L 5 KR 871/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 3152/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 871/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 26.11.2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Klägerin wehrt sich gegen die Feststellung, dass ihre Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 2 als Geschäftsführerin der Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung unterlag.

Die Klägerin war mit Wirkung vom 18.01.2007 neben den bisherigen Geschäftsführern, Herr R. G. B. und seiner Tochter D. B., zur Geschäftsführerin der Beigeladenen zu 2 berufen worden. Die Eintragung in das Handelsregister erfolgte am 01.03.2007. Dieser Tätigkeit lag ein nicht datierter Geschäftsführervertrag zugrunde. In diesem war u.a. geregelt, dass die Geschäftsführerin Alleinvertretungsbefugnis hat und von den Bestimmungen des § 181 BGB befreit ist. Die Bestellung erfolgte auf unbestimmte Zeit. Die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis konnte nur durch Beschluss der Gesellschafterversammlung entzogen werden. Die Geschäftsführerin hatte ihr Amt mit der Sorgfalt einer ordentlichen Kauffrau zu führen und die ihr durch Gesetz, Gesellschafts- sowie Geschäftsführervertrag übertragenen Obliegenheiten zu erfüllen. Sie war zur Verschwiegenheit verpflichtet. Sie hatte der Gesellschaft ihre volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen. An bestimmte Arbeitszeiten war sie nicht gebunden. Die Geschäftsführerin war verpflichtet, die von der Gesellschafterversammlung erteilten Weisungen durchzuführen. Sie erhielt eine Vergütung von 4.000,00 EUR monatlich brutto. Nach Ablauf eines jeden Geschäftsjahres sollte die Gesellschafterversammlung über die Gewährung einer gewinnabhängigen Tantieme entscheiden. Falls die Geschäftsführerin an der Ausübung ihrer Tätigkeit durch Krankheit oder andere unverschuldete Ursachen vorübergehend verhindert war, verblieb ihr ihre Vergütung ungeschmälert für die Zeit der Verhinderung, jedoch längstens für die Dauer von 6 Wochen. Die Geschäftsführerin hatte Anspruch auf einen Jahresurlaub von 25 Arbeitstagen. Wegen des Zeitpunktes des Urlaubs war auf die Geschäftslage und die Dringlichkeit der vorliegenden Arbeiten Rücksicht zu nehmen.

Das Stammkapital der Gesellschaft betrug 50.000 DM. Nach § 7 des Gesellschaftsvertrags vom 04.10.1983 gewährten je volle 1.000,- DM Geschäftsanteil eine Stimme. Beschlüsse der Gesellschafterversammlung wurden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht durch Gesetz oder den Gesellschaftsvertrag eine höhere Mehrheit vorgesehen war. Eine solche Regelung bestand für die Gewinnausschüttung, die grundsätzlich mit ¾ der Stimmen beschlossen werden musste. Mit Gesellschafterbeschluss vom 30.09.2004 wurde das Stammvermögen auf Euro umgestellt und auf 26.000 EUR erhöht. Der Betrag in § 7 des Gesellschaftsvertrags vom 04.10.1983 wurde auf 100 EUR geändert.

Zuletzt hatten Herr R. G. B. und seine Tochter D. B. je 13.000 EUR des Stammkapitals inne. Der Klägerin wurden hiervon mit notariellem Vertrag vom 19.01.2007 Anteile von je 2.600 EUR verkauft, so dass Herr R. G. B. und seine Tochter D. B. noch je 10.400 EUR und die Klägerin einen Anteil von 5.200 EUR innehatte. Diesen Anteil hatte sie nach § 6 des Vertrags für den Fall ihrer Abberufung als Geschäftsführerin - oder sonstigen Verlusts der Geschäftsführerstellung - wieder an die Veräußerer zurück zu übertragen.

Am 20.06.2007 stellten die Klägerin und die Beigeladene zu 2 einen Antrag gemäß § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV bei der Beklagten auf versicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit der Klägerin als Geschäftsführerin. Im Feststellungsbogen gab die Klägerin u.a. an, von 1992 bis 31.12.2003 abhängig u.a. als Geschäftsführerin tätig gewesen zu sein. Von 01.01.2004 bis 18.01.2007 sei sie selbständig im Bereich Consulting & Support tätig gewesen.

Die Klägerin gab zum Antrag unter dem 19.07.2007 die Erklärung ab, dass sie beantrage, festzustellen, dass Versicherungspflicht nicht vorliegt und dass sie für den Fall der Feststellung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses dem Beginn der Versicherungspflicht mit Bekanntgabe des Bescheides nicht zustimmt.

Mit Bescheiden vom 30.11.2007 stellte die Beklagte nach Anhörung gegenüber der Klägerin und der Beigeladenen zu 2 fest, die Tätigkeit der Klägerin werde seit 19.01.2007 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt. Aufgrund ihres Anteils am Stammkapital von nur 20 % sei es der Klägerin nicht möglich, die Geschicke der Firma maßgeblich zu beeinflussen. Sie habe auch keine Vetorechte bzw. Sperrminoritäten, um Entscheidungen verhindern zu können. Auch wenn die Klägerin hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und Ausübung der Tätigkeit weitgehende Gestaltungsfreiheit habe, sei sie doch in die von der Gesellschafterversammlung vorgegebene Ordnung des Betriebes funktionsgerecht dienend eingegliedert. Angesichts der Zahlung fester Bezüge trage sie kein eine selbständige Tätigkeit kennzeichnendes Unternehmerrisiko.

