Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 P 4156/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 P 1919/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 26. April 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger ab 01. Mai 2010 Anspruch auf Pflegegeld nach der Pflegestufe II statt Pflegestufe I hat.
Der am 1961 geborene Kläger ist bei der Beklagten pflegeversichert. Er leidet nach einer Nephrektomie rechts unter ständigen Schmerzen und einer Einschränkung der Bewegungsfreiheit Am 08. Dezember 2008 stellte er erstmals einen Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung bei der Beklagten. Pflegefachkraft O. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) erstattete daraufhin auf Ersuchen der Beklagten das Gutachten vom 07. Januar 2009. Sie schätzte in ihrem Gutachten den Zeitaufwand für die Verrichtungen der Grundpflege auf 88 Minuten täglich (Körperpflege 44 Minuten, Ernährung sechs Minuten und Mobilität 38 Minuten). Der Kläger benötige wegen eines Zustands nach Nephrektomie rechts 1999, eines Phantomschmerzes am rechten Rippenbogen und einer körperlichen Schwäche Hilfe beim Waschen des Rückens, der Beine und im Intimbereich sowie je nach Allgemeinzustand Teilhilfe beim Waschen des vorderen Oberkörpers. Außerdem müsse das einmal wöchentliche Haarewaschen, das Kämmen, die Reinigung nach Stuhlentleerung sowie das Richten der Bekleidung nach den Toilettengängen übernommen werden und nachrasiert werden. Harte Nahrung müsse kleingeschnitten, Getränke müssten eingeschenkt werden. Außerdem bestehe Hilfebedarf beim Aufstehen und Zu-Bett-Gehen und beim An- und Entkleiden. Beim Gehen und Treppensteigen sei Begleitung notwendig. Der daraus abgeleiteten Empfehlung der Pflegestufe I folgte die Beklagte mit Bescheid vom 16. Januar 2009, mit dem sie dem Kläger Pflegegeld der Pflegestufe I ab 01. November 2008 bewilligte.
Im August 2009 veranlasste die Beklagte eine Überprüfung. Pflegefachkraft O., MDK, schätzte in ihrem Gutachten vom 15. September 2009 den Hilfebedarf im Bereich der Körperpflege auf 34 Minuten, der Ernährung auf sechs Minuten und der Mobilität auf 21 Minuten, insgesamt auf 61 Minuten. Der Hilfebedarf habe sich reduziert. Der Kläger sei am Rolllator wieder ohne Hilfe gehfähig. Mit Bescheid vom 22. September 2009 teilte die Beklagte dem Kläger hierauf mit, dass die Pflegeleistungen in der bisherigen Pflegestufe weitergewährt würden. Seinen dagegen erhobenen Widerspruch nahm der Kläger zurück.
