Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AL 3/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 2875/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. Februar 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des von der Klägerin ab 1. Januar 2005 bezogenen Arbeitslosengeldes streitig.
Die 1949 geborene Klägerin war bis 31. Juli 2004 als kaufmännische Angestellte bei der O. S. GmbH & Co. KG bzw. nach deren Übernahme durch die L.-T. ab 1. Januar 2004 bei dieser versicherungspflichtig beschäftigt. Sie erzielte in der Zeit vom 1. August 2003 bis 31. Juli 2004 ein beitragspflichtiges Entgelt von 38.550,21 Euro einschließlich beitragspflichtiger Einmalzahlungen. Am 2. Juli 2004 meldete sich die ab diesem Tag arbeitslose Klägerin arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Sie war kinderlos und hatte die Lohnsteuerklasse I.
Zur Berechnung des Bemessungsentgelts für das Arbeitslosengeld zog die Beklagte das versicherungspflichtige Arbeitsentgelt in der Zeit vom 1. August 2003 bis 31. Juli 2004 heran, welches sie durch die 52,2 Wochen in diesem Zeitraum teilte und den sich ergebenden Betrag von 738,51 Euro auf 740 Euro aufrundete. Hieraus errechnete sie einen Leistungssatz von 248,57 Euro wöchentlich entsprechend 35,51 Euro täglich. Mit Bescheid vom 10. August 2004 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab 1. August 2004 Arbeitslosengeld für die Dauer von 780 Tagen in Höhe von 248,57 Euro wöchentlich (= 35,51 Euro täglich) nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 740 Euro. Eine zunächst verfügte Minderung des Zahlbetrags aufgrund verspäteter Arbeitsuchendmeldung entfiel auf Klage der Klägerin vollständig.
In der Zeit vom 15. November 2004 bis 12. Dezember 2004 bezog die Klägerin während einer Bildungsmaßnahme Unterhaltsgeld. Ab 13. Dezember 2004 wurde Arbeitslosengeld in gleicher Höhe wie zuvor weiterbewilligt.
Mit Bescheid vom 2. Januar 2005 änderte die Beklagte die Arbeitslosengeldbewilligung ab 1. Januar 2005 auf einen Zahlbetrag von 36,46 Euro täglich nach einem täglichen Bemessungsentgelt von 105,50 Euro und stellte die Auszahlung unter Zugrundelegung von 30 Tagen je vollen Monat (1093,80 Euro monatlich) um. Den ohne Begründung eingelegten Widerspruch der Klägerin hiergegen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. April 2005, der sich ohne Absendevermerk in der Verwaltungsakte der Beklagten befindet, als unbegründet zurück. Anhaltspunkte für eine falsche Entscheidung seien weder genannt noch aus den Unterlagen ersichtlich.
Am 31. Dezember 2008 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Einen Widerspruchsbescheid habe sie nicht erhalten, sie erhebe Klage, weil ihr nicht bekannt sei, ob die Widerspruchseinlegung die Verjährung unterbreche. Sie halte den Bescheid vom 2. Januar 2005 für rechtswidrig, weil bei der Neuberechnung ihrer Ansprüche auf 30 Tage je Monat ein Fehler unterlaufen sei. Sie habe die Beklagte angeschrieben und um Neuberechnung ihrer Ansprüche gebeten. Sie bitte darum, das Verfahren bis zu einer Entscheidung des BSG ruhen zu lassen. Die Differenzen ergäben sich bei der Berechnung ihres Arbeitslosengeldes aufgrund der Umrechnung ihrer Bezüge auf 30 Tage je Monat. Als Folge der Kürzung des Arbeitslosengeldes sei auch die Meldung an die Rentenversicherung zu niedrig. Für 2005 und 2006 würden dort alleine ca. 1.100 Euro fehlen. Durch die Umstellung werde sie doppelt bestraft. Einen konkreten Antrag hat die Klägerin, die im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG nicht erschienen ist, nicht gestellt.
