L 10 U 1909/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 5375/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 1909/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 20.01.2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach der Nr. 1101 (Erkrankungen durch Blei oder seine Verbindungen), der Nr. 1105 (Erkrankungen durch Mangan oder seine Verbindungen) und der Nr. 1310 (Erkrankungen durch halogenierte Alkyl-, Aryl- oder Alkylaryloxide) der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV - im Folgenden: BK Nr. 1101, BK Nr. 1105 bzw. BK Nr. 1310) streitig.

Der am 1966 geborene Kläger war von September 1986 bis Dezember 1996 - unterbrochen durch eine Militärdienstzeit von März 1988 bis Mai 1989 - über Subunternehmen bei der B. Stahlwerke GmbH im Bereich der Entsorgung von Schlacken als Radlader- und Raupenfahrer beschäftigt.

Nachdem beim Kläger ab Mitte 1996 zunächst Beschwerden im Halswirbelsäulen- und unteren Lendenwirbelsäulenbereich aufgetreten waren, klagte er im weiteren Verlauf über ein Taubheitsgefühl im linken Arm und im rechten Fuß und sodann zusätzlich über Kopfschmerzen, eine zunehmende Vergesslichkeit, Zittern der Hände sowie vegetative Beschwerden in Form von Frieren und Schwitzen sowie Schlafstörungen, ohne dass sich ein organisches Korrelat für die Beschwerdezustände fand. Der behandelnde Facharzt für Orthopädie R. ging diagnostisch neben einem Bandscheibenvorfall L5/S1 links von einer Depression mit multiplen psychosomatischen Störungen aus und der behandelnde Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. von einer somatoformen Störung bei auch organisch begründeten LWS-Beschwerden. (vgl. Arztbriefe vom 04.09.1996 bzw. 09.10.1996, Bl. 86, 88 VerwA, sachverständige Zeugenaussagen des behandelnden Arztes für Allgemeinmedizin Dr. F. vom 13.12.1999, Bl. 40f der Akte des Verfahrens S 9 U 2083/99). Nachdem die Bewegungseinschränkungen beim Kläger zur weitgehenden Pflegebedürftigkeit geführt hatten, wurde der Kläger vom 02. bis 25.06.1999 stationär im Klinikum O. , Neurologie, untersucht und behandelt; ein Hinweis auf eine organische Ursache der seit vier Jahren progredienten hypertonen Bewegungsstörung fand sich nicht, insbesondere wurden keine Anhaltspunkte dafür gesehen, dass eine chronische oder akute Intoxikation die Beschwerden erklären könnten. Diagnostisch gingen die behandelnden Ärzte von einer somatoformen Schmerzstörung, einem Schmerzmittelabusus sowie einem psychogenen Rigor aus und hielten eine psychiatrische stationäre Behandlung für erforderlich (Arztbrief vom 21.07.1999, Bl. 45 der Akte S 9 U 2083/99). Auf Grund des sodann Ende Juni 1999 erfolgten ambulanten Vorgesprächs im Zentrum für Verhaltensmedizin der L. Bad D. gingen die untersuchenden Ärzte zwar von einer Behandlungsbedürftigkeit aus (Diagnose: anhaltende somatoforme Schmerzstörung, dissoziative Bewegungsstörung), eine psychotherapeutische Behandlung erachteten sie jedoch nicht für erfolgversprechend, da sich der Kläger nicht auf ein psychosomatisch orientiertes Krankheitsmodell eingelassen habe (Arztbrief vom 30.06.1999, Bl. 51ff der Akte S 9 U 2083/99). Wegen einer neu aufgetretenen Facialisparese links und einer weiteren Progredienz der Erkrankung mit vollständiger Immobilität wurde der Kläger im August 1999 erneut stationär im Klinikum O. behandelt, wobei sich die Facialisparese gut zurückbildete (Arztbrief vom 01.09.1999, Bl. 48 der Akte S 9 U 2083/99). Hinweise auf eine Intoxikation, die die vorhandenen Beschwerden erklären könnte, fanden diese behandelnden Ärzte nicht. Auch die behandelnden Ärzte der Neurologischen Universitätsklinik H. , wo sich der Kläger ab November 2000 in ambulanter und stationärer Behandlung befand, vermochten die nahezu vollständige Bewegungsunfähigkeit keiner organischen Ursache zuordnen. Sie sahen insbesondere auch keine Hinweise auf eine mit einer Intoxikation von Berufsstoffen zusammenhängende Ursache der Gesundheitsstörung (vgl. sachverständige Zeugenauskunft des Prof. Dr. H. vom 18.04.2001 in dem Verfahren S 9 U 2083/99, Bl. 118/119). Das Krankheitsbild des Klägers veränderte sich im weiteren Verlauf nicht mehr. Seinen Angaben zufolge leidet er häufig unter Krämpfen im Bereich der Beine in Ruhe sowie beim Umsetzen aus dem Rollstuhl. Erheblich zurückgegangen sei auch seine Merk- und Konzentrationsfähigkeit.

Im August 1996 zeigte der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. F. der Hütten- und Walzwerkberufsgenossenschaft, Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden als Beklagte bezeichnet), an, dass beim Kläger im Urin und im Serum erhöhte Quecksilberwerte gemessen worden seien und äußerte den Verdacht auf eine chronische Quecksilbervergiftung. Daraufhin führte die Beklagte Ermittlungen zum Gesundheitszustand des Klägers und den arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK Nr. 1102 (Erkrankungen durch Quecksilber oder seine Verbindungen) durch und zog insbesondere den "Bericht über die Messung luftfremder Stoffe am Arbeitsplatz" ihres Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) bei, der im Hinblick auf die BK-Anzeige eines anderen im Arbeitsbereich des Klägers tätig gewesenen Arbeiters am 13.11.1996 Gefahrstoffmessungen durchgeführt hatte. Für die Arbeitsplätze der Raupen- bzw. LKW-Fahrer ergab sich dabei die Einhaltung der Grenzwerte für Quecksilber und Blei (Bl. 33 ff VerwA). Mit Bescheid vom 14.04.1999 und Widerspruchsbescheid vom 24.06.1999 lehnte die Beklagte die Anerkennung der BK Nr. 1102 ab. Die dagegen erhobene Klage (S 9 U 2083/99) wies das Sozialgericht Freiburg (SG) mit Urteil vom 30.09.2003 ab. Die hiergegen eingelegte Berufung (L 10 U 587/04) wurde mit Beschluss des Landessozialgerichts (LSG) vom 01.03.2005 zurückgewiesen und die dagegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundessozialgericht (BSG) mit Beschluss vom 05.07.2005 (B 2 U 108/05 B) als unzulässig verworfen.

