt gewesen, dass seine Ehefrau Geldbeträge bei der TCMB angelegt gehabt habe. Die Erwägungen des Finanzamtes T. im steuerrechtlichen Verfahren seien vorliegend nicht übertragbar. Nach den wirtschaftlichen Verhältnissen sei auszuschließen, dass er bis zum Jahr 1993 ein Sparvermögen in Höhe von 220.000 DM habe erwirtschaften können. Dieser Geldbetrag habe sich wie folgt zusammengesetzt: er und seine Ehefrau 30.000 DM, ein Cousin 40.000 DM, sein Vater 60.000 DM, ein Bruder 50.000 DM sowie ein Nachbar 40.000 DM. Dieser Pool sei zwischen 1995 und 1996 kurzfristig aufgelöst worden. Er und seine Ehefrau hätten ihre Einlage in Höhe von 30.000 DM nebst anteilig angefallenen Zinsen erhalten. Dieser Geldbetrag sei für den Erwerb eines Familienheims im Jahr 1996 verwandt worden. Später sei der Pool neu auf einem Konto seiner Ehefrau eingerichtet worden, wovon er keine Kenntnis gehabt habe. Die weitere Geldanlage sei ihm wegen seiner schweren Erkrankung verheimlicht worden. Er habe auch keinen Anlass gehabt, die finanziellen Transaktionen seiner Ehefrau zu hinterfragen. Zum Zeitpunkt der Beantragung von Alhi im Februar 1996 sei er ohne dass ihm insoweit der Vorwurf gemacht werden könne, dass er es hätte besser wissen können, davon ausgegangen, dass weder er noch seine Ehefrau über Barvermögen verfügten. Auf das Vorliegen eines verdeckten Treuhandverhältnisses komme es damit nicht an. Die subjektiven Rückforderungsvoraussetzungen lägen nicht vor. Seine Deutschkenntnisse seien eingeschränkt. Aufgrund seiner psychischen Erkrankung dürfe nicht der normale Sorgfaltsmaßstab angelegt werden. Er sei nicht in der Lage gewesen, die Anträge auf Alhi selbst auszufüllen. Er habe stets die Hilfe der Mitarbeiter der Beklagten bzw. seiner Familienangehörigen benötigt.
Auf eine richterliche Verfügung vom 12.09.2006 trug der Kläger ergänzend vor, seine Ehefrau habe wegen seiner schwerwiegenden psychischen Erkrankung, die zu seiner Berentung geführt habe, die Anlage des Geldes im November 1995 bewusst vor ihm geheim gehalten. Der wahre Umfang seiner Erkrankung sei erst erkannt worden, als er sich im Jahr 2000 zu Dr. G. in Behandlung begeben habe. Der am 14.11.1995 eingezahlte Geldbetrag von 230.000 DM habe sich aus Einlagen seiner Ehefrau (40.000 DM), des im Jahr 2006 verstorbenen H. K. (50.000 DM), S. K. (40.000 DM) und I. B. (40.000 DM) zusammengesetzt. Hintergrund der einzelnen Teilbeträge auf den Namen seiner Ehefrau sei gewesen, dass die in der Türkei lebenden Beteiligten nicht berechtigt gewesen seien, auf ihren eigenen Namen ein Fremddevisenkonto bei der türkischen Bank mit weitaus höheren Verzinsung zu führen. Es sei vereinbart worden, dass seine Ehefrau über die Einlagen nicht habe verfügen dürfen, diese somit die Einlage treuhänderisch zu verwalten gehabt habe. Nach Auflösung des Anlagekontos sei vorgesehen gewesen, dass die Einlagen nebst Zinsen abzüglich von Verwaltungskosten entsprechend dem prozentualen Anteil der Einlage an die einzelnen Beteiligten zurück bezahlt werden sollten, was im November 2004 geschehen sei. Der in Deutschland lebende I. B. sei davon ausgegangen, bei einer höheren Geldanlage einen höheren Zinssatz für seinen Anteil erzielen zu können, weshalb er kein eigenes Fremddevisenkonto eröffnet habe. Selbst wenn ihm die Geldanlage seiner Ehefrau in Höhe von 40.000 DM zuzurechnen wäre, rechtfertige dies nach Abzug des Freibetrages in Höhe von 16.000 DM allenfalls die Aufhebung der Bewilligung von Alhi für maximal 17 Wochen. Der Kläger benannte Zeugen und legte weitere Belege vor. Die Ausführungen der Beklagten gingen an den Realitäten vorbei.
Die Beklagte trat unter Bezug auf die Einspruchsentscheidung des Finanzamtes T. vom 11.02.2005 der Klage entgegen. Es bestünden erhebliche Zweifel, dass es sich bei dem Vermögen um treuhänderisch verwaltetes Vermögen gehandelt habe. Auf ein Treuhandverhältnis könne sich der Kläger nicht berufen. Die Behauptung des Klägers, er habe bei der Beantragung von Alhi von den Geldanlagen seiner Ehefrau nichts gewusst, sei als reine Schutzbehauptung zu betrachten. Der Kläger habe die Frage nach Vermögen ausdrücklich verneint, obwohl ihm nach seinen Angaben bekannt gewesen sei, dass Vermögen von mindestens 30.000 DM vorhanden war. Damit sei festzustellen, dass der Kläger in Anträgen auf Alhi mehrfach falsche Angaben gemacht habe.
Während des gerichtlichen Verfahrens hob die Beklagte nach Anhörung des Klägers (Anhörungsschreiben vom 06.06.2006) mit Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 23.03.2007 die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 25.05.1993 bis 02.01.1994 und 17.01.1994 bis 16.05.1994 auf und forderte vom Kläger die Erstattung erbrachter Leistungen in Höhe von umgerechnet 11.950,94 EUR sowie Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 3.896,35 EUR, insgesamt 15.847,29 EUR. Hiergegen erhob der Kläger am 23.04.2007 Widerspruch, der im Hinblick auf den vorliegenden Rechtsstreit ruht.
Außerdem wurde der Kläger vom Amtsgericht Rottenburg mit - insoweit rechtskräftig gewordenen - Strafbefehl vom 18.11.2005 - 4 Cs 19 Js 18304/05 - wegen des Bezugs von am 13.12.1999 beantragter und von 01.01.2000 bis 28.08.2000 bewilligter Alhi wegen Betrugs gemäß § 263 Abs. 1 StGB verurteilt. Für davor liegende Zeiträume erfolgte ein Strafverfahren gegen den Kläger wegen Verjährung nicht.
Das SG beabsichtigte den benannten Zeugen I. B. sowie die Ehefrau des Klägers als Zeuge zu vernehmen. Der Zeuge B. konnte wegen unbekannten Aufenthaltes in der Türkei nicht erreicht werden. Die Ehefrau des Klägers hat angekündigt, dass sie beabsichtige, sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht zu berufen.
Mit Urteil vom 28.07.2008 hob das SG die Bescheide vom 27.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.02.2006 teilweise auf, soweit Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zurückgefordert wurden. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Das SG führte zur Begründung aus, die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 09.02.1996 bis 28.08.2000 sei rechtswidrig erfolgt, da dem Kläger mangels Bedürftigkeit kein Anspruch auf Alhi zugestanden habe. Zur Überzeugung der Kammer habe die Ehefrau des Klägers bei der Beantragung von Alhi im Januar 1996 wie auch zum Zeitpunkt des Beginns des Bezuges von Alhi über Vermögen in Höhe von mindestens 230.000 DM bei der TCMB verfügt, das dem Kläger rechtlich zuzuordnen sei. Dies gelte auch dann, wenn das Vorbringen des Klägers, das Geld stamme Großteils von Verwandten und Bekannten, als wahr unterstellt werde. Die strengen Voraussetzungen, die an eine hier allein denkbare "verdeckte" Treuhand und deren Nachweis zu stellen seien, seien nicht erfüllt, da sie nicht dem, was unter fremden Dritten üblich sei, entspreche. Eine beachtliche Treuhandvereinbarung bestehe zudem bereits deshalb nicht, da auf einem Konto Vermögen verschiedener Personen gemeinsam mit dem eigenen Vermögen der Ehefrau des Klägers eingelegt worden sei, was einer wirksamen Treuhandvereinbarung entgegen stehe. Es stehe fest, dass jedenfalls ein Rechtsgeschäft im Sinne eines durchsetzbaren Vertrages, der dem hier vorzunehmenden Fremdvergleich standhalte, nicht vorgelegen habe. Nach Abzug eines Freibetrages von 16.000 DM und unter Berücksichtigung des wöchentlichen Bemessungsentgeltes in Höhe von 1.350 DM habe für 158 Wochen (vom 09.02.1996 bis 19.02.1999) keine Bedürftigkeit bestanden. Dies gelte auch für die Zeit vom 31.01.2000 bis 28.08.2000, da durch erhebliche Zinszuflüsse neues Vermögen von deutlich über 80.000 DM entstanden sei, was zumindest für 49 Wochen Bedürftigkeit ausgeschlossen habe. Auf Vertrauensschutz könne sich der Kläger nicht berufen, da er zum einen zumindest grob fahrlässig falsche oder zumindest unvollständige Angaben hinsichtlich der Vermögensverhältnisse gemacht habe und zum anderen die Rechtswidrigkeit der ihm bewilligten Alhi gekannt oder zumindest grob fahrlässig nicht erkannt habe. Auch in Anbetracht der vom Kläger behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen wäre es ihm ohne weiteres möglich gewesen, die Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten. Seine Behauptung, er habe über die Vermögensanlage keine Kenntnis gehabt, habe er nicht beweisen können, nachdem sich seine Ehefrau auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen habe. Unabhängig davon hätte es dem Kläger oblegen, seine Ehefrau nach vorhandenem Vermögen zu befragen und erst danach entsprechende Angaben zu machen. Würden Angaben "ins Blaue hinein" gemacht, liege grob fahrlässiges Handeln vor. Dass die Ehefrau des Klägers diesem wahrheitswidrige Auskünfte gegeben habe, werde vom Kläger nicht geltend gemacht. Die Frist des §§ 45 Abs. 4 S. 2 und 45 Abs. 3 S. 3 SGB X sei eingehalten. Die Klage habe jedoch Erfolg, soweit die Beklagte geleistete Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zurückfordere. Für eine Erstattung dieser Beiträge gebe es keine Rechtsgrundlage mehr.
Gegen das den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 20.08.2008 und der Beklagten am 19.08.2008 zugestellte Urteil haben der Kläger am Montag, den 22.09.2008 und die Beklagte am 10.09.2008 Berufungen eingelegt (L 8 AL 4322/08). Mit Beschluss vom 10.09.2009 ist das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden. Am 14.12.2010 hat die Beklagte das ruhende Verfahren wieder angerufen, das unter den vorliegenden Aktenzeichen fortgeführt worden ist.
