L 9 R 536/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 6039/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 536/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 11. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung einer höheren Altersrente.

Der 1941 geborene Kläger bezieht von der Beklagten seit 01.02.2001 eine mit Bescheid vom 20.12.2000 bewilligte Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit. Der Kläger hatte zuvor sein langjähriges Arbeitsverhältnis mit einem Aufhebungsvertrag am 02.08.1996 zum 15.12.1996 und unter Vereinbarung einer Gesamtabfindung in Höhe von 253.468,00 DM beendet. Für die Zeit danach sind Pflichtbeitragszeiten nur noch für den Zeitraum vom 10.03.1997 bis 08.11.1999 gemeldet worden (Bundesanstalt - heute: Bundesagentur - für Arbeit). Bei der Bemessung der persönlichen Entgeltpunkte des Klägers hat die Beklagte die im Versicherungsverlauf aufgeführten Zeiten einer Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug (10.03.1997 bis 25.03.1998 sowie 09.11.1999 bis 31.01.2001) nicht im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung berücksichtigt. Unter Berücksichtigung persönlicher Entgeltpunkte in Höhe von 45,6625 (welche sich aus dem wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente auf 0,853 verminderten Zugangsfaktor errechnet haben [vgl. Anlage 6 zum Rentenbescheid, Bl. 6 ff. der Akten der Beklagten]) ergab sich ein monatlicher Zahlbetrag der Rente in Höhe von 2.218,28 DM (zuzgl. 18,86 DM Zuschuss zum Pflegeversicherungsbeitrag).

Mit einem am 23.03.2010 eingegangenen Schreiben beantragte der Bevollmächtigte des Klägers die Überprüfung nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), weil die Nichtbewertung der Zeiten vom 10.03.1997 bis 25.03.1998 und vom 01.11.1999 bis zum 31.01.2001 vollkommen unverständlich sei.

Mit Bescheid vom 06.04.2010 lehnte die Beklagte den Antrag auf Rücknahme des Bescheides vom 20.12.2000 ab. Bei der Rentenberechnung seien alle nachgewiesenen bzw. glaubhaft gemachten Beitragszeiten, Ersatzzeiten und Anrechnungszeiten berücksichtigt worden. Die Berechnung selbst entspreche den gesetzlichen Vorschriften. Denn bei den geltend gemachten Zeiten handele es sich um Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug. § 74 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sei durch das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz (- WFG - vom 25.09.2006, BGBl. I 1461) mit Wirkung ab 01.01.1997 neu gefasst worden. Gemäß § 74 Satz 3 Nr. 1 und 2 SGB VI würden Kalendermonate, die nur deshalb Anrechnungszeiten seien, weil Arbeitslosigkeit nach dem 30.06.1978 vorgelegen habe, für die aber keine Leistung gezahlt worden seien, im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung nicht bewertet. Dies gelte nach den Übergangsregelungen des § 263 Abs. 2a Satz 3 SGB VI in der Fassung bis 31.12.2007 bei einem Rentenbeginn ab 01.01.2001 ebenso für Kalendermonate, die nur deshalb Anrechnungszeiten seien, weil Arbeitslosigkeit nach dem 30.06.1978 vorgelegen habe, für die vor dem 01.01.2005 weder Arbeitslosengeld noch Arbeitslosenhilfe gezahlt worden sei. Die Nichtbewertung von Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug verstoße nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 05.07.2005 (Az: B 4 RA 40/03 R) weder gegen Verfassungsrecht noch gegen Europarecht. Mit seinem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, die Ausführungen im Urteil des Bundessozialgerichts zur Frage der Gleichbehandlung seien mehr als dürftig. Ob eine Ungleichbehandlung im Sinne des Europarechts vorliege, könne erst einmal dahingestellt bleiben. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.11.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 25.11.2010 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben.

