L 8 AL 1250/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 8 AL 3203/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 1250/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 27. Februar 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gleichstellung mit einem Schwerbehinderten für die Zeit vom 24.07.2006 bis 30.11.2006.

Der 1965 geborene Kläger ist gelernter Diplom-Verwaltungswirt und war vom 01.09.1987 bis 31.08.1992 als Auszubildender danach als Sachbearbeiter bei der Beklagten tätig.

Er beantragte erstmals am 16.02.1995 die Gleichstellung mit einem Schwerbehinderten, um eine Planstelle als Beamter zu erreichen. Dazu gab er an, dass bei ihm ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 wegen einer Bewegungsbeeinträchtigung und Beinverkürzung links nach Unfall festgestellt sei. Dazu legte er einen Bescheid des Versorgungsamts R. vom 09.04.1991 vor, mit dem der GdB von 30 ab 01.03.191 wegen Verkehrsunfallfolgen am linken Bein sowie die dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit festgestellt worden war. Mit Bescheid vom 11.04.1995 stellte die Beklagte ihn befristet bis 31.12.1999 einem Schwerbehinderten gleich. In der Folge wurde der Kläger zum Beamten auf Lebenszeit ernannt und übernahm die Sachbearbeitung für die Kundengruppe Rehabilitanden und U25. Zum 01.12.2006 wurde der Kläger in den einstweiligen Ruhestand versetzt (Bescheid vom 28.11.2006). Eine dagegen gerichtete Klage vor den Verwaltungsgerichten und eine Verfassungsbeschwerde hatten keinen Erfolg. Der einstweilige Ruhestand wird alle zwei Jahre überprüft, zuletzt Ende 2011. Dazu werden jeweils amtsärztliche Gutachten eines Psychiaters eingeholt. Gegen die Fortsetzung des Ruhestands wandte der Kläger sich nicht mehr.

Der Kläger führte weitere inzwischen erfolglos abgeschlossene Verfahren vor den Verwaltungsgerichten gegen seine vom Arbeitgeber erteilten Beurteilungen.

Am 03.08.2001 stellte der Kläger einen erneuten Antrag auf Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen, weil eine Nichtberücksichtigung bei Personalauswahlverfahren drohe und eine Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand vom Dienstherrn schon versucht worden sei. Dazu legte der Kläger einen Bescheid des Versorgungsamts R. vom 28.06.1995 vor, nach dem bei ihm weiterhin ein GdB von 30 und die dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit festgestellt wurde. Als zusätzliche Behinderung wurde ein Augenleiden links berücksichtigt. Dazu nahm sein Dienstvorgesetzter dahingehend Stellung, dass die Behinderungen zunächst überprüft werden müssten. Nach seiner Ansicht bestehe auch eine psychische Behinderung. Der Kläger nahm seinen Antrag am 15.10.2001 zurück.

Am 24.07.2006 beantragte der Kläger erneut die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen. Diesen Antrag bestätigte er mit Schreiben vom 16.10.2006. Die Beklagte forderte ihn zunächst auf, einen ausgefüllten Antragsvordruck zu übersenden (Schreiben vom 07.11.2006) und versagte nach erneuter Erinnerung vom 15.11.2006 schließlich mit Bescheid vom 30.01.2007 die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen wegen fehlender Mitwirkung. Der Widerspruch hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 26.04.2010). Im Rahmen des dagegen vor dem Sozialgericht Reutlingen (SG) angestrengten Klageverfahrens (S 8 AL 1680/10) führte das SG am 02.12.2010 einen Erörterungstermin durch. Der Kläger legte dabei einen ausgefüllten Gleichstellungsantrag vor. Die Beklagte teilte daraufhin mit, dass sie eine Sachentscheidung treffen werde, der Kläger erklärte seine Klage für erledigt.

