Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 4250/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 4698/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 26.08.2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Der am 1970 geborene Kläger ist in der T. geboren, lebt seit August 1980 in Deutschland und hat die deutsche Staatsangehörigkeit. Er hat weder eine Berufsausbildung absolviert noch eine Anlernzeit durchlaufen und war als Arbeiter versicherungspflichtig beschäftigt. Seit Anfang 1997 steht er, von wenigen Monaten versicherungspflichtiger Beschäftigung abgesehen, im Sozialleistungsbezug.
Auf einen ersten Rentenantrag im Juli 2008 veranlasste die Beklagte eine Untersuchung bei der Internistin und Sozialmedizinerin G. , die beim Kläger wegen eines unzureichend behandelten Diabetes mellitus einen desolaten Gesundheitszustand feststellte und die Durchführung eines Heilverfahrens empfahl. Sie beschrieb darüber hinaus depressive Episoden, derzeit mittelgradig ausgeprägt, und eine ausgeprägte Somatisierungsstörung und ging davon aus, dass bei Einstellung des entgleisten Diabetes mellitus dem Kläger leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen, ohne häufiges Bücken, Hinhocken und Hinknien, ohne Klettern und Steigen, ohne Zeitdruck und Schichtarbeit und nicht in Lärmbereichen sechs Stunden und mehr zumutbar seien. Im Oktober 2008 führte der Kläger in der REHA-Klinik Ob der T. eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme durch. Er wurde mit den Diagnosen Diabetes mellitus, Adipositas Grad I, depressive Episode, chronisch rezidivierendes Wirbelsäulensyndrom sowie Nikotinabusus als arbeitsfähig entlassen. Leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne ständiges Gehen und Stehen seien vollschichtig zumutbar. Die Psyche im Aufnahmebefund wurde als gesprächig und nicht depressiv beschrieben, im Verlauf wurde der Kläger wegen einer depressiven Episode psychologisch beraten. Den Rentenantrag lehnte die Beklagte im Dezember 2008 bestandskräftig ab.
Am 18.06.2009 beantragte der Kläger erneut die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung, was die Beklagte mit Bescheid vom 14.08.2009 und Widerspruchsbescheid vom 06.11.2009 ablehnte. Grundlage war ein Gutachten des Internisten und Sozialmediziners Dr. S. , der im August 2009 keine Hinweise auf eine schwerwiegende Depression fand. Er diagnostizierte den bekannten Diabetes mellitus, ein metabolisches Syndrom, eine rezidivierende Dysthymie und Depression, derzeit nicht manifest, einen Hohlrundrücken mit muskulären Dysbalancen sowie eine beidseitige Schwerhörigkeit und hielt den Kläger für in der Lage, mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen, Gehen oder Stehen sechs Stunden und mehr auszuüben. Zu vermeiden seien schweres Heben und Tragen von Lasten über zehn Kilogramm ohne geeignete Hilfsmittel sowie Tätigkeiten in Lärmexposition.
Das gegen die Rentenablehnung mit dem Begehren auf Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung am 30.11.2009 angerufene Sozialgericht Heilbronn hat ein Gutachten beim Internisten Dr. S. eingeholt. Der Sachverständige hat eine chronisch obstruktive Atemwegserkrankung/Asthma bronchiale, den bekannten Diabetes mellitus Typ II und ein metabolisches Syndrom diagnostiziert. Wegen der chronisch obstruktiven Atemwegserkrankung seien mittelschwere und schwere körperliche Arbeiten sowie Arbeiten unter Einwirkung reizender inhalativer Substanzen nicht mehr zumutbar. Wegen des Diabetes mellitus seien Wechselschichten, Arbeiten mit beruflicher Personenbeförderung oder dem Transport gefährlicher Güter, Arbeiten mit Waffengebrauch, Überwachungsfunktionen mit alleiniger Verantwortung für das Leben anderer, Arbeiten mit Absturzgefahr oder an anderen gefährlichen Arbeitsplätzen sowie Arbeiten an gefährlichen Maschinen auszuschließen. Aus dem metabolischen Syndrom folgten keine Einschränkungen. Insgesamt ist der Sachverständige davon ausgegangen, dass dem Kläger leichte körperliche Arbeiten, in Belastungsspitzen auch mittelschwere körperliche Arbeiten, im Gehen oder im Stehen oder im Sitzen in geschlossenen Räumen, bei Anwendung entsprechender Temperaturschutzkleidung auch im Freien, sechs Stunden und mehr zumutbar sind.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat das Sozialgericht ein Gutachten beim Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. R. , Chefarzt des C. M.-Hospitals auf Grund Untersuchung im September 2010 eingeholt. Der Sachverständige hat eine mittelgradige depressive Episode sowie eine Störung der Impulskontrolle, insbesondere mit pathologischem Spielen, diagnostiziert und wegen der Wechselwirkung schwere soziale und kognitive Einschränkungen angenommen. Der Kläger könne Kritik und Frustration nicht ertragen, reagiere unkontrolliert, impulsiv und aggressiv und sei in seinem Auffassungsvermögen, seinem Konzentrationsvermögen sowie seinem Antrieb erheblich eingeschränkt. Die Beeinträchtigungen seien so gravierend, dass der Kläger nur weniger als drei Stunden täglich Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten könne. Dieser Zustand bestehe seit zwei Jahren.
In seiner beratungsärztlichen Stellungnahme für die Beklagte hat der Arzt für Allgemeinmedizin und Sozialmediziner Dr. H.auf die früheren Verwaltungsgutachten und darauf hingewiesen, dass es den Ausführungen von Dr. R. an der erforderlichen Neutralität fehle.
Mit Urteil vom 26.08.2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat sich hinsichtlich der somatischen Erkrankungen den Ausführungen von Dr. S. in seinem internistischen Gutachten angeschlossen und ausgeführt, der Diabetes mellitus, die chronisch obstruktive Atemwegserkrankung und das metabolische Syndrom stünden der dauerhaften Verrichtung leichter Tätigkeiten nicht entgegen. Der gerichtliche Sachverständige stimme insoweit mit den Beurteilungen durch Dr. S. und die Internistin G. überein. Den Ausführungen von Dr. R. ist es nicht gefolgt.
Gegen das ihm an 17.10.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28.10.2011 Berufung eingelegt. Er hält das Gutachten von Dr. R. für überzeugend und damit einen Rentenanspruch nachgewiesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 26.08.2011 sowie den Bescheid vom 14.08.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.11.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückweisen.