Er hat geltend gemacht, sein Beschäftigungsverhältnis im Jahre 1996 vor Inkrafttreten entsprechender Änderungsvorschriften des WFG, die am 01.01.1997 in Kraft getreten und im Dezember 1996 verabschiedet worden seien, beendet zu haben. Damit habe er eine Entscheidung getroffen zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses, die auf ganz anderen rechtlichen Voraussetzungen basiert habe. Er habe sich damals eine Rentenauskunft geben lassen aus der ersichtlich gewesen sei, dass die Zeiten der Arbeitslosigkeit als Anrechnungszeit berücksichtigt und bewertet würden. Zum Zeitpunkt der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses habe ein anderes Recht gegolten, als zum Zeitpunkt des Rentenbeginns und auf dieser Basis seien die entsprechenden Entscheidungen getroffen worden. Das von der Beklagten herangezogene Übergangsrecht erfasse ihn nicht. Hier liege eine krasse Ungleichbehandlung im Hinblick auf die Übergangsvorschriften, die im Hinblick auf den Rentenbeginn für Altersrente wegen Arbeitslosigkeit eingeführt worden seien. Es sei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber bei der Änderung im WFG schlicht und ergreifend übersehen habe, eine ordnungsgemäße Übergangsregelung einzuführen. Es handele sich daher um eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung und ein Verstoß gegen Rechtsstaatsprinzipien im Hinblick auf die Vertrauensschutzgrundsätze.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat darauf hingewiesen, dass die Anrechnungszeiten in einer Übergangszeit vom 01.01.1997 bis 31.12.2000 über § 263 Abs. 2 a Satz 3 SGB VI (in der Fassung bis 31. 12.2007) i. V. m. der Anlage 18 zum SGB VI (in der Fassung bis 31.07.2004) abhängig vom Rentenbeginn noch mit einem stufenweise abzuschmelzenden Gesamtleistungswert abgegolten worden seien. Bei einem Rentenbeginn ab dem 01.01.2001 würden diesen Zeiten keine Entgeltpunkte mehr zugeordnet. Sie hat auf die Rechtsprechung des BSG verwiesen, wonach die Nichtbewertung von Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug weder gegen Verfassungsrecht noch gegen Europarecht verstoße. Verfassungsbeschwerden gegen solche Entscheidungen seien nicht zur Entscheidung angenommen worden.

Mit Gerichtsbescheid vom 11.01.2012 hat das SG die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 20.12.2000, weil dieser Bescheid rechtmäßig sei. In die Gesamtleistungsbewertung seien die von ihm geforderten Zeiten nicht einzustellen. Sie seien nur deshalb Anrechnungszeiten, weil Arbeitslosigkeit nach dem 30.06.1978 vorgelegen habe, für die nicht Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe gezahlt worden sei. Solche Zeiten seien nach § 74 Satz 5 Nr. 1 SGB VI in der Gesamtleistungsbewertung nicht bewertet. Anderes folge auch nicht aus der Übergangsvorschrift des § 263 Abs. 2a SGB VI (in der bis 31.12.2007 geltenden Fassung) in Verbindung mit der Anlage 18 zum SGB VI. Durch das WFG vom 25.09.1996, welches zum 01.01.1997 in Kraft getreten sei, sei § 74 SGB VI geändert und Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit von der Bewertung ausgenommen worden. Es hat sich der näher ausgeführten Auffassung des 4. und 13. Senats des Bundessozialgerichts angeschlossen, wonach diese Neuregelung nicht gegen die Verfassung verstoße. Bei der Gestaltung sozialer Sicherungssysteme sei dem Gesetzgeber ein großer Gestaltungsspielraum eingeräumt. Dieser sei besonders weit, wenn von der Rechtsänderung Zeiten betroffen seien, deren rentenrechtliche Berücksichtigung - wie bei den Anrechnungszeiten - keine Beitragsleistungen des Versicherten zugrunde liege. Auch sei der vom Kläger vorgebrachte Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nicht in verfassungswidriger Weise berührt. Denn die durch das WFG vorgenommene Änderung des §§ 74 SGB VI greife nicht in bereits vorhandene Rechtspositionen des Klägers ein, sondern nehme nachfolgende Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug von einer Berücksichtigung bei der Gesamtleistungsbewertung aus. Der Kläger habe zwar vor Erlass des WFG sein Arbeitsverhältnis durch einen Aufhebungsvertrag beendet. Er habe sich jedoch nicht darauf verlassen können, dass die rentenrechtlichen Bestimmungen bis zur Inanspruchnahme der Altersrente im Jahre 2001 unverändert fortbestünden. Es sei nicht ersichtlich, woraus sich ein entsprechender Vertrauensschutz ableiten könnte. Er könne sich insbesondere nicht auf eine von ihm eingeholte Rentenauskunft vor Abschluss des Aufhebungsvertrages berufen. Denn Rentenauskünfte seien unverbindlich und der Betroffene könne hieraus für sich keine Rechte herleiten. Über die Anrechnung und Bewertung von rentenrechtlichen Zeiten werde erst bei der Feststellung einer Leistung entschieden.