Am 10. Mai 2010 stellte der Kläger einen förmlichen Höherstufungsantrag bei der Beklagten. In ihrem von der Beklagten veranlassten Gutachten vom 09. Juni 2010 aufgrund eines Hausbesuchs am Vortag nannte wiederum Pflegefachkraft O., MDK, als pflegebegründende Diagnosen einen Zustand nach Nephrektomie rechts 1999 bei Nierenkarzinom, einen Phantomschmerz rechter Rippenbogen, Mobilitätseinschränkungen bei körperlicher Schwäche und Schmerzsymptomatik und eine Schwindelsymptomatik und schätzte den Zeitaufwand für die Verrichtungen der Grundpflege mit 99 Minuten (Körperpflege 59 Minuten, Ernährung zehn Minuten, Mobilität 30 Minuten). Da der anfallende Hilfebedarf von Tag zu Tag unterschiedlich sei und deshalb von der "Tagesform" des Klägers abhänge, seien die dokumentierten Zeitwerte als Mittelwerte anzusehen. Duschen Sechsmal wöchentlich Teilübernahme/Unterstützung 14 Minuten Baden Einmal wöchentlich Teilübernahme/Unterstützung 3 Minuten Zahnpflege Zweimal täglich Unterstützung 2 Minuten Kämmen Zweimal täglich Volle Übernahme 2 Minuten Rasieren Einmal täglich Volle Übernahme 7 Minuten Stuhlgang Einmal täglich Volle Übernahme 4 Minuten Richten der Bekleidung Siebenmal täglich Volle Übernahme 14 Minuten Wechseln kleiner Vorlagen Einmal täglich Teilübernahme/Unterstützung 1 Minute Wechsel/Entleerung Urinbeutel/Toilettenstuhl Sechsmal täglich Volle Übernahme 12 Minuten Mundgerechte Zubereitung Achtmal täglich Volle Übernahme 10 Minuten Aufstehen/Zu-Bett-Gehen Zweimal täglich Teilübernahme 2 Minuten Ankleiden gesamt Einmal täglich Teilübernahme/Unterstützung 8 Minuten Entkleiden gesamt Einmal täglich Teilübernahme/Unterstützung 4 Minuten Gehen Zwanzigmal täglich Teilübernahme/Unterstützung 10 Minuten Stehen(Transfer) Zweimal täglich Teilübernahme 2 Minuten Treppensteigen Zweimal täglich Unterstützung 4 Minuten
Der Hilfebedarf habe deutlich zugenommen, insbesondere bei körperlicher Schwäche und ausgeprägter Schmerzsymptomatik. Der Kläger wirke sehr kraftlos. Er könne sich etwas mühsam von der liegenden in die sitzende Position aufrichten. Die Arme könne er beidseits über die Horizontale anheben, die Hände erreichten das Gesicht. Der Schürzengriff gelinge beidseits bis hintere Flanke. Der Zehengriff werde sitzend aufgrund der Kraftlosigkeit nicht ausgeführt. Der Händedruck sei beidseits deutlich kraftgemindert. Faustschluss und Pinzettengriff gelängen beidseits. Insbesondere in den Händen, gelegentlich auch in den Füßen, bestünden Sensibilitätsstörungen mit pelzigem Gefühl. Die Feinmotorik sei hierdurch beeinträchtigt. Hilfe beim Aufstehen und Setzen sei erforderlich. Mit Hilfe von zwei Unterarmgehstützen gehe der Kläger in sehr kleinschrittigem, schlürfendem und sehr verlangsamtem Gangbild. Ein sicherer Stand gelinge ihm nur mit Halt beider Hände. Es bestehe eine leichte Tröpfcheninkontinenz. Tagsüber und nachts werde die Urinflasche angelegt und anschließend geleert. Bei der Körperpflege könne der Kläger nur noch geringe Mithilfe leisten, insbesondere etwa im Gesicht und vorderen Oberkörper. Die restliche Pflege werde vollständig übernommen. Seine Zähne reinige er eigenständig. Auch beim Ankleiden und Entkleiden könne der Kläger mit Armen und Beinen noch geringe Mithilfe leisten. Die Beklagte lehnte es ab, Pflegegeld nach der Pflegestufe II zu zahlen (Bescheid vom 24. Juni 2010).