Der Senat hat zunächst die den Kläger behandelnden Nervenärzte schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Dr. S. hat angegeben, den Kläger zwei Mal im Jahr 2008 behandelt zu haben. Weitere Termine habe der Kläger nicht eingehalten. Die Störung sei so gering gewesen, dass keine Einschränkung für eine leichte Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes bestanden hätte, auch für sechs Stunden täglich. Dr. W. hat angegeben, den Kläger einmalig wegen einer mittelgradigen depressiven Episode im Juli 2009 behandelt zu haben. Eine leichte Tätigkeit im Umfang von sechs Stunden hätte der Kläger trotz dieser Störung verrichten können. Dr. B. schließlich hat mitgeteilt, den Kläger von Januar 2010 an behandelt zu haben, letztmalig im Juli 2011. Es habe sich um eine depressiv-asthenische Entwicklung und eine Impulskontrollstörung gehandelt, die allenfalls noch leichte Tätigkeiten bis zu zweistündig erlaubt hätten. Es fehle dem Kläger an Ausdauer, länger als zwei Stunden arbeiten zu können.
Daraufhin hat der Senat ein Gutachten beim Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. eingeholt. Der Kläger ist selbst mit dem PKW insgesamt zweieinhalb Stunden zur Untersuchung angereist und der Sachverständige hat im Rahmen der mehr als fünfstündigen Untersuchung, einschließlich durchgeführter Testpsychologie, keine richtungsweisende Störung von Konzentration, Merkfähigkeit und Antrieb gefunden. Es hat auch keine vorzeitige Erschöpfung oder Ermüdung bestanden, der Kläger hat sich lediglich zu mehrmaligen Rauchpausen vor die Tür begeben. Gegenüber Dr. B. hat der Kläger angegeben, sich eine Tätigkeit als Fahrer zur Auslieferung von Paketen ohne schweres Heben, Briefe sortieren oder eine leichte Montagetätigkeit durchaus vorstellen zu können. Gegen Vorschriften von einem Chef habe er nichts, so etwas müsse es ja schließlich geben. Testpsychologisch hat der Sachverständige keinen Anhalt für eine Minderbegabung oder eine hirnorganische Symptomatik gefunden. Dr. B. hat eine dysthyme Entwicklung im Kontext mit Belastungen, Konflikten im psychosozialen und biographischen Hintergrund mit erhaltener inhaltlicher und auch affektiver Auslenkbarkeit diagnostiziert, die völlig unzureichend behandelt sei. Außerdem hat er anklingende Panikattacken (durchschnittlich alle zwei Monate mit nur wenigen Minuten anhaltender Symptomatik), eine vielschichtige Persönlichkeitsstörung sowie eine zurückliegende langjährige Spielsucht, eine Nikotinabhängigkeit, eine Adipositas per magna, einen Verdacht auf ein Schlafapnoe-Syndrom ohne richtungsweisende Funktionsstörung, einen Kopfschmerz, Rückenschmerzen sowie eine diskrete Polyneuropathie bei Diabetes und eine Hypakusis angeführt. Auszuschließen seien deshalb Tätigkeiten an unmittelbar gefährdenden Maschinen, auf Leitern oder Gerüsten, auch Tätigkeiten mit anderen Stressfaktoren (Nacht- oder Wechselschicht), mit überdurchschnittlich fordernden sozialen Interaktionen sowie Anforderungen an die kritische Reflektion. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne regelmäßige Zwangshaltungen seien vollschichtig möglich. In Bezug auf die Ausführungen von Dr. R. hat Dr. B. dargestellt, dass er in seiner Untersuchung keine Einschränkungen hinsichtlich Auffassungsvermögen, Konzentrationsvermögen oder Antriebslage gefunden hat.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 SGG zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 14.08.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.11.2009, mit dem die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ablehnte, allerdings ausweislich des im erst- und zweitinstanzlichen Verfahren schriftsätzlich gestellten Antrages nur in Bezug auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Soweit das Sozialgericht Ausführungen zur Frage einer teilweisen Erwerbsminderung gemacht hat, gehen diese am Streitgegenstand somit vorbei.
Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen voller Erwerbsminderung ist § 43 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - voll erwerbsgemindert sind. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Volle Erwerbsminderung besteht über die Regelung des § 43 Abs. 2 SGB VI hinaus nach der Rechtsprechung des BSG (Großer Senat, Beschluss vom 10.12.1976, u.a. GS 2/75 in SozR 2200 § 1246 Nr. 13) bei regelmäßig bejahter Verschlossenheit des Arbeitsmarktes auch dann, wenn eine zeitliche Leistungseinschränkung von drei bis unter sechs Stunden vorliegt. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist aber nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die Voraussetzungen für eine derartige Rente liegen nicht vor. Denn der Kläger kann trotz der bei ihm vorhandenen Gesundheitsstörungen noch zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts unter Beachtung einiger qualitativer Einschränkungen sechs Stunden und mehr ausüben. Er ist daher nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Nach den vorliegenden internistischen Gutachten leidet der Kläger insbesondere unter einem Diabetes mellitus, der - so ausdrücklich Dr. S. - bislang ohne leistungseinschränkende diabetogene Folgeschäden geblieben ist. Auch Dr. B. hat aus neurologischer Sicht insoweit lediglich eine diskrete Polyneuropathie der unteren Extremitäten gefunden und hieraus keine relevanten Leistungseinschränkungen abgeleitet. Der Diabetes mellitus selbst führt somit - so ausdrücklich Dr. S. - lediglich zu qualitativen Einschränkungen, indem keine Wechselschichten, keine Arbeiten, die mit beruflicher Personenbeförderung oder dem Transport gefährlicher Güter im Zusammenhang stehen, keine Arbeiten mit Waffengebrauch, keine Überwachungsfunktionen mit alleiniger Verantwortung für das Leben anderer, keine Arbeiten mit Absturzgefahr oder an anderen gefährlichen Arbeitsplätzen bzw. an gefährlichen Maschinen ausgeübt werden können.
Die erstmalig von Dr. S. diagnostizierte chronisch obstruktive Atemwegserkrankung rechtfertigt ebenfalls nicht die Annahme einer zeitlichen Leistungseinschränkung für leichte körperliche Arbeiten. Dr. S. hat vielmehr überzeugend lediglich schwere und mittelschwere körperliche Arbeiten sowie Arbeiten unter Einwirkung reizender inhalativer Substanzen ausgeschlossen. Zusätzliche Leistungseinschränkungen durch das metabolische Syndrom sowie das Übergewicht sind - so Dr. S. - nicht anzunehmen.
Auf somatischem Gebiet hat somit keiner der mit der Begutachtung des Klägers betrauten Ärzte nach der Einstellung des Diabetes mellitus in der stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme im Jahr 2008 rentenrelevante Leistungseinschränkungen angenommen. Übereinstimmend sind Dr. S. und Dr. S. sowie die Ärzte der Reha-Klinik Ob der T. zu dem Ergebnis gelangt, dass dem Kläger jedenfalls leichte Tätigkeiten mehr als sechs Stunden täglich unter Beachtung der angeführten qualitativen Leistungseinschränkungen zuzumuten sind. Zum selben Ergebnis kam bereits die Internistin G. für den Fall einer - wie erfolgt - hinreichenden Einstellung des Diabetes mellitus.