Die Klägerin und die Beigeladene zu 2 erhoben Widerspruch und machten unter anderem geltend, die Klägerin könne auch über Anschaffungen und Investitionen der Firma sowie über Personaleinstellungen und Entlassungen selbständig entscheiden und könne die Löhne des Personals in eigener Verantwortung festlegen, Aufträge zur Immobilienverwaltung annehmen oder selbständig ablehnen und die anfallenden Provisionen mit Auftraggebern selbst festlegen. Entsprechend ihrem Gesellschaftsanteil sei sie finanziell an Gewinn und Verlust der Firma beteiligt. Hilfsweise wurde geltend gemacht, die Versicherungspflicht dürfe jedenfalls erst mit der Bekanntgabe der Entscheidung der Beklagten eintreten.

Mit Widerspruchsbescheiden vom 02.06.2008 wies die Beklagte die Widersprüche zurück und führte aus, bei der Klägerin sei Versicherungspflicht dem Grunde nach in der Kranken-, Pflege- Renten- und Arbeitslosenversicherung mit der Aufnahme der Beschäftigung am 19.01.2007 eingetreten. Die Voraussetzungen für einen späteren Beginn der Versicherungspflicht lägen nicht alle vor, denn eine ausreichende und lückenlose Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und Alter habe die Klägerin mit den vorgelegten Unterlagen nicht hinreichend nachgewiesen.

Die Klägerin und die Beigeladene zu 2 haben ihr Begehren weiterverfolgt und am 26.06.2008 Klagen beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben (Verfahren S 5 KR 3152/08 und S 11 KR 3153/08), die das SG unter dem Aktenzeichen S 5 KR 3152/08 verbunden hat. Sie haben unter Berufung auf ein Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 24.01.2007 geltend gemacht, die Klägerin könne aufgrund ihrer Sachkunde und Erfahrung in der Firma frei schalten und walten und habe darüber hinaus einen 20%-igen Geschäftsanteil, der ihr in der Gesellschafterversammlung dieselbe Rechtsmacht wie den beiden anderen Minderheitsgesellschaftern mit deren 40%-igen Gesellschaftsanteilen gebe. Damit sei sie zweifelsohne als Selbständige zu beurteilen.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat mit Bescheid vom 02.11.2009 festgestellt, dass im vorliegenden Fall nur die Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung besteht.

In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat die Klägerin vorgetragen, sie sei mit 6 % am Umsatz an den Geschäftsergebnissen der Beigeladenen zu 2 beteiligt gewesen, habe inzwischen ab 01.01.2009 ein eigenes Immobilienbüro und die Zusammenarbeit mit der Beigeladenen zu 2 sei zum 30.06.2009 beendet worden. Sie sei seitdem nicht mehr Geschäftsführerin und nicht mehr Anteilseignerin. Der Geschäftsführer Herr B. hat in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt, er werde jetzt bald 65 Jahre alt und es sei seinerzeit sein Bestreben gewesen, die Klägerin, die sich als sehr kompetent erwiesen habe, als Geschäftsführerin mit einem Anteil von 20 % in seiner Immobilienfirma einzusetzen, wobei das Endziel gewesen sei, sie zu seiner Nachfolgerin zu machen. Bei der Gestaltung der Zusammenarbeit sei von vornherein das Ziel gewesen, die Klägerin als selbständige Mitarbeiterin in der Firma tätig werden zu lassen. Die Gesellschafterversammlungen hätten jeweils im Büro stattgefunden; dabei sei es zu jeweils unterschiedlichen Absprachen gekommen, wobei bei den Abstimmungen zwischen ihm, seiner Tochter und der Klägerin alle Abstimmungskonstellationen vorgekommen seien. Nachdem sich nun das Verfahren bei der Beklagten hinsichtlich der Feststellung einer selbständigen Tätigkeit solange hingezogen habe, habe sich die Klägerin entschlossen, sich ganz selbständig zu machen, denn sie habe auf keinen Fall Angestellte sein wollen. Sie habe deshalb ihr eigenes Immobilienbüro aufgebaut und man habe sich nun einvernehmlich getrennt. Die Klägerin hat hierzu mitgeteilt, für sie sei die Idee, gemeinsam mit Frau B., der Tochter des Herrn B., eines Tages die Firma zu leiten, durchaus verlockend gewesen.

