Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 23 R 7666/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 1527/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28.01.2010 abgeändert und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 21.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.10.2007 verurteilt, dem Kläger Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01.08.2010 und wegen voller Erwerbsminderung ab 01.02.2011 zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung streitig.
Der am 1954 geborene, aus der T. stammende Kläger hat keine Ausbildung absolviert. Zuletzt war er im Jahr 2001 als Montagearbeiter versicherungspflichtig beschäftigt. Seither war der Kläger nicht mehr beruflich tätig, sondern arbeitslos. Hinsichtlich der rentenversicherungsrechtlichen Zeiten im Einzelnen wird auf den Versicherungsverlauf vom 11.01.2010 Bezug genommen.
Nachdem ein erster, im März 2005 gestellter Rentenantrag erfolglos geblieben war, beantragte der Kläger am 21.03.2007 erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21.05.2007 und Widerspruchsbescheid vom 04.10.2007 mit der Begründung ab, der Kläger könne unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen berufliche Tätigkeiten zumindest noch sechs Stunden täglich verrichten und sei daher weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Grundlage dieser Entscheidung war das Gutachten der Internistin Dr. H.-Z. , die auf Grund der im Mai 2007 erfolgten Untersuchung, beim Kläger eine rezidivierende depressive Störung (aktuell leicht bis mittelgradig) mit Somatisierung, eine Wirbelsäulenfehlhaltung, einen cervicalen und lumbalen Bandscheibenschaden mit Verspannung der paravertebralen Muskulatur sowie einer leichten Funktionsminderung der Lendenwirbelsäule diagnostizierte und ein vollschichtiges berufliches Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten ohne besonderen Zeitdruck, ohne Wechsel- und Nachtschicht und ohne häufige Wirbelsäulenzwangshaltungen sah.
Am 19.10.2007 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, das Zusammenspiel seiner Erkrankungen lasse eine mehr als dreistündige berufliche Tätigkeit nicht mehr zu.
Das SG hat den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. , den Orthopäden Dr. P. , den Facharzt für Orthopädie Dr. M. , den Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. W. und den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. L.-K. schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Dr. P. hat von Vorstellungen des Klägers bis Mai 2007 und Klagen über Schwindel, erhöhte Vergesslichkeit, multiple körperliche Beschwerden und Befindlichkeitsstörungen und über einen neurologisch unauffälligen Befund berichtet. Leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes hat er vollschichtig für möglich erachtet. Dr. P. hat über eine einmalige Vorstellung des Klägers im März 2007 berichtet und mitgeteilt, dass die von Dr. H.-Z. diagnostizierten orthopädischen Beeinträchtigungen seiner Befunderhebung entsprächen. Zu einer Beurteilung des Leistungsvermögens hat er sich auf Grund des einmaligen Kontaktes nicht in der Lage gesehen. Dr. M. hat sich sowohl hinsichtlich der erhobenen Befunde als auch der Leistungsbeurteilung dem Gutachten der Dr. H.-Z. angeschlossen. Dr. W. hat im Wesentlichen über eine geringgradige Hochtoninnenohrschwerhörigkeit beidseits mit Tinnitus sowie darüber hinaus über einen Schwindel berichtet, dessen Ursache außerhalb seines Fachgebietes liege. Die von hno-ärztlicher Seite bestehenden Gesundheitsstörungen wirkten sich bei einer leichten Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht nachteilig aus. Der hausärztliche Behandler Dr. L.-K. hat seine Patientendokumentation vorgelegt, die umfangreiche Vorstellungen des Klägers dokumentiert, und ausgeführt, zwischenzeitlich liege eine schwere Somatisierungsstörung vor, die es dem Kläger subjektiv unmöglich erscheinen lasse, körperliche Arbeiten zu verrichten. Leichte Tätigkeiten seien dem Kläger durchaus vollschichtig zumutbar. Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat das SG darüber hinaus das Gutachten des Prof. Dr. E. , Ärztlicher Direktor der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin im Klinikum L. , auf Grund Untersuchung des Klägers vom 02.09.2008 eingeholt. Der Sachverständige hat einen deutlichen Rentenwunsch beschrieben, eine objektive gutachterliche Einordnung des komplexen Beschwerdebildes für sehr schwierig erachtet und zur weiteren Diagnostik, Behandlung und medikamentösen Einstellung eine stationäre Behandlung in einer psychiatrischen Klinik empfohlen. Das SG hat sodann den behandelnden Facharzt für Psychiatrie Dr. A. schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört, der über Vorstellungen des Klägers seit Mai 2007 berichtet und eine generalisierte Angststörung, eine Somatisierungsstörung und eine chronifizierte Erschöpfungsdepression diagnostiziert hat. Auf Grund dieser Erkrankungen hat er den Kläger für nicht mehr in der Lage erachtet, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkte auszuüben. Das SG hat sodann das Gutachten des Dr. R. , Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie im Klinikum K.-N. , auf Grund Untersuchung des Klägers vom 27.04.2009 eingeholt. Der Sachverständige hat eine chronifizierte depressive Störung mit agoraphobischen und sozialphobischen Zügen diagnostiziert, weshalb der Kläger zum Untersuchungszeitpunkt nicht arbeitsfähig gewesen sei. Zu einer Einschätzung der beruflichen Leistungsfähigkeit hat er sich nicht in der Lage gesehen, da die Behandlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft seien und insbesondere keine intensive stationäre Behandlung stattgefunden habe.
Anfang August 2009 hat der Kläger einen Vorderwandinfarkt erlitten und ist deshalb im Rahmen einer Anschlussheilbehandlung vom 18.08. bis 08.09.2009 im S. Gesundheitszentrum Bad W. unter den Diagnosen coronare 1-Gefäßerkrankung, STEMI der Vorderwand und mehrmalige Defibrilation bei Kammerflimmern am 04.08.2009, essentielle Hypertonie und Diabetes mellitus Typ II stationär behandelt worden. Ausweislich des entsprechenden Entlassungsberichtes ist der Kläger für fähig erachtet worden, nach vollständiger Rekonvaleszenz wieder leichte bis mittelschwere Arbeiten mit normaler psychischer Belastung sechs Stunden und mehr auszuüben.