Der Kläger erhob Widerspruch. Er beanstandete die in dem Gutachten angeführten Zeitansätze. Diese seien absolut realitätsfremd. Es sei im Bereich der Grundpflege ein Hilfebedarf von mindestens 120 Minuten erforderlich. Am 27. Juli 2010 erstattete daraufhin Pflegefachkraft M. vom MDK ein Gutachten nach Aktenlage, in dem sie den von Pflegefachkraft O. angesetzten Pflegebedarf bestätigte. Der Kläger berief sich in seiner im Rahmen der Anhörung erfolgten Äußerung vom 13. August 2010 insbesondere darauf, dass bei ihm als pflegeerschwerender Faktor ein erhöhter Schmerzfaktor gegeben sei und dass die von den ambulanten Pflegediensten angesetzten Zeitansätze insbesondere beim Duschen, Baden und Rasieren höher seien. Zu berücksichtigen sei auch seine häusliche Situation. Allein für das Erreichen des 2. Obergeschosses, wo sich das Schlafzimmer befinde, benötige er aufgrund des erhöhten Schmerzfaktors und der notwendigen Pausen 15 Minuten, umgekehrt zehn Minuten. In der hierauf von der Beklagten veranlassten sozialmedizinischen Fallberatung führte Pflegefachkraft M. unter dem 03. September 2010 aus, dass beim Waschen des Klägers nur Teilhilfen erforderlich seien, da er Gesicht und vorderen Oberkörper selbstständig waschen könne. Für die Gesichtsrasur sei eine volle Übernahme gewertet worden. Diese sei mit sieben Minuten täglich zeitlich ausreichend berücksichtigt. Warum hier Schmerzen als pflegeerschwerender Faktor gewertet werden sollten, sei nicht nachvollziehbar, da der Kläger bei dieser Verrichtung nicht mithelfe. Auch die vom Kläger angesetzten Zeitwerte beim Treppensteigen und Aufsuchen und Verlassen des Bettes seien nicht nachvollziehbar. Er könne sich zwar schlechter bücken und sein Gangbild habe sich etwas verschlechtert. Aus diesem Grund habe sich der Hilfebedarf aber auch um 38 Minuten erhöht. Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Oktober 2010 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Gestützt auf das Gutachten vom 09. Juni 2010 liege beim Kläger ein Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege von 99 Minuten vor. Zusammen mit dem Hilfebedarf im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung (täglich 60 Minuten) erreiche der Hilfebedarf nicht den für die Zuordnung in Pflegestufe II erforderlichen zeitlichen Mindestumfang von 180 Minuten im Tagesdurchschnitt, wobei auf die Grundpflege mindestens 120 Minuten entfallen müssten. Es werde nicht bezweifelt, dass die tatsächlich täglichen Hilfeleistungen in größerem Umfang erbracht würden, als dies hier zu berücksichtigen sei. Die Zeiten der Betreuung seien jedoch im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen für die Einstufung in eine Pflegestufe nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) nicht berücksichtigungsfähig. Es könne nur der unbedingt erforderliche Zeitaufwand für die Grundpflege in die Berechnung einfließen, nicht jedoch der tatsächlich erbrachte Zeitaufwand.
Am 22. November 2010 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG). In den Gutachten bzw. Stellungnahmen des MDK seien die Auswirkungen der pflegebegründenden Diagnosen vor allem auf seinen Hilfebedarf im Bereich der Mobilität nicht ausreichend berücksichtigt worden. Auch erhebliche pflegeerschwerende Faktoren seien als solche nicht berücksichtigt, sondern lediglich in den Umständen am Rande erwähnt worden. Er müsse täglich mindestens zweimal vom Erdgeschoss in das 2. Obergeschoss (32 Stufen) hinauf- und hinuntergehen und nachts einmal vom 2. in das 1. Obergeschoss (17 Stufen) hinabsteigen und wieder hinaufgehen. Dabei sei er durchweg auf fremde Hilfe angewiesen. Seine Schmerzen seien insoweit als pflegeerschwerender Faktor zu berücksichtigen. Der festgestellte Hilfebedarf von vier Minuten für das Treppensteigen sei im Hinblick auf die räumlichen Verhältnisse und die therapieresistenten Schmerzen deshalb bei weitem nicht ausreichend. Der Hilfebedarf für das Treppensteigen