In dem ausgefüllten Antrag gab der Kläger an, dass er der Auffassung sei, dass er seine bisherige Tätigkeit weiterhin ausüben könne. Er brauche die Gleichstellung, weil sein Dienstherr schon zum wiederholten Male versucht habe, ihn in den Ruhestand zu versetzen. In einer Ergänzung zu einer Beurteilung vom 13.07.2006 sei ihm vorgeworfen worden, dass er Routinearbeiten wie das Holen und Abhängen von Akten im Keller übernehme, die nicht zu seinem Aufgabengebiet gehörten. Diese Arbeit übernehme er aber in erster Linie deshalb, um seine Dienstfähigkeit zu erhalten, weil sein Arzt ihm zu Bewegung geraten habe. Es träten Lymphödeme als Folge des im Jahr 1992 erlittenen Verkehrsunfalls auf, wenn er nicht ausreichend Bewegung habe. In den letzten Jahren habe er keine nennenswerten Fehlzeiten gehabt.

Die Beklagte leitete den Antrag zur Stellungnahme an die Schwerbehindertenvertretung und den Personalrat. Beide teilten mit, dass der Kläger zur Zeit im einstweiligen Ruhestand sei. Eine aktuelle Bewertung sei deshalb nicht möglich. Der Personalrat wies insofern darauf hin, dass im Jahr 2006 alle Möglichkeiten zur weiteren Beschäftigung geprüft worden seien.

Der damalige Vorgesetzte des Klägers äußerte sich am 15.04.2011 dahingehend, dass sich die bekannten gesundheitlichen Einschränkungen nicht auf die Tätigkeit des Klägers als Sachbearbeiter Reha/SB ausgewirkt hätten. Der Kläger sei aus anderen Gründen seit 28.11.2006 dienstunfähig.

Mit Bescheid vom 09.06.2011 (Sachbearbeiter Herr P.) lehnte die Beklagte die Gleichstellung des Klägers mit einem Schwerbehinderten ab. Sein Arbeitsplatz sei nicht aus behinderungsbedingten Gründen gefährdet. Dagegen erhob der Kläger am 30.06.2011 Widerspruch, zu dessen Begründung er vortrug, dass die Beklagte ihm in ihrer beamtenrechtlichen Beurteilung vorgehalten habe, dass er Akten aus dem Keller hole. Diese Wege seien aber aus behinderungsbedingten Gründen notwendig. Außerdem habe die Beklagte nicht alle Versetzungsmöglichkeiten geprüft. Schließlich habe er sich bundesweit interessiert gezeigt. Mit Widerspruchsbescheid vom 17.10.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. zur Begründung führte sie aus, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 01.03.2011 - B 7 AL 6/10 R) bei Beamten allenfalls in Ausnahmefällen eine Gleichstellung mit Behinderten in Betracht komme. Das sei insbesondere der Fall der drohenden vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand aus behinderungsbedingten Gründen. Der Kläger sei aber nicht aus behinderungsbedingten, sondern aus anderen Gründen in den Ruhestand versetzt worden. Die anerkannten Behinderungen (Folgesymptome nach Verletzung des linken Beins, Augenleiden links) seien mit der Tätigkeit als Sachbearbeiter Reha/SB vereinbar gewesen. Die vom Kläger vorgetragene ungerechtfertigte Beurteilung sei kein Grund, eine Gleichstellung auszusprechen.

Dagegen erhob der Kläger am 10.11.2011 Klage zum SG, zu deren Begründung er im Wesentlichen seinen Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren wiederholte. Es sei eindeutig falsch, dass zum gegebenen Zeitpunkt wirklich alle Möglichkeiten zur Weiterbeschäftigung geprüft worden seien. Er habe wiederholt seine bundesweite Versetzungsbereitschaft bekundet. Er habe die Gleichstellung zum Erhalt seines Arbeitsplatzes benötigt. Es sei auch nicht richtig, dass eine wertende Betrachtung seiner Person nicht stattgefunden habe. Eine Ergänzung zu einer Beurteilung sei eindeutig eine wertende Betrachtung. Diese sei auch Grund für seine Versetzung in den Ruhestand gewesen. Zur weiteren Begründung legte er Fälle zur Gleichstellung aus der Datenbank der Beklagten mit Stand 27.07.2006 und 08.01.2007 vor. Auf Nachfrage des SG teilte er mit, er habe sich im Winter 2009/2010 um eine Stelle beim B. beworben.

