Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 2199/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 3510/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 29.7.2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Erstattung der Kosten für eine Begleitperson während einer stationären Rehabilitationsbehandlung sowie die Erstattung von Reisekosten.
Der 1932 geborene Kläger bezieht Altersrente. Er ist schwerbehindert und leidet an einem Lungenkarzinom (GdB 100, Merkzeichen aG und Bl - Blindheit -: 1945 Erblindung nach Explosion, seit den 1960er Jahren Besserung, Lesen mit Lupe und Brille, seit 1995 akute Verschlechterung nach Operation 1994 und Bestrahlung wegen Lungenkarzinom).
Am 25.3.2010 beantragte der Kläger Leistungen zur stationären medizinischen (onkologischen) Rehabilitation. Die Übernahme der Kosten einer Begleitperson beantragte er nicht; hierzu finden sich keine Angaben in dem zur Antragstellung verwendeten Formular.
Mit Bescheid vom 13.4.2010 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, Leistungen zur onkologischen Rehabilitation könnten spätestens bis zum Ablauf von zwei Jahren nach beendeter Primärbehandlung erbracht werden. Diese Frist sei überschritten. Rehabilitationsbedarf liege auch nach den für Rehabilitationsleistungen anderer Leistungsträger geltenden Bestimmungen nicht vor.
Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3.8.2010 zurück, worauf der Kläger am 31.8.2010 Klage beim Sozialgericht Konstanz erhob.
Bereits unter dem 8.7.2010 hatte der Kläger erneut Leistungen zur medizinischen (onkologischen) Rehabilitation beantragt. Auf dem Antragsformular ist angegeben, auf Grund des neuen Lungenkrebsbefalls wünsche er eine Behandlung in der Hochgebirgsklinik D.-W ... Angaben über die Notwendigkeit einer Begleitperson finden sich (auch) in diesem Antrag nicht. Dem Antrag waren (wohl) Bescheide der zuständigen Pflegekasse über die Bewilligung von Pflegeleistungen für den Kläger und dessen Ehefrau beigefügt.
In einem bei der Beklagten am 16.7.2010 eingegangenen Befundbericht des Dr. von Sch. ist (neben der Diagnose – u.a. - des Lungenkarzinoms mit Metastasen und Tumorprogression) die Diagnose Blindheit als Kriegsfolge festgehalten und angegeben, der Kläger sei belastbar für die Leistungen zur onkologischen Rehabilitation; er sei mit öffentlichen Verkehrsmitteln allein nicht reisefähig, eine Begleitperson für die Reise sei nicht erforderlich.
Unter dem 17.8.2010 bescheinigte Dr. von Sch., dass der Kläger für die Hochgebirgsklinik D. kurfähig ist. Angaben zur Notwendigkeit einer Begleitperson enthält die Bescheinigung nicht.
Mit Bescheid vom 8.9.2010 bewilligte die Beklagte dem Kläger eine stationäre Leistung zur onkologischen Rehabilitation für die Dauer von drei Wochen. Ausgewählt worden sei die E.-Klinik in Bad D ...
Am 15.9.2010 legte der Kläger Widerspruch ein. Aus seinem Behindertenausweis gehe die Notwendigkeit einer ständigen Begleitperson hervor. Außerdem sei er kriegsblind und auf die Vertrautheit der hierfür eingerichteten Hochgebirgsklinik D. angewiesen. Man möge den Bescheid vom 8.9.2010 abändern auf eine Rehabilitationsmaßnahme in der Hochgebirgsklinik D.-W ...
Mit Bescheid vom 16.9.2010 bewilligte die Beklagte dem Kläger eine stationäre Leistung zur onkologischen Rehabilitation für die Dauer von drei Wochen, nunmehr in der Hochgebirgsklinik D.-W ... In dem Bescheid ist ausgeführt, dem Antrag auf Änderung der Rehabilitationseinrichtung werde entsprochen; der Bescheid vom 8.9.2010 sei damit gegenstandslos. Gegen den Bescheid vom 16.9.2010 ist Widerspruch nicht erhoben worden.
