Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 1228/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 4938/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 10. Oktober 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung anstelle der gewährten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Der 1954 geborene Kläger hat eine Lehre als Maschinenschlosser absolviert und war u.a als CNC-Fräser, CNC-Bohrwerksdreher, Leitwärter sowie zuletzt ab 1.4.2008 wieder als CNC-Fräser beschäftigt. Seit 4.5.2009 war er arbeitsunfähig und bezog ab 15.6.2009 Krankengeld.
Am 21.4.2009 beantragte der Kläger, bei dem zunächst ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 festgestellt war und inzwischen ein GdB von 70 und das Merkzeichen G (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) festgestellt sind, wegen einer Polyneuropathie die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte ließ den Kläger vom Arzt für Psychiatrie Dr. Petersdorff untersuchen. Dieser stellte beim Kläger im Gutachten vom 2.9.2009 folgende Diagnosen: Adipositas permagna, Polyneuropathie und Karpaltunnelsyndrom beidseits. Er gelangte zum Ergebnis, dass der Kläger als Maschinenarbeiter täglich noch sechs Stunden und mehr arbeiten sowie mittelschwere Tätigkeiten täglich sechs Stunden und mehr verrichten könne. Die Beklagte gewährte dem Kläger eine stationäre Reha-Maßnahme in der Rehaklinik Schloss B. Die dortigen Ärzte gelangten im Entlassungsbericht vom 28.12.2009 zum Ergebnis, als Zerspanungsmechaniker sei der Kläger nur noch unter drei Stunden täglich einsetzbar. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Zwangshaltungen überwiegend im Sitzen könne der Kläger täglich noch sechs Stunden und mehr verrichten.
Mit Bescheid vom 18.1.2010 lehnte die Beklagte die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ab, da der Kläger die medizinischen Voraussetzungen hierfür nicht erfülle. Der Kläger könne nach ihrer medizinischen Beurteilung noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein. Zwar könne er seinen bisherigen Beruf als CNC-Fräser nicht mehr mindestens sechs Stunden täglich ausüben, er sei jedoch in der Lage, andere Tätigkeiten, die es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gebe, mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Deswegen sei er nicht berufsunfähig und könne auch keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit erhalten.
Auf den Widerspruch des Klägers entschied die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6.5.2010, dass dem Kläger eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren sei. Im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück. Der Kläger sei noch in der Lage, leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne längere Wirbelsäulenzwangshaltungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.
Hiergegen hat der Kläger am 25.5.2010 Klage zum Sozialgericht (SG) Konstanz erhoben, mit der er die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung weiter verfolgt. Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers, den Neurologen und Psychiater Dr. R. sowie den Internisten Dr. E. schriftlich als sachverständige Zeugen gehört (Auskünfte vom 15.9.2010 und 12.10.2010), die leichte Tätigkeiten noch drei bis unter sechs Stunden täglich für zumutbar erachtet haben. Anschließend hat es Dr. H., Arzt für Neurologie und Psychiatrie sowie Sozialmedizin und spezielle Schmerztherapie, mit der Begutachtung des Klägers beauftragt. Dieser hat im Gutachten vom 23.3.2011 beim Kläger eine sensible Polyneuropathie beider Beine, eine Psoriasis vulgaris ohne Gelenkbeteiligung sowie eine Adipositas permagna festgestellt. Er hat ausgeführt, die Beschwerden von Seiten der sensiblen Polyneuropathie wirkten sich auf die Geh- und Stehfähigkeit ungünstig aus. Aufgrund des Lebensalters seien körperliche Schwerarbeiten nicht mehr zumutbar, auch nicht ständig mittelschwere Arbeiten. Zu vermeiden seien auch Tätigkeiten mit ständigem Gehen und Stehen, mit ständigem Heben und Tragen von Lasten, überwiegend im Freien unter Einwirkung von Kälte, Zugluft und Nässe sowie das Steigen auf Leitern und das Treppensteigen. Die Tätigkeit als Zerspanungsmechaniker sei nicht mehr zumutbar. Leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung der qualitativen Leistungseinschränkungen könne der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Er sei auch in der Lage, arbeitstäglich viermal eine Gehstrecke von über 500 m in weniger als 20 Minuten zurückzulegen. Der Kläger, der einen Führerschein besitze und auch kurze Strecken Auto fahre, sei in der Lage, ein Kraftfahrzeug zu führen, dies im Grunde ohne Einschränkung.