Mit Urteil vom 26.11.2009 hat das SG die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen für die hier umstrittene Feststellung eines abhängigen und damit dem Grunde nach versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses habe die Beklagte bereits im angefochtenen Widerspruchsbescheid im Wesentlichen zutreffend dargelegt, so dass die Kammer hierauf verweisen könne und insoweit von einer weiteren Darstellung in den Entscheidungsgründen absehe (§ 136 Abs. 3 SGG). Bei der Klägerin sprächen deutlich überwiegende Indizien für eine abhängige Beschäftigung, auch wenn sie als selbständig handelnde und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreite Geschäftsführerin eingesetzt worden sei und einen Gesellschaftsanteil von 20 % des Gesellschaftskapitals gehabt habe. Der Gesellschaftsanteil habe ihr nach dem Gesellschaftsvertrag keine Vetorechte oder Sperrminorität gegeben, so dass sie durch die anderen beiden Geschäftsführer, die jeweils einen Anteil von 40 % gehalten hätten, habe überstimmt werden können. Die Argumentation der Klägerin, sie habe in der Firma dieselbe Stellung wie die beiden anderen Gesellschafter-Geschäftsführer, die jeweils einen Gesellschaftsanteil von 40 % gehalten hätten, innegehabt, und die beiden anderen Gesellschafter-Geschäftsführer seien doch wohl als Selbständige anzusehen, sei für die Kammer nicht schlüssig. Zum einen könne dahin stehen, wie die beiden anderen Gesellschafter-Geschäftsführer versicherungsrechtlich zu beurteilen wären. Zum anderen gebe es deutliche Indizien dafür, dass die Stellung der anderen beiden in der Firma eine andere gewesen sei als diejenige der Klägerin, denn bei den anderen beiden, die jeweils 40 %-Anteile an der GmbH hielten, habe es sich um Vater und Tochter B., deren Familienname auch der Firmenname sei, gehandelt. Viel spreche dafür, dass die beiden als Vater und Tochter die Firma als Familienfirma in ihren Händen gehalten hätten, auch wenn ein 20 %-iger Anteil an die außerhalb der Familie stehende Klägerin abgetreten gewesen sei. Die Klägerin als letztlich Außenstehende hätte im Fall eines ernsthaften Konfliktes mit Vater und Tochter gemeinsam auch gegen ihren Willen ohne Weiteres entlassen werden können. Entscheidend sei in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin auch ihren Geschäftsanteil verloren hätte, wenn sie die Geschäftsführerstellung aus irgendeinem Grunde verloren hätte. Dies sei in § 6 des notariellen Geschäftsführervertrages so geregelt worden und zeige letztlich ihre fragile Position innerhalb der GmbH. Die Klägerin sei vom Geschäftsführer Herrn B. selbst als Nachfolgerin für seine Position vorgesehen gewesen, in die sie unter Ägide des Herrn B. habe hineinwachsen sollen. Sie selbst habe bekundet, dass es für sie eine durchaus interessante Perspektive gewesen sei, einmal die Firma zusammen mit der Tochter des Herrn B. fortzuführen. Diese Angaben zeigten deutlich, dass die Klägerin jedenfalls in dem Zeitraum, in dem sie Geschäftsführerin und dementsprechend Anteilseigenerin gewesen sei (bis zum 30.06.2009), noch keine der des Herrn B. gleichwertige Position in der Firma inne gehabt habe, sondern zunächst nur Juniorpartnerin von Vater und Tochter B. gewesen sei. Dass es in den Gesellschafterversammlungen, die jeweils im Büro stattgefunden hätten, bei den Abstimmungen zu allen möglichen Stimmenkonstellationen gekommen sei, wie in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden sei, ändere ebenfalls nichts an der Beurteilung, dass die Klägerin nicht als Selbständige in eigener Firma tätig gewesen, sondern als abhängige Geschäftsführerin der GmbH tätig gewesen sei. Entscheidend ins Gewicht falle nämlich insoweit, dass bei ernsthaften und tiefgreifenden Konflikten im Rahmen der Abstimmungen in der Gesellschafterversammlung Vater und Tochter B. jederzeit die Oberhand hätten gewinnen können und die Klägerin zum Einlenken bzw. gar zum Ausscheiden aus der Firma hätten zwingen können. Dies zeige ihre letztlich untergeordnete Position innerhalb der Firma und ihre abhängige, nicht selbständige Stellung. Auch das feste monatliche Gehalt der Klägerin und die Tatsache, dass dafür Lohnsteuer abgeführt worden sei, spreche für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis innerhalb der Firma, das auch in dieser Weise von den Beteiligten gelebt worden sei. Dagegen bedeute die Tatsache der weitgehenden Unabhängigkeit in ihrem Aufgabenbereich als Geschäftsführerin nicht zwingend, dass sie selbständig gewesen sein müsste. Vielmehr seien Geschäftsführer oder leitende Manager im modernen Geschäftsleben weitgehend mit allen Freiheiten im Rahmen ihrer Eingliederung in den Betrieb ausgestattet, ohne dass deshalb Zweifel daran aufkommen könnten, dass es sich jeweils um angestellte Geschäftsführer bzw. angestellte leitende Manager handele. Bei derart gehobenen Tätigkeiten trete die Frage, inwieweit der Betreffende Arbeitszeiten einzuhalten habe oder an einem bestimmten Arbeitsplatz tätig zu sein habe, weitgehend in den Hintergrund und spiele für die Beurteilung, ob eine selbständige Tätigkeit vorliege, keine Rolle mehr. Die Klage sei auch unbegründet, soweit mit dem Hilfsantrag verlangt werde, die Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung erst mit dem 20.03.2008 (Tag der Bekanntgabe der Entscheidung der Beklagten vom 30.11.2007 gegenüber der Klägerin) festzustellen. Nach § 7 a Abs. 6 SGB IV trete die Versicherungspflicht bei einem Antragsverfahren nach § 7 a Abs. 1 SGB IV, das gegenüber der D. zu betreiben sei, erst mit der Bekanntgabe der Entscheidung der D. ein, wenn der Beschäftigte zustimme und er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und Entscheidung der D. eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen habe, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und Rentenversicherung entspreche, sofern der Antrag innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt worden sei. Letztgenannte Voraussetzung sei hier nicht erfüllt, denn die Klägerin habe ihre Geschäftsführertätigkeit am 19.01.2007 aufgenommen und der Antrag auf versicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit sei erst am 20.06.2007 gestellt worden. Soweit § 7 b SGB IV in der Zeit vor der Neufassung der Vorschrift zum 01.01.2008 eine weitergehende Regelung für den Fall enthalte, dass ein Versicherungsträger außerhalb des Verfahrens nach § 7 a festgestellt habe, dass eine versicherungspflichtige Beschäftigung vorliege (hier habe es kein Antragserfordernis und keine Notwendigkeit gegeben, den Antrag binnen eines Monats nach Aufnahme der Beschäftigung zu stellen, dafür sei Versicherungspflicht erst mit dem Tag der Bekanntgabe der Entscheidung eingetreten, wenn der Beschäftigte zugestimmt habe und wenn die entsprechende Absicherung gegen das Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgelegen und der Versicherte oder sein Arbeitgeber weder vorsätzlich noch grob fahrlässig von einer selbständigen Tätigkeit ausgegangen sei), so könne diese Regelung auf die Fälle des § 7a SGB IV nicht angewendet werden, denn § 7b betreffe seinem Wortlaut nach gerade nur die Fälle, in denen ein Versicherungsträger außerhalb des Verfahrens nach § 7a SGB IV Feststellungen getroffen habe. Für eine analoge Anwendung auf das Verfahren nach § 7a SGB IV sehe das Gericht keine hinreichenden Anhaltspunkte, dies um so weniger, als ein Antrag nach § 7a SGB IV auch noch Jahre nach Aufnahme und Meldung einer Tätigkeit bei der Einzugsstelle, ja sogar nach Beendigung des zu beurteilenden Beschäftigungsverhältnisses gestellt werden könne (so BSG, Urteil vom 04.06.2009, B 12 KR 31/07 R)

