L 13 AS 1277/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AS 1323/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 1277/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 9. Februar 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten

Gründe:

I.

Die Klägerinnen begehren im Rahmen eines Zugunstenverfahrens gem.§ 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) die Rücknahme eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheids.

Die Klägerin Ziff 1 lebt zusammen mit ihrer 1994 geborenen Tochter M. (Klägerin Ziff 2) in einer Bedarfsgemeinschaft. Seit Januar 2004 beziehen sie laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II.).

Mit Bescheid vom 26. Juni 2007 bewilligte der Beklagte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts i.H.v. monatlich 596,57 EUR für den Bewilligungszeitraum 1. August 2007 bis 31. Oktober 2007; Erwerbseinkommen wurde nicht angerechnet. Am 13. September 2007 teilte die Klägerin Ziff 1 die Aufnahme einer Teilzeitbeschäftigung ab 10. September 2007 mit. Mit Bescheid vom 12. Dezember 2007 bewilligte der Beklagte den Klägerinnnen Leistungen der Grundsicherung für den Zeitraum 1. November 2007 bis 30. April 2008 i.H.v. monatlich 141,57 EUR unter Anrechnung eines Erwerbseinkommens der Klägerin Ziff 1 von 455 EUR (zur Berechnung im Einzelnen vgl. Bl. 272 der Leistungsakten). Nachdem die Klägerin Ziff 1 im Januar 2008 die Gehaltsabrechnungen für die Monate September 2007 bis Dezember 2007 vorlegte, hob der Beklagte mit Bescheid vom 13. Februar 2008 die genannten Bewilligungsbescheide für die Zeit vom 1. September 2007 bis 31. Dezember 2007 teilweise i.H.v. 791,30 EUR auf und forderte die Erstattung des genannten Betrages, wobei auf die Klägerin Ziff 1 eine Überzahlung i.H.v. 779,40 EUR und auf die Klägerin Ziff 2 ein Betrag von 11,90 EUR entfiel (zur Berechnung im Einzelnen vgl. Bl. 319/320 der Leistungsakten). Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 8. April 2008 zurück, wobei der Beklagte die Rechtsgrundlagen sowie für die genannten Monate die Einkommensanrechnung detailliert darlegte.

Am 20. August 2009 beantragten die Klägerinnen die Rücknahme des Aufhebungs- und Erstattungsbescheids vom 13. Februar 2008, weil eine Gesamtforderung gegen die Bedarfsgemeinschaft geltend gemacht worden sei, dies sei rechtswidrig. Mit Bescheid vom 27. September 2010 lehnte der Beklagte die Rücknahme ab. Den hiergegen mit der fehlenden Bestimmtheit des Aufhebungs- und Erstattungsbescheids begründeten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 2011 zurück.

Am 15. März 2011 haben die Klägerinnen zum Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben und vorgetragen, der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid sei nicht hinreichend bestimmt; im Übrigen konstituiere der Bescheid eine Gesamtforderung von 791,30 EUR, dies sei rechtswidrig. Mit Urteil vom 9. Februar 2012 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es u.a. ausgeführt, der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid sei rechtmäßig, insbesondere hinreichend bestimmt. Die vom Beklagten herangezogenen Rechtsgrundlagen für die Aufhebung der Bewilligung hätten vorgelegen, so dass eine Rücknahme nach § 44 SGB X nicht in Betracht komme.

Gegen das am 29. Februar 2012 zugestellte Urteil richtet sich die am 26. März 2012 eingelegte Berufung der Klägerinnen. Zur Begründung wird vorgetragen, der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid 13. Februar 2008 sei rechtswidrig, weil dieser nicht hinreichend bestimmt sei. Dieser differenziere bzgl. der Aufhebung nicht nach Monaten sondern hebe den kompletten Zeitraum September 2007 bis Dezember 2007 auf. Auch bezogen auf die Erstattung von Leistungen werde undifferenziert eine Gesamtforderung aufgestellt, weshalb der Bescheid auch diesbezüglich nicht hinreichend bestimmt sei.

Die Klägerinnen beantragen sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 9. Februar 2012 sowie den Bescheid vom 27. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Februar 2011 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 13. Februar 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2008 zurückzunehmen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig.

Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Leistungsakten des Beklagten sowie auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Der Senat konnte die Berufung durch Beschluss der Berufsrichter und ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 153 Abs. 4 SGG), denn er hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Anhörung der Beteiligten hat keine Gesichtspunkte ergeben, die Anlass geben könnten, von dieser Verfahrensform abzuweichen.

Die Berufung der Klägerinnen hat keinen Erfolg.

Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch nicht begründet.

Die Klägerinnen haben keinen Anspruch auf Rücknahme des Aufhebungs- und Erstattungsbescheids vom 13. Februar 2008. Der die Rücknahme ablehnende Bescheid vom 27. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Februar 2011 ist rechtmäßig. Der Bescheid vom 13. Februar 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2008 ist rechtmäßig, sodass der Beklagte zutreffend eine Rücknahme abgelehnt hat. Die Voraussetzungen des § 44 SGB X sind nicht gegeben. Der Senat nimmt auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 4 SGG).

Entgegen der Darlegung des Bevollmächtigten der Klägerinnen ist der Bescheid vom 13. Februar 2008 hinreichend bestimmt. Das Bestimmtheitserfordernis als materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung (§ 33 Abs. 1 SGB X) verlangt nach der Rechtsprechung des BSG zum einen, dass der Verfügungssatz eines Verwaltungsaktes nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei ist und den Betroffenen bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage versetzen muss, sein Verhalten daran auszurichten. Zum anderen muss der Verwaltungsakt eine geeignete Grundlage für eine zwangsweise Durchsetzung bilden (BSG, Urteil vom 7. Juli 2011, B 14 AS 153/10 R, veröffentlicht in juris).

Diesen Erfordernissen genügt der genannte Aufhebungs- und Erstattungsbescheid. Der Beklagte hat zwischen beiden Leistungsempfängern, der Klägerin Ziff 1 und deren minderjährigen Kind (Klägerin Ziff. 2), den Umfang der jeweiligen Aufhebung und den jeweiligen Erstattungsbetrag differenziert dargelegt. Im Widerspruchsbescheid hat der Beklagte ferner die einzelnen Aufhebungszeiträume dargestellt und die Berechnung der jeweiligen Aufhebungs- und Erstattungsbeträge bezogen auf diese Zeiträume dargelegt. Ferner hat der Beklagte im Bescheid eindeutig verfügt, dass von der Klägerin Ziff. 1 Leistungen in Höhe von 779,40 EUR sowie von der Klägerin Ziff. 2 ein Betrag von 11,90 EUR zu erstatten ist. Als gesetzliche Vertreterin der Klägerin Ziff. 2 wurde eine Gesamterstattungsforderung gegen die Klägerin Ziff. 1 i. H. v. 791,30 EUR erhoben. Dem Bestimmtheitserfordernis ist somit in vollem Umfang entsprochen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Beklagte keinen berechtigten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat und die Rechtsverfolgung keinen Erfolg hat.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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