L 11 KR 3256/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 3287/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 3256/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 07.06.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch in der Berufungsinstanz nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Krankengeld (Krg) für die Zeit vom 28.01.2009 bis 27.06.2010.

Der 1953 geborene Kläger war zuletzt als Inneneinrichter und Verkaufsleiter in einem Möbelhaus tätig. Er bezog bereits Krg bis zur Ausschöpfung seines Anspruchs im August 2007 zunächst wegen einer Infektionskrankheit, später wegen Epicondylitis. Ab dem 24.08.2007 bezog er Arbeitslosengeld. Nach erneuter Arbeitsunfähigkeit ab dem 28.12.2008 bezog er zunächst bis zur Ausschöpfung seines Anspruchs Arbeitslosengeld und im Anschluss vom 03.01.2009 bis 27.01.2009 Krg. Ab dem 28.01.2009 war er über seine Ehefrau familienversichert. Von der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) bezieht der Kläger seit dem 01.11.2010 eine bis zum 30.04.2013 befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung aufgrund eines Leistungsfalls am 28.04.2010.

Vom 05.11.2008 bis 26.11.2008 absolvierte der Kläger eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme zu Lasten der DRV. Im Entlassungsbericht vom 26.11.2008 werden Wirbelsäulenbeschwerden, eine beidseitige Epicondylitis, Gonarthrose rechts nach Kniebinnentrauma 1998 und Ersatz des Kreuzbandes 1999 sowie Hypertonie genannt. Psychopathologische Auffälligkeiten sind nicht aufgeführt. Er wurde als arbeitsfähig entlassen.

Ab dem 29.12.2008 wurde der Kläger von Dr. G., Facharzt für Allgemeinmedizin, bis 11.01.2009 wegen Beschwerden am rechten Kniegelenk arbeitsunfähig krankgeschrieben. Am 12.01.2009 stellte Dr. G. eine Folgebescheinigung bis zum 25.01.2009 aus. Im Auszahlschein vom 22.01.2009 bescheinigte er Arbeitsunfähigkeit bis 06.02.2009. Am 28.01.2009 stellte der Nervenarzt Dr. H. Arbeitsunfähigkeit bis 14.02.2009 fest. In der Verwaltungsakte befinden sich durchgängig Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bzw Auszahlscheine bis 14.04.2009. Im letzten Auszahlschein wird ein voraussichtliches Ende der Arbeitsunfähigkeit nicht benannt.

Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) befragte daraufhin die Ärzte des Klägers schriftlich. Dr. H. gab am 21.01.2009 an, im Moment bestehe keine medikamentös behandlungsbedürftige Depression. Am 23.01.2009 erstellte der MDK nach einer Untersuchung des Klägers ein Gutachten. Als Gesundheitsstörungen stellte Dr. B. einen Entzündungszustand an den Sehnen des rechten Kniegelenks, einen Zustand nach Kreuzbandruptur rechts 1998 mit operativer Versorgung einer Bakerzyste, beidseitige Epicondylitis und arterielle Hypertonie fest. Die Ursache der vom Kläger angegebenen Kniebeschwerden sei eine Irritation im Bereich des Sehnenansatzes. Es habe sich eine Druckschmerzhaftigkeit gezeigt. Ein akuter Reizzustand des rechten Knies habe bei der Untersuchung des Klägers nicht mehr vorgelegen. Zum psychischen Befund wird ausgeführt, der Kläger sei zu allen Qualitäten orientiert und schwingungsfähig. Die Sprache sei modulationsfähig, die Psychomotorik unauffällig. Er sei über die gesamte Untersuchungszeit hinweg konzentriert gewesen und habe adäquate und differenzierte Antworten gegeben. Schläfrig sei er nicht gewesen. Anweisungen habe er prompt durchgeführt. Der Gutachter gelangte zu dem Ergebnis, dass der Kläger leichte körperliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, vorwiegend sitzend, aber auch gelegentlich gehend und stehend ab sofort wieder vollschichtig ausüben könne.