Mit Urteil vom 23. Februar 2010 hat das SG unter sachdienlicher Auslegung des Begehrens der Klägerin die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 2. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. April 2005 verurteilt, der Klägerin ab dem 1. Januar 2005 Arbeitslosengeld in Höhe von 36,54 Euro täglich zu gewähren. Dies entspreche dem Begehren der Klägerin, dem voll entsprochen werde. Die Klage sei zulässig. Zwar sei das Bestreiten des Zugangs des Widerspruchsbescheids vom 21. April 2005 unsubstantiiert. Allerdings sei auf dem Widerspruchsbescheid kein Zeitpunkt der Aufgabe zur Post von der Beklagten vermerkt worden. In diesem Fall trete keine Zugangsfiktion ein. Von einem Zugang könne mithin erst durch die Übersendung der Mehrfertigung durch das SG auf Verfügung vom 17. Juni 2009 ausgegangen werden. Die zunächst unzulässige Klage sei mit dem Zeitpunkt des tatsächlichen Zugangs des Widerspruchsbescheids bei der Klägerin zulässig geworden. In der Sache sei die Klage erfolgreich. Die Klägerin wende sich explizit gegen den Änderungsbescheid vom 2. Januar 2005. Mit diesem habe die Beklagte das der Klägerin zu gewährende Arbeitslosengeld ab dem 1. Januar 2005 neu berechnet. Hintergrund sei die ab dem 1. Januar 2005 durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 erfolgte Neuregelung des Bemessungsrechts. Aus Vereinfachungsgründen habe das Bemessungsrecht wesentliche Änderungen erfahren. Insbesondere seien die Regelungen über die Bestimmung des Bemessungsentgelts, aus dem sich das Leistungsentgelt und danach der prozentuale Leistungssatz des Arbeitslosen errechne, stark vereinfacht. Daneben sei die bisherige Orientierung am Wochenprinzip aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung, und zwar angleichend an die übrigen Sozialversicherungszweige, auf Tagesbetrachtungsweise umgestellt worden. Arbeitslosengeld werde mithin seither nicht für die Woche, sondern für den Tag berechnet, andererseits jedoch im Monat lediglich gleichbleibend für 30 Tage gezahlt, § 134 SGB III n.F ... Schließlich sei auf die jährliche Anpassung aufgrund der Leistungsentgeltverordnung, in der pauschalierend das Leistungsentgelt festgelegt worden sei, mit Wirkung ab 1. Januar des jeweiligen Jahres verzichtet worden. An deren Stelle sei eine einmalige Festlegung des Leistungsentgelts nach § 133 Abs. 1 SGB III getreten, in dem als Abzüge vom Bemessungsentgelt eine einheitliche Sozialversicherungspauschale von 21% und die Steuern vorgesehen seien; deren Höhe sei unmittelbar der Lohnsteuertabelle des Jahres, in dem der Anspruch entstanden sei, zu entnehmen. Als Übergangsregelung sei in § 434j Abs. 5 SGB III angeordnet, dass (allerdings) das Bemessungsentgelt nach dem vom 1. Januar 2005 an geltenden Recht für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld, der bereits vor dem 1. Januar 2005 entstanden ist, nur neu festzusetzen sei, soweit dies aufgrund eines Sachverhalts erforderlich sei, der nach dem 31. Dezember 2004 eingetreten sei. Vorliegend habe die Beklagte die Neuregelung zum Nachteil der Klägerin unrichtig angewandt. Zwar habe sie zu Recht das der Klägerin ab Januar 2005 zustehende Arbeitslosengeld der neuen Rechtslage angepasst. Danach betrage das Arbeitslosengeld für die Klägerin 60% des pauschalierten Nettoentgelts, das sich aus dem Bruttoentgelt ergebe, das die Klägerin im Bemessungszeitraum erzielt habe, § 129 SGB III. Da sich vorliegend nach dem 31. Dezember 2004 kein Sachverhalt ergeben habe, der eine Neubemessung dieses Bemessungsentgelts erforderlich gemacht habe, sei nach § 434j Abs. 5 SGB III vom Bemessungsentgelt des Jahres 2004 in Höhe von 740 Euro auszugehen. Insoweit habe der frühere Bewilligungsbescheid Feststellungswirkung. Allerdings mache die Umstellung des Bemessungsentgelts von einem wöchentlichen auf einen täglichen Betrag trotz der Regelung des § 434j Abs. 5 SGB III eine Neubestimmung des Bemessungsentgelts insoweit erforderlich, als das Bemessungsentgelt von 740 Euro wöchentlich auf ein tägliches Bemessungsentgelt umzustellen gewesen sei. Aus Gründen der vom Gesetzgeber gewollten Praktikabilität und dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes sei hierbei - entgegen der Vorgehensweise der Beklagten im angefochtenen Bescheid - vom gerundeten wöchentlichen Betrag des Bemessungsentgelts auszugehen (vgl. Urteil des BSG vom 8. Februar 