Der Kläger hat zur Berufungsbegründung ausgeführt, er wende sich gegen die Annahme des SG, dass er zumindest grob fahrlässig unvollständige Angaben gemacht habe. Das SG habe sich nicht mit seiner vorgetragenen und unter Beweis gestellten schwerwiegenden Erkrankung auseinandergesetzt. Diese Erkrankung habe sich Anfang der 90er Jahre abgezeichnet und habe sich seit diesem Zeitpunkt immer mehr verschlechtert. Die psychischen Probleme hätten seine Realitätswahrnehmung beeinflusst, ihn jedoch nicht daran gehindert, seine Arbeit zu verrichten. Aufgrund seiner psychischen Erkrankung könne gegen ihn der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit nicht erhoben werden. Seine Erkrankung sei die Grundlage dafür gewesen, dass seine Ehefrau ihre finanziellen Dispositionen vor ihm geheim gehalten habe. Er habe davon ausgehen können und müssen, dass seine Ehefrau über kein Vermögen verfügt habe. Keinesfalls könne davon ausgegangen werden, er habe Angaben "ins Blaue hinein" gemacht. Er könne die deutsche Sprache nicht lesen und schreiben. Die Antragsformulare seien nicht von ihm bzw. seinen Familienangehörigen ausgefüllt worden, sondern von den Mitarbeitern der Beklagten. Bei den Weiterbewilligungsanträgen seien die Formulare zum Teil schon vorab ausgefüllt und ihm nur noch zur Unterzeichnung vorgelegt worden. Es habe ein Sicherungsinteresse seiner Ehefrau bestanden, weshalb diese seine Frage nach Vermögen selbst dann nicht wahrheitsgemäß beantwortet hätte, wenn sie tatsächlich über eigenes Vermögen verfügt hätte. Hinzu komme, dass sie auf der Basis des dargelegt verdeckten Treuhandverhältnisses die Frage nach eigenem Vermögen in nachvollziehbarer Weise verneint hätte, da ihr das für die Treugeber angelegte Geld nicht zugestanden habe und sie verpflichtet gewesen sei, dieses Geld nebst angefallenen Zinsen an die Treugeber zu geben. Das Sozialgericht sei darüber hinaus zu Unrecht davon ausgegangen, dass er zum Zeitpunkt des Beginns des Bezugs von Alhi mindestens über ein Vermögen in Höhe von 230.000 DM verfügt habe. Streitig sei, ob das auf den Namen seiner Ehefrau angelegte Vermögen ihm zurechnet werden könne. Dieses Vermögen sei auf den Namen seiner Ehefrau angelegt worden. Die Schlussfolgerung des SG, dass das Vermögen der Ehefrau ihm mittelbar rechtlich zuzuordnen sei, sei nicht nachvollziehbar. Die Zurechnung scheitere bereits deshalb, weil er aufgrund seiner Erkrankung bewusst nicht über die finanziellen Dispositionen mit den Treugebern informiert worden sei. Er habe sämtliche Umstände dargelegt, die die Annahme eines verdeckten Treuhandverhältnisses begründen. Bei der Beurteilung des Fremdvergleiches sei darauf abzustellen, welche Maßstäbe in seinem Heimatland der Türkei gelten würden. In der Türkei würden Geldgeschäfte regelmäßig per Handschlag getroffen. Hätte sich seine Ehefrau nicht an die getroffene Treuhandvereinbarung gehalten, hätte dies die soziale und familiäre Ausgrenzung in seinem Heimatort zur Folge gehabt. Auch unter Berücksichtigung des Fremdvergleichs könne daher nicht gefordert werden, dass schriftliche Vereinbarungen getroffen bzw. Quittungen ausgestellt werden. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass er und seine Ehefrau Analphabeten seien. Zwar habe er in der Türkei die Schule besucht. Dies habe jedoch nicht dazu geführt, dass er die deutsche Sprache lesen und schreiben könne. Aus dem Umstand, dass die Rückzahlung des ersten "Geldpools" bar erfolgt sei, könnten keine Rückschlüsse gezogen werden. Die Mitglieder des "Geldpools" hätten zum Teil in der Bundesrepublik gelebt, seien aber sämtlich auf Dauer in die Türkei zurückgekehrt. Die Konten bzw. Kontoauszüge hätten von den Treugebern in der Türkei jederzeit eingesehen werden können. So sei gewährleistet gewesen, dass nicht hinter dem Rücken der Treugeber über das Geld habe verfügt werden können. Kontrollmöglichkeiten seien grundsätzlich vorhanden gewesen. Deshalb könne auch unter Berücksichtigung des Fremdvergleiches nicht gefordert werden, dass schriftliche Vereinbarungen getroffen bzw. Quittungen ausgestellt würden. Entgegen der Auffassung des SG habe er dargelegt und nachgewiesen, dass von einem verdeckten Treuhandverhältnis auszugehen sei. Aus dem Umstand, dass er im Strafverfahren rechtskräftig verurteilt worden sei, könnten vorliegend keine Schlüsse gezogen werden. Im Übrigen werde vollinhaltlich auf sein erstinstanzliches Vorbringen Bezug genommen. Die Berufung der Beklagten sei zurückzuweisen. Das SG sei im angefochtenen Urteil zu Recht davon ausgegangen, dass seit 01.01.2005 eine Rechtsgrundlage für die Rückforderung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen nicht gegeben sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28. Juli 2008 abzuändern und die vier Bescheide der Beklagten vom 27. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Februar 2006 in vollem Umfang aufzuheben, sowie, die Berufung der Beklagte zurückzuweisen, hilfsweise ein Sachverständigengutachten zur Frage der subjektiven Vorwerfbarkeit im Sinne des § 45 SGB X einzuholen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28. Juli 2008 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen, sowie, die Berufung des Klägers zurückzuweisen,
Die Beklagte hat zur Begründung vorgetragen, nach den Grundsätzen des intertemporalen Rechts sei bei der Erstattung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen § 335 SGB III in seiner bisherigen Fassung anzuwenden. Sie hat sich auf Revisionsentscheidungen des Bundessozialgerichts vom 07.10.2009 berufen. Das angefochtene Urteil sei hinsichtlich der Ausführungen zur Aufhebung und Rückerstattung der gewährten Alhi nicht zu beanstanden. Auf die erstinstanzlichen Ausführungen werde verwiesen. In einem ärztlichen Gutachten aus dem Jahr 1999 sei beim Kläger keine Rede von einer schwerwiegenden psychischen Störungen oder auch nur irgendwelchen psychischen Beeinträchtigungen. Im Übrigen sei der Kläger rechtskräftig verurteilt worden. Auch seien der Kläger und seine Ehefrau keineswegs Analphabeten. Der Kläger habe eine 7-jährige schulische Ausbildung absolviert. Seine Ehefrau habe jahrelange Berufspraxis. Hinsichtlich der Beurteilung des Fremdvergleiches sei auf hiesige Verhältnisse abzustellen. Es dürfe nicht außer Acht gelassen werden, dass sich zahlreiche Widersprüche, die nicht genügend hätten aufgeklärt werden können, ergäben hätten. Die Nichterweislichkeit des Vortrags eines Treuhandverhältnisses gehe zu Lasten des Klägers. Auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung des Finanzamtes werde verwiesen.
Der Rechtsstreit ist durch den Berichterstatter mit den Beteiligten in nichtöffentlicher Sitzung am 05.08.2011 erörtert worden. Im Anschluss an diesen Termin hat die Beklagte auf Veranlassung des Senats mit Schreiben vom 06.10.2011 eine Vergleichsberechnung der streitigen Erstattungsforderung unter Einbeziehung des Zeitraums vom 25.05.1993 bis 16.05.1994 (ruhendes Widerspruchsverfahren) vorgelegt und angeregt, auch die im ruhenden Widerspruchsverfahren streitige Erstattungsforderung zu einem Abschluss zu bringen.
Der Kläger ist der Vergleichsberechnung der Beklagten entgegen getreten. Für die Ehefrau des Klägers - im Zeitraum vom 25.05.1993 bis 16.05.1994 - ggf. zu berücksichtigendes weiteres Bemessungsgelt sei von der Beklagten nicht berücksichtigt worden. Auch die im ruhenden Widerspruchsverfahren streitige Erstattungsforderung zu einem Abschluss zu bringen, könne nicht erfolgen. Widersprochen werde der Annahme, dass der im Jahr 1993 angelegte Betrag, der im am 17.01.1995 aufgelöst und den Treuhändern zurückgegeben worden sei, mit dem im Jahr 1995 von seiner Ehefrau angelegten Betrag identisch ist. Die Zeiträume, in denen er keine Alhi bezogen habe, seien im Zeitrahmen des fiktiven Vermögensverbrauchs mit zu berücksichtigen. Denn in diesen Zeiträumen habe er nur Lohnersatzleistungen (Arbeitslosengeld, Krankengeld) bezogen. Das Vermögen in Höhe von 204.000,- DM wäre nach ca. 156 Wochen, d.h. im Mai 1993 verbraucht gewesen. Bei realistischer Betrachtung der Umstände (drei minderjährige Kinder, Bezug von Arbeitslosen-, Krankengeld oder Alhi, Erwerb eines Eigenheims 1996) liege es auf der Hand, dass das 1993 wie auch 1996 angelegte Vermögen Treuhandvermögen sei.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, auf die beigezogenen Strafakten des Amtsgerichts Rottenburg - 19 JS 18304/05 - sowie zwei Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) eingelegten Berufungen des Klägers und der Beklagten sind jeweils statthaft und insgesamt zulässig. Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet (1.). Demgegenüber ist die Berufung der Beklagten begründet (2.). Die vier Bescheide der Beklagten vom 27.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.02.2006 sind insgesamt rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, weshalb das angefochtene Urteil des SG abzuändern war.
Nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites ist der Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 23.03.2007. Er betrifft einen anderen Erstattungszeitraum (vom 25.05.1993 bis 02.01.1994 und 17.01.1994 bis 16.05.1994). Die streitgegenständlichen Bescheide werden durch den Bescheid vom 23.03.2007 weder abgeändert noch ersetzt, weshalb sie nicht gemäß § 96 SGG (in der bis 31.03.2008 geltenden Fassung) Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites geworden sind. Für eine analoge Anwendung des § 96 SGG besteht vorliegend kein Anlass.
1. Das SG hat im angefochtenen Urteil die für die Entscheidung des Rechtsstreites maßgeblichen Rechtsvorschriften vollständig und zutreffend dargestellt. Hierauf nimmt der Senat Bezug. Soweit diese Vorschriften zwischenzeitlich außer Kraft getreten sind, hindert dies ihre Anwendbarkeit vorliegend nicht. Die vom SG genannten Vorschriften sind weiterhin als Grundlage für die Beurteilung der Frage, ob dem Kläger Leistungen im streitigen Zeitraum rechtswidrig erbracht worden sind, heranzuziehen.
Das SG hat weiter in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteil ausführlich und zutreffend begründet, dass zum maßgeblichen Stichtag am 25.01.1996 und während des Bezugs von Alhi in den streitigen Zeiträumen vom 09.02.1996 bis 31.12.1996, 01.01.1997 bis 26.02.1997 und 27.03.1997 bis 31.12.1997, 01.01.1998 bis 23.07.1998 und 31.01.2000 bis 28.08.2000 verwertbares Vermögen der Ehefrau des Klägers in Höhe von mindestens 230.000 DM bei der TCMB angelegt war. Nach seiner zutreffenden Ansicht ist dieses Auslandsvermögen der Ehefrau des Klägers dem Kläger rechtlich zuzuordnen und nach Abzug eines Freibetrags von 16.000 DM für die streitigen Rückforderungszeiträume seine Bedürftigkeit ausschließend zu berücksichtigen. Die Voraussetzungen für die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit sind nach dieser Auffassung gemäß § 45 Abs. 1, 2 Satz 3 Nr. 2, Abs. 4 SGB X erfüllt, da die Bewilligungen von Alhi jedenfalls auf Angaben des Klägers beruht, die er grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht hat, die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X eingehalten ist, und der Kläger daher die ihm im streitigen Zeitraum geleistete Alhi zu erstatten hat. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zum selben Ergebnis. Er schließt sich insoweit den Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils (Seite 9 Nr. 1 bis Seite 15 Nr. 2) an, die er sich zur Begründung seiner eigenen Entscheidung zu eigen macht und auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsvorbringen des Klägers bleibt auszuführen:
Die streitgegenständlichen Bescheide sind nicht gemäß § 24 SGB X wegen eines Anhörungsfehlers formell rechtswidrig. Eine ordnungsgemäße Anhörung des Klägers ist mit Schreiben vom 31.08.2004 allerdings nur für den Erstattungszeitraum vom 01.01.1997 bis 31.12.1997 erfolgt. Im Rahmen der Anhörung muss die Beklagte dem Kläger die Gelegenheit einräumen, sich zu den für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachen zu äußern. Dem wird der Inhalt des Anhörungsschreibens vom 31.08.2004 gerecht. Für die übrigen Erstattungszeiträume ist der Anhörungsfehler im Rahmen des Widerspruchsverfahrens geheilt (§ 41 Abs.1 Nr. 3 SGB X a.F.) worden. Dem Kläger sind in den Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden vom 27.05.2005 für die Zeiträume vom 09.02.1996 bis 31.12.1996, 01.01.1998 bis 23.07.1998 und 31.01.2000 bis 28.08.2000 jeweils die Tatsachen, die zur Überzahlung von Alhi geführt haben (Vermögen), der Erstattungszeitraum, die zu erstattenden Beträge sowie die Gründe einer rückwirkenden Aufhebung der Leistungsbewilligung genannt worden, so dass er hinreichend Gelegenheit hatte, auf die ihm im Bescheid vom 01.06.2006 mitgeteilten Tatsachen einzugehen. Dies gilt im Übrigen auch für den Erstattungszeitraum 01.01.1997 bis 31.12.1997. Einen Anhörungsfehler hat der Kläger im Übrigen auch nicht gerügt.