Mit Bescheid vom 23.01.2009 stellte die Beklagte fest, dass der Krankengeldanspruch des Klägers mit dem 27.01.2009 ende. Hiergegen legte der Kläger am 28.01.2009 unter Vorlage der AU-Bescheinigung von Dr. H. Widerspruch ein und gab zur Begründung an, er habe schon am 19.01.2009 telefonisch mitgeteilt, dass er sich mittlerweile auch in nervenfachärztlicher Behandlung befinde. Trotzdem habe sich die Begutachtung beim MDK allein auf seine Kniebeschwerden bezogen. Außerdem habe sich der Zustand seines rechten Kniegelenks erneut verschlechtert. Hinzukomme, dass er infolge der statischen Fehlbelastung Rückenschmerzen habe und sich an der linken Fußsohle ein Hühnerauge gebildet habe. Der Kläger legte ein Attest des Nervenarztes Dr. H. vom 09.02.2009 vor, wonach der Kläger im Jahr 2001 wegen einer schweren depressiven Störung mit Suizidnähe behandelt worden sei. Nachfolgend hätten mittelschwere depressive Episoden bestanden, die durch Gespräche und immer wieder mit Medikamenten behandelt worden seien. Die Medikamente habe der Kläger wegen erhöhter Leberwerte abgesetzt. Des Weiteren bestünde ein Schlafapnoesyndrom. Das Beatmungsgerät mit Maske werde vom Kläger nur sehr schwer toleriert. Die geminderte Schlafqualität habe deutliche Auswirkungen auf die Belastbarkeit am Folgetag. Aufgrund dieser Störungen habe er den Kläger über den 27.01.2009 hinaus krankgeschrieben. Die Krankmeldungen davor hätten sich in erster Linie auf die orthopädischen Leiden bezogen. Die Beklagte beauftragte daraufhin nochmals den MDK. Im Gutachten vom 09.03.2009, das nach Aktenlage erstellt wurde, führte Dr. E. aus, es liege kein Anhalt für eine depressive Störung mit der Folge beruflicher Leistungsunfähigkeit vor. Weder die Kniegelenksbeschwerden noch das Hühnerauge führten zur Arbeitsunfähigkeit. Mit Widerspruchsbescheid vom 26.06.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Am 27.07.2009 hat der Kläger beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, der Kläger sei durchgehend arbeitsunfähig. Die Beschwerden hätten sich nicht nennenswert gebessert, Gichtanfälle seien hinzugekommen. Schon seit Jahren leide er an Epicondylitis, die zur Arbeitsunfähigkeit in den Jahren 2006 und 2007 geführt habe. Der MDK habe damals bestätigt, dass aufgrund dieser Erkrankung Arbeitsunfähigkeit bestehe. Während der Rehabilitationsmaßnahme im Jahr 2008 habe er sich das Knie verdreht, was zur Arbeitsunfähigkeit Ende 2008 geführt habe. In der Folge seien Wirbelsäulenbeschwerden hinzugetreten. Seit Jahresbeginn 2009 sei er wegen der Schlafapnoe und Depressionen bei Dr. H. in Behandlung. Aufgrund seines Gesundheitszustandes sei er jedenfalls nicht vermittelbar, was als arbeitsunfähig angesehen werden müsse. Allein schon die Dichte der Untersuchungs- und Behandlungstermine stehe einer Erwerbstätigkeit entgegen.

Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Dr. G. teilte mit, er behandele den Kläger durchgehend 14-tägig seit 01.01.2009. Eine wesentliche Änderung im Gesundheitszustand sei nicht eingetreten. Aus hausärztlicher Sicht könne wegen der Mannigfaltigkeit der Diagnosen nicht beurteilt werden, ob der Kläger vollschichtig leichte Tätigkeiten verrichten könne. Seinem Antwortschreiben legte er einen Arztbrief von Dr. H. vom 13.01.2009 bei, wonach der Kläger "im Moment" psychisch ausgeglichen sei. Dr. H. gab gegenüber dem Gericht an, der Kläger habe sich im Zeitraum Januar bis Oktober 2009 insgesamt elf Mal in seiner Sprechstunde befunden. Am 09.01.2009 sei der depressive Affekt deutlich geworden, die Stimmung habe sich herabgemindert gezeigt, er sei agitiert und auch durch zahlreiche körperliche Probleme noch beeindruckt gewesen. Am 28.01.2009 sei das MDK-Gutachten Thema gewesen. Eine Änderung in der Stimmung habe sich nicht gezeigt. Es hätten sich regelmäßige Gespräche angeschlossen. Eine vollschichtige Arbeit, auch in Form leichter körperlicher Tätigkeiten, sei seit Anfang 2009 nicht möglich gewesen. Die Orthopädin Dr. K. teilte mit, eine Behandlung im Jahr 2009 finde seit dem 21.01.2009 statt. Die erhobenen Befunde hätten einer vollschichtigen Verrichtung körperlich leichter Tätigkeiten nicht entgegengestanden.