Mit Urteil vom 28.01.2010 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, weder aus dem Gutachten des Prof. Dr. E. noch aus jenem des Dr. R. lasse sich eine Erwerbsminderung ableiten. Beide Sachverständige seien davon ausgegangen, dass die Behandlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft seien und eine stationäre Behandlung notwendig sei. Dass der behandelnde Psychiater Dr. A. demgegenüber - so die Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung - eine stationäre Behandlung für sinnlos erachte, sei nicht nachvollziehbar. Anhaltspunkte dafür, dass sich die psychische Situation des Klägers durch den Herzinfarkt verschlimmert habe, ergäben sich nicht. Auch von kardialer Seite lasse sich bei einer Belastbarkeit von bis zu 100 Watt keine quantitative Leistungseinschränkung begründen.
Gegen das seinen Bevollmächtigten am 03.03.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 31.03.2010 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und vorgetragen, er werde sich zur abschließenden Klärung der depressiven Symptomatik und zum Nachweis, dass seine psychische Erkrankung nicht heilbar sei, nunmehr in stationäre Behandlung begeben. Die Einschätzung der behandelnden Ärzte im S. Gesundheitszentrum Bad W. sei im Hinblick auf die Schwere seiner depressiven Symptomatik nicht aussagekräftig, da psychiatrische Untersuchungen oder Behandlungen nicht durchgeführt worden seien. Die abgegebene Leistungsbeurteilung sei daher nicht nachvollziehbar. Der Kläger hat den Entlassungsbericht vom 17.09.2010 über die vom 13.07. bis 27.08.2010 stationär und vom 30.08. bis 17.09.2010 teilstationär in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Kreiskliniken E. durchgeführte Behandlung vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28.01.2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.10.2007 zu verurteilen ihm Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig. Zu dem vom Senat eingeholten Gutachten hat die Beklagte die Stellungnahmen der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. E.-D. vom 02.09. und 23.11.2011 vorgelegt.
Der Senat hat das Gutachten nebst ergänzender Stellungnahme des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. auf Grund Untersuchung des Klägers vom 29.07.2011 eingeholt. Der Sachverständige ist von einem chronifizierten schweren vielschichtigen depressiv-regressiven Versagens- und Rückzugssyndrom mit fixierter, ausgeprägter herzphobischer Symptomatik, zusätzlich konversionsneurotischer Symptombildung sowie pseudodemenzieller Psychopathologie ausgegangen und hat ein Leistungsvermögen für eine Tätigkeit von nennenswertem wirtschaftlichem Wert auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr gesehen. Diese Leistungsminderung hat er ab dem Zeitpunkt der organkardiologischen Anamnese im August 2009 angenommen.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig; die Berufung ist auch insoweit begründet, als dem Kläger Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01.08.2010 und Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.02.2011 zusteht.
Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Volle Erwerbsminderung besteht über die Regelung des § 43 Abs. 2 SGB VI hinaus nach der Rechtsprechung des BSG (Großer Senat, Beschluss vom 10.12.1976, u.a. GS 2/75 in SozR 2200 § 1246 Nr. 13) bei regelmäßig bejahter Verschlossenheit des Arbeitsmarktes auch dann, wenn eine zeitliche Leistungseinschränkung von drei bis unter sechs Stunden vorliegt.
Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Diese Voraussetzungen sind beim Kläger erfüllt. Nach Überzeugung des Senats ist der Kläger von psychiatrischer Seite in seiner beruflichen Leistungsfähigkeit quantitativ eingeschränkt und im Sinne der dargelegten Regelungen daher voll erwerbsgemindert. Der Senat stützt sich insoweit auf das Gutachten des Dr. B. , der beim Kläger aufgrund seiner im Juli 2011 durchgeführten nervenärztlichen Untersuchung ein chronifiziertes schweres, vielschichtiges depressiv-regressives Versagens- und Rückzugssyndrom mit fixierter ausgeprägter herzphobischer Symptomatik bei zusätzlicher konversionsneurotischer Symptombildung und pseudodemenzieller Psychopathologie erhoben hat, durch das er selbst leichte berufliche Tätigkeiten im Umfang von drei Stunden täglich nicht mehr zu verrichten vermag. Der Sachverständige hat anschaulich und plastisch die Psychopathologie sowie die Verhaltensauffälligkeiten des Klägers dokumentiert, wobei eine gezielte psychopathologische Exploration ebenso wenig möglich war wie eine "Aufschlüsselung" der psychiatrischen Entwicklung bzw. der psychiatrischen Anamnese über die zurückliegenden Jahre. Bei einem ausgeprägt depressiven und regressiven Grundtenor ist der Kläger - so die Ausführungen des Sachverständigen - zu keinem Zeitpunkt auch nur andeutungsweise oder auch nur für flüchtige Momente ins Positive hin auslenkbar gewesen. Dieser vom Sachverständigen schon als zum Teil pseudodement beschriebene Aspekt (für die Annahme einer hirnorganischen Symptomatik hat der Sachverständige keinen Anhalt gesehen) hat mit einer sensiblen Halbseitensymtomatik und einem "Stottern" korrespondiert, denen ebenfalls psychogene Mechanismen zu Grund gelegen haben. Auch dieses Verhalten ist nach den Ausführungen des Sachverständigen in der sehr langen Exploration nicht "zu durchbrechen" gewesen, auch hat es nicht einfach demonstrativ angemutet. Mit Ausnahme von massiven Schlafstörungen, Alpträumen und dem Gefühl, nicht allein sein zu können, das offensichtlich - so der Sachverständige auf Grund der Fremdanamnese - auf eine ganz massive Herzangst zurückzuführen ist, die mit einem bereits völlig fixiertem Vermeidungsverhalten einhergeht, sind Beschwerden im Einzelnen auch nicht über den Kläger selbst zu explorieren gewesen. Wenn der Sachverständige, der im Hinblick auf die in der Untersuchungssituation dargebotenen Störungen eine Simulation oder Aggravation ausdrücklich ausgeschlossen hat, aus dieser Befundsituation ableitet, dass der Kläger nicht mehr in der Lage ist, einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen, ist dies für den Senat ohne weiteres nachvollziehbar und überzeugend. Zum Untersuchungszeitpunkt bei dem Sachverständigen Dr. B. war der Kläger daher voll erwerbsgemindert.