Ob der Senat an seiner Rechtsprechung im Urteil vom 15.02.2008 - L 8 AL 3748/05 - , dass die bei einem Treuhandvertrag bestehende Treuhandbindung untersagt, das Vermögen des Treugebers mit eigenem Vermögen zu vermengen, worauf das SG im angefochtenen Urteil abstellt, weiter festhält, kann vorliegend offen bleiben. Denn für den Senat steht unabhängig davon fest, dass ein vom Kläger behauptetes verdecktes Treuhandverhältnis nicht besteht, wie das SG zutreffend ausgeführt hat. Dem Vorliegen eines rechtlich relevanten verdeckten Treuhandverhältnisses steht zur Überzeugung des Senats, zusätzlich zu den vom SG genannten Gründen, entgegen, dass über angeblich im Innenverhältnis mit den anderen Beteiligten getroffenen Vereinbarungen keine schriftlichen Unterlagen gefertigt wurden. Weiter fällt auf, dass das von den angeblichen Treugebern der Ehefrau des Klägers übergebene Geld bar ausgehändigt worden sein soll, ohne dass der übergebene Geldbetrag quittiert wurde. Bereits dieses Verhalten widerspricht dem, was unter Dritten als üblich zu erwarten ist. Zudem ist unstimmig, dass nach der zu den Akten gelangten Kontenzusammenstellung der TCMB vom 18.03.2004 am 17.11.1997 der Betrag von 21.000 DM und am 23.01.2002 der Betrag von 15.300 EUR aus dem angeblichen Treuhandguthaben abgehoben wurden, ohne dass ersichtlich ist, wem diese Geldbeträge letztlich zuflossen. Dieser Umstand erweckt auch Zweifel am tatsächlichen Bestehen der vom Kläger behaupteten, im Innenverhältnis mit den anderen Beteiligten getroffenen Vereinbarungen, die nach dem Vorbringen des Klägers eine solche Vorgehensweise nicht erlaubten. Nach dem Vorbringen des Klägers soll vorgesehen gewesen sein, dass nach der Auflösung des Anlagekontos die Einlagen nebst Zinsen abzüglich von Verwaltungskosten entsprechend dem prozentualen Betrag der Einlage an die einzelnen Beteiligten zurückbezahlt werden, womit die erfolgten Abhebungen nicht in Einklang stehen. Dass die abgehobenen Beträge anteilig den am Konto der angeblich beteiligten Treugebern zugeflossen ist, ist nicht erkennbar. Vielmehr hat der Kläger vorgetragen, eine Rückzahlung sei erst im November 2004 erfolgt. Nachprüfbare Dokumente, die die vom Kläger behauptete Geldübergabe verschiedener Treugeber an seine Ehefrau belegen und zur Höhe der Geldbeträge, liegen zudem nicht vor. Die vom Kläger im Klageverfahren vorgelegten Dokumente zur angeblich im November 2004 erfolgten Rückzahlung der treuhänderisch übergebenen Gelder an die Treuhänder sind für sich nicht geeignet, das tatsächliche Bestehen des behaupteten Treuhandverhältnisses zu belegen. Hinzu kommt, dass die angebliche im November 2004 an die Treugeber zurückbezahlten Beträge nicht mit der angeblich im Innenverhältnis getroffenen Vereinbarung, dass die Einlagen entsprechend dem prozentualen Anteil der Einlagen zurückbezahlt werden sollen, zu vereinbaren sind. Nach dem Vorbringen des Klägers sollen sowohl I. B. als auch S. K. eine Einlage i.H.v. jeweils 40.000 DM erbracht haben. Nach der genannten Vereinbarung muss erwartet werden, dass bei identischer Einlage die zurückbezahlten Einlagen denselben Betrag ergeben. Dies trifft jedoch nicht zu. So sollen an I. B. 36.000 EUR und an S. K. lediglich 35.000 EUR zurückbezahlt worden sein. Entsprechendes gilt auch hinsichtlich des prozentualen Wertzuwachses der angeblich erbrachten Einlagen im Verhältnis zu den erfolgten Rückzahlungen, die zwischen 156 % (R. K.) und 176 % (I. B.) schwanken. Unstimmig ist im Übrigen auch, dass die zur Akte gelangte Kontenzusammenstellung der TCMB vom 18.03.2004 zuletzt ein Guthaben i.H.v. 156.398,42 EUR ausweist, während im November 2004 ein Gesamtbetrag von 162.000 EUR zur Rückzahlung gelangt sein soll, wobei die angebliche Einlage der Ehefrau des Klägers in Höhe von 40.000 DM unberücksichtigt ist. Durch diese Unstimmigkeiten wird das Vorbringen des Klägers zum Bestehen eines Treuhandverhältnisses zur Überzeugung des Senats widerlegt. Damit ist das auf den Namen der Ehefrau des Klägers bei der TCMB angelegte nachgewiesene Guthaben i.H.v. 230.000 DM sowie die dem Konto im vorliegend streitigen Erstattungszeitraum gutgeschriebenen Zinsen in Höhe von insgesamt 79.775,51 DM, unter Berücksichtigung der Abhebung von 21.000 DM am 17.11.1997 mithin ein zumutbar verwertbares Gesamtvermögen von mindestens 288.775,51 DM rechtlich der Ehefrau des Klägers zuzuordnen, das bei der Prüfung der Bedürftigkeit des Klägers im Rahmen der Bewilligung von Alhi zu berücksichtigen ist.
Der genannte Vermögensbetrag i.H.v.288.775,51 DM schließt die Bedürftigkeit des Klägers für die Dauer von mindestens 213 (volle) Wochen. Im Zeitraum vom 09.02.1996 bis 28.08.2000 bezog der Kläger lediglich für 207 Wochen Alhi, womit für die gesamte Bezugszeit keine Bedürftigkeit gegeben war. Soweit der Kläger einwendet, die Zeiträume vom 17.05.1994 bis 08.02.1996, 27.02.1997 bis 26.03.1997, 24.07.1998 bis 01.02.2000 sowie der 30.06.1996, in denen der Kläger nach seinem Vorbringen im Berufungsverfahren Lohnersatzleistungen wie Arbeitslosengeld und Krankengeld bezogen hat, seien zusätzlich zu berücksichtigen, kann ihm nicht gefolgt werden. Eine zusätzliche Berücksichtigung dieser Zeiten des Nichtbezugs von Alhi käme allenfalls dann in Betracht, wenn der Kläger keine Lohnersatzleistungen wie Arbeitslosengeld und Krankengeld bezogen hätte und eine Antragstellung auf Alhi wegen des vorhandenen, seine Bedürftigkeit ausschließenden Vermögens, nicht gestellt worden wäre. Dies trifft beim Kläger jedoch nach seinem eigenen Vorbringen im Schriftsatz vom 21.11.2011 nicht zu. Vielmehr hat der Kläger in diesen Zeiträumen den Bezug von Krankengeld sowie von Arbeitslosengeld bestätigt, was sich auch der Verwaltungsakte der Beklagten entnehmen lässt. Seinem Vorbringen, er wäre, hätte es sich um sein Vermögen gehandelt, berechtigt gewesen, dieses für den Lebensunterhalt einzusetzen, kann nicht gefolgt werden, denn ein Verbrauch des Vermögens für den Lebensunterhalt ist tatsächlich nicht erfolgt. Entgegen der Ansicht des Klägers ist vorliegend für seine Ehefrau auch kein höheres Bemessungsentgelt bei der Berechnung der Dauer fehlender Bedürftigkeit in Ansatz zu bringen. Dies ist vom Berichterstatter in der nichtöffentlichen Sitzung am 05.08.2011 nur hinsichtlich der Möglichkeit erörtert worden, dass die Ehefrau des Klägers zeitgleich mit dem Kläger im Bezug von Alhi gestanden hat, was jedoch nicht ersichtlich und nach dem Vorbringen des Klägers auch nicht der Fall ist. Soweit in der nichtöffentlichen Sitzung am 05.08.2011 außerdem erörtert wurde, dass hinsichtlich des zu berücksichtigenden Vermögens von dem am 15.01.1993 eingezahlten Betrag i.H.v. 220.000 DM auszugehen sein könnte, der (um 10.000 DM erhöht) am 14.11.1995 wieder auf ein Konto der Ehefrau des Klägers bei der TCMB einbezahlt wurde, vermag der Senat einen solchen Sachverhalt nicht festzustellen, nachdem der Kläger im Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 21.11.2011 dem ausdrücklich widersprochen hat. Unabhängig davon wäre selbst dann, wenn der am 05.08.2011 zum Vermögen erörterte Sachverhalt zu Gunsten des Klägers unterstellt würde, Bedürftigkeit des Klägers für die streitigen Erstattungszeiträume, auch unter Einbeziehung des im ruhenden Widerspruchsverfahren streitigen Zeitraums ab 25.05.1993 bis 16.05.1994, nicht gegeben, wie die Beklagte in der vom Senat erbetenen Vergleichsberechnung vom 06.10.2011 zutreffend berechnet hat, der sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt.
Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, er sei davon ausgegangen, dass seine Ehefrau über kein Vermögen verfügt; von der ihm verheimlichten Geldanlage im Jahr 1996 seiner Ehefrau habe er keine Kenntnis gehabt, weshalb ihm keine grobe Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden könne.