Daraufhin holte das SG ein fachorthopädisches Gutachten ein. Dr. C. stellte bei der Begutachtung am 26.02.2010 folgende Gesundheitsstörungen fest: 1. Rotationseinschränkung der Halswirbelsäule mit regionalen Muskelverspannungen, ohne segmentale sensomotorische Störungen an den oberen Extremitäten 2. leichte Fehlstatik des Achsenskeletts ohne Funktionseinschränkung mit regionalen Muskelverspannungen, ohne eindeutige segmentale sensible Störungen an den unteren Extremitäten; Beckentiefstand links um 0,5 cm 3. chronische radiale, aktuell auch geringgradige ulnare Epicondylopathie beidseits ohne Funktionseinschränkung der Ellenbogengelenke 4. Restbeschwerden nach 2006 operativ eröffneter Phlegmone am linken Zeigefinger ohne Funktionsbehinderung 5. rezidivierender Reizzustand des rechten Kniegelenks nach vorderer Kreuzbandplastik von 1998, ohne Nachweis einer Bandlockerung, Beugeeinschränkung des rechten Kniegelenks, Sensibilitätsstörungen am rechten Unterschenkel; Hinweise auf Gelenkknorpelerkrankung beidseits; anamnestisch rezidivierende Bakerzyste rechts 6. Schmerzsyndrom der Achillessehne rechts, anamnestisch nach Läsion von 1998 7. Senk-Spreizfuß, Hallux valgus und Hammerzehe II beidseits; abgelaufene Gicht rechts mit schmerzhafter Funktionsbeeinträchtigung des rechten Großzehengrundgelenks Die erhobenen Befunde wichen nicht relevant von den im Gutachten von Dr. B. getroffenen Feststellungen ab. Aus dem Ergebnis seiner Untersuchung lasse sich ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Wechseltätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen ableiten. Diese seien im Gutachten von Dr. B. berücksichtigt worden, insofern sei die damals getroffene Entscheidung nicht zu beanstanden. Hinsichtlich der nervenfachärztlichen Erkrankungen werde die Einholung eines entsprechenden Fachgutachtens empfohlen.

Mit Urteil vom 07.06.2010 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Maßstab für die Beurteilung von Arbeitsunfähigkeit seien leichte Tätigkeiten. Diese habe der Kläger ab dem 28.01.2009 ausüben können. Orthopädische Erkrankungen hätten im Vordergrund gestanden. Trotz der Erkrankungen auf diesem Fachgebiet habe der Kläger nach den überzeugenden Ausführungen des Gerichtsgutachters leichte Tätigkeiten vollschichtig ausüben können. Die weiteren Erkrankungen hätten ebenfalls keine Arbeitsunfähigkeit begründet. Die von Dr. H. gegenüber dem Gericht gemachten Angaben stünden im Widerspruch zu seinen Angaben im Arztbrief vom 13.01.2009 an Dr. Gebauer, wonach der Kläger im Moment psychisch ausgeglichen sei; im Vordergrund stünden die orthopädischen Beschwerden. Es lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sich der psychische Zustand des Klägers bis zum 28.01.2009 verschlechtert hätte. Dr. H. habe vielmehr angegeben, dass die Stimmung unverändert geblieben sei. Es könne schließlich dahingestellt bleiben, ob Arbeitsunfähigkeit zu einem späteren Zeitpunkt erneut eingetreten sei, denn die Beklagte habe allein über die Fortdauer des Krankengeldanspruchs über den 27.01.2009 hinaus entschieden.

Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 14.06.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13.07.2010 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, neben den orthopädischen Leiden hätten die psychischen Beschwerden ebenso zur Arbeitsunfähigkeit geführt. Dies sei bislang von keinem Gutachter berücksichtigt worden. Es sei ein nervenfachärztliches Gutachten einzuholen. Mittlerweile beziehe der Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die in den Gutachten im Rentenverfahren festgestellte Erwerbsminderung habe schon Anfang Januar 2009 vorgelegen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 07.06.2010 und den Bescheid der Beklagten vom 23.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.06.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Krankengeld für die Zeit vom 28.01.2009 bis 27.06.2010 in gesetzlicher Höhe zu gewähren,

und die Krankengeldzahlung in Höhe von 4 % zu verzinsen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung für zutreffend. Ergänzend hat sie ein nervenfachärztliches Gutachten beim MDK eingeholt. Im Gutachten vom 21.02.2012 hat Dr. P. ua ausgeführt, nach Auswertung der Befundunterlagen habe zwar im damaligen Zeitraum bereits eine rezidivierende depressive Störung bestanden, die seit 2003 durch Dr. H. kontinuierlich behandelt worden sei. Diese habe jedoch im Januar 2009 nur eine leichtgradige Ausprägung gehabt. Hierfür sprächen die dokumentierten Befunde sowie der Umstand, dass keine medikamentöse Behandlung oder eine Psychotherapie durchgeführt worden sei.

Der Kläger legte daraufhin ergänzende Stellungnahmen von Dr. H. vor. Danach habe der Kläger bereits im November/Dezember 2008 eine mittelschwere Depression entwickelt, die weiter von Bestand gewesen sei. Aufgrund medikamentöser Vorerfahrungen seien keine Antidepressiva verordnet worden. Stattdessen sei die Frequenz der Gespräche erhöht worden. Auf Anforderung des Gerichts legte Dr. H. seine handschriftlichen Aufzeichnungen über die Behandlung des Klägers vor. Hinsichtlich des Inhalts wird auf die Akte Bezug genommen.

Das LSG hat die für den Kläger von der DRV geführte Verwaltungsakte mit den Gutachten von Dr. Ha. (Juni 2010) und Dr. O. (Juli 2010) beigezogen. Der Orthopäde Dr. Ha. gelangte in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, dass die Gesundheitsstörungen auf seinem Fachgebiet einer mindestens sechsstündigen leichten bis mittelschweren Tätigkeit mit qualitativen Einschränkungen nicht entgegenstünden. Dr. O. stellte eine schwere depressive Episode fest. Bei der Befunderhebung zeigte sich eine deutliche Verlangsamung des Antriebs, eine schwer depressive Stimmung, eine geminderte Schwingungsfähigkeit und eine schwer herstellbare Resonanz. Die Anamnese hatte eine völlige Isolierung, Zurückgezogenheit und Inaktivität des Klägers gezeigt. Die daraus resultierende Leistungsminderung bestehe seit Beantragung der Rente im April 2010.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte und die Verwaltungsakte der DRV verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 23.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.06.2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Rechtsgrundlage des Anspruchs auf Krg sind die §§ 44 ff Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Nach § 44 Abs 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krg, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär behandelt werden. Der Anspruch auf Krg entsteht bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung von ihrem Beginn an, im Übrigen von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt (§ 46 Satz 1 SGB V). Versicherte erhalten Krg ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch für längstens achtundsiebzig Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an (§ 48 Abs 1 Satz 1 SGB V). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bestimmt allein das bei Entstehen eines Krankengeldanspruchs bestehende Versicherungsverhältnis, wer in welchem Umfang als Versicherter Anspruch auf Krg hat (vgl BSG 05.05.2009, B 1 KR 20/08 R, SozR 4-2500 § 192 Nr 4; BSG 02.11.2007, B 1 KR 38/06 R, SozR 4-2500 § 44 Nr 14).