betrage über eine halbe Stunde täglich. Auch der Hilfebedarf für das Aufstehen und Zu-Bett-Gehen in einem Umfang von zwei Minuten und für das An- und Entkleiden von acht bzw. vier Minuten sei wegen seiner therapieresistenten Schmerzen nicht ausreichend. Es werde der untere Rand der Skala nach der Richtlinie der Spitzenverbände der Pflegekassen zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI (Begutachtungs-Richtlinie) genommen, obwohl ausgeführt werde, dass das Kleiden weitgehend übernommen werden müsse. Nicht berücksichtigt worden sei bislang auch ein Hilfebedarf beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung im Rahmen von Arztbesuchen. Auch im Bereich der Körperpflege sei der pflegeerschwerende Faktor der starken Schmerzen nicht berücksichtigt. Im Bereich der Körperpflege betrage der Hilfebedarf über 75 Minuten täglich. Insgesamt halte er derzeit einen grundpflegerischen Hilfebedarf von ca. 145 Minuten für gegeben.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Arzt für Allgemeinmedizin Dr. U. teilte in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 15. Juli 2012 mit, in der Zeit vom 06. Mai bis 23. November 2010 habe ihn der Kläger in den Monaten Mai, September, Oktober und November jeweils dreimal, im Juni viermal und im August zweimal konsultiert. Nach dem 23. November 2010 sei ein Arztwechsel erfolgt. Der Kläger leide unter Bewegungsschmerzen, seine Psyche sei deutlich depressiv alteriert. Außerdem bestehe eine Angst, Selbstunsicherheit und Unruhezustände. Im Laufe der Behandlung sei keine wesentliche Befundänderung eingetreten, allenfalls eine minimale Verschlechterung. Im Bereich der Ernährung sei der Kläger sicher selbst in der Lage gewesen zu essen. Die Mobilität sei mit entsprechenden Hilfsmitteln eingeschränkt möglich. Die Körperpflege sei wohl auf Dauer nicht ohne fremde Hilfe möglich. Der ebenfalls als sachverständiger Zeuge gehörte Arzt für Allgemeinmedizin Steinfeld, der den Kläger seit 30. November 2010 behandelt, führte in seiner Auskunft vom 18. September 2011 aus, dass er den Kläger im Jahr 2010 im November einmal und im Dezember zweimal und im Jahr 2011 im Februar zweimal, im März viermal, im April und Mai zweimal, im Juni, Juli und August dreimal und zuletzt am 15. September 2011 behandelt habe. Im Vordergrund der Beschwerden des Klägers bestehe eine chronische Schmerzsymptomatik. Unter Opioid-Medikation habe unter Ruhebedingungen ein subjektiv erträgliches Schmerzniveau erreicht werden können. Infolge der Schmerzen bestehe eine hochgradige Einschränkung der Mobilität. Auch würden die typischen Symptome einer mittelgradigen Depression geschildert. Im Bereich der Ernährung sei kein Hilfebedarf erkennbar. Im Bereich der Körperpflege erscheine Hilfe beim Duschen und Baden erforderlich. Nach eigenen Angaben werde auch Hilfe beim Toilettengang benötigt. Kein Hilfebedarf bestehe bei der Teilwäsche. Eine assistierende Hilfe sei auch notwendig beim An- und Auskleiden. Außer Haus und teils auch im häuslichen Bereich sei der Kläger häufig auf einen Rollstuhl angewiesen. Kurze Strecken könne er auch mit einem Gehstock zurücklegen.
Im Auftrag des SG erstattete Arzt für Allgemeinmedizin und Arbeitsmedizin Dr. K. das Gutachten vom 01. Dezember 2011. Er nannte nach einer Untersuchung am 17. November 2011, die nach seinen Angaben in der Zeit von 10.55 Uhr bis 12.45 Uhr stattfand, als pflegebegründende Diagnosen eine kombinierte Persönlichkeitsstörung, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, den fortgesetzten Gebrauch von morphinhaltigen Schmerzmitteln, einen Zustand nach Entfernung der rechten Niere wegen Nierenkarzinoms 1999, Phantomschmerzen im Bereich der rechten Flanke und röntgenologisch nachweisbare Veränderungen an der Wirbelsäule. Er schätzte den zeitlichen Hilfebedarf für die Verrichtungen der Grundpflege auf insgesamt 94 Minuten (Körperpflege 52 Minuten, Ernährung sechs Minuten, Mobilität 36 Minuten).
