L 5 KR 1293/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 4 KR 3364/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 1293/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 25.02.2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist die Erstattung der Kosten für Akupunkturbehandlungen in der Zeit vom 20.11.2009 bis 26.02.2010 in Höhe von insgesamt 1.042,44 EUR.

Der 1943 geborene Kläger ist versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten. Er hat seit einigen Jahren gemäß § 13 SGB V i. V. m. § 18 der Satzung der Beklagten die Kostenerstattung im Bereich der ärztlichen Versorgung anstelle der Sach- und Dienstleistung gewählt.

Nachdem bei ihm Ende 2000 ein Prostatakarzinom diagnostiziert worden war, wurde eine Prostataektomie sowie eine pelvine Lymphadenektomie durchgeführt. Später festgestellte Erhöhungen der PSA-Werte machten medikamentöse Behandlungen erforderlich. Mitte 2006 wurde bei einer PET-Untersuchung erstmals eine Knochenmetastase in Höhe L2 diagnostiziert, die anschließend eine Bestrahlungsbehandlung erforderlich machte. Bei weiter ansteigenden PSA-Werten wurde im Mai 2008 weitere Knochenmetastasen im Bereich BWK 3 und LWK 5 entdeckt, denen die behandelnden Ärzte mit einer Behandlung durch Cellmustin begegnet sind. Prof. Dr. D., Ärztlicher Direktor der Radiologischen Klinik des Universitätsklinikums H., beschreibt im Arztbrief vom 20.06.2008 beim Kläger noch Beschwerdefreiheit. Prof. Dr. U. von der Klinik für Tumorbiologie F. hält im Arztbrief vom 03.04.2009 fest, nach Angaben des Klägers gehe es ihm subjektiv gut, hin und wieder habe er leichte Schmerzen im verlängerten Rücken sowie nach wie vor Schlafstörungen. Unter dem 22.06.2009 gibt der selbe Arzt als Ergebnis seiner Anamnese an, grundsätzlich gehe es dem Kläger nicht schlecht, er habe allerdings zwischenzeitlich beim Liegen Schmerzen in den abhängigen Rückenpartien. Ihn störe jedoch mehr die Getriebenheit und Unruhe, die zu Schlafstörungen und zu seelischen Problemen führe. Zur Zeit sei die Krankheit mehr oder weniger stabil, weswegen er empfehle, die bisherige Cellmustin-Therapie unverändert fortzusetzen.

Zwischen dem 20.11.2009 und dem 21.12.2009 erhielt der Kläger von dem Arzt für Allgemeinmedizin Prof. Dr. G. neun Akupunkturbehandlungen mit Nadelerhitzung von 20 Minuten Dauer zur Behandlung chronischer Schmerzen. Hierfür wurden dem Kläger unter dem 03.05.2010 569,16 EUR in Rechnung gestellt. Eine weitere Rechnung für acht Akupunkturbehandlungen für den Zeitraum 11.01.2010 bis 26.02.2010 über 473,28 EUR datiert vom 15.07.2010.

Mit Schreiben vom 07.05.2010 beantragte der Kläger die Erstattung seiner Aufwendungen für die Akupunkturbehandlungen, was die Beklagte mit Schreiben vom 11.05.2010 ablehnte. Eine Kostenerstattung könne nur erfolgen bei Leistungen, die der Arzt auch bei einer Abrechnung über Versichertenkarte zu erbringen hätte. Dies sei hier nicht der Fall. Mit weiterem Bescheid vom 26.05.2010 teilte die Beklagte dem Kläger ergänzend hierzu mit, die Kostenübernahme der Akupunkturbehandlung sei nicht möglich. Die Beklagte könne die Kosten nur für anerkannte Therapien übernehmen. Eine Entscheidung darüber, ob eine Therapie anzuerkennen sei, treffe der Gemeinsame Bundesausschuss. Bei Akupunktur sei eine Behandlung durch niedergelassene Ärzte nur für die Diagnosen "chronische Schmerzen in mindestens einem Kniegelenk durch Gonarthrose" und "chronische Schmerzen der Lendenwirbelsäule" anerkannt. Diese Diagnose lägen beim Kläger nicht vor. Die Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses seien verbindlich.

