Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 3060/11 KL
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen. Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Erteilung einer aufsichtsbehördlichen Genehmigung gem. § 81 Abs.1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) für eine Satzungsänderung.
Der Beklagte ist die für die Sozialversicherung zuständige oberste Verwaltungsbehörde des Landes Baden-Württemberg und führt gemäß § 78 Abs. 1 SGB V die Aufsicht über die K. V. Die Klägerin ist die für den Bereich des Landes Baden-Württemberg zuständige K. V. (§ 77 Abs. 1 SGB V). Die Aufgaben und Befugnisse von Vertreterversammlung und hauptamtlichem Vorstand (§ 79 Abs. 1 SGB V) sind in §§ 7 und 10 der Satzung der Klägerin (im Folgenden: Satzung) geregelt.
Die §§ 7 und 10 der Satzung hatten vor der streitigen Satzungsänderung (soweit hier von Belang) folgenden Wortlaut:
§ 7 Aufgaben und Befugnisse der Vertreterversammlung
1. Der Beschlussfassung durch die Vertreterversammlung sind neben allen sonstigen durch Gesetz oder Satzung übertragenen Aufgaben insbesondere vorbehalten: ... h) Entscheidungen, die für die Körperschaft von grundsätzlicher Bedeutung sind. Dazu gehören insbesondere Grundsatzentscheidungen wie:
aa) Einführung oder Veränderung bestimmter zahnärztlicher Versorgungsstrukturen (z. B. Notfall- und Bereitschaftsdienst),
bb) Einführung bestimmter Strukturen der Qualitätssicherung (z. B. Qualitätszirkel)
§ 10 Aufgaben und Befugnisse des Vorstands ... 5. Dem Vorstand obliegt insbesondere ...
e) der Abschluss, die Änderung und Kündigung folgender Verträge:
aa) Gesamtverträge gem. § 83 SGB V bb) Honorarverteilungsvereinbarungen gem. § 85 Abs. 4 SGB V
Vor allen Vertragsabschlüssen, Entscheidungen und Maßnahmen nach Buchst e) soll der Landesbeirat gehört werden.
6. Der Abschluss von Gesamtverträgen, die Einstellung von leitenden Angestellten und die Vornahme von Rechtshandlungen, die am Haushaltsplan gemessen über- oder außerplanmäßige Aufwendungen darstellen, sind durch die Vertreterversammlung zu genehmigen.
Am 26.6.2010 fasste die Vertreterversammlung der Klägerin einen Beschluss (u.a.) zur Änderung der §§ 7 und 10 der Satzung. Die Satzungsänderung betrifft den Abschluss von Einzelverträgen (Selektivverträgen) gem. § 73c Abs. 3. SGB V. Sie sieht hierfür einen Genehmigungsvorbehalt der Vertreterversammlung vor. Die §§ 7 und 10 der Satzung sollten (soweit hier von Belang) wie folgt geändert werden (Änderungen in Kursiv- und Fettdruck):
§ 7 Aufgaben und Befugnisse der Vertreterversammlung
1. Der Beschlussfassung durch die Vertreterversammlung sind neben allen sonstigen durch Gesetz oder Satzung übertragenen Aufgaben insbesondere vorbehalten: ... h) Entscheidungen, die für die Körperschaft von grundsätzlicher Bedeutung sind. Dazu gehören insbesondere Grundsatzentscheidungen wie die Einführung oder Veränderung von
aa) bestimmten zahnärztlichen Versorgungsstrukturen (z. B. Notfall- und Bereitschaftsdienst),
bb) bestimmten Strukturen der Qualitätssicherung (z. B. Qualitätszirkel)
cc) Eckpunkten in der Vertragspolitik (z. B. Einzelverträge nach § 73c Abs. 3 SGB V)
§ 10 Aufgaben und Befugnisse des Vorstands ... 5. Dem Vorstand obliegt insbesondere ...
e) der Abschluss, die Änderung und Kündigung folgender Verträge:
aa) Gesamtverträge gem. § 83 SGB V bb) Honorarverteilungsvereinbarungen gem. § 85 Abs. 4 SGB V cc) Einzelverträgen nach § 73c Abs. 3 SGB V.
Vor allen Vertragsabschlüssen, Entscheidungen und Maßnahmen nach Buchst e) soll der Landesbeirat gehört werden.
6. Der Abschluss von Gesamtverträgen und Einzelverträgen nach § 73c Abs. 3 SGB V, die Einstellung von leitenden Angestellten und die Vornahme von Rechtshandlungen, die am Haushaltsplan gemessen über- oder außerplanmäßige Aufwendungen darstellen, sind durch die Vertreterversammlung zu genehmigen.
Mit Schreiben vom 14.7.2010 beantragte die Klägerin beim Beklagten (M. für A. und S.) die Erteilung einer Satzungsgenehmigung (§ 81 Abs. 1 Satz 2 SGB V) – u. a. – für die genannten Änderungen der §§ 7 und 10 der Satzung. In der Vorkorrespondenz (Schreiben vom 11.06.2010) hatte sie die Auffassung vertreten, sowohl substituierende Verträge als auch add-on Verträge hätten grundsätzliche Bedeutung für die nicht eingeschriebenen Zahnärzte, weswegen stets eine Zuständigkeit der Vertreterversammlung gegeben sei. Außerdem sei eine klare Abgrenzung zwischen diesen Vertragstypen nicht möglich, sodass viele Streitfragen und unklare Vertragslagen bei Genehmigung der Satzungsänderung vermieden werden könnten.
Mit Schreiben vom 21.7.2010 erteilte der Beklagte (M. für A. und S.) die Satzungsgenehmigung für die Änderung des § 7 Abs. 1h und des § 10 Abs. 5e, cc. Die Erteilung der Satzungsgenehmigung für die Änderung des § 10 Abs. 6 der Satzung wurde abgelehnt. Zur Begründung führte die Behörde aus, die genannte Satzungsänderung sei nicht genehmigungsfähig, weil mit ihr die organschaftlichen Rechte der Vertreterversammlung überschritten und zugleich die organschaftlichen Rechte des Vorstandes unzulässig eingeschränkt würden. Gem. § 79 Abs. 5 Satz 1 SGB V verwalte der Vorstand die Klägerin und vertrete sie gerichtlich und außergerichtlich. Damit habe der Gesetzgeber die Kompetenzen für Vertragsabschlüsse grundsätzlich dem Vorstand zugewiesen. Der Vertreterversammlung stehe ihm gegenüber ein allgemeines und umfassendes Weisungsrecht nicht zu. Die Kompetenzen des Vorstandes könnten gem. § 79 Abs. 5 Satz 1 SGB V nur durch Gesetz oder sonstiges Recht eingeschränkt werden. Auch wenn man Satzungsrecht als sonstiges Recht i. S. d. § 79 Abs. 5 Satz 1 SGB V einstufen wollte, dürften jedenfalls die gesetzlichen Zuständigkeiten des Vorstands nicht ausgehöhlt werden. Schon die Änderungen des § 7h cc, mit denen der Vertreterversammlung die Bestimmung von Eckpunkten der Vertragspolitik, auch hinsichtlich der Einzelverträge nach § 73c Abs. 3 SGB V, übertragen werde, und die in § 10 Abs. 5e, cc vorgesehene Einbindung des Landesbeirats vor dem Abschluss von Einzelverträgen stellten ein weit reichendes Instrumentarium zur Kontrolle des Vorstandes dar. Dieses Instrumentarium sei geeignet und erforderlich, um die berechtigten Interessen der Vertreterversammlung zu wahren. Demgegenüber sei ein (zusätzlicher) Genehmigungsvorbehalt für alle Einzelverträge nach § 73c SGB V unabhängig von deren (grundsätzlicher) Bedeutung nicht erforderlich und daher unverhältnismäßig. Die gesetzlichen Kompetenzen des Vorstandes würden dadurch unzulässig eingeschränkt. Hinsichtlich der Frage, ob eine Angelegenheit grundsätzliche Bedeutung habe oder nicht, stehe der Vertreterversammlung zwar ein weites Ermessen zu. Gleichwohl müssten objektivierende Anforderungen gestellt werden; es komme darauf an, in welchem Maße der jeweilige Einzelvertrag das Mitgliedschaftsverhältnis der einzelnen Zahnärztinnen und Zahnärzte betreffe. Ob deren Rechte und Pflichten grundlegend berührt würden, hänge von den konkreten Vertragsabreden im Einzelfall ab. Die Praxis belege, dass Verträge nach § 73c SGB V abgeschlossen werden könnten, denen - im Hinblick auf die Auswirkungen für die Mitglieder der Klägerin - keine grundlegende Bedeutung zukomme, da sie weder zusätzliche Pflichten begründeten noch Auswirkungen auf Honoraransprüche hätten. Ein Genehmigungsvorbehalt für solche Verträge liege nicht mehr in der Einschätzungsprärogative der Vertreterversammlung. Dem Schreiben war eine Rechtsbehelfsbelehrung nicht beigefügt.
Am 27.5.2011 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Stuttgart. Mit Beschluss vom 11.7.2011 erklärte sich das Sozialgericht für instanziell nicht zuständig und verwies den Rechtsstreit an das Landessozialgericht Baden-Württemberg.
Die Klägerin trägt vor, der Beklagte hätte (auch) die Änderung des § 10 Abs. 6 der Satzung genehmigen müssen. Diese Vorschrift sei rechtsgültig. Die Verwaltungskompetenz des Vorstands nach § 79 Abs. 5 Satz 1 SGB V stehe unter dem Vorbehalt anderweitiger Regelung durch Gesetz oder sonstiges Recht, wozu auch das Satzungsrecht der Klägerin gehöre. Damit habe der Gesetzgeber die "Kompetenz-Kompetenz", also die Befugnis, über die Zuständigkeitsverteilung zu entscheiden, weitgehend der Vertreterversammlung zugewiesen. Diese könne durch Satzungsrecht Kompetenzen an sich ziehen, indem sie den Zuständigkeitsbereich des Vorstands entsprechend einschränke (vgl. Krauskopf in: Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 79 SGB V Rdnr. 22; Kaltenborn, GesR 2008, 337, 338). Diese "Kompetenz-Kompetenz" der Vertreterversammlung folge auch aus ihrer Kompetenz für Grundsatzentscheidungen nach § 79 Abs. 1 Nr. 3 SGB V (vgl. KassKomm/Hess, SGB V § 79 Rdnr. 16). Freilich müssten dem Vorstand als dem Hauptverwaltungsorgan in jedem Fall substanzielle eigene Entscheidungsbefugnisse erhalten bleiben; er dürfe durch Satzungsrecht an der ordnungsgemäßen Wahrnehmung seiner Verwaltungsaufgaben nicht nachhaltig gehindert werden (vgl. Hencke in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 79 Rdnr. 11; Kaltenborn GesR 2008, 337, 339).
Hinsichtlich der Einzelverträge nach § 73 c SGB V müssten Verträge, die das Gesamtvertragssystem nur ergänzten ("add-on-Verträge"), von Verträgen, die das Gesamtvertragssystem substituierten, unterschieden werden (vgl. das Positionspapier zur strategischen Ausrichtung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg im Vertragswettbewerb vom 21.1.2011 (Positionspapier), S. 19). Soweit sie (die Klägerin) Vertragspartner von Einzelverträgen sei, werde es sich überwiegend um substituierende Verträge und nicht nur um eher wenig bedeutsame add-on-Verträge handeln. Der Vertreterversammlung könne die Kompetenz zum Vertragsschluss (selbst) zwar nicht zugewiesen werden. Im Hinblick auf die "Kompetenz-Kompetenz" der Vertreterversammlung erscheine es aber zulässig, ihr die Genehmigung eines vom Vorstand abgeschlossenen Vertrags vorzubehalten. Dafür spreche auch die Überwachungsbefugnis der Vertreterversammlung. Der gesetzlichen Aufgabenabgrenzung zwischen Vorstand und Vertreterversammlung werde so ausreichend Rechnung getragen (vgl. Kaltenborn. GesR 2008, 337, 343), weil dem Vorstand der Abschluss von Einzelverträgen belassen werde. Da der Inhalt solcher Verträge ihre (der Klägerin) "Politik" bei der strategischen Ausrichtung im Vertragswettbewerb berühren könne und eine hinreichend sichere Abgrenzung zwischen (bloßen) add-on-Verträgen und substituierenden Verträgen nicht möglich sei, erscheine es mit Rücksicht auf die weitreichenden Auswirkungen, die jeder Einzelvertrag im Prinzip für ihre Mitglieder haben könne, sachgerecht, solche Verträge nur vorbehaltlich der Genehmigung durch die Vertreterversammlung wirksam werden zu lassen.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten (M. für A. und S.) unter Abänderung des Bescheids vom 21.7.2010 zu verurteilen, für die von ihrer (der Klägerin) Vertreterversammlung am 26.6.2010 beschlossene Änderung des § 10 Abs. 6 ihrer Satzung (Genehmigungsvorbehalt zugunsten der Vertreterversammlung für Einzelverträge nach § 73c Abs. 3 SGB V) eine Satzungsgenehmigung gem. § 81 Abs. 1 Satz 2 SGB V zu erteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, der in § 10 Abs. 6 der Satzung (n.F.) vorgesehen Genehmigungsvorbehalt der Vertreterversammlung für Einzelverträge beschneide in unzulässiger Weise die gesetzliche Verwaltungskompetenz des Vorstands. "Verwalten" in diesem Sinne sei umfassend zu verstehen und erstrecke sich nicht nur auf die internen, für einen geordneten Geschäftsablauf erforderlichen Maßnahmen, sondern auch auf die nach außen wirkende Tätigkeit der Körperschaft, insbesondere die Beziehungen zu den Krankenkassen und ihren Verbänden sowie die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung (vgl. Krauskopf in: Krauskopf Soziale Krankenversicherung / Pflegeversicherung, § 79 SGB V Rdnr. 31). Der Abschluss von Einzelverträgen nach § 73c SGB V stelle unzweifelhaft Verwaltungshandeln dar. Das Satzungsrecht dürfe die gesetzliche Aufgabenverteilung zwischen Vertreterversammlung und Vorstand nicht erheblich verändern, insbesondere die Verwaltungskompetenz des Vorstands nicht aushöhlen (Krauskopf, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 79 SGB V Rdnr. 32; Kaltenborn, GesR 2008, 337, 338). Es sei nicht zulässig, Angelegenheiten der laufenden Verwaltungstätigkeit oder Vertragsangelegenheiten, die die Körperschaft nicht tiefgreifend berührten, zu Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung "aufzubauschen" (vgl. Kaltenborn, GesR 2008, 337, 342; Kremer/Wittmann, in: Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht § 79 Anm. 8 LZ C 79-14).
Die Befugnis zum Abschluss von Verträgen gehöre zur Verwaltungskompetenz des Vorstands. Die Vertreterversammlung dürfe insoweit nur allgemeine Leitlinien vorgeben (Kre-mer/Wittmann, in: Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht § 79 Anm. 8 LZ C 79-14); sie dürfe das operative Geschäft des Vorstands - z.B. im Rahmen der Teilnahme an Einzelverträgen (§§ 73b, 73c) - nicht mit Hilfe ihrer "Kompetenz-Kompetenz" an sich ziehen (Vahldiek, in: Hauck/Noftz, SGB V, K § 79 Rdnr. 7; Kremer/Wittmann, in: Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht § 79 Anm. 8 LZ C 79-14). Dies gelte umso mehr, als bei solchen Vertragsabschlüssen strukturelle Interessenkonflikte unter den Mitgliedern der Vertreterversammlung bestünden. Eine "Mitverwaltung" durch die Vertreterversammlung dürfe nicht ein Ausmaß annehmen, das dem Vorstand die Ausübung seiner Verwaltungsausgaben unmöglich mache (Kaltenborn, GesR 2008, 337, 343; Kremer/Wittmann, in: Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht § 79 Anm. 8 LZ C 79-14 m.w.N.).
Der Vertreterversammlung bleibe unbenommen, dem Vorstand durch Leitlinien inhaltliche Vorgaben für den Abschluss von Einzelverträgen zu machen. Dem entspreche die genehmigte Satzungsregelung in § 7h cc, wonach die Verabschiedung von Eckpunkten in der Vertragspolitik (z.B. bei Einzelverträgen nach § 73c Abs. 3 SGB V) der Beschlussfassung durch die Vertreterversammlung vorbehalten sei. Ein allgemeiner Genehmigungsvorbehalt für alle Einzelverträge ohne Ausnahme gehe darüber hinaus und entziehe dem Vorstand substantielle Entscheidungsbefugnisse. Die Verwaltungskompetenz des Vorstands werde auf eine reine Vertragsabschlusskompetenz reduziert.
Aus der Befugnis der Vertreterversammlung zur Überwachung des Vorstands (§ 79 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB V) folge nichts anderes. Aufgrund der Überwachungskompetenz müsse sich die Vertreterversammlung darüber informieren, ob der Vorstand seine Aufgaben ordnungsgemäß erledige. Dem diene das Einsichts- und Prüfrecht der Vertreterversammlung nach § 79 Abs. 3 Satz 2 SGB V und die Berichtspflicht des Vorstands gem. § 79 Abs. 6 Satz 1 i. V. m. § 35a Abs. 2 SGB V. Der Überwachungsbefugnis der Vertreterversammlung werde dadurch Rechnung getragen, dass der Landesbeirat vor allen Vertragsabschlüssen anzuhören sei (§ 10 Nr. 5e cc der Satzung). Ein allgemeiner Genehmigungsvorbehalt für Einzelverträge sei von der Überwachungsbefugnis indessen nicht gedeckt. Folgte man der Auffassung der Klägerin, ließen sich letztlich für alle Aufgaben des Vorstands unter Hinweis auf eine potentiell grundsätzliche Bedeutung der Angelegenheit bzw. unter Verweis auf die Überwachungsbefugnis der Vertreterversammlung Zustimmungs- oder Genehmigungsvorbehalte einführen.
Auf Anforderung des Senats hat die Klägerin das Ergebnisprotokoll über die Sitzung der Vertreterversammlung am 25. und 26. 2010, das Positionspapier zur strategischem Ausrichtung der Klägerin sowie die bereits abgeschlossenen Verträge der Klägerin nach § 73c Abs. 3 SGB V vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten des Beklagten und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Klage ist zulässig. Offen bleiben kann, ob es sich bei ihr um eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) oder um eine Aufsichtsklage (§ 54 Abs. 3 SGG) handelt. Auch mit der Aufsichtsklage kann die Vornahme einer begünstigenden Aufsichtsanordnung, nämlich die Erteilung der beantragten Genehmigung begehrt werden, wenn die Aufsichtsbehörde diese abgelehnt hat, und der Versicherungsträger geltend macht, dass er auf Vornahme dieses Aktes einen Rechtsanspruch habe (BSG, Urt. v. 19.9.2007, - B 1 A 4/06 R -). Die erstinstanzliche Zuständigkeit des Landessozialgerichts folgt aus § 29 Abs. 2 Nr. 2 SGG (Zuständigkeit für Aufsichtsangelegenheiten gegenüber Trägern der Sozialversicherung).
Bei der mit dem Schreiben des Beklagten vom 21.7.2010 ausgesprochenen Ablehnung der beantragten Genehmigung einer Satzungsänderung handelt es sich um einen Verwaltungsakt. Eines Vorverfahrens bedurfte es vor Erhebung der Aufsichtsklage gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht (BSG v. 17.8.2011 - B 6 KA 32/10 R - Juris Rn 16). Die Klage ist auch rechtzeitig erhoben worden. Da dem Schreiben des Beklagten vom 21.7.2010 eine Rechtsmittelbelehrung nicht beigefügt war, verlängert sich die Frist zur Klageerhebung gemäß § 66 Abs. 2 SGG auf ein Jahr. Diese Frist ist mit der beim Sozialgericht Stuttgart am 27.05.2011 eingegangenen Klage gewahrt worden. Dass das Sozialgericht Stuttgart instanziell unzuständig war, ist gem. § 91 SGG für die Fristwahrung unerheblich.
Der Senat hat in gemischter Besetzung mit einem ehrenamtlichen Richter aus dem Kreis der Zahnärzte und einem ehrenamtlichen Richter aus dem Kreis der Krankenkassen entschieden. Der Rechtsstreit betriff eine Angelegenheit des Vertrags(zahn)arztrechts und nicht nur eine Angelegenheit der Vertrags(zahn)ärzte. Ist die Abgrenzung zweifelhaft, ist in gemischter Besetzung zu entscheiden (BSGE 67,41,42; BSG v. 25.11.1998 - B 6 KA 4/98 R - vgl. auch Wenner, Die Besetzung der Kammern und Senate in Streitverfahren, NZS 1999, S. 172,175). Der vorliegende Rechtsstreit betrifft nur vordergründig die Abgrenzung der Zuständigkeiten von Vorstand und Vertreterversammlung der Klägerin. Sein Ergebnis hat Auswirkungen auf die Handlungs- und Abschlussfähigkeit der Klägerin in Bezug auf Selektivverträge. Können nach den Vorstellungen des Gesetzgebers mit systemverändernden Selektivverträgen dezentrale, innovative Systemerweiterungen geregelt werden, so sind von dem Nichtabschluss bzw. dem verzögerten Abschuss solcher Verträge nicht nur die Zahnärzte, sondern auch die Krankenkassen und gesetzlich Krankenversicherten betroffen. Dies rechtfertigt eine Entscheidung in gemischter Besetzung.
II. Die Klage ist nicht begründet. Der Beklagte (M. für A. und S.), der gem. § 78 Abs. 1 SGB V die Aufsicht über die Klägerin führt, hat die Erteilung einer Satzungsgenehmigung für die Änderung des § 10 Abs. 6 der Satzung der Klägerin im Bescheid vom 21.7.2010 zu Recht versagt. Der in der genannten Satzungsvorschrift vorgesehene Genehmigungsvorbehalt zugunsten der Vertreterversammlung der Klägerin für (alle) Einzelverträge nach § 73c Abs. 3 SGB V schränkt die gesetzlichen Kompetenzen des Vorstands rechtswidrig ein.
1.) Gem. § 81 Abs. 1 Satz 2 SGB V bedarf die Satzung einer Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung der Genehmigung der Aufsichtsbehörde (zur Anwendung der §§ 77 ff. SGB V auch auf die Kassenzahnärztliche Vereinigung Vahldiek, in: Hauck/Noftz, SGB V § 77 Rdnr. 4). Dies gilt auch für Satzungsänderungen. Ist eine verfahrensmäßig ordnungsgemäß zustande gekommene Satzungsänderung mit höherrangigem Recht vereinbar, besteht ein Anspruch auf die Genehmigung. Eine solche Genehmigung ist im Verhältnis zum Versicherungsträger ein Verwaltungsakt (vgl. etwa BSG, Urt. v. 19.9.2007, - B 1 A 4/06 R - zur Genehmigung der Satzung einer Krankenkasse nach § 195 SGB V).
2.) Die Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts verfasst (§ 77 Abs. 5 SGB V) und gehört der vollziehenden Gewalt (Verwaltung) an. Sie handelt durch ihre Organe, die Vertreterversammlung und den Vorstand (§ 79 Abs. 1 SGB V). Deren Kompetenzen sind in § 79 Abs. 3 und 5 SGB V geregelt und stellen grundsätzlich Verwaltungskompetenzen dar. Dazu gehört auch die Kompetenz (Befugnis) zum Setzen untergesetzlichen (Exekutiv-)Rechts, etwa durch den Erlass der Satzung der Klägerin (§ 81 SGB V).
Gem. § 79 Abs. 3 SGB V hat die Vertreterversammlung insbesondere 1. die Satzung und sonstiges autonomes Recht zu beschließen, 2. den Vorstand zu überwachen, 3. alle Entscheidungen zu treffen, die für die Körperschaft von grundsätzlicher Bedeutung sind, 4. den Haushaltsplan festzustellen, 5. über die Entlastung des Vorstandes wegen der Jahresrechnung zu beschließen, 6. die Körperschaft gegenüber dem Vorstand und dessen Mitgliedern zu vertreten und 7. über den Erwerb, die Veräußerung oder die Belastung von Grundstücken sowie über die Errichtung von Gebäuden zu beschließen. Sie kann sämtliche Geschäfts- und Verwaltungsunterlagen einsehen und prüfen (§ 79 Abs. 3 Satz 2 SGB V). Gem. § 79 Abs. 5 SGB V verwaltet der Vorstand die Körperschaft und vertritt sie gerichtlich und außergerichtlich, soweit Gesetz oder sonstiges Recht nichts Abweichendes bestimmen. Gem. § 79 Abs. 6 Satz 1 SGB V i. V. m. § 35a Abs. 2 Satz 1 SGB IV hat der Vorstand der Vertreterversammlung zu berichten über 1. die Umsetzung von Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung, und 2. die finanzielle Situation und die voraussichtliche Entwicklung.
Die gem. § 80 Abs. 1 SGB V aus gewählten Mitgliedern bestehende Vertreterversammlung ist das Selbstverwaltungsorgan und das Hauptorgan der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung; letzteres folgt aus ihrer Zuständigkeit für alle Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung (§ 79 Abs. 3 Nr. 3 SGB V). In dieser Funktion ist die Vertreterversammlung auch Rechtssetzungsorgan (§ 79 Abs. 3 Nr. 1 SGB V) und hinsichtlich des Vorstands Kontrollorgan (§ 79 Abs. 3 Nr. 2 SGB V) der Körperschaft. Besondere Verwaltungskompetenzen kommen der Vertreterversammlung gem. § 79 Abs. 3 Nr. 7 SGB V für Grundstücksgeschäfte und die Errichtung von Gebäuden zu. Allgemeine Verwaltungskompetenzen erwachsen ihr aus der Rechtsstellung als (u. a.) für alle Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung zuständiges Hauptorgan der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung.
Der gem. § 79 Abs. 4 Satz 3 SGB V aus hauptamtlichen Mitgliedern bestehende Vorstand ist kein Selbstverwaltungsorgan (mehr). Er ist das (eigentliche) Verwaltungsorgan der Körperschaft. Das folgt aus § 79 Abs. 5 Satz 1 SGB V, wonach der Vorstand die Körperschaft verwaltet und gerichtlich und außergerichtlich vertritt. Nach § 79 Abs. 5 Satz 1 2. Halbsatz SGB V kann allerdings Abweichendes bestimmt werden. Als abweichende Bestimmung in diesem Sinne ist nicht nur die Entziehung, sondern auch die Einschränkung der Verwaltungskompetenz des Vorstands, etwa durch die Einführung von Genehmigungsvorbehalten zugunsten der Vertreterversammlung für bestimmte Verwaltungsentscheidungen zu verstehen. Kompetenzentziehungen oder Kompetenzeinschränkungen nach § 79 Abs. 5 Satz 1 2. Halbsatz SGB V bedürfen aber der Regelung durch Rechtssatz, und zwar durch das Gesetz (SGB V) selbst oder durch sonstiges Recht i. S. d. § 79 Abs. 5 Satz 1 SGB V. Hierzu gehört auch die Satzung der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung, die gem. § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V Bestimmungen enthalten muss (u. a.) über Rechte und Pflichten (und damit auch Kompetenzen) der Organe. Satzungsbestimmungen dieser Art dürfen als untergesetzliches Recht freilich höherrangigem Recht, namentlich der gesetzlichen Kompetenzordnung in § 79 Abs. 3 und 5 SGB V, nicht widersprechen.
Mit den Regelungen der §§ 79 Abs. 5 Satz 1 2. Halbsatz, 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V gibt das Gesetz der Vertreterversammlung die Kompetenz, ihre (eigene) Verwaltungskompetenz in der Satzung (auch durch bloße Genehmigungsvorbehalte zu ihren Gunsten) zu erweitern und die Verwaltungskompetenz des Vorstands entsprechend einzuschränken (Kompetenz-Kompetenz). Grundlage für die satzungsrechtliche Erweiterung der Verwaltungskompetenz der Vertreterversammlung ist deren Rechtsstellung als Hauptorgan der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung und damit neben hier nicht beachtlichen besonderen Verwaltungskompetenzen die allgemeine Verwaltungskompetenz der Vertreterversammlung für Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung nach § 79 Abs. 3 Nr. 3 SGB V. Darüber hinaus kann das Satzungsrecht Verwaltungskompetenzen des Vorstands nicht auf die Vertreterversammlung übertragen.
Kompetenzregelungen in der Satzung der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung sind damit (recht enge) Grenzen gesetzt. Ohne Weiteres zulässig sind Bestimmungen, die die gesetzlichen Grenzen der allgemeinen Verwaltungskompetenzen von Vertreterversammlung und Vorstand im Sinne deklaratorischer Regelungen (nur) sichtbar machen. Da der Vertreterversammlung beim Satzungserlass hinsichtlich der Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs "grundsätzliche Bedeutung" i. S. d. § 79 Abs. 3 Nr. 3 SGB V eine Einschätzungsprärogative zukommt, sie also eine autonome Beurteilungsentscheidung mit entsprechend eingeschränkter Kontrolldichte für Aufsichtsbehörden und Gerichte (und nicht lediglich eine heteronome Subsumtionsentscheidung) treffen darf (vgl. dazu Kaltenborn, GesR 2008, 337, 340 m. w. N.), kann sie den Kreis der Entscheidungen mit grundsätzlicher Bedeutung in begrenztem Maße auch konstitutiv festlegen. Unzulässig und von Aufsichtsbehörde und Gericht nicht hinzunehmen ist es aber, die Kompetenz des Vorstands für die laufenden Geschäfte der Verwaltung einzuschränken. Diese gehören (als operatives Geschäft) zu dem nicht antastbaren (Kompetenz-)Bereich des Vorstands (so etwa Vahldiek, in: Hauck/Noftz, SGB V § 79 Rdnr. 7 und 14 m. w. N.; auch Steinmann-Münzinger, in: jurisPK-SGB V, § 79 Rdnr. 16, Scholz, in: Becker/Kingreen, SGB V § 79 Rdnr. 6 m. w. N.; KassKomm/Hess SGB V § 79 Rdnr. 16). Das gilt auch für solche Verwaltungsentscheidungen des Vorstands, die herausragende (ggf. auch politische) Bedeutung haben (Vahldiek, in: Hauck/Noftz, SGB V § 79 Rdnr. 7), aber als Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung für die Körperschaft nach § 79 Abs. 3 Nr. 3 SGB V rechtsfehlerfrei nicht eingestuft werden können.
Was unter "Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung" i. S. d. § 79 Abs. 3 Nr. 3 SGB V in Abgrenzung zu laufenden Geschäften der Verwaltung zu verstehen ist, kann nicht allgemein und losgelöst vom jeweiligen Gegenstand der Entscheidung festgelegt werden. Grundsätzliche Bedeutung muss die Entscheidung gem. § 79 Abs. 3 Nr. 3 SGB V jedenfalls für die Körperschaft und nicht für deren Mitglieder oder für Mitgliedergruppen haben, es sei denn, diese hätte wegen der erheblichen berufspolitischen Bedeutung Rückwirkung auf die Körperschaft selbst (Scholz, in: Becker/Kingreen, SGB V § 79 Rdnr. 6). Zu beachten ist insoweit, dass der Gesetzgeber mit dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz (vom 14.11.2003, BGBI. I, 2190 - GMG -) Verwaltung und Vertretung der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung bewusst von der Selbstverwaltung abkoppeln wollte (Scholz, in: Becker/Kingreen, SGB V § 79 Rdnr. 6; vgl. auch BT-Drs. 17/1525 S. 152); Selbstverwaltungsorgan der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung ist seitdem nur noch die Vertreterversammlung. Deswegen darf namentlich das Vertragshandeln des (professionalisierten) Vorstands nicht generell von der Zustimmung der Vertreterversammlung abhängig gemacht werden. Insoweit haben nur Richtungsentscheidungen und allgemeine Grundsätze der Vertragspolitik grundsätzliche Bedeutung (so zu Recht Scholz, in: Becker/Kingreen, SGB V § 79 Rdnr. 6; vgl. auch KassKomm/Hess SGB V § 79 Rdnr. 16).
3.) Der Abschluss von Einzelverträgen (Selektivverträgen) zur besonderen ambulanten Versorgung der gesetzlich Versicherten ist in § 73c SGB V geregelt. Danach können die Krankenkassen ihren Versicherten die Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung durch Abschluss von Verträgen anbieten, deren Gegenstand in Versorgungsaufträgen bestehen kann, die sowohl die versichertenbezogene gesamte ambulante ärztliche Versorgung ("systemersetzende Verträge") als auch einzelne Bereiche der ambulanten ärztlichen Versorgung ("systemergänzende" - add-on- Verträge) umfassen (73c Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB V). Vertragspartner der Krankenkassen können (neben Leistungserbringern) auch Kassen(zahn)ärztliche Vereinigungen sein (§ 73c Abs. 3 Satz 1 SGB V). Soweit die Versorgung der Versicherten durch Einzelverträge durchgeführt wird, ist der Sicherstellungsauftrag der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung nach § 75 Abs. 1 SGB V eingeschränkt (§ 73c Abs. 3 Satz 4 SGB V). In den Einzelverträgen sind das Nähere über den Inhalt, den Umfang und die Durchführung der Versorgungsaufträge, insbesondere die Ausgestaltung der Qualitätsanforderungen, sowie die Vergütung zu regeln (§ 73c Abs. 4 Satz 1 SGB V). Die Vertragspartner der Gesamtverträge nach § 83 Abs. 1 SGB V regeln wegen der Einzelverträge notwendige Bereinigungen der Gesamtvergütungen nach näherer Maßgabe des § 73c Abs. 6 SGB V.
Die Vorschrift des § 73c SGB V entwickelt (wie § 73b SGB V - hausarztzentrierte Versorgung) das ambulante Versorgungssystem weiter. Sie lässt neben dem bisher ausschließlich kollektivvertraglichen (gesamtvertraglichen) System den Abschluss von Einzelverträgen (u. a.) mit Vertrags(zahn)ärzten und Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen zu. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers wird durch § 73c SGB V Raum gegeben für eine dezentrale, innovative Systemerweiterung. Außerdem soll durch die Option des Abschlusses von Einzelverträgen der Wettbewerb zwischen den Leistungserbringern intensiviert werden (Steinmann-Munzinger, in: jurisPK-SGB V Rdnr. 3, 18).
4.) Von diesen Rechtsgrundsätzen ausgehend, hat der Beklagte (M. für A. und S.) die Erteilung einer Satzungsgenehmigung für die Änderung des § 10 Abs. 6 der Satzung der Klägerin zu Recht versagt. Die Satzungsänderung schränkt die Verwaltungskompetenz des Vorstands der Klägerin in gesetzlich nicht mehr zulässiger Weise ein, weil sie den Abschluss aller Einzelverträge nach § 73c Abs. 3 SGB V unabhängig vom Gegenstand des jeweiligen Einzelvertrags (pauschal) von der Genehmigung durch die Vertreterversammlung abhängig macht.
Die Vertreterversammlung darf (und muss) in der Satzung zwar Rechte und Pflichten der Organe der Klägerin (§ 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V) und damit deren Kompetenzen regeln und die Satzung darf hinsichtlich der Kompetenz des Vorstands zur Verwaltung der Körperschaft gem. § 79 Abs. 5 Satz 1 SGB V Abweichendes bestimmen. Damit ist auch die satzungsrechtliche Festlegung von Genehmigungsvorbehalten zugunsten der Vertreterversammlung für bestimmte Verwaltungsentscheidungen des Vorstands (als Kompetenzeinschränkung) zulässig. Nach dem Gesagten ist es aber nicht zulässig, die Verwaltungskompetenz des Vorstands durch Satzungsrecht auch für solche Verwaltungsentscheidungen einzuschränken, die dem Bereich der laufenden Geschäfte und nicht dem Bereich der Entscheidungen mit grundsätzlicher Bedeutung für die Körperschaft zugehören. Das ist mit der Änderung des § 10 Abs. 6 der Satzung jedoch geschehen.
Der Abschluss von Einzelverträgen nach § 73c Abs. 3 SGB V betrifft die Beziehung der Klägerin zu den Krankenkassen und die Sicherstellung der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung und gehört damit zur Verwaltung der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung (Vahldiek, in: Hauck/Noftz, SGB V § 79 Rdnr. 37); er stellt Verwaltungshandeln des Vorstands nach § 79 Abs. 5 Satz 1 SGB V dar. Das Verwaltungshandeln des Vorstands durch (öffentlich-rechtlichen) Vertrag erschöpft sich nicht im formalen Akt des Vertragsabschlusses durch Abgabe entsprechender Willenserklärungen für die Klägerin; dies ist Gegenstand der (ebenfalls in § 79 Abs. 5 Satz 1 SGB V geregelten) Kompetenz des Vorstands zur (außergerichtlichen) Vertretung der Klägerin. Das Verwaltungshandeln durch Vertrag umfasst auch die Führung der Vertragsverhandlungen und - vor allem - die Entscheidung über den Vertragsinhalt (vgl. auch etwa § 8 SGB X). Hierfür ist gem. § 79 Abs. 5 Satz 1 SGB V der Vorstand der Klägerin grundsätzlich allein und uneingeschränkt zuständig. Eine Mitverwaltung durch die Vertreterversammlung findet nicht statt.
Die Satzung der Klägerin darf in den dargestellten rechtlichen Grenzen Abweichendes regeln, wozu auch die Einführung von Genehmigungsvorbehalten zugunsten der Vertreterversammlung bei Vertragsabschlüssen gehört. Nach dem Gesagten ist eine derartige Erweiterung der Verwaltungskompetenzen der Vertreterversammlung und eine entsprechende Beschränkung der Verwaltungskompetenzen des Vorstands aber nur zulässig, wenn der Abschluss des Vertrags, insbesondere die Entscheidung über den Vertragsinhalt, für die Klägerin und nicht (nur) für deren Mitglieder oder für Gruppen unter ihren Mitgliedern von grundsätzlicher Bedeutung nach § 79 Abs. 3 Nr. 3 SGB V ist. Dies kann unbeschadet der Sonderstellung der Einzelverträge nach § 73c SGB V im bisher durch Gesamtverträge geprägten System der Gesetzlichen Krankenversicherung nicht für alle Einzelverträge ohne Rücksicht auf deren konkreten Vertragsgegenstand angenommen werden. Einzelverträge, die das gesamtvertragliche System nicht nur ergänzen ("add-on-Verträge"), sondern (teilweise) substituieren, mögen in vielen Fällen, nicht jedoch notwendig in allen Fällen grundsätzliche Bedeutung i. S. d § 79 Abs. 3 Nr. 3 SGB V haben. "Add-on-Verträgen" - zu diesen Verträgen sind auch die von der Klägerin mit Schreiben vom 24.09.2012 vorgelegten, von der Klägerin bisher abgeschlossenen Verträge zu rechnen, die im Kern lediglich für bestimmte zahnärztliche Leistungen zusätzliche Abrechnungsmöglichkeiten auf der Grundlage privatärztlicher Gebührenordnungen vorsehen - wird vielfach keine grundsätzliche Bedeutung zukommen. Ein pauschaler Genehmigungsvorbehalt zugunsten der Vertreterversammlung, der unterschiedslos für alle Einzelverträge nach § 73c Abs. 3 SGB V gilt, begründet infolgedessen eine unzulässige Mitverwaltung der Vertreterversammlung neben dem Vorstand und greift in das diesem gesetzlich zugewiesene laufende (operative) Verwaltungsgeschäft ein. Das ist auch bei Vertragsgegenständen von herausragender (aber nicht grundsätzlicher) Bedeutung nicht zulässig (so Vahldiek, in: Hauck/Noftz, SGB V § 79 Rdnr. 7; vgl. auch Liebhold/Zalewski, Kassenarztrecht § 79 Anm. 8 LZ C 79-14). Dass es im Einzelfall schwierig sein kann, für die Klägerin grundsätzlich bedeutsame und grundsätzlich nicht bedeutsame Einzelverträge voneinander abzugrenzen, rechtfertigt einen pauschalen Genehmigungsvorbehalt für alle Einzelverträge nicht. Das gilt auch dann, wenn man der Vertreterversammlung beim Satzungserlass für die Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs "grundsätzliche Bedeutung" in § 79 Abs. 3 Nr. 3 SGB V einen Beurteilungsspielraum zugesteht, der auch die Rechtskontrolle der Aufsichtsbehörde beschränken könnte. Die (aus § 79 Abs. 3 Nr. 3 SGB V selbst folgenden) rechtlichen Grenzen eines solchen Beurteilungsspielraums sind mit einem pauschalen Genehmigungsvorbehalt der in Rede stehenden Art in jedem Fall überschritten.
Die Kompetenz der Vertreterversammlung als Aufsichtsorgan rechtfertigt die Einführung eines Genehmigungsvorbehalts bei Einzelverträgen nach § 73c Abs. 3 SGB V schon im Ansatz nicht, da es sich dabei nicht um eine Maßnahme zur (bloßen) Überwachung des Vorstands i. S. d. § 73 Abs. 3 Nr. 2 SGB V, sondern um eine Beschränkung seiner Kompetenzen (§ 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V) handelt. Rechtlich ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang der (wohl den Hintergrund des Verfahrens bildende) Umstand, dass im derzeitigen dreiköpfigen Vorstand der Klägerin nur ein Zahnarzt neben zwei Vertretern mit anderer Vorbildung vertreten sein soll (wohl weil die Hauptamtlichkeit für Zahnärzte die Aufgabe der bisher geführten Praxis voraussetzt). Die Abgrenzung der Kompetenzen zwischen Vorstand und Vertreterversammlung kann nicht davon abhängen, ob dem (selbst gewählten) Vorstand vertraut wird oder ob seine Tätigkeit von vornherein misstrauisch verfolgt wird.
Die Kompetenzen der Vertreterversammlung als Selbstverwaltungs- und Hauptorgan der Klägerin sind durch die ihr in § 7 h cc (n. F.) der Satzung übertragene Beschlussfassung von Eckpunkten der Vertragspolitik auch hinsichtlich der Einzelverträge nach § 73c Abs. 3 SGB V und die in § 5e der Satzung außerdem vorgesehene Anhörung des Landesbeirats vor dem Abschluss von Einzelverträgen hinreichend gesichert; für die genannten Satzungsänderungen ist die Satzungsgenehmigung erteilt worden.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen. Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Erteilung einer aufsichtsbehördlichen Genehmigung gem. § 81 Abs.1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) für eine Satzungsänderung.
Der Beklagte ist die für die Sozialversicherung zuständige oberste Verwaltungsbehörde des Landes Baden-Württemberg und führt gemäß § 78 Abs. 1 SGB V die Aufsicht über die K. V. Die Klägerin ist die für den Bereich des Landes Baden-Württemberg zuständige K. V. (§ 77 Abs. 1 SGB V). Die Aufgaben und Befugnisse von Vertreterversammlung und hauptamtlichem Vorstand (§ 79 Abs. 1 SGB V) sind in §§ 7 und 10 der Satzung der Klägerin (im Folgenden: Satzung) geregelt.
Die §§ 7 und 10 der Satzung hatten vor der streitigen Satzungsänderung (soweit hier von Belang) folgenden Wortlaut:
§ 7 Aufgaben und Befugnisse der Vertreterversammlung
1. Der Beschlussfassung durch die Vertreterversammlung sind neben allen sonstigen durch Gesetz oder Satzung übertragenen Aufgaben insbesondere vorbehalten: ... h) Entscheidungen, die für die Körperschaft von grundsätzlicher Bedeutung sind. Dazu gehören insbesondere Grundsatzentscheidungen wie:
aa) Einführung oder Veränderung bestimmter zahnärztlicher Versorgungsstrukturen (z. B. Notfall- und Bereitschaftsdienst),
bb) Einführung bestimmter Strukturen der Qualitätssicherung (z. B. Qualitätszirkel)
§ 10 Aufgaben und Befugnisse des Vorstands ... 5. Dem Vorstand obliegt insbesondere ...
e) der Abschluss, die Änderung und Kündigung folgender Verträge:
aa) Gesamtverträge gem. § 83 SGB V bb) Honorarverteilungsvereinbarungen gem. § 85 Abs. 4 SGB V
Vor allen Vertragsabschlüssen, Entscheidungen und Maßnahmen nach Buchst e) soll der Landesbeirat gehört werden.
6. Der Abschluss von Gesamtverträgen, die Einstellung von leitenden Angestellten und die Vornahme von Rechtshandlungen, die am Haushaltsplan gemessen über- oder außerplanmäßige Aufwendungen darstellen, sind durch die Vertreterversammlung zu genehmigen.
Am 26.6.2010 fasste die Vertreterversammlung der Klägerin einen Beschluss (u.a.) zur Änderung der §§ 7 und 10 der Satzung. Die Satzungsänderung betrifft den Abschluss von Einzelverträgen (Selektivverträgen) gem. § 73c Abs. 3. SGB V. Sie sieht hierfür einen Genehmigungsvorbehalt der Vertreterversammlung vor. Die §§ 7 und 10 der Satzung sollten (soweit hier von Belang) wie folgt geändert werden (Änderungen in Kursiv- und Fettdruck):
§ 7 Aufgaben und Befugnisse der Vertreterversammlung
1. Der Beschlussfassung durch die Vertreterversammlung sind neben allen sonstigen durch Gesetz oder Satzung übertragenen Aufgaben insbesondere vorbehalten: ... h) Entscheidungen, die für die Körperschaft von grundsätzlicher Bedeutung sind. Dazu gehören insbesondere Grundsatzentscheidungen wie die Einführung oder Veränderung von
aa) bestimmten zahnärztlichen Versorgungsstrukturen (z. B. Notfall- und Bereitschaftsdienst),
bb) bestimmten Strukturen der Qualitätssicherung (z. B. Qualitätszirkel)
cc) Eckpunkten in der Vertragspolitik (z. B. Einzelverträge nach § 73c Abs. 3 SGB V)
§ 10 Aufgaben und Befugnisse des Vorstands ... 5. Dem Vorstand obliegt insbesondere ...
e) der Abschluss, die Änderung und Kündigung folgender Verträge:
aa) Gesamtverträge gem. § 83 SGB V bb) Honorarverteilungsvereinbarungen gem. § 85 Abs. 4 SGB V cc) Einzelverträgen nach § 73c Abs. 3 SGB V.
Vor allen Vertragsabschlüssen, Entscheidungen und Maßnahmen nach Buchst e) soll der Landesbeirat gehört werden.
6. Der Abschluss von Gesamtverträgen und Einzelverträgen nach § 73c Abs. 3 SGB V, die Einstellung von leitenden Angestellten und die Vornahme von Rechtshandlungen, die am Haushaltsplan gemessen über- oder außerplanmäßige Aufwendungen darstellen, sind durch die Vertreterversammlung zu genehmigen.
Mit Schreiben vom 14.7.2010 beantragte die Klägerin beim Beklagten (M. für A. und S.) die Erteilung einer Satzungsgenehmigung (§ 81 Abs. 1 Satz 2 SGB V) – u. a. – für die genannten Änderungen der §§ 7 und 10 der Satzung. In der Vorkorrespondenz (Schreiben vom 11.06.2010) hatte sie die Auffassung vertreten, sowohl substituierende Verträge als auch add-on Verträge hätten grundsätzliche Bedeutung für die nicht eingeschriebenen Zahnärzte, weswegen stets eine Zuständigkeit der Vertreterversammlung gegeben sei. Außerdem sei eine klare Abgrenzung zwischen diesen Vertragstypen nicht möglich, sodass viele Streitfragen und unklare Vertragslagen bei Genehmigung der Satzungsänderung vermieden werden könnten.
Mit Schreiben vom 21.7.2010 erteilte der Beklagte (M. für A. und S.) die Satzungsgenehmigung für die Änderung des § 7 Abs. 1h und des § 10 Abs. 5e, cc. Die Erteilung der Satzungsgenehmigung für die Änderung des § 10 Abs. 6 der Satzung wurde abgelehnt. Zur Begründung führte die Behörde aus, die genannte Satzungsänderung sei nicht genehmigungsfähig, weil mit ihr die organschaftlichen Rechte der Vertreterversammlung überschritten und zugleich die organschaftlichen Rechte des Vorstandes unzulässig eingeschränkt würden. Gem. § 79 Abs. 5 Satz 1 SGB V verwalte der Vorstand die Klägerin und vertrete sie gerichtlich und außergerichtlich. Damit habe der Gesetzgeber die Kompetenzen für Vertragsabschlüsse grundsätzlich dem Vorstand zugewiesen. Der Vertreterversammlung stehe ihm gegenüber ein allgemeines und umfassendes Weisungsrecht nicht zu. Die Kompetenzen des Vorstandes könnten gem. § 79 Abs. 5 Satz 1 SGB V nur durch Gesetz oder sonstiges Recht eingeschränkt werden. Auch wenn man Satzungsrecht als sonstiges Recht i. S. d. § 79 Abs. 5 Satz 1 SGB V einstufen wollte, dürften jedenfalls die gesetzlichen Zuständigkeiten des Vorstands nicht ausgehöhlt werden. Schon die Änderungen des § 7h cc, mit denen der Vertreterversammlung die Bestimmung von Eckpunkten der Vertragspolitik, auch hinsichtlich der Einzelverträge nach § 73c Abs. 3 SGB V, übertragen werde, und die in § 10 Abs. 5e, cc vorgesehene Einbindung des Landesbeirats vor dem Abschluss von Einzelverträgen stellten ein weit reichendes Instrumentarium zur Kontrolle des Vorstandes dar. Dieses Instrumentarium sei geeignet und erforderlich, um die berechtigten Interessen der Vertreterversammlung zu wahren. Demgegenüber sei ein (zusätzlicher) Genehmigungsvorbehalt für alle Einzelverträge nach § 73c SGB V unabhängig von deren (grundsätzlicher) Bedeutung nicht erforderlich und daher unverhältnismäßig. Die gesetzlichen Kompetenzen des Vorstandes würden dadurch unzulässig eingeschränkt. Hinsichtlich der Frage, ob eine Angelegenheit grundsätzliche Bedeutung habe oder nicht, stehe der Vertreterversammlung zwar ein weites Ermessen zu. Gleichwohl müssten objektivierende Anforderungen gestellt werden; es komme darauf an, in welchem Maße der jeweilige Einzelvertrag das Mitgliedschaftsverhältnis der einzelnen Zahnärztinnen und Zahnärzte betreffe. Ob deren Rechte und Pflichten grundlegend berührt würden, hänge von den konkreten Vertragsabreden im Einzelfall ab. Die Praxis belege, dass Verträge nach § 73c SGB V abgeschlossen werden könnten, denen - im Hinblick auf die Auswirkungen für die Mitglieder der Klägerin - keine grundlegende Bedeutung zukomme, da sie weder zusätzliche Pflichten begründeten noch Auswirkungen auf Honoraransprüche hätten. Ein Genehmigungsvorbehalt für solche Verträge liege nicht mehr in der Einschätzungsprärogative der Vertreterversammlung. Dem Schreiben war eine Rechtsbehelfsbelehrung nicht beigefügt.
Am 27.5.2011 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Stuttgart. Mit Beschluss vom 11.7.2011 erklärte sich das Sozialgericht für instanziell nicht zuständig und verwies den Rechtsstreit an das Landessozialgericht Baden-Württemberg.
Die Klägerin trägt vor, der Beklagte hätte (auch) die Änderung des § 10 Abs. 6 der Satzung genehmigen müssen. Diese Vorschrift sei rechtsgültig. Die Verwaltungskompetenz des Vorstands nach § 79 Abs. 5 Satz 1 SGB V stehe unter dem Vorbehalt anderweitiger Regelung durch Gesetz oder sonstiges Recht, wozu auch das Satzungsrecht der Klägerin gehöre. Damit habe der Gesetzgeber die "Kompetenz-Kompetenz", also die Befugnis, über die Zuständigkeitsverteilung zu entscheiden, weitgehend der Vertreterversammlung zugewiesen. Diese könne durch Satzungsrecht Kompetenzen an sich ziehen, indem sie den Zuständigkeitsbereich des Vorstands entsprechend einschränke (vgl. Krauskopf in: Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 79 SGB V Rdnr. 22; Kaltenborn, GesR 2008, 337, 338). Diese "Kompetenz-Kompetenz" der Vertreterversammlung folge auch aus ihrer Kompetenz für Grundsatzentscheidungen nach § 79 Abs. 1 Nr. 3 SGB V (vgl. KassKomm/Hess, SGB V § 79 Rdnr. 16). Freilich müssten dem Vorstand als dem Hauptverwaltungsorgan in jedem Fall substanzielle eigene Entscheidungsbefugnisse erhalten bleiben; er dürfe durch Satzungsrecht an der ordnungsgemäßen Wahrnehmung seiner Verwaltungsaufgaben nicht nachhaltig gehindert werden (vgl. Hencke in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 79 Rdnr. 11; Kaltenborn GesR 2008, 337, 339).