Entgegen der Ansicht des Klägers rechtfertigen seine Störungen auf psychiatrischem Fachgebiet nicht die Annahme einer zeitlichen Leistungseinschränkung. Ebenso wenig wie das Sozialgericht vermag der Senat den Ausführungen von Dr. R. zu folgen. So hat der Sachverständige schon keinen typischen Tagesablauf des Klägers und auch nicht sein typisches Freizeitverhalten erhoben. Er hat lediglich im Rahmen der aktuellen Lebenssituation dargestellt, dass der Kläger nach seinen Angaben sein Essen in der gemeinsam mit der Ehefrau und den drei Söhnen bewohnten Wohnung wegen der bestehenden familiären Differenzen selber zubereiten und auch - die Geschirrspülmachine dürfe er nicht mehr benutzen - selber abwaschen müsse. Insoweit wäre es zwingend erforderlich gewesen, dass der Sachverständige im Weiteren abklärt, wie der Kläger seinen Tag verbringt, insbesondere welche persönlichen Verrichtungen im Rahmen der Haushaltstätigkeit möglich sind und wie der Kläger seine Freizeit gestaltet. Ohne solche Erhebungen lässt sich nicht abschätzen, wie sich eine tatsächlich vorhandene psychische Störung auf körperliche und geistige Fähigkeiten auswirkt.
Demgegenüber hat Dr. B. ausführlich dargestellt, dass der Kläger noch fern sehe, insbesondere gerne Nachrichten und Sport, gerne Spielfilme und sehr sehr gerne Filme mit Tieren schaue, also ein breites Interessenspektrum im Hinblick auf diese Freizeitgestaltung besitzt. Darüber hinaus geht er - so die Anamnese von Dr. B. weiter - an jedem Tag hinaus, ans Mainufer, um dort auf der Bank zu sitzen. Er treffe dann Bekannte oder Kumpels, mit denen er rede. Die alltäglichen Verrichtungen hat der Kläger gegenüber Dr. B. dahingehend beschrieben, dass er mal die Küche aufräume und in der Küche sauber mache und den Tisch abräume oder mal das Bett mache. Er schlafe allerdings im Wohnzimmer auf der Couch. Ungefähr ein Mal in der Woche fahre er mit seiner Frau einkaufen, abends gehe er auch mal, so alle vier bis acht Wochen, mit den Kollegen los, einen Döner essen oder zu McDonalds. Wenn Dr. B. dann hieraus im Rahmen seiner zusammenfassenden Beurteilung den Schluss zieht, dass der Kläger noch erhaltene Ressourcen habe, ist dies überzeugend.
Darüber hinaus hat Dr. R. im Rahmen der Beschreibung des psychopathologischen Befundes wesentlich auf Angaben des Klägers abgestellt. So hat er hinsichtlich des Antriebes eine deutliche Reduzierung von Kraft und Energie angegeben, dann aber ausgeführt, dass der Kläger dies berichte. Gleiches gilt in Bezug auf eine Grübelneigung. Eine kritische Überprüfung dieser Angaben des Klägers, insbesondere hinsichtlich des Ausmaßes der vom Kläger selbst beschriebenen Einschränkungen, findet sich in dem Gutachten nicht. Eine derartige kritische, distanzierte Prüfung der Angaben des Klägers im Verlauf der Exploration ist aber unabdingbare Voraussetzung für eine nachvollziehbare Leistungsbeurteilung. Auch dies hat Dr. R. nicht geleistet. Hierauf hat bereits Dr. H. in seiner Stellungnahme für die Beklagte hingewiesen.
Im weiteren Verlauf der Darstellung des psychopathologischen Befundes gibt Dr. R. eine deutliche Verminderung der Auffassung und des Kritikvermögens an. Zur Begründung führt er aus, dass der Kläger die Beleidigung nicht nachvollziehen könne, die er seinem Schwager zugefügt habe, als er die Schwägerin mit einem Hund verglich. Insoweit setzt sich der Sachverständige aber nicht mit der Frage auseinander, inwieweit die - auch nach der Darstellung von Dr. R. - seit der Jugendzeit bestehende Impulskontrollstörung, trotz der der Kläger jahrelang versicherungspflichtig tätig war, oder auch nur Unwillen hierfür verantwortlich sein könnte. Eine weitergehende Begründung der angenommenen Verminderung von Auffassung und Kritikvermögen gibt der Sachverständige nicht. Er nimmt vielmehr darüber hinaus eine Herabsetzung der Konzentration an und begründet dies mit der Notwenigkeit, die zweistündige Untersuchungssituation zwei Mal zu unterbrechen, auf Grund von Unruhe. Dabei hat es der Sachverständige unterlassen, den Grund dieser Unruhe zu beschreiben. Aus der späteren Darstellung von Dr. B. ergibt sich, dass auch in seiner Exploration mehrmalige Pausen erforderlich gewesen sind, weil der Kläger zum Rauchen vor die Türe gegangen ist. Die insoweit von Dr. B. nachvollziehbar diagnostizierte Nikotinabhängigkeit käme als Grund für die von Dr. R. beschriebene Unruhe des Klägers und Erforderlichkeit von Pausen in erster Linie in Betracht und begründet keine Einschränkung der Leistungsfähigkeit. Auch hierzu finden sich keine Angaben im Gutachten von Dr. R ...
Unabhängig von der Frage, inwieweit auf Grund dieser Defizite auch die diagnostische Einschätzung von Dr. R. in Zweifel zu ziehen ist - Dr. B. jedenfalls ist lediglich von einer dysthymen Entwicklung ausgegangen -, kann jedenfalls der Leistungsbeurteilung von Dr. R. aus den dargestellten Gründen nicht gefolgt werden.
Vielmehr ist die - ohnehin nicht nachvollziehbare - Leistungseinschätzung durch Dr. R. durch das ausführliche und umfassende Gutachten von Dr. B. widerlegt. Dr. B. hat ausführlich dargestellt, dass beim Kläger, nachdem er selbst mit dem Auto zweieinhalb Stunden zur Untersuchung angefahren ist und nach mehrstündiger Exploration - nach der Bestätigung durch Dr. B. in dem vom Kläger vorgelegten Kostenerstattungsantrag dauerte die Untersuchung von 11:30 Uhr bis 17:15 Uhr - keine relevante Störung von Konzentration, Merkfähigkeit sowie Aufmerksamkeit aufgetreten ist. Dr. B. hat keine vorzeitige Erschöpfung oder Ermüdung beim Kläger erkennen können. Er hat - wie erwähnt - lediglich ein starkes Bedürfnis des Klägers erkannt, mehrere Rauchpausen einzulegen. Wenn aber der Kläger eine zweieinhalbstündige Autofahrt und eine mehr als fünfstündige Untersuchung durch einen Nervenarzt einschließlich testpsychologischer Diagnostik erkennbar ohne wesentliche Einschränkung von Konzentration, Merkfähigkeit und Aufmerksamkeit durchstehen kann, ist die Schlussfolgerung des gerichtlichen Sachverständigen Dr. Brandi, der Kläger könne auch sechs Stunden und mehr leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten, überzeugend. Damit ist auch die Annahme des behandelnden Nervenarztes Dr. B. , der Kläger könne nur noch zwei Stunden täglich arbeiten, wiederlegt. Denn Dr. B. hat in seiner sachverständigen Zeugenauskunft gegenüber dem Senat diese Leistungseinschränkung mit fehlender Ausdauer des Klägers begründet. Eine hinreichende Ausdauer aber ist durch die Darstellungen von Dr. B. bewiesen.
