L 10 R 106/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 16 R 3211/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 106/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19.10.2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente.

Die Klägerin, schweizerische Staatsangehörige, wurde im Jahr 1957 in S. geboren. Sie verfügt über keine Berufsausbildung und war zuletzt als angelernte Briefträgerin in der Schweiz beschäftigt. Während dieser Tätigkeit stürzte sie im Jahr 1996 bei einer Übungsfahrt mit einem Mofa auf die Knie. Seither - auch nach einem weiteren Sturzereignis mit anschließender Tätigkeitsaufgabe im Sommer 1997 - klagt sie über verschiedene Schmerzzustände. Mehrere Untersuchungen brachten keine hinreichende Ursachenklärung. Als Zufallsbefund wurden zwei Aneurysmen an den Hirngefäßen festgestellt und im Jahr 2008 operativ behandelt. Ferner ergab sich ein Bandscheibenschaden an der Halswirbelsäule. Nach vorangegangenen Notfallaufnahmen wegen Panikattacken mit Hyperventilation im Jahr 2008 fand von Juli bis Oktober 2008 eine stationäre Behandlung in der Universitätspsychiatrie in Zürich statt. Die behandelnden Ärzte beschrieben einen langsamen Rückzug der depressiven Symptomatik und ein völliges Verschwinden der Schmerzsymptomatik. Es habe sich eine deutliche Verweigerungshaltung bei der Klägerin herauskristallisiert, sie sei undurchsichtig geblieben und habe nicht kooperiert (Austrittsbericht von Prof. Dr. B. , Bl. 383 medizinischer Teil -mT- VA).

Die Klägerin bezieht auf ihren Antrag vom April 1998 seit Juli 1998 eine schweizerische Invaliditätsrente nach einem Invaliditätsgrad von 100 %.

Da die Klägerin Versicherungszeiten in der Bundesrepublik Deutschland hat, leitete die Schweizerische Ausgleichskasse den Rentenantrag auch an die Beklagte weiter. Bei der Beklagte gingen verschiedene medizinische Unterlagen über den Gesundheitszustand der Klägerin seit dem Mofaunfall ein (u.a. Zwischenbericht des Allgemeinmediziners Dr. B. vom Januar 1997 mit einem Hinweis auf eine Diskrepanz zwischen dem objektiven Befund und subjektiven Beschwerden, Gutachten des Spezialarztes FMH für physikalische Medizin Dr. M. vom Dezember 1997 mit Hinweis auf eine auffällige Diskrepanz zwischen den massiven subjektiven Schmerzangaben und dem objektiven Befund Bl. 13 u. 95 mT VA).

Nach Durchführung einer Kontenklärung lehnte die Beklagte den weitergeleiteten Rentenantrag mit Bescheid vom 29.06.2001 unter der Annahme, es seien nur acht Monate mit anrechenbaren Zeiten zurückgelegt, wegen der Nichterfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (Wartezeit von fünf Jahren) ab.

Unter Hinweis auf unberücksichtigt gebliebene versicherungsrechtliche Zeiten begehrte die Klägerin im September 2006 eine Überprüfung (Bl. 151 VA). Am 04.04.2007 gingen von der Beklagten übersandte und von der Klägerin ausgefüllte Formulare (u.a. zur Begründung des Rentenantrages) ein (Bl. 237 VA).

Mit Bescheid vom 26.03.2008 lehnte die Beklagte, nachdem sie nunmehr von der Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen ausging, den "Antrag vom 04.04.2007" ab. Die Klägerin habe zwei zur Begutachtung terminierte Untersuchungen nicht wahrgenommen und keine medizinischen Unterlagen vorgelegt. Sie trage die objektive Beweislast für die feststellungsbedürftigen Tatsachen. Bis zum Nachweis des Gegenteils sei von einem über sechsstündigen Leistungsvermögen auszugehen. Die Beklagte berücksichtigte bei ihrer Entscheidung Berichte von Dr. B. (u.a. aus dem Jahr 2005 mit dem Hinweis, die Klägerin fühle sich kraftlos, beklage Schmerzen am ganzen Körper, könne auch einfachste Verrichtungen schmerzbedingt nicht ausführen, objektivierbare gravierende Funktionsstörungen seien aber nicht vorhanden, Bl. 234 mT VA).