Vom 21.6. bis 12.7.2011 befand sich der Kläger zur Rehabilitation in der Birkle-Klinik Ü ... Die dortigen Ärzte nannten im Entlassungsbericht vom 12.7.2011 folgende Diagnosen: Gonarthrose rechts, Implantation einer Knie-Totalendoprothese mit Patellarückflächenersatz am 8.6.2011, Zustand nach Knie-Totalendoprothese links 2005, Polyneuropathie, Psoriasis vulgaris und arterieller Hypertonus. Sie führten aus, als Zerspanungsmechaniker sei der Kläger nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich einsetzbar. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten könne der Kläger nach Abschluss des Heilungsverlaufs täglich sechs Stunden und mehr verrichten. Zu vermeiden seien gehäuftes Heben und Tragen von Lasten über 15 kg, Arbeiten in tief gebeugter oder kniender Stellung, auf Treppen, Leitern und Gerüsten, auf unebenen und vibrierenden Untergründen mit erhöhter Unfallgefahr.
Mit Gerichtsbescheid vom 10.10.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger sei noch Überzeugung des Gerichts nicht voll erwerbsgemindert. Die für die Einschätzung des Leistungsvermögens des Klägers maßgeblichen Erkrankungen lägen auf dem nervenärztlichem und orthopädischem Fachgebiet. Beim Kläger stünden eine Polyneuropathie beider Beine und Kniegelenksbeschwerden im Vordergrund. Daneben bestünden eine Psoriasis vulgaris ohne Gelenkbeteiligung und eine Adipositas permagna. Eine rentenrelevante quantitative, d.h. zeitliche Einschränkung für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt lasse sich aus den Erkrankungen nicht ableiten. Der Kläger könne nach Ansicht des Gerichts zumindest noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden am Tag im Rahmen einer Fünftagewoche ausüben. Zu seiner Überzeugung komme das SG aufgrund des Gutachtens von Dr. H. sowie des im Verwaltungsverfahren von Dr. P. erstellten Gutachtens, welches im Wege des Urkundenbeweises verwertet werde. Den Reha-Entlassungsberichten von 2009 und 2011 lasse sich ebenfalls ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten entnehmen. Die Aussagen der behandelnden Ärzte sei nicht geeignet, das SG von einer Minderung des quantitativen Leistungsvermögens des Klägers zu überzeugen. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen den am 14.10.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 11.11.2011 Berufung eingelegt und vorgetragen, aufgrund der sachverständigen Zeugenaussagen von Dr. E. und Dr. R. gehe er nach wie vor davon aus, dass sein Leistungsvermögen auf unter sechs Stunden täglich abgesunken sei und ihm deshalb die beantragte Rente wegen voller Erwerbsminderung zustehe. Die Nebenwirkungen der eingenommenen Medikamente (Müdigkeit, Schwindel, Gedächtnisverlust, Gleichgewichtsstörungen sowie Konzentrationsschwäche) seien erheblich und wirkten sich auf die zeitliche Leistungsfähigkeit aus. Der Kläger hat ein ärztliches Attest von Dr. R. vom 18.7.2012 vorgelegt, der darin ausführt, wegen des Schmerzsyndroms könne der Kläger nicht über längere Zeit stehen oder gehen. Des Weiteren komme es aufgrund der zur Behandlung der Schmerzsyndroms eingesetzten Medikamente zu einer vermehrten Müdigkeit mit rascher Erschöpfung und beeinträchtigter Konzentrationsfähigkeit.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 10. Oktober 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 18. Januar 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Mai 2010 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert, aus der Berufungsbegründung ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte, die eine Änderung ihres bisherigen Standpunktes zuließen. Sie hat eine ärztliche Stellungnahme des Arztes für Neurologie und Psychiatrie B. vom 13.8.2012 vorgelegt, der u.a. ausführt, angesichts der Tatsache, dass der Kläger die genannten Schmerzmedikamente mit psychotroper Komponente schon zum Begutachtungszeitpunkt von Dr. H. und in der Reha-Klinik Bad B. eingenommen habe und von beiden Stellen keine konzentrativen bzw. relevanten Einschränkungen der Vigilanz (Müdigkeit) beschrieben worden seien, könne der Argumentation von Dr. R. nicht gefolgt werden. Aus nervenärztlich-sozialmedizinischer Sicht sei weiterhin von einem Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden und mehr für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts auszugehen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung anstelle von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung hat.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Rechtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchte Rente wegen voller Erwerbsminderung - § 43 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht besteht, weil der Kläger noch wenigstens sechs Stunden täglich leistungsfähig ist. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zurück.