Im Oktober 2003 machte der Kläger geltend, er sei neben Quecksilber auch anderen Gefahrstoffen ausgesetzt gewesen und beantragte die Anerkennung von BKen nach den Nrn. 1101, 1105 und 1310 ("Dioxin"). Gesundheitliche Schäden seien insbesondere auf Grund der synergetischen Effekte aufgetreten. In der von der Beklagten eingeholten Stellungnahme ihrer Präventionsabteilung führte Dr. G. , der Anfang 2005 eine nochmalige Begehung des früheren Arbeitsbereichs des Klägers vorgenommen hatte, unter Beifügung der entsprechenden Untersuchungsberichte aus (vgl. Bl. 557ff VerwA), im November 1999 seien Messungen im Arbeitsbereich Schmelzbühne, der sich oberhalb des Arbeitsbereichs des Klägers befunden habe, durchgeführt worden. Dabei seien für keinen der gemessenen Stoffe (Feinstaub, Mangan, Chrom, Chrom(VI), Nickel, Kupfer, Benzo(a)pyren, Dibenz(a,h)anthracen, chlorierte Dibenzodioxine und -furane) die Grenzwerte überschritten worden. Im Jahr 2003 seien zudem für alle Mitarbeiter der B. Stahlwerke GmbH Untersuchungen auf Blei, Quecksilber und Mangan im Urin bzw. Blut angeboten worden. Dabei seien bei den mit dem Kläger vergleichbaren Raupenfahrern die Biologischen Arbeitsstoff-Toleranzwerte (BAT-Werte) für Blei von 400 µg/l Vollblut, für Quecksilber von 25 µg/l Vollblut und für Mangan von 20 µg/l Vollblut weit unterschritten worden. Die im Jahre 1993 untersuchten Blutproben von elf Mitarbeitern auf polychlorierte Dibenzo-p-dioxine und Dibenzofurane (PCDD/PCDF) hätten im Übrigen Werte im Rahmen der üblichen Belastung der Bevölkerung ergeben. Nach den vorliegenden Daten lägen die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Entstehung von Erkrankungen nach den BK Nrn. 1101, 1105 und 1310 daher nicht vor. Nach Hinzuziehung ihres Beratungsarztes Dr. med. Dipl.-Chem. P. , Facharzt für Arbeitsmedizin/Sozialmedizin, Umweltmedizin, der darauf hinwies, dass bei allen der in Rede stehenden Stoffe der BAT eingehalten worden sei und das schwere Krankheitsbild des Klägers weder im Hinblick auf die Symptomatik noch den Verlauf der Erkrankung für eine Erkrankung durch Schwermetalle oder polychlorierte Dibenzodioxine und -furane spreche, lehnte die Beklagte die Anerkennung der BK Nr. 1101, der BK Nr. 1105 und der BK Nr. 1310 ab (Bescheid vom 26.09.2005 und Widerspruchsbescheid vom 08.12.2005).

Am 20.12.2005 hat der Kläger dagegen beim SG Klage erhoben und im Wesentlichen geltend gemacht, die zur Anerkennung beantragten BKen seien durch die Verkettung verschiedenster Expositionen während seiner beruflichen Tätigkeit entstanden.

Das SG hat das Gutachten des Facharztes für Arbeitsmedizin und Allgemeinmedizin Dr. B. eingeholt. Dieser hat folgende Diagnosen gestellt: funktionelle Tetraparese im Rahmen einer somatoformen Störung, reaktive Depression, arterielle Hypertonie, Hepatopathie mit Steatosis hepatis, Hyperurikämie, Adipositas, leichtes obstruktives Schlafapnoe-Syndrom mit starkem Schnarchen bei Adipositas, Gaumenbogenwebbing/Uvulahyperplasie, Seborrhoisches Kopfekzem, Bandscheibenvorfall im Segment L5/S1, ausgeprägte Gynäkomastie beidseits, V.a. Folsäuremangel, V.a. unklare Infektion, relative bulbäre Harnröhrenstenose bei Z.n. Harnröhrenstriktur. Mit diesen Erkrankungen leide der Kläger an keiner Gesundheitsstörung, die mit einer BK Nr. 1101, einer BK Nr. 1105 oder einer BK Nr. 1310 vereinbar sei. Nach herrschender medizinischer Lehre lägen auch keine wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse dafür vor, dass ein Zusammenwirken der beim Kläger ermittelten Konzentrationen von Blei, Mangan und chlorierten Dibenzodioxinen und -furanen zu den vorliegenden Erkrankungen führe. Zu den Einwendungen des Klägers, der Sachverständige habe in seinem Gutachten zum Teil unrichtige Biomonitoringwerte aufgeführt und seiner Beurteilung zu Grunde gelegt (tatsächlich hätten die am 17.03.1994 bzw. 05.02.1999 gemessenen Laborwerte für Blei bzw. Mangan die Normgrenzen deutlich überschritten), hat sich der Sachverständige ergänzend geäußert, insbesondere zur Bedeutung der im Rahmen der Laborbefunde angegebenen Normwerte sowie des BAT.

Mit Urteil vom 20.01.2009 hat das SG die Klage gestützt auf das Gutachten des Dr. B. abgewiesen. Den auf Einholung eines Gutachtens gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) bei Prof. Dr. H. gerichteten Hilfsantrag hat es als verspätet abgelehnt.