Bei Personen, bei denen der Krankengeldanspruch erst während der Versicherung in der Krankenversicherung der Arbeitslosen (KVdA) nach § 5 Abs 1 Nr 2 SGB V eintritt, ist für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit der Status als Arbeitsloser maßgeblich (stRspr, vgl BSG 04.04.2006, B 1 KR 21/05 R, SozR 4-2500 § 44 Nr 9 mwN). Ein in der KVdA versicherter Arbeitsloser ist arbeitsunfähig iS von § 44 Abs 1 Satz 1 SGB V, wenn er auf Grund gesundheitlicher Einschränkungen nicht mehr in der Lage ist, Arbeiten zu verrichten, für die er sich der Arbeitsverwaltung zwecks Vermittlung zur Verfügung gestellt hat. Entscheidend für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit Arbeitsloser sind im Grundsatz alle Arbeiten, die dem Versicherten arbeitslosenversicherungsrechtlich zumutbar sind; insoweit ist die Zumutbarkeit auch krankenversicherungsrechtlich an § 121 Abs 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) zu messen (BSG 22.03.2005, B 1 KR 22/04 R, SozR 4-2500 § 44 Nr 6). Danach hängt die Zumutbarkeit vom Umfang der Einkommenseinbußen ab, die mit einer Arbeitsaufnahme verbunden wären: In den ersten drei Monaten der Arbeitslosigkeit ist dem Arbeitslosen eine Minderung um mehr als 20 vH und in den folgenden drei Monaten um mehr als 30 vH des der Bemessung seines dem Arbeitslosengeld zu Grunde liegenden Arbeitsentgelts unzumutbar. Vom siebten Monat der Arbeitslosigkeit an ist dem Arbeitslosen eine Beschäftigung nur dann nicht zumutbar, wenn das daraus erzielbare Nettoarbeitsentgelt unter Berücksichtigung der mit der Beschäftigung zusammenhängenden Aufwendungen niedriger ist als das Arbeitslosengeld. Nicht nur ab dem siebten Monat der Arbeitslosigkeit, sondern schon in den ersten sechs Monaten der Arbeitslosigkeit sind Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit damit alle Beschäftigungen, für die sich der Versicherte der Arbeitsverwaltung zwecks Vermittlung zur Verfügung gestellt hat und die ihm arbeitslosenversicherungsrechtlich zumutbar sind. Einen darüber hinausgehenden besonderen krankenversicherungsrechtlichen Berufsschutz gibt es (auch in den ersten sechs Monaten der Arbeitslosigkeit) nicht. Hat die Arbeitsverwaltung dem Arbeitslosen ein konkretes Arbeitsangebot nicht unterbreitet, liegt krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vor, wenn der Arbeitslose gesundheitlich nicht (mehr) in der Lage ist, auch leichte Arbeiten in einem Umfang (zB vollschichtig) zu verrichten, für die er sich zuvor zwecks Erlangung des ALG-Anspruchs der Arbeitsverwaltung zur Verfügung gestellt hat. Ist der Arbeitslose zwar nicht mehr in der Lage, mittelschwere oder schwere, wohl aber noch leichte Arbeiten zu verrichten, beseitigt dies seine objektive Verfügbarkeit nicht. Abstrakter Ermittlungen, welche Arbeiten dem krankheitsbedingt leistungsgeminderten Arbeitslosen nach § 121 Abs 3 SGB III finanziell zumutbar sind, bedarf es nicht. Die Beklagte darf im Regelfall davon ausgehen, dass sich der Arbeitslose der Arbeitsverwaltung auch für leichte Arbeiten zur Verfügung gestellt hat (zum Ganzen BSG 04.04.2006, B 1 KR 21/05 R, SozR 4-2500 § 44 Nr 9, mwN).

Der Kläger war auf Grund des Bezugs von Arbeitslosengeld gemäß § 5 Abs 1 Nr 2 SGB V ab August 2007 in der KVdA versicherungspflichtig und erst (wieder) ab dem 29.12.2008 arbeitsunfähig geworden, so dass maßgebliches Versicherungspflichtverhältnis die KVdA ist. Der Kläger hat zwar im Antrag auf Bewilligung von Arbeitslosengeld vom 07.08.2007 angegeben, gesundheitlich eingeschränkt zu sein. Er war damals noch arbeitsunfähig krankgeschrieben. Er schränkte seine Verfügbarkeit jedoch weder in Bezug auf leichte Tätigkeiten noch hinsichtlich der Wochenarbeitszeit ein. Er bezog sodann auch Arbeitslosengeld in voller Höhe. Es ist daher davon auszugehen, dass sich der Kläger jedenfalls für leichte Tätigkeiten in vollem Umfang der Vermittlung zur Verfügung gestellt hat, so dass es darauf ankommt, ob der Kläger ab dem 28.01.2009 solche Tätigkeiten wieder verrichten konnte.