Für den Senat bestehen bereits erhebliche Zweifel, ob das Vorbringen des Klägers tatsächlich zutrifft, von dem Guthaben seiner Ehefrau bei der TCMB nichts gewusst zu haben. Hierauf kommt es jedoch nicht entscheidend an, weshalb die Zweifel zurückgestellt werden können. Denn selbst auf der Grundlage der vom Kläger gemachten Angaben kann er sich nicht mit Erfolg darauf berufen, keine grob fahrlässig unrichtige bzw. unvollständige Angaben zum Vorhandensein von Vermögen gemacht zu haben. Der Kläger hat seine Ehefrau nach vorhandenem Vermögen nicht gefragt. Einen solchen Sachverhalt hat der Kläger nicht geltend gemacht. Unter diesen Umständen handelt der Kläger bedingt vorsätzlich, wenn er vorhandenes Vermögen bei der Antragstellung auf Alhi, wie erfolgt, verneint. Jedenfalls muss sich der Kläger grobe Fahrlässigkeit zur Last legen lassen, wenn er für die Leistungsbewilligung relevante Angaben "ins Blaue hinein" macht, die sich als unrichtig erweisen. Sein Vorbringen, wenn er seine Ehefrau nach Geld gefragt hätte, hätte diese die Frage verneint, entschuldigt den Kläger nicht. Entscheidend ist, dass er seine Ehefrau nicht nach eventuell vorhandenem Vermögen gefragt hat. Hierzu hätte aber gerade deshalb Anlass bestanden, weil nach eigener Einlassung dem Kläger vorhandenes Vermögen in Höhe von 30.000 DM bezüglich der im Jahr 1993 erfolgten Geldanlage bekannt war. Allein die Tatsache, dass der Kläger und seine Ehefrau im Jahr 1996 ein Eigenheim erworben haben, berechtigte den Kläger nicht zu der sicheren/zweifelsfreien Annahme, dass kein Vermögen mehr vorhanden ist. Die Einzahlung des Guthabens i.H.v. 230.000 DM bei der TCMB ist vor dem Erwerb des Eigenheims am 14.11.1995 erfolgt, weshalb entgegen dem Vorbringen des Klägers nicht feststeht, dass das Guthaben für den Erwerb des Eigenheims hat verbraucht werden müssen. Aus eigenem Wissen konnte der Kläger daher keine gesicherten, zuverlässigen Angaben zum Vorhandensein von Vermögen machen. Der gebotenen Sorgfalt hätte es vielmehr entsprochen, der Beklagten offen zu legen, über Vermögen seiner Ehefrau keine Angaben machen zu können. Auf eingeschränkte Deutschkenntnisse kann sich der Kläger dabei nicht mit Erfolg berufen. Die Frage nach vorhandenem Vermögen ist leicht verständlich und ohne weiteres zu beantworten. Ob etwas anderes gelten würde, wenn er seine Ehefrau tatsächlich nach dem Vorhandensein von Vermögen gefragt hätte, kann dahinstehen. Ein hypothetischer Kausalverlauf ist keine geeignete Entscheidungsgrundlage, zumal bei den fragwürdigen Umständen zur Herkunft des Anlagevermögens gegebenenfalls nur ein nachhaltiges Nachfragen den Sorgfaltsanforderungen gerecht würde und ein Sich-Zufrieden-Geben mit einer pauschalen, eventuell auch ungereimten Verneinung auf eine einmalige Anfrage gleichwohl grob fahrlässig wäre.
Der Kläger war zur Überzeugung des Senats auch nach seinen subjektiven Fähigkeiten in der Lage, dies zu erkennen. Dass er wegen einer (psychischen) Erkrankung hat davon ausgehen müssen, dass seine Ehefrau über kein Vermögen verfügte, ist zur Überzeugung des Senats nicht der Fall. Das vom Kläger hierzu vorgelegte nervenärztliche Attest von Dr. G. datiert vom 07.09.2007 und lässt einen Rückschluss auf den Gesundheitszustand des Klägers im relevanten Zeitraum von 1996 bis 1999 nicht zu. Sonstige medizinische Unterlagen hat der Kläger nicht vorgelegt, die sein Vorbringen plausibel machen. Eine von der Beklagten veranlasste Begutachtung des Kläger am 12.12.1995 erfolgte wegen einer Herzerkrankung des Klägers. Auch einer im Jahr 1999 erfolgten weitere Begutachtung lassen sich schwerwiegende psychische Störungen des Klägers nicht entnehmen, worauf die Beklagte zutreffend hinweist. Denn der Kläger wurde als vollschichtig leistungsfähig beurteilt (Gutachten vom 06.10.1999). Der Leistungsfall für die Erwerbsunfähigkeitsrente ist erst ab 15.10.2000 eingetreten. Dass die psychische Erkrankung des Klägers zum Zeitpunkt der hier streitbefangenen letzten Alhi-Antragstellung im Dezember 1999 bereits "schuldausschließend" ausgeprägt war, ist den Arztunterlagen gerade nicht zu entnehmen. Dafür spricht für den Senat auch, dass der Kläger den Strafbefehl des Amtsgerichts Rottenburg vom 18.11.2005, mit dem der Kläger wegen Betrugs zum Nachteil der Beklagten verurteilt wurde, im Schuldspruch - trotz anwaltschaftliche Vertretung - nicht angefochten, sondern den Betrugsvorwurf akzeptiert und lediglich den Rechtsfolgenausspruch angefochten hat. Weiter hat der Kläger im Verlauf des vorliegend relevanten Erstattungszeitraums durch die rechtzeitigen Antragstellungen auf Weiterbewilligung von Alhi sowie die mehrfache Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und zuletzt von Girokontenauszügen (vgl. Antragstellung im November/Dezember 1999) und einem erfolgreich durchgeführten Widerspruchsverfahren gezeigt, dass er gegenüber der Beklagten seine Obliegenheiten erfüllen und die eigenen Ansprüche zu wahren in der Lage war. Dass der Kläger aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage war, richtige und vollständige Angaben zum Vorhandensein von Vermögen (seiner Ehefrau) zu machen, wie sie nach dem oben Ausgeführten hätten gemacht werden müssen, ist aus der aktenkundigen medizinischen Befundlage und den dargelegten Umständen hinreichend sicher widerlegt. Damit fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten für die Notwendigkeit einer gutachterlichen Aufklärung, weshalb sich der Senat auch nicht gedrängt sieht, den Sachverhalt hierzu weiter zu ermitteln. Der Senat erachtet den relevanten medizinischen Sachverhalt zur Beurteilung der subjektiven Vorwerfbarkeit vielmehr für geklärt, weshalb der hilfsweise gestellte Beweisantrag des Klägers abgelehnt wird. Damit liegen die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X vor. Die Beklagte war deshalb berechtigt und auch verpflichtet, die Leistungsbewilligung rückwirkend aufzuheben, wobei gemäß § 330 Abs. 2 SGB III Ermessen nicht auszuüben, sondern eine gebundene Entscheidung zu treffen war.
Die Rückforderung der überzahlten Alhi Leistungen beruht auf § 50 Abs. 1 SGB X, wonach erbrachte Leistungen zu erstatten sind, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Den Erstattungsbetrag zu Unrecht geleisteter Alhi hat die Beklagte zutreffend errechnet. Hierzu nimmt der Senat nach eigener Überprüfung auf die Blätter 256/257, 261 - 263, 267/268, 272/273 der Beklagten-Akte Bezug. Hiergegen hat der Kläger im Übrigen auch keine Einwendungen erhoben.
Die Berufung des Klägers war deshalb zurückzuweisen.
2. Demgegenüber erweist sich die Berufung der Beklagten als begründet. Die Ansicht des SG, dass nach der seit 01.01.2005 geltenden Fassung des § 335 Abs. 1 SGB III eine Erstattung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung bei der rückwirkenden Aufhebung und Rückforderung von Alhi nicht mehr möglich sei, weil es der Beklagten an einer Ermächtigungsgrundlage fehle, teilt der Senat im Hinblick auf die neuere Rechtsprechung des BSG nicht (mehr).
Der Kläger ist auch zur Erstattung der Kranken und Pflegeversicherungsbeiträge, die die Beklagte zutreffend errechnet hat, verpflichtet. Der Erstattungsanspruch der Beklagten erstreckt sich gemäß § 335 Abs.1 Satz 1 und § 335 Abs. 5 SGB III auch auf die von ihr entrichteten Kranken und Pflegeversicherungsbeiträge. Dass in § 335 Abs.1 Satz 1 SGB III seit 01.01.2005 nur noch von Bezieher von Arbeitslosengeld oder Unterhaltsgeld und nicht mehr wie noch bis 31.12.2004 auch von Bezieher von Arbeitslosenhilfe die Rede ist, ändert hieran nichts. Zwar sind die Aufhebungs und Erstattungsbescheide erst am 27.05.2005, mithin unter der Geltung des § 335 Abs. 1 Satz 1 SGB III in seiner ab 01.01.2005 geltenden Fassung ergangen. Das Bundessozialgericht (BSG) hat hierzu aber am 07.10.2009 in den Revisionsverfahren B 11 AL 31/08 R und B 11 AL 32/08 R entschieden, dass für Bezieher von Arbeitslosenhilfe auch nach dem 01.01.2005 eine Rechtsgrundlage für die Erstattung der gezahlten Kranken und Pflegeversicherungsbeiträge besteht. Der Senat hat sich dieser Rechtsauffassung des BSG angeschlossen.
Auf die Berufung der Beklagten war das angefochtene Urteil des SG deshalb abzuändern.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, weshalb die Revision nicht zuzulassen war.
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung und Rückforderung bewilligter Arbeitslosenhilfe (Alhi) sowie von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung streitig.
Der 1956 geborene Kläger ist verheiratet. Er bezog von der Beklagten im Zeitraum vom 25.05.1993 bis 16.05.1994 Alhi und vom 11.08.1995 bis 08.02.1996 Arbeitslosengeld.
Auf Antrag des Klägers vom 25.01.1996 und Folgeanträge vom 07.10.1996, 27.03.1997, 13.10.1997 und 13.12.1999 bewilligte die Beklagte dem Kläger Alhi für die Zeit ab 09.02.1996 bis 29.06.1996 (Bemessungsentgelt wöchentlich 1.350 DM), 01.07.1996 bis 26.02.1997 und 27.03.1997 bis 30.06.1997 (Bemessungsentgelt wöchentlich 1.310 DM), 01.07.1997 bis 23.07.1998 (Bemessungsentgelt wöchentlich 1.290 DM) und 31.01.2000 bis 29.08.2000 Bemessungsentgelt wöchentlich 1.290 DM). In der Zeit vom 04.08.1999 bis 31.01.2000 bezog der Kläger Alg. Außerdem bezog der Kläger im Zeitraum vom 09.02.1996 bis 29.08.2000 Krankengeld. Im Antrag auf Alhi und den Folgeanträgen verneinte der Kläger jeweils - mit Ausnahme von Wohneigentum - eigenes Vermögen bzw. Vermögen seiner Ehefrau Y. K. (Bargeld, Bankguthaben, Wertpapiere, Kapitallebensversicherungen, Bausparverträge sowie Sachwerte). Mit Bescheid der Landesversicherungsanstalt B.-W. vom 24.05.2002 wurde dem Kläger rückwirkend ab 01.11.2000 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (Leistungsfall 15.10.2000) zuerkannt.
Am 09.08.2004 wurde die Beklagte durch das Hauptzollamt S. darüber informiert, dass der Kläger und seine Ehefrau während des Bezugs von Alhi in erheblichem Umfang Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt hätten (Einkommensteuerveranlagungen 1995/1997/1999 und 2001). Nach den vom Hauptzollamt vorgelegten Unterlagen der TCM-Bank (künftig TCMB) vom 18.03.2004 / 31.03.2004 waren auf Konten des Klägers am 15.01.1993 220.000 DM (Kontoauflösung 17.01.1995) sowie am 15.01.1995 39.292 DM (Kontoauflösung 08.03.1995) sowie der Ehefrau des Klägers am 14.11.1995 230.000 DM, am 14.11.1999 288.775,51 DM und am 14.11.2001 171.689,42 Euro gutgeschrieben.
Die Beklagte errechnete Überzahlungsbeträge für den Zeitraum vom 09.02.1996 bis 31.12.1996 von Alhi i.H.v. umgerechnet 9.814,25 EUR sowie von Beiträge zur Krankenversicherung i.H.v. 2.716,26 EUR und zur Pflegeversicherung i.H.v. 202,70 EUR, für das Jahr 1997 von Alhi i.H.v. 9.769,71 EUR sowie Beiträge zur Krankenversicherung i.H.v. 3.327,25 EUR und Pflegeversicherung i.H.v. 435,10 EUR, für das Jahr 1998 Alhi i.H.v. 5.922,36 EUR sowie Beiträge zur Krankenversicherung i.H.v. 1.599,24 EUR und zur Pflegeversicherung i.H.v. 209,13 EUR sowie für die Zeit vom 31.01.2000 bis 28.08.2000 Alhi i.H.v. 4.347,67 EUR und Beiträge zur Krankenversicherung i.H.v. 1.717,74 EUR und zur Pflegeversicherung i.H.v. 73,91 EUR (Blätter 256/257, 261 - 263, 267/268, 272/273 der Beklagten-Akte, auf die Bezug genommen wird).