Am 10.02.2009 hat der Kläger dagegen beim SG Berufung eingelegt und geltend gemacht, das SG habe zu Unrecht nicht die synergetischen Effekte der Gefahrstoffe, denen er ausgesetzt gewesen sei, geprüft. Das Gutachten des Dr. B. , auf das sich das SG gestützt habe, sei nicht überzeugend, insbesondere beruhe es auf teilweise fehlerhaft zu Grunde gelegten Werten. Auch sein Antrag gemäß § 109 SGG sei zu Unrecht zurückgewiesen worden.

Auf den Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG hat der Senat das Gutachten des Prof. Dr. H. eingeholt. Dieser hat eine toxische Encephalopathie, eine Tetraplegie durch chronische Belastung mit Blei, Quecksilber und Mangan, eine vermehrte Aknebildung, ein schuppendes Erythem, einen Zustand nach Bandscheibenvorfall im Segment L5/S1, eine Hepatopathie sowie eine Adipositas diagnostiziert und das Vorliegen einer BK Nr. 1101 und einer BK Nr. 1105 bejaht; eine BK Nr. 1310 könne seines Erachtens nicht begründet werden. Der Kläger sei an seinem Arbeitsplatz chronisch gegenüber Blei, Mangan und Quecksilber exponiert gewesen, wobei eine Mehrfachbelastung vorgelegen habe. Die neurotoxische Schädigung durch Blei sei als erheblich zu bewerten und jene durch Quecksilber als außerordentlich hoch, diese stehe im Vordergrund.

Zu den gegen dieses Gutachten von dem seitens der Beklagten hinzugezogenen Beratungsarzt Dr. P. erhobenen Einwendungen hat sich Prof. Dr. H. ergänzend geäußert und hierzu nochmals Dr. P ...

Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 20.01.2009 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 26.09.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.12.2005 zu verurteilen, Berufskrankheiten nach den Nrn. 1101, 1105 und 1310 der Anlage 1 zur BKV festzustellen, hilfsweise den Sachverständigen Prof. Dr. H. ergänzend zu den Behauptungen des Dr. P. anzuhören - bei Einhaltung der Arbeitstoleranzwerte sei definitionsgemäß nicht von einer Gefährdung der Beschäftigten auszugehen (1.), - bei dem Versicherten sei arbeitsmedizinisch keine toxikologische Belastung durch Quecksilber, Mangan und Blei in der Einzelsubstanz nachgewiesen worden (2.), - es sei biologisch nicht plausibel, dass die genannten Schwermetalle eine additive Wirkung entfalten, Entsprechendes fände sich in der toxikologischen Literatur (3.), - eine Mischexposition, in der Qualität, wie sie beim Kläger diskutiert würde, sei nicht ausreichend, um eine Intoxikation durch die in Rede stehenden Schwermetalle hervorzurufen, insbesondere spreche die Schwere der Erkrankung gegen eine solche Intoxikation (4.), - die beim Kläger gemessenen Werte wären bei einer solchen Intoxikation um ein Vielfaches höher gewesen als gemessen (5.), - der Kläger habe entgegen der Annahme von Prof. Dr. H. keinen Umgang mit organischen Quecksilberverbindungen gehabt (6.).

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig. Dem Gutachten des Prof. Dr. H. könne wegen handwerklicher Mängel nicht gefolgt werden.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sacherhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, der Akten der Verfahren S 9 U 2083/99 und L 10 U 587/04 sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 153 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.

Zulässiger Gegenstand des Rechtsstreits ist allein der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Anerkennung der BKen Nr. 1101, 1105 und 1310 der Anlage 1 zur BKV. Allein über diese Listen-BKen entschied die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden, allein hierauf hat der Kläger vor dem SG seine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gerichtet und allein hierüber hat das SG entschieden. Soweit der Kläger (erstmals) im Berufungsschriftsatz "hilfsweise" die Anerkennung einer "Wie-BK" begehrt, geht der Senat von einem Irrtum aus und hat der Senat den Berufungsantrag entsprechend sachdienlich gefasst. Denn es ist nicht davon auszugehen, dass der Kläger einen solchen, in jeglicher Hinsicht unzulässigen Antrag tatsächlich hat stellen wollen, den er im Übrigen auch nie begründet hat.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 26.09.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.12.2005 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte lehnte beim Kläger die Anerkennung einer BK nach den Nrn. 1101, 1105 und 1310 der Anlage 1 zur BKV zu Recht ab. Denn es ist nicht festzustellen, dass der Kläger im Sinne dieser BKen an einer Erkrankung durch Blei oder seine Verbindungen, durch Mangan oder seine Verbindungen oder durch halogenierte Alkyl-, Aryl- oder Alkylaryloxide leidet.

BKen sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung oder mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte in Folge einer den Versicherungsschutz nach den § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2 erster Halbsatz SGB VII). Hierzu zählen nach Nr. 1101, 1105 und 1310 der Anlage 1 zur BKV Erkrankungen durch Blei oder seine Verbindungen, durch Mangan oder seine Verbindungen und Erkrankungen durch halogenierte Alkyl-, Aryl- oder Alkylaryloxide.

Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbe-gründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).

Danach ist beim Kläger das Vorliegen einer BK nach Nr.1101, 1105 oder 1310 nicht festzustellen. Zum einen kann nicht festgestellt werden, dass die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen dieser BKen erfüllt sind, der Kläger mithin im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit den in Rede stehenden Metallen bzw. Gefahrstoffen in einem gefährdenden Ausmaß ausgesetzt war. Zum anderen ist beim Kläger im Sinne dieser BKen keine Erkrankung festzustellen, die durch eine entsprechende Einwirkung verursacht werden kann.