Duschen Sechsmal wöchentlich Teilübernahme 15 Minuten Baden Einmal wöchentlich Teilübernahme 3 Minuten Zahnpflege Zweimal täglich Teilübernahme 2 Minuten Kämmen Einmal täglich Teilübernahme 1 Minute Rasieren Einmal täglich Teilübernahme 6 Minuten Stuhlgang Einmal täglich Teilübernahme 4 Minuten Richten der Bekleidung Fünfmal täglich Teilübernahme 9 Minuten Wechsel/Entleerung Urinbeutel/Toilettenstuhl Sechsmal täglich Volle Übernahme 12 Minuten Mundgerechte Zubereitung der Nahrung Dreimal täglich Volle Übernahme 6 Minuten Aufstehen/Zu-Bett-Gehen Zweimal täglich Teilübernahme 4 Minuten Ankleiden Ober-/Unterkörper Einmal täglich Teilübernahme 8 Minuten Entkleiden Ober-/Unterkörper Einmal täglich Teilübernahme 4 Minuten Gehen Sechszehnmal täglich Teilübernahme 10 Minuten Stehen(Transfer) Zweimal täglich Teilübernahme 4 Minuten Treppensteigen Viermal täglich 6 Minuten
Dem Kläger gelinge die Körperpflege am Rücken und im Bereich der unteren Extremitäten nicht mehr ohne Fremdhilfe. Freies Gehen und Stehen seien ihm durch eine ängstliche Gangunsicherheit nur noch kurzfristig und nach seiner Aussage nur nach vorheriger Morphinmedikation möglich. Innerhalb der Wohnung benutze der Kläger zwei Unterarmgehstützen bzw. einen Gehstock. Hilfebedarf beim An- und Ablegen der Kleidung und beim Richten der Bekleidung vor und nach den Toilettengängen sei den schmerzhaften Bewegungseinschränkungen geschuldet. Hilfebedarf bestehe auch überwiegend bei den Transferleistungen. Das mundgerechte Zubereiten der Nahrung sei an "schlechten" Tagen (mit heftigen Schmerzen) erforderlich. Im Rahmen der Begutachtung sei der Kläger aufgefordert worden, sich vom Sofa zu erheben, hierbei sei ihm die Pflegeperson behilflich gewesen, die ihn hochgezogen habe und ihm die Unterarmgehstützen gereicht habe. Der Kläger sei dann zur Treppe gegangen und habe auch die Treppe unter Anstrengung selbstständig bestiegen. Außer der teilweisen Hilfe beim Duschen und Baden benötige der Kläger auch teilweise Hilfe bei der Zahnpflege, beim Kämmen und beim Rasieren sowie beim Stuhlgang und beim Richten der Bekleidung. Volle Übernahme sei erforderlich mit Blick auf den Wechsel und die Entleerung des Urinbeutels. Teilhilfe sei auch erforderlich beim Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, beim Ankleiden des Ober- und Unterkörpers sowie beim Entkleiden sowie beim Gehen und Stehen.
Der Kläger wandte gegen dieses Gutachten ein, dass der Sachverständige Dr. K. zum einen allein aufgrund der Vermutung, dass es möglich sein sollte (Fettdruck im Original), die Form der Hilfe auf Teilübernahme reduziert habe, zum anderen auch die Häufigkeit der Verrichtungen pro Tag reduziert habe. So werde z.B. im Gegensatz zum Vorgutachten für das Richten der Bekleidung nicht mehr eine volle Übernahme mit sieben Verrichtungen und einem Zeitaufwand pro Tag von 14 Minuten, sondern nur noch von einer Teilübernahme mit einer Häufigkeit von fünf Verrichtungen am Tag und einem Zeitaufwand von neun Minuten ausgegangen. Gleiches ergebe sich bei der Hilfeleistung für das Gehen, welche im Vorgutachten noch mit 20 Verrichtungen im Gutachten des Dr. K. aber nur mit 16 Verrichtungen angesetzt sei. Eine Mithilfe sei ihm, dem Kläger, aufgrund der starken therapieresistenten Schmerzen freilich in den meisten Fällen nicht möglich. Erforderlich sei in der Regel eine Vollübernahme bei den Verrichtungen. Die starken therapieresistenten Schmerzen wirkten sich dazu weiter pflegeerschwerend und damit den Grundpflegebedarf erhöhend aus.