Gesichtspunkte, die Anlass geben könnten, an der Richtigkeit der Einschätzung des Dr. B. zu zweifeln, hat auch Dr. E.-D. im Rahmen ihrer von der Beklagten vorgelegten Stellungnahmen nicht aufgezeigt. Soweit Dr. E.-D. im Rahmen ihrer Ausführungen vom 02.09.2011 dargelegt hat, der Sachverständige habe sich im Rahmen seiner Beurteilung auf die subjektive Schilderung des Klägers, sein Verhalten während der Begutachtung und ergänzend auf die fremdanamnestischen Angaben der Tochter des Klägers gestützt, die Diagnose einer depressiven Episode nicht gestellt und im Übrigen keine Diagnose entsprechend der Verschlüsselung nach dem Klassifizierungssystem ICD-10 gestellt, ist dies zwar zutreffend, jedoch steht dies der Überzeugungskraft des Gutachtens nicht entgegen. Denn der Sachverständige hat die subjektive Schilderung des Klägers, sein Verhalten in der Begutachtungssituation und die fremdanamnestischen Angaben der Tochter nicht bedenkenlos übernommen und seiner Beurteilung zu Grunde gelegt, sondern vielmehr einer kritischen Prüfung, insbesondere im Hinblick auf das Vorliegen von Aggravation und Simulation, unterzogen und gerade auch die fremdanamnestischen Angaben der Tochter anhand aktenkundiger Befunde, wie sie beispielsweise in den Arztbriefen des Dr. A. dokumentiert sind, verifiziert. Soweit Dr. E.-D. darüber hinaus bemängelt hat, dass der Sachverständige lediglich eine Symptomatik dargelegt, diese jedoch keiner Diagnose nach dem ICD-10 zugeordnet hat, ist zwar einzuräumen, dass der Sachverständige die beschriebene Symptomatik in der Tat diagnostisch nicht exakt erfasst hat. Allerdings ist im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung für die Beurteilung des beruflichen Leistungsvermögens weniger die genaue diagnostische Zuordnung einer Erkrankung von Bedeutung als vielmehr deren konkrete Auswirkungen auf die berufliche Leistungsfähigkeit des Versicherten. Dass der Kläger mit der bei ihm bestehenden und von dem Sachverständigen Dr. B. beschriebenen Symptomatik einer regelmäßigen beruflichen Tätigkeit nicht mehr nachzugehen vermag, ist für den Senat jedoch nicht zweifelhaft.
Soweit Dr. E.-D. sich in ihren weiteren Ausführungen vom 23.11.2011 der Sache nach (wohl) gegen die Einschätzung des Dr. B. wendet, das Verhalten des Klägers sei "nicht der wesentlichen Steuerung unterworfen", und auf das Gutachten des Prof. Dr. E. hinwiest, der von einem deutlichen Rentenbegehren ausgegangen ist, und sich ebenso wie der Sachverständige Dr. R. zu einer gutachtlichen Beurteilung nicht in der Lage gesehen und gleichermaßen die Durchführung einer stationären psychiatrischen Behandlung vorgeschlagen hat, vermag der Senat hieraus keine Gesichtspunkte herzuleiten, die für das von der Beklagten angenommene zumindest sechsstündige Leistungsvermögen sprechen. Denn der Umstand, dass sich die Sachverständigen zum Zeitpunkt ihrer Untersuchungen im September 2008 bzw. April 2009 zu einer Leistungsbeurteilung nicht in der Lage gesehen haben, weil sie die Behandlungsmöglichkeiten noch nicht für ausgeschöpft erachtet haben, spricht nicht gegen die Richtigkeit der Einschätzung des Sachverständigen Dr. B ... Ohnehin hat Dr. B. den Kläger erst im Juli 2011, also mehr als drei Jahre nach den erwähnten Sachverständigen untersucht und insbesondere im Anschluss an die gerade von diesen vorgeschlagene stationäre Behandlung. Von besonderer Bedeutung ist ferner, dass Dr. B. - anders als Prof. Dr. E. und Dr. R. - gerade auch das erst im August 2009 eingetretene kardiale Ereignis mit Herzstillstand berücksichtigt hat, dem er eine ausschlaggebende Bedeutung für den später vorgefundenen Zustand beigemessen hat. Das von Prof. Dr. E. für den Untersuchungszeitpunkt September 2008 beschriebene deutliche Rentenbegehren vermag Zweifel an den überzeugenden Darlegungen des Dr. B. daher nicht zu begründen. Zutreffender Weise hat Dr. E.-D. für die Beklagte zwar darauf hingewiesen, dass die behandelnden Ärzte im S. Gesundheitszentrum Bad W. den Kläger anlässlich der im August/September 2009 durchgeführten Anschlussheilbehandlung von psychiatrischer Seite als unauffällig beschrieben haben, jedoch stellt auch dies nicht die Richtigkeit der Beurteilung des Sachverständigen Dr. B. in Zweifel, die sich in erster Linie auf seine zwei Jahre später im Juli 2011 erfolgte Untersuchung stützt.
Allerdings lässt sich das im Abschlussbericht dokumentierte Fehlen von psychiatrischen Auffälligkeiten nicht ohne Weiteres mit der Einschätzung des Sachverständigen Dr. B. , wonach die von ihm beschriebene Leistungseinschränkung seit August 2009 bestehe, in Einklang bringen. Zwar teilt der Senat die Auffassung des Dr. B. , wonach die behandelnden Ärzte des S. Gesundheitszentrums Bad W. der psychischen Problematik des Klägers angesichts der im Vordergrund der Behandlung stehenden kardialen Situation nicht hinreichend Beachtung geschenkt haben. Hingegen ist der Senat gleichzeitig aber auch davon überzeugt, dass den dortigen Ärzten ein Krankheitsbild mit einem schweren Versagens- und Rückzugssyndrom, wie es Dr. B. anlässlich seiner Untersuchung festgestellt hat, nicht verborgen geblieben wäre. Auch sprechen die vom Kläger zahlreich in Anspruch genommenen therapeutischen Maßnahmen, durch die tatsächlich auch eine Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit erreicht werden konnte, gegen die Annahme eines seinerzeit schon aufgehobenes Leistungsvermögens von psychiatrischer Seite. So nahm der Kläger - wie dem entsprechenden Entlassungsbericht zu entnehmen ist - neben verschiedenen Schulungen an Vorträgen teil und absolvierte acht Mal ein Ausdauertraining mit EKG-Monitoring, insgesamt 17 Einheiten Sport- und Bewegungstherapie unter sportpädagogischen Gesichtspunkten, acht Mal ein Geh- und Lauftraining mit definierter Belastung sowie ferner Massagen und Infrarot- bzw. Heißluftbehandlungen. Auch anlässlich der anschließend durchgeführten stationären Behandlungen wegen jeweils aufgetretenem Schwindel mit Übelkeit, weshalb der Kläger einerseits vom 12.09. bis 18.09.2009 in der R. -Klinik B. und andererseits vom 28.12.2009 bis 05.01.2010 im Klinikum E. stationär behandelt worden war, zeigte sich ausweislich der entsprechenden Entlassungsberichte noch keine derart schwerwiegende Symptomatik. Im Entlassungsbericht der R. -Klinik B. vom 17.09.2009 ist lediglich die bekannte depressive Erscheinung und im Entlassungsbericht des Klinikums E. vom 05.01.2010 eine Depression als Diagnose aufgeführt.