Mit Bescheid vom 01.02.2012 wurde beim Kläger ein GdB von 60 und das Vorliegen der Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich G ab 08.09.2011 festgestellt. Folgende Behinderungen wurden festgestellt: Verletzungsfolgen linkes Bein, Varusgonarthrose beidseits, Funktionsbehinderung beider Kniegelenke, Lymphödem beider Unterschenkel, Adipositas per magna, Lipödem beider Oberschenkel, Funktionsstörung durch beidseitige Fußfehlform, Augenleiden links.

Mit Gerichtsbescheid vom 27.02.2012 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung nahm es auf die Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid Bezug. In der Rechtsmittelbelehrung wies das SG auf die Möglichkeit der Berufung hin.

Dagegen hat der Kläger sich am 23.03.2012 mit an das Landessozialgericht gerichtetem Schriftsatz gewandt und zunächst folgenden Antrag formuliert: "1. Die Berufung wird zugelassen und (ist) begründet. 2. Die Kosten sind von der Beklagten zu erstatten." In der dazu im gleichen Schreiben gegebenen Begründung hat der Kläger ausgeführt "Der Kläger beantragt, dass der Antrag auf Gleichstellung nach § 2 Abs. 3 SGB IX - Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - mit schwer behinderten Menschen rechtswirksam im Sinne der Erhaltungsalternative mit Wirkung zum 24. Juli 2006 vom Kläger gestellt wurde und dem stattzugeben, hilfsweise dieser an die Beklagte zurückzugeben ist". In der Folge hat der Kläger ausschließlich Ausführungen zur Begründetheit seiner Klage gemacht.

Auf Nachfrage des Senats, was mit dem so gestellten Antrag Zf. 1. gemeint sei, hat der Kläger nunmehr wörtlich beantragt, 1. der Beschwerde gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 27. Februar 2012 - S 8 AL 3203/11 - ist stattzugeben. - (Der Kläger - Beschwerdeführer - hatte in Anlehnung an das Verwaltungsrecht irrtümlich falschen Klagantrag gestellt -)" Unter 2. hat der Kläger dann Ausführungen zur Begründetheit seiner Klage gemacht und im Anhang unter dem Titel "Begründung der Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen - Aktenzeichen S 8 AL 3203/11" im Wesentlichen seinen Vortrag aus Widerspruch- und Klageverfahren wiederholt und ergänzend ausgeführt, dass die an den Verwaltungsentscheidungen beteiligten Mitarbeiter der Beklagten befangen gewesen seien, weil sie von seiner Versetzung in den Ruhestand profitiert hätten.

Die Berichterstatterin hat mit den Beteiligten am 03.08.2012 die Sach- und Rechtslage erörtert. Im Rahmen dieses Erörterungstermins hat der Kläger sein Begehren ausdrücklich auf die Zeit vom 24.07.2006 bis 30.11.2006 beschränkt und mitgeteilt, dass seine bisherigen Schreiben als Berufung zu verstehen seien. Er hat vorgetragen, dass er die Gleichstellung benötige, um die Verfahren gegen seine Versetzung in den Ruhestand wieder aufzurollen. Auch wolle er eine Änderung der Beurteilungen erreichen. In die Beurteilungen seien die Behinderungen eingeflossen, das sei nicht richtig.

Er ist weiterhin der Auffassung, dass der Sachbearbeiter, der den angefochtenen Bescheid erlassen hat, nicht objektiv gewesen sei, weil er aus seiner Versetzung in den Ruhestand einen unmittelbaren Vorteil habe. Er sei sein Vertreter gewesen und sei durch den Ruhestand in eine bessere Gehaltsstufe gekommen. Im Widerspruchsausschuss sitze seines Wissens aber niemand, der einen unmittelbaren Vorteil aus der Entscheidung habe.