Den hiergegen von der Klägerin erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.04.2009 zurück. Die Beklagte nahm nunmehr auf den "Antrag vom 03.04.1998" Bezug und lehnte sowohl einen Anspruch auf eine Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit nach dem bis zum 31.12.2000 geltenden Recht als auch einen Anspruch auf eine Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung nach dem neuen Rentenrecht ab. Die Klägerin könne trotz einer ängstlich depressiven Anpassungsstörung mit histrionischen und narzisstischen Persönlichkeitszügen, einem chronisch generalisierten Schmerzsyndrom ohne organpathologischen Befund sowie (behandelten) Aneurysmen ohne neurologische Ausfälle leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts in wechselnder Körperhaltung ohne Nachtschicht, ohne besondere Anforderungen an das Reaktions-/Konzentrationsvermögen und ohne besonderen Zeitdruck vollschichtig verrichten. Die Beklagte stützte sich dabei auf die Stellungnahme von Dr. L.-K. , die für den Sozialmedizinischen Dienst der Beklagten u.a. ausführte, die Aneurysmaoperationen seien prophylaktisch vorgenommen worden, ohne dass darauf zurückzuführende neurologische oder neuropathologische Störungen bestanden hätten. Während des stationär-psychiatrischen Aufenthaltes (2008) seien keine schweren psychischen Störungen festgestellt und eine eingeschränkte Motivation und Kooperation beschrieben worden.

Deswegen hat die Klägerin am 08.07.2009 beim Sozialgericht Karlsruhe Klage erhoben. Das Sozialgericht hat Prof. Dr. B. und Dr. B. schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Prof. Dr. B. hat sich nicht in der Lage gesehen, zur beruflichen Leistungsfähigkeit der Klägerin Stellung zu nehmen. Dr. B. hat sich auf das Arztgeheimnis nach schweizerischem Recht berufen und keine Angaben zur Sache gemacht. Ferner hat das Sozialgericht den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat nach Untersuchung der Klägerin im August 2010 rezidivierende depressive Episoden auf dem Boden einer Angst- und Panikkrankheit, ein chronisch generalisiertes Schmerzsyndrom, eine vermutlich narzisstische Persönlichkeitsstörung, einen Zustand nach bilateraler Aneurysmaoperation und einen Bandscheibenschaden an den Halswirbelkörpern 4/5 sowie anamnestisch eine rheumatoide Arthritis diagnostiziert. Bei der Begutachtung hat die Klägerin u.a. angegeben, seit dem Jahr 2009 medizinische Maßnahmen vermieden zu haben, da sie nicht mehr bezahlt würden. Ab und zu gehe sie zu Dr. W. (dessen Anschrift im Gutachten nicht angegeben ist). Medikamente nehme sie nur noch unregelmäßig. Dr. B. hat die Klägerin nicht in der Lage gesehen, einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen und den öffentlichen Nahverkehr zu benutzen. Die Beschwerden der Klägerin seien nicht vorgetäuscht. Dagegen sprächen die in Einzelheiten für die Störungsbilder charakteristischen Beschreibungen der Klägerin. Die Beschwerden träten auch in häuslicher Umgebung auf und ließen sich durch Medikation bessern. Zudem hat Dr. B. auf die Beurteilung seitens der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich verwiesen. Nach Einwendungen durch Dr. W. (Sozialmedizinischer Dienst der Beklagten), der insbesondere bemängelt hat, dass sich Dr. B. zu sehr auf die Angaben der Klägerin gestützt habe, hat Dr. B. in seiner ergänzenden Stellungnahme eine stationäre Begutachtung bzw. eine Begutachtung durch einen Facharzt für Psychiatrie angeregt. Das Sozialgericht hat daraufhin den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. mit der Erstellung eines weiteren Gutachtens beauftragt. In seinem nach Untersuchung der Klägerin im Januar 2011 erstellten fachneurologisch und -psychiatrischen Gutachten hat er bei der Klägerin eine Anpassungsstörung mit Angst und Depression gemischt, ein leichtes sensibles Sulcus-ulnaris-Syndrom linksbetont sowie degenerative Halswirbelsäulenveränderungen mit Nackenschmerz ohne Beteiligung von Nervenstrukturen diagnostiziert. Er ist von einer nicht willentlichen Verdeutlichungstendenz der Klägerin ausgegangen. Narzisstisch getönte Verhaltensauffälligkeiten und eine bei der körperlichen Untersuchung zu beobachtende Überempfindlichkeit des gesamten Körpers bei Berührung und Druck hat er einer somatoformen Begleitsymptomatik der depressiven Störung zugeordnet und die Klägerin nur noch für in der Lage erachtet, leichte körperliche Tätigkeiten unter qualitativen Einschränkungen maximal vier Stunden täglich zu verrichten. Zur Begründung dafür hat er einen erhöhten Erholungsbedarf angeführt. Auf die Einwendung von Dr. W. (s.o.), aus einer leichtgradigen depressiven Störung könne nicht auf eine rentenrelevante zeitliche Leistungsminderung geschlossen werden, hat Dr. K. erwidert, es sei zu berücksichtigen, dass die somatoforme Störung das Krankheitsbild komplizierend überlagere.