Ergänzend ist lediglich auszuführen, dass auch der Senat ein Absinken der beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit des Klägers auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich, was zu einer Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit wegen Verschlossenheit des Arbeitsmarktes führen würde, nicht festzustellen vermag. Dies ergibt sich im Wesentlichen aus der Gesamtwürdigung des Gutachtens von Dr. P. vom 2.9.2009, der Reha-Entlassungsberichte vom 28.12.2009 und 12.7.2011 sowie des Sachverständigengutachtens von Dr. H. vom 23.3.2011 und der beratungsärztlichen Stellungnahme des Neurologen und Psychiaters B. vom 13.8.2012, die als qualifiziertes Beteiligtenvorbringen zu werten ist.
Wegen der Polyneuropathie und Implantation der Knie-Totalendoprothesen (rechts am 8.6.2011 und links 2005) kann der Kläger zwar keine schweren und ständig mittelschweren Tätigkeiten, keine Arbeiten mit ständigem Stehen und Gehen, in tief gebeugter oder kniender Stellung, mit Heben und Tragen schwerer Lasten sowie mit Steigen auf Leitern und Gerüsten und mit Treppensteigen sowie unter Einwirkung von Kälte, Zugluft und Nässe mehr verrichten. Er ist jedoch aus gesundheitlichen Gründen nicht gehindert, körperlich leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen mindestens sechs Stunden täglich auszuüben.
Ein Herabsinken des Leistungsvermögens auf unter sechs Stunden täglich für leichte körperliche Tätigkeiten aufgrund der Nebenwirkungen von Medikamenten (vermehrte Müdigkeit mit rascher Erschöpfung, beeinträchtigte Konzentrationsfähigkeit) haben weder Dr. Petersdorf noch die Ärzte der Schlossklinik Bad Buchau und auch nicht Dr. Hausotter festgestellt, obwohl der Kläger insbesondere gegenüber den Ärzten der Rehaklinik Bad B. als auch gegenüber Dr. H. die Medikamenteneinnahme und die Nebenwirkungen geschildert hat. Da diese Ärzte keine gravierenden konzentrativen Beeinträchtigungen bzw. relevanten Einschränkungen der Vigilanz beschrieben haben, vermag der Senat eine dadurch bedingte quantitative Leistungseinschränkung nicht festzustellen. Auch der vom Kläger gegenüber Dr. H. beschriebene Tagesablauf (Aufstehen zwischen 7:30 Uhr und 8:00 Uhr, Frühstücken, vormittags mit dem Bus in die Stadt fahren zum Einkaufen, nachmittags Spielen mit dem Enkel, abends Fernsehen) sowie seine in der Schlossklinik Bad B. genannten Hobbys (Modelleisenbahn und PC) und die dort durchgeführte Belastungserprobung belegen keine quantitative Leistungseinschränkung für körperlich leichte überwiegend sitzende Tätigkeiten.