Der Kläger beantragt nunmehr,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 27. Februar 2012 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 09.06.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.10.2011 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihn für die Zeit vom 24.07.2006 bis 30.11.2006 einem schwerbehinderten Menschen gleichzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich auf die angefochtenen Bescheide. Sie hat im Erörterungstermin vom 03.08.2012 unstreitig gestellt, dass der Antrag auf Gleichstellung bereits am 24.07.2006 gestellt wurde. Das sei ja auch im Widerspruchsbescheid so angenommen worden. Außerdem hat sie unstreitig gestellt, dass nunmehr ein GdB von 60 festgestellt sei. Sie hat weiterhin darauf hingewiesen, dass der Kläger ab dem Zeitpunkt, in dem er den Antrag auf Gleichstellung gestellt habe, bis zur Entscheidung darüber so behandelt worden sei, als sei er gleichgestellt worden. Insbesondere sei die Schwerbehindertenvertretung beteiligt worden.

Die Berichterstatterin hat den Kläger im Erörterungstermin vom 03.08.2012 auf die engen Voraussetzungen einer Wiederaufnahme des Verfahrens hingewiesen. Sie hat ihn weiter darauf hingewiesen, dass es auf die ursprüngliche Versagung einer Entscheidung nicht mehr ankomme, weil die Beklagte über den nunmehr noch streitigen Zeitraum vollumfänglich entschieden habe und auch nicht bezweifle, dass der Antrag bereits am 24.07.2006 gestellt worden sei.

Der Senat hat zur Aufklärung des Sachverhalts die Akte des Rechtsstreits S 8 AL 1680/11 des SG beigezogen. Dort hatte der Kläger ein Schreiben der Beklagten vom 12.10.2006 vorgelegt, in dem diese darauf hinwies, dass sie wegen der beabsichtigten Antragstellung auf Gleichstellung vorsorglich die Schwerbehindertenvertretung bei der vorgesehenen Versetzung in den Ruhestand beteiligen werde. Weiterhin befinden sich die vom Kläger vorgelegte Ergänzung zur Beurteilung vom 13.07.2006 sowie zahlreiche weitere vom Kläger vorlegte Unterlagen in dieser Akte.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Der Senat hat die Verwaltungsakten und die Akte des SG sowie die Akte des SG im Rechtsstreit S 8 AL 1680/11 beigezogen. Auf diese Unterlagen und auf die vor dem Senat angefallene Berufungsakte wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat kann gemäß § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten dieser Verfahrensweise zugestimmt haben.

Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig. Insbesondere ist die Berufung fristgerecht eingelegt worden. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger zunächst einen Antrag formuliert hat, der demjenigen bei einer Nichtzulassungsbeschwerde ähnlich war. Er beantragte damit die Zulassung einer Berufung, die bereits zulässig war.

Vorliegend ergibt sich aus dem am 23.03.2012 beim Landessozialgericht eingegangen Schreiben des Klägers vom 21.03.2012 hinreichend deutlich, dass der Kläger lediglich den Antrag unklar formulierte und in der Sache aber eigentlich eine unmittelbare Berufung beabsichtigt war, denn er formulierte neben dem Antrag auf Zulassung der Berufung gleichzeitig "und (ist) begründet" und stellte in seiner Begründung einen Antrag in der Sache. Es wird daraus klar, dass der Kläger das zulässige Rechtsmittel gegen den Gerichtsbescheid vom 27.02.2012 - nämlich die Berufung - einlegen wollte. Der Senat ist insofern an die Fassung des ersten Antrags nicht gebunden, § 123 SGG.

Die Berufung ist aber unbegründet, denn die Klage - soweit sie in der Berufung noch weiter verfolgt wird - ist unzulässig, jedenfalls aber unbegründet.