Mit Urteil vom 19.10.2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe mit dem angefochtenen Ablehnungsbescheid vom 26.03.2008 entgegen den missverständlichen Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 28.04.2009 nur über den Rentenantrag der Klägerin vom 04.04.2007 entschieden. Der erste Rentenantrag vom April 1998 sei bestandskräftig abgelehnt worden. Die Klägerin erfülle nicht die Voraussetzungen für einen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung nach dem seit dem 01.01.2001 gültigen Rentenrecht. Das Gutachten von Dr. B. könne nicht überzeugen, da es eine Würdigung der von der Klägerin subjektiv vorgetragenen Symptome vor dem Hintergrund des objektiv überprüfbaren Verhaltens, insbesondere auch eine hinreichende Anamneseerhebung zur Tagesstrukturierung vermissen lasse. Dies wäre wegen der von Dr. K. beschriebenen ausgeprägten Verdeutlichungstendenzen zwingend erforderlich gewesen. Dr. K. habe zwar schlüssig dargelegt, dass bei der Klägerin eine Anpassungsstörung mit Angst und Depression gemischt, ein leicht linksbetontes Sulcus-ulnaris-Syndrom und degenerative Halswirbelsäulenveränderungen vorliegen. Den hieraus gezogenen Schlussfolgerungen auf das zeitliche Leistungsvermögen sei jedoch nicht zu folgen. Es sei lediglich nachvollziehbar, dass die Klägerin Tätigkeiten, die mit dem Heben und Tragen von Lasten über zehn Kilogramm, mit länger anhaltenden Zwangshaltungen des Rumpfes und der Halswirbelsäule, mit Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeit, mit längerem Arbeiten in Kälte, Nässe, im Freien unter Wärmeeinfluss oder unter Einwirkung von Staub, Gasen und Dämpfen, mit einer erhöhten Verantwortung, erhöhten Anforderungen an das Konzentrationsvermögen oder mit nervlichen Belastungen verbunden sind, nicht mehr zumutbar seien. Dass darüber hinausgehende quantitative Einschränkungen nicht vorlägen, zeige der Umstand, dass Dr. K. etwa geistige Beanspruchung im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit, soweit sie nicht erhöht seien, für möglich halte. Aus der von ihm zur Begründung seiner Leistungseinschätzung angegebenen Überlagerung durch eine somatoforme Störung folge keine weitergehende Einschränkung. Schließlich sei im Rahmen des stationären Aufenthaltes in der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich ein fast völliges Verschwinden der Schmerzsymptomatik erreicht worden. Zu berücksichtigen seien zudem die von Dr. K. beschriebenen Verdeutlichungstendenzen, die sich im Rahmen der Beweiswürdigung zu Lasten der Klägerin auswirkten. Nach den objektiv belegten Befunden ließe sich eine quantitative Leistungsminderung nicht begründen. Die Klägerin habe zuletzt eine ungelernte Tätigkeit verrichtet, so dass eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht in Betracht komme.