Gegen dieses ihr am 21.01.2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am Montag, den 22.02.2010 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt und geltend gemacht, Beurteilungsgrundlage für die Frage der Selbstständigkeit seien allein die tatsächlichen Verhältnisse. Sie hätte mit einem anderen Gesellschafter gemeinsam den dritten Gesellschafter absetzen können. Die Regelung in § 6 des Geschäftsführervertrages, nach der die Geschäftsführerin auch ihre Geschäftsanteile verlieren würde, wenn sie ihre Geschäftsführerstellung verliere, sei nicht außergewöhnlich. Sie habe keine "fragile" Position innerhalb der GmbH gehabt. Sie sei aufgrund ihrer entsprechenden Zusatzausbildung an der Europäischen Immobilienakademie in Saarbrücken für die Tätigkeit besonders geeignet gewesen und man hätte es sich deswegen nur schwer leisten können, auf sie zu verzichten. Es hätten nicht nur familiäre Beziehungen zwischen den beiden weiteren Gesellschaftern, sondern auch freundschaftliche Beziehungen zwischen der Gesellschafterin D. B. und ihr bestanden. Sie hätte Nachfolgerin von Herrn B. in der Gesellschaft werden sollen. Sie habe selbständig ihre Arbeitszeit und ihren Arbeitsort bestimmt. Insoweit werde auf den gesamten Vortrag der ersten Instanz verwiesen. Auch der Hilfsantrag werde aufrechterhalten, weil der Steuerberater rechtzeitig damit beauftragt gewesen sei, das Verfahren in die Wege zu leiten. Im Hinblick auf die vermeintlich verspätete Antragstellung werde davon ausgegangen, dass der Steuerberater angenommen habe, dass hier eine analoge Anwendung des § 7 b SGB IV in Betracht komme, wonach die Antragstellung nicht innerhalb von einem Monat zu erfolgen gehabt hätte.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 26.11.2009 und den Bescheid der Beklagten vom 30.11.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.06.2008 und den Ergänzungsbescheid vom 02.11.2009 aufzuheben sowie festzustellen, dass die Klägerin die Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführerin der Beigeladenen zu 2 vom 19.01.2007 bis zum 30.06.2009 als Selbständige ausgeübt und keine Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung bestanden hat. hilfsweise: den Bescheid der Beklagten vom 30.11.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.06.2008 und den Ergänzungsbescheid vom 02.11.2009 abzuändern sowie festzustellen, dass die Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung erst mit dem 20.03.2008 eingetreten ist.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend und ihren Bescheid für rechtmäßig.

Mit Verfügung vom 15.07.2010 hat die Berichterstatterin darauf hingewiesen, dass der Senat die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Verfahrensweise sei auf Grund des derzeitigen Sach- und Streitstands auf der Grundlage der Begründung der angegriffenen Entscheidung beabsichtigt.

