L 3 AS 3653/12 NZB

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 6 AS 1248/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 3653/12 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 10. Juli 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Reutlingen (SG) vom 10.07.2012 ist zulässig (vgl. § 145 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), in der Sache jedoch unbegründet; die Berufung ist nicht zuzulassen.

Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der ab dem 1. April 2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I 2008, S. 417, 444 ff) bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,- EUR nicht übersteigt. Dies gilt gemäß § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Der Beschwerdewert bestimmt sich nach dem Betrag, den das SG dem Kläger versagt hat und der von diesem als Rechtsmittelführer weiter verfolgt wird (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig, SGG, 9. Aufl., § 144 Rn. 14 m.w.N.; Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 06.02.1997 -14/10 BKg 14/96 – veröffentlicht in juris). Der Kläger wendet sich gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid des Beklagten vom 15.12.2008, mit dem dieser die Bewilligung vom Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch für die Zeit vom 01.06. - 31.07.2008 teilweise i.H.v. 451,04 EUR unter der Begründung, der Kläger habe aus einer Tätigkeit bei der Universität T. zu berücksichtigendes Einkommen erzielt, aufgehoben und Erstattung der zu Unrecht erbrachten Leistungen geltend gemacht hat. Der Kläger ist durch das klageabweisende Urteil des SG mithin in einer Höhe von 451,04 EUR beschwert. Da keine laufenden Leistungen von mehr als einem Jahr betroffen sind (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) und das SG die Berufung auch nicht zugelassen hat, bedarf die Berufung daher der Zulassung auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts.

Die Beschwerde ist jedoch in der Sache unbegründet; die Berufung ist nicht zuzulassen. Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des BSG oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Auffassung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).

Keine dieser Voraussetzungen ist vorliegend erfüllt. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zu. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn ihre Entscheidung über den Einzelfall hinaus dadurch an Bedeutung gewinnt, dass die Einheit und Entwicklung des Rechts gefördert oder dass für eine Anzahl ähnlich liegender Fälle eine Klärung erfolgt (ständige Rechtsprechung des BSG seit BSGE 2, 121; 132 zur Vorgängervorschrift des § 150 Nr. 1 SGG). Die vorliegende Streitsache wirft jedoch keine bisher nicht geklärte Rechtsfrage auf, die sich nach der Gesetzeslage oder dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne weiteres beantworten ließe. Die einzig streitentscheidende Frage der Anrechnung von Einkommen auf die bezogenen Leistungen nach dem SGB II beantwortet sich direkt aus dem Gesetz, namentlich aus § 19 Satz 3 SGB II in der ab dem 01.08.2006 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende vom 20.07.2006 (BGBl. I 1706), der normiert, dass zu berücksichtigendes Einkommen die Geldleistungen mindert. Soweit der Kläger hiergegen zur Begründung der Beschwerde vorbringt, aus § 1 Abs. 1 SGB II folge eine dahingehende Priorität, dass erzielte Einnahmen zuvorderst zur Beendigung der Hilfebedürftigkeit und erst sodann zur Sicherung des Lebensunterhalts einzusetzen seien, folgt hieraus bereits deswegen keine grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG, weil § 1 Abs. 1 SGB II nur Programmsätze beinhaltet, aus denen sich ein direkter individueller Rechtsanspruch nicht herleiten lässt (vgl. Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., 2008, § 1 Rn. 12). Im Übrigen greift der Kläger mit seinem Vorbringen zu den Umständen seiner Tätigkeit für die Universität T. und zu den Modalitäten seiner Entlohnung die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils an, worauf eine Zulassung der Berufung nicht gestützt werden kann.

Das SG ist in seinem Urteil vom 10.07.2012 auch nicht von einer Entscheidung der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG benannten Gerichte abgewichen.

Schließlich unterliegt die Entscheidung auch keinem wesentlichen Mangel des gerichtlichen Verfahrens. Ein solcher ist dann anzunehmen, wenn gegen eine Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren regelt, verstoßen wurde. Soweit der Kläger hierzu vorbringt, das SG habe es unterlassen, den vom ihm benannten Zeugen R. einzuvernehmen, hat er sogleich ausgeführt, dass dies auf das Verfahren keine Auswirkung gehabt habe, so dass eine "Prüfung nach § 144 (2) 3" "außen vor bleiben" könne. Mithin hat der Kläger einen Verfahrensmangel i.S.d. § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG nicht geltend gemacht, so dass die Berufung auch nicht wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Die Entscheidung ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).

Das angefochtene Urteil des SG wird hiermit rechtskräftig (vgl. § 145 Abs. 4 Satz 5 SGG).
Rechtskraft
Aus
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