Durch die Ermittlungen der Präventionsabteilung der Beklagten konnte nicht nachgewiesen werden, dass der Kläger an seinem Arbeitsplatz bei der B. Stahlwerke GmbH relevanten Belastungen mit den angeschuldigten Metallen bzw. Gefahrstoffen ausgesetzt war. So hat insbesondere mit den ausweislich des "Berichts über die Messung luftfremder Stoffe am Arbeitsplatz" im November 1996, also noch während des Beschäftigungsverhältnisses des Klägers, durchgeführten Gefahrstoffmessungen für den Arbeitsplatz des Klägers (Raupen- bzw. LKW-Fahrer) neben Quecksilber (insoweit steht rechtskräftig fest, dass eine BK Nr. 1102 nicht vorliegt) auch für Blei keine Belastung über dem maßgeblichen Grenzwert festgestellt werden können. Weitere Messungen, nunmehr allerdings erst im November 1999, also bereits drei Jahre nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses des Klägers, ergaben für den sich oberhalb des Arbeitsbereichs des Klägers befindenden Arbeitsbereich "Schmelzbühne" auch für die darüber hinaus u.a. gemessenen Stoffe Mangan, und chlorierte Dibenzodioxine und -furane keine die Grenzwerte überschreitenden Messwerte. Wenn auch zeitnah zu der vom Kläger geltend gemachten Exposition damit nur für Blei ein einmaliger Messwert vorliegt, so bieten allerdings auch die Ergebnisse der beim Kläger zwischen 1992 und 1999, also zum Teil noch während der Ausübung seiner Tätigkeit, durchgeführten Blutuntersuchungen keine Hinweise auf eine relevante toxische Belastung mit den in Rede stehenden Metallen. Denn durch keine dieser Blutuntersuchungen konnte beim Kläger eine auf eine erhebliche Exposition mit den angeschuldigten Gefahrstoffen hinweisende individuelle Belastung nachgewiesen werden. Denn weder für Blei noch für Mangan wurden beim Kläger über dem BAT liegende Blutwerte ermittelt. Dieser Wert wird definiert als Richtwert für die höchst zulässige Menge von Arbeitsstoffen bzw. Arbeitsstoffmetaboliten oder die durch sie ausgelöste Abweichung eines sogenannten Beanspruchungsindikators in biologischen Proben, die auch bei regelmäßiger Exposition keine Gesundheitsschäden verursacht. Sie dient der Abschätzung des individuellen Gesundheitsrisikos bei Belastung mit Gefahrstoffen am Arbeitsplatz (vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Aufl., S. 210 f.). So betrugen bei einem BAT von 400 µg/l für Blei - so Dr. B. - die beim Kläger im Vollblut gemessenen Werte ausweislich der im Klageverfahren vorgelegten Kopien der Laborbefunde 150 µg/l (Oktober 1992; Bl. 159 der SG-Akte), 195 µg/l (März 1994; Bl. 158 SG-Akte) sowie 3,9 µg/l (Januar 1999; Bl. 161 SG-Akte) und lagen damit weit unterhalb des gültigen beruflichen Grenzwertes. Entsprechendes gilt für Mangan, hinsichtlich dessen bei einem BAT von 20 µg/l beim Kläger 10,0 µg/l (Februar 1999, Bl. 156 SG-Akte) ermittelt wurde. Soweit der Kläger gegenüber dem SG und ansatzweise auch im Berufungsverfahren geltend gemacht hat, der Sachverständige Dr. B. habe seinem Gutachten fehlerhafte Messwerte zu Grunde gelegt, ist zwar zutreffend, dass die Tabelle S. 7/8 seines Gutachtens zum Teil unrichtige Laborwerte dokumentiert (für die Untersuchungszeitpunkte Oktober 1992 statt 150,00 µg/l - Bl. 159 SG-Akte - lediglich 15 µg/l, für März 1994 statt 195,00 µg/l - Bl. 158 SG-Akte - lediglich 19,5 µg/l), allerdings rechtfertigen diese - wohl auf Übertragungsfehlern beruhenden - Ungenauigkeiten keine abweichende Beurteilung, da auch die zutreffenden Messwerte den BAT von 400 µg/l bei weitem nicht erreichen. Die Messwerte liegen zum Teil sogar im Bereich der unbelasteten Wohnbevölkerung. Soweit der Kläger auf die Messwerte für Blei von März 1994 verweist, die mit 195,00 µg/l über dem Normwert von 150,00 µg/l lägen, verkennt der Kläger die Bedeutung der auf den Laborbefunden zum Vergleich jeweils dokumentierten Normwerte. Diese durchaus auch von verschiedenen Laboren in unterschiedlicher Höhe angegebenen Normwerte sind gerade keine Grenzwerte, bei deren Überschreitung von einer toxischen Wirkung ausgegangen werden kann. Die Normwerte beschrieben lediglich einen anhand einer repräsentativen Stichprobe ermittelten Referenzwert, der durchaus Schwankungsbreiten zulässt (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Aufl., S. 1359). Dies erklärt auch, dass nicht alle vom Kläger in Anspruch genommenen Labore einen identischen Normwert angeben, die obere Normgrenze vielmehr lediglich in dem angesprochenen Befund mit 150 µg/l angegeben wurde, während sie im Übrigen bei 200 µg/l lag. Nichts wesentlich anderes gilt für die Laborwerte für Mangan. Soweit der Kläger im Hinblick auf die Messwerte vom 05.02.1999 mit 2,0 µg/l (Untersuchung allerdings Mangan im Serum; vgl. Bl. 168 unten SG-Akte) bei einem Normwert von 0,9 µg/l eine "krasse Überschreitung" der Normgrenzen geltend gemacht hat, hat der Sachverständige für den Senat überzeugend darauf hingewiesen, dass der von diesem Labor angegebene Normwert nicht nachvollziehbar sei, nachdem in einer Untersuchung der Hintergrundbelastung mit Mangan im Blut der Allgemeinbevölkerung in Niedersachsen bereits eine mediane Mangankonzentration von 9,6 µg/l bei einem Maximalwert von sogar 17,2 µg/l gefunden worden sei. Auch lässt sich dieser deutlich über dem (definierten) Normbereich liegende Befund nicht in Einklang bringen mit dem ebenfalls im Februar 1999 erhobenen Messwert von Mangan im Vollblut (Bl. 168 oben SG-Akte), der mit 10,0 µg/l den diesbezüglich angegeben Normbereich von 7,0 bis 10,5 µg/l gerade nicht überschritt.