2007 - B 7a AL 38/06 R). Das der Klägerin ab 1. Januar 2005 zustehende Arbeitslosengeld sei demnach folgendermaßen zu berechnen: 740 Euro wöchentliches Bemessungsentgelt, geteilt durch 7 ergebe ein tägliches Bemessungsentgelt in Höhe von 105,71 Euro. Abzüglich der Lohnsteuer (Klasse 1, Kindermerkmal 0) in Höhe von 21,44 Euro, des Solidaritätszuschlags in Höhe von 1,17 Euro und der Sozialversicherungspauschale in Höhe von 22,20 Euro ergebe sich ein Leistungsentgelt von 60,90 Euro. Hiervon 60% ergäben ein tägliches Arbeitslosengeld von 36,54 Euro. Die Beklagte sei daher zu dementsprechend höherer Leistungsgewährung zu verurteilen. Die Beklagte hat das Urteil mit Änderungsbescheid vom 9. Juni 2010 umgesetzt und für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 11. Oktober 2006 eine Nachzahlung von 51,28 Euro geleistet.
Gegen das am 20. Mai 2010 zugestellte Urteil richtet sich die am 21. Juni 2010 (Montag) ohne Begründung eingelegte Berufung.
Die Klägerin ist darauf hingewiesen worden, dass keine Beschwer durch das Urteil des SG ersichtlich sei, nachdem ihrem Begehren vollumfänglich stattgegeben worden sei. Die Berechnung des SG entspreche auch der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 8. Februar 2007 - B 7a AL 38/06 R; Beschluss vom 19. November 2008 - B 11 AL 94/08). Weiter ist der Hinweis an die Beteiligten erfolgt, dass die Berufung mangels Beschwer durch das angefochtene Urteil unstatthaft sein könne und eine Verwerfung der Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung in Betracht komme.
Die Klägerin trägt vor, es liege durchaus eine Beschwer vor. Bei der Umstellung der Berechnungsweise des Arbeitslosengeldes ab 1. Januar 2005 sei sie gegenüber 2004 benachteiligt worden, sowohl beim Bezug des Arbeitslosengeldes als auch bei der Meldung der Bezüge an die Rentenkasse als Grundlage zur Berechnung ihrer Rentenbezüge. Sie verweise auf eine separate Berufungsbegründung. Sie beantrage eine mündliche Verhandlung und Abänderung der Bescheide der Beklagten.
Trotz Aufforderung hierzu hat die Klägerin die mehrfach angekündigte weitere Berufungsbegründung nicht vorlegt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. Februar 2010 und des Bescheides der Beklagten vom 2. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. April 2005 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 9. Juni 2010 zu verpflichten, ihr ab 1. Januar 2005 höheres Arbeitslosengeld (als unter Zugrundelegung eines täglichen Leistungssatzes von 36,54 Euro bei Ansatz eines vollen Kalendermonats mit 30 Tagen) zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat auch in Abwesenheit der Klägerin verhandeln und entscheiden konnte, da die Klägerin auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist, ist zulässig. Zwar hat das SG die Beklagte entsprechend dem wohlverstandenen Klagebegehren der Klägerin verurteilt und hat die Klägerin nicht konkret dargetan, inwieweit sie darüber hinaus die Bescheide der Beklagten für unzutreffend hält. Allerdings hat die Klägerin mit der Berufungseinlegung gezeigt, dass die Entscheidung des SG ihrem - nicht näher konkretisierten - Begehren nicht vollumfänglich entspricht. Auf die deutlichen Hinweise des Gerichts zur fehlenden Beschwer hat die Klägerin angegeben, beschwert zu sein und die - weitere - Abänderung der Bescheide der Beklagten zu begehren. Vor diesem Hintergrund wird zugunsten der Klägerin davon ausgegangen, dass sie jedenfalls höheres Arbeitslosengeld ab 1. Januar 2005 als unter Zugrundelegung eines täglichen Leistungssatzes von 36,54 Euro bei Ansatz eines vollen Kalendermonats mit 30 Tagen begehrt und damit ein Rechtschutzbedürfnis vorliegt. Angesichts der Restanspruchsdauer ab 1. Januar 2005 von 641 Tagen steht damit die Höhe laufender Leistungen für einen Zeitraum von länger als einem Jahr im Streit, so dass sich die Statthaftigkeit der Berufung bereits aus § 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ergibt. Die Berufung ist auch form- und fristgerecht im Sinne des § 151 SGG eingelegt und insgesamt zulässig.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch in der Sache unbegründet. Ihr steht kein Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld für die Zeit ab 1. Januar 2005 als unter Zugrundelegung eines täglichen Leistungssatzes von 36,54 Euro bei Ansatz eines vollen Kalendermonats mit 30 Tagen zu.
Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung die maßgebenden Rechtsgrundlagen angegeben, die Berechnung des der Klägerin für die Zeit ab 1. Januar 2005 zustehenden Arbeitslosengeldes zutreffend und ausführlich dargestellt und die Beklagte dementsprechend zur Gewährung von höherem Arbeitslosengeld und Abänderung des Bescheides vom 2. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. April 2005 verpflichtet. Der Senat sieht zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit von einer Begründung ab und verweist nach eigener Überprüfung auf die Ausführungen der Entscheidungsgründe (§ 153 Abs. 2 SGG). Die Beklagte ist dem Urteil des SG bereits nachgekommen. Inwieweit die Klägerin darüber hinaus Leistungen mit welcher Begründung begehrt, ist nicht ersichtlich. Sie hat weder in erster Instanz konkret ein Klageziel benannt, noch ein solches - in Abweichung von dem vom SG durch Auslegung ihres Vorbringens ermittelten Klageziel - im Berufungsverfahren dargetan. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Berechnung des SG im angefochtenen Urteil und der daraufhin erfolgten Nachzahlung der Beklagten sind weder von der Klägerin vorgetragen noch ersichtlich.
Damit hat die Berufung insgesamt keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des von der Klägerin ab 1. Januar 2005 bezogenen Arbeitslosengeldes streitig.
Die 1949 geborene Klägerin war bis 31. Juli 2004 als kaufmännische Angestellte bei der O. S. GmbH & Co. KG bzw. nach deren Übernahme durch die L.-T. ab 1. Januar 2004 bei dieser versicherungspflichtig beschäftigt. Sie erzielte in der Zeit vom 1. August 2003 bis 31. Juli 2004 ein beitragspflichtiges Entgelt von 38.550,21 Euro einschließlich beitragspflichtiger Einmalzahlungen. Am 2. Juli 2004 meldete sich die ab diesem Tag arbeitslose Klägerin arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Sie war kinderlos und hatte die Lohnsteuerklasse I.
Zur Berechnung des Bemessungsentgelts für das Arbeitslosengeld zog die Beklagte das versicherungspflichtige Arbeitsentgelt in der Zeit vom 1. August 2003 bis 31. Juli 2004 heran, welches sie durch die 52,2 Wochen in diesem Zeitraum teilte und den sich ergebenden Betrag von 738,51 Euro auf 740 Euro aufrundete. Hieraus errechnete sie einen Leistungssatz von 248,57 Euro wöchentlich entsprechend 35,51 Euro täglich. Mit Bescheid vom 10. August 2004 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab 1. August 2004 Arbeitslosengeld für die Dauer von 780 Tagen in Höhe von 248,57 Euro wöchentlich (= 35,51 Euro täglich) nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 740 Euro. Eine zunächst verfügte Minderung des Zahlbetrags aufgrund verspäteter Arbeitsuchendmeldung entfiel auf Klage der Klägerin vollständig.
In der Zeit vom 15. November 2004 bis 12. Dezember 2004 bezog die Klägerin während einer Bildungsmaßnahme Unterhaltsgeld. Ab 13. Dezember 2004 wurde Arbeitslosengeld in gleicher Höhe wie zuvor weiterbewilligt.