Vom 3.11.2010 bis 1.12.2010 absolvierte der Kläger eine stationäre Rehabilitationsbehandlung in der Hochgebirgsklinik D.-W ... Im Entlassungsbericht vom 9.12.2010 ist (u.a.) ausgeführt, an den Augen bestehe eine deutliche Visusminderung nach Kriegsverletzung. Feststellungen zu einer Begleitperson, etwa bei den vom Kläger unternommenen kleineren Spaziergängen in der Umgebung, enthält der Entlassungsbericht nicht.
Auf Nachfrage des Sozialgerichts, ob sich der Rechtsstreit erledigt habe, teilte der Kläger mit, er halte die Klage mit dem Anspruch aufrecht, "dass dem Reha-Genehmigungsverfahren ( ...) der Anspruch auf eine Pflegeperson bestehen bleibt" und "der Pflegeaufwand von 1.510,00 EUR für die Ersatzpflegerin gem. Pflegekasse Stufe III D.-Ü ...aus rechtlichen Gründen bestehen bleibt".
Der Kläger machte abschließend geltend, die Klage richte sich gegen die Weigerung der Beklagten, eine ständige Begleitperson in der Rehabilitationsbehandlung anzuordnen. Nach Abschluss der Maßnahme sei ein entsprechender Kostenerstattungsanspruch entstanden.
Mit Gerichtsbescheid vom 29.7.2011 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, Kosten der Rehabilitationsbehandlung selbst seien nicht zu erstatten, da dem Kläger Kosten hierfür nicht entstanden seien; die Kosten habe die Beklagte getragen. Soweit der Kläger (noch) die Erstattung von Kosten einer Begleitperson beanspruche, sei die Klage unzulässig. Offenbleiben könne, wer als Begleitperson in Betracht kommen solle, ob eine Begleitperson während der Rehabilitationsbehandlung überhaupt anwesend gewesen sei und ob deren (etwaige) Anwesenheit notwendig gewesen wäre; der behandelnde Hausarzt Dr. v. Sch. habe unter dem 17.8.2010 die Kurfähigkeit des Klägers bestätigt und in einem (bei der Beklagten am 16.7.2010 eingegangenen) Befundbericht ausgeführt, eine Begleitperson sei nicht notwendig. Die Unzulässigkeit der Klage folge (schon) aus dem Fehlen eines entsprechenden Behördenantrags als nicht nachholbarer Klagevoraussetzung (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 13.4.2000, - 5 S 1136/98 -). Die Übernahme der Kosten einer Begleit- bzw. Pflegeperson habe der Kläger in seinen Anträgen auf Gewährung von Rehabilitationsbehandlungen nicht geltend gemacht, vielmehr nur den Wunsch geäußert, die Maßnahme möge in der Hochgebirgsklinik D.-W. durchgeführt werden. Die Vorlage von Bescheiden der Pflegekasse über die Bewilligung von Leistungen der Pflegeversicherung und die Vorlage eines Schwerbehindertenausweises könne die Antragstellung nicht ersetzen. Aus den vom Kläger angeführten Vorschriften in § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) bzw. § 15 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) folge nichts anderes, zumal nicht nachgewiesen sei, dass dem Kläger Kosten für eine Begleitperson entstanden seien.