Die Klage ist unzulässig. Dem Kläger steht kein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite. Er kann mit dem vorliegenden Rechtsstreit seine Rechtsstellung nicht verbessern. Er macht mit der Berufung noch die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand geltend und möchte damit seine Gleichstellung in dem im Jahr 2006 durchgeführten Verfahren zur Versetzung in den Ruhestand erreichen. In diesem Verfahren wurde er aber nach den Angaben der Beklagten und auch nach dem im Rechtsstreit S 8 AL 1860/10 durch den Kläger selbst vorgelegten Schreiben der Beklagten als Dienstherr bereits so behandelt, als wäre er einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. Den diesbezüglichen erneuten Vortrag der Beklagten im Erörterungstermin vom 03.08.2012 hat der Kläger nicht bestritten.

Sofern der Kläger geltend macht, dass er bei erreichter Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen die Wiederaufnahme der Verfahren vor den Verwaltungsgerichten gegen seine vorläufige Versetzung in den Ruhestand und gegen seine Beurteilung vom 13.07.2006 betreiben möchte, kann er dieses Ziel erkennbar nicht erreichen. Nach § 153 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann ein rechtskräftig beendetes Verfahren nach den Vorschriften des Vierten Buchs der Zivilprozessordnung (ZPO) wieder aufgenommen werden. Die Voraussetzungen der Restitutionsklage oder der Nichtigkeitsklage nach §§ 579, 580 ZPO liegen auch bei Erreichen eines für den Kläger positiven Urteils im hiesigen Rechtsstreit nicht vor, keine der dort genannten Alternativen für eine Wiederaufnahme des Verfahren ist gegeben. Darüber hinaus hat der Kläger nichts vorgetragen, das darauf schließen ließe, dass eine Gleichstellung mit einem Behinderten am Ergebnis seiner Beurteilung etwas geändert hätte.

Schließlich bestehen auch Zweifel am Rechtsschutzbedürfnis, weil unklar bleibt, welchem Ziel eine Wiederaufnahme der verwaltungsgerichtlichen Verfahren dienen soll. Eine Wiederaufnahme seiner Tätigkeit bei der Beklagten scheint der Kläger jedenfalls nicht anzustreben. Entsprechendes hat er weder beim SG noch im Berufungsverfahren - auch auf Nachfrage der Berichterstatterin im Erörterungstermin vom 03.08.2012 - vorgetragen. Um eine Erhöhung seiner Ruhestandsbezüge scheint es auch nicht (mehr) zu gehen, hat der Kläger doch im Erörterungstermin zu erkennen gegeben, dass ein Streit über die Anpassung seiner Bezüge zwischenzeitlich beigelegt ist.

Jedenfalls ist die Klage unbegründet.

Die angefochtenen Bescheide sind nicht bereits deshalb rechtswidrig und aufzuheben, weil eine nach § 16 oder § 17 SGB X ausgeschlossene Person an der Entscheidung beteiligt war. Unabhängig von der Frage, ob die hier angefochtenen Entscheidung wirklich von ehemaligen Stellvertreter des Klägers getroffen wurde, war er jedenfalls nicht nach § 16 SGB X ausgeschlossen, weil keine der dort genannten Alternativen erfüllt ist. Die Besorgnis der Befangenheit hat der Kläger zwar bereits im Verwaltungsverfahren geäußert, diese Äußerung betraf aber nur diejenigen Personen, die bei seiner Beurteilung oder Versetzung in den Ruhestand beteiligt waren. Das traf auf seinen früheren Stellvertreter offensichtlich nicht zu. Insofern hat der Kläger die Besorgnis der Befangenheit erst im gerichtlichen Verfahren und damit im Sinne des § 17 SGB X verspätet geäußert.

Darüber hinaus ist zweifelhaft, ob eine Besorgnis der Befangenheit gegen den früheren Stellvertreter des Klägers - gesetzt den Fall um diesen handelt es sich bei dem hier entscheidenden Herr P.- wirklich begründet ist, denn es ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass Herr P. im Jahr 2011 noch Vorteile aus der Ablehnung der Gleichstellung des Klägers mit einem schwerbehinderten Menschen für das Jahr 2006 ziehen konnte. Allein die Ablehnung oder Zuerkennung der Gleichstellung konnte nicht (mehr) zum Verlust seiner in diesem Zeitpunkt seit gut vier Jahren bestehenden Gehaltsstufe oder seiner beamtenrechtlichen Stellung führen.