Mit Schreiben vom 31.08.2004 hörte die Beklagte den Kläger dazu an, Alhi im Jahr 1997 zu Unrecht bezogen zu haben, da er kein Vermögen angegeben habe und seine Zinsen sich auf 38.893 DM belaufen hätten. Der Kläger äußerte sich zu Zinseinkünften und machte geltend, dass Ersparnisse verschiedener Familienmitglieder angelegt worden seien, die nach wie vor Anspruch auf das jeweilige Kapital hätten. Der Kläger legte eine Einspruchsentscheidung des Finanzamts T. vom 11.02.2005 vor.
Mit vier Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden vom 27.05.2005 hob die Beklagte (wegen Vermögens) die Bewilligungen von Alhi ab 09.02.1996 auf und forderte vom Kläger für die Zeit vom 09.02.1996 bis 31.12.1996 Alhi i.H.v. 9.814,25 EUR sowie Beiträge zur Krankenversicherung i.H.v. 2.716,26 EUR und zur Pflegeversicherung i.H.v. 202,70 EUR, insgesamt 12.733,21 EUR, für die Zeit vom 01.01.1997 bis 26.02.1997 und 27.03.1997 bis 31.12.1997 Alhi i.H.v. 9.769,71 EUR sowie Beiträge zur Krankenversicherung i.H.v. 3.327,25 EUR und zur Pflegeversicherung i.H.v. 435,10 EUR, insgesamt 13.532,06 EUR, für die Zeit vom 01.01.1998 bis 23.07.1998 Alhi i.H.v. 5.922,36 EUR sowie Beiträge zur Krankenversicherung i.H.v. 1.599,24 EUR und zur Pflegeversicherung i.H.v. 209,13 EUR, insgesamt 7.730,73 EUR, sowie für die Zeit vom 31.01.2000 bis 28.08.2000 Alhi i.H.v. 4.347,67 EUR sowie Beiträge zur Krankenversicherung i.H.v. 1717,74 EUR und zur Pflegeversicherung i.H.v. 73,91 EUR, insgesamt 6.139,32 EUR, zurück.
Gegen die vier Bescheide vom 27.05.2005 legte der Kläger am 20.06.2005 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 15.02.2006 zurückgewiesen wurde.
Hiergegen erhob der Kläger am 20.03.2006 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG). Er machte zur Begründung geltend, die Beklagte habe zu Unrecht angenommen, dass er bzw. seine Ehefrau über Vermögen in der angenommenen Höhe verfügten. Er sei in den betroffenen Zeiträumen bedürftig gewesen. Seine Ehefrau habe bei der TCMB Festgeld angelegt, das sie zuvor von verschiedenen Verwandten und Bekannten treuhänderisch zur Verfügung erhalten habe, ohne über die Gelder verfügen zu können und zu dürfen. Er sei erst später durch seine Ehefrau über deren Handlungsweise in Kenntnis gesetzt worden. Bei der Antragstellung auf Alhi sei ihm nicht bekannt gewesen, dass seine Ehefrau Geldbeträge bei der TCMB angelegt gehabt habe. Die Erwägungen des Finanzamtes T. im steuerrechtlichen Verfahren seien vorliegend nicht übertragbar. Nach den wirtschaftlichen Verhältnissen sei auszuschließen, dass er bis zum Jahr 1993 ein Sparvermögen in Höhe von 220.000 DM habe erwirtschaften können. Dieser Geldbetrag habe sich wie folgt zusammengesetzt: er und seine Ehefrau 30.000 DM, ein Cousin 40.000 DM, sein Vater 60.000 DM, ein Bruder 50.000 DM sowie ein Nachbar 40.000 DM. Dieser Pool sei zwischen 1995 und 1996 kurzfristig aufgelöst worden. Er und seine Ehefrau hätten ihre Einlage in Höhe von 30.000 DM nebst anteilig angefallenen Zinsen erhalten. Dieser Geldbetrag sei für den Erwerb eines Familienheims im Jahr 1996 verwandt worden. Später sei der Pool neu auf einem Konto seiner Ehefrau eingerichtet worden, wovon er keine Kenntnis gehabt habe. Die weitere Geldanlage sei ihm wegen seiner schweren Erkrankung verheimlicht worden. Er habe auch keinen Anlass gehabt, die finanziellen Transaktionen seiner Ehefrau zu hinterfragen. Zum Zeitpunkt der Beantragung von Alhi im Februar 1996 sei er ohne dass ihm insoweit der Vorwurf gemacht werden könne, dass er es hätte besser wissen können, davon ausgegangen, dass weder er noch seine Ehefrau über Barvermögen verfügten. Auf das Vorliegen eines verdeckten Treuhandverhältnisses komme es damit nicht an. Die subjektiven Rückforderungsvoraussetzungen lägen nicht vor. Seine Deutschkenntnisse seien eingeschränkt. Aufgrund seiner psychischen Erkrankung dürfe nicht der normale Sorgfaltsmaßstab angelegt werden. Er sei nicht in der Lage gewesen, die Anträge auf Alhi selbst auszufüllen. Er habe stets die Hilfe der Mitarbeiter der Beklagten bzw. seiner Familienangehörigen benötigt.
Auf eine richterliche Verfügung vom 12.09.2006 trug der Kläger ergänzend vor, seine Ehefrau habe wegen seiner schwerwiegenden psychischen Erkrankung, die zu seiner Berentung geführt habe, die Anlage des Geldes im November 1995 bewusst vor ihm geheim gehalten. Der wahre Umfang seiner Erkrankung sei erst erkannt worden, als er sich im Jahr 2000 zu Dr. G. in Behandlung begeben habe. Der am 14.11.1995 eingezahlte Geldbetrag von 230.000 DM habe sich aus Einlagen seiner Ehefrau (40.000 DM), des im Jahr 2006 verstorbenen H. K. (50.000 DM), S. K. (40.000 DM) und I. B. (40.000 DM) zusammengesetzt. Hintergrund der einzelnen Teilbeträge auf den Namen seiner Ehefrau sei gewesen, dass die in der Türkei lebenden Beteiligten nicht berechtigt gewesen seien, auf ihren eigenen Namen ein Fremddevisenkonto bei der türkischen Bank mit weitaus höheren Verzinsung zu führen. Es sei vereinbart worden, dass seine Ehefrau über die Einlagen nicht habe verfügen dürfen, diese somit die Einlage treuhänderisch zu verwalten gehabt habe. Nach Auflösung des Anlagekontos sei vorgesehen gewesen, dass die Einlagen nebst Zinsen abzüglich von Verwaltungskosten entsprechend dem prozentualen Anteil der Einlage an die einzelnen Beteiligten zurück bezahlt werden sollten, was im November 2004 geschehen sei. Der in Deutschland lebende I. B. sei davon ausgegangen, bei einer höheren Geldanlage einen höheren Zinssatz für seinen Anteil erzielen zu können, weshalb er kein eigenes Fremddevisenkonto eröffnet habe. Selbst wenn ihm die Geldanlage seiner Ehefrau in Höhe von 40.000 DM zuzurechnen wäre, rechtfertige dies nach Abzug des Freibetrages in Höhe von 16.000 DM allenfalls die Aufhebung der Bewilligung von Alhi für maximal 17 Wochen. Der Kläger benannte Zeugen und legte weitere Belege vor. Die Ausführungen der Beklagten gingen an den Realitäten vorbei.
Die Beklagte trat unter Bezug auf die Einspruchsentscheidung des Finanzamtes T. vom 11.02.2005 der Klage entgegen. Es bestünden erhebliche Zweifel, dass es sich bei dem Vermögen um treuhänderisch verwaltetes Vermögen gehandelt habe. Auf ein Treuhandverhältnis könne sich der Kläger nicht berufen. Die Behauptung des Klägers, er habe bei der Beantragung von Alhi von den Geldanlagen seiner Ehefrau nichts gewusst, sei als reine Schutzbehauptung zu betrachten. Der Kläger habe die Frage nach Vermögen ausdrücklich verneint, obwohl ihm nach seinen Angaben bekannt gewesen sei, dass Vermögen von mindestens 30.000 DM vorhanden war. Damit sei festzustellen, dass der Kläger in Anträgen auf Alhi mehrfach falsche Angaben gemacht habe.
Während des gerichtlichen Verfahrens hob die Beklagte nach Anhörung des Klägers (Anhörungsschreiben vom 06.06.2006) mit Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 23.03.2007 die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 25.05.1993 bis 02.01.1994 und 17.01.1994 bis 16.05.1994 auf und forderte vom Kläger die Erstattung erbrachter Leistungen in Höhe von umgerechnet 11.950,94 EUR sowie Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 3.896,35 EUR, insgesamt 15.847,29 EUR. Hiergegen erhob der Kläger am 23.04.2007 Widerspruch, der im Hinblick auf den vorliegenden Rechtsstreit ruht.
Außerdem wurde der Kläger vom Amtsgericht Rottenburg mit - insoweit rechtskräftig gewordenen - Strafbefehl vom 18.11.2005 - 4 Cs 19 Js 18304/05 - wegen des Bezugs von am 13.12.1999 beantragter und von 01.01.2000 bis 28.08.2000 bewilligter Alhi wegen Betrugs gemäß § 263 Abs. 1 StGB verurteilt. Für davor liegende Zeiträume erfolgte ein Strafverfahren gegen den Kläger wegen Verjährung nicht.
Das SG beabsichtigte den benannten Zeugen I. B. sowie die Ehefrau des Klägers als Zeuge zu vernehmen. Der Zeuge B. konnte wegen unbekannten Aufenthaltes in der Türkei nicht erreicht werden. Die Ehefrau des Klägers hat angekündigt, dass sie beabsichtige, sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht zu berufen.
