Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 1 R 3098/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 4382/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 26. August 2009 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Berücksichtigung der Zeit vom 1.10.1974 bis 30.6.1990 als Beitragszeit.
Die 1940 geborene Klägerin kam im Juli 1990 aus R. in die Bundesrepublik Deutschland. Sie ist Inhaberin des Vertriebenenausweises A. In R. war sie in der Zeit vom 1.4.1970 bis 30.9.1974 als Teppichknüpferin beschäftigt. Danach war sie – nach ihren Angaben – als Strickerin selbstständig tätig und hat zuhause Wolle gerupft, gesponnen und für andere verstrickt. In der Bundesrepublik Deutschland war sie vom 9.11.1990 bis 30.4.2005 versicherungspflichtig beschäftigt.
Mit Bescheid vom 12.12.1995 stellte die Landesversicherungsanstalt (LVA) Baden, Rechtsvorgängerin der LVA Baden-Württemberg bzw. der späteren Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg, Versicherungszeiten bis 31.12.1988 verbindlich fest. Darin anerkannte sie die Zeit vom 1.9.1959 bis 31.8.1960 als Kindererziehungszeit für H., geboren 1959, und die Zeit vom 15.8.1959 bis 14.8.1969 als Berücksichtigungszeit sowie die Zeit vom 1.11.1962 bis 31.10.1963 als Kindererziehungszeit für J. und die Zeit vom 2.10.1962 bis 1.10.1972 als Berücksichtigungszeit. Die Anerkennung der Zeit vom 1.10.1974 bis 30.6.1990 als Beitragszeit lehnte die LVA Baden mit der Begründung ab, in dieser Zeit sei eine selbstständige Tätigkeit ausgeübt worden. Versicherungspflicht habe nicht bestanden und Beiträge seien nicht gezahlt worden. Im beigefügten Versicherungsverlauf berücksichtigte sie die Zeit vom 1.4.1970 bis 30.9.1974 als glaubhaft gemachte Beitragszeit nach dem Fremdrentengesetz (FRG).
Mit weiteren Bescheiden vom 30.4.1998 und 27.11.2002 stellte die LVA Baden-Württemberg die Zeiten bis 31.12.1991 bzw. 31.12.1995 verbindlich fest, soweit sie nicht bereits früher festgestellt worden waren.
Am 29.10.2003 beantragte die Klägerin bei der LVA Baden-Württemberg die Überprüfung der bisherigen Feststellungen und begehrte die Berücksichtigung der Zeit von Oktober 1974 bis Juni 1990 als Beitragszeit. Zur Begründung führte sie aus, sie sei als Strickerin selbstständig tätig gewesen, habe Steuern bezahlt und Beiträge zur C., der Zentralsozialversicherungskasse der Handwerkergenossenschaften, abgeführt. Sie versicherte "eidesstattlich", dass sie ein C.-Büchlein besessen habe, das in R. bei einem Umzug der Rentenversicherung verloren gegangen sei. Sie legte Zeugenerklärungen der A. S. vom 3.12.2003, der E. S. vom 4.12.2003, der M. R. vom 5.12.2003, der E. L. vom 8.12.2003 sowie der E. G. vom 16.12.2003 vor, die bestätigten, dass die Klägerin als Strickerin selbstständig tätig gewesen sei. Weiter legte die Klägerin eine Bescheinigung Nr. 2619 der öffentlichen Finanzverwaltung B. vom 27.2.2004 vor. Darin wird bestätigt, dass die Klägerin in den Steuerverzeichnissen unter der Position B. Nr. 425 von 1975 bis 1990 mit Einkünften aus einem ausgeübten Beruf eingetragen sei. Sie habe für diese Einkünfte die zustehenden Steuern gezahlt und sei nicht mit Schulden eingetragen.
Mit Bescheid vom 26.5.2004 stellte die LVA Baden-Württemberg die Zeiten bis 31.12.1997 verbindlich fest, soweit sie nicht bereits früher festgestellt worden waren. Weiter führte sie aus, wie der Klägerin bereits früher (mit Schreiben vom 12.1.2004) mitgeteilt, enthielten die Zeugenerklärungen keinerlei Angaben über den genauen Zeitraum der selbstständigen Tätigkeit als Strickerin. Außerdem sei ihnen nicht zu entnehmen, ob Beiträge zur Rentenversicherung abgeführt worden seien. Bei selbstständig Tätigen könne nicht davon ausgegangen werden, dass Beiträge zur Rentenversicherung auch tatsächlich gezahlt worden seien. Aus dem Schreiben der Finanzverwaltung gehe lediglich hervor, dass die Klägerin im Zeitraum von 1975 bis 1990 die erforderlichen Steuern gezahlt habe. Dies diene jedoch nicht als Nachweis, dass entsprechende Beiträge zur Sozialversicherung gezahlt worden seien. Die Anerkennung als Beitragszeit könne aufgrund der vorgelegten Bescheinigung nicht erfolgen. Es verbleibe bei der Anerkennung vom 27.12.2002 (gemeint wohl: im Bescheid vom 27.11.2002).
Hiergegen legte die Klägerin am 18.6.2004 Widerspruch ein und trug vor, gemäß Art. 8 des – r. – Gesetzes über die Ausübung der Handwerke durch Handwerker in eigenen Werkstätten vom 14.5.1968 seien alle selbstständigen Handwerker ab dem 16.7.1968 versicherungspflichtig gewesen. Da sie die Tätigkeit ganz offiziell ausgeübt habe, sei davon auszugehen, dass auch entsprechende Beiträge entrichtet worden seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.11.2004 wies die LVA Baden-Württemberg den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 30.11.2004 Klage zum Sozialgericht (SG) Heilbronn erhoben (S 1 RJ 3570/04). Mit Beschluss vom 13.7.2007 ist das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden, das später unter dem Az. S 1 R 3098/06 fortgeführt worden ist.