Nach alledem war der angefochtene Gerichtsbescheid des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung anstelle der gewährten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Der 1954 geborene Kläger hat eine Lehre als Maschinenschlosser absolviert und war u.a als CNC-Fräser, CNC-Bohrwerksdreher, Leitwärter sowie zuletzt ab 1.4.2008 wieder als CNC-Fräser beschäftigt. Seit 4.5.2009 war er arbeitsunfähig und bezog ab 15.6.2009 Krankengeld.
Am 21.4.2009 beantragte der Kläger, bei dem zunächst ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 festgestellt war und inzwischen ein GdB von 70 und das Merkzeichen G (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) festgestellt sind, wegen einer Polyneuropathie die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte ließ den Kläger vom Arzt für Psychiatrie Dr. Petersdorff untersuchen. Dieser stellte beim Kläger im Gutachten vom 2.9.2009 folgende Diagnosen: Adipositas permagna, Polyneuropathie und Karpaltunnelsyndrom beidseits. Er gelangte zum Ergebnis, dass der Kläger als Maschinenarbeiter täglich noch sechs Stunden und mehr arbeiten sowie mittelschwere Tätigkeiten täglich sechs Stunden und mehr verrichten könne. Die Beklagte gewährte dem Kläger eine stationäre Reha-Maßnahme in der Rehaklinik Schloss B. Die dortigen Ärzte gelangten im Entlassungsbericht vom 28.12.2009 zum Ergebnis, als Zerspanungsmechaniker sei der Kläger nur noch unter drei Stunden täglich einsetzbar. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Zwangshaltungen überwiegend im Sitzen könne der Kläger täglich noch sechs Stunden und mehr verrichten.
Mit Bescheid vom 18.1.2010 lehnte die Beklagte die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ab, da der Kläger die medizinischen Voraussetzungen hierfür nicht erfülle. Der Kläger könne nach ihrer medizinischen Beurteilung noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein. Zwar könne er seinen bisherigen Beruf als CNC-Fräser nicht mehr mindestens sechs Stunden täglich ausüben, er sei jedoch in der Lage, andere Tätigkeiten, die es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gebe, mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Deswegen sei er nicht berufsunfähig und könne auch keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit erhalten.
Auf den Widerspruch des Klägers entschied die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6.5.2010, dass dem Kläger eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren sei. Im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück. Der Kläger sei noch in der Lage, leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne längere Wirbelsäulenzwangshaltungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.
Hiergegen hat der Kläger am 25.5.2010 Klage zum Sozialgericht (SG) Konstanz erhoben, mit der er die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung weiter verfolgt. Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers, den Neurologen und Psychiater Dr. R. sowie den Internisten Dr. E. schriftlich als sachverständige Zeugen gehört (Auskünfte vom 15.9.2010 und 12.10.2010), die leichte Tätigkeiten noch drei bis unter sechs Stunden täglich für zumutbar erachtet haben. Anschließend hat es Dr. H., Arzt für Neurologie und Psychiatrie sowie Sozialmedizin und spezielle Schmerztherapie, mit der Begutachtung des Klägers beauftragt. Dieser hat im Gutachten vom 23.3.2011 beim Kläger eine sensible Polyneuropathie beider Beine, eine Psoriasis vulgaris ohne Gelenkbeteiligung sowie eine Adipositas permagna festgestellt. Er hat ausgeführt, die Beschwerden von Seiten der sensiblen Polyneuropathie wirkten sich auf die Geh- und Stehfähigkeit ungünstig aus. Aufgrund des Lebensalters seien körperliche Schwerarbeiten nicht mehr zumutbar, auch nicht ständig mittelschwere Arbeiten. Zu vermeiden seien auch Tätigkeiten mit ständigem Gehen und Stehen, mit ständigem Heben und Tragen von Lasten, überwiegend im Freien unter Einwirkung von Kälte, Zugluft und Nässe sowie das Steigen auf Leitern und das Treppensteigen. Die Tätigkeit als Zerspanungsmechaniker sei nicht mehr zumutbar. Leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung der qualitativen Leistungseinschränkungen könne der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Er sei auch in der Lage, arbeitstäglich viermal eine Gehstrecke von über 500 m in weniger als 20 Minuten zurückzulegen. Der Kläger, der einen Führerschein besitze und auch kurze Strecken Auto fahre, sei in der Lage, ein Kraftfahrzeug zu führen, dies im Grunde ohne Einschränkung.