Die Klägerin hat hierzu erklärt, dass sie mit dem vorgesehenen Verfahren nicht einverstanden sei. Aufgrund des Verfahrens sei ihre Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 2 beendet worden. Sie habe sich wieder eine neue Existenz aufbauen müssen. Wenn nun in diesem Verfahren eine nicht unerhebliche Nachzahlung an nicht gerechtfertigten Sozialversicherungsbeiträgen hinzukomme, sei die neue Existenz bereits wieder gefährdet. Im Übrigen bleibe sie vollumfänglich bei ihrer Auffassung, dass die dargestellte Tätigkeit bei der Firma R. G. B. I. GmbH als selbständige Tätigkeit zu betrachten sei.

Mit Verfügung vom 03.01.2012 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass eine Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG weiterhin beabsichtigt sei. Hierauf hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie mit dieser Verfahrensweise weiterhin nicht einverstanden sei.

Mit Beschluss vom 27.09.2012 hat der Senat die R. G. B. I. GmbH beigeladen, die bisher irrtümlicherweise als Klägerin zu 1 geführt worden war, danach das Rubrum entsprechend geändert und den Hinweis nach § 153 Abs. 4 SGG erneut erteilt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

II.

Der Senat weist die Berufung der Klägerin gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurück, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Allein die Klägerin hat gegen das Urteil des SG Berufung eingelegt, wie sich aus der Berufungsschrift vom 22.2.2010 ergibt, wo ausdrücklich nur für Frau J. Berufung eingelegt worden ist. Soweit die Beigeladene zu 2 irrtümlicherweise während des Verfahrens als Berufungsklägerin geführt wurde, ist dieser Fehler durch ihre Beiladung und die (jederzeit mögliche) Berichtigung des Rubrums (vgl. dazu Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz Kommentar 10.Aufl., § 138 Rn 3b) korrigiert worden. Das rechtliche Gehör der Beigeladenen zu 2 ist durch die zuvor erfolgte Übersendung aller bestimmenden Schriftsätze an ihren Bevollmächtigten gewahrt.

Die Berufung des Klägerin ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft und auch sonst gem. § 151 SGG zulässig. Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Denn das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Zulässiger Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 30.11.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.06.2008. Ebenfalls Verfahrensgegenstand ist der während des Klageverfahrens ergangene Ergänzungsbescheid vom 02.11.2009. Das folgt aus § 96 Abs. 1 SGG.

Gemäß § 96 Abs. 1 SGG wird nach Klagerhebung bzw. Berufungseinlegung ein neuer Verwaltungsakt (nur) dann Gegenstand des Klage- bzw. Berufungsverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheids ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Abändern oder Ersetzen i. S. d. § 96 Abs. 1 SGG setzt voraus, dass der Regelungsgegenstand des neuen und in das Verfahren einzubeziehenden Verwaltungsakts mit dem Regelungsgegenstand des früheren Verwaltungsakts identisch ist, was durch einen Vergleich der Verfügungssätze festzustellen ist. Eine Abänderung oder Ersetzung liegt grds. nur vor, wenn die Beschwer des Betroffenen gemindert oder vermehrt wird (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG § 96 Rn. 4a f. m.w.N.). In Verfahren zur Klärung des sozialversicherungsrechtlichen Status Beschäftigter bzw. selbständig Erwerbstätiger kann im Hinblick auf die neuere Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 11.3.2009, - B 12 R 11/07 R - und v. 4.6.2009, - B 12 R 6/08 R -, dazu noch im Folgenden) eine gem. § 96 Abs. 1 SGG zu behandelnde Abänderung des Verwaltungsakts nach Auffassung des Senats (vgl. Urteil vom 24.11.2010 - L5 KR 357/10 -) auch darin liegen, dass die Behörde einen Statusfeststellungsbescheid, dessen Regelung (Verfügungssatz) sich in rechtlich nicht zulässiger Weise auf einzelne, für sich allein nicht regelbare Regelungselemente des Verfahrensgegenstandes - namentlich die isolierte Feststellung einer abhängigen Beschäftigung -, beschränkt oder nach Auffassung der Behörde zu beschränken scheint, durch entsprechende (Ergänzungs-)Bescheide, ggf. vorsorglich, um die fehlenden Regelungselemente - die Feststellung der Sozialversicherungspflicht zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung - zur rechtlich zulässigen "Vollregelung" vervollständigt. Der zunächst unvollständige oder unvollständig erscheinende Verfügungssatz wird mit dem (Ergänzungs-)Bescheid durch die damit vorgenommene Einfügung der fehlenden Regelungselemente - ggf. auch nur klarstellend und bestätigend - geändert i. S. d. § 96 Abs. 1 SGG. Entsprechendes gilt für die Festlegung der statusrechtlich beurteilten Tätigkeit, sofern diese im Statusfeststellungsbescheid (zu) unvollständig umschrieben worden ist. In beiden Fallgestaltungen treten die (Ergänzungs-)Bescheide nicht im Zuge der Ersetzung gem. § 96 Abs. 1 SGG gänzlich an die Stelle der ursprünglichen Statusfeststellungsbescheide (vgl. auch etwa LSG Bad.-Württ., Urteil vom 20.11.2009 - L 4 KR 1540/08 - zur Ergänzung eines rechtswidrigen Elementenfeststellungsbescheids; auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.3.2010, - L 9 KR 13/08 - und Urteil des Senats vom 24.11.2010 - L 5 KR 357/10 -).