Soweit der Kläger vorträgt, die Messungen seien nach Voranmeldung durchgeführt worden und würden die tatsächliche Belastung nicht wiedergeben, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn mit dieser Behauptung - ihre Richtigkeit unterstellt - kann eine konkrete Belastung nicht festgestellt werden.

Beim Kläger ist auch keine Erkrankung im Sinne der streitigen BKen festzustellen, die durch eine Einwirkung mit den in Rede stehenden Gefahrstoffen verursacht werden kann.

Eine Vergiftung mit Blei führt - so Dr. B. - vor allem zu Schädigungen, die das Blut bzw. die Blutbildung, das periphere, vegetative und zentrale Nervensystem sowie die Niere betreffen. Es kann zu Veränderungen im Blutbild und im Knochenmark, zu schmerzhaften Darmkoliken, zu einer Streckerschwäche der Muskulatur, insbesondere der Arbeitshand, zu Störungen des Zentralnervensystems (Schlaflosigkeit, Schwindel, Gedächtnisschwäche, Tremor, Sehstörungen) und zu Nierenfunktionsstörungen bis zu schweren Nierenschädigungen bei hohen Expositionen führen.

Eine Erkrankung dieser Art und Entwicklung liegt beim Kläger nicht vor. Dies hat der Sachverständige Dr. B. für den Senat überzeugend dargelegt. So liegen beim Kläger bisher keine Nierenschädigung vor, keine Veränderungen im Blutbild im Sinne einer Aniso- und Poikilozytose oder Anämie. Auch hat der Kläger keine schmerzhaften Darmkoliken angegeben. Darüber hinaus sind weder den aktuellen noch früheren Befunden Hinweise für eine periphere oder zentrale Nervenschädigung zu entnehmen. Trotz der gegenteiligen subjektiven Angaben des Klägers konnte u.a. in der Neurologischen Abteilung im Klinikum O. das Vorliegen einer Polyneuropathie durch entsprechende elektrophysiologische Untersuchungen zweifelsfrei ausgeschlossen werden. Auch die durchgeführte MRT-Untersuchung des Gehirns war weitgehend unauffällig. Auch im neuropsychologischen Befund fand sich kein Hinweis auf eine Hirnleistungsstörung. Der Kläger hat im Übrigen im Zeitraum seiner beruflichen Tätigkeit auch nicht über typische bleiassoziierte Vergiftungssymptome, wie beispielsweise süßlich-metallischen Geschmack, vermehrten Speichelfluss, Erbrechen, Obstipation und Darmkoliken berichtet. Zwar finden sich im Krankheitsbild des Klägers auch Symptome, die bei einer Bleiintoxikation vorkommen, jedoch sind diese gleichermaßen auch Bestandteil vieler anderer neurologischer Krankheitsbilder, sodass angesichts des Verlaufs der Erkrankung beim Kläger, die sich wesentlich von einer Erkrankung durch die Einwirkung von Blei unterscheidet, nicht auf eine "Bleierkrankung" geschlossen werden kann.

Im Sinne der BK Nr. 1105 liegt beim Kläger darüber hinaus auch keine Erkrankung durch Mangan oder seine Verbindungen vor.

Bei akuter Einwirkung größerer Mengen an Mangan kann es - so Dr. B. - zu örtlichen Reizerscheinungen an den Atemwegen, verursacht durch eine lokale Schädigung der Schleimhaut kommen und gelegentlich auch zu einer sogenannten Manganpneumonie (kruppöse Pneumonie). Bei längerer Exposition kann, wie Dr. B. dargelegt hat, das Zentralnervensystem geschädigt werden. Uncharakteristische Allgemeinsymptome, wie Müdigkeit, Schwindel, Schwäche und Apathie, können dem sogenannten Manganismus, einem dem Morbus Parkinson ähnlichen Krankheitsbild, das sich allmählich entwickelt, vorausgehen. Es kommt dabei zu einem unsicheren und breitbeinigen Gang. Die Fortbewegung ist schließlich nur noch durch kleine, trippelnde Schritte, häufig in Spitzfußstellung ("Hahnentritt", "Steppergang"), möglich. Gleichzeitig ist auch in Ruhe ein erhöhter Muskeltonus festzustellen; die Sehnenreflexe sind gesteigert. Es kommt in fortgeschrittenen Fällen eventuell zu einer Zwangshaltung der Gliedmaßen und einer Motilitätsstarre. Pro-, Retro-, Lateropulsionen und grobschlägiger Tremor sowie mimische Starre (Maskengesicht), Schluckstörungen, Speichelfluss und Sprachstörungen (Stottern) sind typische Symptome des ausgeprägten Krankheitsbildes. Muskelspannungen und Bewegungsstörungen können eine Mikrographie zur Folge haben. Dabei wird die Schrift groß begonnen und endet schließlich in immer kleiner werdenden, zuletzt unleserlichen Buchstaben. Psychische Veränderungen, Zwangslachen und Zwangsweinen können auftreten. Vereinzelt wurden Leberparenchymschäden, Morbus Basedow und Blutbildveränderungen beschrieben.