Dementsprechend geht der Senat nicht davon aus, dass die von Dr. B. beschriebene Leistungseinschränkung mit einem volle Erwerbsminderung begründenden beruflichen Leistungsvermögen von weniger als drei Stunden täglich bereits in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem im August 2009 aufgetretenen Herzinfarkt vorgelegen hat. Allerdings folgt der Senat Dr. B. insoweit, als hinsichtlich der vorbestehenden Psychopathologie im August 2009 mit dem Zeitpunkt dieses Ereignisses der "Point of no return" eingetreten ist und die seit längerem bestehende Entwicklung einen ausschlaggebenden "Knick" erfahren hat, mit nunmehr zunehmender massiver Verschlechterung bis hin zu dem von Dr. B. im Juli 2011 dokumentierten Zustand.
Ausgehend hiervon legt der Senat zu Grunde, dass der Versicherungsfall jedenfalls mit Aufnahme des Klägers in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Kreiskliniken E. am 13.07.2010 eingetreten ist, wo er bis 27.08.2010 stationär und vom 30.08. bis 17.09.2010 teilstationär behandelt worden war. Jedenfalls zu diesem Zeitpunkt ist sein Leistungsvermögen auf ein rentenberechtigendes Ausmaß (weniger als sechs Stunden täglich) herabgesunken gewesen. Ausweislich des entsprechenden Entlassungsberichts vom 17.09.2010 wird der Kläger als still und zurückgezogen beschrieben, wobei er von sich praktisch keinen Kontakt aufgenommen und wenig auf Ansprache reagiert habe. Die behandelnden Ärzte sind von einer schweren depressiven Episode ausgegangen und haben nach Abschluss der teilstationären Behandlung keine therapeutische Möglichkeit der Intervention mehr gesehen. Nach Auffassung des Senats hat beim Kläger daher jedenfalls am 13.07.2010 ein seine berufliche Leistungsfähigkeit in einem rentenberechtigenden Ausmaß einschränkendes chronifiziertes Zustandsbild vorgelegen, das keiner therapeutischen Intervention mehr zugänglich gewesen ist und - so Dr. B. - auch aktuell nicht ist.
Für den Eintritt des Versicherungsfalls (Leistungseinschränkung auf weniger als sechs Stunden täglich) bereits zu einem früheren Zeitpunkt sieht der Senat keine hinreichenden Anhaltspunkte. Solche vermag der Senat insbesondere nicht den Ausführungen des behandelnden Psychiaters Dr. A. zu entnehmen, der im Gegensatz zu sämtlichen am Verfahren beteiligten Sachverständigen bereits vor dem im August 2009 eingetretenen kardialen Ereignis ein aufgehobenes Leistungsvermögen angenommen hat. Der Senat folgt insoweit den Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil und sieht insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls am 13.07.2010 erfüllt der Kläger auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente, da er in den davor liegenden fünf Jahren zumindest 36 Kalendermonate mit Pflichtbeitragszeiten zurücklegte.
Gemäß § 102 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB VI werden u.a. Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf Zeit geleistet, wobei die Befristung für längstens drei Jahre nach Rentenbeginn erfolgt. Nach Satz 5 der Regelung werden Renten, auf die ein Anspruch unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht unbefristet geleistet, wenn unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann. Dabei wird eine Rente aus eigener Versicherung von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind, wenn die Rente bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind (§ 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Befristete Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit werden nach § 101 Abs. 1 SGB VI nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet.
Ausgehend hiervon steht dem Kläger mit einem - entsprechend den obigen Darlegungen - zum 13.07.2010 auf weniger als sechs Stunden täglich herabgesunkenen beruflichen Leistungsvermögen Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu. Da dieses Leistungsvermögen einen Rentenanspruch unabhängig von der Arbeitsmarktlage begründet und nach Überzeugung des Senats auf Grund der Darlegungen des Sachverständigen Dr. B. unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann, ist dem Kläger die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung unbefristet und somit ab Beginn des Monats nach Eintritt des Versicherungsfalls, mithin ab August 2010, zu gewähren. Demgegenüber kann der Kläger die ihm im Hinblick auf das beschriebene Leistungsvermögen wegen Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes gleichfalls zustehende Rente wegen voller Erwerbsminderung lediglich befristet beanspruchen, denn solche Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit werden grundsätzlich nur auf Zeit geleistet. Da befristete Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu gewähren sind, steht dem Kläger die Rente wegen voller Erwerbsminderung mithin ab 01.02.2011 zu. Allerdings endet diese Rente vorliegend - entgegen § 102 Abs. 2 Satz 2 SGB VI - deshalb nicht spätestens nach Ablauf von drei Jahren, weil mit Eintritt der vollen Erwerbsminderung aufgrund des im Juli 2011 auf weniger als drei Stunden täglich abgesunkenen Leistungsvermögens die befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung nunmehr in eine unbefristete Rente wegen voller Erwerbsminderung übergeht. Denn ab August 2011 besteht der Rentenanspruch unabhängig von der Arbeitsmarktlage und es ist - wie bereits dargelegt - unwahrscheinlich, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann.
Da bei nebeneinander bestehenden Ansprüchen auf Rente wegen Erwerbsminderung jeweils nur die höhere Rente zu gewähren ist, steht dem Kläger ab 01.08.2010 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und ab 01.02.2011 Rente wegen voller Erwerbsminderung, und zwar auf Dauer, zu. Entsprechend ist das angefochtene Urteil abzuändern und die Berufung des Klägers im Übrigen zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt den Ausgang des Rechtsstreits.
Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung streitig.
Der am 1954 geborene, aus der T. stammende Kläger hat keine Ausbildung absolviert. Zuletzt war er im Jahr 2001 als Montagearbeiter versicherungspflichtig beschäftigt. Seither war der Kläger nicht mehr beruflich tätig, sondern arbeitslos. Hinsichtlich der rentenversicherungsrechtlichen Zeiten im Einzelnen wird auf den Versicherungsverlauf vom 11.01.2010 Bezug genommen.
Nachdem ein erster, im März 2005 gestellter Rentenantrag erfolglos geblieben war, beantragte der Kläger am 21.03.2007 erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21.05.2007 und Widerspruchsbescheid vom 04.10.2007 mit der Begründung ab, der Kläger könne unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen berufliche Tätigkeiten zumindest noch sechs Stunden täglich verrichten und sei daher weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Grundlage dieser Entscheidung war das Gutachten der Internistin Dr. H.-Z. , die auf Grund der im Mai 2007 erfolgten Untersuchung, beim Kläger eine rezidivierende depressive Störung (aktuell leicht bis mittelgradig) mit Somatisierung, eine Wirbelsäulenfehlhaltung, einen cervicalen und lumbalen Bandscheibenschaden mit Verspannung der paravertebralen Muskulatur sowie einer leichten Funktionsminderung der Lendenwirbelsäule diagnostizierte und ein vollschichtiges berufliches Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten ohne besonderen Zeitdruck, ohne Wechsel- und Nachtschicht und ohne häufige Wirbelsäulenzwangshaltungen sah.
Am 19.10.2007 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, das Zusammenspiel seiner Erkrankungen lasse eine mehr als dreistündige berufliche Tätigkeit nicht mehr zu.
Das SG hat den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. , den Orthopäden Dr. P. , den Facharzt für Orthopädie Dr. M. , den Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. W. und den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. L.-K. schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Dr. P. hat von Vorstellungen des Klägers bis Mai 2007 und Klagen über Schwindel, erhöhte Vergesslichkeit, multiple körperliche Beschwerden und Befindlichkeitsstörungen und über einen neurologisch unauffälligen Befund berichtet. Leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes hat er vollschichtig für möglich erachtet. Dr. P. hat über eine einmalige Vorstellung des Klägers im März 2007 berichtet und mitgeteilt, dass die von Dr. H.-Z. diagnostizierten orthopädischen Beeinträchtigungen seiner Befunderhebung entsprächen. Zu einer Beurteilung des Leistungsvermögens hat er sich auf Grund des einmaligen Kontaktes nicht in der Lage gesehen. Dr. M. hat sich sowohl hinsichtlich der erhobenen Befunde als auch der Leistungsbeurteilung dem Gutachten der Dr. H.-Z. angeschlossen. Dr. W. hat im Wesentlichen über eine geringgradige Hochtoninnenohrschwerhörigkeit beidseits mit Tinnitus sowie darüber hinaus über einen Schwindel berichtet, dessen Ursache außerhalb seines Fachgebietes liege. Die von hno-ärztlicher Seite bestehenden Gesundheitsstörungen wirkten sich bei einer leichten Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht nachteilig aus. Der hausärztliche Behandler Dr. L.-K. hat seine Patientendokumentation vorgelegt, die umfangreiche Vorstellungen des Klägers dokumentiert, und ausgeführt, zwischenzeitlich liege eine schwere Somatisierungsstörung vor, die es dem Kläger subjektiv unmöglich erscheinen lasse, körperliche Arbeiten zu verrichten. Leichte Tätigkeiten seien dem Kläger durchaus vollschichtig zumutbar. Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat das SG darüber hinaus das Gutachten des Prof. Dr. E. , Ärztlicher Direktor der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin im Klinikum L. , auf Grund Untersuchung des Klägers vom 02.09.2008 eingeholt. Der Sachverständige hat einen deutlichen Rentenwunsch beschrieben, eine objektive gutachterliche Einordnung des komplexen Beschwerdebildes für sehr schwierig erachtet und zur weiteren Diagnostik, Behandlung und medikamentösen Einstellung eine stationäre Behandlung in einer psychiatrischen Klinik empfohlen. Das SG hat sodann den behandelnden Facharzt für Psychiatrie Dr. A. schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört, der über Vorstellungen des Klägers seit Mai 2007 berichtet und eine generalisierte Angststörung, eine Somatisierungsstörung und eine chronifizierte Erschöpfungsdepression diagnostiziert hat. Auf Grund dieser Erkrankungen hat er den Kläger für nicht mehr in der Lage erachtet, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkte auszuüben. Das SG hat sodann das Gutachten des Dr. R. , Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie im Klinikum K.-N. , auf Grund Untersuchung des Klägers vom 27.04.2009 eingeholt. Der Sachverständige hat eine chronifizierte depressive Störung mit agoraphobischen und sozialphobischen Zügen diagnostiziert, weshalb der Kläger zum Untersuchungszeitpunkt nicht arbeitsfähig gewesen sei. Zu einer Einschätzung der beruflichen Leistungsfähigkeit hat er sich nicht in der Lage gesehen, da die Behandlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft seien und insbesondere keine intensive stationäre Behandlung stattgefunden habe.
Anfang August 2009 hat der Kläger einen Vorderwandinfarkt erlitten und ist deshalb im Rahmen einer Anschlussheilbehandlung vom 18.08. bis 08.09.2009 im S. Gesundheitszentrum Bad W. unter den Diagnosen coronare 1-Gefäßerkrankung, STEMI der Vorderwand und mehrmalige Defibrilation bei Kammerflimmern am 04.08.2009, essentielle Hypertonie und Diabetes mellitus Typ II stationär behandelt worden. Ausweislich des entsprechenden Entlassungsberichtes ist der Kläger für fähig erachtet worden, nach vollständiger Rekonvaleszenz wieder leichte bis mittelschwere Arbeiten mit normaler psychischer Belastung sechs Stunden und mehr auszuüben.