Auf den ihm am 5.8.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 17.8.2011 Berufung eingelegt. Er trägt vor, er könne die Diskriminierung als Schwerbehinderter nicht hinnehmen. Das Sozialgericht habe sein Vorbringen nicht zutreffend gewürdigt. Er wende sich gegen die rechtswidrige Weigerung der Beklagten, eine ständige Begleitperson anzuordnen. Deswegen stehe ihm ein Kostenerstattungsanspruch zu. Er habe vor der Rehabilitationsmaßnahme mit seiner Krankenkasse Kontakt aufgenommen und deren Entscheidung abgewartet. Hierfür stütze er sich insbesondere auf die Befunde eines neu aufgetretenen Lungenkarzinoms im oberen rechten Lungenlappen 2010. Außerdem müssten Fahrtkosten erstattet werden. Er begehre die Erstattung von Kosten in Höhe von 2.170,76 EUR zzgl. 5,4 % Verzugszinsen. Die Beklagte hätte den Rehabilitationsantrag an die Deutsche Rentenversicherung Bund weiterleiten müssen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 29.7.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Kosten einer Begleitperson während der vom 3.11.2010 bis 1.12.2010 in der Hochgebirgsklinik D.-W. durchgeführten Rehabilitationsbehandlung und die Kosten der An- und Abreise in Höhe von insgesamt 2.170,76 EUR zzgl. Verzugszinsen von 5,4 % zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft; der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist bei einem klageweise geltend gemachten Betrag von 2.170,76 EUR überschritten. Die Berufung ist auch im Übrigen gem. § 151 SGG zulässig.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen. Der Senat nimmt hierfür auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids (Seite 5 Absatz 4 des Entscheidungsabdrucks) Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist anzumerken:
Die Zulässigkeit der Verpflichtungsklage setzt als grundsätzlich nicht nachholbare Klagevoraussetzung voraus, dass die begehrte Leistung bei der Behörde beantragt worden ist, damit diese hierüber (vor dem Gerichtsverfahren) ein Verwaltungsverfahren (Antrags- und Widerspruchsverfahren) durchführen kann (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.7.2010, - 11 S 2730/09 - m. w. N.; offen lassend BVerwG; Urt. v. 16.12.2009, - 6 C 40/07 -). Die Übernahme der Kosten einer Begleitperson hat der Kläger vor Erhebung der Verpflichtungsklage am 31.8.2010 nicht beantragt. Von einer Begleitperson ist erstmals im Widerspruchsschreiben vom 13.9.2010 (Widerspruch gegen den Bescheid vom 8.9.2010) und damit nach Klageerhebung die Rede. Der Kläger hat in dem genannten Widerspruchsschreiben (u.a.) darauf verwiesen, aus seinem Behindertenausweis gehe die Notwendigkeit einer ständigen Begleitperson hervor. Der Widerspruch richtete sich freilich gegen die von der Beklagten bestimmte Rehabilitationseinrichtung. Dem Wunsch des Klägers nach Bestimmung einer anderen Rehabilitationseinrichtung (Hochgebirgsklinik D.-W.) hat die Beklagte durch Bescheid vom 16.9.2010 Rechnung getragen und dem Widerspruch damit abgeholfen. Der Kläger hat diese Entscheidung akzeptiert und die Rehabilitationsbehandlung etwa 1 1/2 Monate später (ab 3.11.2010) durchgeführt und ein etwaiges Begehren nach Übernahme von Kosten einer Begleitperson nicht verfolgt. Vor Erhebung der Verpflichtungsklage hat ein Verwaltungsverfahren zu diesem Verfahrensgegenstand daher nicht stattgefunden. Es kann nach Klageerhebung auch nicht nachgeholt werden, weshalb die auf Erstattung der Kosten einer Begleitperson gerichtete Klage unzulässig ist; dies führt zur Unbegründetheit der Berufung des Klägers. Entsprechendes gilt für die ebenfalls erstmals im Gerichtsverfahren geltend gemachte Erstattung von Reisekosten. Auch auf Zahlung gerichtete eine Leistungsklage ist nicht zulässig, wenn sie nicht beziffert und der bezifferte Betrag nicht zuvor von der Behörde gefordert worden ist.
Da der Kläger vor der behaupteten Selbstbeschaffung der Leistung durch Aufwendungen für eine Begleitperson sein Leistungsbegehren nicht im Verwaltungsverfahren bei der Beklagten verfolgt hat, bestünde auch in der Sache kein Erstattungsanspruch (zum Beschaffungsweg bei Erstattungsbegehren der in Rede stehenden Art nur etwa BSG, Urt. v. 17.6.2008, - B 1 KR 31/07 R -; Urt. v. 7.10.2010, - B 3 KR 5/10 R -; LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 2.12.2011, - L 4 KR 5537/10 -). Im Übrigen ist nach wie vor nicht nachgewiesen, dass dem Kläger die behaupteten Aufwendungen überhaupt entstanden sind. Die Notwendigkeit einer Begleitperson, die im Verwaltungsverfahren mangels Antrags des Klägers nicht geprüft werden konnte, ist im Gerichtsverfahren nicht zu klären; es kommt hierauf entscheidungserheblich nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Erstattung der Kosten für eine Begleitperson während einer stationären Rehabilitationsbehandlung sowie die Erstattung von Reisekosten.