Typische Symptome in dem dargelegten Sinne weist das Krankheitsbild des Klägers nicht auf. Auch insoweit folgt der Senat dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen Dr. B ... So ist beim Kläger das typische Symptom eines Manganismus, wie beispielsweise der unsichere und breitbeinige Gang, zu keinem Zeitpunkt festzustellen gewesen. Hierüber hat auch der Kläger selbst nicht berichtet. Insbesondere fanden sich auch durch die neurologischen Abklärungen, u.a. im Klinikum O. im Jahr 1999 keine Hinweise auf eine organische Ursache der progredienten hypertonen Hypokinese oder gar einen Zusammenhang mit einer Exposition zu Mangan. Vielmehr wurde seinerzeit eine somatoforme Schmerzstörung, ein Schmerzmittelabusus sowie ein psychogener Rigor diagnostiziert, nachdem sich im EMG und ENG eine normale motorische und sensible Neurographie der Beinnerven ohne Hinweis auf eine Neuropathie bei normalen H-Reflexen zeigte. Der beschriebene stark erhöhte Muskeltonus, wurde als der Willkür unterworfen angesehen. In der durchgeführten Tremoranalyse wurde ein unregelmäßig wechselnder Antagonistentremor vom klinischen Eindruck her willkürlich angebahnt festgestellt. Auch fanden sich im MRT des Hirnschädels altersentsprechende Liquorräume und keine Hinweise für eine fortgeschrittene Hirnatrophie, ebenso wenig ein Hinweis auf pathologische Suszeptibilitätseffekte durch Metallablagerungen. Die vom Kläger beklagten uncharakteristischen Allgemeinsymptome, wie beispielsweise Müdigkeit und Schwindel finden sich zwar auch bei dem beschriebenen Manganismus, allerdings ist diese Symptomatik - wie oben bereits ausgeführt - auch Bestandteil vieler anderer neurologischer Krankheitsbilder und lässt sich ohne Weiteres im Rahmen der bestehenden leichten Depression und somatoformen Störung erklären. Das Vorliegen einer durch Mangan verursachten Erkrankung vermag der Senat daher ebenfalls nicht festzustellen.

Letztlich liegt beim Kläger im Sinne der BK Nr. 1310 auch keine Erkrankung durch halogenierte Alkyl-, Aryl- oder Alkylaryloxide vor.

Die genannten halogenierten organischen Sauerstoffverbindungen führen - wie Dr. B. dargelegt hat - bei lokaler Einwirkung zu mehr oder weniger starken Reizerscheinungen an Haut und Schleimhäuten. Die Aufnahme erfolgt auch über die Atemwege. Bei vielen Substanzen in fester und flüssiger Form ist jedoch die perkutane ("durch die Haut hindurch") Resorption von besonderer Bedeutung. Nach Aufnahme in den Organismus kann es zu Stoffwechselstörungen sowie zu Leber- und Nierenschädigungen kommen. Auch Lungen und Bronchien sowie das Zentralnervensystem können betroffen sein.

Erkrankungen dieser Art wurden beim Kläger - so Dr. B. - nicht objektiviert. Insbesondere wurden von hautärztlicher Seite keine chlorakneförmigen Hautveränderungen beschrieben. Die vom Kläger dem Sachverständigen Dr. B. gegenüber angegebenen fünf Cent-Stück großen Hautveränderungen, die allerdings hautärztlich nicht belegt sind, entsprechen nach den Darlegungen des Sachverständigen weder nach der angegebenen Größe noch dem beschriebenen Muster dem Bild einer Chlorakne. Auch die beim Kläger bestehende seborrhoische Dermatitis lässt sich - so der Sachverständige Dr. B. - äthiologisch in keinen Zusammenhang mit einer eher geringen Exposition in Rede stehender Stoffe bringen. Wie bereits ausgeführt, ist beim Kläger auch keine Erkrankung des zentralen Nervensystems festzustellen. Hinweise hierfür fanden sich insbesondere auch nicht anlässlich der gutachtlichen Untersuchung des Sachverständigen Dr. B ... Seinen Ausführungen zufolge war der Kläger bewusstseinsklar und allseits zu Person, Raum und Zeit orientiert, mit starker Fixierung auf seine Erkrankung bei insgesamt starkem Leidensdruck. Die Denkinhalte hat er als unauffällig beschrieben, ohne Hinweise auf Wahrnehmungsstörungen, Wahn- oder Beziehungsideen oder auffällige Sprachstörungen. Während der Untersuchung hat keine nennenswerte Einschränkung der affektiven Modulationsfähigkeit oder eine auffallende depressive Verstimmung bestanden. Auch hat der Sachverständige keine Anhaltspunkte für das Vorliegen von Zwangssymptomen oder Phobien gefunden. Unter Berücksichtigung der 1999 erfolgten MRT-Untersuchung (keine Zeichen einer fortgeschrittenen Hirnatrophie) und des seinerzeitigen neuropsychologischen Befundes (kein Anhalt für eine Hirnleistungsstörung) ist eine Schädigung des zentralen Nervensystems daher auch für den Senat wenig wahrscheinlich. Entsprechendes gilt für eine Schädigung des peripheren Nervensystems. Zwar sind beim Kläger während der gesamten Untersuchung die Großzehen krallenförmig nach ventral abstehend und die Kleinzehen nach unten ballenförmig fixiert geblieben und der Kläger hat im Rollstuhl fixiert sitzend die rechte Hand hierbei klauenartig und die linke Hand im Bereich der Endglieder der Digiti 3 und 4 nach radial fixiert. Allerdings hat sich die Sensibilität im Bereich beider Arme und Beine unauffällig gezeigt und das Vibrationsempfinden im Bereich der Beine ist nur subjektiv eingeschränkt gewesen. Auch der Bauchhautreflex ist auslösbar gewesen. Anhaltspunkte für eine Facialisparese haben - so der Sachverständige weiter - nicht bestanden. Auch hat sich während der Untersuchung kein Halte- oder Intensionstremor der Hände gezeigt. Zwar hat sich eine Reduktion der Muskeleigenreflexe ASR und PSR gezeigt, bei ansonsten erhaltenen Muskeleigenreflexen hat der Sachverständige dies für den Senat nachvollziehbar jedoch als Ausdruck der beim Kläger bestehenden somatoformen Tetraparese gewertet. Die starke Anspannung der Muskulatur hat er in Übereinstimmung mit den bereits 1999 im Klinikum O. beschriebenen Befunden als willkürlich gebahnt angesehen und - ebenso wie auch seinerzeit - eine Schädigung des peripheren Nervensystems, beispielsweise im Sinne einer Polyneuropathie, für unwahrscheinlich erachtet. Insgesamt vermag der Senat damit beim Kläger auch kein Krankheitsbild im Sinne der BK 1310 festzustellen. Ein solches hat im Übrigen auch der auf Antrag des Klägers hinzugezogene Sachverständige Prof. Dr. H. - auf dessen Gutachten sich der Kläger in erster Linie stützt - nicht angenommen und das Vorliegen einer BK Nr. 1310 ausdrücklich verneint.

