L 11 KR 1329/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 6343/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 1329/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 14.12.2010 sowie der Bescheid der Beklagten vom 17.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.11.2009 werden teilweise aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin weitere 47,60 EUR zu zahlen. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte der Klägerin weitere 972,00 EUR als Kosten des Widerspruchsverfahrens (§ 63 SGB X) wegen eines Widerspruchs gegen einen Bescheid vom 12.03.2009 zu erstatten hat.

Die 1951 geborene Klägerin war ab dem 08.09.2008 arbeitsunfähig krank. Zu diesem Zeitpunkt war sie als Kontrollarbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde zum 19.09.2008 durch einen mit dem Arbeitgeber geschlossenen Aufhebungsvertrag beendet. Ab dem 20.09.2008 bezog sie von der Beklagten Krankengeld. Vom 20.11.2008 bis zum 20.12.2008 befand sich die Klägerin in einer vom Rentenversicherungsträger erbrachten stationären Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation. Der Rentenversicherungsträger stellte nach Beendigung der Rehabilitationsmaßnahme fest, dass die Klägerin eine Tätigkeit als Kontrollarbeiterin nur noch drei- bis untersechsstündig ausüben könne. Leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts könne sie unter Beachtung von qualitativen Leistungseinschränkungen noch sechs Stunden und mehr ausüben. Mit Bescheid vom 12.03.2009 stellte die Beklagte daraufhin die Gewährung von Krankengeld ab dem 17.3.2009 mit der Begründung ein, die Klägerin könne zwar ihren Beruf nicht mehr ausüben, sei aber, nachdem sie nunmehr arbeitslos geworden sei, auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verweisen. Arbeitsunfähigkeit liege nicht mehr vor.

Am 17.03.2009 ging bei der Beklagten ein Fax des Klägervertreters ein, in dem er auf einen "soeben erhobenen Widerspruch" Bezug nahm und ein von der Klägerin beschafftes Schreiben der Bundesagentur für Arbeit vom 17.03.2009 vorlegte. Am 18.03.2009 ging das Original des Faxes vom 17.03.2009 sowie der schriftliche Widerspruch bei der Beklagten ein.

Nachdem die Klägerin unter dem Az S 11 KR 1563/09 ER beim Sozialgericht Freiburg (SG) den Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrt hatte, hob die Beklagte mit Bescheid vom 23.04.2009 den Bescheid vom 12.03.2009 wieder auf. Sie erklärte sich bereit, die Kosten des Vorverfahrens dem Grunde nach zu übernehmen. Mit Schreiben vom 24.04.2009 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Kosten des Widerspruchsverfahrens wie folgt festzusetzen:

Geschäftsgebühr Sozialrecht gem § 3 RVG iVm Nr 2400 VV RVG 520,00 EUR Einigungs- und Erledigungsgebühr sozialrechtliche Angelegenheit gem § 3 RVG iVm Nr 1005 VV RVG 520,00 EUR Auslagenpauschale gem Nr 7002 VV RVG 20,00 EUR Dokumentenpauschale (20 Kopien) gem Nr 7000 VV RVG 10,00 EUR 19 % Umsatzsteuer gem Nr 7008 VV RVG 203,30 EUR Gesamtbetrag 1.273,30 EUR

Nachdem die Beklagte den Klägervertreter erfolglos aufgefordert hatte, eine Antragstellung auf Registrierung nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz für Alterlaubnisinhaber vorzulegen, erstattete die Beklagte mit Schreiben vom 13.07.2009 zunächst 20,00 EUR als Auslagenersatz analog Nr 7002 VV RVG. Die Klägerin hat dann 17.07.2009 beim SG eine auf Erlass eines Kostenbescheids gerichtete Untätigkeitsklage (Az S 11 KR 3462/09) erhoben; in diesem Verfahren der Klägervertreter dann eine Bestätigung des Amtsgerichts Waldkirch über den Antragseingangs vorgelegt.

Mit Bescheid vom 17.08.2009 setzte die Beklagte die zu erstattenden Kosten auf 321,30 EUR abzüglich bereits gezahlter 20,00 EUR fest und zahlte den entsprechenden Betrag 301,30 EUR) aus. Bei der Berechnung der erstattungsfähigen Kosten berücksichtigte die Beklagte eine Geschäftsgebühr nach Nr 2400 VV RVG iHv 240,00 EUR, einer Auslagenpauschale nach Nr 7002 VV RVG iHv 20,00 EUR, eine Dokumentenpauschale nach Nr 7000 VV RVG iHv 10,00 EUR und die sich hieraus ergebende Umsatzsteuer iHv 51,30 EUR. Den gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.11.2009 zurück.

