Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 6143/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 182/12 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 09. Dezember 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht der Fall des Absatz 1 des § 86b SGG vorliegt, eine einstweilige Anordnung im Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweggenommen werden. Wegen des Gebots, effektiven Rechtsschutz zu gewähren (vgl. Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz), ist von diesem Grundsatz eine Abweichung nur dann geboten, wenn ohne die begehrte Anordnung schwere und unzumutbare, später nicht mehr gutzumachende Nachteile entstünden, zu deren Beseitigung eine nachfolgende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Unter Beachtung dieser Maßstäbe hat der Antragsteller weder einen Anordnungsgrund noch -anspruch hinreichend glaubhaft gemacht, wie das Sozialgericht (SG) zutreffend festgestellt hat.
Eine Eilbedürftigkeit in o.g. Sinn ist weder dargetan noch ersichtlich. Denn eine hier wegen des Gebots, die Hauptsache durch Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, also einer Anordnung nach § 86 Abs. 2 SGG, nicht vorweg zu nehmen, nur in Betracht kommende vorläufige Entscheidung, die Zuständigkeit der Antragsgegnerin anzuordnen, führt bei einem Unterbleiben einer solchen Anordnung nicht zu schweren und unzumutbaren, später nicht wieder gut zu machenden Nachteilen. Schließlich bestreitet das Landratsamt B. (LRA), Amt für Jugend und Bildung nicht grundsätzlich seine Zuständigkeit für die zu gewährenden Leistungen, nachdem von der gemeinsamen Servicestelle für Rehabilitation am 16.09.2010 ein Aktenvermerk und eine Bedarfsaufstellung sowie ein Antrag auf Eingliederungshilfe an das LRA weitergegeben wurden. Tatsächlich wurden (Teil-)Leistungen auch bereits gewährt, was u.a. schon durch den vorliegenden Bescheid des Landkreises Böblingen vom 28.10.2011, welcher auf die Bescheide vom 10.03.2011 und 01.07.2011 Bezug nimmt und wonach Leistungen nach § 35a Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII - Bewilligung von Schulbegleitung in Form eines persönlichen Budgets, Übernahme von Therapie durch ein Autismus-Beratungszentrum, Nachmittagsbetreuung im Rahmen eines persönlichen Budgets, Mobilitätshilfe im Rahmen eines persönlichen Budgets) gewährt wurden und durch die vorgelegten Widersprüche des Antragsteller (zur Entziehung des persönlichen Budgets für Nachmittagsbetreuung und Mobilitätshilfe, Umfang der Schulbegleitung) belegt ist. Soweit mit der erhobenen Klage im Wesentlichen geltend gemacht wird, die Antragsgegnerin sei Beauftragte im Sinne des § 17 Abs. 4 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) und habe deshalb die Stellungnahmen der Leistungserbringer einzuholen sowie das Verfahren nach der BudgetV (Verordnung zur Durchführung des § 17 Abs. 2 bis 4 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch [Budgetverordnung]) einzuleiten, zur Budgetkonferenz zu laden und Zielvereinbarungen zu vereinbaren, kann und muss deren Zuständigkeit abschließend im Hauptsacheverfahren geklärt werden. Insoweit ist schon nicht ersichtlich, weshalb dies erst mit der am 28.10.2011 eingereichten Klage bzw. des Antrages auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes geltend gemacht wurde. Schließlich bestand aufgrund des schon im September 2010 gestellten Antrages die Möglichkeit die Zuständigkeit des LRA B. zu rügen oder - nachdem dem Antragsteller die Weiterleitung des Antrages bekannt war - zeitnah die Erfüllung der Aufgaben nach § 17 Abs. 4 SGB IX durch das LRA ggfs. durch vorläufigen Rechtsschutz bei den hierfür zuständigen Verwaltungsgerichten einzufordern.
Soweit eine Eilbedürftigkeit mit dem Verhalten des LRA B. begründet wird und hieraus eine Gefährdung der Eingliederung in die Gesellschaft und der angemessenen Schulbildung, eine überhöhte Rückforderung und weiteren Differenzen mit dem derzeitigen Leistungserbringer begründet wird, ist nicht ersichtlich, weshalb der Antragsteller Rechtsschutz - wie im Übrigen bereits geschehen - nicht über das für Entscheidungen des Landkreises zuständige Verwaltungsgericht erreichen kann. Eine Eilbedürftigkeit, die ausnahmsweise die Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigen könnte - und dies wäre bei Stattgabe der Anträge und der Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Übernahme der Aufgaben nach § 17 Abs. 4 SGB IX der Fall, weil diese nicht nur zeitlich beschränkt übernommen werden können - liegt im Hinblick auf die mit § 17 Abs. 4 SGB IX und der mit der BudgetV verbundenen Aufgaben nicht vor.
Der Senat ist schließlich auch nicht davon überzeugt, dass hier tatsächlich die Zuständigkeit der Antragsgegnerin für die vom Antragsteller behaupteten Aufgaben nach § 17 SGB IX besteht. Im Hauptsacheverfahren dürfte zunächst zu klären sein, ob es eines Beauftragten im Sinne des § 17 Abs. 4 SGB IX überhaupt bedarf. Eines Beauftragten bedarf es nur dann, wenn Leistungen beantragt werden, die von verschiedenen Leistungsträgern zu erbringen sind. Dass andere als im Achten Buch Sozialgesetzbuch geregelte Leistungen hier beantragt oder begehrt werden und deshalb die Zuständigkeit weiterer Rehabilitationsträger gegeben sein könnte, ist abschließend nicht ersichtlich und wird sowohl von der beigeladenen B. BKK als auch der Antragsgegnerin in Abrede gestellt. Doch nur dann, wenn Leistungen anderer Rehabilitationsträger im Raum stehen, ist abweichend von den Regelungen des § 17 Abs. 1 bis 3 SGB IX die Beauftragung eines der in Betracht kommenden Leistungsträger zu prüfen und hierüber zu entscheiden. Selbst wenn dem so wäre, ergäbe sich jedoch nichts anderes. § 17 Abs. 4 SGB IX bestimmt ausdrücklich, dass der nach § 14 SGB IX zuständige der beteiligten Leistungsträger im Auftrag und im Namen der anderen beteiligten Leistungsträger den Verwaltungsakt erlässt und das weitere Verfahren durchführt. Geht man vom Rechtsträger der Gemeinsamen Servicestelle als Rehabilitationsträger i.S.d. § 14 SGB IX und einer Antragstellung bei diesem als erstangegangenem Rehabilitationsträger aus, ist der Landkreis Böblingen zuständig, weil der Antrag des Antragstellers vom 16.09.2010 beim LRA am 23.09.2012 (vgl. Bl. 24 der Akten des SG - S 13 R 6143/11 ER) und damit innerhalb der in § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX genannten Zweiwochenfrist eingegangen war. Der Antrag war damit innerhalb der Frist dem nach Auffassung der Antragsgegnerin zuständigen Rehabilitationsträger zugeleitet worden. Damit wird der zweitangegangene Träger umfassend zuständig. Er hat damit Leistungen zu erbringen auch wenn sich die Rechtsgrundlage aus anderen Leistungsgesetzen ergibt, für die an sich ein anderer Leistungsträger zuständig wäre.
An der Zuständigkeit des LRA für die Aufgaben nach § 17 Abs. 4 SGB IX ändert nach der vorläufigen Rechtsauffassung des Senats auch § 3 Abs. 2 BudgetV nichts. Dieser bestimmt zwar, dass Beauftragter im Sinne des Absatzes 1 des § 3 BudgetV der Rehabilitationsträger ist, dem die gemeinsame Servicestelle zugeordnet ist, wenn ein Antrag auf Leistungen in Form eines persönlichen Budgets bei einer gemeinsamen Servicestelle gestellt wird. Nicht geregelt ist jedoch der Fall, dass der Träger der gemeinsamen Servicestelle in Verkennung dieser Regelung und seiner sachlichen Zuständigkeit den Antrag an einen anderen Rehabilitationsträger weiterleitet. In diesem Fall muss es jedoch bei der grundsätzlichen Regelung verbleiben, wonach der nach § 14 SGB IX zuständige Träger die Aufgaben zu erfüllen hat, gerade wenn dieser auf die Weiterleitung des Antrages (Teil-)Leistungen schon erbracht hat. Dies ist nach den oben gemachten Ausführungen der Landkreis Böblingen. Eine erneute Weiterleitung ist nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. Knittel, SGB IX Kommentar § 14 Rn 104) und hier auch nicht erfolgt. Nach § 14 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 SGB IX ist der zweitangegangene Rehabilitationsträger gebunden und hat den Bedarf unverzüglich ohne Rücksicht auf seine tatsächliche Zuständigkeit festzustellen. Dies gilt umso mehr, als im vorliegenden Fall materiellrechtlich im Wesentlichen Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB VIII geltend gemacht werden, der Landkreis Böblingen hierfür zuständig ist und auch im Rahmen des § 17 SGB IX - wie der Verweis in § 17 Abs. 4 auf § 14 SGB IX zeigt, eine schnelle Entscheidung über die grundsätzliche Zuständigkeit für Verfahren und Entscheidung herbeizuführen, erforderlich und gewollt ist. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass § 14 SGB IX die Zuständigkeitsklärung umfassend regelt, während § 17 SGB IX zunächst nur die Ausführung von Leistungen betrifft. Ein Vorrang der Verordnung und der darin enthaltenen Zuständigkeitsregelung vor der bundesgesetzlichen Regelung in § 14 SGB IX kommt im konkreten Fall somit aus Sicht des Senats nicht in Betracht, weil er der Intention des Rehabilitationsrechts einer beschleunigten Zuständigkeitsklärung und möglichst schnellen Leistungserbringung zuwiderliefe.
Die Frage der Zuständigkeit nach § 3 Abs. 2 BudgetV stellt sich im Übrigen nicht, wenn sich - wie oben bereits angedeutet - allein eine Leistungsverpflichtung über die Eingliederungshilfe durch das LRA herausstellen sollte. Denn § 3 Abs. 2 BudgetV regelt nur die Zuständigkeit eines Beauftragten im Sinne des § 17 Abs. 4 SGB IX.
Etwas anderes kann der Antragsteller schließlich auch nicht aus § 17 Abs. 4 Satz 2 SGB IX herleiten, wonach ein anderer der beteiligten Leistungsträger mit den Aufgaben (Erlass des Verwaltungsaktes, Verfahrensführung) beauftragt werden kann, wenn die beteiligten Leistungsträger dies in Abstimmung mit dem Leistungsberechtigten vereinbaren. Voraussetzung ist damit eine Vereinbarung der Leistungsträger über einen Zuständigkeitswechsel, der hier nicht vorliegt. Ein subjektives Recht des Antragstellers einen solchen Zuständigkeitswechsel herbeizuführen, ist insoweit weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck der Vorschrift zu entnehmen, zumal zu berücksichtigen ist, dass vorrangig Leistungen der Jugendhilfe erbracht werden sollen und hierfür der Landkreis Böblingen zuständig ist. Damit ist im konkreten Fall gewährleistet, dass die sachnächste Behörde über die wesentlichen der begehrten Leistungen zu entscheiden hat. Ein Zuständigkeitswechsel, wie in § 17 Abs. 4 S. 2 SGB IX vorsieht, dürfte daher auch nicht zweckmäßig sein. Damit ergibt sich auch keine offensichtliche Zuständigkeit der Antragsgegnerin, über Widersprüche des Antragstellers gegen Bescheide des LRA zu entscheiden, wie dies vom Antragsteller ebenfalls beantragt ist.
Die Verpflichtung zur Auszahlung eines persönlichen Budgets ohne Verzögerung durch die Antragsgegnerin kommt unter den oben gemachten Ausführungen schon nicht in Betracht, zumal zudem kein konkreter Betrag eingefordert wurde und die Ermittlung in welcher Höhe und in welcher Form ein persönliches Budget zu gewähren ist, gerade die Durchführung des hier beantragten Verwaltungsverfahrens voraussetzt.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe war mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg abzulehnen. Auf die oben gemachten Ausführungen wird verwiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht der Fall des Absatz 1 des § 86b SGG vorliegt, eine einstweilige Anordnung im Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweggenommen werden. Wegen des Gebots, effektiven Rechtsschutz zu gewähren (vgl. Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz), ist von diesem Grundsatz eine Abweichung nur dann geboten, wenn ohne die begehrte Anordnung schwere und unzumutbare, später nicht mehr gutzumachende Nachteile entstünden, zu deren Beseitigung eine nachfolgende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Unter Beachtung dieser Maßstäbe hat der Antragsteller weder einen Anordnungsgrund noch -anspruch hinreichend glaubhaft gemacht, wie das Sozialgericht (SG) zutreffend festgestellt hat.
Eine Eilbedürftigkeit in o.g. Sinn ist weder dargetan noch ersichtlich. Denn eine hier wegen des Gebots, die Hauptsache durch Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, also einer Anordnung nach § 86 Abs. 2 SGG, nicht vorweg zu nehmen, nur in Betracht kommende vorläufige Entscheidung, die Zuständigkeit der Antragsgegnerin anzuordnen, führt bei einem Unterbleiben einer solchen Anordnung nicht zu schweren und unzumutbaren, später nicht wieder gut zu machenden Nachteilen. Schließlich bestreitet das Landratsamt B. (LRA), Amt für Jugend und Bildung nicht grundsätzlich seine Zuständigkeit für die zu gewährenden Leistungen, nachdem von der gemeinsamen Servicestelle für Rehabilitation am 16.09.2010 ein Aktenvermerk und eine Bedarfsaufstellung sowie ein Antrag auf Eingliederungshilfe an das LRA weitergegeben wurden. Tatsächlich wurden (Teil-)Leistungen auch bereits gewährt, was u.a. schon durch den vorliegenden Bescheid des Landkreises Böblingen vom 28.10.2011, welcher auf die Bescheide vom 10.03.2011 und 01.07.2011 Bezug nimmt und wonach Leistungen nach § 35a Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII - Bewilligung von Schulbegleitung in Form eines persönlichen Budgets, Übernahme von Therapie durch ein Autismus-Beratungszentrum, Nachmittagsbetreuung im Rahmen eines persönlichen Budgets, Mobilitätshilfe im Rahmen eines persönlichen Budgets) gewährt wurden und durch die vorgelegten Widersprüche des Antragsteller (zur Entziehung des persönlichen Budgets für Nachmittagsbetreuung und Mobilitätshilfe, Umfang der Schulbegleitung) belegt ist. Soweit mit der erhobenen Klage im Wesentlichen geltend gemacht wird, die Antragsgegnerin sei Beauftragte im Sinne des § 17 Abs. 4 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) und habe deshalb die Stellungnahmen der Leistungserbringer einzuholen sowie das Verfahren nach der BudgetV (Verordnung zur Durchführung des § 17 Abs. 2 bis 4 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch [Budgetverordnung]) einzuleiten, zur Budgetkonferenz zu laden und Zielvereinbarungen zu vereinbaren, kann und muss deren Zuständigkeit abschließend im Hauptsacheverfahren geklärt werden. Insoweit ist schon nicht ersichtlich, weshalb dies erst mit der am 28.10.2011 eingereichten Klage bzw. des Antrages auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes geltend gemacht wurde. Schließlich bestand aufgrund des schon im September 2010 gestellten Antrages die Möglichkeit die Zuständigkeit des LRA B. zu rügen oder - nachdem dem Antragsteller die Weiterleitung des Antrages bekannt war - zeitnah die Erfüllung der Aufgaben nach § 17 Abs. 4 SGB IX durch das LRA ggfs. durch vorläufigen Rechtsschutz bei den hierfür zuständigen Verwaltungsgerichten einzufordern.
Soweit eine Eilbedürftigkeit mit dem Verhalten des LRA B. begründet wird und hieraus eine Gefährdung der Eingliederung in die Gesellschaft und der angemessenen Schulbildung, eine überhöhte Rückforderung und weiteren Differenzen mit dem derzeitigen Leistungserbringer begründet wird, ist nicht ersichtlich, weshalb der Antragsteller Rechtsschutz - wie im Übrigen bereits geschehen - nicht über das für Entscheidungen des Landkreises zuständige Verwaltungsgericht erreichen kann. Eine Eilbedürftigkeit, die ausnahmsweise die Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigen könnte - und dies wäre bei Stattgabe der Anträge und der Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Übernahme der Aufgaben nach § 17 Abs. 4 SGB IX der Fall, weil diese nicht nur zeitlich beschränkt übernommen werden können - liegt im Hinblick auf die mit § 17 Abs. 4 SGB IX und der mit der BudgetV verbundenen Aufgaben nicht vor.
Der Senat ist schließlich auch nicht davon überzeugt, dass hier tatsächlich die Zuständigkeit der Antragsgegnerin für die vom Antragsteller behaupteten Aufgaben nach § 17 SGB IX besteht. Im Hauptsacheverfahren dürfte zunächst zu klären sein, ob es eines Beauftragten im Sinne des § 17 Abs. 4 SGB IX überhaupt bedarf. Eines Beauftragten bedarf es nur dann, wenn Leistungen beantragt werden, die von verschiedenen Leistungsträgern zu erbringen sind. Dass andere als im Achten Buch Sozialgesetzbuch geregelte Leistungen hier beantragt oder begehrt werden und deshalb die Zuständigkeit weiterer Rehabilitationsträger gegeben sein könnte, ist abschließend nicht ersichtlich und wird sowohl von der beigeladenen B. BKK als auch der Antragsgegnerin in Abrede gestellt. Doch nur dann, wenn Leistungen anderer Rehabilitationsträger im Raum stehen, ist abweichend von den Regelungen des § 17 Abs. 1 bis 3 SGB IX die Beauftragung eines der in Betracht kommenden Leistungsträger zu prüfen und hierüber zu entscheiden. Selbst wenn dem so wäre, ergäbe sich jedoch nichts anderes. § 17 Abs. 4 SGB IX bestimmt ausdrücklich, dass der nach § 14 SGB IX zuständige der beteiligten Leistungsträger im Auftrag und im Namen der anderen beteiligten Leistungsträger den Verwaltungsakt erlässt und das weitere Verfahren durchführt. Geht man vom Rechtsträger der Gemeinsamen Servicestelle als Rehabilitationsträger i.S.d. § 14 SGB IX und einer Antragstellung bei diesem als erstangegangenem Rehabilitationsträger aus, ist der Landkreis Böblingen zuständig, weil der Antrag des Antragstellers vom 16.09.2010 beim LRA am 23.09.2012 (vgl. Bl. 24 der Akten des SG - S 13 R 6143/11 ER) und damit innerhalb der in § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX genannten Zweiwochenfrist eingegangen war. Der Antrag war damit innerhalb der Frist dem nach Auffassung der Antragsgegnerin zuständigen Rehabilitationsträger zugeleitet worden. Damit wird der zweitangegangene Träger umfassend zuständig. Er hat damit Leistungen zu erbringen auch wenn sich die Rechtsgrundlage aus anderen Leistungsgesetzen ergibt, für die an sich ein anderer Leistungsträger zuständig wäre.
An der Zuständigkeit des LRA für die Aufgaben nach § 17 Abs. 4 SGB IX ändert nach der vorläufigen Rechtsauffassung des Senats auch § 3 Abs. 2 BudgetV nichts. Dieser bestimmt zwar, dass Beauftragter im Sinne des Absatzes 1 des § 3 BudgetV der Rehabilitationsträger ist, dem die gemeinsame Servicestelle zugeordnet ist, wenn ein Antrag auf Leistungen in Form eines persönlichen Budgets bei einer gemeinsamen Servicestelle gestellt wird. Nicht geregelt ist jedoch der Fall, dass der Träger der gemeinsamen Servicestelle in Verkennung dieser Regelung und seiner sachlichen Zuständigkeit den Antrag an einen anderen Rehabilitationsträger weiterleitet. In diesem Fall muss es jedoch bei der grundsätzlichen Regelung verbleiben, wonach der nach § 14 SGB IX zuständige Träger die Aufgaben zu erfüllen hat, gerade wenn dieser auf die Weiterleitung des Antrages (Teil-)Leistungen schon erbracht hat. Dies ist nach den oben gemachten Ausführungen der Landkreis Böblingen. Eine erneute Weiterleitung ist nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. Knittel, SGB IX Kommentar § 14 Rn 104) und hier auch nicht erfolgt. Nach § 14 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 SGB IX ist der zweitangegangene Rehabilitationsträger gebunden und hat den Bedarf unverzüglich ohne Rücksicht auf seine tatsächliche Zuständigkeit festzustellen. Dies gilt umso mehr, als im vorliegenden Fall materiellrechtlich im Wesentlichen Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB VIII geltend gemacht werden, der Landkreis Böblingen hierfür zuständig ist und auch im Rahmen des § 17 SGB IX - wie der Verweis in § 17 Abs. 4 auf § 14 SGB IX zeigt, eine schnelle Entscheidung über die grundsätzliche Zuständigkeit für Verfahren und Entscheidung herbeizuführen, erforderlich und gewollt ist. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass § 14 SGB IX die Zuständigkeitsklärung umfassend regelt, während § 17 SGB IX zunächst nur die Ausführung von Leistungen betrifft. Ein Vorrang der Verordnung und der darin enthaltenen Zuständigkeitsregelung vor der bundesgesetzlichen Regelung in § 14 SGB IX kommt im konkreten Fall somit aus Sicht des Senats nicht in Betracht, weil er der Intention des Rehabilitationsrechts einer beschleunigten Zuständigkeitsklärung und möglichst schnellen Leistungserbringung zuwiderliefe.
Die Frage der Zuständigkeit nach § 3 Abs. 2 BudgetV stellt sich im Übrigen nicht, wenn sich - wie oben bereits angedeutet - allein eine Leistungsverpflichtung über die Eingliederungshilfe durch das LRA herausstellen sollte. Denn § 3 Abs. 2 BudgetV regelt nur die Zuständigkeit eines Beauftragten im Sinne des § 17 Abs. 4 SGB IX.
Etwas anderes kann der Antragsteller schließlich auch nicht aus § 17 Abs. 4 Satz 2 SGB IX herleiten, wonach ein anderer der beteiligten Leistungsträger mit den Aufgaben (Erlass des Verwaltungsaktes, Verfahrensführung) beauftragt werden kann, wenn die beteiligten Leistungsträger dies in Abstimmung mit dem Leistungsberechtigten vereinbaren. Voraussetzung ist damit eine Vereinbarung der Leistungsträger über einen Zuständigkeitswechsel, der hier nicht vorliegt. Ein subjektives Recht des Antragstellers einen solchen Zuständigkeitswechsel herbeizuführen, ist insoweit weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck der Vorschrift zu entnehmen, zumal zu berücksichtigen ist, dass vorrangig Leistungen der Jugendhilfe erbracht werden sollen und hierfür der Landkreis Böblingen zuständig ist. Damit ist im konkreten Fall gewährleistet, dass die sachnächste Behörde über die wesentlichen der begehrten Leistungen zu entscheiden hat. Ein Zuständigkeitswechsel, wie in § 17 Abs. 4 S. 2 SGB IX vorsieht, dürfte daher auch nicht zweckmäßig sein. Damit ergibt sich auch keine offensichtliche Zuständigkeit der Antragsgegnerin, über Widersprüche des Antragstellers gegen Bescheide des LRA zu entscheiden, wie dies vom Antragsteller ebenfalls beantragt ist.
Die Verpflichtung zur Auszahlung eines persönlichen Budgets ohne Verzögerung durch die Antragsgegnerin kommt unter den oben gemachten Ausführungen schon nicht in Betracht, zumal zudem kein konkreter Betrag eingefordert wurde und die Ermittlung in welcher Höhe und in welcher Form ein persönliches Budget zu gewähren ist, gerade die Durchführung des hier beantragten Verwaltungsverfahrens voraussetzt.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe war mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg abzulehnen. Auf die oben gemachten Ausführungen wird verwiesen.
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