Mit seinem hiergegen erhobenen Widerspruch vom 02.06.2010 machte der Kläger geltend, er habe seit Jahren, bedingt durch die Metastasenbildung, Schmerzen in der Lendenwirbelsäule. Ergänzend legte er Arztbriefe von Prof. R. vom 16.05.2008, Prof. Dr. D. vom 20.06.2008 und 22.09.2008 sowie Prof. Dr. U. vom 03.04.2009 und 22.06.2009 vor. Dr. Ü. vom MDK wies in seinem sodann erstellten sozialmedizinischen Gutachten vom 13.07.2010 darauf hin, nach Anlage II der Richtlinie "Methoden vertragsärztlicher Versorgung des Gemeinsamen Bundesausschusses" sei Akupunktur mit Ausnahme der in Anlage I aufgeführten Indikationen von der vertragsärztlichen Versorgung grundsätzlich ausgeschlossen. Ausnahmsweise könne Akupunktur erbracht werden bei chronischen Schmerzen der Lendenwirbelsäule, die seit mindestens sechs Monaten bestehen und gegebenenfalls nicht segmental bis maximal zum Kniegelenk ausstrahlen (pseudoradikuläre Schmerzen) sowie bei chronischen Schmerzen in einem Kniegelenk bei Gonarthrose. Auch bestehe kein Anspruch auf verfassungskonforme Auslegung des SGB V entsprechend den Grundsätzen im Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 06.12.2005. Beim Kläger liege eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung nicht vor. Die Erkrankung des Klägers sei seit 2008 nicht progredient. Eine akut lebensbedrohliche notstandähnliche Situation durch Nichtanwendung der beantragten Methode sei nicht erkennbar. Für die Behandlung der Schmerzen stünden medikamentöse Therapien (Schmerztherapie) sowie Bestrahlungstherapien zur Verfügung. Darüber hinaus seien beim Kläger Schmerzen unterschiedlicher Lokalisation nur für den Zeitraum von April bis Juni 2009 angegeben, sodass die Voraussetzungen für die Annahme chronischer Schmerzen nicht erfüllt seien. Darauf hinzuweisen sei auch, dass bei Einbringen von Fremdkörpern Fremdkörperreaktionen und entzündliche Reaktionen entstehen könnten, welche ausgedehnte Komplikationen zur Folge haben könnten.

Gestützt auf diese ärztliche Meinungsäußerung wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 26.08.2010 zurück.

Der Kläger hat hiergegen am 21.09.2010 Klage bei dem Sozialgericht Mannheim erhoben. Zugleich beantragte er die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Entgegen der Auffassung der Beklagten handle es sich hier um die Behandlung von chronischen Schmerzen der Lendenwirbel. Die Metastasenbildung sei nachgewiesen, außerdem habe sich die Krankheit seit 2008 weiterentwickelt, der Krebs sei hormonrefraktär geworden, weswegen eine Chemotherapie habe begonnen werden müssen, die bis heute nicht abgeschlossen sei. Die chronischen Schmerzen der Lendenwirbelsäule seien durch die Metastasenbildung verursacht, diese beruhten auf einer Krankheit, die regelmäßig tödlich verlaufe. Mit Beschluss vom 06.10.2010 lehnte das SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Die hiergegen eingelegte Beschwerde wies das Landessozialgericht mit Beschluss des 4. Senats vom 18.11.2010 - L 4 KR 4869/10 ER-B zurück. In dieser Entscheidung wurde offengelassen, ob ein Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Akupunkturbehandlung bestehe. Eine einstweilige Anordnung könne jedoch nicht erlassen werden, weil ein Anordnungsgrund fehle. Der Kläger habe nichts zu seinen finanziellen Verhältnissen vorgetragen und habe keinerlei Ausführungen dazu gemacht, dass er nicht in der Lage sei, die Kosten vorübergehend zu tragen. Durch die Wahl der Kostenerstattung müsste er zwangsläufig in Vorlage treten, weshalb es für ihn jedenfalls zumutbar sei, bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens die Kosten selbst zu tragen. Hinsichtlich behaupteter weiterer Behandlungen sei noch nicht einmal dargelegt, wann diese stattfinden sollen und gegebenenfalls in welchem Umfang.

