Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 2273/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 4986/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 22. September 2010 abgeändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten beider Rechtszüge sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Zeit vom 14. September 1953 bis zum 15. Juni 1955 als Beitragszeit bei den dem Kläger bewilligten Renten zu berücksichtigen ist.
Der am 1939 in Rumänien geborene Kläger besuchte nach dem Eintrag in seinem rumänischen Arbeitsbuch vom 14. September 1953 bis zum 1. Juli 1955 die Berufsschule Holz. In dem Arbeitsbuch ist er für diesen Zeitraum als "Schüler" bezeichnet. Diese Berufsschule erteilte dem Kläger das "Certificat de muncitor calificat", wonach er aufgrund der am 15. Juni 1955 abgelegten Prüfung zum qualifizierten Arbeiter für den Beruf Tischler Fenster und Türen erklärt werde, sowie das "Diploma de absolvire Nr. 19", wonach er die Kurse der Schule im Juli 1955 für den Beruf Tischler Fenster und Türen mit der Bewertung gut absolviert habe. Ab 1. August 1955 war der Kläger in Rumänien beschäftigt. Im August 1981 zog er in die Bundesrepublik Deutschland. Die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg bewilligte ihm ab 1. November 2000 Rente wegen Berufsunfähigkeit (Bescheid vom 27. Juni 2001) sowie anstelle dieser Rente ab 1. März 2004 Altersrente für schwerbehinderte Menschen (Bescheid vom 12. Februar 2004). Bei der Berechnung beider Renten berücksichtigte sie unter anderem die Zeit vom 21. Mai bis 15. Juni 1955 als Fachschulausbildung (keine Anrechnung) sowie die Zeiten vom 1. August 1955 bis 10. Juni 1981 als glaubhaft gemachte (Beschäftigungs-)Zeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) mit Pflichtbeiträgen.
Der Kläger beantragte am 5. Januar 2006 bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg, die diesen Antrag an die Beklagte als inzwischen zuständigen Rentenversicherungsträger weiterleitete, die Überprüfung der Höhe der Rente. Er begehrte unter anderem, die Lehrzeit vom 14. September 1953 bis 1. Juli 1955 als zusätzliche Beitragszeit zu berücksichtigen, da diese versicherungspflichtig gewesen sei. Er legte eine Abschrift seines Arbeitsbuchs vor. Die Beklagte stellte mit Bescheiden vom 13. und 15. September 2006 die Rente wegen Berufsunfähigkeit und die Altersrente für schwerbehinderte Menschen neu fest. Sie nahm die Bescheide vom 27. Juni 2001 und 12. Februar 2004 teilweise zurück und berücksichtigte Beschäftigungszeiten als nachgewiesene Zeiten sowie teilweise mit einer anderen Qualifikationsgruppe. Der Kläger erhob gegen diese Bescheide Widerspruch. Mit "Ergänzungsbescheid" vom 21. Dezember 2006 zu den Bescheiden vom 13. und 15. September 2006 lehnte es die Beklagte ab, die Zeit vom 14. September 1953 bis 1. Juli 1955 als Beitrags- oder Beschäftigungszeit anzuerkennen. Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies unter anderem den Widerspruch des Klägers wegen der "Anerkennung der Fachschulausbildung vom 21.05.1955 bis 01.07.1955" zurück (Widerspruchsbescheid vom 13. Juli 2007). Wie bereits im Ergänzungsbescheid vom 21. Dezember 2006 verwies sie darauf, dass der Kläger in der Zeit vom 14. September 1953 bis 1. Juli 1955 eine Ausbildung in einer Berufsschule absolviert habe und die Beschäftigung nach dem Arbeitsbuch erst am 1. August 1955 begonnen habe. Deshalb komme für die Zeit vom 21. Mai bis 1. Juli 1955 lediglich eine Anerkennung als Fachschulausbildung in Betracht.
Der Kläger erhob am 14. August 2007 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG). Er begrenzte sein Begehren auf Anerkennung der Lehrzeit als Beschäftigungszeit auf die Zeit vom 14. September 1953 bis 15. Juni 1955 und machte – wie bereits mit seinem Widerspruch – geltend, in diesem Zeitraum sei er nach den rumänischen Rechtsvorschriften versicherungspflichtig gewesen. Denn er habe eine Professionalschule (scola profesionala) für Lehrlinge im dualen Ausbildungssystem besucht. Er habe im ersten Jahr wöchentlich vier Tage die Schule besucht und sei einen Tag in der Werkstatt einer Fabrik tätig gewesen. Im zweiten Jahr habe er in der Woche vier Tage in der Werkstatt einer Fabrik gemeinsam mit den Angestellten gearbeitet und an zwei Tagen die Schule besucht. Er habe einen Nettolohn erhalten, im ersten Jahr ca. 10 bis 12 Lei, im zweiten Jahr ca. 50 bis 60 Lei. Der Kläger legte neben den genannten Bescheinigungen der Berufsschule das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 6. Januar 2003 - L 4 RA 10/02 - sowie die Rechtsgutachten der wissenschaftlichen Referenten Dr. Leonhardt vom 9. Juli 2002 und Bormann vom 29. Juli 2007, beide Institut für Ostrecht München e.V., vor. Dr. Leonhardt führte in seinem Gutachten zur Leistung von Sozialversicherungsbeiträgen für Lehrlinge von 1952 bis 1954 in Rumänien aus, auch für Beschäftigungen, die im Rahmen einer Ausbildung von September 1952 bis Juli 1954 ausgeübt worden seien, seien Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt worden. Herr Bormann führte in seinem Gutachten zum Charakter der Berufsausbildung als Maurer an der rumänischen scola profesionala und der Leistung von Sozialversicherungsbeiträgen für Schüler dieser Einrichtung im Zeitraum von 1958 bis 1960 in Rumänien aus, bei der genannten Ausbildung an der genannten Einrichtung handle es sich nach den Maßstäben des deutschen Bildungssystems um eine Kombination von Schul- und Lehrausbildung, die jedoch das rumänische Äquivalent der Facharbeiterausbildung darstelle. Im Rahmen von derartigen Ausbildungsgängen habe üblicherweise eine Pflicht der Ausbildungsbetriebe bestanden, auf die für praktische Ausbildungsabschnitte zu zahlenden Vergütungen im Rahmen der vom Betrieb insgesamt auf die Lohnsumme zu zahlenden Sozialversicherungsbeiträge der Belegschaft auch Beiträge zur Rentenversicherung für die Berufsschüler zu zahlen.
Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf den Widerspruchsbescheid entgegen. Erst mit Aufnahme der Beschäftigung – beim Kläger ab 1. August 1955 – lägen auch im Sinne der vom Kläger vorgelegten Rechtsgutachten beitragspflichtige Zeiten der Sozialversicherung vor. In Anbetracht der im Arbeitsbuch vorgenommenen Eintragungen, der rumänischen Rechtslage und der (eingereichten) differenzierten Schreiben des rumänischen Rentenversicherungsträgers CNPAS vom 8. Dezember 2009 bestehe keinerlei Zweifel, dass der Besuch der rumänischen scola profesionala im streitigen Zeitraum eine Schulausbildung dargestellt habe, für die keine Beiträge zur Sozialversicherung entrichtet worden seien. Nach diesem Schreiben des CNPAS könne bei Berufsausbildungen nicht generell eine Beitragszahlung unterstellt werden, vielmehr sei die individuelle Ausgestaltung der Lehrlingszeit dafür verantwortlich gewesen, ob Beiträge zur Sozialversicherung abgeführt worden seien oder nicht. Art. 6 des zum 1. Januar 1954 in Kraft getretenen Beschlusses des Ministerrats Nr. 4161/1953 betreffend die Festsetzung der Beiträge der staatlichen Sozialversicherung habe folgenden Wortlaut: "Sozialversicherungsbeiträge werden auch verrechnet: a) für die Beträge, die die Arbeitnehmer erhalten, die aus der Produktion ausscheiden, um verschiedene Schulen zur Verbesserung der Berufsqualifikation zu besuchen; b) für die Beträge, die die Unternehmen den Schülern der Berufsschule zahlen, wenn diese in der Produktion praktizieren." Die Voraussetzungen des Buchst. a) seien nicht erfüllt, weil es sich nach dem Arbeitsbuch um eine Erstausbildung gehandelt habe, diejenigen des Buchst. b) nicht, weil im Unterschied zu der Zeit des Betriebspraktikums vom 1. August bis 14. Oktober 1955 sich im Arbeitsbuch für die streitige Berufsschulzeit kein Vermerk zur Lohn- oder Gehaltszahlung finde und folglich auch keine Beiträge zur Sozialversicherung entrichtet worden seien.
Das SG holte das Rechtsgutachten des Herrn Bormann vom 24. Februar 2010 zur Leistung von Sozialversicherungsbeiträgen für Lehrlinge von September 1953 bis Juni 1955 in Rumänien ein. Die Ausbildungszeit des Klägers vom 14. September 1953 bis 15. Juni 1955 sei insoweit als Sozialversicherungszeit anzusehen, als für die während der Ausbildung absolvierten praktischen Beschäftigungszeiten vom Lehrbetrieb Beiträge für das gezahlte Entgelt an die staatliche Sozialversicherung abzuführen gewesen seien. In den für den streitigen Zeitraum maßgeblichen Dekreten Nr. 171/1953 vom 18. April 1953 und Nr. 14/1955 vom 14. Februar 1955 sei die Ausbildungsform der scola profesionala als integrierte Lösung aus allgemeinbildender und berufsqualifizierender Schule angelegt gewesen, die zum Standard der rumänischen Berufsausbildung geworden sei. Diese Dekrete differenzierten nach drei Schultypen der Berufsausbildung, u.a. berufsausbildende Schulen für die Lehrlingsausbildung, die der Kläger besucht habe. Die typische Berufsausbildung habe in einem zeitlichen Wechsel aus theoretischer, auch allgemeinbildender Schulausbildung und praktischen Tätigkeitsphasen, die in einem festen Lehrbetrieb durchgeführt worden seien, bestanden. Nach Abschluss der typischerweise ca. zweijährigen Ausbildung sei - wie beim Kläger - eine Facharbeiterprüfung erfolgt. Gleichlautend bestimmten Art. 4 Abs. 3 des Beschlusses des Ministerrats Nr. 375/1951 vom 14. April 1951 über die Festlegung des Beitrags zur staatlichen Sozialversicherung und Art. 6 Buchst. b) des Beschlusses des Ministerrats Nr. 4161/1953 vom 19. Dezember 1953 über die Festlegung des Beitrags zur staatlichen Sozialversicherung, dass Beiträge für die Sozialversicherung auch nach den "von den Unternehmen, für die ein Schüler der Berufsschule während der Zeit, in der er ein Praktikum in der Produktion leiste, gezahlten Beträge" berechnet und an die Sozialversicherung abgeführt werden müssten. Auf den Einwand der Beklagten, die Feststellungen im von ihr eingereichten Schreiben des CNPAS vom 8. Dezember 2009 stünden im Widerspruch zu dem Gutachten, führte Herr Bormann in der Ergänzung vom 24. Juli 2010 zu seinem Rechtsgutachten aus, das Schreiben des CNPAS vom 8. Dezember 2009 nehme als für den streitigen Zeitraum relevante Rechtsgrundlage lediglich des Gesetz Nr. 10/1949 über die Organisation der staatlichen Sozialversicherung in Bezug, dessen Art. 2 regele, dass die Sozialversicherung sich auf sämtliche Beschäftigte der staatlichen Unternehmen und Institutionen, auf diejenigen der Genossenschaften und Privatunternehmer sowie auf jene, die bezahlte Arbeit bei Privatpersonen leisteten, erstrecke. Für die im Schreiben des CNPAS beschriebene Praxis würden keine für den streitigen Zeitraum einschlägigen Rechtsgrundlagen benannt, die seine (des Sachverständigen) Ausführungen im Gutachten grundsätzlich infrage stellten. Allerdings sei festzustellen, dass die von der CNPAS beschriebene Behördenpraxis eine gewisse Indizwirkung für die Handhabung der betreffenden Fälle haben möge. Die in diesem Schreiben behauptete Differenzierung der Beitragspflicht/Anrechnungszeit zur rumänischen Sozialversicherung danach, ob ein normales Lehrverhältnis, bei welchem der Lehrling aus dem Ausbildungsfonds, ohne Abführung von Beiträgen zur Sozialversicherung bezahlt worden sei, oder aber eine Delegation zu einem praktischen Lehrgang aus einem Arbeitsverhältnis heraus, bei dem der Arbeitnehmer aus dem Lohnfonds inklusive der Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen zu vergüten gewesen sei, vorgelegen habe, könne er (der Sachverständige) nicht widerlegen. Der normative Nachweis einer derartigen Differenzierung sei für den streitigen Zeitraum aufgrund der bestehenden Quellenlage bisher nicht zu führen.