Mit Urteil vom 26. April 2012 wies das SG die Klage ab. Die im Laufe des Verfahrens durchgeführten Pflegebegutachtungen ergäben im Wesentlichen übereinstimmend einen grundpflegerischen Hilfebedarf in der Größenordnung von etwa 90 bis 100 Minuten täglich. Eine grundpflegerische Mindestpflegezeit von 120 Minuten im Tagesablauf (Voraussetzung für die Pflegestufe II) könne somit nicht festgestellt werden. Dr. K. führe in seinem Gutachten nachvollziehbar aus, dass der Kläger vor allem durch seine erheblichen Schmerzen in den pflegerelevanten Verrichtungen beeinträchtigt sei. Allerdings wirkten sich die Schmerzen durchweg nur dahin aus, dass der Kläger eine teilweise Unterstützung benötige. Eine volle Übernahme sei lediglich des nachts beim Benutzen der Urinflasche erforderlich. Darüber hinaus betone Dr. K. zu Recht, dass das Ausmaß des Hilfebedarfs sehr stark von der jeweiligen Tagesform des Klägers abhinge, und daher schwanke. Somit könne nur eine an Durchschnittswerten orientierte Einschätzung des Pflegebedarfs erfolgen. Vor diesem Hintergrund seien die von Dr. K. für die jeweiligen Verrichtungen angesetzten Zeiten durchaus angemessen und ausreichend. Insgesamt ergebe sich, dass der von Dr. K. angenommene tägliche Grundpflegebedarf von (nur) 94 Minuten auch unter Berücksichtigung der Begutachtungs-Richtlinie nicht zu beanstanden sei.
Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 02. Mai 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 08. Mai 2012 Berufung eingelegt. Das Urteil des SG sei für ihn unter Bezugnahme auf seine bereits erstinstanzlich vorgetragenen Einwände nicht nachvollziehbar. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass der Hausbesuch des Dr. K. zwar zwei Stunden und zehn Minuten gedauert habe, hierbei sei jedoch eine Begutachtung sowohl im Rahmen des Schwerbehindertenrechts als auch im Zusammenhang mit dem hier anhängigen Verfahrens erfolgt. Während des Hausbesuchs habe der Sachverständige auch nahezu eineinhalb Stunden von seiner Ehefrau, die in einem Hospiz tätig sei, berichtet. Im Übrigen habe er keine ausreichende Untersuchung vorgenommen. Er habe ihn lediglich aufgefordert, vom Sofa aufzustehen und die Treppe ins erste Obergeschoss hinaufzugehen. Den Nacken- oder Schürzengriff und die sonstige Beweglichkeit der Hände und Schultergelenke habe er nicht geprüft. Soweit Pflegefachkraft O. im Rahmen der Untersuchung am 08. Juni 2010 festgestellt habe, dass er die Arme beidseits über die Horizontale anheben könne und dass die Hände auch das Gesicht erreichten, sei darauf hinzuweisen, dass er bereits seinerzeit über Schmerzen im Schulterbereich und allgemeine Kraftlosigkeit geklagt habe. Beschrieben würden auch ein beidseits deutlich kraftgeminderter Händedruck sowie Sensibilitätsstörungen. Insoweit liege es auf der Hand, dass erhebliche Beeinträchtigungen im Rahmen der Verrichtungen bestünden, die feinmotorische Fähigkeiten voraussetzten (Zahnpflege, Kämmen, Rasieren und mundgerechte Zubereitung der Nahrung). Der Zeitaufwand für die Zahnpflege in Höhe von zwei Minuten pro Tag sei bei einer Häufigkeit der Verrichtung von zweimal pro Tag zu knapp bemessen. Das Kämmen der Haare sei bei einer Armhebung nur in die Horizontale nicht möglich, diesbezüglich sei von einer vollständigen Übernahme auszugehen. Dies gelte auch für das Rasieren und die mundgerechte Zubereitung der Nahrung. Hinsichtlich der Verrichtungen im Zusammenhang mit der Darm- und Blasenentleerung erschließe sich nicht, warum bei sieben Verrichtungen pro Tag ein Richten der Bekleidung lediglich fünfmal erforderlich sein solle. Die Gutachtenlage sei nicht mehr aktuell.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 26. April 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 24. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Oktober 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01. Mai 2010 Pflegegeld nach Pflegestufe II zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das angefochtene Urteil entspreche vollumfänglich der Sach- und Rechtslage. Die Behauptung hinsichtlich der unzureichenden Untersuchung durch den Sachverständigen weise sie, die Beklagte, zurück.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss, da der Senat die Berufung des Klägers einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.
1. Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, sie ist insbesondere nicht nach § 144 Abs. 1 SGG ausgeschlossen. Denn der Kläger begehrt Leistungen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
2. Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 24. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Oktober 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höheres Pflegegeld nach der Pflegestufe II.
a) Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers auf Pflegegeld nach der Pflegestufe II anstelle des bislang gezahlten Pflegegelds nach der Pflegestufe I ist § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Eine wesentliche Änderung ist nicht eingetreten. Der Hilfebedarf für die Verrichtungen der Grundpflege beträgt ab 01. Mai 2010 nicht mindestens 120 Minuten.
b) Pflegebedürftige können nach § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB XI anstelle der Pflegesachleistungen ein Pflegegeld erhalten. Pflegebedürftig sind nach § 14 Abs. 1 SGB XI Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, die im Einzelnen in § 14 Abs. 4 SGB XI genannt sind, auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichem oder höherem Maß (§ 15 SGB XI) der Hilfe bedürfen. Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI). Pflegebedürftige der Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftige) sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe II mindestens drei Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 SGB XI). Die Grundpflege umfasst die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen aus den Bereichen der Körperpflege (§ 14 Abs. 4 Nr. 1 SGB XI), der Ernährung (§ 14 Abs. 4 Nr. 2 SGB XI) und der Mobilität (§ 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI). Zur Grundpflege zählt ein Hilfebedarf im Bereich der Körperpflege beim Waschen, Duschen, Baden, der Zahnpflege, dem Kämmen, Rasieren, der Darm- und Blasenentleerung, im Bereich der Ernährung beim mundgerechten Zubereiten der Nahrung und der Aufnahme der Nahrung sowie im Bereich der Mobilität beim selbstständigen Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, dem An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen und dem Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung. Das Ausmaß des Pflegebedarfs ist nach einem objektiven ("abstrakten") Maßstab zu beurteilen. Maßgebend für den zeitlichen Aufwand ist grundsätzlich die tatsächlich bestehende Pflegesituation unter Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse des zu Pflegenden, allerdings am Maßstab des allgemein Üblichen. § 14 SGB XI stellt allein auf den "Bedarf" an Pflege und nicht auf die im Einzelfall unterschiedliche Art der Deckung dieses Bedarfs oder die tatsächlich erbrachte Pflege ab (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil 21. Februar 2002 - B 3 P 12/01 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 19). Bei der Bestimmung des erforderlichen Zeitbedarfs für die Grundpflege sind als Orientierungswerte die Zeitkorridore der Begutachtungs-Richtlinie zu berücksichtigen. Diese Zeitwerte sind zwar keine verbindlichen Vorgaben; es handelt sich jedoch um Zeitkorridore mit Leitfunktion (Abschnitt F Nr. 1 Begutachtungs-Richtlinie; vgl. dazu BSG, Urteil vom 22. Juli 2004 - B 3 P 6/03 R - SozR 4-3300 § 23 Nr. 3 m.w.N.). Dabei beruhen die Zeitkorridore auf der vollständigen Übernahme der Verrichtungen durch eine Laienpflegekraft. Die Zeiten für den Hilfebedarf bei den einzelnen Verrichtungen beruhen regelmäßig auf Schätzungen, denen eine gewisse und auf wenige Minuten beschränkte Unschärfe nicht abgesprochen werden kann und die dennoch hinzunehmen sind (vgl. BSG, Urteil vom 10. März 2010 - B 3 P 10/08 R - SozR 4-3300 § 15 Nr. 4).