Der 1932 geborene Kläger bezieht Altersrente. Er ist schwerbehindert und leidet an einem Lungenkarzinom (GdB 100, Merkzeichen aG und Bl - Blindheit -: 1945 Erblindung nach Explosion, seit den 1960er Jahren Besserung, Lesen mit Lupe und Brille, seit 1995 akute Verschlechterung nach Operation 1994 und Bestrahlung wegen Lungenkarzinom).
Am 25.3.2010 beantragte der Kläger Leistungen zur stationären medizinischen (onkologischen) Rehabilitation. Die Übernahme der Kosten einer Begleitperson beantragte er nicht; hierzu finden sich keine Angaben in dem zur Antragstellung verwendeten Formular.
Mit Bescheid vom 13.4.2010 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, Leistungen zur onkologischen Rehabilitation könnten spätestens bis zum Ablauf von zwei Jahren nach beendeter Primärbehandlung erbracht werden. Diese Frist sei überschritten. Rehabilitationsbedarf liege auch nach den für Rehabilitationsleistungen anderer Leistungsträger geltenden Bestimmungen nicht vor.
Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3.8.2010 zurück, worauf der Kläger am 31.8.2010 Klage beim Sozialgericht Konstanz erhob.
Bereits unter dem 8.7.2010 hatte der Kläger erneut Leistungen zur medizinischen (onkologischen) Rehabilitation beantragt. Auf dem Antragsformular ist angegeben, auf Grund des neuen Lungenkrebsbefalls wünsche er eine Behandlung in der Hochgebirgsklinik D.-W ... Angaben über die Notwendigkeit einer Begleitperson finden sich (auch) in diesem Antrag nicht. Dem Antrag waren (wohl) Bescheide der zuständigen Pflegekasse über die Bewilligung von Pflegeleistungen für den Kläger und dessen Ehefrau beigefügt.
In einem bei der Beklagten am 16.7.2010 eingegangenen Befundbericht des Dr. von Sch. ist (neben der Diagnose – u.a. - des Lungenkarzinoms mit Metastasen und Tumorprogression) die Diagnose Blindheit als Kriegsfolge festgehalten und angegeben, der Kläger sei belastbar für die Leistungen zur onkologischen Rehabilitation; er sei mit öffentlichen Verkehrsmitteln allein nicht reisefähig, eine Begleitperson für die Reise sei nicht erforderlich.
Unter dem 17.8.2010 bescheinigte Dr. von Sch., dass der Kläger für die Hochgebirgsklinik D. kurfähig ist. Angaben zur Notwendigkeit einer Begleitperson enthält die Bescheinigung nicht.
Mit Bescheid vom 8.9.2010 bewilligte die Beklagte dem Kläger eine stationäre Leistung zur onkologischen Rehabilitation für die Dauer von drei Wochen. Ausgewählt worden sei die E.-Klinik in Bad D ...
Am 15.9.2010 legte der Kläger Widerspruch ein. Aus seinem Behindertenausweis gehe die Notwendigkeit einer ständigen Begleitperson hervor. Außerdem sei er kriegsblind und auf die Vertrautheit der hierfür eingerichteten Hochgebirgsklinik D. angewiesen. Man möge den Bescheid vom 8.9.2010 abändern auf eine Rehabilitationsmaßnahme in der Hochgebirgsklinik D.-W ...
Mit Bescheid vom 16.9.2010 bewilligte die Beklagte dem Kläger eine stationäre Leistung zur onkologischen Rehabilitation für die Dauer von drei Wochen, nunmehr in der Hochgebirgsklinik D.-W ... In dem Bescheid ist ausgeführt, dem Antrag auf Änderung der Rehabilitationseinrichtung werde entsprochen; der Bescheid vom 8.9.2010 sei damit gegenstandslos. Gegen den Bescheid vom 16.9.2010 ist Widerspruch nicht erhoben worden.