Mit Urteil vom 28.01.2010 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, weder aus dem Gutachten des Prof. Dr. E. noch aus jenem des Dr. R. lasse sich eine Erwerbsminderung ableiten. Beide Sachverständige seien davon ausgegangen, dass die Behandlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft seien und eine stationäre Behandlung notwendig sei. Dass der behandelnde Psychiater Dr. A. demgegenüber - so die Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung - eine stationäre Behandlung für sinnlos erachte, sei nicht nachvollziehbar. Anhaltspunkte dafür, dass sich die psychische Situation des Klägers durch den Herzinfarkt verschlimmert habe, ergäben sich nicht. Auch von kardialer Seite lasse sich bei einer Belastbarkeit von bis zu 100 Watt keine quantitative Leistungseinschränkung begründen.
Gegen das seinen Bevollmächtigten am 03.03.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 31.03.2010 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und vorgetragen, er werde sich zur abschließenden Klärung der depressiven Symptomatik und zum Nachweis, dass seine psychische Erkrankung nicht heilbar sei, nunmehr in stationäre Behandlung begeben. Die Einschätzung der behandelnden Ärzte im S. Gesundheitszentrum Bad W. sei im Hinblick auf die Schwere seiner depressiven Symptomatik nicht aussagekräftig, da psychiatrische Untersuchungen oder Behandlungen nicht durchgeführt worden seien. Die abgegebene Leistungsbeurteilung sei daher nicht nachvollziehbar. Der Kläger hat den Entlassungsbericht vom 17.09.2010 über die vom 13.07. bis 27.08.2010 stationär und vom 30.08. bis 17.09.2010 teilstationär in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Kreiskliniken E. durchgeführte Behandlung vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28.01.2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.10.2007 zu verurteilen ihm Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig. Zu dem vom Senat eingeholten Gutachten hat die Beklagte die Stellungnahmen der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. E.-D. vom 02.09. und 23.11.2011 vorgelegt.
Der Senat hat das Gutachten nebst ergänzender Stellungnahme des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. auf Grund Untersuchung des Klägers vom 29.07.2011 eingeholt. Der Sachverständige ist von einem chronifizierten schweren vielschichtigen depressiv-regressiven Versagens- und Rückzugssyndrom mit fixierter, ausgeprägter herzphobischer Symptomatik, zusätzlich konversionsneurotischer Symptombildung sowie pseudodemenzieller Psychopathologie ausgegangen und hat ein Leistungsvermögen für eine Tätigkeit von nennenswertem wirtschaftlichem Wert auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr gesehen. Diese Leistungsminderung hat er ab dem Zeitpunkt der organkardiologischen Anamnese im August 2009 angenommen.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig; die Berufung ist auch insoweit begründet, als dem Kläger Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01.08.2010 und Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.02.2011 zusteht.
Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Volle Erwerbsminderung besteht über die Regelung des § 43 Abs. 2 SGB VI hinaus nach der Rechtsprechung des BSG (Großer Senat, Beschluss vom 10.12.1976, u.a. GS 2/75 in SozR 2200 § 1246 Nr. 13) bei regelmäßig bejahter Verschlossenheit des Arbeitsmarktes auch dann, wenn eine zeitliche Leistungseinschränkung von drei bis unter sechs Stunden vorliegt.
Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Diese Voraussetzungen sind beim Kläger erfüllt. Nach Überzeugung des Senats ist der Kläger von psychiatrischer Seite in seiner beruflichen Leistungsfähigkeit quantitativ eingeschränkt und im Sinne der dargelegten Regelungen daher voll erwerbsgemindert. Der Senat stützt sich insoweit auf das Gutachten des Dr. B. , der beim Kläger aufgrund seiner im Juli 2011 durchgeführten nervenärztlichen Untersuchung ein chronifiziertes schweres, vielschichtiges depressiv-regressives Versagens- und Rückzugssyndrom mit fixierter ausgeprägter herzphobischer Symptomatik bei zusätzlicher konversionsneurotischer Symptombildung und pseudodemenzieller Psychopathologie erhoben hat, durch das er selbst leichte berufliche Tätigkeiten im Umfang von drei Stunden täglich nicht mehr zu verrichten vermag. Der Sachverständige hat anschaulich und plastisch die Psychopathologie sowie die Verhaltensauffälligkeiten des Klägers dokumentiert, wobei eine gezielte psychopathologische Exploration ebenso wenig möglich war wie eine "Aufschlüsselung" der psychiatrischen Entwicklung bzw. der psychiatrischen Anamnese über die zurückliegenden Jahre. Bei einem ausgeprägt depressiven und regressiven Grundtenor ist der Kläger - so die Ausführungen des Sachverständigen - zu keinem Zeitpunkt auch nur andeutungsweise oder auch nur für flüchtige Momente ins Positive hin auslenkbar gewesen. Dieser vom Sachverständigen schon als zum Teil pseudodement beschriebene Aspekt (für die Annahme einer hirnorganischen Symptomatik hat der Sachverständige keinen Anhalt gesehen) hat mit einer sensiblen Halbseitensymtomatik und einem "Stottern" korrespondiert, denen ebenfalls psychogene Mechanismen zu Grund gelegen haben. Auch dieses Verhalten ist nach den Ausführungen des Sachverständigen in der sehr langen Exploration nicht "zu durchbrechen" gewesen, auch hat es nicht einfach demonstrativ angemutet. Mit Ausnahme von massiven Schlafstörungen, Alpträumen und dem Gefühl, nicht allein sein zu können, das offensichtlich - so der Sachverständige auf Grund der Fremdanamnese - auf eine ganz massive Herzangst zurückzuführen ist, die mit einem bereits völlig fixiertem Vermeidungsverhalten einhergeht, sind Beschwerden im Einzelnen auch nicht über den Kläger selbst zu explorieren gewesen. Wenn der Sachverständige, der im Hinblick auf die in der Untersuchungssituation dargebotenen Störungen eine Simulation oder Aggravation ausdrücklich ausgeschlossen hat, aus dieser Befundsituation ableitet, dass der Kläger nicht mehr in der Lage ist, einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen, ist dies für den Senat ohne weiteres nachvollziehbar und überzeugend. Zum Untersuchungszeitpunkt bei dem Sachverständigen Dr. B. war der Kläger daher voll erwerbsgemindert.