Mit Urteil vom 22. September 2010 änderte das SG die Bescheide der Beklagten vom 13. und 15. September 2006 sowie 21. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Juli 2007 und die Rentenbescheide vom 27. Juni 2001 und 12. Februar 2004 ab und verurteilte die Beklagte, dem Kläger ab 1. Januar 2002 höhere Rente wegen Berufsunfähigkeit und ab 1. März 2004 höhere Altersrente für schwerbehinderte Menschen unter Berücksichtigung der Lehrzeit vom 14. September 1953 bis 15. Juni 1955 als glaubhaft gemachte Beitragszeit zu gewähren. Im Übrigen wies es die Klage ab. Es liege eine Beitragszeit im Sinne des § 15 FRG vor, die als Lehrzeit nach § 22 Abs. 2 FRG mit 0,025 Entgeltpunkten zu bewerten sei. Der Kläger habe nach seinen unwidersprochenen Angaben im dualen System, das heißt abwechselnd in schulischer und praktischer Ausbildung, die Ausbildung absolviert sowie für die praktische Ausbildung eine (geringe) Lohnzahlung erhalten. Dies entspreche den Beschlüssen des Ministerrats Nr. 1063 vom 23. September 1950 und Nr. 2406 vom 25. Juli 1953 (Verweis auf das Gutachten des Dr. Leonhardt vom 9. Juli 2002). Nach den Art. 4 Abs. 3 des Beschlusses des Ministerrats Nr. 375 vom 18. April 1951 und Art. 6b des Beschlusses des Ministerrats Nr. 4161 vom 19. Dezember 1953 seien Beiträge von den Unternehmen an die Sozialversicherung abzuführen gewesen. Auch nach dem Rechtsgutachten des Herrn Bormann vom 24. Februar 2010 seien die Ausbildungszeiten des Klägers an der Berufsschule unter Berücksichtigung der vorliegenden Bescheinigungen Sozialversicherungszeiten, die bei der Berechnung der Rentenleistung Berücksichtigung finden müssten, was im Wesentlichen dem Rechtsgutachten des Dr. Leonhardt entspreche. Für eine Beitragszahlung spreche schließlich auch, dass die Zeit des Schulbesuchs in das rumänische Arbeitsbuch eingetragen worden sei, weil dieses grundsätzlich die Beitragsabführung zum rumänischen Rentenversicherungssystem dokumentiere. Die von der Beklagten unter Hinweis auf die Stellungnahme des CNPAS vom 8. Dezember 2009 vorgetragenen Einwände griffen nicht durch. Die Differenzierung zwischen dem Zeitraum der Lehre und dem Zeitraum, in denen eine Person zum Besuch von Lehrgängen der beruflichen Ausbildung delegiert worden sei, beruhe im wesentlichen auf dem Beschluss des Ministerrats Nr. 252/1967, der erst deutlich nach dem hier streitigen Zeitraum erlassen worden sei. Die genannten, im streitigen Zeitraum gültigen Beschlüsse des Ministerrats sähen eine solche Differenzierung nicht vor, sondern postulierten allgemein eine Beitragspflicht für Entgelte, die während eines Produktionspraktikums gezahlt würden. Da eine Beitragsentrichtung vom Kläger jedoch nicht nachgewiesen, sondern nur glaubhaft gemacht worden sei, seien die für diesen Zeitraum zu ermittelten Entgeltpunkte um ein Sechstel zu kürzen und nicht wie vom Kläger begehrt unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Meistbegünstigung als nachgewiesene Zeit zu berücksichtigen.
Gegen das ihr am 1. Oktober 2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 25. Oktober 2010 Berufung eingelegt. Ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen hat sie unter Verweis auf das (eingereichte) Schreiben der Frau T., stellvertretende Direktorin und Koordinatorin der rumänischen Bezirksrentenkasse Caras/Severin, vom 28. Juni 2010, die die Auffassung vertreten hat, die Ausbildungszeit des Klägers von 1953 bis 1955 könne nicht als Beschäftigungszeit (Beitragszeit) bewertet werden, vorgetragen, nach diesem Schreiben sowie dem Schreiben der CNPAS vom 8. Dezember 2009 hätten Lehrlinge der Berufsschulen seit 1. Januar 1949 u.a. auf der Grundlage des Beschlusses des Ministerrats Nr. 1036/1950 eine so genannte Lehrlingsvergütung (Ausbildungsvergütung) erhalten, welche nicht mit der üblichen Entgeltzahlung gleichzusetzen sei. Denn aus der Lehrlingsvergütung seien keine Beiträge zur Sozialversicherung abgeführt worden. Da Lehrlingsvergütungen wie Entgeltzahlungen direkt an die Beschäftigten ausbezahlt worden seien, sei es häufig zu Verwechslungen mit den Entgeltzahlungen gekommen. Deshalb sei mit Art. 89 Abs. 1 des Beschlusses des Ministerrats Nr. 1081/1959 klargestellt worden, dass Zeiten für Lehrlinge und Berufsanfänger grundsätzlich keine Beschäftigungszeit darstellten, außer der Betroffene könne die Beitragsabführung oder den Erhalt von Entgelten mit Lohn- und Gehaltslisten nachweisen. Der Beschluss des Ministerrats Nr. 375 vom 18. April 1951 sei durch den Beschluss Nr. 4161 vom 19. Dezember 1953 außer Kraft gesetzt worden. Die Beklagte hat ferner den Abdruck eines rumänischen Versicherungsverlaufs (Vordruck E 205 RO) vom 14. Dezember 2010 vorgelegt, wonach der Zeitraum vom 14. September 1953 bis 1. Juli 1955 nicht berücksichtigt worden sei, weil der Kläger keinen Nachweis darüber erbracht habe, dass er auf der Grundlage seines Arbeitsvertrags beschäftigt gewesen und der Sozialversicherungsbeitrag gezahlt worden sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 22. September 2010 aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und die rechtliche Einschätzung der Frau T. für unrichtig.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig. Die Beklagte hat die Berufung form- und fristgerecht eingelegt. Die Berufung ist auch statthaft. Denn streitig sind Leistungen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
2. Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das SG hat zu Unrecht die Bescheide der Beklagten vom 13. und 15. September 2006 sowie 21. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Juli 2007 und die Rentenbescheide vom 27. Juni 2001 und 12. Februar 2004 abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 1. Januar 2002 höhere Rente wegen Berufsunfähigkeit und ab 1. März 2004 höhere Altersrente für schwerbehinderte Menschen unter Berücksichtigung der Lehrzeit vom 14. September 1953 bis 15. Juni 1955 als glaubhaft gemachte Beitragszeit zu zahlen. Die genannten Bescheide der Beklagten sind hinsichtlich der Zeit vom 14. September 1953 bis 15. Juni 1955 rechtmäßig, weil diese Zeit keine Beitragszeit ist. Die Beklagte war deshalb auch nicht verpflichtet, insoweit die ergangenen Rentenbescheide vom 27. Juni 2001 und 12. Februar 2004 nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückzunehmen.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
a) Obgleich nicht die Beklagte, sondern die damals zuständige Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg die ursprünglichen Rentenbescheide vom 27. Juni 2001 und 12. Februar 2004, deren teilweise Rücknahme der Kläger begehrt, erließ, ist die Beklagte für die Entscheidung über eine (teilweise) Rücknahme nach § 44 SGB X zuständig. Nach § 44 Abs. 3 SGB X entscheidet über die Rücknahme nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist. Die Beklagte ist nach Art. 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Rumänien über Soziale Sicherheit vom 8. April 2005 (in Kraft getreten zum 1. Juni 2006) im Wege der Funktionsnachfolge an die Stelle der früher zuständigen Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg getreten (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 12. Februar 2009 - B 5 R 39/06 R - SozR 4-5050 § 15 Nr. 6).
b) Bei Erlass der Rentenbescheide vom 27. Juni 2001 und 12. Februar 2004 ist das Recht richtig angewandt worden.