Auf Anfrage des SG legte der Kläger einen Beleg über die Zahlung gemäß § 28 Abs. 4 SGB V für das Quartal 4/09 vor. Er beschränkte in der mündlichen Verhandlung des SG vom 25.02.2011 seinen Antrag auf die Erstattung der Kosten für Akupunkturbehandlungen in Höhe von 1.042,44 EUR.

Mit Urteil vom 25.02.2011 wies das SG die Klage ab. Für den Kläger bestehe kein Rechtsanspruch auf Kostenerstattung für Akupunkturbehandlungen in Höhe von 1.042,44 EUR. Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch 5. Buch (SGB V) könnten Versicherte anstelle der Sach- und Dienstleistung Kostenerstattung wählen. Hiervon habe der Kläger Gebrauch gemacht, weshalb sich sein Anspruch nach den selben Rechtsnormen wie bei Sachleistungen richte. Nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V sei die Beklagte zur Gewährung ärztlicher Behandlung verpflichtet. Allerdings werde bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V eine neue Therapie nur dann von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V bereits eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben habe. Dies sei bezüglich Akupunkturbehandlungen nur in eingeschränkter Form erfolgt. Nach der Anlage 1 Nr. 12 Richtlinien "Methoden vertragsärztliche Versorgung", zuletzt geändert am 20.5.2010, werde eine Körperakupunktur mit Nadeln ohne elektrische Stimulation bei chronisch schmerzhaften Patienten nur für folgende Indikationen zugelassen: 1. Chronische Schmerzen der Lendenwirbelsäule, die seit mindestens 6 Monaten bestehen und gegebenenfalls nicht segmental bis maximal zum Kniegelenk ausstrahlen (pseudoradikulärer Schmerz), 2. Chronische Schmerzen in mindestens einem Kniegelenk durch Gonarthrose, die seit mindestens 6 Monaten bestehen. Dass bei dem Kläger solche Tatbestände gegeben seien, sei nicht hinreichend erwiesen. Von den vorgelegten ärztlichen Behandlungsberichten enthielten lediglich die Berichte von Prof. Dr. U. Hinweise auf Rückenschmerzen. Am 3.4.2009 habe Prof. Dr. U. im Rahmen der Anamnese darauf hingewiesen, dass der Antragsteller hin und wieder leichte Schmerzen im verlängerten Rücken habe. Am 22.6.2009 habe er festgestellt, dass der Antragsteller zwischenzeitlich beim Liegen Schmerzen in den abhängigen Rückenpartien habe. Daraus könnten aber noch nicht seit mindestens 6 Monaten anhaltende chronische Schmerzen der Lendenwirbelsäule entnommen werden. Weiter sei offensichtlich auch keine Diagnostik und Therapie durch einen Facharzt für Orthopädie erfolgt. Art und Umfang der von Prof. Dr. U. mitgeteilten Schmerzproblematik rechtfertige daher noch nicht eine in den Richtlinien festgelegte Ausnahmeindikation. Der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass er die Rückenschmerzen ausschließlich durch Akupunkturbehandlungen zu bekämpfen versuche. Eine Untersuchung der Lendenwirbelsäule sei bisher nicht erfolgt, ebenso fehle es an einer Behandlung durch einen Schmerztherapeuten. Infolge dessen liege auch keine medizinische Dokumentation über eine langanhaltende Schmerzproblematik vor. Allein auf die subjektiven Angaben des Klägers könne eine Kostenerstattung der Akupunkturbehandlungen nicht gestützt werden. Da der Kläger die Akupunkturbehandlungen offensichtlich fortsetze, könne nur empfohlen werden, eine Diagnostik bezüglich des Befundes der Lendenwirbelsäule zu veranlassen und gegebenenfalls auch noch einen Schmerztherapeuten aufzusuchen, um die angegebene Schmerzproblematik nach Art und Ausmaß zu