Darüber hinaus sind auch die psychischen Ressourcen des Klägers erhalten. Insoweit hat Dr. B. im Rahmen der Beschreibung des Alltags des Klägers - wie bereits erwähnt - die Interessen des Klägers, seine Vorlieben und seine Neigungen dargestellt. Auch die Angaben des Klägers gegenüber Dr. B. über seine Fähigkeiten, sich um den Haushalt zu kümmern und mit seiner Frau einzukaufen, zeigen, dass keine wesentlichen Einschränkungen für die Verrichtung leichter Tätigkeiten vorliegen. Entsprechend hat der Kläger gegenüber Dr. B. auch eingeräumt, sich noch eine Tätigkeit als Fahrer, insbesondere die Auslieferung von Paketen ohne schweres Heben, eine Tätigkeit in Form des Sortierens von Briefen oder eine leichte Montagetätigkeit vorstellen zu können. Dabei hat er ausdrücklich bestätigt, Vorschriften von einem Chef annehmen zu können. Im Ergebnis steht somit die von Dr. R. beschriebene Impulskontrollstörung, die Dr. B. seiner Diagnose einer vielschichtigen Persönlichkeitsstörung zugeordnet hat, einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht entgegen. Denn beide Sachverständigen haben in ihren Gutachten dargelegt, dass diese Kontrollstörung schon seit dem frühen Jugendalter besteht. Gleichwohl ist der Kläger in der Lage gewesen, bis Anfang 1997 versicherungspflichtig tätig zu sein. Nach seinen Angaben gegenüber der Internistin G. wurde er auch nicht wegen Differenzen mit dem Arbeitgeber entlassen, sondern weil er am Arbeitsplatz zusammengebrochen war und der Arbeitgeber Kenntnis von seiner Erkrankung (Diabetes mellitus) erhalten hatte.
Im Ergebnis schließt sich der Senat somit den Leistungsbeurteilungen der Internistin G. , von Dr. S. , Dr. S. und Dr. B. an. Diese Beurteilungen sind im Übrigen von den früher den Kläger behandelnden Ärzten Dr. W. und Dr. S. bestätigt worden. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass selbst der behandelnde Dr. W. trotz der vom ihm diagnostizierten mittelgradigen depressiven Episode von einem sechsstündigen Leistungsvermögen ausgeht. Damit haben noch nicht einmal die den Kläger in den Jahren 2008 und 2009 behandelnden Nervenärzte die Beurteilung von Dr. R. - Leistungsunfähigkeit seit zwei Jahren, also seit 2008 - bestätigt.
Eine weitere Sachaufklärung ist nicht erforderlich. Soweit der Kläger rügt, das Sozialgericht hätte nicht von der Beurteilung des Dr. R. abweichen dürfen, folgt ihm der Senat aus sogleich darzulegenden Gründen nicht. Ob das Sozialgericht - so der Kläger weiter - dann verpflichtet gewesen wäre, eine weitere Sachaufklärung durchzuführen, kann offen bleiben. Denn die vom Kläger verlangte weitere Aufklärung des Sachverhalts ist durch den Senat durch schriftliche Vernehmung der den Kläger behandelnden Nervenärzte und Einholung des Gutachtens von Dr. B. erfolgt. Soweit der Kläger meint, der Senat dürfe ohne nochmalige Befassung des Dr. R. sich nicht dem Gutachten von Dr. B. anschließen und somit vom Gutachten des Dr. R. abweichen, trifft dies nicht zu. Vielmehr ist es ureigenste Aufgabe des Senats, die Überzeugungskraft vorliegender Gutachten zu prüfen, denn nur überzeugende Gutachten vermögen die richterliche Beurteilung zu beeinflussen. Dass und aus welchen Gründen das Gutachten von Dr. R. nicht überzeugend ist, ist oben dargelegt. Ebenfalls zum richterlichen Aufgabenbereich gehört die Bewertung mehrerer Gutachten, auch und gerade wenn sie sich in der Beurteilung der streitentscheidenden Frage des Vorliegens einer Erwerbsminderung widersprechen. Eine solche Beweiswürdigung ist Kernbereich der Tatsacheninstanz. Eine vorherige Befassung jedes Gutachters mit widersprechenden nachfolgenden gutachterlichen Beurteilungen ist hierfür nicht erforderlich. Der Senat sieht daher keinen Anlass, von Dr. R. von Amts wegen eine ergänzende Stellungnahme einzuholen. Allein der Umstand, dass vorliegend hinsichtlich der Beurteilung des Leistungsvermögens sich widersprechende Gutachten vorliegen, zwingt auch nicht zur Einholung eines weiteren Gutachtens (BSG, Beschluss vom 26.06.2001, B 2 U 83/01 B).
Im Ergebnis kann der Kläger somit zumindest noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der von Dr. S. und Dr. B. genannten qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich ausüben. Er ist daher nicht erwerbsgemindert. Dabei ist es unerheblich, ob ein dem Leistungsvermögen entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden kann, weil nach § 43 Abs. 3 zweiter Halbsatz SGB VI die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in einem solchen Fall regelmäßig nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50, auch zum Nachfolgenden). Denn nach der Rechtsprechung des BSG steht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist. Nur ausnahmsweise ist für einen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Versicherten wie der Kläger mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes sind bestimmte Fälle anerkannt (z.B. Einarmigkeit, vgl. BSG, a.a.O., m.w.N.), zu denen der vorliegende Fall aber nicht gehört. Vielmehr braucht eine Verweisungstätigkeit erst benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG, a.a.O.; Urteil vom 27.04.1982, 1 RJ 132/80 in SozR 2200 § 1246 Nr. 90). Denn ein Teil dieser Einschränkungen stimmt bereits mit den Tätigkeitsmerkmalen einer körperlich leichten Arbeit überein; dies gilt insbesondere für die geminderte Fähigkeiten, Lasten zu bewältigen und die geringe Belastbarkeit der Wirbelsäule (BSG, SozR 3 a.a.O.) mit den hierauf beruhenden Einschränkungen. Nicht anders liegt der Fall des Klägers. Auch bei ihm wird den qualitativen Einschränkungen im Wesentlichen bereits dadurch Rechnung getragen, dass ihm nur noch leichte Arbeiten zugemutet werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Der am 1970 geborene Kläger ist in der T. geboren, lebt seit August 1980 in Deutschland und hat die deutsche Staatsangehörigkeit. Er hat weder eine Berufsausbildung absolviert noch eine Anlernzeit durchlaufen und war als Arbeiter versicherungspflichtig beschäftigt. Seit Anfang 1997 steht er, von wenigen Monaten versicherungspflichtiger Beschäftigung abgesehen, im Sozialleistungsbezug.