Hier hat die Beklagte mit dem Ergänzungsbescheid vom 02.11.2009 die Versicherungspflicht der Klägerin zur Renten- und Arbeitslosenversicherung festgestellt und auf diese Zweige beschränkt. Die von der Klägerin ausgeübte Beschäftigung Geschäftsführerin war konkret und ausdrücklich als solche bereits im Ausgangsbescheid bezeichnet und ergab sich zudem aus dem Antrag.

Die streitgegenständlichen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Diese war in der streitgegenständlichen Zeit als Geschäftsführerin in der Renten- und Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig.

Die Beklagte war für die Entscheidung über den Antrag des Klägerin zuständig. Nach § 7a Abs. 1 Satz 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) können die Beteiligten - in der Regel der Dienstgeber und der Dienstnehmer - schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Für eine solche Statusfeststellung ist nach § 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV die Beklagte zuständig, nicht die nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV zur Entscheidung berufene Einzugsstelle. Einen solchen Antrag auf Statusfeststellung hatte die Klägerin bei der Beklagten gestellt. Ein vorheriges Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung durch einen anderen Versicherungsträger oder die Einzugsstelle ist nicht ersichtlich.

Im Rahmen einer Statusfeststellung nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV darf sich die Beklagte nicht darauf beschränken, eine abhängige Beschäftigung oder zusätzlich eine daraus folgende Versicherungspflicht "dem Grunde nach" festzustellen. Dies käme einer unzulässigen Elementenfeststellung gleich. Die Beklagte muss vielmehr, um einen Lebenssachverhalt zum Rechtsbegriff der abhängigen Beschäftigung zuzuordnen, das konkrete Rechtsverhältnis bezeichnen, an das sozialrechtlich angeknüpft werden soll, auch Aussagen darüber treffen, in welchen Zweigen der Sozialversicherung die festgestellte Beschäftigung im jeweiligen Feststellungszeitraum zur Sozialversicherung geführt hat. Dies hat das BSG in seinen Urteilen vom 11.03.2009 (B 12 R 11/07 R, SozR 4-2400 § 7a Nr. 2) und vom 04.06.2009 (B 12 R 6/08 R, veröffentlicht in Juris) ergänzend zu seiner früheren Rechtsprechung entschieden. Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat an.

Die Beklagte hat vorliegend mit Bescheid vom 30.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.06.2008 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 02.11.2009 den Status der Klägerin geprüft und ausdrücklich festgestellt, dass die Klägerin in der Renten- und Arbeitslosenversicherung auf Grund ihrer Tätigkeit als Gesellschafter/Geschäftsführerin bei der B. GmbH seit dem 19.01.2007 sozialversicherungspflichtig ist. Sie hat damit die Anforderungen an eine Statusfeststellung erfüllt.

Die getroffene Feststellung ist auch materiell rechtmäßig. Die Klägerin übt ihre Tätigkeit als geschäftsführende Gesellschafterin im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung aus, die die Sozialversicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung begründet. Zutreffend hat die Beklagte auch festgestellt, dass die Klägerin nicht der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung unterliegt, wogegen sich die Klägerin auch nicht wendet.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch, § 25 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.

Die Beschäftigung wird in § 7 SGB IV, der auch für die Rentenversicherung gilt, gesetzlich definiert. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Arbeitnehmer ist hiernach, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Erforderlich ist insbesondere eine Eingliederung in den Betrieb und die Unterordnung unter ein Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung umfassendes Weisungsrecht des Arbeitgebers (BSGE 38, 53, 57 = SozR 4600 § 56 Nr. 1; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 1; BSG, Urteil vom 24.01. 2007 - B 12 KR 31/06 R -, veröffentlicht in Juris). Demgegenüber ist die selbständige Tätigkeit in erster Linie durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (siehe zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Kammerbeschluss vom 20.05.1996 - 1 BvR 21/96 = SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung.

Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteile vom 08.08.1990 - 11 RAr 77/89 - und vom 08.12.1994 - 11 RAr 49/94 - jeweils veröffentlicht in Juris). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSG, Urteile vom 01.12.1977 - 12/3/12 RK 39/74 -; vom 04.06.1998 - B 12 KR 5/97 R -; vom 10.08.2000 - B 12 KR 21/98 R - jeweils m.w.N. veröffentlicht in Juris). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 25.01.2006 - B 12 KR 30/04 R -, veröffentlicht in Juris).