Zur Überzeugung des Senats konnte der Kläger (spätestens) ab dem 28.01.2009 wieder leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig ausüben. Dies entnimmt der Senat den schlüssigen Ausführungen des Gerichtsgutachtens und der Gutachten des MDK.

Der Orthopäde Dr. C. hat in seinem Gutachten Funktionseinschränkungen lediglich an der Halswirbelsäule und dem rechten Kniegelenk festgestellt. Die Halswirbelsäule war nach links mittelgradig, nach rechts endgradig eingeschränkt. Die Kniebeuge rechts war auf 100 Grad eingeschränkt. Es zeigte sich ein diskreter Reizzustand mit Minimalerguss. Die Seitenbänder waren stabil. Die Schulter- und Ellenbogengelenke waren frei beweglich. Schlüssig und nachvollziehbar gelangt der Gutachter zu dem Ergebnis, dass die festgestellten Gesundheitsstörungen einer leichten, vollschichtigen Tätigkeit mit qualitativen Einschränkungen nicht entgegenstehen. Er zieht ebenso nachvollziehbar den Schluss, dass dies schon im Zeitpunkt der Untersuchung durch den MDK (23.01.2009) der Fall war, da die im MDK-Gutachten genannten Befunde nicht wesentlich von den bei der Untersuchung durch Dr. Clemens festgestellten Beeinträchtigungen abweichen. Dr. Braun erhob im Wesentlichen dieselben Befunde wie Dr. C ... Die vom Kläger angeführte und für die Arbeitsunfähigkeit in den Jahren 2006 und 2007 verantwortliche Epiconylitis verursachte keine Funktionseinschränkungen mehr. In den damaligen Gutachten hatte der MDK noch eine erheblich eingeschränkte Handfunktion mit deutlich eingeschränkter Greif- und Hebefunktion festgestellt. Eine solche Befundsituation zeigte sich im Januar 2009 nicht mehr. Auch der akute Reizzustand am rechten Kniegelenk, der zur Krankschreibung ab dem 29.12.2008 führte, war von Dr. B. nicht mehr feststellbar. Der Kläger konnte zwar aufgrund dieser Erkrankungen keine Tätigkeiten mit besonderen Kniebelastungen und mit schwerem Heben mehr ausüben. Leichte Tätigkeiten waren jedoch unter Beachtung qualitativer Einschränkungen vollschichtig ausführbar. Bestätigt wird diese für den Senat nachvollziehbar Leistungseinschätzung von der Orthopädin des Klägers, die gegenüber dem SG angab, dass die von ihr festgestellten Gesundheitsstörungen eine vollschichtige Verrichtung leichter Tätigkeiten nicht ausschlossen.