Die Höhe einer Rente richtet sich nach § 63 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen. Zu den zu berücksichtigenden Zeiten gehören die Beitragszeiten. Da der Kläger die streitige Zeit nicht im Bundesgebiet zurückgelegt hat, kommt eine Berücksichtigung als Beitragszeiten nur nach den Vorschriften des FRG in Betracht.
Der Senat geht davon aus, dass der Kläger zum Personenkreis gehört, auf den nach § 1 FRG dieses Gesetz Anwendung findet, weil sowohl die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg als auch die Beklagte Zeiten nach dem FRG festgestellt haben. Aus den vorliegenden Akten ergibt sich dies allerdings nicht, insbesondere nicht, dass der Kläger als Vertriebener anerkannt ist.
Bei der Prüfung der materiellen Voraussetzungen des § 44 SGB X ist auf die Vorschriften des FRG abzustellen, wie sie im Zeitpunkt des Beginns der jeweiligen Rente am 1. November 1998 und am 1. März 2004 galten (vgl. hierzu § 300 Abs. 3 SGB VI in der seit 1. Januar 2001 geltenden Fassung; BSG, Urteil vom 12. Februar 2009 - B 5 R 39/06 R - SozR 4-5050 § 15 Nr. 6 m.w.N.). Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG in der seit 1992 geltenden Fassung des Art. 14 Nr. 14 Buchst. a) Renten-Überleitungsgesetz (RÜG) vom 25. Juli 1991 (BGBl. I., S. 1606) stehen Beitragszeiten, die anerkannte Vertriebene bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen zurückgelegt haben, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Dies setzt voraus, dass Beiträge an den nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (hier der rumänischen Rentenversicherung) gezahlt worden sind. Dies lässt sich nicht feststellen.
Die Qualifikation eines so genannten qualifizierten Arbeiters ("muncitor calificat"), die der Kläger ausweislich der vorgelegten Bescheinigung der Berufsschule erreichte, konnte mit dem Besuch der scola profesionala absolviert werden. Diese typische Berufsschulausbildung bestand im zeitlichen Wechsel aus theoretischen und praktischen Tätigkeitsphasen. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Sachverständigen Bormann vom 24. Februar 2010 und ist zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten.
Maßgeblich für die Erhebung von Beiträgen zur Sozialversicherung in Rumänien war im streitigen Zeitraum der Art. 6 des Beschlusses des Ministerrats Nr. 4161/1953 vom 19. Dezember 1953 über die Festlegung der Beiträge der staatlichen Sozialversicherung (Wortlaut der Bestimmung siehe oben S. 4). Dies ergibt sich aus dem Gutachten des Sachverständigen Bormann vom 24. Februar 2010, ebenso aus den vom Kläger vorgelegten Rechtsgutachten des Dr. Leonhardt vom 9. Juli 2002 und des Herrn Bormann vom 29. Juli 2007. In Betracht kommt insoweit nur der Buchst. b), wenn Schüler von Berufsschulen ein Praktikum in der Produktion leisten. Dass der Kläger ein solches Praktikum geleistet hat, ist nicht erkennbar. Dies ergibt sich auch nicht aus seinem eigenen Vortrag. Vielmehr war er im Rahmen der dualen Ausbildung an der Berufsschule in einem Betrieb tätig. Dies war Bestandteil der schulischen Ausbildung. Dafür spricht auch, dass der Kläger im Arbeitsbuch als Schüler bezeichnet ist. Bekräftigt wird dies dadurch, dass im Arbeitsbuch des Klägers für den streitigen Zeitraum keine Zahlung von Lohn oder Gehalt vermerkt ist. Hätte der Kläger im Rahmen seiner Ausbildung Lohn oder Gehalt gezahlt bekommen, hätte dies im Arbeitsbuch eingetragen werden müssen, was der Senat dem von der Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegten Schreiben der Frau T., Bezirksrentenkasse, vom 28. Juni 2010 entnimmt. Nach deren Ausführungen war die Eintragung der Ausbildung in das Arbeitsbuch vorgeschrieben oder vorgesehen, allerdings nicht für die Anerkennung und Bewertung als Beschäftigungszeit (Beitragszeit). Die vom Kläger angegebene geringe Zahlung von ca. 10 bis 12 Lei im ersten Jahr und ca. 50 bis 60 Lei im zweiten Jahr deutet auch darauf hin, dass es sich insoweit nicht um eine Vergütung (Lohn oder Gehalt), sondern um eine Art Taschengeld handelte.
Auch der Sachverständige Bormann räumt in seiner Ergänzung vom 24. Juni 2010 zu seinem Rechtsgutachten ein, dass das nach seiner Auffassung maßgebliche Gesetz Nr. 10/1949 über die Organisation der staatlichen Sozialversicherung eine Regelung, wie Ausbildungsverhältnisse in der Lehrausbildung hinsichtlich der Abführung von Rentenversicherungsbeiträgen zu behandeln waren, nicht enthält. Damit in Übereinstimmung stehen die Ausführungen der Frau T. im Schreiben vom 28. Juni 2010, dass es wegen Unklarheiten in der Handhabung der Zahlung an Lehrlinge mit Wirkung vom 1. August 1959 zu der Regelung in Art. 89 Abs. 1 des Beschlusses des Ministerrats Nr. 1081/1959 kam, wonach Beschäftigungszeit nicht die Zeit ist, in der Personen als Lehrling oder Berufsanfänger oder Schüler einer Berufsschule gearbeitet haben, mit Ausnahme derer, die sich in einer dieser Situationen befunden haben und Beiträge an die vormaligen Sozialversicherungskassen gezahlt haben oder den Nachweis erbringen, dass sie Entgelt erhalten haben. Im Übrigen geht auch der Sachverständige Bormann in seinem Gutachten vom 24. Februar 2010 davon aus, dass für die während der Ausbildung absolvierten praktischen Beschäftigungszeiten vom Lehrbetrieb Beiträge auf das gezahlte Entgelt an die staatliche Sozialversicherung abzuführen waren, mithin also nur für die Zeiten, in denen der Kläger tatsächlich im Betrieb tätig war, nicht aber für die Zeiten, in denen der Kläger die Schule besuchte.
Das vom Kläger vorgelegte Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. Januar 2003 - L 4 RA 10/02 - vermag seinen Anspruch nicht zu stützen. Denn der dortige Kläger besuchte nach den Angaben im Tatbestand des Urteils nicht die Berufsschule, sondern war in einem Stahlkombinat zum Schlosser ausgebildet worden.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten beider Rechtszüge sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Zeit vom 14. September 1953 bis zum 15. Juni 1955 als Beitragszeit bei den dem Kläger bewilligten Renten zu berücksichtigen ist.