Nach diesen Grundsätzen ist auch zu beurteilen, ob der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH zu dieser in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht. Eine Abhängigkeit gegenüber der Gesellschaft ist nicht bereits durch die Stellung des Geschäftsführers als Gesellschafter ausgeschlossen. Beim am Stammkapital der Gesellschaft beteiligten Geschäftsführer ist der Umfang der Beteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal. Bei Fremdgeschäftsführern, die nicht am Gesellschaftskapital beteiligt sind, hat das BSG dementsprechend regelmäßig eine abhängige Beschäftigung angenommen, soweit nicht besondere Umstände vorliegen, die eine Weisungsgebundenheit im Einzelfall ausnahmsweise aufheben (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; SozR 4-2400 § 7 Nr. 1). Vergleichbares gilt auch bei Geschäftsführern, die zwar zugleich Gesellschafter sind, jedoch nicht über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile verfügen. Auch für diesen Personenkreis ist im Regelfall von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Eine hiervon abweichende Beurteilung kommt wiederum nur dann in Betracht, wenn besondere Umstände des Einzelfalls den Schluss zulassen, es liege keine Weisungsgebundenheit vor (BSG, Urteil vom 4. Juli 2007 – B 11a AL 5/06 R -, m.w.N. veröffentlicht in Juris). Der GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer gehört nach der Rechtsprechung des BSG danach dann nicht zu den in abhängiger Beschäftigung stehenden Personen, wenn er kraft seiner Gesellschaftsrechte die für das Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit von einem Arbeitgeber vermeiden kann. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn der Geschäftsführer über mindestens die Hälfte des Stammkapitals der Gesellschaft verfügt. Aber auch bei einem geringeren Kapitalanteil kann die Arbeitnehmereigenschaft im Einzelfall fehlen. So ist eine abhängige Beschäftigung grundsätzlich zu verneinen, wenn der Geschäftsführer über eine Sperrminorität verfügt und damit ihm nicht genehme Entscheidungen der Gesellschaft verhindern kann (vgl. BSG SozR 3-4100 § 168 Nr. 5 m.w.N.).

Nach diesen Grundsätzen war die Klägerin im maßgeblichen Zeitraum abhängig beschäftigt. Sie hat keine Stellung als Gesellschafterin, die ihre Unabhängigkeit als Geschäftsführerin begründen könnte. Die Gesellschafterversammlung ist nach § 6 Nr. 6 des Gesellschaftsvertrags beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte aller Stimmen anwesend oder vertreten sind. Beschlüsse der Gesellschafterversammlung werden nach § 7 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrags mit einfacher Stimmenmehrheit getroffen, wobei je 100 EUR eines Geschäftsanteils eine Stimme gewähren. Die Klägerin verfügt lediglich 20 % des Stammkapitals. Eine Sperrminorität für Gesellschaftsbeschlüsse sieht der Gesellschaftsvertrag nicht vor. Aufgrund ihrer geringen Kapitalbeteiligung ist die Klägerin daher nicht in der Lage, ihr nicht genehme Beschlüsse der Gesellschaft zu verhindern.

Die bloße Mitwirkung der Klägerin an den Gesellschafterbeschlüssen führt angesichts ihrer aufgrund der geringen Beteiligung beschränkten Rechtsmacht zu keiner anderen Bewertung. Sie kann die Entscheidungen der Gesellschaft nicht positiv bestimmen. Nicht einmal in dem in § 10 Nr. 3 des Gesellschaftervertrags geregelten Fall der Gewinnausschüttung kann sie Entscheidungen der beiden anderen Gesellschafter verhindern. Sie hat damit keine Rechtsmacht, Einfluss auf die eigentliche Unternehmenspolitik zu nehmen. Sie muss vielmehr auch Weisungen, die allein auf die weiteren Geschäftsführer als Gesellschafter aufgrund deren dominierender Stellung zurückzuführen sind, ausführen. Insofern unterscheidet sich die Rechtsmacht der Klägerin deutlich von der einer Alleingesellschafterin einer GmbH oder einer Gesellschafterin, die über mindestens die Hälfte des Stammkapitals der GmbH oder jedenfalls über eine Sperrminorität verfügt.

Sie ist als Gesellschafter-Geschäftsführerin dementsprechend auch an solche Weisungen der Gesellschafterversammlung gebunden, die gegen ihre Stimmen gefasst werden.

Bei der hier vorliegenden Sachlage ist deshalb das Vorliegen darüber hinausgehender Umstände erforderlich, wenn der Schluss auf einen beherrschenden Einfluss auf die Gesellschaft gezogen werden soll. Solche Umstände sind nicht gegeben. Die Klägerin ist als Mit-Geschäftsführerin der Beigeladenen zu 2 mit der Geschäftsführung des Unternehmens betraut. Diese umfasst die zur Verfolgung des Gesellschaftszwecks erforderlichen Entscheidungen. Der Begriff der Geschäftsführung umfasst auch die Leitung des Unternehmens (Baumbach/Hueck, GmbHG, 2010, § 35 Rn. 29 m.N.). Der Vortrag der Klägerin, dass sie die Geschäftsführungsaufgaben auch in diesem Sinne wahrnimmt, hilft daher für die Abgrenzung nicht weiter, weil sie dies nicht von einer abhängig beschäftigten Fremdgeschäftsführerin unterscheidet. Wie diese ist auch die Klägerin der Gesellschaft gegenüber verpflichtet, die Beschränkungen einzuhalten, welche für den Umfang ihrer Befugnis, die Gesellschaft zu vertreten, durch den Gesellschaftsvertrag oder, soweit dieser nicht ein anderes bestimmt, durch die Beschlüsse der Gesellschafter festgesetzt sind (§ 37 Abs. 1 GmbHG). Im Übrigen können Gesellschafterbeschlüsse auch einzelne Geschäftsführungsentscheidungen in konkreten Angelegenheiten enthalten, sowohl negativ-verbietend (insoweit unmittelbar unter § 37 Abs. 1 fallend) als auch positiv-gebietende Weisungen (Baumbach/Hueck, GmbHG, 2010, § 37 Rn. 20 m.N.). Dass sie ebenso wie die beiden anderen Geschäftsführer im Rahmen ihrer Geschäftsführertätigkeit alleinvertretungsberechtigt und vom Selbstkontrahierungsverbot befreit ist, ist bei einer kleineren GmbH nicht untypisch und dementsprechend auch nicht ausschlaggebend für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 1).