Auf den Rentenantrag der Klägerin vom Januar 2005 gewährte die LVA Baden-Württemberg der Klägerin mit Bescheid vom 11.2.2005 ab 1.5.2005 Regelaltersrente i.H.v. 226,12 EUR, wobei die streitige Zeit unberücksichtigt blieb. Die Klägerin legte am 21.2.2005 Widerspruch ein und wandte sich gegen die Anwendung von § 22 Abs. 4 FRG. Über diesen Widerspruch wurde bisher nicht entschieden. Die Zahlung der Rente ist mit Wirkung vom 1.11.2006 von der Deutsche Rentenversicherung Unterfranken, nunmehr Deutsche Rentenversicherung Nordbayern, übernommen worden, die durch Beschluss des SG vom 7.2.2007 zum Klageverfahren beigeladen worden ist. Am 26.11.2008 ist der Beiladungsbeschluss aufgehoben worden, weil die Deutsche Rentenversicherung Nordbayern im Wege der Funktionsnachfolge an die Stelle der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg getreten ist.
Die Klägerin hat vorgetragen, in R. habe man nicht arbeiten dürfen, ohne Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten und ohne Steuern zu zahlen. Sie sei bei der C. angemeldet gewesen und habe Steuern bezahlt. Man habe wählen können, ob man jährliche oder monatliche Beiträge zur C. entrichte. Sie habe die Beiträge jeden Monat gezahlt, und zwar jeweils 112 Lei, die sie per Post überwiesen habe. Steuern seien halbjährlich oder jährlich zu zahlen gewesen. Es habe sich dabei um ca. 1.200 Lei jährlich gehandelt. Sie habe monatlich ca. 1.000 oder 2.000 Lei verdient. In ihrem Ort habe es noch weitere Strickerinnen, vielleicht zehn, gegeben. Ob diese auch bei der C. gewesen seien, wisse sie nicht. Das C.-Büchlein sei für die Eintragungen eingezogen worden und bei einem zweimaligen Umzug der C. ca. 1991 verloren gegangen. Die C. habe sich aufgelöst und sei zur Arbeitskammer verlegt worden. Diese Antworten hätten sie bei Nachfragen in R. erhalten. Am 14.5.2005 habe sie Anfragen an die C. und die U. per Brief und am 19.12.2005 an die U. per Mail sowie erneut an beide Träger per Brief gerichtet. Auf einem Formblatt der C., der Nationalen Versicherungs- und Rentenkasse, habe sie am 11.5.2006 Angaben gemacht und eine Antwort vom 7.7.2006 erhalten, in der allerdings Beginn und Ende ihrer Tätigkeit, ihr Geburtsdatum und ihr Beruf falsch bezeichnet worden seien.
Die Beklagte hat über die deutsch-r. Verbindungsstelle eine Auskunft des Bezirksrentenamtes T. vom 17.10.2008 eingeholt, in der u. a. ausgeführt wird: "Der Zeitraum aus der Bescheinigung Nr. 261 (gemeint: 2619) stellt keine Beschäftigungszeit dar, da nicht belegt wird, dass sie mit Arbeitsvertrag beschäftigt war und dass Sozialversicherungsbeitrag abgeführt wurde. [Anzugeben sind] die Entgelte der Einstufung oder, falls sie einen Versicherungsvertrag hatte, die Versicherungssumme". Ferner hat sie ausgeführt, nach ihrer Kenntnis habe es sich bei dem zu entrichtenden Beitrag der selbstständigen Handwerker um einen festgelegten Betrag gehandelt, differenziert nach der jeweiligen Beitragsklasse, welche vom zu versteuernden Einkommen abhängig gewesen sei. Aus einem ihr vorliegenden Beitragsblatt zum Sozialversicherungsbuch gehe hervor, dass die Beiträge monatlich zu entrichten waren. Aus dem Dekret Nr. 92/1976 des Staatsrates vom 16.4.1976 über das r. Arbeitsbuch (Kap. 1 Art. 2) ergebe sich, dass auch für Mitglieder der Handwerksgenossenschaften ein Arbeitsbuch auszustellen sei. Dies habe nach einer Auskunft der C. auch nicht bei der Ausreise zurückgelassen werden müssen.
Die Beklagte hat erklärt, sie werde die Rente der Klägerin ab 1.5.2005 neu berechnen und höhere Zahlungen erbringen, wobei § 44 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) unberücksichtigt bleibe, wenn nach rechtskräftiger Beendigung des Klageverfahrens weitere Versicherungszeiten vorzumerken seien.