Gesichtspunkte, die Anlass geben könnten, an der Richtigkeit der Einschätzung des Dr. B. zu zweifeln, hat auch Dr. E.-D. im Rahmen ihrer von der Beklagten vorgelegten Stellungnahmen nicht aufgezeigt. Soweit Dr. E.-D. im Rahmen ihrer Ausführungen vom 02.09.2011 dargelegt hat, der Sachverständige habe sich im Rahmen seiner Beurteilung auf die subjektive Schilderung des Klägers, sein Verhalten während der Begutachtung und ergänzend auf die fremdanamnestischen Angaben der Tochter des Klägers gestützt, die Diagnose einer depressiven Episode nicht gestellt und im Übrigen keine Diagnose entsprechend der Verschlüsselung nach dem Klassifizierungssystem ICD-10 gestellt, ist dies zwar zutreffend, jedoch steht dies der Überzeugungskraft des Gutachtens nicht entgegen. Denn der Sachverständige hat die subjektive Schilderung des Klägers, sein Verhalten in der Begutachtungssituation und die fremdanamnestischen Angaben der Tochter nicht bedenkenlos übernommen und seiner Beurteilung zu Grunde gelegt, sondern vielmehr einer kritischen Prüfung, insbesondere im Hinblick auf das Vorliegen von Aggravation und Simulation, unterzogen und gerade auch die fremdanamnestischen Angaben der Tochter anhand aktenkundiger Befunde, wie sie beispielsweise in den Arztbriefen des Dr. A. dokumentiert sind, verifiziert. Soweit Dr. E.-D. darüber hinaus bemängelt hat, dass der Sachverständige lediglich eine Symptomatik dargelegt, diese jedoch keiner Diagnose nach dem ICD-10 zugeordnet hat, ist zwar einzuräumen, dass der Sachverständige die beschriebene Symptomatik in der Tat diagnostisch nicht exakt erfasst hat. Allerdings ist im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung für die Beurteilung des beruflichen Leistungsvermögens weniger die genaue diagnostische Zuordnung einer Erkrankung von Bedeutung als vielmehr deren konkrete Auswirkungen auf die berufliche Leistungsfähigkeit des Versicherten. Dass der Kläger mit der bei ihm bestehenden und von dem Sachverständigen Dr. B. beschriebenen Symptomatik einer regelmäßigen beruflichen Tätigkeit nicht mehr nachzugehen vermag, ist für den Senat jedoch nicht zweifelhaft.
Soweit Dr. E.-D. sich in ihren weiteren Ausführungen vom 23.11.2011 der Sache nach (wohl) gegen die Einschätzung des Dr. B. wendet, das Verhalten des Klägers sei "nicht der wesentlichen Steuerung unterworfen", und auf das Gutachten des Prof. Dr. E. hinwiest, der von einem deutlichen Rentenbegehren ausgegangen ist, und sich ebenso wie der Sachverständige Dr. R. zu einer gutachtlichen Beurteilung nicht in der Lage gesehen und gleichermaßen die Durchführung einer stationären psychiatrischen Behandlung vorgeschlagen hat, vermag der Senat hieraus keine Gesichtspunkte herzuleiten, die für das von der Beklagten angenommene zumindest sechsstündige Leistungsvermögen sprechen. Denn der Umstand, dass sich die Sachverständigen zum Zeitpunkt ihrer Untersuchungen im September 2008 bzw. April 2009 zu einer Leistungsbeurteilung nicht in der Lage gesehen haben, weil sie die Behandlungsmöglichkeiten noch nicht für ausgeschöpft erachtet haben, spricht nicht gegen die Richtigkeit der Einschätzung des Sachverständigen Dr. B ... Ohnehin hat Dr. B. den Kläger erst im Juli 2011, also mehr als drei Jahre nach den erwähnten Sachverständigen untersucht und insbesondere im Anschluss an die gerade von diesen vorgeschlagene stationäre Behandlung. Von besonderer Bedeutung ist ferner, dass Dr. B. - anders als Prof. Dr. E. und Dr. R. - gerade auch das erst im August 2009 eingetretene kardiale Ereignis mit Herzstillstand berücksichtigt hat, dem er eine ausschlaggebende Bedeutung für den später vorgefundenen Zustand beigemessen hat. Das von Prof. Dr. E. für den Untersuchungszeitpunkt September 2008 beschriebene deutliche Rentenbegehren vermag Zweifel an den überzeugenden Darlegungen des Dr. B. daher nicht zu begründen. Zutreffender Weise hat Dr. E.-D. für die Beklagte zwar darauf hingewiesen, dass die behandelnden Ärzte im S. Gesundheitszentrum Bad W. den Kläger anlässlich der im August/September 2009 durchgeführten Anschlussheilbehandlung von psychiatrischer Seite als unauffällig beschrieben haben, jedoch stellt auch dies nicht die Richtigkeit der Beurteilung des Sachverständigen Dr. B. in Zweifel, die sich in erster Linie auf seine zwei Jahre später im Juli 2011 erfolgte Untersuchung stützt.
Allerdings lässt sich das im Abschlussbericht dokumentierte Fehlen von psychiatrischen Auffälligkeiten nicht ohne Weiteres mit der Einschätzung des Sachverständigen Dr. B. , wonach die von ihm beschriebene Leistungseinschränkung seit August 2009 bestehe, in Einklang bringen. Zwar teilt der Senat die Auffassung des Dr. B. , wonach die behandelnden Ärzte des S. Gesundheitszentrums Bad W. der psychischen Problematik des Klägers angesichts der im Vordergrund der Behandlung stehenden kardialen Situation nicht hinreichend Beachtung geschenkt haben. Hingegen ist der Senat gleichzeitig aber auch davon überzeugt, dass den dortigen Ärzten ein Krankheitsbild mit einem schweren Versagens- und Rückzugssyndrom, wie es Dr. B. anlässlich seiner Untersuchung festgestellt hat, nicht verborgen geblieben wäre. Auch sprechen die vom Kläger zahlreich in Anspruch genommenen therapeutischen Maßnahmen, durch die tatsächlich auch eine Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit erreicht werden konnte, gegen die Annahme eines seinerzeit schon aufgehobenes Leistungsvermögens von psychiatrischer Seite. So nahm der Kläger - wie dem entsprechenden Entlassungsbericht zu entnehmen ist - neben verschiedenen Schulungen an Vorträgen teil und absolvierte acht Mal ein Ausdauertraining mit EKG-Monitoring, insgesamt 17 Einheiten Sport- und Bewegungstherapie unter sportpädagogischen Gesichtspunkten, acht Mal ein Geh- und Lauftraining mit definierter Belastung sowie ferner Massagen und Infrarot- bzw. Heißluftbehandlungen. Auch anlässlich der anschließend durchgeführten stationären Behandlungen wegen jeweils aufgetretenem Schwindel mit Übelkeit, weshalb der Kläger einerseits vom 12.09. bis 18.09.2009 in der R. -Klinik B. und andererseits vom 28.12.2009 bis 05.01.2010 im Klinikum E. stationär behandelt worden war, zeigte sich ausweislich der entsprechenden Entlassungsberichte noch keine derart schwerwiegende Symptomatik. Im Entlassungsbericht der R. -Klinik B. vom 17.09.2009 ist lediglich die bekannte depressive Erscheinung und im Entlassungsbericht des Klinikums E. vom 05.01.2010 eine Depression als Diagnose aufgeführt.