Gegen den ihm am 16.01.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 03.02.2012 Berufung eingelegt.

Der Kläger hält an der Auffassung einer Ungleichbehandlung im Vergleich zu anderen Arbeitslosen, die hinsichtlich der Rentenbeginnvorschriften Vertrauensschutz genössen, fest.

Der Kläger beantragt,

dem Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 11. Januar 2012 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 6. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. November 2010 zu verurteilen, ihm unter Abänderung des Bescheides vom 20. Dezember 2000 höhere Altersrente wegen Arbeitslosigkeit bei Berücksichtigung der Anrechnungszeiten vom 10. März 1997 bis 25. März 1998 und vom 09. November 1999 bis 31. Januar 2001 im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung zu gewähren,

die entsprechende Nachzahlung mit 5 % über dem Basiszinssatz zu verzinsen,

die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie weist nochmals daraufhin, dass die Nichtbewertung von Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug bei einem Rentenbeginn ab 01.01.2001 dem geltenden Recht entspreche und nach Auffassung des Bundessozialgerichts auch nicht gegen Verfassungsrecht verstoße.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogene Akte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg. Die Beklagte und das SG haben zutreffend entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 20.12.2000 gemäß § 44 SGB X und auf die Gewährung einer höheren Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit hat.

Die Beklagte hat - wie das SG zutreffend ausgeführt hat - weder das Recht unrichtig angewendet noch ist sie von einem Sachverhalt ausgegangen, der sich als unrichtig erwiesen hätte. Deshalb sind daher auch Sozialleistungen nicht zu Unrecht nicht gewährt worden, wie es § 44 Abs. 1 SGB X für den geltend gemachten Anspruch verlangt. Die Ablehnung der Rücknahme des Bescheides vom 20.12.2000 mit dem Bescheid vom 06.04.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.11.2010 ist damit nicht zu beanstanden. Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils die Rechtslage im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Verwaltungsaktes, mit welchem dem Kläger eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit (§ 237 SGB VI) bewilligt wurde, ausführlich dargestellt. Insbesondere auch, dass die nach § 58 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI zu wertenden Anrechnungszeiten aufgrund der durch das WFG erfolgten und zum 01.01.1997 in Kraft getretenen Neufassung des § 74 SGB VI in der Gesamtleistungsbewertung nicht (mehr) bewertet werden. Denn Kalendermonate, die nur deshalb Anrechnungszeiten sind, weil Arbeitslosigkeit nach dem 30. Juni 1978 vorgelegen hat, für die nicht Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe gezahlt worden ist - wie hier - waren von der Berücksichtigung ausgenommen worden. Diese Rechtlage hatte die Beklagte bei Erlass ihres Bescheides vom 20.12.2000 zu berücksichtigen, Rechtsfehler in der Anwendung der Vorschriften sind dabei nicht ersichtlich und auch nicht geltend gemacht worden. Gleiches gilt im Übrigen für die Übergangsvorschrift des § 263 SGB VI, die in ihrer bis 31.12.2001 anzuwendenden Fassung in Absatz 2a, Satz 4 Nr. 1 bestimmte, dass Kalendermonate, die nur deshalb Anrechnungszeiten sind, weil Arbeitslosigkeit nach dem 30. Juni 1978 vorgelegen hat, für die nicht Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe gezahlt worden ist, nur dann mit einem begrenzten Gesamtleistungswert bewertet werden, wenn die Rente vor dem Jahre 2001 beginnt. Dies ist hier nicht der Fall, weil der Kläger das für eine Altersrente nach § 237 SGB VI erforderliche 60. Lebensjahr erst am 18.01.2001 vollendet hatte und die Rente damit frühestens am 01.02.2001 beginnen konnte. Eine Berücksichtigung der Zeiten vom 10.03.1997 bis 25.03.1998 und vom 09.11.1999 bis 31.01.2001 nach der bis Ende 1996 geltenden Rechtslage scheidet damit unter Berücksichtigung der genannten Vorschriften aus.