Zur Überzeugung des Senats führten auch die Erkrankungen auf nervenfachärztlichem Gebiet im Januar 2009 nicht zur Arbeitsunfähigkeit des Klägers. Die seit einigen Jahren bestehenden Depressionen und die Schlafapnoe hatten im hier maßgeblichen Zeitraum nur eine leichtgradige Ausprägung. Der behandelnde Nervenarzt des Klägers, Dr. H., gab zwar gegenüber dem SG und dem LSG an, leichte Tätigkeiten seien nicht möglich gewesen, da die mit wechselnder Intensität auftretende Depression nie in den Bereich einer nur leichtgradigen Episode zurückgegangen sei. Diese Aussage ist jedoch für den Senat vor dem Hintergrund der von dem Nervenarzt selbst dokumentierten Befunde und den Feststellungen des MDK nicht nachvollziehbar. Im Arztbrief vom 13.01.2009 teilte er dem Hausarzt Dr. G. mit, im Moment sei der Kläger psychisch ausgeglichen, im Vordergrund stünden die orthopädischen Beschwerden. Auch gegenüber dem MDK gab er am 21.01.2009 an, dass im Moment keine medikamentös behandlungsbedürftige Depression bestünde. Den handschriftlichen Aufzeichnungen des Nervenarztes können zudem im hier maßgeblichen Zeitraum lediglich am 05.12.2008 und am 09.01.2009 psychopathologische Befunde entnommen werden. Eine relevante Verschlechterung, die am 28.01.2009 zur Krankschreibung führte, ist nicht dokumentiert. Der am 09.01.2009 beschriebene Befund ("Stimmungstief, agitiert, bedrückt") lässt nicht auf eine mehr als leichtgradige depressive Episode schließen, zumal die Behandlung des Klägers in der Folgezeit im Wesentlichen unverändert blieb. Die bloße Erhöhung der Gesprächsfrequenz spricht auch bei bekannter Unverträglichkeit von Antidepressiva nicht für das Vorliegen einer zumindest mittelschweren Depression. Der Gutachter des MDK, Dr. P., kommt daher für den Senat schlüssig und nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass damals eine nur leichtgradige Depression vorlag, die einer vollschichtigen Verrichtung leichter Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht entgegenstand. Bestätigt wird diese Einschätzung von den Feststellungen des Gutachters Dr. B., der den Kläger am 23.01.2009 untersuchte. Hinsichtlich der Psyche stellte der Gutachter ua fest, dass die Schwingungsfähigkeit erhalten war. Der Kläger gab ihm gegenüber Alltagsaktivitäten an, die nicht auf relevante Beeinträchtigungen schließen lassen (häusliche Aktivitäten, ua Zeitunglesen; schwimmen; Einkaufen mit der Ehefrau). Der Kläger war in der Untersuchungssituation auch nicht schläfrig oder unkonzentriert, so dass eine relevante Beeinträchtigung durch das Schlafapnoesyndrom ausgeschlossen werden konnte. Die Aussage des Hausarztes Dr. G. steht dieser Leistungseinschätzung nicht entgegen, da er gegenüber dem SG angab, nicht einschätzen zu können, ob der Kläger für leichte Tätigkeiten leistungsfähig gewesen sei.

Schließlich ergibt sich für die hier relevante Zeit auch nichts anderes aus dem im Rentenverfahren von Dr. O. erstellten Gutachten. Sie stellte im Juli 2010 sehr viel schlechtere Befunde fest, vor allem eine deutliche Verlangsamung im Antrieb, verminderte Schwingungsfähigkeit, deutlich depressive Stimmung und eine erschwert herstellbare Resonanz. Die Anamnese hatte eine völlige Isolierung, Zurückgezogenheit und Inaktivität des Klägers gezeigt. Aufgrund der abweichenden Befundsituation kann von der Leistungseinschätzung der Gutachterin nicht auf die Frage der Arbeitsfähigkeit des Klägers im Januar 2009 geschlossen werden, zumal sie den Zeitpunkt des Eintritts der Leistungsminderung auch auf den Tag der Antragstellung im April 2010, also über ein Jahr nach dem hier fraglichen Zeitraum, datierte.

Die Einholung eines nervenfachärztlichen Gutachtens zur Frage der Arbeitsfähigkeit im Januar 2009 hielt der Senat vor dem Hintergrund der inzwischen eingetretenen wesentlichen Verschlechterung der Depressionen und aufgrund der schlüssigen Ausführungen der MDK-Gutachter nicht für erforderlich.

Damit war der Kläger als Arbeitsloser ab dem 28.01.2009 nicht mehr arbeitsunfähig. Ob zu einem späteren Zeitpunkt wieder Arbeitsunfähigkeit eingetreten ist, kann dahinstehen. Denn am 28.01.2009 endete das Fortbestehen der Versicherungspflicht wegen Anspruchs auf Krankengeld (§ 192 Abs 1 Nr 2 SGB V). Der Kläger war ab diesem Zeitpunkt familienversichert und damit nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld versichert (§ 44 Abs 2 Satz 1 Nr 1 iVm § 10 SGB V). Der Leistungsanspruch bestand auch nicht für den Monat nach Ende der Mitgliedschaft fort, da die Familienversicherung nach § 19 Abs 2 Satz 2 SGB V Vorrang hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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