Hinsichtlich der Einzelverträge nach § 73 c SGB V müssten Verträge, die das Gesamtvertragssystem nur ergänzten ("add-on-Verträge"), von Verträgen, die das Gesamtvertragssystem substituierten, unterschieden werden (vgl. das Positionspapier zur strategischen Ausrichtung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg im Vertragswettbewerb vom 21.1.2011 (Positionspapier), S. 19). Soweit sie (die Klägerin) Vertragspartner von Einzelverträgen sei, werde es sich überwiegend um substituierende Verträge und nicht nur um eher wenig bedeutsame add-on-Verträge handeln. Der Vertreterversammlung könne die Kompetenz zum Vertragsschluss (selbst) zwar nicht zugewiesen werden. Im Hinblick auf die "Kompetenz-Kompetenz" der Vertreterversammlung erscheine es aber zulässig, ihr die Genehmigung eines vom Vorstand abgeschlossenen Vertrags vorzubehalten. Dafür spreche auch die Überwachungsbefugnis der Vertreterversammlung. Der gesetzlichen Aufgabenabgrenzung zwischen Vorstand und Vertreterversammlung werde so ausreichend Rechnung getragen (vgl. Kaltenborn. GesR 2008, 337, 343), weil dem Vorstand der Abschluss von Einzelverträgen belassen werde. Da der Inhalt solcher Verträge ihre (der Klägerin) "Politik" bei der strategischen Ausrichtung im Vertragswettbewerb berühren könne und eine hinreichend sichere Abgrenzung zwischen (bloßen) add-on-Verträgen und substituierenden Verträgen nicht möglich sei, erscheine es mit Rücksicht auf die weitreichenden Auswirkungen, die jeder Einzelvertrag im Prinzip für ihre Mitglieder haben könne, sachgerecht, solche Verträge nur vorbehaltlich der Genehmigung durch die Vertreterversammlung wirksam werden zu lassen.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten (M. für A. und S.) unter Abänderung des Bescheids vom 21.7.2010 zu verurteilen, für die von ihrer (der Klägerin) Vertreterversammlung am 26.6.2010 beschlossene Änderung des § 10 Abs. 6 ihrer Satzung (Genehmigungsvorbehalt zugunsten der Vertreterversammlung für Einzelverträge nach § 73c Abs. 3 SGB V) eine Satzungsgenehmigung gem. § 81 Abs. 1 Satz 2 SGB V zu erteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, der in § 10 Abs. 6 der Satzung (n.F.) vorgesehen Genehmigungsvorbehalt der Vertreterversammlung für Einzelverträge beschneide in unzulässiger Weise die gesetzliche Verwaltungskompetenz des Vorstands. "Verwalten" in diesem Sinne sei umfassend zu verstehen und erstrecke sich nicht nur auf die internen, für einen geordneten Geschäftsablauf erforderlichen Maßnahmen, sondern auch auf die nach außen wirkende Tätigkeit der Körperschaft, insbesondere die Beziehungen zu den Krankenkassen und ihren Verbänden sowie die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung (vgl. Krauskopf in: Krauskopf Soziale Krankenversicherung / Pflegeversicherung, § 79 SGB V Rdnr. 31). Der Abschluss von Einzelverträgen nach § 73c SGB V stelle unzweifelhaft Verwaltungshandeln dar. Das Satzungsrecht dürfe die gesetzliche Aufgabenverteilung zwischen Vertreterversammlung und Vorstand nicht erheblich verändern, insbesondere die Verwaltungskompetenz des Vorstands nicht aushöhlen (Krauskopf, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 79 SGB V Rdnr. 32; Kaltenborn, GesR 2008, 337, 338). Es sei nicht zulässig, Angelegenheiten der laufenden Verwaltungstätigkeit oder Vertragsangelegenheiten, die die Körperschaft nicht tiefgreifend berührten, zu Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung "aufzubauschen" (vgl. Kaltenborn, GesR 2008, 337, 342; Kremer/Wittmann, in: Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht § 79 Anm. 8 LZ C 79-14).
Die Befugnis zum Abschluss von Verträgen gehöre zur Verwaltungskompetenz des Vorstands. Die Vertreterversammlung dürfe insoweit nur allgemeine Leitlinien vorgeben (Kre-mer/Wittmann, in: Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht § 79 Anm. 8 LZ C 79-14); sie dürfe das operative Geschäft des Vorstands - z.B. im Rahmen der Teilnahme an Einzelverträgen (§§ 73b, 73c) - nicht mit Hilfe ihrer "Kompetenz-Kompetenz" an sich ziehen (Vahldiek, in: Hauck/Noftz, SGB V, K § 79 Rdnr. 7; Kremer/Wittmann, in: Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht § 79 Anm. 8 LZ C 79-14). Dies gelte umso mehr, als bei solchen Vertragsabschlüssen strukturelle Interessenkonflikte unter den Mitgliedern der Vertreterversammlung bestünden. Eine "Mitverwaltung" durch die Vertreterversammlung dürfe nicht ein Ausmaß annehmen, das dem Vorstand die Ausübung seiner Verwaltungsausgaben unmöglich mache (Kaltenborn, GesR 2008, 337, 343; Kremer/Wittmann, in: Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht § 79 Anm. 8 LZ C 79-14 m.w.N.).
Der Vertreterversammlung bleibe unbenommen, dem Vorstand durch Leitlinien inhaltliche Vorgaben für den Abschluss von Einzelverträgen zu machen. Dem entspreche die genehmigte Satzungsregelung in § 7h cc, wonach die Verabschiedung von Eckpunkten in der Vertragspolitik (z.B. bei Einzelverträgen nach § 73c Abs. 3 SGB V) der Beschlussfassung durch die Vertreterversammlung vorbehalten sei. Ein allgemeiner Genehmigungsvorbehalt für alle Einzelverträge ohne Ausnahme gehe darüber hinaus und entziehe dem Vorstand substantielle Entscheidungsbefugnisse. Die Verwaltungskompetenz des Vorstands werde auf eine reine Vertragsabschlusskompetenz reduziert.
Aus der Befugnis der Vertreterversammlung zur Überwachung des Vorstands (§ 79 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB V) folge nichts anderes. Aufgrund der Überwachungskompetenz müsse sich die Vertreterversammlung darüber informieren, ob der Vorstand seine Aufgaben ordnungsgemäß erledige. Dem diene das Einsichts- und Prüfrecht der Vertreterversammlung nach § 79 Abs. 3 Satz 2 SGB V und die Berichtspflicht des Vorstands gem. § 79 Abs. 6 Satz 1 i. V. m. § 35a Abs. 2 SGB V. Der Überwachungsbefugnis der Vertreterversammlung werde dadurch Rechnung getragen, dass der Landesbeirat vor allen Vertragsabschlüssen anzuhören sei (§ 10 Nr. 5e cc der Satzung). Ein allgemeiner Genehmigungsvorbehalt für Einzelverträge sei von der Überwachungsbefugnis indessen nicht gedeckt. Folgte man der Auffassung der Klägerin, ließen sich letztlich für alle Aufgaben des Vorstands unter Hinweis auf eine potentiell grundsätzliche Bedeutung der Angelegenheit bzw. unter Verweis auf die Überwachungsbefugnis der Vertreterversammlung Zustimmungs- oder Genehmigungsvorbehalte einführen.
Auf Anforderung des Senats hat die Klägerin das Ergebnisprotokoll über die Sitzung der Vertreterversammlung am 25. und 26. 2010, das Positionspapier zur strategischem Ausrichtung der Klägerin sowie die bereits abgeschlossenen Verträge der Klägerin nach § 73c Abs. 3 SGB V vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten des Beklagten und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Klage ist zulässig. Offen bleiben kann, ob es sich bei ihr um eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) oder um eine Aufsichtsklage (§ 54 Abs. 3 SGG) handelt. Auch mit der Aufsichtsklage kann die Vornahme einer begünstigenden Aufsichtsanordnung, nämlich die Erteilung der beantragten Genehmigung begehrt werden, wenn die Aufsichtsbehörde diese abgelehnt hat, und der Versicherungsträger geltend macht, dass er auf Vornahme dieses Aktes einen Rechtsanspruch habe (BSG, Urt. v. 19.9.2007, - B 1 A 4/06 R -). Die erstinstanzliche Zuständigkeit des Landessozialgerichts folgt aus § 29 Abs. 2 Nr. 2 SGG (Zuständigkeit für Aufsichtsangelegenheiten gegenüber Trägern der Sozialversicherung).
Bei der mit dem Schreiben des Beklagten vom 21.7.2010 ausgesprochenen Ablehnung der beantragten Genehmigung einer Satzungsänderung handelt es sich um einen Verwaltungsakt. Eines Vorverfahrens bedurfte es vor Erhebung der Aufsichtsklage gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht (BSG v. 17.8.2011 - B 6 KA 32/10 R - Juris Rn 16). Die Klage ist auch rechtzeitig erhoben worden. Da dem Schreiben des Beklagten vom 21.7.2010 eine Rechtsmittelbelehrung nicht beigefügt war, verlängert sich die Frist zur Klageerhebung gemäß § 66 Abs. 2 SGG auf ein Jahr. Diese Frist ist mit der beim Sozialgericht Stuttgart am 27.05.2011 eingegangenen Klage gewahrt worden. Dass das Sozialgericht Stuttgart instanziell unzuständig war, ist gem. § 91 SGG für die Fristwahrung unerheblich.
Der Senat hat in gemischter Besetzung mit einem ehrenamtlichen Richter aus dem Kreis der Zahnärzte und einem ehrenamtlichen Richter aus dem Kreis der Krankenkassen entschieden. Der Rechtsstreit betriff eine Angelegenheit des Vertrags(zahn)arztrechts und nicht nur eine Angelegenheit der Vertrags(zahn)ärzte. Ist die Abgrenzung zweifelhaft, ist in gemischter Besetzung zu entscheiden (BSGE 67,41,42; BSG v. 25.11.1998 - B 6 KA 4/98 R - vgl. auch Wenner, Die Besetzung der Kammern und Senate in Streitverfahren, NZS 1999, S. 172,175). Der vorliegende Rechtsstreit betrifft nur vordergründig die Abgrenzung der Zuständigkeiten von Vorstand und Vertreterversammlung der Klägerin. Sein Ergebnis hat Auswirkungen auf die Handlungs- und Abschlussfähigkeit der Klägerin in Bezug auf Selektivverträge. Können nach den Vorstellungen des Gesetzgebers mit systemverändernden Selektivverträgen dezentrale, innovative Systemerweiterungen geregelt werden, so sind von dem Nichtabschluss bzw. dem verzögerten Abschuss solcher Verträge nicht nur die Zahnärzte, sondern auch die Krankenkassen und gesetzlich Krankenversicherten betroffen. Dies rechtfertigt eine Entscheidung in gemischter Besetzung.
II. Die Klage ist nicht begründet. Der Beklagte (M. für A. und S.), der gem. § 78 Abs. 1 SGB V die Aufsicht über die Klägerin führt, hat die Erteilung einer Satzungsgenehmigung für die Änderung des § 10 Abs. 6 der Satzung der Klägerin im Bescheid vom 21.7.2010 zu Recht versagt. Der in der genannten Satzungsvorschrift vorgesehene Genehmigungsvorbehalt zugunsten der Vertreterversammlung der Klägerin für (alle) Einzelverträge nach § 73c Abs. 3 SGB V schränkt die gesetzlichen Kompetenzen des Vorstands rechtswidrig ein.
1.) Gem. § 81 Abs. 1 Satz 2 SGB V bedarf die Satzung einer Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung der Genehmigung der Aufsichtsbehörde (zur Anwendung der §§ 77 ff. SGB V auch auf die Kassenzahnärztliche Vereinigung Vahldiek, in: Hauck/Noftz, SGB V § 77 Rdnr. 4). Dies gilt auch für Satzungsänderungen. Ist eine verfahrensmäßig ordnungsgemäß zustande gekommene Satzungsänderung mit höherrangigem Recht vereinbar, besteht ein Anspruch auf die Genehmigung. Eine solche Genehmigung ist im Verhältnis zum Versicherungsträger ein Verwaltungsakt (vgl. etwa BSG, Urt. v. 19.9.2007, - B 1 A 4/06 R - zur Genehmigung der Satzung einer Krankenkasse nach § 195 SGB V).
2.) Die Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts verfasst (§ 77 Abs. 5 SGB V) und gehört der vollziehenden Gewalt (Verwaltung) an. Sie handelt durch ihre Organe, die Vertreterversammlung und den Vorstand (§ 79 Abs. 1 SGB V). Deren Kompetenzen sind in § 79 Abs. 3 und 5 SGB V geregelt und stellen grundsätzlich Verwaltungskompetenzen dar. Dazu gehört auch die Kompetenz (Befugnis) zum Setzen untergesetzlichen (Exekutiv-)Rechts, etwa durch den Erlass der Satzung der Klägerin (§ 81 SGB V).
Gem. § 79 Abs. 3 SGB V hat die Vertreterversammlung insbesondere 1. die Satzung und sonstiges autonomes Recht zu beschließen, 2. den Vorstand zu überwachen, 3. alle Entscheidungen zu treffen, die für die Körperschaft von grundsätzlicher Bedeutung sind, 4. den Haushaltsplan festzustellen, 5. über die Entlastung des Vorstandes wegen der Jahresrechnung zu beschließen, 6. die Körperschaft gegenüber dem Vorstand und dessen Mitgliedern zu vertreten und 7. über den Erwerb, die Veräußerung oder die Belastung von Grundstücken sowie über die Errichtung von Gebäuden zu beschließen. Sie kann sämtliche Geschäfts- und Verwaltungsunterlagen einsehen und prüfen (§ 79 Abs. 3 Satz 2 SGB V). Gem. § 79 Abs. 5 SGB V verwaltet der Vorstand die Körperschaft und vertritt sie gerichtlich und außergerichtlich, soweit Gesetz oder sonstiges Recht nichts Abweichendes bestimmen. Gem. § 79 Abs. 6 Satz 1 SGB V i. V. m. § 35a Abs. 2 Satz 1 SGB IV hat der Vorstand der Vertreterversammlung zu berichten über 1. die Umsetzung von Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung, und 2. die finanzielle Situation und die voraussichtliche Entwicklung.
Die gem. § 80 Abs. 1 SGB V aus gewählten Mitgliedern bestehende Vertreterversammlung ist das Selbstverwaltungsorgan und das Hauptorgan der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung; letzteres folgt aus ihrer Zuständigkeit für alle Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung (§ 79 Abs. 3 Nr. 3 SGB V). In dieser Funktion ist die Vertreterversammlung auch Rechtssetzungsorgan (§ 79 Abs. 3 Nr. 1 SGB V) und hinsichtlich des Vorstands Kontrollorgan (§ 79 Abs. 3 Nr. 2 SGB V) der Körperschaft. Besondere Verwaltungskompetenzen kommen der Vertreterversammlung gem. § 79 Abs. 3 Nr. 7 SGB V für Grundstücksgeschäfte und die Errichtung von Gebäuden zu. Allgemeine Verwaltungskompetenzen erwachsen ihr aus der Rechtsstellung als (u. a.) für alle Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung zuständiges Hauptorgan der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung.
Der gem. § 79 Abs. 4 Satz 3 SGB V aus hauptamtlichen Mitgliedern bestehende Vorstand ist kein Selbstverwaltungsorgan (mehr). Er ist das (eigentliche) Verwaltungsorgan der Körperschaft. Das folgt aus § 79 Abs. 5 Satz 1 SGB V, wonach der Vorstand die Körperschaft verwaltet und gerichtlich und außergerichtlich vertritt. Nach § 79 Abs. 5 Satz 1 2. Halbsatz SGB V kann allerdings Abweichendes bestimmt werden. Als abweichende Bestimmung in diesem Sinne ist nicht nur die Entziehung, sondern auch die Einschränkung der Verwaltungskompetenz des Vorstands, etwa durch die Einführung von Genehmigungsvorbehalten zugunsten der Vertreterversammlung für bestimmte Verwaltungsentscheidungen zu verstehen. Kompetenzentziehungen oder Kompetenzeinschränkungen nach § 79 Abs. 5 Satz 1 2. Halbsatz SGB V bedürfen aber der Regelung durch Rechtssatz, und zwar durch das Gesetz (SGB V) selbst oder durch sonstiges Recht i. S. d. § 79 Abs. 5 Satz 1 SGB V. Hierzu gehört auch die Satzung der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung, die gem. § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V Bestimmungen enthalten muss (u. a.) über Rechte und Pflichten (und damit auch Kompetenzen) der Organe. Satzungsbestimmungen dieser Art dürfen als untergesetzliches Recht freilich höherrangigem Recht, namentlich der gesetzlichen Kompetenzordnung in § 79 Abs. 3 und 5 SGB V, nicht widersprechen.
Mit den Regelungen der §§ 79 Abs. 5 Satz 1 2. Halbsatz, 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V gibt das Gesetz der Vertreterversammlung die Kompetenz, ihre (eigene) Verwaltungskompetenz in der Satzung (auch durch bloße Genehmigungsvorbehalte zu ihren Gunsten) zu erweitern und die Verwaltungskompetenz des Vorstands entsprechend einzuschränken (Kompetenz-Kompetenz). Grundlage für die satzungsrechtliche Erweiterung der Verwaltungskompetenz der Vertreterversammlung ist deren Rechtsstellung als Hauptorgan der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung und damit neben hier nicht beachtlichen besonderen Verwaltungskompetenzen die allgemeine Verwaltungskompetenz der Vertreterversammlung für Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung nach § 79 Abs. 3 Nr. 3 SGB V. Darüber hinaus kann das Satzungsrecht Verwaltungskompetenzen des Vorstands nicht auf die Vertreterversammlung übertragen.
Kompetenzregelungen in der Satzung der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung sind damit (recht enge) Grenzen gesetzt. Ohne Weiteres zulässig sind Bestimmungen, die die gesetzlichen Grenzen der allgemeinen Verwaltungskompetenzen von Vertreterversammlung und Vorstand im Sinne deklaratorischer Regelungen (nur) sichtbar machen. Da der Vertreterversammlung beim Satzungserlass hinsichtlich der Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs "grundsätzliche Bedeutung" i. S. d. § 79 Abs. 3 Nr. 3 SGB V eine Einschätzungsprärogative zukommt, sie also eine autonome Beurteilungsentscheidung mit entsprechend eingeschränkter Kontrolldichte für Aufsichtsbehörden und Gerichte (und nicht lediglich eine heteronome Subsumtionsentscheidung) treffen darf (vgl. dazu Kaltenborn, GesR 2008, 337, 340 m. w. N.), kann sie den Kreis der Entscheidungen mit grundsätzlicher Bedeutung in begrenztem Maße auch konstitutiv festlegen. Unzulässig und von Aufsichtsbehörde und Gericht nicht hinzunehmen ist es aber, die Kompetenz des Vorstands für die laufenden Geschäfte der Verwaltung einzuschränken. Diese gehören (als operatives Geschäft) zu dem nicht antastbaren (Kompetenz-)Bereich des Vorstands (so etwa Vahldiek, in: Hauck/Noftz, SGB V § 79 Rdnr. 7 und 14 m. w. N.; auch Steinmann-Münzinger, in: jurisPK-SGB V, § 79 Rdnr. 16, Scholz, in: Becker/Kingreen, SGB V § 79 Rdnr. 6 m. w. N.; KassKomm/Hess SGB V § 79 Rdnr. 16). Das gilt auch für solche Verwaltungsentscheidungen des Vorstands, die herausragende (ggf. auch politische) Bedeutung haben (Vahldiek, in: Hauck/Noftz, SGB V § 79 Rdnr. 7), aber als Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung für die Körperschaft nach § 79 Abs. 3 Nr. 3 SGB V rechtsfehlerfrei nicht eingestuft werden können.
Was unter "Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung" i. S. d. § 79 Abs. 3 Nr. 3 SGB V in Abgrenzung zu laufenden Geschäften der Verwaltung zu verstehen ist, kann nicht allgemein und losgelöst vom jeweiligen Gegenstand der Entscheidung festgelegt werden. Grundsätzliche Bedeutung muss die Entscheidung gem. § 79 Abs. 3 Nr. 3 SGB V jedenfalls für die Körperschaft und nicht für deren Mitglieder oder für Mitgliedergruppen haben, es sei denn, diese hätte wegen der erheblichen berufspolitischen Bedeutung Rückwirkung auf die Körperschaft selbst (Scholz, in: Becker/Kingreen, SGB V § 79 Rdnr. 6). Zu beachten ist insoweit, dass der Gesetzgeber mit dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz (vom 14.11.2003, BGBI. I, 2190 - GMG -) Verwaltung und Vertretung der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung bewusst von der Selbstverwaltung abkoppeln wollte (Scholz, in: Becker/Kingreen, SGB V § 79 Rdnr. 6; vgl. auch BT-Drs. 17/1525 S. 152); Selbstverwaltungsorgan der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung ist seitdem nur noch die Vertreterversammlung. Deswegen darf namentlich das Vertragshandeln des (professionalisierten) Vorstands nicht generell von der Zustimmung der Vertreterversammlung abhängig gemacht werden. Insoweit haben nur Richtungsentscheidungen und allgemeine Grundsätze der Vertragspolitik grundsätzliche Bedeutung (so zu Recht Scholz, in: Becker/Kingreen, SGB V § 79 Rdnr. 6; vgl. auch KassKomm/Hess SGB V § 79 Rdnr. 16).
3.) Der Abschluss von Einzelverträgen (Selektivverträgen) zur besonderen ambulanten Versorgung der gesetzlich Versicherten ist in § 73c SGB V geregelt. Danach können die Krankenkassen ihren Versicherten die Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung durch Abschluss von Verträgen anbieten, deren Gegenstand in Versorgungsaufträgen bestehen kann, die sowohl die versichertenbezogene gesamte ambulante ärztliche Versorgung ("systemersetzende Verträge") als auch einzelne Bereiche der ambulanten ärztlichen Versorgung ("systemergänzende" - add-on- Verträge) umfassen (73c Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB V). Vertragspartner der Krankenkassen können (neben Leistungserbringern) auch Kassen(zahn)ärztliche Vereinigungen sein (§ 73c Abs. 3 Satz 1 SGB V). Soweit die Versorgung der Versicherten durch Einzelverträge durchgeführt wird, ist der Sicherstellungsauftrag der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung nach § 75 Abs. 1 SGB V eingeschränkt (§ 73c Abs. 3 Satz 4 SGB V). In den Einzelverträgen sind das Nähere über den Inhalt, den Umfang und die Durchführung der Versorgungsaufträge, insbesondere die Ausgestaltung der Qualitätsanforderungen, sowie die Vergütung zu regeln (§ 73c Abs. 4 Satz 1 SGB V). Die Vertragspartner der Gesamtverträge nach § 83 Abs. 1 SGB V regeln wegen der Einzelverträge notwendige Bereinigungen der Gesamtvergütungen nach näherer Maßgabe des § 73c Abs. 6 SGB V.
Die Vorschrift des § 73c SGB V entwickelt (wie § 73b SGB V - hausarztzentrierte Versorgung) das ambulante Versorgungssystem weiter. Sie lässt neben dem bisher ausschließlich kollektivvertraglichen (gesamtvertraglichen) System den Abschluss von Einzelverträgen (u. a.) mit Vertrags(zahn)ärzten und Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen zu. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers wird durch § 73c SGB V Raum gegeben für eine dezentrale, innovative Systemerweiterung. Außerdem soll durch die Option des Abschlusses von Einzelverträgen der Wettbewerb zwischen den Leistungserbringern intensiviert werden (Steinmann-Munzinger, in: jurisPK-SGB V Rdnr. 3, 18).
4.) Von diesen Rechtsgrundsätzen ausgehend, hat der Beklagte (M. für A. und S.) die Erteilung einer Satzungsgenehmigung für die Änderung des § 10 Abs. 6 der Satzung der Klägerin zu Recht versagt. Die Satzungsänderung schränkt die Verwaltungskompetenz des Vorstands der Klägerin in gesetzlich nicht mehr zulässiger Weise ein, weil sie den Abschluss aller Einzelverträge nach § 73c Abs. 3 SGB V unabhängig vom Gegenstand des jeweiligen Einzelvertrags (pauschal) von der Genehmigung durch die Vertreterversammlung abhängig macht.
Die Vertreterversammlung darf (und muss) in der Satzung zwar Rechte und Pflichten der Organe der Klägerin (§ 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V) und damit deren Kompetenzen regeln und die Satzung darf hinsichtlich der Kompetenz des Vorstands zur Verwaltung der Körperschaft gem. § 79 Abs. 5 Satz 1 SGB V Abweichendes bestimmen. Damit ist auch die satzungsrechtliche Festlegung von Genehmigungsvorbehalten zugunsten der Vertreterversammlung für bestimmte Verwaltungsentscheidungen des Vorstands (als Kompetenzeinschränkung) zulässig. Nach dem Gesagten ist es aber nicht zulässig, die Verwaltungskompetenz des Vorstands durch Satzungsrecht auch für solche Verwaltungsentscheidungen einzuschränken, die dem Bereich der laufenden Geschäfte und nicht dem Bereich der Entscheidungen mit grundsätzlicher Bedeutung für die Körperschaft zugehören. Das ist mit der Änderung des § 10 Abs. 6 der Satzung jedoch geschehen.
Der Abschluss von Einzelverträgen nach § 73c Abs. 3 SGB V betrifft die Beziehung der Klägerin zu den Krankenkassen und die Sicherstellung der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung und gehört damit zur Verwaltung der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung (Vahldiek, in: Hauck/Noftz, SGB V § 79 Rdnr. 37); er stellt Verwaltungshandeln des Vorstands nach § 79 Abs. 5 Satz 1 SGB V dar. Das Verwaltungshandeln des Vorstands durch (öffentlich-rechtlichen) Vertrag erschöpft sich nicht im formalen Akt des Vertragsabschlusses durch Abgabe entsprechender Willenserklärungen für die Klägerin; dies ist Gegenstand der (ebenfalls in § 79 Abs. 5 Satz 1 SGB V geregelten) Kompetenz des Vorstands zur (außergerichtlichen) Vertretung der Klägerin. Das Verwaltungshandeln durch Vertrag umfasst auch die Führung der Vertragsverhandlungen und - vor allem - die Entscheidung über den Vertragsinhalt (vgl. auch etwa § 8 SGB X). Hierfür ist gem. § 79 Abs. 5 Satz 1 SGB V der Vorstand der Klägerin grundsätzlich allein und uneingeschränkt zuständig. Eine Mitverwaltung durch die Vertreterversammlung findet nicht statt.
Die Satzung der Klägerin darf in den dargestellten rechtlichen Grenzen Abweichendes regeln, wozu auch die Einführung von Genehmigungsvorbehalten zugunsten der Vertreterversammlung bei Vertragsabschlüssen gehört. Nach dem Gesagten ist eine derartige Erweiterung der Verwaltungskompetenzen der Vertreterversammlung und eine entsprechende Beschränkung der Verwaltungskompetenzen des Vorstands aber nur zulässig, wenn der Abschluss des Vertrags, insbesondere die Entscheidung über den Vertragsinhalt, für die Klägerin und nicht (nur) für deren Mitglieder oder für Gruppen unter ihren Mitgliedern von grundsätzlicher Bedeutung nach § 79 Abs. 3 Nr. 3 SGB V ist. Dies kann unbeschadet der Sonderstellung der Einzelverträge nach § 73c SGB V im bisher durch Gesamtverträge geprägten System der Gesetzlichen Krankenversicherung nicht für alle Einzelverträge ohne Rücksicht auf deren konkreten Vertragsgegenstand angenommen werden. Einzelverträge, die das gesamtvertragliche System nicht nur ergänzen ("add-on-Verträge"), sondern (teilweise) substituieren, mögen in vielen Fällen, nicht jedoch notwendig in allen Fällen grundsätzliche Bedeutung i. S. d § 79 Abs. 3 Nr. 3 SGB V haben. "Add-on-Verträgen" - zu diesen Verträgen sind auch die von der Klägerin mit Schreiben vom 24.09.2012 vorgelegten, von der Klägerin bisher abgeschlossenen Verträge zu rechnen, die im Kern lediglich für bestimmte zahnärztliche Leistungen zusätzliche Abrechnungsmöglichkeiten auf der Grundlage privatärztlicher Gebührenordnungen vorsehen - wird vielfach keine grundsätzliche Bedeutung zukommen. Ein pauschaler Genehmigungsvorbehalt zugunsten der Vertreterversammlung, der unterschiedslos für alle Einzelverträge nach § 73c Abs. 3 SGB V gilt, begründet infolgedessen eine unzulässige Mitverwaltung der Vertreterversammlung neben dem Vorstand und greift in das diesem gesetzlich zugewiesene laufende (operative) Verwaltungsgeschäft ein. Das ist auch bei Vertragsgegenständen von herausragender (aber nicht grundsätzlicher) Bedeutung nicht zulässig (so Vahldiek, in: Hauck/Noftz, SGB V § 79 Rdnr. 7; vgl. auch Liebhold/Zalewski, Kassenarztrecht § 79 Anm. 8 LZ C 79-14). Dass es im Einzelfall schwierig sein kann, für die Klägerin grundsätzlich bedeutsame und grundsätzlich nicht bedeutsame Einzelverträge voneinander abzugrenzen, rechtfertigt einen pauschalen Genehmigungsvorbehalt für alle Einzelverträge nicht. Das gilt auch dann, wenn man der Vertreterversammlung beim Satzungserlass für die Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs "grundsätzliche Bedeutung" in § 79 Abs. 3 Nr. 3 SGB V einen Beurteilungsspielraum zugesteht, der auch die Rechtskontrolle der Aufsichtsbehörde beschränken könnte. Die (aus § 79 Abs. 3 Nr. 3 SGB V selbst folgenden) rechtlichen Grenzen eines solchen Beurteilungsspielraums sind mit einem pauschalen Genehmigungsvorbehalt der in Rede stehenden Art in jedem Fall überschritten.
Die Kompetenz der Vertreterversammlung als Aufsichtsorgan rechtfertigt die Einführung eines Genehmigungsvorbehalts bei Einzelverträgen nach § 73c Abs. 3 SGB V schon im Ansatz nicht, da es sich dabei nicht um eine Maßnahme zur (bloßen) Überwachung des Vorstands i. S. d. § 73 Abs. 3 Nr. 2 SGB V, sondern um eine Beschränkung seiner Kompetenzen (§ 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V) handelt. Rechtlich ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang der (wohl den Hintergrund des Verfahrens bildende) Umstand, dass im derzeitigen dreiköpfigen Vorstand der Klägerin nur ein Zahnarzt neben zwei Vertretern mit anderer Vorbildung vertreten sein soll (wohl weil die Hauptamtlichkeit für Zahnärzte die Aufgabe der bisher geführten Praxis voraussetzt). Die Abgrenzung der Kompetenzen zwischen Vorstand und Vertreterversammlung kann nicht davon abhängen, ob dem (selbst gewählten) Vorstand vertraut wird oder ob seine Tätigkeit von vornherein misstrauisch verfolgt wird.
Die Kompetenzen der Vertreterversammlung als Selbstverwaltungs- und Hauptorgan der Klägerin sind durch die ihr in § 7 h cc (n. F.) der Satzung übertragene Beschlussfassung von Eckpunkten der Vertragspolitik auch hinsichtlich der Einzelverträge nach § 73c Abs. 3 SGB V und die in § 5e der Satzung außerdem vorgesehene Anhörung des Landesbeirats vor dem Abschluss von Einzelverträgen hinreichend gesichert; für die genannten Satzungsänderungen ist die Satzungsgenehmigung erteilt worden.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG.
Rechtskraft
Aus
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