Gegen das ihr am 07.11.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 09.01.2012 Berufung eingelegt. Ihr Gesundheitszustand habe sich seit dem Jahr 1997 von Jahr zu Jahr extrem verschlimmert und zuletzt im Jahr 2008 zu mehrmaligen Notfallsituationen geführt. Sie stützt sich auf die Gutachten von Dr. B. und Dr. Köster, von denen das Sozialgericht nur die gegen sie sprechenden Gesichtspunkte berücksichtigt habe. Dr. K. sei bei der Abfassung seines Gutachtens zu Unrecht davon ausgegangen, dass sie ohne Begleitung zur Begutachtung nach Freiburg gefahren sei. Die Besserung ihres Zustands während des stationären Aufenthalts in der Universitätspsychiatrie sei wegen dem Einsatz starker Antidepressiva in Frage zu stellen. Jeder Arzt könne bestätigen, dass unter dem Einfluss von Medikamenten Schmerzen weniger werden.

Der Senat hat Dr. K. ergänzend befragt. Er hat mitgeteilt, die Klägerin sei alleine in den Untersuchungsräumen erschienen. In welcher Weise sie angereist sei, habe er nicht dokumentiert. Die Festlegung des Schweregrads der bei der Klägerin bestehenden Störung basiere ganz wesentlich auf dem psychischen Befund, bei dem höhergradige depressive Symptome definitiv nicht festzustellen gewesen seien.

Die Klägerin hat die Person, die sie zur Begutachtung durch Dr. K. begleitet habe, namentlich benannt. Auf die Anforderung des Berichterstatters, die sie aktuell behandelnden Ärzte anzugeben, hat sie am 12.04.2012 mitgeteilt, sie habe keinen Nerv, dem Gericht ihre aktuell behandelnden Ärzte zu benennen. Sie sei ständig in ärztlicher Behandlung, jedoch sei ihr alles zu viel (Vermerk Bl. 95 LSG-Akte). Der Berichterstatter hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass angesichts ihrer Weigerung eine weitere Aufklärung des Sachverhalts nicht in Betracht komme. Sollte der Senat abschließend zu der Auffassung gelangen, dass eine Erwerbsminderung bislang nicht nachgewiesen sei, gehe das zu ihren Lasten.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19.10.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Rücknahme des Bescheides vom 26.03.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.04.2009 zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit, hilfsweise wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144 und 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.

Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 26.03.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.04.2009 mit dem die Beklagte - so ausdrücklich der maßgebliche (§ 95 SGG) Widerspruchsbescheid - über den Rentenantrag vom April 1998 umfassend unter Prüfung des alten, bis Ende des Jahres 2000 geltenden Rentenrechts (§§ 43, 44 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI - in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung - a.F.) und des nachfolgend geltenden neuen Rentenrechts (§§ 43, 240 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung) entschied. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts formulierte die Beklagte im Widerspruchsbescheid somit hinsichtlich der Benennung des maßgeblichen Rentenantrags nicht missverständlich, sondern sie ging zutreffend davon aus, dass Ausgangspunkt des von der Klägerin geltend gemachten Begehrens der Rentenantrag vom April 1998 war (und noch immer ist). Dies entsprach dem ausdrücklichen Anliegen der Klägerin, die im September 2007 unter Hinweis auf die doch erfüllten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen um Überprüfung der vormaligen Rentenablehnung (Bescheid vom 29.06.2001) gebeten hatte. Im Übrigen ist aus den vorliegenden Verwaltungsakten nicht erkennbar, dass die Klägerin mit der Übersendung der ihr von der Beklagten übersandten und von ihr ausgefüllten Vordrucke einen gesonderten Rentenantrag stellen wollte. Dies machte aus Sicht der Klägerin auch keinen Sinn, da sie - wie dargelegt - schon die Überprüfung der Ablehnung des früheren Rentenantrages verlangt hatte.

Im Hinblick auf die vom Sozialgericht freilich durchaus zu Recht angesprochene Bestandskraft des rentenablehnenden Bescheids vom 29.06.2001 bedarf es keiner näheren Betrachtung, inwieweit die Beklagte die von der Klägerin sinngemäß beantragte Prüfung nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) vornahm. Denn diese Prüfung zielt auf eine Durchbrechung der Bestandkraft der Ablehnung des Rentenantrages von April 1998, sodass - läge eine Entscheidung der Beklagten hierüber in den angefochtenen Bescheiden nicht vor - allein diese Bestandkraft einer positiven Entscheidung des Senats (nach altem Rentenrecht) entgegen stünde. Indessen vermag der Senat aus tatsächlichen Gründen weder einen Anspruch auf Erwerbsminderungsrenten nach altem Recht noch nach neuem Recht zu bejahen. Denn der Senat sieht trotz des Bezugs der schweizerischen Invaliditätsrente keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür, dass bei der Klägerin nach den bis Ende des Jahres 2000 geltenden Maßstäben Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit vorlag oder nachfolgend im Hinblick auf die von ihr behauptete extreme Verschlechterung eine volle oder teilweise Erwerbsminderung nach dem neuen Rentenrecht eintrat. Damit kommt es auf die Bestandskraft des Bescheids vom 29.06.2001 bzw. dessen Durchbrechung nicht streitentscheidend an.

Die Beklagte stellte die hier in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen nach §§ 43, 44 SGB VI alte Fassung (a.F.) im Widerspruchsbescheid ausführlich dar, im Urteil des Sozialgerichts findet sich eine umfassende Darstellung der §§ 43, 240 SGB VI neue Fassung. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf diese Darstellungen Bezug.

Ferner hat das Sozialgericht in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils unter Würdigung der Gutachten von Dr. B. und Dr. K. zutreffend und überzeugend ausgeführt, dass die Klägerin entgegen der Leistungseinschätzung der eben Genannten die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, nicht erfüllt, weil sie leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann und auch keinen besonderen Berufsschutz hat. Der Senat sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Davon, dass - was das Sozialgericht in Konsequenz seiner unzutreffenden Auslegung der angefochtenen Bescheide (s.o.) nicht geprüft hat - die Voraussetzungen der §§ 43, 44 SGB VI a.F. in der Vergangenheit vorlagen, kann sich der Senat nicht überzeugen. Ein Anspruch auf eine Rente wegen Berufsunfähigkeit nach § 43 SGB VI a.F. scheitert bereits an der vom Sozialgericht zu § 240 SGB VI zutreffend dargelegten Verweisbarkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. Soweit ein Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach § 44 SGB VI a.F. schon bei einem unter vollschichtigen Leistungsvermögen in Betracht kam, steht der Annahme eines dementsprechend in der Zeit vor dem 01.01.2001 eingeschränkten Leistungsvermögens entgegen, dass sich der Senat für die Zeit danach nicht von einem unter sechsstündigen Leistungsvermögen überzeugen kann und die Klägerin selbst dargestellt hat, dass sich ihr Gesundheitszustand seit dem Jahr 1997 extrem verschlechtert habe. Somit lag zwar in der Vergangenheit bis Ende des Jahres 2000 hinsichtlich des von der Klägerin geltend gemachten Rentenbegehrens ein für sie günstigerer Maßstab (untervollschichtig statt unter sechsstündig) vor. Damals ging es der Klägerin aber nach ihren eigenen Angaben noch deutlich besser.

Zum Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren ist ergänzend anzumerken, dass ihr Einwand, Dr. K. sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass sie alleine nach Freiburg angereist sei, für die Leistungseinschätzung von Dr. K. nicht tragend gewesen ist. Vielmehr hat Dr. K. gegenüber dem Senat - unter Einräumung, keine hinreichende Dokumentation zu der Frage der Anreise zu verfügen - dargelegt, dass maßgeblich für seine Bewertung der psychische Befund im Rahmen der gutachtlichen Untersuchung gewesen ist. Nach diesem haben sich aber höhergradige depressive Symptome definitiv nicht feststellen lassen. Vielmehr ist es - so Dr. K. - zu affektiven Schwankungen gekommen, welche, wie im Gutachten beschrieben und diskutiert, eine eindeutige Verdeutlichungstendenz beinhalteten. Die Schwingungsfähigkeit ist - anders als bei höhergradigen depressiven Störungen zu erwarten erhalten gewesen. Zudem hat auch die Fremdbeurteilungsskala (Hamilton-Depressions-Skala) nur die Diagnose einer leichtgradigen depressiven Beeinträchtigung begründet.