dokumentieren. Ein Kostenerstattungsanspruch ergebe sich auch nicht ausnahmsweise aus einer notstandsähnlichen Krankheitssituation unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 6.12.2005 - 1 BvR 347/98 -). Das Bundesverfassungsgericht habe entschieden, dass es mit den Grundrechten aus Artikel 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip aus Artikel 20 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar sei, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung stehe, generell von der Gewährung einer von diesem gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehe. Die Erkrankung des Klägers sei grundsätzlich lebensbedrohlich und könne auch tödlich verlaufen. Für eine Leistungsverpflichtung der gesetzlichen Krankenkasse sei allerdings erforderlich, dass sich die Gefahr eines tödlichen Krankheitsverlaufs schon in näherer Zeit zu konkretisieren drohe (BSG v. 27.03.2007 - B 1 KR 30/06 R). Eine solche konkrete Gefährdung sei den vorgelegten ärztlichen Behandlungsberichten nicht zu entnehmen. So stelle Prof. Dr. U. zuletzt am 22.6.2009 fest, dass die Krankheit zur Zeit mehr oder weniger stabil sei. Gegen das ihm am 03.03.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29.03.2011 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren mit der im Wesentlichen gleichen Begründung fortführt. Ergänzend hat er ausgeführt, die Auffassung des MDK, seine Erkrankung sei seit 2008 progredient, treffe nicht zu. Durch die progredienten Knochenmetastasierungen seien Schmerzen aufgetreten. Er habe ab September 2009 mit einer Chemotherapie beginnen müssen, nach Beendigung der Wirkung des zur Zeit verwendeten Mittels gebe es keine anderen Medikamente mehr, sodass der tödliche Krankheitsverlauf sich für ihn in näherer Zeit konkretisiere. Wenn er den Krebs bekämpfen wolle, dann müsse er sich auf das Wesentliche konzentrieren. Dies bedeute, dass er seit 2003 keine anderen Medikamente zu sich nehme, um den Erfolg der eingesetzten Mittel zu gewährleisten. Dies habe ihm in den Jahren Recht gegeben. Jedes Medikament, das er zusätzlich einnehme, vermindere die Wirkung der Chemotherapie, was auch für die Schmerzmittel zutreffen würde, die er ohne Akupunktur sonst einnehmen müsse. Dies habe das Gutachten des MDK nicht beachtet, weswegen das Gutachten auch keine Grundlage für ein Urteil sein könne. Seit kurzer Zeit nehme er das neu auf den Markt gekommene Medikament ZYTIGA ein, aus dessen Beipackzettel hervorgehe, dass die Kombination dieses Mittels mit opioiden Schmerzmitteln vermieden werden solle. Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 25.02.2011 sowie die Bescheide der Beklagten vom 11.05.2010 und 26.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.08.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Kosten für Akupunkturbehandlungen in der Zeit vom 20.11.2009 bis 26.02.2010 in Höhe von 1.042,44 EUR zu erstatten. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie hält das angefochtene Urteil im Ergebnis und in der Begründung für zutreffend. Der Senat hat den Kläger mit Schreiben vom 30.08.2011 und 25.06.2012 darauf hingewiesen, dass er die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückweisen kann, wenn er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Kläger hat seine bisherige Auffassung aufrecht erhalten. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die Akten des einstweiligen Anordnungsverfahrens S 4 KR 3365/10 ER Bezug genommen.