Mit Urteil vom 28.07.2008 hob das SG die Bescheide vom 27.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.02.2006 teilweise auf, soweit Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zurückgefordert wurden. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Das SG führte zur Begründung aus, die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 09.02.1996 bis 28.08.2000 sei rechtswidrig erfolgt, da dem Kläger mangels Bedürftigkeit kein Anspruch auf Alhi zugestanden habe. Zur Überzeugung der Kammer habe die Ehefrau des Klägers bei der Beantragung von Alhi im Januar 1996 wie auch zum Zeitpunkt des Beginns des Bezuges von Alhi über Vermögen in Höhe von mindestens 230.000 DM bei der TCMB verfügt, das dem Kläger rechtlich zuzuordnen sei. Dies gelte auch dann, wenn das Vorbringen des Klägers, das Geld stamme Großteils von Verwandten und Bekannten, als wahr unterstellt werde. Die strengen Voraussetzungen, die an eine hier allein denkbare "verdeckte" Treuhand und deren Nachweis zu stellen seien, seien nicht erfüllt, da sie nicht dem, was unter fremden Dritten üblich sei, entspreche. Eine beachtliche Treuhandvereinbarung bestehe zudem bereits deshalb nicht, da auf einem Konto Vermögen verschiedener Personen gemeinsam mit dem eigenen Vermögen der Ehefrau des Klägers eingelegt worden sei, was einer wirksamen Treuhandvereinbarung entgegen stehe. Es stehe fest, dass jedenfalls ein Rechtsgeschäft im Sinne eines durchsetzbaren Vertrages, der dem hier vorzunehmenden Fremdvergleich standhalte, nicht vorgelegen habe. Nach Abzug eines Freibetrages von 16.000 DM und unter Berücksichtigung des wöchentlichen Bemessungsentgeltes in Höhe von 1.350 DM habe für 158 Wochen (vom 09.02.1996 bis 19.02.1999) keine Bedürftigkeit bestanden. Dies gelte auch für die Zeit vom 31.01.2000 bis 28.08.2000, da durch erhebliche Zinszuflüsse neues Vermögen von deutlich über 80.000 DM entstanden sei, was zumindest für 49 Wochen Bedürftigkeit ausgeschlossen habe. Auf Vertrauensschutz könne sich der Kläger nicht berufen, da er zum einen zumindest grob fahrlässig falsche oder zumindest unvollständige Angaben hinsichtlich der Vermögensverhältnisse gemacht habe und zum anderen die Rechtswidrigkeit der ihm bewilligten Alhi gekannt oder zumindest grob fahrlässig nicht erkannt habe. Auch in Anbetracht der vom Kläger behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen wäre es ihm ohne weiteres möglich gewesen, die Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten. Seine Behauptung, er habe über die Vermögensanlage keine Kenntnis gehabt, habe er nicht beweisen können, nachdem sich seine Ehefrau auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen habe. Unabhängig davon hätte es dem Kläger oblegen, seine Ehefrau nach vorhandenem Vermögen zu befragen und erst danach entsprechende Angaben zu machen. Würden Angaben "ins Blaue hinein" gemacht, liege grob fahrlässiges Handeln vor. Dass die Ehefrau des Klägers diesem wahrheitswidrige Auskünfte gegeben habe, werde vom Kläger nicht geltend gemacht. Die Frist des §§ 45 Abs. 4 S. 2 und 45 Abs. 3 S. 3 SGB X sei eingehalten. Die Klage habe jedoch Erfolg, soweit die Beklagte geleistete Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zurückfordere. Für eine Erstattung dieser Beiträge gebe es keine Rechtsgrundlage mehr.
Gegen das den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 20.08.2008 und der Beklagten am 19.08.2008 zugestellte Urteil haben der Kläger am Montag, den 22.09.2008 und die Beklagte am 10.09.2008 Berufungen eingelegt (L 8 AL 4322/08). Mit Beschluss vom 10.09.2009 ist das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden. Am 14.12.2010 hat die Beklagte das ruhende Verfahren wieder angerufen, das unter den vorliegenden Aktenzeichen fortgeführt worden ist.
Der Kläger hat zur Berufungsbegründung ausgeführt, er wende sich gegen die Annahme des SG, dass er zumindest grob fahrlässig unvollständige Angaben gemacht habe. Das SG habe sich nicht mit seiner vorgetragenen und unter Beweis gestellten schwerwiegenden Erkrankung auseinandergesetzt. Diese Erkrankung habe sich Anfang der 90er Jahre abgezeichnet und habe sich seit diesem Zeitpunkt immer mehr verschlechtert. Die psychischen Probleme hätten seine Realitätswahrnehmung beeinflusst, ihn jedoch nicht daran gehindert, seine Arbeit zu verrichten. Aufgrund seiner psychischen Erkrankung könne gegen ihn der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit nicht erhoben werden. Seine Erkrankung sei die Grundlage dafür gewesen, dass seine Ehefrau ihre finanziellen Dispositionen vor ihm geheim gehalten habe. Er habe davon ausgehen können und müssen, dass seine Ehefrau über kein Vermögen verfügt habe. Keinesfalls könne davon ausgegangen werden, er habe Angaben "ins Blaue hinein" gemacht. Er könne die deutsche Sprache nicht lesen und schreiben. Die Antragsformulare seien nicht von ihm bzw. seinen Familienangehörigen ausgefüllt worden, sondern von den Mitarbeitern der Beklagten. Bei den Weiterbewilligungsanträgen seien die Formulare zum Teil schon vorab ausgefüllt und ihm nur noch zur Unterzeichnung vorgelegt worden. Es habe ein Sicherungsinteresse seiner Ehefrau bestanden, weshalb diese seine Frage nach Vermögen selbst dann nicht wahrheitsgemäß beantwortet hätte, wenn sie tatsächlich über eigenes Vermögen verfügt hätte. Hinzu komme, dass sie auf der Basis des dargelegt verdeckten Treuhandverhältnisses die Frage nach eigenem Vermögen in nachvollziehbarer Weise verneint hätte, da ihr das für die Treugeber angelegte Geld nicht zugestanden habe und sie verpflichtet gewesen sei, dieses Geld nebst angefallenen Zinsen an die Treugeber zu geben. Das Sozialgericht sei darüber hinaus zu Unrecht davon ausgegangen, dass er zum Zeitpunkt des Beginns des Bezugs von Alhi mindestens über ein Vermögen in Höhe von 230.000 DM verfügt habe. Streitig sei, ob das auf den Namen seiner Ehefrau angelegte Vermögen ihm zurechnet werden könne. Dieses Vermögen sei auf den Namen seiner Ehefrau angelegt worden. Die Schlussfolgerung des SG, dass das Vermögen der Ehefrau ihm mittelbar rechtlich zuzuordnen sei, sei nicht nachvollziehbar. Die Zurechnung scheitere bereits deshalb, weil er aufgrund seiner Erkrankung bewusst nicht über die finanziellen Dispositionen mit den Treugebern informiert worden sei. Er habe sämtliche Umstände dargelegt, die die Annahme eines verdeckten Treuhandverhältnisses begründen. Bei der Beurteilung des Fremdvergleiches sei darauf abzustellen, welche Maßstäbe in seinem Heimatland der Türkei gelten würden. In der Türkei würden Geldgeschäfte regelmäßig per Handschlag getroffen. Hätte sich seine Ehefrau nicht an die getroffene Treuhandvereinbarung gehalten, hätte dies die soziale und familiäre Ausgrenzung in seinem Heimatort zur Folge gehabt. Auch unter Berücksichtigung des Fremdvergleichs könne daher nicht gefordert werden, dass schriftliche Vereinbarungen getroffen bzw. Quittungen ausgestellt werden. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass er und seine Ehefrau Analphabeten seien. Zwar habe er in der Türkei die Schule besucht. Dies habe jedoch nicht dazu geführt, dass er die deutsche Sprache lesen und schreiben könne. Aus dem Umstand, dass die Rückzahlung des ersten "Geldpools" bar erfolgt sei, könnten keine Rückschlüsse gezogen werden. Die Mitglieder des "Geldpools" hätten zum Teil in der Bundesrepublik gelebt, seien aber sämtlich auf Dauer in die Türkei zurückgekehrt. Die Konten bzw. Kontoauszüge hätten von den Treugebern in der Türkei jederzeit eingesehen werden können. So sei gewährleistet gewesen, dass nicht hinter dem Rücken der Treugeber über das Geld habe verfügt werden können. Kontrollmöglichkeiten seien grundsätzlich vorhanden gewesen. Deshalb könne auch unter Berücksichtigung des Fremdvergleiches nicht gefordert werden, dass schriftliche Vereinbarungen getroffen bzw. Quittungen ausgestellt würden. Entgegen der Auffassung des SG habe er dargelegt und nachgewiesen, dass von einem verdeckten Treuhandverhältnis auszugehen sei. Aus dem Umstand, dass er im Strafverfahren rechtskräftig verurteilt worden sei, könnten vorliegend keine Schlüsse gezogen werden. Im Übrigen werde vollinhaltlich auf sein erstinstanzliches Vorbringen Bezug genommen. Die Berufung der Beklagten sei zurückzuweisen. Das SG sei im angefochtenen Urteil zu Recht davon ausgegangen, dass seit 01.01.2005 eine Rechtsgrundlage für die Rückforderung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen nicht gegeben sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28. Juli 2008 abzuändern und die vier Bescheide der Beklagten vom 27. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Februar 2006 in vollem Umfang aufzuheben, sowie, die Berufung der Beklagte zurückzuweisen, hilfsweise ein Sachverständigengutachten zur Frage der subjektiven Vorwerfbarkeit im Sinne des § 45 SGB X einzuholen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28. Juli 2008 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen, sowie, die Berufung des Klägers zurückzuweisen,
Die Beklagte hat zur Begründung vorgetragen, nach den Grundsätzen des intertemporalen Rechts sei bei der Erstattung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen § 335 SGB III in seiner bisherigen Fassung anzuwenden. Sie hat sich auf Revisionsentscheidungen des Bundessozialgerichts vom 07.10.2009 berufen. Das angefochtene Urteil sei hinsichtlich der Ausführungen zur Aufhebung und Rückerstattung der gewährten Alhi nicht zu beanstanden. Auf die erstinstanzlichen Ausführungen werde verwiesen. In einem ärztlichen Gutachten aus dem Jahr 1999 sei beim Kläger keine Rede von einer schwerwiegenden psychischen Störungen oder auch nur irgendwelchen psychischen Beeinträchtigungen. Im Übrigen sei der Kläger rechtskräftig verurteilt worden. Auch seien der Kläger und seine Ehefrau keineswegs Analphabeten. Der Kläger habe eine 7-jährige schulische Ausbildung absolviert. Seine Ehefrau habe jahrelange Berufspraxis. Hinsichtlich der Beurteilung des Fremdvergleiches sei auf hiesige Verhältnisse abzustellen. Es dürfe nicht außer Acht gelassen werden, dass sich zahlreiche Widersprüche, die nicht genügend hätten aufgeklärt werden können, ergäben hätten. Die Nichterweislichkeit des Vortrags eines Treuhandverhältnisses gehe zu Lasten des Klägers. Auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung des Finanzamtes werde verwiesen.
Der Rechtsstreit ist durch den Berichterstatter mit den Beteiligten in nichtöffentlicher Sitzung am 05.08.2011 erörtert worden. Im Anschluss an diesen Termin hat die Beklagte auf Veranlassung des Senats mit Schreiben vom 06.10.2011 eine Vergleichsberechnung der streitigen Erstattungsforderung unter Einbeziehung des Zeitraums vom 25.05.1993 bis 16.05.1994 (ruhendes Widerspruchsverfahren) vorgelegt und angeregt, auch die im ruhenden Widerspruchsverfahren streitige Erstattungsforderung zu einem Abschluss zu bringen.
Der Kläger ist der Vergleichsberechnung der Beklagten entgegen getreten. Für die Ehefrau des Klägers - im Zeitraum vom 25.05.1993 bis 16.05.1994 - ggf. zu berücksichtigendes weiteres Bemessungsgelt sei von der Beklagten nicht berücksichtigt worden. Auch die im ruhenden Widerspruchsverfahren streitige Erstattungsforderung zu einem Abschluss zu bringen, könne nicht erfolgen. Widersprochen werde der Annahme, dass der im Jahr 1993 angelegte Betrag, der im am 17.01.1995 aufgelöst und den Treuhändern zurückgegeben worden sei, mit dem im Jahr 1995 von seiner Ehefrau angelegten Betrag identisch ist. Die Zeiträume, in denen er keine Alhi bezogen habe, seien im Zeitrahmen des fiktiven Vermögensverbrauchs mit zu berücksichtigen. Denn in diesen Zeiträumen habe er nur Lohnersatzleistungen (Arbeitslosengeld, Krankengeld) bezogen. Das Vermögen in Höhe von 204.000,- DM wäre nach ca. 156 Wochen, d.h. im Mai 1993 verbraucht gewesen. Bei realistischer Betrachtung der Umstände (drei minderjährige Kinder, Bezug von Arbeitslosen-, Krankengeld oder Alhi, Erwerb eines Eigenheims 1996) liege es auf der Hand, dass das 1993 wie auch 1996 angelegte Vermögen Treuhandvermögen sei.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, auf die beigezogenen Strafakten des Amtsgerichts Rottenburg - 19 JS 18304/05 - sowie zwei Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) eingelegten Berufungen des Klägers und der Beklagten sind jeweils statthaft und insgesamt zulässig. Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet (1.). Demgegenüber ist die Berufung der Beklagten begründet (2.). Die vier Bescheide der Beklagten vom 27.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.02.2006 sind insgesamt rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, weshalb das angefochtene Urteil des SG abzuändern war.
Nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites ist der Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 23.03.2007. Er betrifft einen anderen Erstattungszeitraum (vom 25.05.1993 bis 02.01.1994 und 17.01.1994 bis 16.05.1994). Die streitgegenständlichen Bescheide werden durch den Bescheid vom 23.03.2007 weder abgeändert noch ersetzt, weshalb sie nicht gemäß § 96 SGG (in der bis 31.03.2008 geltenden Fassung) Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites geworden sind. Für eine analoge Anwendung des § 96 SGG besteht vorliegend kein Anlass.
1. Das SG hat im angefochtenen Urteil die für die Entscheidung des Rechtsstreites maßgeblichen Rechtsvorschriften vollständig und zutreffend dargestellt. Hierauf nimmt der Senat Bezug. Soweit diese Vorschriften zwischenzeitlich außer Kraft getreten sind, hindert dies ihre Anwendbarkeit vorliegend nicht. Die vom SG genannten Vorschriften sind weiterhin als Grundlage für die Beurteilung der Frage, ob dem Kläger Leistungen im streitigen Zeitraum rechtswidrig erbracht worden sind, heranzuziehen.
Das SG hat weiter in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteil ausführlich und zutreffend begründet, dass zum maßgeblichen Stichtag am 25.01.1996 und während des Bezugs von Alhi in den streitigen Zeiträumen vom 09.02.1996 bis 31.12.1996, 01.01.1997 bis 26.02.1997 und 27.03.1997 bis 31.12.1997, 01.01.1998 bis 23.07.1998 und 31.01.2000 bis 28.08.2000 verwertbares Vermögen der Ehefrau des Klägers in Höhe von mindestens 230.000 DM bei der TCMB angelegt war. Nach seiner zutreffenden Ansicht ist dieses Auslandsvermögen der Ehefrau des Klägers dem Kläger rechtlich zuzuordnen und nach Abzug eines Freibetrags von 16.000 DM für die streitigen Rückforderungszeiträume seine Bedürftigkeit ausschließend zu berücksichtigen. Die Voraussetzungen für die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit sind nach dieser Auffassung gemäß § 45 Abs. 1, 2 Satz 3 Nr. 2, Abs. 4 SGB X erfüllt, da die Bewilligungen von Alhi jedenfalls auf Angaben des Klägers beruht, die er grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht hat, die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X eingehalten ist, und der Kläger daher die ihm im streitigen Zeitraum geleistete Alhi zu erstatten hat. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zum selben Ergebnis. Er schließt sich insoweit den Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils (Seite 9 Nr. 1 bis Seite 15 Nr. 2) an, die er sich zur Begründung seiner eigenen Entscheidung zu eigen macht und auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsvorbringen des Klägers bleibt auszuführen:
Die streitgegenständlichen Bescheide sind nicht gemäß § 24 SGB X wegen eines Anhörungsfehlers formell rechtswidrig. Eine ordnungsgemäße Anhörung des Klägers ist mit Schreiben vom 31.08.2004 allerdings nur für den Erstattungszeitraum vom 01.01.1997 bis 31.12.1997 erfolgt. Im Rahmen der Anhörung muss die Beklagte dem Kläger die Gelegenheit einräumen, sich zu den für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachen zu äußern. Dem wird der Inhalt des Anhörungsschreibens vom 31.08.2004 gerecht. Für die übrigen Erstattungszeiträume ist der Anhörungsfehler im Rahmen des Widerspruchsverfahrens geheilt (§ 41 Abs.1 Nr. 3 SGB X a.F.) worden. Dem Kläger sind in den Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden vom 27.05.2005 für die Zeiträume vom 09.02.1996 bis 31.12.1996, 01.01.1998 bis 23.07.1998 und 31.01.2000 bis 28.08.2000 jeweils die Tatsachen, die zur Überzahlung von Alhi geführt haben (Vermögen), der Erstattungszeitraum, die zu erstattenden Beträge sowie die Gründe einer rückwirkenden Aufhebung der Leistungsbewilligung genannt worden, so dass er hinreichend Gelegenheit hatte, auf die ihm im Bescheid vom 01.06.2006 mitgeteilten Tatsachen einzugehen. Dies gilt im Übrigen auch für den Erstattungszeitraum 01.01.1997 bis 31.12.1997. Einen Anhörungsfehler hat der Kläger im Übrigen auch nicht gerügt.
Ob der Senat an seiner Rechtsprechung im Urteil vom 15.02.2008 - L 8 AL 3748/05 - , dass die bei einem Treuhandvertrag bestehende Treuhandbindung untersagt, das Vermögen des Treugebers mit eigenem Vermögen zu vermengen, worauf das SG im angefochtenen Urteil abstellt, weiter festhält, kann vorliegend offen bleiben. Denn für den Senat steht unabhängig davon fest, dass ein vom Kläger behauptetes verdecktes Treuhandverhältnis nicht besteht, wie das SG zutreffend ausgeführt hat. Dem Vorliegen eines rechtlich relevanten verdeckten Treuhandverhältnisses steht zur Überzeugung des Senats, zusätzlich zu den vom SG genannten Gründen, entgegen, dass über angeblich im Innenverhältnis mit den anderen Beteiligten getroffenen Vereinbarungen keine schriftlichen Unterlagen gefertigt wurden. Weiter fällt auf, dass das von den angeblichen Treugebern der Ehefrau des Klägers übergebene Geld bar ausgehändigt worden sein soll, ohne dass der übergebene Geldbetrag quittiert wurde. Bereits dieses Verhalten widerspricht dem, was unter Dritten als üblich zu erwarten ist. Zudem ist unstimmig, dass nach der zu den Akten gelangten Kontenzusammenstellung der TCMB vom 18.03.2004 am 17.11.1997 der Betrag von 21.000 DM und am 23.01.2002 der Betrag von 15.300 EUR aus dem angeblichen Treuhandguthaben abgehoben wurden, ohne dass ersichtlich ist, wem diese Geldbeträge letztlich zuflossen. Dieser Umstand erweckt auch Zweifel am tatsächlichen Bestehen der vom Kläger behaupteten, im Innenverhältnis mit den anderen Beteiligten getroffenen Vereinbarungen, die nach dem Vorbringen des Klägers eine solche Vorgehensweise nicht erlaubten. Nach dem Vorbringen des Klägers soll vorgesehen gewesen sein, dass nach der Auflösung des Anlagekontos die Einlagen nebst Zinsen abzüglich von Verwaltungskosten entsprechend dem prozentualen Betrag der Einlage an die einzelnen Beteiligten zurückbezahlt werden, womit die erfolgten Abhebungen nicht in Einklang stehen. Dass die abgehobenen Beträge anteilig den am Konto der angeblich beteiligten Treugebern zugeflossen ist, ist nicht erkennbar. Vielmehr hat der Kläger vorgetragen, eine Rückzahlung sei erst im November 2004 erfolgt. Nachprüfbare Dokumente, die die vom Kläger behauptete Geldübergabe verschiedener Treugeber an seine Ehefrau belegen und zur Höhe der Geldbeträge, liegen zudem nicht vor. Die vom Kläger im Klageverfahren vorgelegten Dokumente zur angeblich im November 2004 erfolgten Rückzahlung der treuhänderisch übergebenen Gelder an die Treuhänder sind für sich nicht geeignet, das tatsächliche Bestehen des behaupteten Treuhandverhältnisses zu belegen. Hinzu kommt, dass die angebliche im November 2004 an die Treugeber zurückbezahlten Beträge nicht mit der angeblich im Innenverhältnis getroffenen Vereinbarung, dass die Einlagen entsprechend dem prozentualen Anteil der Einlagen zurückbezahlt werden sollen, zu vereinbaren sind. Nach dem Vorbringen des Klägers sollen sowohl I. B. als auch S. K. eine Einlage i.H.v. jeweils 40.000 DM erbracht haben. Nach der genannten Vereinbarung muss erwartet werden, dass bei identischer Einlage die zurückbezahlten Einlagen denselben Betrag ergeben. Dies trifft jedoch nicht zu. So sollen an I. B. 36.000 EUR und an S. K. lediglich 35.000 EUR zurückbezahlt worden sein. Entsprechendes gilt auch hinsichtlich des prozentualen Wertzuwachses der angeblich erbrachten Einlagen im Verhältnis zu den erfolgten Rückzahlungen, die zwischen 156 % (R. K.) und 176 % (I. B.) schwanken. Unstimmig ist im Übrigen auch, dass die zur Akte gelangte Kontenzusammenstellung der TCMB vom 18.03.2004 zuletzt ein Guthaben i.H.v. 156.398,42 EUR ausweist, während im November 2004 ein Gesamtbetrag von 162.000 EUR zur Rückzahlung gelangt sein soll, wobei die angebliche Einlage der Ehefrau des Klägers in Höhe von 40.000 DM unberücksichtigt ist. Durch diese Unstimmigkeiten wird das Vorbringen des Klägers zum Bestehen eines Treuhandverhältnisses zur Überzeugung des Senats widerlegt. Damit ist das auf den Namen der Ehefrau des Klägers bei der TCMB angelegte nachgewiesene Guthaben i.H.v. 230.000 DM sowie die dem Konto im vorliegend streitigen Erstattungszeitraum gutgeschriebenen Zinsen in Höhe von insgesamt 79.775,51 DM, unter Berücksichtigung der Abhebung von 21.000 DM am 17.11.1997 mithin ein zumutbar verwertbares Gesamtvermögen von mindestens 288.775,51 DM rechtlich der Ehefrau des Klägers zuzuordnen, das bei der Prüfung der Bedürftigkeit des Klägers im Rahmen der Bewilligung von Alhi zu berücksichtigen ist.
