L 11 R 578/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 31/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 578/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 08. Januar 2009 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger seit dem 1. September 2005 als Busfahrer bei der Omnibusverkehr S. GmbH (Beigeladene zu 4) sozialversicherungsrechtlich beschäftigt ist.

Der 1958 geborene Kläger steht als Bademeister in einem Schwimmbad in einem durchgängigen Beschäftigungsverhältnis bei der Gemeinde L ... Die Tätigkeit wird nur während der Sommermonate ausgeübt. Daneben fährt er seit 01. September 2005 bei der Beigeladenen zu 4 Omnibusse im Linien- und Reiseverkehr. Über die erforderliche Personenbeförderungserlaubnis verfügt er. Die Busse gehören der Beigeladenen zu 4, die auch die Kosten für den Unterhalt der Fahrzeuge (ua Benzin, Haftpflichtversicherung) trägt. Am 9. September 2005 meldete der Kläger ein Gewerbe ("Fahr- und Dienstleistungen") beim Bürgermeisteramt L. an (Bl 9 V-Akte). Die Beigeladene zu 4 ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die im Handelsregister des Amtsgerichts Stuttgart unter der Nr HRB 300358 eingetragen ist. Gegenstand des Unternehmens ist laut Eintragung im Handelsregister die geschäftsmäßige Beförderung von Personen, mit Kraftfahrzeugen, sowohl im Linienverkehr zur Aufrechterhaltung und Gewährleistung des öffentlichen Personennahverkehrs als auch im Gelegenheitsverkehr, vor allem aber der Fortbetrieb des in B.-B. unter der Firma S. bestandenen Verkehrsunternehmens. Nach Angaben des Klägers und der Beigeladenen zu 4 bestehen keine schriftlichen Vereinbarungen zwischen ihnen. Außerdem erbrachte der Kläger Fahrdienste für die S. F. GmbH, die P. R. B. und die H. GmbH & Co KG. Über diese Fahrdienste erstellte er - wie auch gegenüber der Beigeladenen zu 4 - Rechnungen. Die Fahrdienste für die Beigeladene zu 4 rechnete er monatsweise ab. Nach den vorliegenden Unterlagen stellte er der Beigeladenen zu 4 ua folgende Rechnungen, wobei jeweils noch Umsatzsteuer und Spesen hinzukamen:

Dezember 2005 21,25 Stunden 331,50 EUR Januar 2006 121,75 Stunden 1.899,30 EUR Februar 2006 159,25 Stunden 2.484,30 EUR März 2006 171,00 Stunden 2.667,60 EUR April 2006 97,75 Stunden 1.524,90 EUR Mai 2006 47,50 Stunden 741, 00 EUR Juni 2006 45,75 Stunden 713,70 EUR Juli 2006 44,5 Stunden 694,20 EUR August 2006 64,25 Stunden 1.002,30 EUR September 2006 117,75 Stunden 1.836,90 EUR Oktober 2006 198,50 Stunden 3.096,60 EUR November 2006 187,75 Stunden 2.928,90 EUR Dezember 2006 171,75 Stunden 2.679,30 EUR

Auch im Jahr 2007 stellte er der Beigeladenen zu 4 monatlich Fahrdienste in Höhe von mehr als 400 EUR (ohne Umsatzsteuer und Spesen) und bis zu 3.268,30 EUR in Rechnung, wegen der Einzelheiten wird auf die vom Kläger vorgelegten Rechnungen (Bl. 16/55 der SG-Akte S 10 R 31/08) verwiesen. Überwiegend transportiert er die Basketballmannschaft L., daneben war er auch im Linienbusverkehr eingesetzt.

Am 27. Juni 2006 beantragte er bei der Beklagten die Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status für seine Tätigkeit als Aushilfsfahrer, die darin bestehe, Aushilfsfahrten mit Omnibussen im Linien- und Reiseverkehr durchzuführen. Auftraggeber seien die Beigeladene zu 4, die Firma S. F. und die S. H. GmbH & Co. KG. Nach Abschluss der Fahrt fülle er die Fahraufträge aus und übergebe der Beigeladenen zu 4 die Tachoscheiben zur Überprüfung. Er arbeite nicht am Betriebssitz seines Auftraggebers und müsse keine regelmäßigen Arbeits- oder Anwesenheitszeiten einhalten. Hinsichtlich Art und Weise seiner Tätigkeit unterliege er einem Weisungsrecht, wobei sein Einsatzgebiet ohne seine Zustimmung nicht verändert werden könne. Die Einstellung von Vertretern bzw Hilfskräften sei von der Zustimmung des Auftraggebers abhängig. Er bemühe sich, mit wenig Kapitaleinsatz möglichst viel Gewinn zu erzielen. Nach jeder Fahrt würden Mängelberichte eingeholt. Ein unternehmerisches Risiko habe er nicht, er erhalte einen Stundenlohn, der ihm monatlich ausgezahlt und von dem keine Lohnsteuer entrichtet werde. Er sei vielmehr zur Einkommenssteuer veranlagt und umsatzsteuerpflichtig. In Zeiten der Arbeitsunfähigkeit habe er keinen Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung und stelle auch keine Ersatzarbeitskraft ein.

Nach Anhörung des Klägers und der Beigeladenen zu 4 (Schreiben vom 20. März 2007) stellte die Beklagte mit zwei getrennten, an den Kläger und die Beigeladene zu 4 gerichteten Bescheiden vom 18. April 2007 fest, dass der Kläger seine Tätigkeit als Busfahrer bei der Beigeladenen zu 4 im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigem Beschäftigungsverhältnis ausübe. Seit dem 01. September 2009 unterliege er dem Grunde nach der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Der Kläger sei in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers eingebunden. Dieser erteile ihm einseitig im Wege des Direktionsrechts Weisungen, die Zeit, Dauer, Ort sowie Art und Weise der Tätigkeit beträfen. Er sei daher vom Auftraggeber persönlich abhängig. Die Feststellungen beruhten auf den Angaben der Beteiligten im Statusfeststellungsverfahren. Da die Beschäftigung am 1. September 2005 aufgenommen worden sei und der Antrag auf Feststellung am 27. Juni 2006 gestellt worden wäre, beginne die Versicherungspflicht dem Grunde nach mit dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung.

Mit seinem dagegen am 02. Mai 2007 eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, es handele sich bei seiner Tätigkeit um eine nebenberufliche Selbstständigkeit. Als Angestellter im öffentlichen Dienst sei er ganzjährig sowohl kranken- als auch rentenversichert. Außerdem bestehe eine Pflichtversicherung bei der Zusatzversorgungskasse des kommunalen Versorgungsverbandes B.-W ... Mit seinem Widerspruch legte er auch ein ihm zuvor von der Beklagten übersandtes Formular vor, auf dem er erklärte, dem Beginn der Versicherungspflicht mit der Bekanntgabe des Bescheides über die Feststellung eines sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses stimme er nicht zu. Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2007 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Mit seiner dagegen am 2. Januar 2008 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, er sei von keinem seiner verschiedenen Auftraggeber persönlich abhängig. Er entscheide vielmehr selbst, welche Aufträge er annehme oder ablehne. Dass er sich bei Übernahme eines Auftrags an Vorgaben zu halten habe, stehe dem nicht entgegen. Selbstverständlich müsse er vereinbarte Termine und Fahrpläne einhalten, dies sei jedoch gerade nicht Bestandteil irgendeines Direktionsrechts. Er müsse sich allein an die gesetzlichen Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung sowie die weiteren Straßenverkehrsgesetze und die Bestimmungen über Lenkzeiten richten. Er sei auch nicht von einem Auftraggeber abhängig, sondern über seine Tätigkeit als Angestellter im öffentlichen Dienst ausreichend versorgt. Deswegen bestehe auch keine wirtschaftliche Abhängigkeit. Er sei auch nicht in den Betrieb eines Auftraggebers eingegliedert, sondern könne nach Belieben entscheiden, ob er einen Auftrag ausführen wolle oder diesen ablehne.

Mit Beschluss vom 22. Juli 2008 hat das SG die Versicherungsträger sowie die Firma S. zum Verfahren beigeladen.

Mit Gerichtsbescheid vom 8. Januar 2009, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 12. Januar 2009, hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Tätigkeit des Klägers bei der Beigeladenen zu 4 sei nach ihrem Gesamtbild nicht als selbstständige Erwerbstätigkeit einzustufen, denn der Kläger trage kein Unternehmerrisiko. Ohne das vom Auftraggeber zur Verfügung gestellte Fahrzeug könne er seine Tätigkeit nicht verrichten. Der Bus werde auch vom Auftraggeber gewartet und betankt. Für Schäden oder schlechte Leistungen hafte ausschließlich der Auftraggeber. Der Kläger erhalte einen Stundenlohn, der ihm monatlich bezahlt werde. Durch den Umstand, dass er nur dann Entgelt erhalte, wenn er auch tatsächlich Aufträge ausführe, werde kein Unternehmerrisiko begründet. Denn sein Risiko bestehe weniger darin, für den Einsatz seiner persönlichen Arbeitskraft kein Entgelt zu erhalten, sondern keine Aufträge zu bekommen. Er sei auch in den Betrieb der Beigeladenen zu 4 eingegliedert und unterliege deren Weisungsrecht. Die Eingliederung sei dadurch erfüllt, dass er die Aufgabe außerhalb des Firmensitzes zu erfüllen habe. Seine konkrete Funktion als Busfahrer sei ihm innerhalb dieser von der Beigeladenen zu 4 übernommenen Kernaufgabe zugewiesen. Er verrichte demnach fremdbestimmte Tätigkeiten als dienendes Glied einer Betriebsorganisation persönlich und stehe dabei nicht im Mittelpunkt seines eigenen Betriebes. Er setze somit ausschließlich seine eigene Arbeitskraft ein und sei funktionsgerecht dienend in einer fremden Arbeitsorganisation tätig. Er müsse dabei auch zeitliche Vorgaben wie Termine und Fahrpläne einhalten. Das Auftragsverhältnis entspreche einem Abhängigkeitsverhältnis, welches mit den fest angestellten Busfahrern der Beigeladenen zu 4 vergleichbar sei. Er könne deswegen mit einem selbstständigen Taxifahrer nicht gleichgestellt werden. Dass Vergütung im Urlaubs- oder Krankheitsfall nicht gezahlt werde, begründe ebenfalls keine Selbstständigkeit, denn dies gehöre nicht zu den Voraussetzungen für ein Arbeitsverhältnis. Gleiches gelte für die Anmeldung seines Gewerbes.

Mit seiner dagegen am 4. Februar 2009 eingelegten Berufung macht der Kläger geltend, die ihm gestellten terminlichen Vorgaben seien nicht Teil irgendeines Direktionsrechts. Er entscheide vielmehr selbst, ob er einen Auftrag annehme und beispielsweise einen bestimmten Transport durchführe oder eine Busreise nach einem bestimmten Ziel unternehme. Wenn er einen Auftrag durchführe, müsse er sich allein an die gesetzlichen Bestimmungen halten wie jeder andere Kraftfahrer auch. Er sei von keinem Auftraggeber abhängig, sondern vielmehr über seine Tätigkeit als Angestellter im öffentlichen Dienst ausreichend versorgt. Er trage auch ein Unternehmerrisiko, denn es bestehe kein Anspruch darauf, dass ihm Aufträge oder ein bestimmter Auftrag erteilt werde. Deswegen habe er auch beispielsweise am 23. April 2008 eine Busfahrt von B. nach S. abgelehnt.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 8. Januar 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2007 aufzuheben und festzustellen, dass er in seiner Tätigkeit als Busfahrer bei der Beigeladenen zu 4 seit dem 1. September 2005 nicht aufgrund einer abhängigen Beschäftigung sozialversicherungspflichtig ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Die übrigen Beteiligten haben sich nicht geäußert und auch keine Anträge gestellt.

Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat der Senat eine Auskunft bei der Beigeladenen zu 4 eingeholt, auf deren Antwortschreiben vom 24. November 2009 (Bl. 44/45 der Senatsakte) wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft im Sinne des § 144 SGG. Die damit insgesamt zulässige Berufung ist indessen unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat zutreffend festgestellt dass der Kläger als Busfahrer bei der S. GmbH, der Beigeladenen zu 4, seit dem 01. September 2005 sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist.

Dass nur der Kläger gegen die Bescheide den Rechtsweg bestritten hat, führt nicht zu einer Bestandskraft der Bescheide gegenüber dem Arbeitgeber. Denn bei Bescheiden über die Versicherungspflicht gilt der Bescheid als mitangefochten, wenn einer der Adressaten diesen anficht (vgl Waschull, LPK - SGB X, 2. Auflage 2004, § 49 Rdnr 7).

Gegenstand des Rechtsstreits ist die Statusfeststellung der Beklagten in dem Bescheid vom 18. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2007. Die Beklagte war zur Entscheidung über den Antrag des Klägers berufen. Nach § 7a Abs. 1 Satz 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) könnten die Beteiligten - in der Regel der Dienstgeber und der Dienstnehmer - schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Für eine solche Statusfeststellung ist nach § 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV die Beklagte zuständig, nicht die nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV zur Entscheidung berufene Einzugsstelle. Einen solchen Antrag auf Statusfeststellung hatte der Kläger am 27. Juni 2006 bei der Beklagten gestellt. Ein vorheriges Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung durch einen anderen Versicherungsträger oder die Einzugsstelle ist nicht ersichtlich.

Im Rahmen einer Statusfeststellung nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV darf sich die Beklagte nicht darauf beschränken, eine abhängige Beschäftigung oder zusätzlich eine daraus folgende Versicherungspflicht "dem Grunde nach" festzustellen. Dies käme einer unzulässigen Elementenfeststellung gleich. Die Beklagte muss vielmehr, um einen Lebenssachverhalt zum Rechtsbegriff der abhängigen Beschäftigung zuzuordnen, das konkrete Rechtsverhältnis bezeichnen, an das sozialrechtlich angeknüpft werden soll, auch Aussagen darüber treffen, in welchen Zweigen der Sozialversicherung die festgestellte Beschäftigung im jeweiligen Feststellungszeitraum zur Sozialversicherung geführt hat. Dies hat das BSG in seinen Urteilen vom 11. März 2009 (B 12 R 11/07 R, veröffentlicht in Juris) und vom 04. Juni 2009 (B 12 R 6/08 R, veröffentlicht in Juris) ergänzend zu seiner früheren Rechtsprechung entschieden.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw Beitragspflicht (§ 5 Abs 1 Nr 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch, § 1 Satz 1 Nr 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch, § 25 Abs 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, vgl. Urteil vom 24. Januar 2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4 - 2400 § 7 Nr 7, Urteil vom 04. Juli 2007, B 11 a AL 5/06 R) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit BVerfG SozR 3 - 2400 § 7 Nr 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl. BSG SozR 4 - 2400 § 7 Nr 7).

Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG SozR 3 - 2400 § 7 Nr 4; SozR 3 - 4100 § 168 Nr 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSGE 45, 199, 200 ff.; BSG SozR 3 - 2400 § 7 Nr 13; BSGE 87, 53, 56; jeweils mwN). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl hierzu insgesamt BSG SozR 4 - 2400 § 7 Nr 7).

Dass der Kläger in Abwägung der Gesamtumstände bei der Beigeladenen zu 4 abhängig beschäftigt ist, hat das SG ausführlich begründet dargelegt. Der Senat nimmt deswegen insoweit auf die zutreffenden Entscheidungsgründe nach § 153 Abs 2 SGG Bezug, denen er sich in vollem Umfang anschließt. Ergänzend ist auszuführen, dass der Kläger als Wagniskapital allein seine eigene Arbeitskraft eingesetzt hat. Dies kommt nicht dem unternehmerischen Risiko gleich. Die erforderliche unternehmerische Entscheidungsfreiheit realisiert sich vielmehr in der freien Gestaltung der Einkaufs- und Verkaufspreise, der Einstellung von Personal, dem Einsatz von Kapital und eigenen Maschinen, dem Einfluss auf die Zahlungsweise der Kunden, Art und Umfang der Kundenakquisition und der Werbemaßnahmen für das eigene Unternehmen. Ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit ist die Übernahme eines Unternehmerrisikos nach der Rspr nur dann, wenn damit auch tatsächlich Chancen und nicht nur Risiken bei der Einkommenserzielung verbunden sind (BSG Urteil vom 11. März 2009 - B 12 KR 21/07 R - SGb 2009, 283). Dass war bei dem Kläger nicht der Fall, er hat nur seine Arbeitskraft auf dem Markt angeboten, wie dies jeder abhängig Beschäftigte tut (LSG Baden-Württemberg Urteil vom 21. November 2008 - L 4 KR 4098/06). Die für die Ausübung seiner Tätigkeit wesentlichen Betriebsmittel wurden dem Kläger von der Beigeladenen zu 4 gestellt. Dies waren in erster Linie die Busse bzw LKW. Die Beigeladene zu 4 hat auch dafür gesorgt, dass ihm die Fahrzeuge zur Verfügung standen und einsatzbereit waren; sie waren betankt, die Haftpflichtversicherung für Fahrzeug und Fahrer wurde abgeführt.

Der Kläger war durch das sich aus dem Einsatz als Linienbusfahrer ergebende feste Zeitschema bei Ausführung der übernommen Aufträge an einen bestimmten Zeitrahmen bzw eine bestimmte Organisation gebunden und dadurch in den Betriebsablauf der Beigeladenen zu 4 eingegliedert. Dies folgt zur Überzeugung des Senats bereits aus den vorgelegten Rechnungen. Er war danach in großem zeitlichen Umfang im Linienbusverkehr eingeteilt. Die von ihm abgerechneten Fahrdienste hatten einen Umfang von bis zu 200 Stunden monatlich (Abrechnung für Januar 2007) und umfassten feste Routen (Abrechnung Frühjahr 2006, Bl 22 SG-Akte). Die Beigeladene zu 4 musste daher verbindlich über den Einsatz des Klägers disponieren können, um die Buslinien zu bedienen. Gerade der Umstand, dass der Kläger als Fahrer für die Basketballmannschaft eingesetzt wurde, belegt auch, dass mit seinem Einsatz fest gerechnet wurde, der sich wiederum nach dem Spielplan der Mannschaft für das Jahr richtete. Er hat in diesem Zusammenhang Fahrzeiten zurückgelegt, die ihm - mit Ausnahmen der Sommermonate - kaum eine weitere wirtschaftlich bedeutsame Tätigkeit erlaubt hätten. Er hat deswegen auch im Feststellungsbogen eingeräumt, dass er einem Weisungsrecht unterliegt. Daraus folgt, dass der Kläger, jedenfalls wenn er einen Auftrag übernommen hat, sich in die betriebliche Organisation der Beigeladenen zu 4 verlässlich eingliedern musste. Seine Tätigkeit war durch die jeweiligen Einsätze hinsichtlich Zeit-, Ort und Art der Ausführung seiner Tätigkeit vorbestimmt. Er hatte hierbei keinerlei eigenen unternehmerischen Spielraum. Dies gilt auch für die weiteren von ihm durchgeführten Busfahrten. Die bloße Ablehnungsmöglichkeit eines Auftrags ist insoweit unbeachtlich. Denn wenn der Kläger einen Auftrag übernommen hatte, so wurde er betrieblich eingegliedert (LSG Baden-Württemberg Urteil vom 12. Dezember 2008 - L 4 KR 3543/05).

Weiter liegt in der Delegationsmöglichkeit der eigenen Arbeitsleistung kein entscheidendes Merkmal für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit, wenn ein Transportfahrer diese Möglichkeit tatsächlich nur selten nutzt, regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt und damit die persönliche Arbeitsleistung die Regel ist (BSG Urteil vom 11. März 2009 - B 12 KR 21/07 R - SGb 2009, 283).

Dass er daneben noch für andere Busunternehmen tätig wurde, ist unschädlich, denn Hauptauftraggeber war eindeutig die Beigeladene zu 4. Der Kläger konnte schon angesichts des Umfangs seiner für die Beigeladene zu 4 entfalteten Tätigkeit nur in unwesentlichem Ausmaß für andere Unternehmer tätig werden.

Dass der Kläger der Beigeladenen zu 4 Rechnungen gestellt hat, ist allein dem Umstand geschuldet, dass beide Vertragsparteien die Aushilfsfahrertätigkeit des Klägers als selbständige Tätigkeit durchführen wollten. Aus den Rechnungen ergibt sich aber auch, dass der Kläger keinerlei unternehmerischen Spielraum bei der Gestaltung seiner Preise hatte, sondern diese ihm vielmehr von der Beigeladenen zu 4 vorgegeben wurden. Er wurde demzufolge nach einem gleichmäßigen Stundensatz abgerechnet, welches in dieser Form typischerweise auf jeden anderen Arbeitnehmer zutrifft.

Dass der Kläger auch für andere Busunternehmen Fahrdienste durchgeführt hat, führt ebenfalls nicht zu einer anderen Bewertung seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 4. Denn in Anbetracht seines Fahreinsatzes hatte er keine nennenswerten Spielräume für ein anderweitiges Tätigwerden am Markt mehr.

Gleichfalls folgt aus dem Umstand, dass der Kläger keinen Anspruch auf Urlaub hatte oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall erhalten hat, nicht, dass das Beschäftigungsverhältnis als selbständiges zu werten ist. Dies ist gerade der von den Vertragsparteien gewählten Gestaltung, keine Sozialversicherungsbeiträge abzuführen, da der Kläger anderweitig sozialversicherungsrechtlich abgesichert war, immanent und ist daher unbeachtlich (LSG Baden-Württemberg Urteil vom 13. Februar 2009 - L 4 KR 5300/06).

Die Tätigkeit des Klägers hat auch keinen geringfügigen Umfang gehabt. Aus den vorgelegten Abrechnungen folgt, dass er im Schnitt Umsätze von 2.000 EUR getätigt hat, dass die Geringfügigkeitsgrenze des § 8 SGB IV überschritten wird.

Wie die Beklagte zu Recht festgestellt hat, führte die abhängige Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen zu 4 zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, nach dem Recht der Arbeitsförderung, der gesetzlichen Kranken- und der sozialen Pflegeversicherung.

Der Senat hat deswegen die Berufung als unbegründet zurückgewiesen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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