Am 14.12.2009 hat die Klägerin beim SG Klage erhoben. Sie hält unter Hinweis auf das Urteil des BSG vom 01.07.2009 (B 4 AS 21/09 R) die Beklagte für verpflichtet, die vom Prozessbevollmächtigten in Rechnung gestellten Gebühren in voller Höhe zu erstatten.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 14.12.2010 abgewiesen. Ein Anspruch auf Erstattung weiterer Kosten für das Vorverfahren bestehe nicht. Bei der Bemessung der Gebühr sei zu berücksichtigen, dass eine Gebühr von mehr als 240,00 EUR (Schwellengebühr) nur gefordert werden könne, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig sei. Die Schwellengebühr habe zur Folge, dass die Gebühr des Rechtsanwalts in der Höhe des Schwellenwertes gekappt werde, wenn weder der Umfang noch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit mehr als durchschnittlich seien. Danach entspreche die vom Prozessbevollmächtigten der Kläger geforderte Höchstgebühr nicht dem nach § 14 Abs 1 RVG bei der Bestimmung der Betragsrahmengebühren auszuübenden billigen Ermessen. Die Beklagte sei zu Recht vom Ansatz der Schwellengebühr iHv 240,00 EUR ausgegangen. Denn die Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten könne weder als überdurchschnittlich umfangreich noch als überdurchschnittlich schwierig gewertet werden. Mit der Widerspruchsbegründung vom 17.03.2009 habe der Prozessbevollmächtigte die von der Beklagten vorgenommene Beurteilung der Arbeitsfähigkeit gerügt. Hierfür habe es keiner umfangreicher Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung und Literatur bedurft, denn der Begriff der Arbeitsunfähigkeit sei aufgrund der ständigen Rechtsprechung des BSG in eindeutiger Weise geklärt. Mit weiterem Schreiben vom 17.03.2009 habe der Prozessbevollmächtigte eine Stellungnahme der Bundesagentur für Arbeit vom 17.3.2009 vorgelegt. Der danach zu beurteilende Sachverhalt sei weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht schwierig, noch sei eine umfangreiche Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten erforderlich gewesen. Auch habe die Beklagte zutreffend die Übernahme der geltend gemachten Erledigungsgebühr abgelehnt. Nach der Rechtsprechung des BSG könne eine Gebühr für die Mitwirkung an der Erledigung eines Vorverfahrens nur beansprucht werden, wenn der Rechtsanwalt eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit entfaltet habe. Erforderlich sei eine qualifizierte, auf die Erledigung gerichtete Mitwirkung, die über das Maß hinausgehe, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im Widerspruchsverfahren abgegolten sei. Eine derartige, über die Widerspruchsbegründung hinausgehende Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten lasse sich jedoch nicht feststellen.

Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 01.03.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 31.03.2011 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Eine Begründung der Berufung wurde am 21.06.2012 vorgelegt. Es sei darauf hinzuweisen, dass das Urteil des SG gegen die höchstrichterliche Rechtsprechung des BSG verstoße. Das BSG habe die Tatbestandsmerkmale des § 14 RVG "gleichgestellt in gleichrangiger Form". Es seien demgemäß keine Unterschiede zu machen, so dass allein die Bedeutung der Angelegenheit, für den Fall, dass sie überdurchschnittlich sei zu einer entsprechenden Anhebung der Gebühr führen könne. Es sei wohl nicht ganz nachvollziehbar, dass die Rechtsprechung zumindest in Baden- Württemberg, egal um welchen Anspruch es gehe, eine Gebühr oberhalb von 240,00 EUR nicht wahr haben wolle. Es müsse Fälle geben, für die es 520,00 EUR als Grundgebühr geben müsse. Dies gelte für den vorliegenden Fall, da es um den Anspruch insgesamt gegangen sei und die Krankengeldzahlung existenzsichernde Bedeutung habe.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 14.12.2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.11.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr weitere 972,00 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

Die Beklagte ist der Berufung entgegen getreten; sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist gemäß §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG statthaft - da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 EUR übersteigt - und zulässig, aber nur teilweise begründet. Denn die Klägerin hat Anspruch auf weitere 47,60 EUR, sodass das mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 iVm Abs 4 SGG) verfolgte Begehren teilweise begründet ist. Das SG hat insoweit die Klage zu Unrecht abgewiesen.