Auf einen ersten Rentenantrag im Juli 2008 veranlasste die Beklagte eine Untersuchung bei der Internistin und Sozialmedizinerin G. , die beim Kläger wegen eines unzureichend behandelten Diabetes mellitus einen desolaten Gesundheitszustand feststellte und die Durchführung eines Heilverfahrens empfahl. Sie beschrieb darüber hinaus depressive Episoden, derzeit mittelgradig ausgeprägt, und eine ausgeprägte Somatisierungsstörung und ging davon aus, dass bei Einstellung des entgleisten Diabetes mellitus dem Kläger leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen, ohne häufiges Bücken, Hinhocken und Hinknien, ohne Klettern und Steigen, ohne Zeitdruck und Schichtarbeit und nicht in Lärmbereichen sechs Stunden und mehr zumutbar seien. Im Oktober 2008 führte der Kläger in der REHA-Klinik Ob der T. eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme durch. Er wurde mit den Diagnosen Diabetes mellitus, Adipositas Grad I, depressive Episode, chronisch rezidivierendes Wirbelsäulensyndrom sowie Nikotinabusus als arbeitsfähig entlassen. Leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne ständiges Gehen und Stehen seien vollschichtig zumutbar. Die Psyche im Aufnahmebefund wurde als gesprächig und nicht depressiv beschrieben, im Verlauf wurde der Kläger wegen einer depressiven Episode psychologisch beraten. Den Rentenantrag lehnte die Beklagte im Dezember 2008 bestandskräftig ab.
Am 18.06.2009 beantragte der Kläger erneut die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung, was die Beklagte mit Bescheid vom 14.08.2009 und Widerspruchsbescheid vom 06.11.2009 ablehnte. Grundlage war ein Gutachten des Internisten und Sozialmediziners Dr. S. , der im August 2009 keine Hinweise auf eine schwerwiegende Depression fand. Er diagnostizierte den bekannten Diabetes mellitus, ein metabolisches Syndrom, eine rezidivierende Dysthymie und Depression, derzeit nicht manifest, einen Hohlrundrücken mit muskulären Dysbalancen sowie eine beidseitige Schwerhörigkeit und hielt den Kläger für in der Lage, mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen, Gehen oder Stehen sechs Stunden und mehr auszuüben. Zu vermeiden seien schweres Heben und Tragen von Lasten über zehn Kilogramm ohne geeignete Hilfsmittel sowie Tätigkeiten in Lärmexposition.
Das gegen die Rentenablehnung mit dem Begehren auf Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung am 30.11.2009 angerufene Sozialgericht Heilbronn hat ein Gutachten beim Internisten Dr. S. eingeholt. Der Sachverständige hat eine chronisch obstruktive Atemwegserkrankung/Asthma bronchiale, den bekannten Diabetes mellitus Typ II und ein metabolisches Syndrom diagnostiziert. Wegen der chronisch obstruktiven Atemwegserkrankung seien mittelschwere und schwere körperliche Arbeiten sowie Arbeiten unter Einwirkung reizender inhalativer Substanzen nicht mehr zumutbar. Wegen des Diabetes mellitus seien Wechselschichten, Arbeiten mit beruflicher Personenbeförderung oder dem Transport gefährlicher Güter, Arbeiten mit Waffengebrauch, Überwachungsfunktionen mit alleiniger Verantwortung für das Leben anderer, Arbeiten mit Absturzgefahr oder an anderen gefährlichen Arbeitsplätzen sowie Arbeiten an gefährlichen Maschinen auszuschließen. Aus dem metabolischen Syndrom folgten keine Einschränkungen. Insgesamt ist der Sachverständige davon ausgegangen, dass dem Kläger leichte körperliche Arbeiten, in Belastungsspitzen auch mittelschwere körperliche Arbeiten, im Gehen oder im Stehen oder im Sitzen in geschlossenen Räumen, bei Anwendung entsprechender Temperaturschutzkleidung auch im Freien, sechs Stunden und mehr zumutbar sind.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat das Sozialgericht ein Gutachten beim Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. R. , Chefarzt des C. M.-Hospitals auf Grund Untersuchung im September 2010 eingeholt. Der Sachverständige hat eine mittelgradige depressive Episode sowie eine Störung der Impulskontrolle, insbesondere mit pathologischem Spielen, diagnostiziert und wegen der Wechselwirkung schwere soziale und kognitive Einschränkungen angenommen. Der Kläger könne Kritik und Frustration nicht ertragen, reagiere unkontrolliert, impulsiv und aggressiv und sei in seinem Auffassungsvermögen, seinem Konzentrationsvermögen sowie seinem Antrieb erheblich eingeschränkt. Die Beeinträchtigungen seien so gravierend, dass der Kläger nur weniger als drei Stunden täglich Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten könne. Dieser Zustand bestehe seit zwei Jahren.
In seiner beratungsärztlichen Stellungnahme für die Beklagte hat der Arzt für Allgemeinmedizin und Sozialmediziner Dr. H.auf die früheren Verwaltungsgutachten und darauf hingewiesen, dass es den Ausführungen von Dr. R. an der erforderlichen Neutralität fehle.
Mit Urteil vom 26.08.2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat sich hinsichtlich der somatischen Erkrankungen den Ausführungen von Dr. S. in seinem internistischen Gutachten angeschlossen und ausgeführt, der Diabetes mellitus, die chronisch obstruktive Atemwegserkrankung und das metabolische Syndrom stünden der dauerhaften Verrichtung leichter Tätigkeiten nicht entgegen. Der gerichtliche Sachverständige stimme insoweit mit den Beurteilungen durch Dr. S. und die Internistin G. überein. Den Ausführungen von Dr. R. ist es nicht gefolgt.
Gegen das ihm an 17.10.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28.10.2011 Berufung eingelegt. Er hält das Gutachten von Dr. R. für überzeugend und damit einen Rentenanspruch nachgewiesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 26.08.2011 sowie den Bescheid vom 14.08.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.11.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückweisen.
Der Senat hat zunächst die den Kläger behandelnden Nervenärzte schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Dr. S. hat angegeben, den Kläger zwei Mal im Jahr 2008 behandelt zu haben. Weitere Termine habe der Kläger nicht eingehalten. Die Störung sei so gering gewesen, dass keine Einschränkung für eine leichte Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes bestanden hätte, auch für sechs Stunden täglich. Dr. W. hat angegeben, den Kläger einmalig wegen einer mittelgradigen depressiven Episode im Juli 2009 behandelt zu haben. Eine leichte Tätigkeit im Umfang von sechs Stunden hätte der Kläger trotz dieser Störung verrichten können. Dr. B. schließlich hat mitgeteilt, den Kläger von Januar 2010 an behandelt zu haben, letztmalig im Juli 2011. Es habe sich um eine depressiv-asthenische Entwicklung und eine Impulskontrollstörung gehandelt, die allenfalls noch leichte Tätigkeiten bis zu zweistündig erlaubt hätten. Es fehle dem Kläger an Ausdauer, länger als zwei Stunden arbeiten zu können.
Daraufhin hat der Senat ein Gutachten beim Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. eingeholt. Der Kläger ist selbst mit dem PKW insgesamt zweieinhalb Stunden zur Untersuchung angereist und der Sachverständige hat im Rahmen der mehr als fünfstündigen Untersuchung, einschließlich durchgeführter Testpsychologie, keine richtungsweisende Störung von Konzentration, Merkfähigkeit und Antrieb gefunden. Es hat auch keine vorzeitige Erschöpfung oder Ermüdung bestanden, der Kläger hat sich lediglich zu mehrmaligen Rauchpausen vor die Tür begeben. Gegenüber Dr. B. hat der Kläger angegeben, sich eine Tätigkeit als Fahrer zur Auslieferung von Paketen ohne schweres Heben, Briefe sortieren oder eine leichte Montagetätigkeit durchaus vorstellen zu können. Gegen Vorschriften von einem Chef habe er nichts, so etwas müsse es ja schließlich geben. Testpsychologisch hat der Sachverständige keinen Anhalt für eine Minderbegabung oder eine hirnorganische Symptomatik gefunden. Dr. B. hat eine dysthyme Entwicklung im Kontext mit Belastungen, Konflikten im psychosozialen und biographischen Hintergrund mit erhaltener inhaltlicher und auch affektiver Auslenkbarkeit diagnostiziert, die völlig unzureichend behandelt sei. Außerdem hat er anklingende Panikattacken (durchschnittlich alle zwei Monate mit nur wenigen Minuten anhaltender Symptomatik), eine vielschichtige Persönlichkeitsstörung sowie eine zurückliegende langjährige Spielsucht, eine Nikotinabhängigkeit, eine Adipositas per magna, einen Verdacht auf ein Schlafapnoe-Syndrom ohne richtungsweisende Funktionsstörung, einen Kopfschmerz, Rückenschmerzen sowie eine diskrete Polyneuropathie bei Diabetes und eine Hypakusis angeführt. Auszuschließen seien deshalb Tätigkeiten an unmittelbar gefährdenden Maschinen, auf Leitern oder Gerüsten, auch Tätigkeiten mit anderen Stressfaktoren (Nacht- oder Wechselschicht), mit überdurchschnittlich fordernden sozialen Interaktionen sowie Anforderungen an die kritische Reflektion. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne regelmäßige Zwangshaltungen seien vollschichtig möglich. In Bezug auf die Ausführungen von Dr. R. hat Dr. B. dargestellt, dass er in seiner Untersuchung keine Einschränkungen hinsichtlich Auffassungsvermögen, Konzentrationsvermögen oder Antriebslage gefunden hat.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 SGG zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 14.08.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.11.2009, mit dem die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ablehnte, allerdings ausweislich des im erst- und zweitinstanzlichen Verfahren schriftsätzlich gestellten Antrages nur in Bezug auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Soweit das Sozialgericht Ausführungen zur Frage einer teilweisen Erwerbsminderung gemacht hat, gehen diese am Streitgegenstand somit vorbei.
Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen voller Erwerbsminderung ist § 43 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - voll erwerbsgemindert sind. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Volle Erwerbsminderung besteht über die Regelung des § 43 Abs. 2 SGB VI hinaus nach der Rechtsprechung des BSG (Großer Senat, Beschluss vom 10.12.1976, u.a. GS 2/75 in SozR 2200 § 1246 Nr. 13) bei regelmäßig bejahter Verschlossenheit des Arbeitsmarktes auch dann, wenn eine zeitliche Leistungseinschränkung von drei bis unter sechs Stunden vorliegt. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist aber nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die Voraussetzungen für eine derartige Rente liegen nicht vor. Denn der Kläger kann trotz der bei ihm vorhandenen Gesundheitsstörungen noch zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts unter Beachtung einiger qualitativer Einschränkungen sechs Stunden und mehr ausüben. Er ist daher nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Nach den vorliegenden internistischen Gutachten leidet der Kläger insbesondere unter einem Diabetes mellitus, der - so ausdrücklich Dr. S. - bislang ohne leistungseinschränkende diabetogene Folgeschäden geblieben ist. Auch Dr. B. hat aus neurologischer Sicht insoweit lediglich eine diskrete Polyneuropathie der unteren Extremitäten gefunden und hieraus keine relevanten Leistungseinschränkungen abgeleitet. Der Diabetes mellitus selbst führt somit - so ausdrücklich Dr. S. - lediglich zu qualitativen Einschränkungen, indem keine Wechselschichten, keine Arbeiten, die mit beruflicher Personenbeförderung oder dem Transport gefährlicher Güter im Zusammenhang stehen, keine Arbeiten mit Waffengebrauch, keine Überwachungsfunktionen mit alleiniger Verantwortung für das Leben anderer, keine Arbeiten mit Absturzgefahr oder an anderen gefährlichen Arbeitsplätzen bzw. an gefährlichen Maschinen ausgeübt werden können.
Die erstmalig von Dr. S. diagnostizierte chronisch obstruktive Atemwegserkrankung rechtfertigt ebenfalls nicht die Annahme einer zeitlichen Leistungseinschränkung für leichte körperliche Arbeiten. Dr. S. hat vielmehr überzeugend lediglich schwere und mittelschwere körperliche Arbeiten sowie Arbeiten unter Einwirkung reizender inhalativer Substanzen ausgeschlossen. Zusätzliche Leistungseinschränkungen durch das metabolische Syndrom sowie das Übergewicht sind - so Dr. S. - nicht anzunehmen.
Auf somatischem Gebiet hat somit keiner der mit der Begutachtung des Klägers betrauten Ärzte nach der Einstellung des Diabetes mellitus in der stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme im Jahr 2008 rentenrelevante Leistungseinschränkungen angenommen. Übereinstimmend sind Dr. S. und Dr. S. sowie die Ärzte der Reha-Klinik Ob der T. zu dem Ergebnis gelangt, dass dem Kläger jedenfalls leichte Tätigkeiten mehr als sechs Stunden täglich unter Beachtung der angeführten qualitativen Leistungseinschränkungen zuzumuten sind. Zum selben Ergebnis kam bereits die Internistin G. für den Fall einer - wie erfolgt - hinreichenden Einstellung des Diabetes mellitus.
