L 13 AS 3103/12 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 12 AS 3450/12 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 3103/12 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Juni 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig; sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden (vgl. §§ 172 Abs. 1 und 173 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]). Die Beschwerde ist insbesondere auch statthaft gem. § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG: Der angefochtene Änderungsbescheid vom 2. Mai 2012 sieht eine Herabsetzung der monatlichen Leistungen an die Bedarfsgemeinschaft der Antragstellerin in Höhe von jeweils 126,- EUR für April 2012 bis September 2012, insgesamt also 756,- EUR vor. In diesem Umfang ist die Antragstellerin beschwert. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet; das Sozialgericht (SG) hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 9. Mai 2012 gegen den Änderungsbescheid vom 2. Mai 2012 im Ergebnis zutreffend abgelehnt.

Statthaft ist vorliegend, wie vom SG angenommen, einstweiliger Rechtschutz gem. § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG in der Form der Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Änderungsbescheid vom 2. Mai 2012, dessen aufschiebende Wirkung gem. § 39 Nr. 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) entfällt. Hinsichtlich der Voraussetzungen für die begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung verweist der Senat auf den angefochtenen Beschluss des SG (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Entgegen dem SG geht der Senat allerdings nicht davon aus, dass der Antrag der Antragstellerin bereits wegen fehlender Eilbedürftigkeit keinen Erfolg haben kann. Zwar dürfte auch nach Einschätzung des erkennenden Senats die Eilbedürftigkeit bei der Interessensabwägung nach § 86b Abs. 1 Satz 1 SGG ein in die Abwägung mit einzustellender Belang sein, so dass im Einzelfall bei deutlich länger zurückliegenden Zeiträumen Leistungen dafür im Wege des einstweiligen Rechtschutzes nicht mehr erlangt werden können (Bayerisches Landessozialgericht vom 26. April 2010 - L 7 AS 301/10 ER - juris Rdnr. 9). Die durch den Änderungsbescheid vom 2. Mai 2012 hervorgerufene Beschwer der Antragstellerin erstreckt sich aber auf die Monate April 2012 bis September 2012 und betrifft damit auch im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung noch gegenwärtige Zeiträume. Eine Versagung einstweiligen Rechtschutzes unter Verweis auf eine fehlende Eilbedürftigkeit kommt damit vorliegend nicht in Betracht.

Entscheidendes Gewicht in der vom Senat anzustellenden Abwägungsentscheidung nach § 86b Abs. 1 SGG kommt im vorliegenden Fall den Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu; ist näm¬lich der Widerspruch oder die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, dann überwiegt in den Fällen der gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehung regelmäßig das öffentliche Vollzugsinteresse das Interesse des Einzelnen am Eintritt des Suspensiveffekts. Es bestehen hier im Rahmen der gebotenen summarischen Prüfung keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung. Die Antragstellerin hat am 27. März 2012 dem Antragsgegner die "Jahresabrechnung Strom" der EnBW vom 21. März 2012 vorgelegt, aus welcher sich ein monatlicher Stromabschlag ab April 2012 in Höhe von 330,- EUR monatlich ergab. Daraufhin hat der Antragsgegner die bislang vorläufigen Bewilligungsentscheidungen für den streitgegenständlichen Zeitraum durch den endgültigen Bescheid vom 26. April 2012 ersetzt, mit welchem er der Bedarfsgemeinschaft der Antragstellerin für den Monat April 2012 Arbeitslosengeld II (Alg II) in Höhe von 1.171,92 EUR, für die Monate Mai bis Juli und September 2012 1.209,32 EUR und für den Monat August 2012 1.279,32 EUR bewilligt hat. Berücksichtigt wurden bei der Bewilligungsentscheidung, welche die Antragstellerin nicht angefochten hat, eine Regelleistung von 374,- EUR für die Antragstellerin sowie 287,- EUR für deren Tochter, ein Mehrbedarf zum Lebensunterhalt für Alleinerziehende mit 44,88 EUR und ein einmaliger Mehrbedarf von 70,- EUR für die Tochter der Antragstellerin im August 2012 (persönlicher Schulbedarf). Für die Kosten der Unterkunft wurden insgesamt 718,44 EUR berücksichtigt, welche auf einer angemessenen Kaltmiete in Höhe von 390,- EUR, Nebenkosten in Höhe von 40,- EUR und dem besagten Stromabschlag für Heizkosten in Höhe von 330,- EUR, vermindert um eine Energiekostenpauschale in Höhe von 28,27 EUR sowie 13,29 EUR, zusammen 41,56 EUR, beruhten. Von dem auf diese Weise ermittelten Bedarf hat der Antragsgegner monatlich das Kindergeld für die Tochter der Antragstellerin in Höhe von 215,- EUR in Abzug gebracht. Im Monat April 2012 hat sich weiterhin eine rechtskräftig festgestellte Minderung in Folge einer Sanktion in Höhe von 37,40 EUR bedarfsmindernd ausgewirkt. Gegen die solcher Art ermittelte Bewilligungshöhe bestehen keine Bedenken.

Allerdings hat sich der Bewilligungsbescheid vom 26. April 2012 als anfänglich rechtswidrig zugunsten der Bedarfsgemeinschaft der Antragstellerin im Sinne des § 45 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erwiesen, nachdem die Antragstellerin noch im März 2012 eine korrigierte "Jahresabrechnung Strom" der EnBW vom 29. März 2012 erhalten hat, aus welcher sich ein monatlicher Stromabschlag in Höhe von nur noch 204,- EUR ab April 2012 ergibt. Aufgrund eines unzutreffenden Zählerstandes habe man die bisherige Jahresabrechnung korrigieren müssen. Die Antragstellerin hat diese korrigierte Jahresabrechnung der Beklagten erst am 30. April 2012 zugeleitet. Aufgrund dieser korrigierten Jahresabrechnung ergibt sich ein monatlich um 126,- EUR geringerer Anspruch der Bedarfsgemeinschaft der Antragstellerin, als mit Bewilligungsbescheid vom 26. April 2012 zuerkannt, weshalb sich dieser insoweit als anfänglich rechtswidrig erweist. Der Antragsgegner hat den anfänglich rechtswidrigen Bewilligungsbescheid vom 26. April 2012 deshalb zulässigerweise mit Änderungsbescheid vom 2. Mai 2012 entsprechend korrigiert. Die Korrektur konnte insbesondere auch für die Vergangenheit erfolgen, da die Antragstellerin die Rechtswidrigkeit der Entscheidung vom 26. April 2012 infolge der bereits im März zugegangenen korrigierten Abrechnung kannte oder doch zumindest infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Der Antragsgegner hat die Antragstellerin am Tage des Erlass des angefochtenen Bescheids auch telefonisch angehört; die Antragstellerin hat sich seinerzeit ausweislich des Aktenvermerks (vgl. Bl. 306 der Leistungsakte) mit der beabsichtigten teilweisen Aufhebung einverstanden erklärt. Nach alledem bestehen bei der gebotenen summarischen Prüfung keine vernünftigen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheides. In diesem Fall bleibt es bei der gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit.

Das weitere Vorbringen der Antragstellerin im Rahmen ihrer Beschwerdebegründung vom 12. Juli 2012 ist zum einen nur sehr eingeschränkt konkreten rechtlich relevanten Handlungen des Antragsgegners zuzuordnen und war im Übrigen nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens, weshalb die Antragstellerin insoweit durch den mit der Beschwerde angefochtenen Beschluss des SG schon nicht beschwert sein kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 Abs. 1 SGG.

Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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