Mit Urteil vom 26.8.2009 hat das SG den Bescheid vom 26.5.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.11.2004 abgeändert und die Beklagte verurteilt, unter teilweiser Rücknahme des Bescheides vom 12.12.1995 die Zeit vom 1.10.1974 bis 30.6.1990 als glaubhaft gemachte Beitragszeit anzuerkennen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die zur Altersrente der Klägerin ergangenen Rentenbescheide seien in das Klageverfahren nicht einbezogen worden, weil sich die Beklagte in der mündlichen Verhandlung bereit erklärt habe, die Altersrente neu zu berechnen und höhere Zahlungen zu erbringen, soweit das vorliegende Klageverfahren zu Gunsten der Klägerin rechtskräftig beendet werde. Die Klägerin habe Anspruch auf teilweise Rücknahme des bestandskräftigen Vormerkungsbescheides vom 12.12.1995 und auf Vormerkung der Zeit vom 1.10.1974 bis 30.6.1990 als glaubhaft gemachte Beitragszeit. Verfahrensrechtlich stütze sich der Anspruch der Klägerin auf § 44 SGB X. Die Klägerin habe als Strickerin eine handwerkliche Tätigkeit ausgeübt. Sie sei deshalb aufgrund des r. Gesetzes vom 14.5.1968 zur Entrichtung von Beiträgen an die C. verpflichtet gewesen. Die Klägerin habe schriftlich im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren sowie ausführlich, detailreich und hinsichtlich der wesentlichen Merkmale auch konstant bei ihrer Anhörung in zwei Gerichtsterminen nicht nur die – durch die Bescheinigung Nr. 2619 nachgewiesene – Abführung von Steuern, sondern auch der Pflichtbeiträge zur C. geschildert. Sie habe eine monatliche Beitragsabführung in einer von ihr gewählten fixen Beitragshöhe auf dem Postwege beschrieben. Im Einklang mit einer solchen monatlichen Beitragsentrichtung stehe der von der Beklagten vorgelegte Arbeitsbuchauszug aus einem anderen Verwaltungsverfahren (Beispielverfahren), der die Entrichtung von Beiträgen einer Handwerkerin mit eigenem Betrieb bestätige. Insgesamt überwögen die Gründe, die für eine Beitragsentrichtung der Klägerin als selbstständige Strickerin zur Handwerkerversicherung sprächen. Nur von geringer Bedeutung seien Restzweifel, die sich im Wesentlichen an den Vortrag der Klägerin knüpften, im gesamten streitigen Zeitraum seien sowohl ihre Jahreseinnahmen als auch die Höhe der Beiträge unverändert geblieben. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 4.9.2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt und ausgeführt, die Klägerin habe für eine Beitragsentrichtung keinerlei Nachweise erbracht. Die Klägerin habe angegeben, sie habe die Beiträge für die Rentenversicherung auf der Post überwiesen. Für diese Überweisungen habe die Klägerin jedoch keine Nachweise vorlegen können. Die Klägerin habe auch nicht die Existenz eines Arbeitsbuches noch dessen Verlust glaubhaft gemacht. Sie habe weder die genauen Umstände des Verlustes dargelegt noch Nachweise über Bemühungen, ein neues Arbeitsbuch zu erhalten. Auch gebe es keine Belege, dass die Klägerin überhaupt bei der C. als beitragspflichtige Handwerkerin gemeldet gewesen sei. Bei der C. hätten keine entsprechenden Dokumente beschafft werden können. Der streitige Zeitraum könne nicht als glaubhaft gemacht angesehen und deshalb nicht als Beitragszeit anerkannt werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert, für die Glaubhaftmachung sei es ausreichend, wenn bei Würdigung aller Gesamtumstände die gute Möglichkeit bestehe, dass sich der Vorgang so, wie er behauptet werde, zugetragen habe, und wenn für das Vorliegen dieser Möglichkeit trotz verbleibender begründeter Zweifel letztlich mehr spreche als dagegen. Diese Würdigung habe das SG in aller Ausführlichkeit vorgenommen und sei zum Schluss gekommen, dass die Gründe für die Beitragsentrichtung überwögen. Niemand von den Handwerkern oder Strickerinnen habe damals ein Arbeitsbuch oder Büchlein ausgehändigt bekommen. Diese hätten sich bei der Firma, der Vers., dem Personalbüro befunden. Sie habe nie ein C.- Büchlein besessen. Alle Handwerker hätten nachträglich eine Bescheinigung (Adeverinta) bekommen.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anerkennung der Zeit vom 1.10.1974 bis 30.6.1990 als glaubhaft gemachte Beitragszeit bzw. auf Berücksichtigung dieser Zeit bei der Rentengewährung.
Mit ihrer ursprünglichen Klage hat sich die Klägerin gegen den Bescheid vom 26.5.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.11.2004 gewandt, soweit darin (weiterhin) die Anerkennung der Zeit vom 1.10.1974 bis 30.6.1990 als Beitragszeit abgelehnt worden war und sich die Beklagte auf frühere bestandskräftige Feststellungen berufen hat. Nach Klagerhebung ist der Rentenbescheid vom 11.2.2005 ergangen, mit dem der Klägerin ab 1.5.2005 Regelaltersrente gewährt wurde.
Nach der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 14.12.2011, B 5 R 36/11, in Juris) werden streitbefangene Tatbestände rentenrechtlicher Zeiten im Vormerkungsbescheid durch einen im Klage- bzw. Berufungsverfahren ergehenden Rentenbescheid, nach § 96 Abs. 1 SGG ersetzt. Begründet wird dies damit, dass es sich zwar bei der Feststellung des Tatbestandes einer rentenrechtlichen Zeit einerseits und der Rentenwertfestsetzung unter Berücksichtigung auch dieser Zeit andererseits nicht um Verwaltungsakte mit identischem Regelungsgehalt handelt, aber beide jedoch hinsichtlich ein und desselben Rechtsverhältnisses in einem Verhältnis sachlicher und zeitlicher Exklusivität zueinander stehen. Durch die Feststellung einer Leistung bedarf es keiner Entscheidung im vorbereitenden Verfahren über die Feststellung einzelner wertbestimmender Umstände mehr. Die hierzu ergangenen Verwaltungsakte erledigen sich ungeachtet ihrer Anfechtung "auf andere Weise" (§ 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – SGB X –). Das insofern anhängige Klageverfahren findet insoweit seine Fortsetzung im Streit über den Rentenbescheid, auf den § 96 Abs. 1 SGG in der Fassung vom 26.3.2008 unmittelbar anzuwenden ist (BSG, Urteil vom 14.12.2011, a. a. O.).
Im Rentenbescheid vom 11.2.2009 hat die Beklagte zu Recht die Zeit vom 1.10.1974 bis 30.6.1990 nicht als Beitragszeit berücksichtigt. Denn die Beklagte hatte mit dem bindend gewordenen Bescheid vom 12.12.1995 nicht zu Unrecht die Anerkennung der Zeit vom 1.10.1974 bis 30.6.1990 als Beitragszeit abgelehnt. Ein Anspruch der Klägerin auf Berücksichtigung dieser Zeit bei der Rentenberechnung besteht nicht.
Die Klägerin gehört nach § 1 Buchst. a Fremdrentengesetz (FRG) zu dem Personenkreis, auf den das FRG Anwendung findet.
Nach § 15 Abs. 1 FRG stehen Beitragszeiten, die bei einem nicht-deutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Sind die Beiträge aufgrund einer abhängigen Beschäftigung oder einer selbstständigen Tätigkeit entrichtet, so steht die ihnen zu Grunde liegende Beschäftigung oder Tätigkeit einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit im Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.
Nach § 4 Abs. 1 FRG genügt es für die Feststellung der nach diesem Gesetz erheblichen Tatsachen, wenn sie glaubhaft gemacht sind. Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Nach Abs. 2 gilt Abs. 1 auch für außerhalb der Bundesrepublik Deutschland eingetretene Tatsachen, die nach den allgemeinen Vorschriften erheblich sind.
Nach Überzeugung des Senats ist nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstreckt haben, eine Beitragsentrichtung in der streitigen Zeit nicht überwiegend wahrscheinlich. Vielmehr bestehen erhebliche Zweifel, dass die Klägerin in der oben genannten Zeit Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet hat.
Aus dem Umstand, dass durch Art. 8 des "Gesetzes über die Ausübung der Handwerke durch Handwerker in eigenen Werkstätten" vom 14.5.1968 die Möglichkeit der freiwilligen Versicherung entfallen ist und seit dem 16.7.1968 alle selbstständigen Handwerker versicherungspflichtig in der Zentralsozialversicherungskasse waren, bei der es sich um ein System nach § 15 Abs. 2 FRG handelt, lässt sich schon nicht ableiten, dass die Klägerin von dieser Vorschrift mit umfasst war. Denn die Klägerin besaß keinen Handwerksbetrieb im eigentlichen Sinne wie z.B. eine Schmiede, Schlosserei, Schreinerei o. ä., sondern sie übte ihre Tätigkeit als Strickerin zuhause ohne eine spezielle Werkstatt aus und benötigte für ihre Tätigkeit lediglich eine Strickmaschine und keine sonstigen Betriebseinrichtungen, die für einen Handwerksbetrieb kennzeichnend sind. Angesichts dessen ist schon nicht feststellbar, dass die Klägerin aufgrund ihrer selbstständigen Tätigkeit als Strickerin überhaupt versicherungspflichtig war.
Darüber hinaus hat auch kein Rentenversicherungsträger bestätigt, dass die Klägerin bei ihm versicherungspflichtig war und Beiträge entrichtet hat. Irgendeine Bescheinigung der C., dass sie bei dieser im streitigen Zeitraum versichert gewesen ist und Beiträge entrichtet hat, hat die Klägerin nicht vorgelegt und konnten auch nicht von der Beklagten bzw. über die Verbindungsstelle beigezogen werden. Die U. hat ebenfalls keine Versicherungszeiten und Beitragsleistungen der Klägerin bestätigt. Die Nationale Versicherungs- und Rentenkasse C. hat zwar am 5.5.2006 Angaben über eine Person mit dem Namen "P. C., geboren 1940, gearbeitete Jahre 1.1.1977 - 1.7.1989 Beruf Schneiderin" gemacht, wobei jedoch schon nicht erkennbar ist, dass es sich hierbei um die 1940 geborene Klägerin, die ab 1.10.1974 bis 30.6.1990 als selbstständige Strickerin gearbeitet hat, gehandelt hat. Auch die Angabe des Bezirksrentenamtes in T. vom 17.10.2008 belegt weder eine Beschäftigungszeit noch eine Beitragszeit aufgrund selbstständiger Tätigkeit, zumal ergänzend ausgeführt wird: "(Anzugeben sind) die Entgelte der Einstufung andernfalls sie ein Versicherungsvertrag hatte, die Versicherungssumme".
Der Umstand, dass die Klägerin zunächst unter dem 5.12.2003 "eidesstattlich" versichert hat, sie habe ein C.-Büchlein besessen, das in R. bei einem Umzug der Rentenversicherung verloren gegangen sei, während sie später (in der mündlichen Verhandlung vom 26.8.2009 und mit Schriftsatz vom 8.4.2010) angegeben hat, sie habe niemals ein C.-Büchlein besessen, führt ebenfalls zu Zweifeln an der Entrichtung von Beiträgen für die selbstständige Tätigkeit. Auch die Angaben der Klägerin, sie habe im gesamten streitigen Zeitraum unveränderte Jahreseinnahmen gehabt und die Höhe der Beiträge habe im gesamten Zeitraum unverändert bei monatlich 112 L. gelegen, führt zu Zweifeln beim Senat. So ist schon nicht erkennbar, welche Entgelte der Einstufung zugrunde lagen und wovon diese konkret abhing. Im vorgelegten Beispielsfall hat die U. nämlich den Beitrag (1312 bzw. 1718), die Klasse (III) sowie die Eintragsdaten bescheinigt. Dass von 1974 bis 1990 keine Einkommenssteigerung und keine Beitragserhöhung stattgefunden haben soll, erscheint dem Senat fraglich, zumal aus anderen Verfahren mit abhängig Beschäftigten bekannt ist, dass die Arbeitseinkommen Schwankungen unterworfen waren.
Die Behauptung der Klägerin, sie habe monatlich 112 L. an die C. durch Einzahlung bei der Post entrichtet, ist nicht geeignet, die oben genannten Zweifel an der Entrichtung auszuräumen, zumal kein Rentenversicherungsträger eine Mitgliedschaft der Klägerin in der Rentenversicherung in der streitigen Zeit und insbesondere eine Beitragsentrichtung bestätigen konnte und keinerlei Unterlagen über eine Beitragszahlung vorliegen.
Nicht nachvollziehbar ist auch, dass die Klägerin nicht umgehend nach Erhalt des Bescheides vom 12.12.1995, in dem ausgeführt wird, die streitige Zeit könne nicht als Beitragszeit anerkannt werden, weil eine Versicherungspflicht nicht bestanden habe und Beiträge nicht gezahlt worden seien, Widerspruch eingelegt und vorgetragen hat, dass sie in jener Zeit bei der C. versichert gewesen sei und Beiträge abgeführt habe, zumal zeitnäher bessere Aufklärungsmöglichkeiten bestanden hätten. Das Vorliegen einer Beitragszahlung ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände und erreichbarer Beweismittel nicht überwiegend wahrscheinlich.
Nach alledem war auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass das Begehren der Klägerin keinen Erfolg hatte.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Berücksichtigung der Zeit vom 1.10.1974 bis 30.6.1990 als Beitragszeit.
Die 1940 geborene Klägerin kam im Juli 1990 aus R. in die Bundesrepublik Deutschland. Sie ist Inhaberin des Vertriebenenausweises A. In R. war sie in der Zeit vom 1.4.1970 bis 30.9.1974 als Teppichknüpferin beschäftigt. Danach war sie – nach ihren Angaben – als Strickerin selbstständig tätig und hat zuhause Wolle gerupft, gesponnen und für andere verstrickt. In der Bundesrepublik Deutschland war sie vom 9.11.1990 bis 30.4.2005 versicherungspflichtig beschäftigt.
Mit Bescheid vom 12.12.1995 stellte die Landesversicherungsanstalt (LVA) Baden, Rechtsvorgängerin der LVA Baden-Württemberg bzw. der späteren Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg, Versicherungszeiten bis 31.12.1988 verbindlich fest. Darin anerkannte sie die Zeit vom 1.9.1959 bis 31.8.1960 als Kindererziehungszeit für H., geboren 1959, und die Zeit vom 15.8.1959 bis 14.8.1969 als Berücksichtigungszeit sowie die Zeit vom 1.11.1962 bis 31.10.1963 als Kindererziehungszeit für J. und die Zeit vom 2.10.1962 bis 1.10.1972 als Berücksichtigungszeit. Die Anerkennung der Zeit vom 1.10.1974 bis 30.6.1990 als Beitragszeit lehnte die LVA Baden mit der Begründung ab, in dieser Zeit sei eine selbstständige Tätigkeit ausgeübt worden. Versicherungspflicht habe nicht bestanden und Beiträge seien nicht gezahlt worden. Im beigefügten Versicherungsverlauf berücksichtigte sie die Zeit vom 1.4.1970 bis 30.9.1974 als glaubhaft gemachte Beitragszeit nach dem Fremdrentengesetz (FRG).
Mit weiteren Bescheiden vom 30.4.1998 und 27.11.2002 stellte die LVA Baden-Württemberg die Zeiten bis 31.12.1991 bzw. 31.12.1995 verbindlich fest, soweit sie nicht bereits früher festgestellt worden waren.
Am 29.10.2003 beantragte die Klägerin bei der LVA Baden-Württemberg die Überprüfung der bisherigen Feststellungen und begehrte die Berücksichtigung der Zeit von Oktober 1974 bis Juni 1990 als Beitragszeit. Zur Begründung führte sie aus, sie sei als Strickerin selbstständig tätig gewesen, habe Steuern bezahlt und Beiträge zur C., der Zentralsozialversicherungskasse der Handwerkergenossenschaften, abgeführt. Sie versicherte "eidesstattlich", dass sie ein C.-Büchlein besessen habe, das in R. bei einem Umzug der Rentenversicherung verloren gegangen sei. Sie legte Zeugenerklärungen der A. S. vom 3.12.2003, der E. S. vom 4.12.2003, der M. R. vom 5.12.2003, der E. L. vom 8.12.2003 sowie der E. G. vom 16.12.2003 vor, die bestätigten, dass die Klägerin als Strickerin selbstständig tätig gewesen sei. Weiter legte die Klägerin eine Bescheinigung Nr. 2619 der öffentlichen Finanzverwaltung B. vom 27.2.2004 vor. Darin wird bestätigt, dass die Klägerin in den Steuerverzeichnissen unter der Position B. Nr. 425 von 1975 bis 1990 mit Einkünften aus einem ausgeübten Beruf eingetragen sei. Sie habe für diese Einkünfte die zustehenden Steuern gezahlt und sei nicht mit Schulden eingetragen.
Mit Bescheid vom 26.5.2004 stellte die LVA Baden-Württemberg die Zeiten bis 31.12.1997 verbindlich fest, soweit sie nicht bereits früher festgestellt worden waren. Weiter führte sie aus, wie der Klägerin bereits früher (mit Schreiben vom 12.1.2004) mitgeteilt, enthielten die Zeugenerklärungen keinerlei Angaben über den genauen Zeitraum der selbstständigen Tätigkeit als Strickerin. Außerdem sei ihnen nicht zu entnehmen, ob Beiträge zur Rentenversicherung abgeführt worden seien. Bei selbstständig Tätigen könne nicht davon ausgegangen werden, dass Beiträge zur Rentenversicherung auch tatsächlich gezahlt worden seien. Aus dem Schreiben der Finanzverwaltung gehe lediglich hervor, dass die Klägerin im Zeitraum von 1975 bis 1990 die erforderlichen Steuern gezahlt habe. Dies diene jedoch nicht als Nachweis, dass entsprechende Beiträge zur Sozialversicherung gezahlt worden seien. Die Anerkennung als Beitragszeit könne aufgrund der vorgelegten Bescheinigung nicht erfolgen. Es verbleibe bei der Anerkennung vom 27.12.2002 (gemeint wohl: im Bescheid vom 27.11.2002).
Hiergegen legte die Klägerin am 18.6.2004 Widerspruch ein und trug vor, gemäß Art. 8 des – r. – Gesetzes über die Ausübung der Handwerke durch Handwerker in eigenen Werkstätten vom 14.5.1968 seien alle selbstständigen Handwerker ab dem 16.7.1968 versicherungspflichtig gewesen. Da sie die Tätigkeit ganz offiziell ausgeübt habe, sei davon auszugehen, dass auch entsprechende Beiträge entrichtet worden seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.11.2004 wies die LVA Baden-Württemberg den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 30.11.2004 Klage zum Sozialgericht (SG) Heilbronn erhoben (S 1 RJ 3570/04). Mit Beschluss vom 13.7.2007 ist das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden, das später unter dem Az. S 1 R 3098/06 fortgeführt worden ist.
Auf den Rentenantrag der Klägerin vom Januar 2005 gewährte die LVA Baden-Württemberg der Klägerin mit Bescheid vom 11.2.2005 ab 1.5.2005 Regelaltersrente i.H.v. 226,12 EUR, wobei die streitige Zeit unberücksichtigt blieb. Die Klägerin legte am 21.2.2005 Widerspruch ein und wandte sich gegen die Anwendung von § 22 Abs. 4 FRG. Über diesen Widerspruch wurde bisher nicht entschieden. Die Zahlung der Rente ist mit Wirkung vom 1.11.2006 von der Deutsche Rentenversicherung Unterfranken, nunmehr Deutsche Rentenversicherung Nordbayern, übernommen worden, die durch Beschluss des SG vom 7.2.2007 zum Klageverfahren beigeladen worden ist. Am 26.11.2008 ist der Beiladungsbeschluss aufgehoben worden, weil die Deutsche Rentenversicherung Nordbayern im Wege der Funktionsnachfolge an die Stelle der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg getreten ist.
Die Klägerin hat vorgetragen, in R. habe man nicht arbeiten dürfen, ohne Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten und ohne Steuern zu zahlen. Sie sei bei der C. angemeldet gewesen und habe Steuern bezahlt. Man habe wählen können, ob man jährliche oder monatliche Beiträge zur C. entrichte. Sie habe die Beiträge jeden Monat gezahlt, und zwar jeweils 112 Lei, die sie per Post überwiesen habe. Steuern seien halbjährlich oder jährlich zu zahlen gewesen. Es habe sich dabei um ca. 1.200 Lei jährlich gehandelt. Sie habe monatlich ca. 1.000 oder 2.000 Lei verdient. In ihrem Ort habe es noch weitere Strickerinnen, vielleicht zehn, gegeben. Ob diese auch bei der C. gewesen seien, wisse sie nicht. Das C.-Büchlein sei für die Eintragungen eingezogen worden und bei einem zweimaligen Umzug der C. ca. 1991 verloren gegangen. Die C. habe sich aufgelöst und sei zur Arbeitskammer verlegt worden. Diese Antworten hätten sie bei Nachfragen in R. erhalten. Am 14.5.2005 habe sie Anfragen an die C. und die U. per Brief und am 19.12.2005 an die U. per Mail sowie erneut an beide Träger per Brief gerichtet. Auf einem Formblatt der C., der Nationalen Versicherungs- und Rentenkasse, habe sie am 11.5.2006 Angaben gemacht und eine Antwort vom 7.7.2006 erhalten, in der allerdings Beginn und Ende ihrer Tätigkeit, ihr Geburtsdatum und ihr Beruf falsch bezeichnet worden seien.
Die Beklagte hat über die deutsch-r. Verbindungsstelle eine Auskunft des Bezirksrentenamtes T. vom 17.10.2008 eingeholt, in der u. a. ausgeführt wird: "Der Zeitraum aus der Bescheinigung Nr. 261 (gemeint: 2619) stellt keine Beschäftigungszeit dar, da nicht belegt wird, dass sie mit Arbeitsvertrag beschäftigt war und dass Sozialversicherungsbeitrag abgeführt wurde. [Anzugeben sind] die Entgelte der Einstufung oder, falls sie einen Versicherungsvertrag hatte, die Versicherungssumme". Ferner hat sie ausgeführt, nach ihrer Kenntnis habe es sich bei dem zu entrichtenden Beitrag der selbstständigen Handwerker um einen festgelegten Betrag gehandelt, differenziert nach der jeweiligen Beitragsklasse, welche vom zu versteuernden Einkommen abhängig gewesen sei. Aus einem ihr vorliegenden Beitragsblatt zum Sozialversicherungsbuch gehe hervor, dass die Beiträge monatlich zu entrichten waren. Aus dem Dekret Nr. 92/1976 des Staatsrates vom 16.4.1976 über das r. Arbeitsbuch (Kap. 1 Art. 2) ergebe sich, dass auch für Mitglieder der Handwerksgenossenschaften ein Arbeitsbuch auszustellen sei. Dies habe nach einer Auskunft der C. auch nicht bei der Ausreise zurückgelassen werden müssen.
Die Beklagte hat erklärt, sie werde die Rente der Klägerin ab 1.5.2005 neu berechnen und höhere Zahlungen erbringen, wobei § 44 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) unberücksichtigt bleibe, wenn nach rechtskräftiger Beendigung des Klageverfahrens weitere Versicherungszeiten vorzumerken seien.
Mit Urteil vom 26.8.2009 hat das SG den Bescheid vom 26.5.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.11.2004 abgeändert und die Beklagte verurteilt, unter teilweiser Rücknahme des Bescheides vom 12.12.1995 die Zeit vom 1.10.1974 bis 30.6.1990 als glaubhaft gemachte Beitragszeit anzuerkennen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die zur Altersrente der Klägerin ergangenen Rentenbescheide seien in das Klageverfahren nicht einbezogen worden, weil sich die Beklagte in der mündlichen Verhandlung bereit erklärt habe, die Altersrente neu zu berechnen und höhere Zahlungen zu erbringen, soweit das vorliegende Klageverfahren zu Gunsten der Klägerin rechtskräftig beendet werde. Die Klägerin habe Anspruch auf teilweise Rücknahme des bestandskräftigen Vormerkungsbescheides vom 12.12.1995 und auf Vormerkung der Zeit vom 1.10.1974 bis 30.6.1990 als glaubhaft gemachte Beitragszeit. Verfahrensrechtlich stütze sich der Anspruch der Klägerin auf § 44 SGB X. Die Klägerin habe als Strickerin eine handwerkliche Tätigkeit ausgeübt. Sie sei deshalb aufgrund des r. Gesetzes vom 14.5.1968 zur Entrichtung von Beiträgen an die C. verpflichtet gewesen. Die Klägerin habe schriftlich im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren sowie ausführlich, detailreich und hinsichtlich der wesentlichen Merkmale auch konstant bei ihrer Anhörung in zwei Gerichtsterminen nicht nur die – durch die Bescheinigung Nr. 2619 nachgewiesene – Abführung von Steuern, sondern auch der Pflichtbeiträge zur C. geschildert. Sie habe eine monatliche Beitragsabführung in einer von ihr gewählten fixen Beitragshöhe auf dem Postwege beschrieben. Im Einklang mit einer solchen monatlichen Beitragsentrichtung stehe der von der Beklagten vorgelegte Arbeitsbuchauszug aus einem anderen Verwaltungsverfahren (Beispielverfahren), der die Entrichtung von Beiträgen einer Handwerkerin mit eigenem Betrieb bestätige. Insgesamt überwögen die Gründe, die für eine Beitragsentrichtung der Klägerin als selbstständige Strickerin zur Handwerkerversicherung sprächen. Nur von geringer Bedeutung seien Restzweifel, die sich im Wesentlichen an den Vortrag der Klägerin knüpften, im gesamten streitigen Zeitraum seien sowohl ihre Jahreseinnahmen als auch die Höhe der Beiträge unverändert geblieben. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 4.9.2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt und ausgeführt, die Klägerin habe für eine Beitragsentrichtung keinerlei Nachweise erbracht. Die Klägerin habe angegeben, sie habe die Beiträge für die Rentenversicherung auf der Post überwiesen. Für diese Überweisungen habe die Klägerin jedoch keine Nachweise vorlegen können. Die Klägerin habe auch nicht die Existenz eines Arbeitsbuches noch dessen Verlust glaubhaft gemacht. Sie habe weder die genauen Umstände des Verlustes dargelegt noch Nachweise über Bemühungen, ein neues Arbeitsbuch zu erhalten. Auch gebe es keine Belege, dass die Klägerin überhaupt bei der C. als beitragspflichtige Handwerkerin gemeldet gewesen sei. Bei der C. hätten keine entsprechenden Dokumente beschafft werden können. Der streitige Zeitraum könne nicht als glaubhaft gemacht angesehen und deshalb nicht als Beitragszeit anerkannt werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert, für die Glaubhaftmachung sei es ausreichend, wenn bei Würdigung aller Gesamtumstände die gute Möglichkeit bestehe, dass sich der Vorgang so, wie er behauptet werde, zugetragen habe, und wenn für das Vorliegen dieser Möglichkeit trotz verbleibender begründeter Zweifel letztlich mehr spreche als dagegen. Diese Würdigung habe das SG in aller Ausführlichkeit vorgenommen und sei zum Schluss gekommen, dass die Gründe für die Beitragsentrichtung überwögen. Niemand von den Handwerkern oder Strickerinnen habe damals ein Arbeitsbuch oder Büchlein ausgehändigt bekommen. Diese hätten sich bei der Firma, der Vers., dem Personalbüro befunden. Sie habe nie ein C.- Büchlein besessen. Alle Handwerker hätten nachträglich eine Bescheinigung (Adeverinta) bekommen.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anerkennung der Zeit vom 1.10.1974 bis 30.6.1990 als glaubhaft gemachte Beitragszeit bzw. auf Berücksichtigung dieser Zeit bei der Rentengewährung.
Mit ihrer ursprünglichen Klage hat sich die Klägerin gegen den Bescheid vom 26.5.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.11.2004 gewandt, soweit darin (weiterhin) die Anerkennung der Zeit vom 1.10.1974 bis 30.6.1990 als Beitragszeit abgelehnt worden war und sich die Beklagte auf frühere bestandskräftige Feststellungen berufen hat. Nach Klagerhebung ist der Rentenbescheid vom 11.2.2005 ergangen, mit dem der Klägerin ab 1.5.2005 Regelaltersrente gewährt wurde.
Nach der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 14.12.2011, B 5 R 36/11, in Juris) werden streitbefangene Tatbestände rentenrechtlicher Zeiten im Vormerkungsbescheid durch einen im Klage- bzw. Berufungsverfahren ergehenden Rentenbescheid, nach § 96 Abs. 1 SGG ersetzt. Begründet wird dies damit, dass es sich zwar bei der Feststellung des Tatbestandes einer rentenrechtlichen Zeit einerseits und der Rentenwertfestsetzung unter Berücksichtigung auch dieser Zeit andererseits nicht um Verwaltungsakte mit identischem Regelungsgehalt handelt, aber beide jedoch hinsichtlich ein und desselben Rechtsverhältnisses in einem Verhältnis sachlicher und zeitlicher Exklusivität zueinander stehen. Durch die Feststellung einer Leistung bedarf es keiner Entscheidung im vorbereitenden Verfahren über die Feststellung einzelner wertbestimmender Umstände mehr. Die hierzu ergangenen Verwaltungsakte erledigen sich ungeachtet ihrer Anfechtung "auf andere Weise" (§ 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – SGB X –). Das insofern anhängige Klageverfahren findet insoweit seine Fortsetzung im Streit über den Rentenbescheid, auf den § 96 Abs. 1 SGG in der Fassung vom 26.3.2008 unmittelbar anzuwenden ist (BSG, Urteil vom 14.12.2011, a. a. O.).
Im Rentenbescheid vom 11.2.2009 hat die Beklagte zu Recht die Zeit vom 1.10.1974 bis 30.6.1990 nicht als Beitragszeit berücksichtigt. Denn die Beklagte hatte mit dem bindend gewordenen Bescheid vom 12.12.1995 nicht zu Unrecht die Anerkennung der Zeit vom 1.10.1974 bis 30.6.1990 als Beitragszeit abgelehnt. Ein Anspruch der Klägerin auf Berücksichtigung dieser Zeit bei der Rentenberechnung besteht nicht.
Die Klägerin gehört nach § 1 Buchst. a Fremdrentengesetz (FRG) zu dem Personenkreis, auf den das FRG Anwendung findet.
Nach § 15 Abs. 1 FRG stehen Beitragszeiten, die bei einem nicht-deutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Sind die Beiträge aufgrund einer abhängigen Beschäftigung oder einer selbstständigen Tätigkeit entrichtet, so steht die ihnen zu Grunde liegende Beschäftigung oder Tätigkeit einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit im Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.
Nach § 4 Abs. 1 FRG genügt es für die Feststellung der nach diesem Gesetz erheblichen Tatsachen, wenn sie glaubhaft gemacht sind. Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Nach Abs. 2 gilt Abs. 1 auch für außerhalb der Bundesrepublik Deutschland eingetretene Tatsachen, die nach den allgemeinen Vorschriften erheblich sind.
Nach Überzeugung des Senats ist nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstreckt haben, eine Beitragsentrichtung in der streitigen Zeit nicht überwiegend wahrscheinlich. Vielmehr bestehen erhebliche Zweifel, dass die Klägerin in der oben genannten Zeit Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet hat.
Aus dem Umstand, dass durch Art. 8 des "Gesetzes über die Ausübung der Handwerke durch Handwerker in eigenen Werkstätten" vom 14.5.1968 die Möglichkeit der freiwilligen Versicherung entfallen ist und seit dem 16.7.1968 alle selbstständigen Handwerker versicherungspflichtig in der Zentralsozialversicherungskasse waren, bei der es sich um ein System nach § 15 Abs. 2 FRG handelt, lässt sich schon nicht ableiten, dass die Klägerin von dieser Vorschrift mit umfasst war. Denn die Klägerin besaß keinen Handwerksbetrieb im eigentlichen Sinne wie z.B. eine Schmiede, Schlosserei, Schreinerei o. ä., sondern sie übte ihre Tätigkeit als Strickerin zuhause ohne eine spezielle Werkstatt aus und benötigte für ihre Tätigkeit lediglich eine Strickmaschine und keine sonstigen Betriebseinrichtungen, die für einen Handwerksbetrieb kennzeichnend sind. Angesichts dessen ist schon nicht feststellbar, dass die Klägerin aufgrund ihrer selbstständigen Tätigkeit als Strickerin überhaupt versicherungspflichtig war.
Darüber hinaus hat auch kein Rentenversicherungsträger bestätigt, dass die Klägerin bei ihm versicherungspflichtig war und Beiträge entrichtet hat. Irgendeine Bescheinigung der C., dass sie bei dieser im streitigen Zeitraum versichert gewesen ist und Beiträge entrichtet hat, hat die Klägerin nicht vorgelegt und konnten auch nicht von der Beklagten bzw. über die Verbindungsstelle beigezogen werden. Die U. hat ebenfalls keine Versicherungszeiten und Beitragsleistungen der Klägerin bestätigt. Die Nationale Versicherungs- und Rentenkasse C. hat zwar am 5.5.2006 Angaben über eine Person mit dem Namen "P. C., geboren 1940, gearbeitete Jahre 1.1.1977 - 1.7.1989 Beruf Schneiderin" gemacht, wobei jedoch schon nicht erkennbar ist, dass es sich hierbei um die 1940 geborene Klägerin, die ab 1.10.1974 bis 30.6.1990 als selbstständige Strickerin gearbeitet hat, gehandelt hat. Auch die Angabe des Bezirksrentenamtes in T. vom 17.10.2008 belegt weder eine Beschäftigungszeit noch eine Beitragszeit aufgrund selbstständiger Tätigkeit, zumal ergänzend ausgeführt wird: "(Anzugeben sind) die Entgelte der Einstufung andernfalls sie ein Versicherungsvertrag hatte, die Versicherungssumme".
Der Umstand, dass die Klägerin zunächst unter dem 5.12.2003 "eidesstattlich" versichert hat, sie habe ein C.-Büchlein besessen, das in R. bei einem Umzug der Rentenversicherung verloren gegangen sei, während sie später (in der mündlichen Verhandlung vom 26.8.2009 und mit Schriftsatz vom 8.4.2010) angegeben hat, sie habe niemals ein C.-Büchlein besessen, führt ebenfalls zu Zweifeln an der Entrichtung von Beiträgen für die selbstständige Tätigkeit. Auch die Angaben der Klägerin, sie habe im gesamten streitigen Zeitraum unveränderte Jahreseinnahmen gehabt und die Höhe der Beiträge habe im gesamten Zeitraum unverändert bei monatlich 112 L. gelegen, führt zu Zweifeln beim Senat. So ist schon nicht erkennbar, welche Entgelte der Einstufung zugrunde lagen und wovon diese konkret abhing. Im vorgelegten Beispielsfall hat die U. nämlich den Beitrag (1312 bzw. 1718), die Klasse (III) sowie die Eintragsdaten bescheinigt. Dass von 1974 bis 1990 keine Einkommenssteigerung und keine Beitragserhöhung stattgefunden haben soll, erscheint dem Senat fraglich, zumal aus anderen Verfahren mit abhängig Beschäftigten bekannt ist, dass die Arbeitseinkommen Schwankungen unterworfen waren.
Die Behauptung der Klägerin, sie habe monatlich 112 L. an die C. durch Einzahlung bei der Post entrichtet, ist nicht geeignet, die oben genannten Zweifel an der Entrichtung auszuräumen, zumal kein Rentenversicherungsträger eine Mitgliedschaft der Klägerin in der Rentenversicherung in der streitigen Zeit und insbesondere eine Beitragsentrichtung bestätigen konnte und keinerlei Unterlagen über eine Beitragszahlung vorliegen.
Nicht nachvollziehbar ist auch, dass die Klägerin nicht umgehend nach Erhalt des Bescheides vom 12.12.1995, in dem ausgeführt wird, die streitige Zeit könne nicht als Beitragszeit anerkannt werden, weil eine Versicherungspflicht nicht bestanden habe und Beiträge nicht gezahlt worden seien, Widerspruch eingelegt und vorgetragen hat, dass sie in jener Zeit bei der C. versichert gewesen sei und Beiträge abgeführt habe, zumal zeitnäher bessere Aufklärungsmöglichkeiten bestanden hätten. Das Vorliegen einer Beitragszahlung ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände und erreichbarer Beweismittel nicht überwiegend wahrscheinlich.
Nach alledem war auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass das Begehren der Klägerin keinen Erfolg hatte.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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