Die erhobenen verfassungsrechtlichen Einwendungen, die im Wesentlichen unsubstantiiert geblieben sind, vermögen eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres bezog der Kläger lediglich noch für die Zeit vom 26.03.1998 bis 08.11.1999 Arbeitslosengeld. Eine Verfassungswidrigkeit des mit dem WFG eingeführten, ab 01.01.1997 in Kraft getretenen, § 74 S. 3 Nr. 1 SGB VI hat das BSG in seiner vom SG zitierten Entscheidung vom 05.08.2004 (B 13 RJ 40/03 R, in Juris) unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG (BSG a.a.O., in Juris Rn 52) und den dem Gesetzgeber eingeräumten großen Gestaltungsspielraum bei der Gestaltung sozialer Sicherungssysteme ausdrücklich verneint. Der Senat sieht angesichts des Umstandes, dass von der Rechtsänderung nur Zeiten betroffen werden, deren rentenrechtlicher Berücksichtigung keine Beitragsleistung des Versicherten zugrunde liegt, ebenfalls keinen Grund die Verfassungsmäßigkeit der Regelung in Zweifel zu ziehen. Zu keinem anderen Ergebnis kommt im Übrigen der 4. Senat des BSG in seiner ausführlich begründeten Entscheidung vom 05.07.2005 (B 4 RA 40/03, in Juris).

Etwas anderes lässt sich auch nicht aus Vertrauensschutzgesichtspunkten herleiten. Eine Rentenauskunft, die im Übrigen vom Kläger nicht vorgelegt und deren Inhalt daher auch nicht geprüft werden konnte, steht gemäß § 109 Abs. 2 SGB VI unter dem Vorbehalt künftiger Rechtsänderungen. Eine Rentenanwartschaft - wie der Kläger meint - folgt daher aus einer Rentenauskunft gerade nicht. Erst im konkreten Leistungsfall wird verbindlich über den Rentenanspruch entschieden (Polster in Kasseler Kommentar, Stand April 2012, § 109 SGB VI, Rn 2), worauf in den Rentenauskünften auch explizit hingewiesen wird. Darüber hinaus sind gerade keine bereits vorhandenen Rechtspositionen des Klägers beeinträchtigt gewesen. Denn die von ihm geltend gemachten Zeiten von Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug sind erst nach Inkrafttreten der Neufassung des § 74 SGB VI und nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingetreten. Die Rentenauskunft aus dem Jahr 1996 konnte daher allenfalls prognostisch Auskunft über noch nicht eingetretene Sachverhalte geben. Letztlich ist - gerade wenn Ansprüche auf Arbeitslosengeld aufgrund von Sperrzeiten u./o. gezahlten Abfindungen ruhen - bei einem zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis 55jährigen die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nicht auszuschließen. Die Verfügbarkeit und damit die Bereitschaft, eine zumutbare Erwerbstätigkeit wieder aufzunehmen, gehörte und gehört zum Anspruch auf Arbeitslosengeld, welches der Kläger auch im Zeitraum 26.03.1998 bis 08.11.1999 bezogen hat.