Vom 21.6. bis 12.7.2011 befand sich der Kläger zur Rehabilitation in der Birkle-Klinik Ü ... Die dortigen Ärzte nannten im Entlassungsbericht vom 12.7.2011 folgende Diagnosen: Gonarthrose rechts, Implantation einer Knie-Totalendoprothese mit Patellarückflächenersatz am 8.6.2011, Zustand nach Knie-Totalendoprothese links 2005, Polyneuropathie, Psoriasis vulgaris und arterieller Hypertonus. Sie führten aus, als Zerspanungsmechaniker sei der Kläger nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich einsetzbar. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten könne der Kläger nach Abschluss des Heilungsverlaufs täglich sechs Stunden und mehr verrichten. Zu vermeiden seien gehäuftes Heben und Tragen von Lasten über 15 kg, Arbeiten in tief gebeugter oder kniender Stellung, auf Treppen, Leitern und Gerüsten, auf unebenen und vibrierenden Untergründen mit erhöhter Unfallgefahr.
Mit Gerichtsbescheid vom 10.10.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger sei noch Überzeugung des Gerichts nicht voll erwerbsgemindert. Die für die Einschätzung des Leistungsvermögens des Klägers maßgeblichen Erkrankungen lägen auf dem nervenärztlichem und orthopädischem Fachgebiet. Beim Kläger stünden eine Polyneuropathie beider Beine und Kniegelenksbeschwerden im Vordergrund. Daneben bestünden eine Psoriasis vulgaris ohne Gelenkbeteiligung und eine Adipositas permagna. Eine rentenrelevante quantitative, d.h. zeitliche Einschränkung für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt lasse sich aus den Erkrankungen nicht ableiten. Der Kläger könne nach Ansicht des Gerichts zumindest noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden am Tag im Rahmen einer Fünftagewoche ausüben. Zu seiner Überzeugung komme das SG aufgrund des Gutachtens von Dr. H. sowie des im Verwaltungsverfahren von Dr. P. erstellten Gutachtens, welches im Wege des Urkundenbeweises verwertet werde. Den Reha-Entlassungsberichten von 2009 und 2011 lasse sich ebenfalls ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten entnehmen. Die Aussagen der behandelnden Ärzte sei nicht geeignet, das SG von einer Minderung des quantitativen Leistungsvermögens des Klägers zu überzeugen. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen den am 14.10.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 11.11.2011 Berufung eingelegt und vorgetragen, aufgrund der sachverständigen Zeugenaussagen von Dr. E. und Dr. R. gehe er nach wie vor davon aus, dass sein Leistungsvermögen auf unter sechs Stunden täglich abgesunken sei und ihm deshalb die beantragte Rente wegen voller Erwerbsminderung zustehe. Die Nebenwirkungen der eingenommenen Medikamente (Müdigkeit, Schwindel, Gedächtnisverlust, Gleichgewichtsstörungen sowie Konzentrationsschwäche) seien erheblich und wirkten sich auf die zeitliche Leistungsfähigkeit aus. Der Kläger hat ein ärztliches Attest von Dr. R. vom 18.7.2012 vorgelegt, der darin ausführt, wegen des Schmerzsyndroms könne der Kläger nicht über längere Zeit stehen oder gehen. Des Weiteren komme es aufgrund der zur Behandlung der Schmerzsyndroms eingesetzten Medikamente zu einer vermehrten Müdigkeit mit rascher Erschöpfung und beeinträchtigter Konzentrationsfähigkeit.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 10. Oktober 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 18. Januar 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Mai 2010 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert, aus der Berufungsbegründung ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte, die eine Änderung ihres bisherigen Standpunktes zuließen. Sie hat eine ärztliche Stellungnahme des Arztes für Neurologie und Psychiatrie B. vom 13.8.2012 vorgelegt, der u.a. ausführt, angesichts der Tatsache, dass der Kläger die genannten Schmerzmedikamente mit psychotroper Komponente schon zum Begutachtungszeitpunkt von Dr. H. und in der Reha-Klinik Bad B. eingenommen habe und von beiden Stellen keine konzentrativen bzw. relevanten Einschränkungen der Vigilanz (Müdigkeit) beschrieben worden seien, könne der Argumentation von Dr. R. nicht gefolgt werden. Aus nervenärztlich-sozialmedizinischer Sicht sei weiterhin von einem Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden und mehr für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts auszugehen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung anstelle von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung hat.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Rechtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchte Rente wegen voller Erwerbsminderung - § 43 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht besteht, weil der Kläger noch wenigstens sechs Stunden täglich leistungsfähig ist. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zurück.