II.

Der Senat weist die Berufung des Klägers durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG zurück, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Einwendungen des Klägers lassen eine andere Verfahrensweise nicht erforderlich erscheinen.

Die gemäß §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihm die Kosten für die Akupunkturbehandlungen zwischen dem 20.11.2009 und dem 26.02.2010 zu erstatten. Er hat darauf keinen Anspruch.

Das Sozialgericht hat in seinem Urteil zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften der Anspruch des Klägers auf Kostenerstattung zu beurteilen ist und weshalb er keinen Anspruch auf Leistungen der Akupunktur mit Nadelerhitzung zur Bekämpfung von Metastasenschmerzen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung hat. Der Senat nimmt deshalb zur Darstellung seiner Rechtsauffassung auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Er teilt die Rechtsauffassung des SG, weil er keine rechtliche Möglichkeit sieht, eine Entscheidung zu Gunsten des Klägers ohne Verstoß gegen gültige Rechtsvorschriften zu begründen.

Ergänzend zu den Ausführungen des SG ist noch auf folgendes hinzuweisen: Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sind allein die Rechnungen vom 03.05.2010 und 15.07.2010 über Akupunkturbehandlungen in dem Zeitraum vom 20.11.2009 bis 26.02.2010. Der Kläger hat an der mündlichen Verhandlung des SG teilgenommen und dort seine Klage auf die (in der Vergangenheit liegenden) Leistungen beschränkt. Obwohl das SG den Eindruck hatte, dass der Kläger die Akupunkturbehandlung fortsetzt, ist über später erbrachte Leistungen weder etwas vorgetragen worden noch hat der Kläger die Erstattung weiterer Leistungszeiträume gefordert oder durch Vorlage der entsprechenden Rechnungen geltend gemacht.

Auf eine Einbeziehung eventueller Rechnungen für Leistungen nach dem 26.02.2010 hinzuwirken, besteht im Berufungsverfahren kein Anlass. Wie sich aus dem Vorbringen des Klägers ergibt, hat sich seine Erkrankung in der Folge in der Weise verschlimmert, dass kontinuierlich Chemotherapie erforderlich wurde. Welche Auswirkungen die Chemotherapie im Bezug auf das Wachstum der Tumormetastasen hatte, lässt sich den Ausführungen des Klägers ebenso wenig entnehmen wie eventuelle Auswirkungen auf die Intensität der metastasenbedingten Tumorschmerzen. Arztbriefe, aus denen Stärke und Intensität der Metastasenschmerzen hervorgehen, sind vom Kläger auch nicht vorgelegt worden. Der Kläger selbst beschränkt sich mit Schriftsatz vom 20.08.2011 darauf, einen Arztbrief vom Juli 2008 vorzulegen. Ob sich mit dem Verbrauch der Wirkung von Docetoxel und der Umstellung der Medikation auf ZYTIGA (wohl) Ende 2011 eine neue Situation ergeben hat, weil - wie dem vom Kläger vorgelegten Beipackzettel zu entnehmen ist - die Wirkung von ZYTIGA nachlässt, wenn gleichzeitig bestimmte Schmerzmittel gegeben werden, kann offen bleiben. Auch insoweit hat der Kläger nichts vorgetragen und erst recht nicht durch Arztbriefe belegt. Es verbleibt daher bei dem bislang streitgegenständlichen Zeitraum vom 20.11.2009 bis 26.02.2010. Eine Erweiterung dieses Zeitraums wäre im anhängigen Verfahren durch entsprechende Klagerweiterung auch nicht sachdienlich, weil der maßgebende Sachverhalt insoweit von Anfang an neu ermittelt werden müsste. Sollte der Kläger in der Zeit nach dem 26.02.2010 die Akupunkturbehandlung fortgesetzt haben und sollte sich inzwischen herausgestellt haben, dass neben der Medikation mit ZYTIGA die Einnahme von Schmerzmitteln wegen der Gefahr einer Verschlimmerung/Beschleunigung der schweren Krebserkrankung des Klägers kontraindiziert ist, müsste der Kläger seinen Anspruch auf Kostenerstattung auf Grund eines neuen Sachverhalts durch entsprechende Antragstellung bei der Beklagten geltend machen.

Für den Zeitraum vom 20.11.2009 bis 26.02.2010 erlauben die vom Kläger vorgelegten ärztlichen Berichte eine ausreichende Beurteilung. Danach werden erstmals im Bericht vom 03.04.2009 leichte Schmerzen im verlängerten Rücken berichtet, im Arztbrief vom 23.06.2009 ist von Schmerzen in den abhängigen Rückenpartien die Rede. Zugleich wird darauf hingewiesen, dass diese Schmerzen den Kläger weniger stören als die Getriebenheit und die Unruhe, die zu (bislang nicht behandelten) Schlafstörungen und seelischen Problemen führen. Bei dieser Schmerzsituation kann nicht von notstandsähnlichen Verhältnissen die Rede sein, die ein Abweichen aus verfassungsrechtlichen Gründen von Vorschriften des SGB V in Anlehnung an die Grundsätze der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 06.05.2005 - 1 BvR 347/98 rechtfertigen könnten, zumal auch keinerlei ärztliche Hinweise darauf vorliegen, dass die sonst üblichen Behandlungsalternativen der Schmerztherapie in Bezug auf Metastasenschmerzen im Falle des Klägers kontraindiziert sein könnten. Es ist daher der Beurteilung des MDK zu folgen, dass für die Behandlung der Schmerzen medikamentöse Therapien zur Verfügung stehen.