Mit Bescheid vom 2. Januar 2005 änderte die Beklagte die Arbeitslosengeldbewilligung ab 1. Januar 2005 auf einen Zahlbetrag von 36,46 Euro täglich nach einem täglichen Bemessungsentgelt von 105,50 Euro und stellte die Auszahlung unter Zugrundelegung von 30 Tagen je vollen Monat (1093,80 Euro monatlich) um. Den ohne Begründung eingelegten Widerspruch der Klägerin hiergegen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. April 2005, der sich ohne Absendevermerk in der Verwaltungsakte der Beklagten befindet, als unbegründet zurück. Anhaltspunkte für eine falsche Entscheidung seien weder genannt noch aus den Unterlagen ersichtlich.
Am 31. Dezember 2008 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Einen Widerspruchsbescheid habe sie nicht erhalten, sie erhebe Klage, weil ihr nicht bekannt sei, ob die Widerspruchseinlegung die Verjährung unterbreche. Sie halte den Bescheid vom 2. Januar 2005 für rechtswidrig, weil bei der Neuberechnung ihrer Ansprüche auf 30 Tage je Monat ein Fehler unterlaufen sei. Sie habe die Beklagte angeschrieben und um Neuberechnung ihrer Ansprüche gebeten. Sie bitte darum, das Verfahren bis zu einer Entscheidung des BSG ruhen zu lassen. Die Differenzen ergäben sich bei der Berechnung ihres Arbeitslosengeldes aufgrund der Umrechnung ihrer Bezüge auf 30 Tage je Monat. Als Folge der Kürzung des Arbeitslosengeldes sei auch die Meldung an die Rentenversicherung zu niedrig. Für 2005 und 2006 würden dort alleine ca. 1.100 Euro fehlen. Durch die Umstellung werde sie doppelt bestraft. Einen konkreten Antrag hat die Klägerin, die im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG nicht erschienen ist, nicht gestellt.
Mit Urteil vom 23. Februar 2010 hat das SG unter sachdienlicher Auslegung des Begehrens der Klägerin die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 2. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. April 2005 verurteilt, der Klägerin ab dem 1. Januar 2005 Arbeitslosengeld in Höhe von 36,54 Euro täglich zu gewähren. Dies entspreche dem Begehren der Klägerin, dem voll entsprochen werde. Die Klage sei zulässig. Zwar sei das Bestreiten des Zugangs des Widerspruchsbescheids vom 21. April 2005 unsubstantiiert. Allerdings sei auf dem Widerspruchsbescheid kein Zeitpunkt der Aufgabe zur Post von der Beklagten vermerkt worden. In diesem Fall trete keine Zugangsfiktion ein. Von einem Zugang könne mithin erst durch die Übersendung der Mehrfertigung durch das SG auf Verfügung vom 17. Juni 2009 ausgegangen werden. Die zunächst unzulässige Klage sei mit dem Zeitpunkt des tatsächlichen Zugangs des Widerspruchsbescheids bei der Klägerin zulässig geworden. In der Sache sei die Klage erfolgreich. Die Klägerin wende sich explizit gegen den Änderungsbescheid vom 2. Januar 2005. Mit diesem habe die Beklagte das der Klägerin zu gewährende Arbeitslosengeld ab dem 1. Januar 2005 neu berechnet. Hintergrund sei die ab dem 1. Januar 2005 durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 erfolgte Neuregelung des Bemessungsrechts. Aus Vereinfachungsgründen habe das Bemessungsrecht wesentliche Änderungen erfahren. Insbesondere seien die Regelungen über die Bestimmung des Bemessungsentgelts, aus dem sich das Leistungsentgelt und danach der prozentuale Leistungssatz des Arbeitslosen errechne, stark vereinfacht. Daneben sei die bisherige Orientierung am Wochenprinzip aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung, und zwar angleichend an die übrigen Sozialversicherungszweige, auf Tagesbetrachtungsweise umgestellt worden. Arbeitslosengeld werde mithin seither nicht für die Woche, sondern für den Tag berechnet, andererseits jedoch im Monat lediglich gleichbleibend für 30 Tage gezahlt, § 134 SGB III n.F ... Schließlich sei auf die jährliche Anpassung aufgrund der Leistungsentgeltverordnung, in