Vom 3.11.2010 bis 1.12.2010 absolvierte der Kläger eine stationäre Rehabilitationsbehandlung in der Hochgebirgsklinik D.-W ... Im Entlassungsbericht vom 9.12.2010 ist (u.a.) ausgeführt, an den Augen bestehe eine deutliche Visusminderung nach Kriegsverletzung. Feststellungen zu einer Begleitperson, etwa bei den vom Kläger unternommenen kleineren Spaziergängen in der Umgebung, enthält der Entlassungsbericht nicht.
Auf Nachfrage des Sozialgerichts, ob sich der Rechtsstreit erledigt habe, teilte der Kläger mit, er halte die Klage mit dem Anspruch aufrecht, "dass dem Reha-Genehmigungsverfahren ( ...) der Anspruch auf eine Pflegeperson bestehen bleibt" und "der Pflegeaufwand von 1.510,00 EUR für die Ersatzpflegerin gem. Pflegekasse Stufe III D.-Ü ...aus rechtlichen Gründen bestehen bleibt".
Der Kläger machte abschließend geltend, die Klage richte sich gegen die Weigerung der Beklagten, eine ständige Begleitperson in der Rehabilitationsbehandlung anzuordnen. Nach Abschluss der Maßnahme sei ein entsprechender Kostenerstattungsanspruch entstanden.
Mit Gerichtsbescheid vom 29.7.2011 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, Kosten der Rehabilitationsbehandlung selbst seien nicht zu erstatten, da dem Kläger Kosten hierfür nicht entstanden seien; die Kosten habe die Beklagte getragen. Soweit der Kläger (noch) die Erstattung von Kosten einer Begleitperson beanspruche, sei die Klage unzulässig. Offenbleiben könne, wer als Begleitperson in Betracht kommen solle, ob eine Begleitperson während der Rehabilitationsbehandlung überhaupt anwesend gewesen sei und ob deren (etwaige) Anwesenheit notwendig gewesen wäre; der behandelnde Hausarzt Dr. v. Sch. habe unter dem 17.8.2010 die Kurfähigkeit des Klägers bestätigt und in einem (bei der Beklagten am 16.7.2010 eingegangenen) Befundbericht ausgeführt, eine Begleitperson sei nicht notwendig. Die Unzulässigkeit der Klage folge (schon) aus dem Fehlen eines entsprechenden Behördenantrags als nicht nachholbarer Klagevoraussetzung (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 13.4.2000, - 5 S 1136/98 -). Die Übernahme der Kosten einer Begleit- bzw. Pflegeperson habe der Kläger in seinen Anträgen auf Gewährung von Rehabilitationsbehandlungen nicht geltend gemacht, vielmehr nur den Wunsch geäußert, die Maßnahme möge in der Hochgebirgsklinik D.-W. durchgeführt werden. Die Vorlage von Bescheiden der Pflegekasse über die Bewilligung von Leistungen der Pflegeversicherung und die Vorlage eines Schwerbehindertenausweises könne die Antragstellung nicht ersetzen. Aus den vom Kläger angeführten Vorschriften in § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) bzw. § 15 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) folge nichts anderes, zumal nicht nachgewiesen sei, dass dem Kläger Kosten für eine Begleitperson entstanden seien.
Auf den ihm am 5.8.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 17.8.2011 Berufung eingelegt. Er trägt vor, er könne die Diskriminierung als Schwerbehinderter nicht hinnehmen. Das Sozialgericht habe sein Vorbringen nicht zutreffend gewürdigt. Er wende sich gegen die rechtswidrige Weigerung der Beklagten, eine ständige Begleitperson anzuordnen. Deswegen stehe ihm ein Kostenerstattungsanspruch zu. Er habe vor der Rehabilitationsmaßnahme mit seiner Krankenkasse Kontakt aufgenommen und deren Entscheidung abgewartet. Hierfür stütze er sich insbesondere auf die Befunde eines neu aufgetretenen Lungenkarzinoms im oberen rechten Lungenlappen 2010. Außerdem müssten Fahrtkosten erstattet werden. Er begehre die Erstattung von Kosten in Höhe von 2.170,76 EUR zzgl. 5,4 % Verzugszinsen. Die Beklagte hätte den Rehabilitationsantrag an die Deutsche Rentenversicherung Bund weiterleiten müssen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 29.7.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Kosten einer Begleitperson während der vom 3.11.2010 bis 1.12.2010 in der Hochgebirgsklinik D.-W. durchgeführten Rehabilitationsbehandlung und die Kosten der An- und Abreise in Höhe von insgesamt 2.170,76 EUR zzgl. Verzugszinsen von 5,4 % zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft; der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist bei einem klageweise geltend gemachten Betrag von 2.170,76 EUR überschritten. Die Berufung ist auch im Übrigen gem. § 151 SGG zulässig.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen. Der Senat nimmt hierfür auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids (Seite 5 Absatz 4 des Entscheidungsabdrucks) Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist anzumerken:
Die Zulässigkeit der Verpflichtungsklage setzt als grundsätzlich nicht nachholbare Klagevoraussetzung voraus, dass die begehrte Leistung bei der Behörde beantragt worden ist, damit diese hierüber (vor dem Gerichtsverfahren) ein Verwaltungsverfahren (Antrags- und Widerspruchsverfahren) durchführen kann (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.7.2010, - 11 S 2730/09 - m. w. N.; offen lassend BVerwG; Urt. v. 16.12.2009, - 6 C 40/07 -). Die Übernahme der Kosten einer Begleitperson hat der Kläger vor Erhebung der Verpflichtungsklage am 31.8.2010 nicht beantragt. Von einer Begleitperson ist erstmals im Widerspruchsschreiben vom 13.9.2010 (Widerspruch gegen den Bescheid vom 8.9.2010) und damit nach Klageerhebung die Rede. Der Kläger hat in dem genannten Widerspruchsschreiben (u.a.) darauf verwiesen, aus seinem Behindertenausweis gehe die Notwendigkeit einer ständigen Begleitperson hervor. Der Widerspruch richtete sich freilich gegen die von der Beklagten bestimmte Rehabilitationseinrichtung. Dem Wunsch des Klägers nach Bestimmung einer anderen Rehabilitationseinrichtung (Hochgebirgsklinik D.-W.) hat die Beklagte durch Bescheid vom 16.9.2010 Rechnung getragen und dem Widerspruch damit abgeholfen. Der Kläger hat diese Entscheidung akzeptiert und die Rehabilitationsbehandlung etwa 1 1/2 Monate später (ab 3.11.2010) durchgeführt und ein etwaiges Begehren nach Übernahme von Kosten einer Begleitperson nicht verfolgt. Vor Erhebung der Verpflichtungsklage hat ein Verwaltungsverfahren zu diesem Verfahrensgegenstand daher nicht stattgefunden. Es kann nach Klageerhebung auch nicht nachgeholt werden, weshalb die auf Erstattung der Kosten einer Begleitperson gerichtete Klage unzulässig ist; dies führt zur Unbegründetheit der Berufung des Klägers. Entsprechendes gilt für die ebenfalls erstmals im Gerichtsverfahren geltend gemachte Erstattung von Reisekosten. Auch auf Zahlung gerichtete eine Leistungsklage ist nicht zulässig, wenn sie nicht beziffert und der bezifferte Betrag nicht zuvor von der Behörde gefordert worden ist.
Da der Kläger vor der behaupteten Selbstbeschaffung der Leistung durch Aufwendungen für eine Begleitperson sein Leistungsbegehren nicht im Verwaltungsverfahren bei der Beklagten verfolgt hat, bestünde auch in der Sache kein Erstattungsanspruch (zum Beschaffungsweg bei Erstattungsbegehren der in Rede stehenden Art nur etwa BSG, Urt. v. 17.6.2008, - B 1 KR 31/07 R -; Urt. v. 7.10.2010, - B 3 KR 5/10 R -; LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 2.12.2011, - L 4 KR 5537/10 -). Im Übrigen ist nach wie vor nicht nachgewiesen, dass dem Kläger die behaupteten Aufwendungen überhaupt entstanden sind. Die Notwendigkeit einer Begleitperson, die im Verwaltungsverfahren mangels Antrags des Klägers nicht geprüft werden konnte, ist im Gerichtsverfahren nicht zu klären; es kommt hierauf entscheidungserheblich nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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