Dementsprechend geht der Senat nicht davon aus, dass die von Dr. B. beschriebene Leistungseinschränkung mit einem volle Erwerbsminderung begründenden beruflichen Leistungsvermögen von weniger als drei Stunden täglich bereits in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem im August 2009 aufgetretenen Herzinfarkt vorgelegen hat. Allerdings folgt der Senat Dr. B. insoweit, als hinsichtlich der vorbestehenden Psychopathologie im August 2009 mit dem Zeitpunkt dieses Ereignisses der "Point of no return" eingetreten ist und die seit längerem bestehende Entwicklung einen ausschlaggebenden "Knick" erfahren hat, mit nunmehr zunehmender massiver Verschlechterung bis hin zu dem von Dr. B. im Juli 2011 dokumentierten Zustand.
Ausgehend hiervon legt der Senat zu Grunde, dass der Versicherungsfall jedenfalls mit Aufnahme des Klägers in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Kreiskliniken E. am 13.07.2010 eingetreten ist, wo er bis 27.08.2010 stationär und vom 30.08. bis 17.09.2010 teilstationär behandelt worden war. Jedenfalls zu diesem Zeitpunkt ist sein Leistungsvermögen auf ein rentenberechtigendes Ausmaß (weniger als sechs Stunden täglich) herabgesunken gewesen. Ausweislich des entsprechenden Entlassungsberichts vom 17.09.2010 wird der Kläger als still und zurückgezogen beschrieben, wobei er von sich praktisch keinen Kontakt aufgenommen und wenig auf Ansprache reagiert habe. Die behandelnden Ärzte sind von einer schweren depressiven Episode ausgegangen und haben nach Abschluss der teilstationären Behandlung keine therapeutische Möglichkeit der Intervention mehr gesehen. Nach Auffassung des Senats hat beim Kläger daher jedenfalls am 13.07.2010 ein seine berufliche Leistungsfähigkeit in einem rentenberechtigenden Ausmaß einschränkendes chronifiziertes Zustandsbild vorgelegen, das keiner therapeutischen Intervention mehr zugänglich gewesen ist und - so Dr. B. - auch aktuell nicht ist.
Für den Eintritt des Versicherungsfalls (Leistungseinschränkung auf weniger als sechs Stunden täglich) bereits zu einem früheren Zeitpunkt sieht der Senat keine hinreichenden Anhaltspunkte. Solche vermag der Senat insbesondere nicht den Ausführungen des behandelnden Psychiaters Dr. A. zu entnehmen, der im Gegensatz zu sämtlichen am Verfahren beteiligten Sachverständigen bereits vor dem im August 2009 eingetretenen kardialen Ereignis ein aufgehobenes Leistungsvermögen angenommen hat. Der Senat folgt insoweit den Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil und sieht insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls am 13.07.2010 erfüllt der Kläger auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente, da er in den davor liegenden fünf Jahren zumindest 36 Kalendermonate mit Pflichtbeitragszeiten zurücklegte.
Gemäß § 102 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB VI werden u.a. Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf Zeit geleistet, wobei die Befristung für längstens drei Jahre nach Rentenbeginn erfolgt. Nach Satz 5 der Regelung werden Renten, auf die ein Anspruch unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht unbefristet geleistet, wenn unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann. Dabei wird eine Rente aus eigener Versicherung von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind, wenn die Rente bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind (§ 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Befristete Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit werden nach § 101 Abs. 1 SGB VI nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet.
Ausgehend hiervon steht dem Kläger mit einem - entsprechend den obigen Darlegungen - zum 13.07.2010 auf weniger als sechs Stunden täglich herabgesunkenen beruflichen Leistungsvermögen Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu. Da dieses Leistungsvermögen einen Rentenanspruch unabhängig von der Arbeitsmarktlage begründet und nach Überzeugung des Senats auf Grund der Darlegungen des Sachverständigen Dr. B. unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann, ist dem Kläger die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung unbefristet und somit ab Beginn des Monats nach Eintritt des Versicherungsfalls, mithin ab August 2010, zu gewähren. Demgegenüber kann der Kläger die ihm im Hinblick auf das beschriebene Leistungsvermögen wegen Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes gleichfalls zustehende Rente wegen voller Erwerbsminderung lediglich befristet beanspruchen, denn solche Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit werden grundsätzlich nur auf Zeit geleistet. Da befristete Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu gewähren sind, steht dem Kläger die Rente wegen voller Erwerbsminderung mithin ab 01.02.2011 zu. Allerdings endet diese Rente vorliegend - entgegen § 102 Abs. 2 Satz 2 SGB VI - deshalb nicht spätestens nach Ablauf von drei Jahren, weil mit Eintritt der vollen Erwerbsminderung aufgrund des im Juli 2011 auf weniger als drei Stunden täglich abgesunkenen Leistungsvermögens die befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung nunmehr in eine unbefristete Rente wegen voller Erwerbsminderung übergeht. Denn ab August 2011 besteht der Rentenanspruch unabhängig von der Arbeitsmarktlage und es ist - wie bereits dargelegt - unwahrscheinlich, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann.
Da bei nebeneinander bestehenden Ansprüchen auf Rente wegen Erwerbsminderung jeweils nur die höhere Rente zu gewähren ist, steht dem Kläger ab 01.08.2010 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und ab 01.02.2011 Rente wegen voller Erwerbsminderung, und zwar auf Dauer, zu. Entsprechend ist das angefochtene Urteil abzuändern und die Berufung des Klägers im Übrigen zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt den Ausgang des Rechtsstreits.
Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Rechtskraft
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