Ergänzend ist lediglich auszuführen, dass auch der Senat ein Absinken der beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit des Klägers auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich, was zu einer Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit wegen Verschlossenheit des Arbeitsmarktes führen würde, nicht festzustellen vermag. Dies ergibt sich im Wesentlichen aus der Gesamtwürdigung des Gutachtens von Dr. P. vom 2.9.2009, der Reha-Entlassungsberichte vom 28.12.2009 und 12.7.2011 sowie des Sachverständigengutachtens von Dr. H. vom 23.3.2011 und der beratungsärztlichen Stellungnahme des Neurologen und Psychiaters B. vom 13.8.2012, die als qualifiziertes Beteiligtenvorbringen zu werten ist.
Wegen der Polyneuropathie und Implantation der Knie-Totalendoprothesen (rechts am 8.6.2011 und links 2005) kann der Kläger zwar keine schweren und ständig mittelschweren Tätigkeiten, keine Arbeiten mit ständigem Stehen und Gehen, in tief gebeugter oder kniender Stellung, mit Heben und Tragen schwerer Lasten sowie mit Steigen auf Leitern und Gerüsten und mit Treppensteigen sowie unter Einwirkung von Kälte, Zugluft und Nässe mehr verrichten. Er ist jedoch aus gesundheitlichen Gründen nicht gehindert, körperlich leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen mindestens sechs Stunden täglich auszuüben.
Ein Herabsinken des Leistungsvermögens auf unter sechs Stunden täglich für leichte körperliche Tätigkeiten aufgrund der Nebenwirkungen von Medikamenten (vermehrte Müdigkeit mit rascher Erschöpfung, beeinträchtigte Konzentrationsfähigkeit) haben weder Dr. Petersdorf noch die Ärzte der Schlossklinik Bad Buchau und auch nicht Dr. Hausotter festgestellt, obwohl der Kläger insbesondere gegenüber den Ärzten der Rehaklinik Bad B. als auch gegenüber Dr. H. die Medikamenteneinnahme und die Nebenwirkungen geschildert hat. Da diese Ärzte keine gravierenden konzentrativen Beeinträchtigungen bzw. relevanten Einschränkungen der Vigilanz beschrieben haben, vermag der Senat eine dadurch bedingte quantitative Leistungseinschränkung nicht festzustellen. Auch der vom Kläger gegenüber Dr. H. beschriebene Tagesablauf (Aufstehen zwischen 7:30 Uhr und 8:00 Uhr, Frühstücken, vormittags mit dem Bus in die Stadt fahren zum Einkaufen, nachmittags Spielen mit dem Enkel, abends Fernsehen) sowie seine in der Schlossklinik Bad B. genannten Hobbys (Modelleisenbahn und PC) und die dort durchgeführte Belastungserprobung belegen keine quantitative Leistungseinschränkung für körperlich leichte überwiegend sitzende Tätigkeiten.
Nach alledem war der angefochtene Gerichtsbescheid des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved