L 2 R 302/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
-
Aktenzeichen
S 14 R 3364/09
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 R 302/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialge-richts Karlsruhe vom 15. Dezember 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der 1969 geborene und 1973 aus der Türkei nach Deutschland zugezogene Kläger hat keine abgeschlossene Berufsausbildung und war bis zu einem Arbeitsunfall am 20.9.2007 als Bauhelfer tätig. Bei dem Arbeitsunfall stürzte er in einen etwa 10 Meter tiefen Schacht und zog sich multiple Frakturen zu (Bl. 107 f. Verwaltungsakte). Bis zum 18.3.2009 bezog er durch die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft Verletztengeld. Ab dem 19.3.2009 bewilligte die Berufsgenossenschaft eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 40 v.H. und ab dem 1.8.2010 nach einer MdE von 30 v.H. Die hiergegen gerichtete Klage blieb vor dem Sozialgericht Karlsruhe erfolgslos (Gerichtsbescheid vom 5.7.2011 - S 3 U 637/10; Rücknahme der Berufung vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg – L 6 U 3340/11). Seit August 2010 arbeitet der Kläger vollschichtig als LKW-Fahrer.

Am 28.1.2009 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Er-werbsminderung. Zur Begründung seines Antrags gab er an, er leide an orthopädischen Be-schwerden aufgrund des Arbeitsunfalls vom 20.9.2007.

Die Beklagte zog hierauf medizinische Befundunterlagen über die nach dem Arbeitsunfall er-folgten Behandlungsmaßnahmen bei und veranlasste eine mehrfachärztliche Begutachtung durch den Internisten/Sportmediziner Dr. M., klinische Begutachtungsstation der Beklagten in K.; mit Zusatzgutachten auf chirurgisch-orthopädischem und nervenfachärztlichen Gebiet.

Der Facharzt für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. W. beschrieb im Gutachten vom 16.4.2009 (Bl. 257 Verwaltungsakte) folgende Gesundheitsstörungen: - Zustand nach Polytrauma 2007 mit schwerstem Thoraxkontusionstrauma sowie Rippen- serienfrakturen, - Zustand nach instabiler LWK 3-Fraktur mit Vertebroplastie und Fixateur interne mit jetzt ausreichender Wirbelkörperaufrichtung, - Zustand nach multiplen LWK 2-4 Dornfortsatz- und Querfortsatzabbrüchen links, - Zustand nach Scapulafraktur rechts und - Zustand nach subkapitaler Humerus-Mehrfragmentfraktur links mit achsengerechter, knöcherner Durchbauung. Trotz des schweren Unfalls könne der Kläger wieder leichte bis mittelschwere körperliche Ar-beiten mit einer maximalen Gewichtsbelastung im Anheben, Halten und Transportieren von Gegenständen von 7,5 kg ausführen. Sitzende, stehende und gehende Tätigkeiten seien möglich. Überkopfarbeiten seien linkswärtig noch nicht zumutbar. Arbeiten in gebückter und vorne über-gebeugter Haltung oder Hockstellung seien zu vermeiden. Das Besteigen von Gerüsten und Lei-tern sei nicht ratsam. Die möglichen Tätigkeiten könne der Kläger sechs Stunden oder mehr täglich verrichten.

Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. beschrieb im Gutachten vom 16.4.2009 (Bl. 275 Verwaltungsakte) eine leichtgradige Höhenangst ohne weiterreichendes aktives Vermeidungs-verhalten und eine Persönlichkeitsakzentuierung mit affektverhaltenen, eher introvertierten Zügen und begrenzter Konfliktfähigkeit, jedoch ohne krankheitswertige Störung. Eine posttraumatische Belastungsstörung liege nicht vor. Ebenso bestünden keine Anhaltspunkte für neurologische Ausfälle durch das schwere Polytrauma im Jahr 2007. Tätigkeiten sollten in absehbarer Zeit nur zu ebener Erde stattfinden sowie möglichst ohne Zeitdruck und ohne überdurchschnittlich fordernde soziale Interaktionen. Im Übrigen bestehe aus nervenfachärztlicher Sicht ein vollschichtiges Leistungsvermögen.

In seinem zusammenfassenden mehrfachärztlichen Gutachten vom 29.4.2009 (Bl. 299 Verwal-tungsakte) beschrieb der Arzt für Innere Medizin, Sportmedizin u.a. Dr. M. unauffällige Be-funde im Rahmen einer Lungenfunktionsprüfung (Bl. 239 ff. Verwaltungsakte). Insbesondere bestünden auch keine Hinweise auf eine restriktive Ventilationsstörung. Auch weiterführende internistische Untersuchungen hätten lediglich unauffällige Befunde gezeigt. Auf internistischem Fachgebiet würden keine zusätzlichen leistungslimitierenden Erkrankungen vorliegen. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes seien sechs Stunden und mehr täglich möglich.

Mit Bescheid vom 6.5.2009 (Bl. 333 Verwaltungsakte) lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, da weder volle noch teilweise Erwerbsminderung bestehe.

Hiergegen erhob der Kläger am 14.5.2009 Widerspruch, zu dessen Begründung er vortrug, er habe immer noch Schmerzen im Rücken und an der Schulter bzw. im Genick. Er könne nicht dauernd stehen oder sitzen.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 9.7.2009 als unbegründet zurückgewiesen (Bl. 375 Verwaltungsakte).

Hiergegen hat der Kläger am 31.7.2009 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, die Verletzungen hätten dazu geführt, dass er keine zwei Minu-ten mehr still sitzen oder stehen könne. Wegen der Schmerzen müsse er sich bewegen. Dadurch verschwänden die Schmerzen jedoch auch nicht. Bei langsamem Gehen würden die Wirbelsäu-lenschmerzen unerträglich. Hinzu komme eine Depression mit Somatisierungstendenzen. Er könne nicht einmal leichte Tätigkeiten ausüben. Wegen der Schmerzen und der Depression könne er sich nicht auf eine Arbeit konzentrieren. Er habe zwar zum 1.3.2010 notgedrungen eine Erwerbstätigkeit als LKW-Fahrer aufgenommen, da er seinen Lebensunterhalt nicht mehr mit SGB II-Leistungen habe bestreiten können. Aufgrund seiner Wirbelsäulenbeschwerden könne er aber trotz Schmerzmittel nur bis zu zwei Stunden am Stück fahren. Eigentlich sei er nicht in der Lage, den Kraftfahrerberuf ordnungsgemäß auszuüben. Bereits nach kurzer Zeit schmerzten die Arme und Schultern. Er leide wegen der Schmerzen auch an Schlafstörungen.

Das SG hat Beweis erhoben durch die Einholung sachverständiger Zeugenauskünfte der behan-delnden Ärzte. Der Chirurg Dr. D. hat im Schreiben vom 24.2.2010 (Bl. 33 SG-Akte) ausge-führt, die noch vorhandenen Polytraumafolgen würden den Kläger deutlich in seiner Beweglichkeit und Belastbarkeit einschränken. Leichte Arbeiten ohne Zwangshaltungen seien nach seiner Einschätzung im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen möglicherweise 3 bis unter 6 Stunden möglich. Der Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. D. hat im Schreiben vom 13.4.2010 (Bl. 57 SG-Akte) die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung mitgeteilt und den Kläger für noch in der Lage erachtet, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt 4 bis 6 Stunden täglich zu verrichten.

Das SG hat eine Auskunft der derzeitigen Arbeitgeberin des Klägers, der S. GmbH, eingeholt. Diese hat mit Schreiben vom 12.1.2011 (Bl. 116 SG-Akte) mitgeteilt, der Kläger sei als LKW-Fahrer im gewerblichen Güterverkehr mit ca. 45 Wochenstunden tätig. Harte körperliche Arbeit verrichte er nicht. Er werde für körperlich leichtere Touren eingesetzt.

Das SG hat sodann das im Verfahren S 3 U 637/10 eingeholte fachorthopädische Zusammen-hangsgutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. M. beigezogen (Bl. 123 SG-Akte) und weite-ren Beweis erhoben durch Einholung eines fachorthopädischen Gutachtens bei demselben Gut-achter. Im Gutachten vom 11.8.2011 (Bl. 139 SG-Akte) hat Dr. M. folgende Gesundheitsstörun-gen beschrieben: - erhebliche Funktionsstörung der Lendenwirbelsäule bei Deformierung des 3. Lendenwir- belkörpers nach berufsbedingter Fraktur, mit Einschränkung der Beugefähigkeit, - degenerative Veränderungen im Segment L 4/5 bei lumbosacraler Assimiliations-störung, ohne Wurzelreizsymptomatik, - Funktionsstörung der linken Schulter (Impingementsyndrom) nach knöchern fest verheil- ter subcapitaler Oberarmfraktur. Die Leistungsfähigkeit des Klägers sei hierdurch eingeschränkt. Er könne keine schweren und mittelschweren Tätigkeiten ausüben, keine Lasten über 10kg in günstiger Lastenmanipulation oder über 5kg in ungünstiger Körperhaltung heben und nicht in gleichförmiger Körperhaltung arbeiten, insbesondere nicht in Rumpfbeugestellung. Stereotype Bewegungsabläufe, wie Fließ-bandarbeit, seien nicht zumutbar. Leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung unter Be-rücksichtigung der genannten Einschränkungen seien jedoch mit einer täglichen Arbeitszeit von 8 Stunden zumutbar. Der Kläger habe angegeben, mit seiner derzeitigen Tätigkeit als LKW-Fahrer auf relativ kurzen Strecken ohne Ladetätigkeit gut zurecht zu kommen.

Mit Gerichtsbescheid vom 15.12.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger könne nach den Ergebnissen der gerichtlichen Amtsermittlung leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Volle oder teilweise Erwerbsminderung liege nicht vor. Dies ergebe sich insbesondere aus dem orthopädischen Sachverständigengutachten Dr. M.s vom 11.8.2011, der nachvollziehbar ausgeführt habe, dass leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich möglich seien. Nicht unberücksichtigt könne bleiben, dass der Kläger tatsächlich vollschichtig im Rahmen einer 45-Stunden-Woche arbeite.

Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 21.12.2011 gegen Empfangsbekenntnis zuge-stellten Gerichtsbescheid des SG hat der Kläger am 19.1.2012 Berufung zum Landessozialge-richt Baden-Württemberg eingelegt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15. Dezember 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 6. Mai 2009 in der Gestalt des Wi-derspruchsbescheids vom 9. Juli 2009 zu verurteilen, ihm ab Antragstellung (28. Januar 2009) Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie nimmt Bezug auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide, die Ausführungen des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid sowie auf zwei von ihr im Verfahren vor dem SG vorgelegte sozialmedizinische Stellungnahmen der Fachärztin für Chirurgie Dr. L ...

Zu einem Erörterungstermin am 10.5.2012 erschien der Kläger unentschuldigt nicht.

Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

I.

Die form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs. 1 SGG) und statthafte (§ 143 SGG) Berufung ist zulässig.

Der Senat konnte in der mündlichen Verhandlung vom 8. August 2012 auch in Abwesenheit des Klägers über den Rechtsstreit entscheiden, da der Kläger ordnungsgemäß mit Postzustellungsurkunde vom 13. Juli 2012 zum Termin geladen und in der Ladung darauf hingewiesen worden war, dass auch im Falle seines Ausbleibens Beweis erhoben, verhandelt und entschieden werden kann.

II.

Die Berufung ist aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 15.12.2011 die Klage abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 6.5.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbe-scheids vom 9.7.2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens und der gerichtlichen Beweiserhebung hat der Kläger keinen Anspruch auf eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, da er auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in quantitativer Hinsicht unter Berücksichtigung nicht arbeitsmarktunüblicher Leistungseinschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich leichte Tätigkeiten verrichten kann.

Versicherte haben gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres An-spruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Versicherte haben gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres An-spruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht ab-sehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch 1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und 2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemin-dert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.

Erwerbsgemindert ist nicht gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Zur Überzeugung des Senats ist der Kläger nicht erwerbsgemindert, da er noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein und dabei leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts, überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen, verrichten kann. Auszuschließen sind Stressfaktoren wie Akkordarbeit, Nachtschicht, sowie Überkopfarbeiten, Arbeiten in Wirbelsäulenzwangshaltungen bzw. in längerer gleichförmiger Körperhaltung sowie auf Leitern oder Gerüsten und schweres Heben und Tragen von Lasten über 10kg bzw bei ungünstiger Lastenmanipulation über 5kg.

Der Senat schöpft seine Überzeugung aus den vorliegenden ärztlichen Gutachten und aus den Ergebnissen der eingehenden und sorgfältigen Amtsermittlung des SG. Weitere Ermittlungen des Senats von Amts wegen waren nicht erforderlich.

Ganz im Vordergrund der beim Kläger bestehenden Leistungseinschränkungen stehen die durch den Arbeitsunfall im Jahr 2007 verursachten orthopädischen Beschwerden, insbesondere in der Wirbelsäule und den Schultern. Der Orthopäde Dr. M. hat im Gutachten vom 11.8.2011 fol-gende Diagnosen gestellt: - erhebliche Funktionsstörung der Lendenwirbelsäule bei Deformierung des 3. Lendenwir- belkörpers nach berufsbedingter Fraktur, mit Einschränkung der Beugefähigkeit, - degenerative Veränderungen im Segment L4/5 bei lumbosacraler Assimiliationsstörung, ohne Wurzelreizsymptomatik, - Funktionsstörung der linken Schulter (Impingementsyndrom) nach knöchern fest verheil- ter subcapitaler Oberarmfraktur.

Hieraus folgen zwar, wie der Sachverständige nachvollziehbar ausgeführt hat, qualitative Leis-tungseinschränkungen, jedoch keine verminderte Erwerbsfähigkeit in quantitativer Hinsicht. Dr. M.s Schlussfolgerungen decken sich mit denen des Chirurgen Dr. W. in seinem im Verwal-tungsverfahren erstatteten chirurgisch-orthopädischen Gutachten vom 16.4.2009. Die Sachver-ständigen haben übereinstimmend und für den Senat überzeugend dargelegt, dass der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich arbeiten kann. Hiergegen spricht nicht die Zeugenaussa-ge des Chirurgen Dr. D., der zwar eine Leistungsfähigkeit von nur 3 bis unter 6 Stunden täglich angegeben hat, dies jedoch nicht begründet und zudem selbst seine Einschätzung durch ein "möglicherweise" relativiert und eine gutachterliche Untersuchung empfohlen hat. Das da-raufhin vom SG von Amts wegen eingeholte Gutachten bei dem Orthopäden Dr. M. kommt überzeugend zu einem die vollschichtige Leistungsfähigkeit bejahenden Ergebnis.