Ob in diesem Zusammenhang die Prüfung der Voraussetzungen für die Annahme chronischer Schmerzen im Sinne von Nr. 12 der Richtlinie "Methoden vertragsärztlicher Versorgung des Gemeinsamen Bundesausschusses" durch den MDK sachlich zielführend war, kann offen bleiben. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat zwar in der genannten Richtlinie unter Nr. 12 die Körperakupunktur mit Nadeln ohne elektrische Simulation für chronische Schmerzen der Lendenwirbelsäule, die seit mindestens sechs Monaten bestehen, zugelassen, durch den Bezug auf segmentale und ausstrahlende Schmerzen jedoch gleichzeitig die Reichweite dieser Richtlinie auf klassische Kreuzschmerzen begrenzt. Um solche Schmerzen handelt es sich beim Kläger aber nicht. Der Kläger hat zwar Schmerzen, die im Bereich der Lendenwirbelsäule lokalisiert sind, es sind dies jedoch nicht Schmerzen, die ursächlich auf Erkrankungen der Lendenwirbelsäule zurückzuführen sind, sondern Schmerzen bedingt durch Knochenmetastasen. Bösartige Erkrankungen der Wirbelsäule werden aber von der Richtlinie Nr. 12 gerade nicht erfasst. Wie aus dem zusammenfassenden Bericht des Unterausschusses "Ärztliche Behandlung" des Gemeinsamen Bundesausschusses über die "Bewertung gemäß § 135 Abs. 1 SGB V der Körperakupunktur mit Nadeln ohne elektrische Stimulation bei chronischen LWS-Schmerzen vom 27.09.2007" hervorgeht, waren von den Studien, die die Wirksamkeit der Akupunktur geprüft haben, Personen mit organischen Erkrankungen gerade ausgeschlossen. Die Studien treffen also gerade keine Aussage über die Wirksamkeit von Akupunktur bei Personen mit Lendenwirbelsäulenbeschwerden auf Grund einer malignen Erkrankung. Genau genommen liegt insoweit eine Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses noch nicht vor. Dies ändert aber nichts daran, dass eine Leistungspflicht der Beklagten nicht besteht.

§ 135 Abs. 1 SGB V schließt die Leistungspflicht der Krankenkassen für neue Behandlungsmethoden so lange aus, bis diese vom Gemeinsamen Bundesausschuss als zweckmäßig anerkannt sind. Hat der Gemeinsame Bundesausschuss über die Anerkennung einer neuen Methode ohne sachlichen Grund nicht oder nicht zeitgerecht entschieden, kann ausnahmsweise ein Kostenerstattungsanspruch des Versicherten nach § 13 Abs. 3 SGB V in Betracht kommen, wenn die Wirksamkeit der Methode festgestellt wird. Diese Rechtslage steht mit Verfassungsrecht in Übereinstimmung (so ausdrücklich BSG Beschluss vom 09.11.2006 - B 10 KR 3/06 B in Bezug auf die Elektroakupunktur nach Voll). Da vorliegend keinerlei Anhaltspunkte für ein Systemversagen erkennbar sind, muss es bei der gesetzlichen Regelung in § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V verbleiben, wonach im ambulanten vertragsärztlichen Bereich neue Behandlungsmethoden nur durchgeführt werden dürfen, wenn sie vom GBA ausdrücklich erlaubt werden. Da dies für die Elektroakupunktur in Bezug auf Metastasenschmerzen nicht der Fall ist, hat die Beklagte zu Recht davon abgesehen, die entsprechend entstandenen Kosten dem Kläger zu erstatten.

Nach alle dem hat der Kläger kein Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Kosten in Höhe von 1.042,44 EUR. Dies hat das SG zutreffend erkannt, weswegen die Berufung des Klägers ohne Erfolg bleiben musste.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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