Soweit Prof. Dr. H. im Gegensatz zu dem Sachverständigen Dr. B. und den von der Beklagten hinzugezogenen Beratungsärzten allerdings das Vorliegen einer BK nach den Nrn. 1101 und 1105 bejaht hat, vermag das Gutachten nicht zu überzeugen. So hat Prof. Dr. H. allein aus der von ihm zu Grunde gelegten beruflichen Belastung mit den insoweit in Rede stehenden Metallen (Bleibelastung im Blut liege mit 140 µg/l am 09.09.1991 und mit 195 µg/l am 08.03.1994 erheblich über der Normgrenze männlicher Durchschnittsbevölkerung; Erhöhung von Mangan sei nachgewiesen, es bestehe eine eindeutige Überschreitung des Referenzwertes, nachgewiesener Wert 2,0 µg/l - Normbereich 0,9 µg/l) und verschiedenen Symptomen (Krampfneigung beider Beine bereits 1995, ab 1996 Zucken in den Mittelfingern, rechts stärker als links, Zittern beider Hände, zunehmendes Nachlassen der Merk- und Konzentrationsfähigkeit, chronische Zahnfleischentzündungen, kolikartige Bauchschmerzen, 1999 Gesichtslähmung links, seit Juni 1999 Bettlägerigkeit) beim Kläger auf eine neurotoxische Schädigung geschlossen, ohne sich im Einzelnen einerseits detailliert mit den jeweiligen Krankheitsbildern zu beschäftigen, die durch eine toxische Schädigung durch Blei bzw. Mangan nach dem Stand der medizinischen Erkenntnisse auftreten können, und andererseits mit den beim Kläger zu diagnostizierenden Gesundheitsstörungen unter Berücksichtigung der dokumentierten Befundsituation. Ein mit solch schwerwiegenden Mängeln behaftetes Gutachten kann nicht Grundlage richterlicher Überzeugung werden.

Soweit der Sachverständige ausgeführt hat, eine ausschließlich monokausale und auf das jeweilige Metall orientierte Bewertung sei nicht sachgerecht, diese müsse die gemeinsame Belastung der drei Schwermetalle (Blei, Mangan, Quecksilber) berücksichtigen, hat er der Sache nach das Vorliegen der BK Nr. 1101 und der BK Nr. 1105 darüber hinaus nur in ihrer Kombinationswirkung bejaht. Zwar kann eine Listen-BK auch dann vorliegen, wenn die in ihrem Tatbestand genannten Einwirkungen nicht nur durch einen bestimmten Stoff schon bei isolierter Betrachtungsweise nur jenen Stoffes die im Einzelnen definierten Voraussetzungen erfüllen, sondern für den Eintritt der Erkrankung mehrere in verschiedenen Tatbeständen der BKV genannte Stoffe nebeneinander als notwendige Bedingung infolge der versicherten Tätigkeit ursächlich waren (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 29.11.2011, B 2 U 26/10 R m.w.N.). Allerdings rechtfertigt allein der Umstand, dass mehrere Stoffe auf den Versicherten eingewirkt haben, nicht zwangsläufig die Annahme, aufgetretene Gesundheitsstörungen seien nunmehr auch tatsächlich auf die Kombinationswirkung dieser Stoffe zurückzuführen. Als Grundlage für die Annahme einer Kombinationswirkung bedarf es vielmehr wissenschaftlich anerkannter Erfahrungssätze, nach denen sich stoffbezogen ein Zusammenhang mit einer konkreten Erkrankung herstellen lässt. Das Vorhandensein solcher wissenschaftlich gesicherter Erkenntnisse, dass nämlich ein Zusammenwirkung der in Rede stehenden Stoffe zu den beim Kläger vorliegenden Erkrankungen führen kann, hat der Sachverständige Dr. B. aber gerade ausdrücklich verneint. Auch Prof. Dr. H. hat nicht dargelegt, welche wissenschaftliche Erkenntnisse es hierzu gibt. Seine Begründung hinsichtlich des von ihm hergestellten Zusammenhangs erschöpft sich weitgehend in der Feststellung, dass eine ausschließlich monokausale auf das jeweilige Metall orientierte Bewertung "nicht sachgerecht" sei. Dies mag für sich betrachtet zwar durchaus zutreffend sein, jedoch rechtfertigt es dieser Umstand, quasi im Umkehrschluss, nicht, die beim Kläger aufgetretenen Erkrankungen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf die berufliche Einwirkung von Blei, Mangan und Quecksilber zurückzuführen. Soweit Prof. Dr. H. im Gutachten unter Benennung von Fachliteratur ausgeführt hat, eine neurotoxische Schädigung von Blei, Mangan und Quecksilber sei anerkannt (Bl. 98 LSG-Akte), trifft dies - wie durch die Aufnahme dieser Metalle in die BKen-Liste auch dokumentiert ist - unzweifelhaft zu. Eine Aussage zur Kombinationswirkung dieser Stoffe lässt sich hieraus aber nicht ableiten.

Soweit Prof. Dr. H. im Gutachten und insbesondere in der ergänzenden Stellungnahme die Auffassung vertritt, das Krankheitsbild des Klägers entspreche einer Langzeitbelastung durch Quecksilber und die neurotoxische Belastung durch Quecksilber stehe im Vordergrund, betrifft dies in erster Linie die bereits bestandskräftig abgelehnte BK Nr. 1102 (Erkrankungen durch Quecksilber) und gerade nicht die allein streitgegenständlichen BKen Nr. 1101, 1105 und 1310.