Soweit der Widerspruch erfolgreich ist, hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten (§ 63 Abs 1 Satz 1 SGB X). Inhaber eines solchen Kostenerstattungsanspruchs ist alleine der Widerspruchsführer; ihm allein, nicht dagegen seinem Bevollmächtigten, steht ein entsprechender Erstattungsanspruch gegen den Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, zu. Voraussetzung des Kostenerstattungsanspruchs nach § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X ist, dass der Widerspruchsführer tatsächlich Aufwendungen im Widerspruchsverfahren gegen einen konkreten Verwaltungsakt hatte. Dabei kann der Widerspruchsführer grds Aufwendungen für eigenes Tätigwerden geltend machen, er kann aber auch - soweit die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war - diejenigen Aufwendungen geltend machen, die durch die Beauftragung und das Tätigwerden eines Bevollmächtigten entstanden sind. Insoweit ist Voraussetzung, dass der Widerspruchsführer einer wirksamen Kostenforderung seines Bevollmächtigten tatsächlich ausgesetzt ist. Fehlt es daran oder sind tatsächlich keine Aufwendungen entstanden, steht dem Widerspruchsführer kein Kostenerstattungsanspruch nach § 63 SGB X zu. Demzufolge muss der Widerspruchsführer gegenüber dem Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, geltend machen, er sei tatsächlich einer wirksamen Kostenforderung seines Bevollmächtigten ausgesetzt.

Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren sind nach § 63 Abs 2 SGB X erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest (§ 63 Abs 3, 1. Halbsatz SGB X). Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten notwendig war (§ 63 Abs 3 Satz 2 SGB X). Die Beklagte hat die Zuziehung eines Rechtsanwalts für notwendig gehalten und die Erstattung der Kosten zugesagt.

Der Umfang der erstattungsfähigen notwendigen Aufwendungen bei Hinzuziehung eines Bevollmächtigten richtet sich nach dem Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG) iVm mit dem "Vergütungsverzeichnis" (VV RVG; Art 1 und 8 des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - KostRMoG) vom 05.05.2004 (BGBl I 2004, S 717 ff, 788 ff, 850)), da der Auftrag zur Erledigung der Angelegenheit dem Bevollmächtigten nach dem 30.06.2004 erteilt worden war.

§ 3 RVG sieht vor, dass in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen - wie hier - das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren entstehen (Abs 1 Satz 1). Dies gilt entsprechend für eine Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens (Abs 2). Nach dem eigenständigen Gebührentatbestand für sozialrechtliche Angelegenheiten erhält der Rechtsanwalt für die Vertretung in bestimmten sozialrechtlichen Angelegenheiten ua eine Geschäftsgebühr. Rechtsgrundlage der Geschäftsgebühr ist Nr 2400 VV RVG iVm § 14 RVG. Nach § 14 RVG bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Nr 2400 VV RVG umfasst einen Betragsrahmen von 40,00 bis 520,00 EUR. Eine Gebühr von mehr als 240,00 EUR (sog Schwellengebühr) kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Das BSG (05.05.2010, B 11 AL 14/09 R, juris Rdnr 19) hat insoweit entschieden, dass es bei dieser Einordnung nicht angebracht sei, nach einzelnen Rechtsgebieten bzw Teilrechtsgebieten zu differenzieren. Abzustellen sei in jedem Rechtsgebiet auf den konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände (BSG aaO). Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sind objektive Kriterien (BSG 01.07.2009, B 4 AS 21/09 R, BSGE 104, 30-41 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2 = juris Rdnr 20). Zu diesen treten die Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber sowie dessen Einkommens- und Vermögensverhältnisse als subjektive Kriterien hinzu (BSG aaO). Darüber hinaus ist nach § 14 Abs 1 Satz 3 RVG bei Verfahren, auf die Betragsrahmengebühren anzuwenden sind, ein besonderes Haftungsrisiko zu berücksichtigen; dieses begründet aber keinen eigenen Gebührentatbestand (BSG 27.01.2009, B 7/7a AL 20/07 R, juris Rdnr 13 f). Zur Bestimmung der konkreten Gebühr ist demgemäß wie folgt vorzugehen (BSG 01.07.2009, aaO Rdnr 26): In einem ersten Schritt ist die Gebühr ausgehend von der Mittelgebühr zu bestimmen. Liegt diese über der Schwellengebühr, ist in einem zweiten Schritt zu beurteilen, ob es bei der ermittelten Gebühr bleibt. Dies ist der Fall, wenn der Umfang und/oder die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit mehr als durchschnittlich sind. Ist dem nicht so, wird die an sich zutreffende Gebühr in Höhe des Betrages der Schwellengebühr gekappt. Dies führt zu einer Gebühr in Höhe von 240,00 EUR, wenn beispielsweise jedes der vier in § 14 Abs 1 Satz 1 RVG genannten Bemessungskriterien durchschnittlich ist (BSG aaO).

Die konkreten Umstände des vorliegenden Falles lassen nur eine Festsetzung der Betrags-rahmengebühr durch den Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf die Mittelgebühr (280,00 EUR) zu. Der Umfang der Tätigkeit des Bevollmächtigten war vorliegend bestenfalls als durchschnittlich zu bezeichnen. Hierbei ist auch der zeitliche Aufwand des Bevollmächtigten berücksichtigt, den er tatsächlich in der Sache betrieben hat und den er davon objektiv auch auf die Sache verwenden musste. Insoweit hat der Bevollmächtigte am selben Tag zwei kurze Schriftsätze verfasst; die Klägerin, deren zeitlicher Aufwand nicht zu berücksichtigen ist, hat selbst das dem einen Schreiben beigefügte Schreiben der Bundesagentur für Arbeit beschafft. Auch die Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin - streitig war der Bezug von Krankengeld über den 17.03.2009 hinaus bis zum 27.03.2009 (vgl das Verfahren S 11 KR 1563/09 ER) ist nicht überdurchschnittlich. Des Weiteren sind die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin durchschnittlich. Auch ein besonderes Haftungsrisiko, das allenfalls die Gebühr erhöhen könnte, und sonstige Umstände, die geeignet wären, zu einer Herauf- oder Herabbemessung zu führen, liegen nicht vor.

Dagegen war die zu klärende Rechtsfrage rechtlich als überdurchschnittlich schwierig einzustufen. Dabei beurteilt sich die Schwierigkeit nicht danach, ob der Bevollmächtigte die Schwierigkeit tatsächlich erkannt hat, sondern anhand eines objektiven Maßstabes. Überdurchschnittlich schwierig in diesem Sinn ist eine anwaltliche Tätigkeit etwa dann, wenn erhebliche, sich üblicherweise nicht stellende Probleme auftreten; diese können sowohl im tatsächlichen als auch im juristischen Bereich liegen (BSG aaO Rdnr 33 mwN). Zunächst muss bei Beantwortung der vorliegend erheblichen Rechtsfragen erkannt werden, dass die Mitgliedschaft der Klägerin in der Krankenversicherung der Arbeitnehmer aufrechterhalten bleibt, obwohl Krankengeld erst ab dem 20.09.2008 und damit einen Tag nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag am 19.09.2008 gezahlt wurde. Für die Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft genügt ein Anspruch dem Grunde nach (vgl Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung, § 192 SGB V Rdnr 12; vgl aber auch BSG 22.03.2005, B 1 KR 22/04 R, BSGE 94, 247-258 = SozR 4-2500 § 44 Nr 6, danach muss Krankengeld schon beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis bezogen werden). Andernfalls kommt nur ein nachgehender Anspruch nach § 19 Abs 2 SGB V in Betracht. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die Arbeitslosmeldung keine wesentliche Änderung iSd § 48 SGB X darstellt und es hinsichtlich der Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit beim zuletzt ausgeübten Bezugsberuf geblieben ist. Die Rechtsfrage war daher als überdurchschnittlich schwierig zu bewerten. Dies sieht der Senat auch darin bestätigt, dass die Beklagte die Rechtsfrage zunächst auch nicht zutreffend beantworten konnte.

Da somit ein Kriterium überdurchschnittlich, die anderen Kriterien dagegen als durchschnittlich bzw unterdurchschnittlich anzusehen sind, greift die in Nr 2400 VV RVG geregelte Schwellengebühr nicht. Zwar war die Kappung auf die Schwellengebühr nicht durchzuführen, doch konnte auch kein weiter erhöhter Wert angesetzt werden. Daher verbleibt es bei der Mittelgebühr. Nachdem die geltend gemachten Kosten insoweit von einem realistischen Kostenansatz weit entfernt liegen und damit unbillig sind, ist der Senat an die Kostenbestimmung des Prozessbevollmächtigten nicht gebunden (§ 14 Abs 1 Satz 4 RVG).

Eine Erledigungsgebühr nach Nr 1005 VV RVG kann die Klägerin dagegen nicht beanspruchen. Nach den amtlichen, vom Gesetzestext umfassten Erläuterungen zu Nr 1002 Satz 1 VV RVG setzt diese Vorschrift voraus, dass "sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt". Daher wird schon aus dem Wortlaut der Vorschrift entgegen dem Vorbringen des Klägerbevollmächtigten deutlich, dass nur eine anwaltliche Mitwirkung die Erledigungsgebühr begründen kann. Nach gefestigter Rechtsprechung des BSG (vgl Urteil vom 09.12.2010, B 13 R 63/09 R, juris Rdnr 26 mwN) kann eine Erledigungsgebühr für die Mitwirkung an der Erledigung eines isolierten Vorverfahrens nur beansprucht werden, wenn der Anwalt eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit entfaltet hat. Nach dem Wortlaut der Erläuterungen zu Nr 1002 (Satz 2) VV RVG komme es hiernach für das Entstehen einer Erledigungsgebühr auf die auf Erledigung gerichtete Mithilfe des Anwalts an (BSG aaO mit weiteren Ausführungen). Daran fehlt es hier.

Mit der Abfassung und Einreichung von zwei Schriftsätzen vom 17.03.2009, wobei die Klägerin selbst das Schreiben der Bundesagentur für Arbeit beschafft hat, hat der Klägervertreter den Widerspruch begründet aber darüber hinaus keinerlei auf Erledigung des Verfahrens gerichtete Maßnahmen ergriffen. Deshalb steht ihm eine Gebühr nach Nr 1005 VV RVG nicht zu; der Senat ist nicht an die vom Prozessbevollmächtigten vorgenommene Bestimmung gebunden (§ 14 Abs 1 Satz 4 RVG).

Im Übrigen hat die Beklagte die vom Prozessbevollmächtigten geforderte Auslagenpauschale nach Nr 7002 VV RVG iHv 20,00 EUR sowie die Dokumentenpauschale für 20 Kopien nach Nr 7000 VV RVG iHv 10,00 EUR erstattet und die ergebende Umsatzsteuer nach Nr 7008 VV RVG zutreffend berechnet.

Die Klägerin hat daher Anspruch auf Kostenerstattung wie folgt:

Geschäftsgebühr nach Nr 2400 VV RVG 280,00 EUR Auslagenpauschale nach Nr 7002 VV RVG 20,00 EUR Dokumentenpauschale nach Nr 7000 VV RVG 10,00 EUR Umsatzsteuer 58,90 EUR 368,90 EUR

Nachdem die Beklagte bereits 321,30 EUR an die Klägerin ausbezahlt hat, beläuft sich deren noch nicht erfüllter (§ 362 BGB) Zahlungsanspruch nur noch auf 47,60 EUR. Die darüber hinausgehende Berufung der Klägerin war daher zurückzuweisen.

Nur am Rande sei auch auf folgendes hingewiesen: Die Beklagte hatte zunächst 20,00 EUR bezahlt (vgl Schreiben der Beklagten an den Klägervertreter vom 13.07.2009). Mit dem angefochtenen Bescheid hat sie dann einen Erstattungsbetrag iHv 321,30 EUR und unter Anrechnung der bereits gezahlten 20,00 EUR den Betrag von 301,30 EUR ausbezahlt. Damit hat die Beklagte der Klägerin im Ergebnis 321,30 EUR bezahlt. Es ergibt sich somit eine Differenz zwischen dem ursprünglich von ihr geltend gemachten Betrag (1.273,30 EUR; vgl Rechnung vom 24.04.2009) und dem von der Beklagten tatsächlich bezahlten Betrag (321,30 EUR) iHv 952,00 EUR. Soweit die Klägerin die Zahlung von 972,00 EUR fordert, übersteigt der nunmehr geltend gemachte Betrag bereits den ursprünglich in Rechnung gestellten um 20,00 EUR. Eine teilweise Doppelzahlung kann die Klägerin jedoch nicht verlangen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Senat sieht es im Rahmen seines Ermessens als sachgerecht an, dass außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind, weil die Klägerin im Ergebnis nur zu einem geringen Teil Erfolg (unter 10 % des geforderten Betrages) hatte.

Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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