der pauschalierend das Leistungsentgelt festgelegt worden sei, mit Wirkung ab 1. Januar des jeweiligen Jahres verzichtet worden. An deren Stelle sei eine einmalige Festlegung des Leistungsentgelts nach § 133 Abs. 1 SGB III getreten, in dem als Abzüge vom Bemessungsentgelt eine einheitliche Sozialversicherungspauschale von 21% und die Steuern vorgesehen seien; deren Höhe sei unmittelbar der Lohnsteuertabelle des Jahres, in dem der Anspruch entstanden sei, zu entnehmen. Als Übergangsregelung sei in § 434j Abs. 5 SGB III angeordnet, dass (allerdings) das Bemessungsentgelt nach dem vom 1. Januar 2005 an geltenden Recht für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld, der bereits vor dem 1. Januar 2005 entstanden ist, nur neu festzusetzen sei, soweit dies aufgrund eines Sachverhalts erforderlich sei, der nach dem 31. Dezember 2004 eingetreten sei. Vorliegend habe die Beklagte die Neuregelung zum Nachteil der Klägerin unrichtig angewandt. Zwar habe sie zu Recht das der Klägerin ab Januar 2005 zustehende Arbeitslosengeld der neuen Rechtslage angepasst. Danach betrage das Arbeitslosengeld für die Klägerin 60% des pauschalierten Nettoentgelts, das sich aus dem Bruttoentgelt ergebe, das die Klägerin im Bemessungszeitraum erzielt habe, § 129 SGB III. Da sich vorliegend nach dem 31. Dezember 2004 kein Sachverhalt ergeben habe, der eine Neubemessung dieses Bemessungsentgelts erforderlich gemacht habe, sei nach § 434j Abs. 5 SGB III vom Bemessungsentgelt des Jahres 2004 in Höhe von 740 Euro auszugehen. Insoweit habe der frühere Bewilligungsbescheid Feststellungswirkung. Allerdings mache die Umstellung des Bemessungsentgelts von einem wöchentlichen auf einen täglichen Betrag trotz der Regelung des § 434j Abs. 5 SGB III eine Neubestimmung des Bemessungsentgelts insoweit erforderlich, als das Bemessungsentgelt von 740 Euro wöchentlich auf ein tägliches Bemessungsentgelt umzustellen gewesen sei. Aus Gründen der vom Gesetzgeber gewollten Praktikabilität und dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes sei hierbei - entgegen der Vorgehensweise der Beklagten im angefochtenen Bescheid - vom gerundeten wöchentlichen Betrag des Bemessungsentgelts auszugehen (vgl. Urteil des BSG vom 8. Februar 2007 - B 7a AL 38/06 R). Das der Klägerin ab 1. Januar 2005 zustehende Arbeitslosengeld sei demnach folgendermaßen zu berechnen: 740 Euro wöchentliches Bemessungsentgelt, geteilt durch 7 ergebe ein tägliches Bemessungsentgelt in Höhe von 105,71 Euro. Abzüglich der Lohnsteuer (Klasse 1, Kindermerkmal 0) in Höhe von 21,44 Euro, des Solidaritätszuschlags in Höhe von 1,17 Euro und der Sozialversicherungspauschale in Höhe von 22,20 Euro ergebe sich ein Leistungsentgelt von 60,90 Euro. Hiervon 60% ergäben ein tägliches Arbeitslosengeld von 36,54 Euro. Die Beklagte sei daher zu dementsprechend höherer Leistungsgewährung zu verurteilen. Die Beklagte hat das Urteil mit Änderungsbescheid vom 9. Juni 2010 umgesetzt und für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 11. Oktober 2006 eine Nachzahlung von 51,28 Euro geleistet.
Gegen das am 20. Mai 2010 zugestellte Urteil richtet sich die am 21. Juni 2010 (Montag) ohne Begründung eingelegte Berufung.
Die Klägerin ist darauf hingewiesen worden, dass keine Beschwer durch das Urteil des SG ersichtlich sei, nachdem ihrem Begehren vollumfänglich stattgegeben worden sei. Die Berechnung des SG entspreche auch der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 8. Februar 2007 - B 7a AL 38/06 R; Beschluss vom 19. November 2008 - B 11 AL 94/08). Weiter ist der Hinweis an die Beteiligten erfolgt, dass die Berufung mangels Beschwer durch das angefochtene Urteil unstatthaft sein könne und eine Verwerfung der Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung in Betracht komme.
Die Klägerin trägt vor, es liege durchaus eine Beschwer vor. Bei der Umstellung der Berechnungsweise des Arbeitslosengeldes ab 1. Januar 2005 sei sie gegenüber 2004 benachteiligt worden, sowohl beim Bezug des Arbeitslosengeldes als auch bei der Meldung der Bezüge an die Rentenkasse als Grundlage zur Berechnung ihrer Rentenbezüge. Sie verweise auf eine separate Berufungsbegründung. Sie beantrage eine mündliche Verhandlung und Abänderung der Bescheide der Beklagten.
Trotz Aufforderung hierzu hat die Klägerin die mehrfach angekündigte weitere Berufungsbegründung nicht vorlegt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. Februar 2010 und des Bescheides der Beklagten vom 2. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. April 2005 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 9. Juni 2010 zu verpflichten, ihr ab 1. Januar 2005 höheres Arbeitslosengeld (als unter Zugrundelegung eines täglichen Leistungssatzes von 36,54 Euro bei Ansatz eines vollen Kalendermonats mit 30 Tagen) zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat auch in Abwesenheit der Klägerin verhandeln und entscheiden konnte, da die Klägerin auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist, ist zulässig. Zwar hat das SG die Beklagte entsprechend dem wohlverstandenen Klagebegehren der Klägerin verurteilt und hat die Klägerin nicht konkret dargetan, inwieweit sie darüber hinaus die Bescheide der Beklagten für unzutreffend hält. Allerdings hat die Klägerin mit der Berufungseinlegung gezeigt, dass die Entscheidung des SG ihrem - nicht näher konkretisierten - Begehren nicht vollumfänglich entspricht. Auf die deutlichen Hinweise des Gerichts zur fehlenden Beschwer hat die Klägerin angegeben, beschwert zu sein und die - weitere - Abänderung der Bescheide der Beklagten zu begehren. Vor diesem Hintergrund wird zugunsten der Klägerin davon ausgegangen, dass sie jedenfalls höheres Arbeitslosengeld ab 1. Januar 2005 als unter Zugrundelegung eines täglichen Leistungssatzes von 36,54 Euro bei Ansatz eines vollen Kalendermonats mit 30 Tagen begehrt und damit ein Rechtschutzbedürfnis vorliegt. Angesichts der Restanspruchsdauer ab 1. Januar 2005 von 641 Tagen steht damit die Höhe laufender Leistungen für einen Zeitraum von länger als einem Jahr im Streit, so dass sich die Statthaftigkeit der Berufung bereits aus § 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ergibt. Die Berufung ist auch form- und fristgerecht im Sinne des § 151 SGG eingelegt und insgesamt zulässig.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch in der Sache unbegründet. Ihr steht kein Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld für die Zeit ab 1. Januar 2005 als unter Zugrundelegung eines täglichen Leistungssatzes von 36,54 Euro bei Ansatz eines vollen Kalendermonats mit 30 Tagen zu.
Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung die maßgebenden Rechtsgrundlagen angegeben, die Berechnung des der Klägerin für die Zeit ab 1. Januar 2005 zustehenden Arbeitslosengeldes zutreffend und ausführlich dargestellt und die Beklagte dementsprechend zur Gewährung von höherem Arbeitslosengeld und Abänderung des Bescheides vom 2. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. April 2005 verpflichtet. Der Senat sieht zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit von einer Begründung ab und verweist nach eigener Überprüfung auf die Ausführungen der Entscheidungsgründe (§ 153 Abs. 2 SGG). Die Beklagte ist dem Urteil des SG bereits nachgekommen. Inwieweit die Klägerin darüber hinaus Leistungen mit welcher Begründung begehrt, ist nicht ersichtlich. Sie hat weder in erster Instanz konkret ein Klageziel benannt, noch ein solches - in Abweichung von dem vom SG durch Auslegung ihres Vorbringens ermittelten Klageziel - im Berufungsverfahren dargetan. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Berechnung des SG im angefochtenen Urteil und der daraufhin erfolgten Nachzahlung der Beklagten sind weder von der Klägerin vorgetragen noch ersichtlich.
Damit hat die Berufung insgesamt keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
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