Ihre organschaftliche Bestellung als Geschäftsführerin ist zu jeder Zeit widerruflich (§ 38 Abs. 1 GmbHG). Die Treuepflicht verlangt vom Geschäftsführer in der Regel, seine ganze Arbeitskraft bei der GmbH einzusetzen. Das beinhaltet die Verpflichtung zur Leistung von Überstunden in außergewöhnlichen Situationen oder auch zum Abbruch oder Verschieben eines Urlaubs (Baumbach/Hueck, GmbHG, 2010, § 35 Rn. 49 m.N.). Dem entspricht die Regelung des Anstellungsvertrags. Der Anstellungsvertrag enthält auch im Übrigen die üblichen Regelungen hinsichtlich eines regelmäßigen monatlichen Arbeitsentgelts (4.000 EUR) sowie des Urlaubs (25 Tage) und der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall (6 Wochen)

Vor diesem Hintergrund ergeben sich auch aus den tatsächlichen Modalitäten der Tätigkeit der Klägerin keine durchgreifenden Anhaltspunkte für eine selbständige Tätigkeit. Dass die Klägerin keinen festen Vorgaben hinsichtlich der Arbeitszeit unterliegt, entspricht, wie dargelegt, ihrer Treuepflicht. Im Übrigen ist sie organisatorisch in den Betrieb eingebunden und auf diesen angewiesen. Als Geschäftsführerin hat die Klägerin auch kein unternehmerisches Risiko übernommen. Sie bezieht ein festes, durchaus ihrer Stellung als Geschäftsführerin in einem Kleinunternehmen angemessenes Gehalt. Soweit sie daneben am Gewinn beteiligt ist, kann dies schon angesichts des Festgehalts nicht als Risikoübernahme gesehen werden. Maßgeblich ist dies auch nicht als Hinweis auf einen fehlenden Interessengegensatz im Arbeitgeber-/Arbeitnehmerverhältnis, denn insoweit handelt es sich um kein geeignetes Abgrenzungskriterium. Ein solcher Gegensatz kann z.B. auch fehlen, wenn der Arbeitnehmer - ohne Gesellschafter zu sein - am Unternehmenserfolg beteiligt wird. Entsprechendes gilt hinsichtlich ihrer Fachkenntnisse und Branchenkenntnisse, die sie auch als abhängig beschäftigte Geschäftsführerin und Betriebsleiterin benötigt. Fachliche Kenntnisse und Fähigkeiten machen nicht jeden leitenden Angestellten zu einem Unternehmer. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG kann das Weisungsrecht des Arbeitgebers vornehmlich bei Diensten höherer Art eingeschränkt und "zur dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein, wenn der Versicherte nur in den Betrieb eingegliedert ist (BSG SozR 3 - 2400 § 7 Nr. 18). Auch wenn die Klägerin die Einzige sein sollte, die in diesem Betrieb über entsprechende Kenntnisse verfügt, könnte dies dementsprechend für die Frage der Versicherungspflicht nicht ausschlaggebend sein. Etwas anderes ergibt sich schließlich nicht aus den Nachfolgeplänen. Ihre Aufnahme in die Gesellschaft mag vor diesem Hintergrund zumindest auch erfolgt sein, um die Klägerin noch stärker an das Unternehmen zu binden. Auch hieraus lässt sich aber nicht schließen, dass sie schon jetzt eine unabhängige Stellung, die im Gesellschafter- und im Anstellungsvertrag keinen Ausdruck findet, erhalten sollte. Vielmehr fällt auf, dass das Abberufungsrecht nicht nach § 38 Abs. 2 GmbHG auf das Vorliegen wichtiger Gründe beschränkt ist. Auch im Übrigen lässt sich eine besondere Position der Klägerin als Einzige nicht der Familie angehörende Gesellschafterin nicht erkennen, mit Rücksicht auf die sich ihre Tätigkeit wesentlich von der einer Fremdgeschäftsführerin unterscheiden würde.

Nach alledem überwiegen die für eine abhängige Tätigkeit sprechenden Umstände die dagegen sprechenden deutlich.

Die Klägerin ist auch gegen Arbeitsentgelt (§ 14 SGB IV) und nicht nur geringfügig beschäftigt gewesen, was nach den obigen Darlegungen keiner weiteren Erörterung bedarf. Sie war damit in der Renten- und Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig. Dagegen war die Klägerin gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung versicherungsfrei.

Hinsichtlich des Hilfsantrags teilt der Senat die Auffassung des Sozialgerichts und nimmt deswegen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 und § 136 Abs. 3 SGG) und sieht von einer eigenen Begründung ab. Zu ergänzen ist lediglich, dass die Klägerin, wenn sie den Antrag, weil sie ihren Steuerberater dazu beauftragt hat, nicht rechtzeitig gestellt hat, sich das Verschulden ihres Steuerberaters zurechnen lassen muss.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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