Im Widerspruchsausschuss war keine stimmberechtigte Person beteiligt, die in irgendeinem Zusammenhang mit seiner Versetzung in den Ruhestand, seiner Beurteilung stand oder einen Vorteil aus der Ablehnung seiner Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen ziehen konnte. Die Besorgnis der Befangenheit bestand auch aus Sicht des Klägers gegen kein Mitglied des Widerspruchsausschusses, so dass hier auch Rechtsfehler offensichtlich nicht begangen wurden.

Dem Kläger steht kein Anspruch auf Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen für die Zeit vom 24.07.2006 bis 30.11.2006 zu. Nach § 2 Abs. 3 SGB IX sollen schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden behinderte Menschen mit einem GdB von weniger als 50 aber wenigstens 30, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht behalten können. Diese Voraussetzungen liegen nach den zutreffenden Ausführungen des SG und auch der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 17.10.2011 auch in der Zeit vom 24.07.2006 bis 30.11.2006 nicht vor. Beklagte und Kläger sind sich einig, dass die Tätigkeit als Sachbearbeiter Reha/SB für die festgestellten Behinderungen im Bereich des Beins und der Augen geeignet war. Insofern kommt es für den vorliegenden Rechtsstreit um Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen nicht darauf an, ob die Beklagte bei der Versetzung in den Ruhestand auch andere Beschäftigungsmöglichkeiten hätte prüfen müssen.

Der Arbeitsplatz des Klägers war nicht infolge der Behinderungen gefährdet. Das Merkmal "infolge der Behinderungen" setzt voraus, dass die Behinderungen so wie sie von den nach § 69 Abs. 1 SGB IX zuständigen Behörden festgestellt wurden, kausal für die Gefährdung des Arbeitsplatzes sind (Luthe in: JurisPK SGB IX, § 2 Rn. 96 f.). Bei Beamten ist diese Voraussetzung nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urt. v. 01.03.2011 - B 7 AL 6/10 R, BSGE 108, 4) z.B. erfüllt, wenn ihr Arbeitsplatz trotz des mit der Beamtenstellung verbundenen Kündigungsschutzes nachvollziehbar unsicherer ist als bei nichtbehinderten Kollegen. Das kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn die behinderungsbedingte Versetzung in den Ruhestand oder eine behinderungsbedingte Versetzung oder Umsetzung auf einen anderen nicht gleichwertigen Arbeitsplatz droht (BSG a.a.O., Juris Rn. 13).

Dem Kläger drohte zwar im hier noch streitigen Zeitraum im Jahr 2006 die Versetzung in den Ruhestand. Sie drohte ihm aber nicht wegen seiner festgestellten Behinderungen sondern weil er als dienstunfähig beurteilt wurde. Die Gründe für die Dienstunfähigkeit waren offenbar andere als die Behinderungen im Bereich der unteren Extremitäten und des linken Auges. Schon in seiner Stellungnahme zum später zurückgenommenen Gleichstellungsantrag aus dem Jahr 2001 teilte der Dienstvorgesetzte des Klägers mit, dass nach seiner Ansicht vor allem die psychische Behinderung des Klägers geprüft werden müsse. Eine psychische Behinderung war und ist beim Kläger aber nicht festgestellt.

Für eine behinderungsbedingte Versetzung in den Ruhestand spricht auch nicht der vom Kläger mitgeteilte Passus in seiner Beurteilung vom 13.07.2006. Dieser Passus findet sich in der vom Kläger im Rechtsstreit S 8 AL 1680/11 vorgelegten Beurteilung vom 13.07.2006 nicht. Selbst wenn das Ablegen und Holen von Akten im Keller vom Dienstherrn in einer Beurteilung beanstandet wurde, führte das erkennbar nicht zu seiner Versetzung in den Ruhestand, denn diese erfolgte wegen Dienstunfähigkeit und nicht wegen schlechter Beurteilungen durch den Vorgesetzten.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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