Entgegen der Ansicht des Klägers rechtfertigen seine Störungen auf psychiatrischem Fachgebiet nicht die Annahme einer zeitlichen Leistungseinschränkung. Ebenso wenig wie das Sozialgericht vermag der Senat den Ausführungen von Dr. R. zu folgen. So hat der Sachverständige schon keinen typischen Tagesablauf des Klägers und auch nicht sein typisches Freizeitverhalten erhoben. Er hat lediglich im Rahmen der aktuellen Lebenssituation dargestellt, dass der Kläger nach seinen Angaben sein Essen in der gemeinsam mit der Ehefrau und den drei Söhnen bewohnten Wohnung wegen der bestehenden familiären Differenzen selber zubereiten und auch - die Geschirrspülmachine dürfe er nicht mehr benutzen - selber abwaschen müsse. Insoweit wäre es zwingend erforderlich gewesen, dass der Sachverständige im Weiteren abklärt, wie der Kläger seinen Tag verbringt, insbesondere welche persönlichen Verrichtungen im Rahmen der Haushaltstätigkeit möglich sind und wie der Kläger seine Freizeit gestaltet. Ohne solche Erhebungen lässt sich nicht abschätzen, wie sich eine tatsächlich vorhandene psychische Störung auf körperliche und geistige Fähigkeiten auswirkt.
Demgegenüber hat Dr. B. ausführlich dargestellt, dass der Kläger noch fern sehe, insbesondere gerne Nachrichten und Sport, gerne Spielfilme und sehr sehr gerne Filme mit Tieren schaue, also ein breites Interessenspektrum im Hinblick auf diese Freizeitgestaltung besitzt. Darüber hinaus geht er - so die Anamnese von Dr. B. weiter - an jedem Tag hinaus, ans Mainufer, um dort auf der Bank zu sitzen. Er treffe dann Bekannte oder Kumpels, mit denen er rede. Die alltäglichen Verrichtungen hat der Kläger gegenüber Dr. B. dahingehend beschrieben, dass er mal die Küche aufräume und in der Küche sauber mache und den Tisch abräume oder mal das Bett mache. Er schlafe allerdings im Wohnzimmer auf der Couch. Ungefähr ein Mal in der Woche fahre er mit seiner Frau einkaufen, abends gehe er auch mal, so alle vier bis acht Wochen, mit den Kollegen los, einen Döner essen oder zu McDonalds. Wenn Dr. B. dann hieraus im Rahmen seiner zusammenfassenden Beurteilung den Schluss zieht, dass der Kläger noch erhaltene Ressourcen habe, ist dies überzeugend.
Darüber hinaus hat Dr. R. im Rahmen der Beschreibung des psychopathologischen Befundes wesentlich auf Angaben des Klägers abgestellt. So hat er hinsichtlich des Antriebes eine deutliche Reduzierung von Kraft und Energie angegeben, dann aber ausgeführt, dass der Kläger dies berichte. Gleiches gilt in Bezug auf eine Grübelneigung. Eine kritische Überprüfung dieser Angaben des Klägers, insbesondere hinsichtlich des Ausmaßes der vom Kläger selbst beschriebenen Einschränkungen, findet sich in dem Gutachten nicht. Eine derartige kritische, distanzierte Prüfung der Angaben des Klägers im Verlauf der Exploration ist aber unabdingbare Voraussetzung für eine nachvollziehbare Leistungsbeurteilung. Auch dies hat Dr. R. nicht geleistet. Hierauf hat bereits Dr. H. in seiner Stellungnahme für die Beklagte hingewiesen.
Im weiteren Verlauf der Darstellung des psychopathologischen Befundes gibt Dr. R. eine deutliche Verminderung der Auffassung und des Kritikvermögens an. Zur Begründung führt er aus, dass der Kläger die Beleidigung nicht nachvollziehen könne, die er seinem Schwager zugefügt habe, als er die Schwägerin mit einem Hund verglich. Insoweit setzt sich der Sachverständige aber nicht mit der Frage auseinander, inwieweit die - auch nach der Darstellung von Dr. R. - seit der Jugendzeit bestehende Impulskontrollstörung, trotz der der Kläger jahrelang versicherungspflichtig tätig war, oder auch nur Unwillen hierfür verantwortlich sein könnte. Eine weitergehende Begründung der angenommenen Verminderung von Auffassung und Kritikvermögen gibt der Sachverständige nicht. Er nimmt vielmehr darüber hinaus eine Herabsetzung der Konzentration an und begründet dies mit der Notwenigkeit, die zweistündige Untersuchungssituation zwei Mal zu unterbrechen, auf Grund von Unruhe. Dabei hat es der Sachverständige unterlassen, den Grund dieser Unruhe zu beschreiben. Aus der späteren Darstellung von Dr. B. ergibt sich, dass auch in seiner Exploration mehrmalige Pausen erforderlich gewesen sind, weil der Kläger zum Rauchen vor die Türe gegangen ist. Die insoweit von Dr. B. nachvollziehbar diagnostizierte Nikotinabhängigkeit käme als Grund für die von Dr. R. beschriebene Unruhe des Klägers und Erforderlichkeit von Pausen in erster Linie in Betracht und begründet keine Einschränkung der Leistungsfähigkeit. Auch hierzu finden sich keine Angaben im Gutachten von Dr. R ...
Unabhängig von der Frage, inwieweit auf Grund dieser Defizite auch die diagnostische Einschätzung von Dr. R. in Zweifel zu ziehen ist - Dr. B. jedenfalls ist lediglich von einer dysthymen Entwicklung ausgegangen -, kann jedenfalls der Leistungsbeurteilung von Dr. R. aus den dargestellten Gründen nicht gefolgt werden.
Vielmehr ist die - ohnehin nicht nachvollziehbare - Leistungseinschätzung durch Dr. R. durch das ausführliche und umfassende Gutachten von Dr. B. widerlegt. Dr. B. hat ausführlich dargestellt, dass beim Kläger, nachdem er selbst mit dem Auto zweieinhalb Stunden zur Untersuchung angefahren ist und nach mehrstündiger Exploration - nach der Bestätigung durch Dr. B. in dem vom Kläger vorgelegten Kostenerstattungsantrag dauerte die Untersuchung von 11:30 Uhr bis 17:15 Uhr - keine relevante Störung von Konzentration, Merkfähigkeit sowie Aufmerksamkeit aufgetreten ist. Dr. B. hat keine vorzeitige Erschöpfung oder Ermüdung beim Kläger erkennen können. Er hat - wie erwähnt - lediglich ein starkes Bedürfnis des Klägers erkannt, mehrere Rauchpausen einzulegen. Wenn aber der Kläger eine zweieinhalbstündige Autofahrt und eine mehr als fünfstündige Untersuchung durch einen Nervenarzt einschließlich testpsychologischer Diagnostik erkennbar ohne wesentliche Einschränkung von Konzentration, Merkfähigkeit und Aufmerksamkeit durchstehen kann, ist die Schlussfolgerung des gerichtlichen Sachverständigen Dr. Brandi, der Kläger könne auch sechs Stunden und mehr leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten, überzeugend. Damit ist auch die Annahme des behandelnden Nervenarztes Dr. B. , der Kläger könne nur noch zwei Stunden täglich arbeiten, wiederlegt. Denn Dr. B. hat in seiner sachverständigen Zeugenauskunft gegenüber dem Senat diese Leistungseinschränkung mit fehlender Ausdauer des Klägers begründet. Eine hinreichende Ausdauer aber ist durch die Darstellungen von Dr. B. bewiesen.