Der am 1939 in Rumänien geborene Kläger besuchte nach dem Eintrag in seinem rumänischen Arbeitsbuch vom 14. September 1953 bis zum 1. Juli 1955 die Berufsschule Holz. In dem Arbeitsbuch ist er für diesen Zeitraum als "Schüler" bezeichnet. Diese Berufsschule erteilte dem Kläger das "Certificat de muncitor calificat", wonach er aufgrund der am 15. Juni 1955 abgelegten Prüfung zum qualifizierten Arbeiter für den Beruf Tischler Fenster und Türen erklärt werde, sowie das "Diploma de absolvire Nr. 19", wonach er die Kurse der Schule im Juli 1955 für den Beruf Tischler Fenster und Türen mit der Bewertung gut absolviert habe. Ab 1. August 1955 war der Kläger in Rumänien beschäftigt. Im August 1981 zog er in die Bundesrepublik Deutschland. Die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg bewilligte ihm ab 1. November 2000 Rente wegen Berufsunfähigkeit (Bescheid vom 27. Juni 2001) sowie anstelle dieser Rente ab 1. März 2004 Altersrente für schwerbehinderte Menschen (Bescheid vom 12. Februar 2004). Bei der Berechnung beider Renten berücksichtigte sie unter anderem die Zeit vom 21. Mai bis 15. Juni 1955 als Fachschulausbildung (keine Anrechnung) sowie die Zeiten vom 1. August 1955 bis 10. Juni 1981 als glaubhaft gemachte (Beschäftigungs-)Zeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) mit Pflichtbeiträgen.
Der Kläger beantragte am 5. Januar 2006 bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg, die diesen Antrag an die Beklagte als inzwischen zuständigen Rentenversicherungsträger weiterleitete, die Überprüfung der Höhe der Rente. Er begehrte unter anderem, die Lehrzeit vom 14. September 1953 bis 1. Juli 1955 als zusätzliche Beitragszeit zu berücksichtigen, da diese versicherungspflichtig gewesen sei. Er legte eine Abschrift seines Arbeitsbuchs vor. Die Beklagte stellte mit Bescheiden vom 13. und 15. September 2006 die Rente wegen Berufsunfähigkeit und die Altersrente für schwerbehinderte Menschen neu fest. Sie nahm die Bescheide vom 27. Juni 2001 und 12. Februar 2004 teilweise zurück und berücksichtigte Beschäftigungszeiten als nachgewiesene Zeiten sowie teilweise mit einer anderen Qualifikationsgruppe. Der Kläger erhob gegen diese Bescheide Widerspruch. Mit "Ergänzungsbescheid" vom 21. Dezember 2006 zu den Bescheiden vom 13. und 15. September 2006 lehnte es die Beklagte ab, die Zeit vom 14. September 1953 bis 1. Juli 1955 als Beitrags- oder Beschäftigungszeit anzuerkennen. Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies unter anderem den Widerspruch des Klägers wegen der "Anerkennung der Fachschulausbildung vom 21.05.1955 bis 01.07.1955" zurück (Widerspruchsbescheid vom 13. Juli 2007). Wie bereits im Ergänzungsbescheid vom 21. Dezember 2006 verwies sie darauf, dass der Kläger in der Zeit vom 14. September 1953 bis 1. Juli 1955 eine Ausbildung in einer Berufsschule absolviert habe und die Beschäftigung nach dem Arbeitsbuch erst am 1. August 1955 begonnen habe. Deshalb komme für die Zeit vom 21. Mai bis 1. Juli 1955 lediglich eine Anerkennung als Fachschulausbildung in Betracht.
Der Kläger erhob am 14. August 2007 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG). Er begrenzte sein Begehren auf Anerkennung der Lehrzeit als Beschäftigungszeit auf die Zeit vom 14. September 1953 bis 15. Juni 1955 und machte – wie bereits mit seinem Widerspruch – geltend, in diesem Zeitraum sei er nach den rumänischen Rechtsvorschriften versicherungspflichtig gewesen. Denn er habe eine Professionalschule (scola profesionala) für Lehrlinge im dualen Ausbildungssystem besucht. Er habe im ersten Jahr wöchentlich vier Tage die Schule besucht und sei einen Tag in der Werkstatt einer Fabrik tätig gewesen. Im zweiten Jahr habe er in der Woche vier Tage in der Werkstatt einer Fabrik gemeinsam mit den Angestellten gearbeitet und an zwei Tagen die Schule besucht. Er habe einen Nettolohn erhalten, im ersten Jahr ca. 10 bis 12 Lei, im zweiten Jahr ca. 50 bis 60 Lei. Der Kläger legte neben den genannten Bescheinigungen der Berufsschule das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 6. Januar 2003 - L 4 RA 10/02 - sowie die Rechtsgutachten der wissenschaftlichen Referenten Dr. Leonhardt vom 9. Juli 2002 und Bormann vom 29. Juli 2007, beide Institut für Ostrecht München e.V., vor. Dr. Leonhardt führte in seinem Gutachten zur Leistung von Sozialversicherungsbeiträgen für Lehrlinge von 1952 bis 1954 in Rumänien aus, auch für Beschäftigungen, die im Rahmen einer Ausbildung von September 1952 bis Juli 1954 ausgeübt worden seien, seien Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt worden. Herr Bormann führte in seinem Gutachten zum Charakter der Berufsausbildung als Maurer an der rumänischen scola profesionala und der Leistung von Sozialversicherungsbeiträgen für Schüler dieser Einrichtung im Zeitraum von 1958 bis 1960 in Rumänien aus, bei der genannten Ausbildung an der genannten Einrichtung handle es sich nach den Maßstäben des deutschen Bildungssystems um eine Kombination von Schul- und Lehrausbildung, die jedoch das rumänische Äquivalent der Facharbeiterausbildung darstelle. Im Rahmen von derartigen Ausbildungsgängen habe üblicherweise eine Pflicht der Ausbildungsbetriebe bestanden, auf die für praktische Ausbildungsabschnitte zu zahlenden Vergütungen im Rahmen der vom Betrieb insgesamt auf die Lohnsumme zu zahlenden Sozialversicherungsbeiträge der Belegschaft auch Beiträge zur Rentenversicherung für die Berufsschüler zu zahlen.
Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf den Widerspruchsbescheid entgegen. Erst mit Aufnahme der Beschäftigung – beim Kläger ab 1. August 1955 – lägen auch im Sinne der vom Kläger vorgelegten Rechtsgutachten beitragspflichtige Zeiten der Sozialversicherung vor. In Anbetracht der im Arbeitsbuch vorgenommenen Eintragungen, der rumänischen Rechtslage und der (eingereichten) differenzierten Schreiben des rumänischen Rentenversicherungsträgers CNPAS vom 8. Dezember 2009 bestehe keinerlei Zweifel, dass der Besuch der rumänischen scola profesionala im streitigen Zeitraum eine Schulausbildung dargestellt habe, für die keine Beiträge zur Sozialversicherung entrichtet worden seien. Nach diesem Schreiben des CNPAS könne bei Berufsausbildungen nicht generell eine Beitragszahlung unterstellt werden, vielmehr sei die individuelle Ausgestaltung der Lehrlingszeit dafür verantwortlich gewesen, ob Beiträge zur Sozialversicherung abgeführt worden seien oder nicht. Art. 6 des zum 1. Januar 1954 in Kraft getretenen Beschlusses des Ministerrats Nr. 4161/1953 betreffend die Festsetzung der Beiträge der staatlichen Sozialversicherung habe folgenden Wortlaut: "Sozialversicherungsbeiträge werden auch verrechnet: a) für die Beträge, die die Arbeitnehmer erhalten, die aus der Produktion ausscheiden, um verschiedene Schulen zur Verbesserung der Berufsqualifikation zu besuchen; b) für die Beträge, die die Unternehmen den Schülern der Berufsschule zahlen, wenn diese in der Produktion praktizieren." Die Voraussetzungen des Buchst. a) seien nicht erfüllt, weil es sich nach dem Arbeitsbuch um eine Erstausbildung gehandelt habe, diejenigen des Buchst. b) nicht, weil im Unterschied zu der Zeit des Betriebspraktikums vom 1. August bis 14. Oktober 1955 sich im Arbeitsbuch für die streitige Berufsschulzeit kein Vermerk zur Lohn- oder Gehaltszahlung finde und folglich auch keine Beiträge zur Sozialversicherung entrichtet worden seien.
Das SG holte das Rechtsgutachten des Herrn Bormann vom 24. Februar 2010 zur Leistung von Sozialversicherungsbeiträgen für Lehrlinge von September 1953 bis Juni 1955 in Rumänien ein. Die Ausbildungszeit des Klägers vom 14. September 1953 bis 15. Juni 1955 sei insoweit als Sozialversicherungszeit anzusehen, als für die während der Ausbildung absolvierten praktischen Beschäftigungszeiten vom Lehrbetrieb Beiträge für das gezahlte Entgelt an die staatliche Sozialversicherung abzuführen gewesen seien. In den für den streitigen Zeitraum maßgeblichen Dekreten Nr. 171/1953 vom 18. April 1953 und Nr. 14/1955 vom 14. Februar 1955 sei die Ausbildungsform der scola profesionala als integrierte Lösung aus allgemeinbildender und berufsqualifizierender Schule angelegt gewesen, die zum Standard der rumänischen Berufsausbildung geworden sei. Diese Dekrete differenzierten nach drei Schultypen der Berufsausbildung, u.a. berufsausbildende Schulen für die Lehrlingsausbildung, die der Kläger besucht habe. Die typische Berufsausbildung habe in einem zeitlichen Wechsel aus theoretischer, auch allgemeinbildender Schulausbildung und praktischen Tätigkeitsphasen, die in einem festen Lehrbetrieb durchgeführt worden seien, bestanden. Nach Abschluss der typischerweise ca. zweijährigen Ausbildung sei - wie beim Kläger - eine Facharbeiterprüfung erfolgt. Gleichlautend bestimmten Art. 4 Abs. 3 des Beschlusses des Ministerrats Nr. 375/1951 vom 14. April 1951 über die Festlegung des Beitrags zur staatlichen Sozialversicherung und Art. 6 Buchst. b) des Beschlusses des Ministerrats Nr. 4161/1953 vom 19. Dezember 1953 über die Festlegung des Beitrags zur staatlichen Sozialversicherung, dass Beiträge für die Sozialversicherung auch nach den "von den Unternehmen, für die ein Schüler der Berufsschule während der Zeit, in der er ein Praktikum in der Produktion leiste, gezahlten Beträge" berechnet und an die Sozialversicherung abgeführt werden müssten. Auf den Einwand der Beklagten, die Feststellungen im von ihr eingereichten Schreiben des CNPAS vom 8. Dezember 2009 stünden im Widerspruch zu dem Gutachten, führte Herr Bormann in der Ergänzung vom 24. Juli 2010 zu seinem Rechtsgutachten aus, das Schreiben des CNPAS vom 8. Dezember 2009 nehme als für den streitigen Zeitraum relevante Rechtsgrundlage lediglich des Gesetz Nr. 10/1949 über die Organisation der staatlichen Sozialversicherung in Bezug, dessen Art. 2 regele, dass die Sozialversicherung sich auf sämtliche Beschäftigte der staatlichen Unternehmen und Institutionen, auf diejenigen der Genossenschaften und Privatunternehmer sowie auf jene, die bezahlte Arbeit bei Privatpersonen leisteten, erstrecke. Für die im Schreiben des CNPAS beschriebene Praxis würden keine für den streitigen Zeitraum einschlägigen Rechtsgrundlagen benannt, die seine (des Sachverständigen) Ausführungen im Gutachten grundsätzlich infrage stellten. Allerdings sei festzustellen, dass die von der CNPAS beschriebene Behördenpraxis eine gewisse Indizwirkung für die Handhabung der betreffenden Fälle haben möge. Die in diesem Schreiben behauptete Differenzierung der Beitragspflicht/Anrechnungszeit zur rumänischen Sozialversicherung danach, ob ein normales Lehrverhältnis, bei welchem der Lehrling aus dem Ausbildungsfonds, ohne Abführung von Beiträgen zur Sozialversicherung bezahlt worden sei, oder aber eine Delegation zu einem praktischen Lehrgang aus einem Arbeitsverhältnis heraus, bei dem der Arbeitnehmer aus dem Lohnfonds inklusive der Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen zu vergüten gewesen sei, vorgelegen habe, könne er (der Sachverständige) nicht widerlegen. Der normative Nachweis einer derartigen Differenzierung sei für den streitigen Zeitraum aufgrund der bestehenden Quellenlage bisher nicht zu führen.