Der genannte Vermögensbetrag i.H.v.288.775,51 DM schließt die Bedürftigkeit des Klägers für die Dauer von mindestens 213 (volle) Wochen. Im Zeitraum vom 09.02.1996 bis 28.08.2000 bezog der Kläger lediglich für 207 Wochen Alhi, womit für die gesamte Bezugszeit keine Bedürftigkeit gegeben war. Soweit der Kläger einwendet, die Zeiträume vom 17.05.1994 bis 08.02.1996, 27.02.1997 bis 26.03.1997, 24.07.1998 bis 01.02.2000 sowie der 30.06.1996, in denen der Kläger nach seinem Vorbringen im Berufungsverfahren Lohnersatzleistungen wie Arbeitslosengeld und Krankengeld bezogen hat, seien zusätzlich zu berücksichtigen, kann ihm nicht gefolgt werden. Eine zusätzliche Berücksichtigung dieser Zeiten des Nichtbezugs von Alhi käme allenfalls dann in Betracht, wenn der Kläger keine Lohnersatzleistungen wie Arbeitslosengeld und Krankengeld bezogen hätte und eine Antragstellung auf Alhi wegen des vorhandenen, seine Bedürftigkeit ausschließenden Vermögens, nicht gestellt worden wäre. Dies trifft beim Kläger jedoch nach seinem eigenen Vorbringen im Schriftsatz vom 21.11.2011 nicht zu. Vielmehr hat der Kläger in diesen Zeiträumen den Bezug von Krankengeld sowie von Arbeitslosengeld bestätigt, was sich auch der Verwaltungsakte der Beklagten entnehmen lässt. Seinem Vorbringen, er wäre, hätte es sich um sein Vermögen gehandelt, berechtigt gewesen, dieses für den Lebensunterhalt einzusetzen, kann nicht gefolgt werden, denn ein Verbrauch des Vermögens für den Lebensunterhalt ist tatsächlich nicht erfolgt. Entgegen der Ansicht des Klägers ist vorliegend für seine Ehefrau auch kein höheres Bemessungsentgelt bei der Berechnung der Dauer fehlender Bedürftigkeit in Ansatz zu bringen. Dies ist vom Berichterstatter in der nichtöffentlichen Sitzung am 05.08.2011 nur hinsichtlich der Möglichkeit erörtert worden, dass die Ehefrau des Klägers zeitgleich mit dem Kläger im Bezug von Alhi gestanden hat, was jedoch nicht ersichtlich und nach dem Vorbringen des Klägers auch nicht der Fall ist. Soweit in der nichtöffentlichen Sitzung am 05.08.2011 außerdem erörtert wurde, dass hinsichtlich des zu berücksichtigenden Vermögens von dem am 15.01.1993 eingezahlten Betrag i.H.v. 220.000 DM auszugehen sein könnte, der (um 10.000 DM erhöht) am 14.11.1995 wieder auf ein Konto der Ehefrau des Klägers bei der TCMB einbezahlt wurde, vermag der Senat einen solchen Sachverhalt nicht festzustellen, nachdem der Kläger im Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 21.11.2011 dem ausdrücklich widersprochen hat. Unabhängig davon wäre selbst dann, wenn der am 05.08.2011 zum Vermögen erörterte Sachverhalt zu Gunsten des Klägers unterstellt würde, Bedürftigkeit des Klägers für die streitigen Erstattungszeiträume, auch unter Einbeziehung des im ruhenden Widerspruchsverfahren streitigen Zeitraums ab 25.05.1993 bis 16.05.1994, nicht gegeben, wie die Beklagte in der vom Senat erbetenen Vergleichsberechnung vom 06.10.2011 zutreffend berechnet hat, der sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt.
Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, er sei davon ausgegangen, dass seine Ehefrau über kein Vermögen verfügt; von der ihm verheimlichten Geldanlage im Jahr 1996 seiner Ehefrau habe er keine Kenntnis gehabt, weshalb ihm keine grobe Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden könne.
Für den Senat bestehen bereits erhebliche Zweifel, ob das Vorbringen des Klägers tatsächlich zutrifft, von dem Guthaben seiner Ehefrau bei der TCMB nichts gewusst zu haben. Hierauf kommt es jedoch nicht entscheidend an, weshalb die Zweifel zurückgestellt werden können. Denn selbst auf der Grundlage der vom Kläger gemachten Angaben kann er sich nicht mit Erfolg darauf berufen, keine grob fahrlässig unrichtige bzw. unvollständige Angaben zum Vorhandensein von Vermögen gemacht zu haben. Der Kläger hat seine Ehefrau nach vorhandenem Vermögen nicht gefragt. Einen solchen Sachverhalt hat der Kläger nicht geltend gemacht. Unter diesen Umständen handelt der Kläger bedingt vorsätzlich, wenn er vorhandenes Vermögen bei der Antragstellung auf Alhi, wie erfolgt, verneint. Jedenfalls muss sich der Kläger grobe Fahrlässigkeit zur Last legen lassen, wenn er für die Leistungsbewilligung relevante Angaben "ins Blaue hinein" macht, die sich als unrichtig erweisen. Sein Vorbringen, wenn er seine Ehefrau nach Geld gefragt hätte, hätte diese die Frage verneint, entschuldigt den Kläger nicht. Entscheidend ist, dass er seine Ehefrau nicht nach eventuell vorhandenem Vermögen gefragt hat. Hierzu hätte aber gerade deshalb Anlass bestanden, weil nach eigener Einlassung dem Kläger vorhandenes Vermögen in Höhe von 30.000 DM bezüglich der im Jahr 1993 erfolgten Geldanlage bekannt war. Allein die Tatsache, dass der Kläger und seine Ehefrau im Jahr 1996 ein Eigenheim erworben haben, berechtigte den Kläger nicht zu der sicheren/zweifelsfreien Annahme, dass kein Vermögen mehr vorhanden ist. Die Einzahlung des Guthabens i.H.v. 230.000 DM bei der TCMB ist vor dem Erwerb des Eigenheims am 14.11.1995 erfolgt, weshalb entgegen dem Vorbringen des Klägers nicht feststeht, dass das Guthaben für den Erwerb des Eigenheims hat verbraucht werden müssen. Aus eigenem Wissen konnte der Kläger daher keine gesicherten, zuverlässigen Angaben zum Vorhandensein von Vermögen machen. Der gebotenen Sorgfalt hätte es vielmehr entsprochen, der Beklagten offen zu legen, über Vermögen seiner Ehefrau keine Angaben machen zu können. Auf eingeschränkte Deutschkenntnisse kann sich der Kläger dabei nicht mit Erfolg berufen. Die Frage nach vorhandenem Vermögen ist leicht verständlich und ohne weiteres zu beantworten. Ob etwas anderes gelten würde, wenn er seine Ehefrau tatsächlich nach dem Vorhandensein von Vermögen gefragt hätte, kann dahinstehen. Ein hypothetischer Kausalverlauf ist keine geeignete Entscheidungsgrundlage, zumal bei den fragwürdigen Umständen zur Herkunft des Anlagevermögens gegebenenfalls nur ein nachhaltiges Nachfragen den Sorgfaltsanforderungen gerecht würde und ein Sich-Zufrieden-Geben mit einer pauschalen, eventuell auch ungereimten Verneinung auf eine einmalige Anfrage gleichwohl grob fahrlässig wäre.
Der Kläger war zur Überzeugung des Senats auch nach seinen subjektiven Fähigkeiten in der Lage, dies zu erkennen. Dass er wegen einer (psychischen) Erkrankung hat davon ausgehen müssen, dass seine Ehefrau über kein Vermögen verfügte, ist zur Überzeugung des Senats nicht der Fall. Das vom Kläger hierzu vorgelegte nervenärztliche Attest von Dr. G. datiert vom 07.09.2007 und lässt einen Rückschluss auf den Gesundheitszustand des Klägers im relevanten Zeitraum von 1996 bis 1999 nicht zu. Sonstige medizinische Unterlagen hat der Kläger nicht vorgelegt, die sein Vorbringen plausibel machen. Eine von der Beklagten veranlasste Begutachtung des Kläger am 12.12.1995 erfolgte wegen einer Herzerkrankung des Klägers. Auch einer im Jahr 1999 erfolgten weitere Begutachtung lassen sich schwerwiegende psychische Störungen des Klägers nicht entnehmen, worauf die Beklagte zutreffend hinweist. Denn der Kläger wurde als vollschichtig leistungsfähig beurteilt (Gutachten vom 06.10.1999). Der Leistungsfall für die Erwerbsunfähigkeitsrente ist erst ab 15.10.2000 eingetreten. Dass die psychische Erkrankung des Klägers zum Zeitpunkt der hier streitbefangenen letzten Alhi-Antragstellung im Dezember 1999 bereits "schuldausschließend" ausgeprägt war, ist den Arztunterlagen gerade nicht zu entnehmen. Dafür spricht für den Senat auch, dass der Kläger den Strafbefehl des Amtsgerichts Rottenburg vom 18.11.2005, mit dem der Kläger wegen Betrugs zum Nachteil der Beklagten verurteilt wurde, im Schuldspruch - trotz anwaltschaftliche Vertretung - nicht angefochten, sondern den Betrugsvorwurf akzeptiert und lediglich den Rechtsfolgenausspruch angefochten hat. Weiter hat der Kläger im Verlauf des vorliegend relevanten Erstattungszeitraums durch die rechtzeitigen Antragstellungen auf Weiterbewilligung von Alhi sowie die mehrfache Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und zuletzt von Girokontenauszügen (vgl. Antragstellung im November/Dezember 1999) und einem erfolgreich durchgeführten Widerspruchsverfahren gezeigt, dass er gegenüber der Beklagten seine Obliegenheiten erfüllen und die eigenen Ansprüche zu wahren in der Lage war. Dass der Kläger aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage war, richtige und vollständige Angaben zum Vorhandensein von Vermögen (seiner Ehefrau) zu machen, wie sie nach dem oben Ausgeführten hätten gemacht werden müssen, ist aus der aktenkundigen medizinischen Befundlage und den dargelegten Umständen hinreichend sicher widerlegt. Damit fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten für die Notwendigkeit einer gutachterlichen Aufklärung, weshalb sich der Senat auch nicht gedrängt sieht, den Sachverhalt hierzu weiter zu ermitteln. Der Senat erachtet den relevanten medizinischen Sachverhalt zur Beurteilung der subjektiven Vorwerfbarkeit vielmehr für geklärt, weshalb der hilfsweise gestellte Beweisantrag des Klägers abgelehnt wird. Damit liegen die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X vor. Die Beklagte war deshalb berechtigt und auch verpflichtet, die Leistungsbewilligung rückwirkend aufzuheben, wobei gemäß § 330 Abs. 2 SGB III Ermessen nicht auszuüben, sondern eine gebundene Entscheidung zu treffen war.
Die Rückforderung der überzahlten Alhi Leistungen beruht auf § 50 Abs. 1 SGB X, wonach erbrachte Leistungen zu erstatten sind, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Den Erstattungsbetrag zu Unrecht geleisteter Alhi hat die Beklagte zutreffend errechnet. Hierzu nimmt der Senat nach eigener Überprüfung auf die Blätter 256/257, 261 - 263, 267/268, 272/273 der Beklagten-Akte Bezug. Hiergegen hat der Kläger im Übrigen auch keine Einwendungen erhoben.
Die Berufung des Klägers war deshalb zurückzuweisen.
2. Demgegenüber erweist sich die Berufung der Beklagten als begründet. Die Ansicht des SG, dass nach der seit 01.01.2005 geltenden Fassung des § 335 Abs. 1 SGB III eine Erstattung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung bei der rückwirkenden Aufhebung und Rückforderung von Alhi nicht mehr möglich sei, weil es der Beklagten an einer Ermächtigungsgrundlage fehle, teilt der Senat im Hinblick auf die neuere Rechtsprechung des BSG nicht (mehr).
Der Kläger ist auch zur Erstattung der Kranken und Pflegeversicherungsbeiträge, die die Beklagte zutreffend errechnet hat, verpflichtet. Der Erstattungsanspruch der Beklagten erstreckt sich gemäß § 335 Abs.1 Satz 1 und § 335 Abs. 5 SGB III auch auf die von ihr entrichteten Kranken und Pflegeversicherungsbeiträge. Dass in § 335 Abs.1 Satz 1 SGB III seit 01.01.2005 nur noch von Bezieher von Arbeitslosengeld oder Unterhaltsgeld und nicht mehr wie noch bis 31.12.2004 auch von Bezieher von Arbeitslosenhilfe die Rede ist, ändert hieran nichts. Zwar sind die Aufhebungs und Erstattungsbescheide erst am 27.05.2005, mithin unter der Geltung des § 335 Abs. 1 Satz 1 SGB III in seiner ab 01.01.2005 geltenden Fassung ergangen. Das Bundessozialgericht (BSG) hat hierzu aber am 07.10.2009 in den Revisionsverfahren B 11 AL 31/08 R und B 11 AL 32/08 R entschieden, dass für Bezieher von Arbeitslosenhilfe auch nach dem 01.01.2005 eine Rechtsgrundlage für die Erstattung der gezahlten Kranken und Pflegeversicherungsbeiträge besteht. Der Senat hat sich dieser Rechtsauffassung des BSG angeschlossen.
Auf die Berufung der Beklagten war das angefochtene Urteil des SG deshalb abzuändern.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, weshalb die Revision nicht zuzulassen war.
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