Darüber hinaus sind auch die psychischen Ressourcen des Klägers erhalten. Insoweit hat Dr. B. im Rahmen der Beschreibung des Alltags des Klägers - wie bereits erwähnt - die Interessen des Klägers, seine Vorlieben und seine Neigungen dargestellt. Auch die Angaben des Klägers gegenüber Dr. B. über seine Fähigkeiten, sich um den Haushalt zu kümmern und mit seiner Frau einzukaufen, zeigen, dass keine wesentlichen Einschränkungen für die Verrichtung leichter Tätigkeiten vorliegen. Entsprechend hat der Kläger gegenüber Dr. B. auch eingeräumt, sich noch eine Tätigkeit als Fahrer, insbesondere die Auslieferung von Paketen ohne schweres Heben, eine Tätigkeit in Form des Sortierens von Briefen oder eine leichte Montagetätigkeit vorstellen zu können. Dabei hat er ausdrücklich bestätigt, Vorschriften von einem Chef annehmen zu können. Im Ergebnis steht somit die von Dr. R. beschriebene Impulskontrollstörung, die Dr. B. seiner Diagnose einer vielschichtigen Persönlichkeitsstörung zugeordnet hat, einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht entgegen. Denn beide Sachverständigen haben in ihren Gutachten dargelegt, dass diese Kontrollstörung schon seit dem frühen Jugendalter besteht. Gleichwohl ist der Kläger in der Lage gewesen, bis Anfang 1997 versicherungspflichtig tätig zu sein. Nach seinen Angaben gegenüber der Internistin G. wurde er auch nicht wegen Differenzen mit dem Arbeitgeber entlassen, sondern weil er am Arbeitsplatz zusammengebrochen war und der Arbeitgeber Kenntnis von seiner Erkrankung (Diabetes mellitus) erhalten hatte.
Im Ergebnis schließt sich der Senat somit den Leistungsbeurteilungen der Internistin G. , von Dr. S. , Dr. S. und Dr. B. an. Diese Beurteilungen sind im Übrigen von den früher den Kläger behandelnden Ärzten Dr. W. und Dr. S. bestätigt worden. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass selbst der behandelnde Dr. W. trotz der vom ihm diagnostizierten mittelgradigen depressiven Episode von einem sechsstündigen Leistungsvermögen ausgeht. Damit haben noch nicht einmal die den Kläger in den Jahren 2008 und 2009 behandelnden Nervenärzte die Beurteilung von Dr. R. - Leistungsunfähigkeit seit zwei Jahren, also seit 2008 - bestätigt.
Eine weitere Sachaufklärung ist nicht erforderlich. Soweit der Kläger rügt, das Sozialgericht hätte nicht von der Beurteilung des Dr. R. abweichen dürfen, folgt ihm der Senat aus sogleich darzulegenden Gründen nicht. Ob das Sozialgericht - so der Kläger weiter - dann verpflichtet gewesen wäre, eine weitere Sachaufklärung durchzuführen, kann offen bleiben. Denn die vom Kläger verlangte weitere Aufklärung des Sachverhalts ist durch den Senat durch schriftliche Vernehmung der den Kläger behandelnden Nervenärzte und Einholung des Gutachtens von Dr. B. erfolgt. Soweit der Kläger meint, der Senat dürfe ohne nochmalige Befassung des Dr. R. sich nicht dem Gutachten von Dr. B. anschließen und somit vom Gutachten des Dr. R. abweichen, trifft dies nicht zu. Vielmehr ist es ureigenste Aufgabe des Senats, die Überzeugungskraft vorliegender Gutachten zu prüfen, denn nur überzeugende Gutachten vermögen die richterliche Beurteilung zu beeinflussen. Dass und aus welchen Gründen das Gutachten von Dr. R. nicht überzeugend ist, ist oben dargelegt. Ebenfalls zum richterlichen Aufgabenbereich gehört die Bewertung mehrerer Gutachten, auch und gerade wenn sie sich in der Beurteilung der streitentscheidenden Frage des Vorliegens einer Erwerbsminderung widersprechen. Eine solche Beweiswürdigung ist Kernbereich der Tatsacheninstanz. Eine vorherige Befassung jedes Gutachters mit widersprechenden nachfolgenden gutachterlichen Beurteilungen ist hierfür nicht erforderlich. Der Senat sieht daher keinen Anlass, von Dr. R. von Amts wegen eine ergänzende Stellungnahme einzuholen. Allein der Umstand, dass vorliegend hinsichtlich der Beurteilung des Leistungsvermögens sich widersprechende Gutachten vorliegen, zwingt auch nicht zur Einholung eines weiteren Gutachtens (BSG, Beschluss vom 26.06.2001, B 2 U 83/01 B).
Im Ergebnis kann der Kläger somit zumindest noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der von Dr. S. und Dr. B. genannten qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich ausüben. Er ist daher nicht erwerbsgemindert. Dabei ist es unerheblich, ob ein dem Leistungsvermögen entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden kann, weil nach § 43 Abs. 3 zweiter Halbsatz SGB VI die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in einem solchen Fall regelmäßig nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50, auch zum Nachfolgenden). Denn nach der Rechtsprechung des BSG steht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist. Nur ausnahmsweise ist für einen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Versicherten wie der Kläger mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes sind bestimmte Fälle anerkannt (z.B. Einarmigkeit, vgl. BSG, a.a.O., m.w.N.), zu denen der vorliegende Fall aber nicht gehört. Vielmehr braucht eine Verweisungstätigkeit erst benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG, a.a.O.; Urteil vom 27.04.1982, 1 RJ 132/80 in SozR 2200 § 1246 Nr. 90). Denn ein Teil dieser Einschränkungen stimmt bereits mit den Tätigkeitsmerkmalen einer körperlich leichten Arbeit überein; dies gilt insbesondere für die geminderte Fähigkeiten, Lasten zu bewältigen und die geringe Belastbarkeit der Wirbelsäule (BSG, SozR 3 a.a.O.) mit den hierauf beruhenden Einschränkungen. Nicht anders liegt der Fall des Klägers. Auch bei ihm wird den qualitativen Einschränkungen im Wesentlichen bereits dadurch Rechnung getragen, dass ihm nur noch leichte Arbeiten zugemutet werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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