Mit Urteil vom 22. September 2010 änderte das SG die Bescheide der Beklagten vom 13. und 15. September 2006 sowie 21. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Juli 2007 und die Rentenbescheide vom 27. Juni 2001 und 12. Februar 2004 ab und verurteilte die Beklagte, dem Kläger ab 1. Januar 2002 höhere Rente wegen Berufsunfähigkeit und ab 1. März 2004 höhere Altersrente für schwerbehinderte Menschen unter Berücksichtigung der Lehrzeit vom 14. September 1953 bis 15. Juni 1955 als glaubhaft gemachte Beitragszeit zu gewähren. Im Übrigen wies es die Klage ab. Es liege eine Beitragszeit im Sinne des § 15 FRG vor, die als Lehrzeit nach § 22 Abs. 2 FRG mit 0,025 Entgeltpunkten zu bewerten sei. Der Kläger habe nach seinen unwidersprochenen Angaben im dualen System, das heißt abwechselnd in schulischer und praktischer Ausbildung, die Ausbildung absolviert sowie für die praktische Ausbildung eine (geringe) Lohnzahlung erhalten. Dies entspreche den Beschlüssen des Ministerrats Nr. 1063 vom 23. September 1950 und Nr. 2406 vom 25. Juli 1953 (Verweis auf das Gutachten des Dr. Leonhardt vom 9. Juli 2002). Nach den Art. 4 Abs. 3 des Beschlusses des Ministerrats Nr. 375 vom 18. April 1951 und Art. 6b des Beschlusses des Ministerrats Nr. 4161 vom 19. Dezember 1953 seien Beiträge von den Unternehmen an die Sozialversicherung abzuführen gewesen. Auch nach dem Rechtsgutachten des Herrn Bormann vom 24. Februar 2010 seien die Ausbildungszeiten des Klägers an der Berufsschule unter Berücksichtigung der vorliegenden Bescheinigungen Sozialversicherungszeiten, die bei der Berechnung der Rentenleistung Berücksichtigung finden müssten, was im Wesentlichen dem Rechtsgutachten des Dr. Leonhardt entspreche. Für eine Beitragszahlung spreche schließlich auch, dass die Zeit des Schulbesuchs in das rumänische Arbeitsbuch eingetragen worden sei, weil dieses grundsätzlich die Beitragsabführung zum rumänischen Rentenversicherungssystem dokumentiere. Die von der Beklagten unter Hinweis auf die Stellungnahme des CNPAS vom 8. Dezember 2009 vorgetragenen Einwände griffen nicht durch. Die Differenzierung zwischen dem Zeitraum der Lehre und dem Zeitraum, in denen eine Person zum Besuch von Lehrgängen der beruflichen Ausbildung delegiert worden sei, beruhe im wesentlichen auf dem Beschluss des Ministerrats Nr. 252/1967, der erst deutlich nach dem hier streitigen Zeitraum erlassen worden sei. Die genannten, im streitigen Zeitraum gültigen Beschlüsse des Ministerrats sähen eine solche Differenzierung nicht vor, sondern postulierten allgemein eine Beitragspflicht für Entgelte, die während eines Produktionspraktikums gezahlt würden. Da eine Beitragsentrichtung vom Kläger jedoch nicht nachgewiesen, sondern nur glaubhaft gemacht worden sei, seien die für diesen Zeitraum zu ermittelten Entgeltpunkte um ein Sechstel zu kürzen und nicht wie vom Kläger begehrt unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Meistbegünstigung als nachgewiesene Zeit zu berücksichtigen.
Gegen das ihr am 1. Oktober 2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 25. Oktober 2010 Berufung eingelegt. Ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen hat sie unter Verweis auf das (eingereichte) Schreiben der Frau T., stellvertretende Direktorin und Koordinatorin der rumänischen Bezirksrentenkasse Caras/Severin, vom 28. Juni 2010, die die Auffassung vertreten hat, die Ausbildungszeit des Klägers von 1953 bis 1955 könne nicht als Beschäftigungszeit (Beitragszeit) bewertet werden, vorgetragen, nach diesem Schreiben sowie dem Schreiben der CNPAS vom 8. Dezember 2009 hätten Lehrlinge der Berufsschulen seit 1. Januar 1949 u.a. auf der Grundlage des Beschlusses des Ministerrats Nr. 1036/1950 eine so genannte Lehrlingsvergütung (Ausbildungsvergütung) erhalten, welche nicht mit der üblichen Entgeltzahlung gleichzusetzen sei. Denn aus der Lehrlingsvergütung seien keine Beiträge zur Sozialversicherung abgeführt worden. Da Lehrlingsvergütungen wie Entgeltzahlungen direkt an die Beschäftigten ausbezahlt worden seien, sei es häufig zu Verwechslungen mit den Entgeltzahlungen gekommen. Deshalb sei mit Art. 89 Abs. 1 des Beschlusses des Ministerrats Nr. 1081/1959 klargestellt worden, dass Zeiten für Lehrlinge und Berufsanfänger grundsätzlich keine Beschäftigungszeit darstellten, außer der Betroffene könne die Beitragsabführung oder den Erhalt von Entgelten mit Lohn- und Gehaltslisten nachweisen. Der Beschluss des Ministerrats Nr. 375 vom 18. April 1951 sei durch den Beschluss Nr. 4161 vom 19. Dezember 1953 außer Kraft gesetzt worden. Die Beklagte hat ferner den Abdruck eines rumänischen Versicherungsverlaufs (Vordruck E 205 RO) vom 14. Dezember 2010 vorgelegt, wonach der Zeitraum vom 14. September 1953 bis 1. Juli 1955 nicht berücksichtigt worden sei, weil der Kläger keinen Nachweis darüber erbracht habe, dass er auf der Grundlage seines Arbeitsvertrags beschäftigt gewesen und der Sozialversicherungsbeitrag gezahlt worden sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 22. September 2010 aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und die rechtliche Einschätzung der Frau T. für unrichtig.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig. Die Beklagte hat die Berufung form- und fristgerecht eingelegt. Die Berufung ist auch statthaft. Denn streitig sind Leistungen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
2. Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das SG hat zu Unrecht die Bescheide der Beklagten vom 13. und 15. September 2006 sowie 21. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Juli 2007 und die Rentenbescheide vom 27. Juni 2001 und 12. Februar 2004 abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 1. Januar 2002 höhere Rente wegen Berufsunfähigkeit und ab 1. März 2004 höhere Altersrente für schwerbehinderte Menschen unter Berücksichtigung der Lehrzeit vom 14. September 1953 bis 15. Juni 1955 als glaubhaft gemachte Beitragszeit zu zahlen. Die genannten Bescheide der Beklagten sind hinsichtlich der Zeit vom 14. September 1953 bis 15. Juni 1955 rechtmäßig, weil diese Zeit keine Beitragszeit ist. Die Beklagte war deshalb auch nicht verpflichtet, insoweit die ergangenen Rentenbescheide vom 27. Juni 2001 und 12. Februar 2004 nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückzunehmen.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
a) Obgleich nicht die Beklagte, sondern die damals zuständige Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg die ursprünglichen Rentenbescheide vom 27. Juni 2001 und 12. Februar 2004, deren teilweise Rücknahme der Kläger begehrt, erließ, ist die Beklagte für die Entscheidung über eine (teilweise) Rücknahme nach § 44 SGB X zuständig. Nach § 44 Abs. 3 SGB X entscheidet über die Rücknahme nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist. Die Beklagte ist nach Art. 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Rumänien über Soziale Sicherheit vom 8. April 2005 (in Kraft getreten zum 1. Juni 2006) im Wege der Funktionsnachfolge an die Stelle der früher zuständigen Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg getreten (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 12. Februar 2009 - B 5 R 39/06 R - SozR 4-5050 § 15 Nr. 6).
b) Bei Erlass der Rentenbescheide vom 27. Juni 2001 und 12. Februar 2004 ist das Recht richtig angewandt worden.
Die Höhe einer Rente richtet sich nach § 63 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen. Zu den zu berücksichtigenden Zeiten gehören die Beitragszeiten. Da der Kläger die streitige Zeit nicht im Bundesgebiet zurückgelegt hat, kommt eine Berücksichtigung als Beitragszeiten nur nach den Vorschriften des FRG in Betracht.
Der Senat geht davon aus, dass der Kläger zum Personenkreis gehört, auf den nach § 1 FRG dieses Gesetz Anwendung findet, weil sowohl die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg als auch die Beklagte Zeiten nach dem FRG festgestellt haben. Aus den vorliegenden Akten ergibt sich dies allerdings nicht, insbesondere nicht, dass der Kläger als Vertriebener anerkannt ist.
Bei der Prüfung der materiellen Voraussetzungen des § 44 SGB X ist auf die Vorschriften des FRG abzustellen, wie sie im Zeitpunkt des Beginns der jeweiligen Rente am 1. November 1998 und am 1. März 2004 galten (vgl. hierzu § 300 Abs. 3 SGB VI in der seit 1. Januar 2001 geltenden Fassung; BSG, Urteil vom 12. Februar 2009 - B 5 R 39/06 R - SozR 4-5050 § 15 Nr. 6 m.w.N.). Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG in der seit 1992 geltenden Fassung des Art. 14 Nr. 14 Buchst. a) Renten-Überleitungsgesetz (RÜG) vom 25. Juli 1991 (BGBl. I., S. 1606) stehen Beitragszeiten, die anerkannte Vertriebene bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen zurückgelegt haben, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Dies setzt voraus, dass Beiträge an den nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (hier der rumänischen Rentenversicherung) gezahlt worden sind. Dies lässt sich nicht feststellen.
Die Qualifikation eines so genannten qualifizierten Arbeiters ("muncitor calificat"), die der Kläger ausweislich der vorgelegten Bescheinigung der Berufsschule erreichte, konnte mit dem Besuch der scola profesionala absolviert werden. Diese typische Berufsschulausbildung bestand im zeitlichen Wechsel aus theoretischen und praktischen Tätigkeitsphasen. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Sachverständigen Bormann vom 24. Februar 2010 und ist zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten.
Maßgeblich für die Erhebung von Beiträgen zur Sozialversicherung in Rumänien war im streitigen Zeitraum der Art. 6 des Beschlusses des Ministerrats Nr. 4161/1953 vom 19. Dezember 1953 über die Festlegung der Beiträge der staatlichen Sozialversicherung (Wortlaut der Bestimmung siehe oben S. 4). Dies ergibt sich aus dem Gutachten des Sachverständigen Bormann vom 24. Februar 2010, ebenso aus den vom Kläger vorgelegten Rechtsgutachten des Dr. Leonhardt vom 9. Juli 2002 und des Herrn Bormann vom 29. Juli 2007. In Betracht kommt insoweit nur der Buchst. b), wenn Schüler von Berufsschulen ein Praktikum in der Produktion leisten. Dass der Kläger ein solches Praktikum geleistet hat, ist nicht erkennbar. Dies ergibt sich auch nicht aus seinem eigenen Vortrag. Vielmehr war er im Rahmen der dualen Ausbildung an der Berufsschule in einem Betrieb tätig. Dies war Bestandteil der schulischen Ausbildung. Dafür spricht auch, dass der Kläger im Arbeitsbuch als Schüler bezeichnet ist. Bekräftigt wird dies dadurch, dass im Arbeitsbuch des Klägers für den streitigen Zeitraum keine Zahlung von Lohn oder Gehalt vermerkt ist. Hätte der Kläger im Rahmen seiner Ausbildung Lohn oder Gehalt gezahlt bekommen, hätte dies im Arbeitsbuch eingetragen werden müssen, was der Senat dem von der Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegten Schreiben der Frau T., Bezirksrentenkasse, vom 28. Juni 2010 entnimmt. Nach deren Ausführungen war die Eintragung der Ausbildung in das Arbeitsbuch vorgeschrieben oder vorgesehen, allerdings nicht für die Anerkennung und Bewertung als Beschäftigungszeit (Beitragszeit). Die vom Kläger angegebene geringe Zahlung von ca. 10 bis 12 Lei im ersten Jahr und ca. 50 bis 60 Lei im zweiten Jahr deutet auch darauf hin, dass es sich insoweit nicht um eine Vergütung (Lohn oder Gehalt), sondern um eine Art Taschengeld handelte.
Auch der Sachverständige Bormann räumt in seiner Ergänzung vom 24. Juni 2010 zu seinem Rechtsgutachten ein, dass das nach seiner Auffassung maßgebliche Gesetz Nr. 10/1949 über die Organisation der staatlichen Sozialversicherung eine Regelung, wie Ausbildungsverhältnisse in der Lehrausbildung hinsichtlich der Abführung von Rentenversicherungsbeiträgen zu behandeln waren, nicht enthält. Damit in Übereinstimmung stehen die Ausführungen der Frau T. im Schreiben vom 28. Juni 2010, dass es wegen Unklarheiten in der Handhabung der Zahlung an Lehrlinge mit Wirkung vom 1. August 1959 zu der Regelung in Art. 89 Abs. 1 des Beschlusses des Ministerrats Nr. 1081/1959 kam, wonach Beschäftigungszeit nicht die Zeit ist, in der Personen als Lehrling oder Berufsanfänger oder Schüler einer Berufsschule gearbeitet haben, mit Ausnahme derer, die sich in einer dieser Situationen befunden haben und Beiträge an die vormaligen Sozialversicherungskassen gezahlt haben oder den Nachweis erbringen, dass sie Entgelt erhalten haben. Im Übrigen geht auch der Sachverständige Bormann in seinem Gutachten vom 24. Februar 2010 davon aus, dass für die während der Ausbildung absolvierten praktischen Beschäftigungszeiten vom Lehrbetrieb Beiträge auf das gezahlte Entgelt an die staatliche Sozialversicherung abzuführen waren, mithin also nur für die Zeiten, in denen der Kläger tatsächlich im Betrieb tätig war, nicht aber für die Zeiten, in denen der Kläger die Schule besuchte.
Das vom Kläger vorgelegte Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. Januar 2003 - L 4 RA 10/02 - vermag seinen Anspruch nicht zu stützen. Denn der dortige Kläger besuchte nach den Angaben im Tatbestand des Urteils nicht die Berufsschule, sondern war in einem Stahlkombinat zum Schlosser ausgebildet worden.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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