Insgesamt lassen sich aus dem Gutachten des Prof. Dr. H. damit keine Gesichtspunkte herleiten, die die Richtigkeit des Gutachtens des Dr. B. in Frage stellen könnten. Nach alledem kann die Berufung des Klägers daher keinen Erfolg haben.

Die hilfsweise gestellten Beweisanträge des Klägers lehnt der Senat ab.

Soweit der Kläger die Anhörung des Prof. Dr. H. zu der Frage begehrt, ob bei Einhaltung der Arbeitsstofftoleranzwerte definitionsgemäß nicht von einer Gefährdung der Beschäftigten auszugehen sei, ergibt sich die Antwort auf die insoweit aufgeworfene Frage bereits aus dem Begriff des BAT (= biologischer Arbeitsstofftoleranzwert) selbst. Dieser wird definiert als Richtwert für die höchst zulässige Menge von Arbeitsstoffen bzw. Arbeitsstoffmetaboliten oder die durch sie ausgelöste Abweichung eines sogenannten Beanspruchungsindikators in biologischen Proben, die auch bei regelmäßiger Exposition keine Gesundheitsschäden verursacht. Sie dient der Abschätzung des individuellen Gesundheitsrisikos bei Belastung mit Gefahrstoffen am Arbeitsplatz (vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Aufl., S. 210 f.). Die nach dem Antrag des Klägers an den Sachverständigen zu richtende Frage betrifft damit eine offenkundige, durch allgemeine Quellen leicht zu beantwortende Frage, zu deren Beantwortung es die Anhörung eines medizinischen Sachverständigen nicht bedarf.

Soweit der Kläger die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen zu der Behauptung des Dr. P. begehrt, bei ihm sei arbeitsmedizinisch keine toxikologische Belastung durch Quecksilber, Mangan und Blei in der Einzelsubstanz nachgewiesen, hat sich der Sachverständige zu dieser Problematik bereits geäußert. So hat Prof. Dr. H. auf Seite 27 und 28 seines Gutachtens eine toxikologische Belastung des Klägers durch Blei, Mangan und Quecksilber ausdrücklich bejaht. Da der Sachverständige sich zu der Behauptung des Dr. P. damit bereits gegensätzlich geäußert hat, ist dessen nochmalige Anhörung nicht erforderlich.

Auch zu der Thematik einer additiven Wirkung der genannten Schwermetalle (Beweisfrage 3) hat sich der Sachverständige schon in seinem Gutachten und in seiner ergänzenden Stellungnahme geäußert und eine additive Wirkung ausdrücklich bejaht. Er hat das Vorliegen der BK Nr. 1101 und der BK Nr. 1105 nicht jeweils monokausal, also durch Blei oder seine Verbindungen einerseits und durch Mangan oder seine Verbindungen andererseits, als erfüllt angesehen, sondern ausdrücklich nur mit ihren additiven Wirkungen ("Eine jeweils ausschließlich monokausale Darstellung des Krankheitsgeschehens der Metallbelastung entspricht nicht dem tatsächlichen Sachverhalt. Die Bewertung muss die Mehrfachbelastung der nachgewiesenen Schwermetallbelastungen berücksichtigen", Seite 34 des Gutachtens) und sogar die Belastung durch Quecksilber als im Vordergrund stehend gesehen (Bl. 126 LSG-Akte). Mit diesen Ausführungen hat sich Prof. Dr. H. insoweit eindeutig geäußert und damit evident auch die additive Wirkung der genannten Schwermetalle biologisch für plausibel erachtet. Denn ohne die Zugrundelegung zumindest einer biologischen Plausibilität, entbehrte der von dem Sachverständigen angenommene Kausalzusammenhang jeglicher Grundlage. Da die aufgeworfene Frage von Prof. Dr. H. der Sache nach daher bereits beantwortet ist, ist eine nochmalige Anhörung des Sachverständigen zu dieser Frage nicht erforderlich. Entsprechendes gilt für Beweisfrage 4. Denn aus der dargelegten, von Prof. Dr. H. gezogenen Schlussfolgerung lässt sich zwanglos ableiten, dass er die Mischexposition in der Quantität, wie sie sich unter Zugrundelegung der dokumentierten Blutwerte darstellt, als ausreichend für die Annahme einer Intoxikation durch die in Rede stehenden Schwermetalle ansieht, und insbesondere auch zur Hervorrufung der auftretenden schweren Erkrankung. Die insoweit dargelegte Auffassung beinhaltet gleichzeitig auch eine Aussage zu Beweisfrage 5. Denn nach den Darlegungen des Sachverständigen reichen die gemessenen Belastungswerte mit den in Rede stehenden Stoffen aus, um das beim Kläger vorliegende schwere Krankheitsbild hervorzurufen. Damit ist gleichzeitig auch diese Frage, ob es höherer Messwerte bedurft hätte, um von einer Intoxikation auszugehen, mit "nein" beantwortet. Da sich Prof. Dr. H. damit auch zu diesen Behauptungen des Dr. P. schon gegensätzlich geäußert hat, ist dessen nochmalige Befragung nicht erforderlich.

Bei Beweisfrage 6 handelte es sich letztlich um eine Frage nach den arbeitstechnischen Voraussetzungen, der im vorliegenden Rechtsstreit gar nicht streitgegenständlichen, bereits bestandskräftig abgelehnten BK 1102 (Erkrankungen durch Quecksilber). Ohnehin fällt die Frage nach den tatsächlichen Einwirkungen, denen der Kläger ausgesetzt war, nicht in das von dem Sachverständigen Prof. Dr. H. vertretene medizinische Fachgebiet. Entsprechend sind sachdienliche Ausführungen zu der Frage, ob der Kläger im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit Umgang mit organischen Quecksilberverbindungen hatte und in welchem Umfang, von diesem nicht zu erwarten. Eine ergänzende Anhörung des Prof. Dr. H. ist daher nicht erforderlich und daher abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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