Für die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Übergangsregelung ergibt sich nichts anderes. Das Bundessozialgericht hat bereits in der angesprochenen Entscheidung vom 05.08.2004 (a.a.O.) darauf hingewiesen, dass diese die Interessen der Versicherten ausreichend berücksichtigt. Zu keinem anderen Ergebnis kommt der 4. Senat des BSG in seiner Entscheidung vom 05.07.2005 (B 4 RA 40/03, in Juris). Er hat ausgeführt, der Gesetzgeber habe die Rangstellenbewertung von Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug ab 1997 abgeschafft. Nur aus Billigkeitsgesichtspunkten habe er für rentennahe Jahrgänge eine Übergangsregelung vorgesehen. Zwar sei durch die Rechtsänderung der Schutzbereich der Rentenanwartschaft mit Blick auf die bis dahin erlangten Rangstellenwerte (Summe der Entgeltpunkte) beeinträchtigt. Diese Beeinträchtigung sei jedoch gerechtfertigt. Denn die Regelungen verfolgten ohne Willkür, ohne Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip und nur zukunftsgerichtet den verfassungsmäßigen Zweck, die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung in den Grenzen des Systemversprechens im Interesse aller Versicherten und Rentner zu erhalten, zu verbessern oder geänderten wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen. Die Änderungen des WFG seien u.a. auf eine Verbesserung der finanziellen Situation der gesetzlichen Rentenversicherung innerhalb des Systemversprechens gerichtet, die sich u.a. durch Leistungen der Rentenversicherungsträger in die neuen Bundesländer gegenüber der Situation bei Verabschiedung des RRG 1992 im Jahre 1989 verschlechtert hatte. Es sollten demnach u.a. systemwidrige Begünstigungen, wie die Bewertung von Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug, abgeschafft werden. Die mit § 74 Satz 3 Nr. 1 SGB VI i.d.F. des WFG getroffene Entscheidung, die Rangstellenbewertung von Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug abzuschaffen, verfolge einen verfassungsgemäßen Zweck, nämlich systemfremde Elemente auszuscheiden, die zur Erhaltung des Systems nicht notwendig seien. Insoweit führte der 4. Senat (a.a.O., Rn 25) wörtlich aus:

"Es ist deshalb auch nicht sachwidrig, eine systemwidrige, möglicherweise sogar gleichheitswidrige Begünstigung abzuschaffen und unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit eine Übergangsregelung einzuführen, die von Verfassungs wegen nicht geboten gewesen war. Die lediglich zukunftsgerichtete Regelung war für den betroffenen Personenkreis der Zugangsrentner ab 1. Januar 1997 auch zumutbar. Denn der Systembelang überwiegt die Interessen dieses Personenkreises, dem bereits seit dem RRG 1992 bekannt war, dass die Vorleistung "Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug" ab Rentenzugang im Jahre 1998 nur noch begrenzt mit 80 vH des Gesamtleistungswerts zu bewerten ist und übergangsweise ab Rentenzugang 1992 stufenweise herabgesetzt wird, von 100 vH in den Jahren 1992 bis 1994 auf 85 vH im Jahre 1997. Durch das WFG wurde mit Wirkung ab 1. Januar 1997 - also erst nach Ablauf des gesetzlichen Prognosezeitraums von fünf Kalenderjahren (§ 154 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB VI) - die stufenweise Herabsetzung des Vomhundertsatzes fortgeführt, beginnend mit 84 vH bei einem Rentenzugang im Januar 1997 und endend mit 1,75 vH bei einem Rentenzugang im Dezember 2000. Durch diese unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit geschaffene Übergangsregelung, die, wie bereits dargelegt, von Verfassungs wegen nicht geboten war, sind die Interessen der rentennahen Jahrgänge, zu denen auch die Klägerin gehört, hinreichend berücksichtigt " Der Senat sieht keinen sachlich gerechtfertigten Grund, von dieser Rechtsprechung abzuweichen, zumal die Altersrente des Klägers nach dem 31.12.2000 begann. Bei einer verfassungsrechtlich schon nicht gebotenen Übergangsregelung liegt auch kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vor, wenn der Gesetzgeber sich für eine - abschmelzende - Übergangsregelung in einem Zeitraum von 4 Jahren entscheidet.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Zu Grund und Höhe des geltend gemachten Zinsanspruches bedarf es angesichts der Zurückweisung der Berufung keiner weiteren Ausführungen.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG). Eine grundsätzliche Bedeutung vermag der Senat angesichts der ausführlich begründeten Entscheidung des 4. Senats des BSG nicht zu erkennen.
Rechtskraft
Aus
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