Zu Recht hat das SG als weiteres Indiz berücksichtigt, dass der Kläger zwischenzeitlich wieder vollschichtig einer leidensgerechten Erwerbstätigkeit nachgeht. Gegenüber dem Gutachter Dr. M. hat er sich dahingehend geäußert, dass er mit seiner derzeitigen Tätigkeit als LKW-Fahrer auf relativ kurzen Strecken ohne Ladetätigkeit gut zurecht komme. Die Tatsache der Ausübung einer zumutbaren Tätigkeit hat in der Regel einen stärkeren Beweiswert als die scheinbar dies ausschließenden medizinischen Befunde (BSG, Urteil vom 26.9.1975 – 12 RJ 208/74 = SozR 2200 § 1247 Nr. 12). Im vorliegenden Fall liegen nicht einmal solche gegenteiligen Befunde vor. Auch die medizinischen Gutachten kommen zu dem Ergebnis einer mehr als sechsstündigen täglichen Leistungsfähigkeit, so dass unter Berücksichtigung einer tatsächlich aktuell stattfindenden vollschichtigen Erwerbstätigkeit in der Gesamtschau ein anderes Ergebnis nicht zu vertreten ist, wie das SG zutreffend ausgeführt hat. Ergänzend ist die Arbeitgeberauskunft der Fa. S. GmbH zu würdigen, die mit Schreiben vom 12.2.2011 bestätigt hat, dass der Kläger als LKW-Fahrer im gewerblichen Güterverkehr mit ca. 45 Wochenstunden tätig sei und für körperlich leichtere Touren eingesetzt wird. Harte körperliche Arbeit verrichtet er nicht. Damit ist das Ergebnis, zu dem die Sachverständigen gekommen sind, durch die Faktenlage bestätigt.

Auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet bestehen zur Überzeugung des Senats keine rele-vanten Gesundheitsstörungen. Dies ergibt sich aus dem schlüssigen und überzeugenden Gutach-ten, das der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. im Rahmen des Verwaltungsverfahren erstattet hat und das bereits vom SG im Wege des Urkundsbeweises verwertet und zutreffend gewürdigt worden ist. Dr. B. hat auf Grundlage einer eingehenden ambulanten Untersuchung dargelegt, dass eine auf dem Unfall beruhende posttraumatische Belastungsstörung nicht vorliegt und keine Anhaltspunkte für eine quantitative Leistungseinschränkung auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet bestehen. Unter Berücksichtigung der aktuell vollschichtigen Tätigkeit des Klägers als LKW-Fahrer überzeugen die Feststellungen des Dr. B. mehr als die sachverständige Zeugenaussage des Dr. D., der ein nur halbschichtiges Leistungsvermögen aufgrund einer posttraumatischen Belastungsstörung angenommen hat, ohne dies näher zu erläutern. Seine Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung ist durch nichts belegt oder untermauert.

Auch auf internistischem Fachgebiet liegen keine relevanten Erkrankungen vor, wie Dr. M. im Gutachten vom 29.4.2010, insbesondere unter Bezugnahme auf die Ergebnisse der Lungenfunk-tionsprüfung (unauffällige Befunde) nachvollziehbar ausgeführt hat.

Es war im Übrigen im Hinblick auf dieses Leistungsvermögen zu der Frage, inwieweit welche konkrete Tätigkeit dem Kläger noch leidensgerecht und zumutbar ist, keine Prüfung durchzuführen, da die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden täglich und mehr nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs. 3 letzter Halbsatz SGB VI).

Auch Anhaltspunkte dafür, dass hier in der Person des Klägers eine Summierung ungewöhnli-cher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben wäre, bestehen nicht und schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSG, Urteil vom 30.11.1983 - 5a RKn 28/82 - BSGE 56, 64 = SozR 2200 § 1246 Nr. 110; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats vom 19.12.1996 – GS 2/95 - BSGE 80, 24 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8; siehe auch BSG, Urteil vom 5.10.2005 - B 5 RJ 6/05 R = SozR 4-2600 § 43 Nr. 5). Dies wird dadurch bestätigt, dass der Kläger derzeit im Rahmen einer 45-Stunden-Woche tatsächlich erwerbstätig ist.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI; diese Norm ist nicht anwendbar, da der Kläger nach dem 2.1.1961 geboren ist (§ 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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