Soweit die Klägerin die Besserung ihres Zustands, insbesondere die Verringerung ihrer Schmerzen während der stationären Behandlung in der Universitätspsychiatrie im Jahr 2008 wegen des Einsatzes einer Medikation in Frage stellt, sieht dies der Senat als Ausdruck des von Prof. Dr. B. damals beschriebenen Skeptizismus, was die Medikamenteneinnahme betraf und geht im Übrigen gerade angesichts des festgestellten Skeptizismus nicht davon aus, dass der Klägerin eine unzumutbare Medikation verordnet wurde.

Im Übrigen sieht sich der Senat angesichts mangelnder Mitwirkung der Klägerin gehindert, den Sachverhalt im Hinblick auf die Behauptung der Klägerin, das Sozialgericht habe zu Unrecht nur die gegen sie sprechenden Argumente aus den im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Gutachten herangezogen, weiter aufzuklären. Die Klägerin hat gegenüber dem Senat telefonisch eindeutig mitgeteilt, entgegen der ihr unterbreiteten Aufforderung die Namen und Anschriften ihrer derzeit behandelnden Ärzte nicht mitteilen zu wollen und eine Entscheidung nach Aktenlage gewünscht. Sie ist davon auch nach dem Hinweis, dass dadurch für sie nachteilige Schlüsse gezogen werden könnten, nicht abgerückt. Die Mitteilung der aktuell behandelnden Ärzte wäre indes erforderlich gewesen, da die gegenüber dem Sozialgericht abgegebene Entbindungserklärung von der ärztlichen Schweigepflicht (Bl. 6 f. SG-Akte) nur behandelnde Ärzte bis in das Jahr 2008 umfasst. Soweit die Klägerin bei der Begutachtung durch Dr. B. auf eine Behandlung durch Dr. W. hingewiesen hat (Bl. 41 SG-Akte), hat sie keine Anschrift angegeben. Im Übrigen kann angesichts der dargestellten telefonischen Äußerungen der Klägerin gegenüber dem Senat auch nicht mehr vom Fortbestehen ihres gegenüber dem Sozialgericht gegebenen Einverständnisses mit einer Befragung von Ärzten ausgegangen werden.

Vorliegend hätte es der Senat aber für erforderlich gehalten, die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen zu befragen, um über einen längeren Zeitraum die tatsächlich durchgeführten Therapien und die geltend gemachten Beschwerden objektivieren zu können. Dieser Aufklärungsbedarf resultiert u.a. aus der von Dr. K. beschriebenen Verdeutlichungstendenz, der von Dr. B. in den Jahren 1997 und 2005 dargestellten und von Dr. M. gutachtlich bestätigten Diskrepanz zwischen den subjektiven Beschwerden und dem objektiven Befund und der von Prof. Dr. B. im Jahr 2008 festgestellten Verweigerungshaltung und fehlenden Kooperation bei einer "undurchsichtig" gebliebenen Klägerin.

Vor dem Hintergrund dieser, von der Klägerin verweigerten Mitwirkung sieht sich der Senat nicht verpflichtet, den Sachverhalt durch Einholung eines erneuten medizinischen Sachverständigengutachten weiter aufzuklären. Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als durch ein Sachverständigengutachten die vom Senat für erforderlich erachtete Klärung des Krankheitsverlaufs nicht geklärt werden kann. Ohnehin endet die Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts dort, wo ein Beteiligter den ihm obliegenden Mitwirkungspflichten nicht nachkommt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Beteiligte - wie hier der Fall - die Möglichkeit zur Aufklärung des Sachverhalts durch Versagung seiner Mitwirkung besonders erschwert (BSG, Urteil vom 11.07.1972, 5 RJ 287/71 in SozR. Nr. 56 zu § 103 SGG, LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.01.2012, L 17 U 190/10 in juris). Versäumt ein Kläger seine Obliegenheit, an der Beweiserhebung mitzuwirken, so treffen ihn die Nachteile, wenn ein anspruchsbegründender Umstand nicht zur Überzeugung des Gerichts erweisbar ist. Das Gericht ist sogar berechtigt anzunehmen, dass eine Beweisaufnahme, die der Kläger verhindert, ein ungünstiges Ergebnis gehabt haben würde, soweit nicht dieser Schluss mit dem festgestellten Sachverhalt in Widerspruch steht (BSG, Urteil vom 16.11.1961, 7/9 RV 1346/59 in juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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