aa) Beim Kläger bestehen hauptsächlich Mobilitätseinschränkungen aufgrund der bei ihm vorliegenden Schmerzen und eine körperliche Schwäche. Des Weiteren bestehen Sensibilitätsstörungen mit pelzigem Gefühl insbesondere in beiden Händen, wodurch die Feinmotorik beeinträchtigt ist. Außerdem besteht eine Schwindelsymptomatik. Dies ergibt sich aus dem Gutachten der Pflegefachkraft O. vom 09. Juni 2010 und mit Ausnahme der beeinträchtigten Feinmotorik auch aus dem durch das SG erhobenen Gutachten des Sachverständigen Dr. K. vom 17. November 2011, wobei eine Beeinträchtigung der Handgeschicklichkeit letztlich auch aus dem Gutachten des Dr. K. hervorgeht, nachdem er geschildert hat, dass der Kläger "an schlechten Tagen" nicht in der Lage sei, feste Nahrung mundgerecht zu portionieren.
bb) Aufgrund dieser Erkrankungen bedarf der Kläger bei der Körperpflege, der Ernährung und der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe. Der erforderliche Hilfebedarf beträgt seit 01. Mai 2010 jedoch nicht mindestens 120 Minuten täglich. Der Senat folgt den Schätzungen des zeitlichen Hilfebedarfs durch die Pflegefachkraft O., die den Pflegebedarf des Klägers auf 99 Minuten geschätzt hat, und durch den Sachverständigen Dr. K., der den Pflegebedarf des Klägers mit 94 Minuten ermittelte. Bestätigt werden diese Werte im Wesentlichen durch das nach Aktenlage erstattete Gutachten der Pflegefachkraft M. vom 27. Juli 2010 und deren sozialmedizinische Fallberatung vom 03. September 2010, in der sie ebenfalls jeweils einen Zeitaufwand für die Verrichtungen der Grundpflege von 99 Minuten annimmt.
Die von den Pflegefachkräften O. und M. sowie dem Sachverständigen Dr. K. im Wesentlichen übereinstimmend angenommenen Pflegebedarfe sind auf der Grundlage der erhobenen Befunde für den Senat jeweils nachvollziehbar. Soweit der Kläger beanstandet, dass Dr. K. keine ausreichende Untersuchung vorgenommen habe, führt dies nicht dazu, dass die von Dr. K. angesetzten Werte für den Hilfebedarf nicht schlüssig sind. Es ist dem Kläger insoweit zwar einzuräumen, dass auch nach den schriftlichen Ausführungen im Gutachten des Dr. K. keine Untersuchung mit Blick darauf, ob der Kläger den Schürzen- und Nackengriff durchführen kann, ihm der Faustschluss gelingt, wie er die Arme bewegen kann etc., durchgeführt wurde, doch ist im Rahmen der Pflegebegutachtung grundsätzlich nicht die Beweglichkeit im Einzelnen zu überprüfen, entscheidend ist, welche Ressourcen bei den Versicherten mit Blick auf die durchzuführende Grundpflege noch vorhanden sind und dies erfordert nicht zwingend eine eingehende ärztliche Untersuchung, vielmehr kann aus dem allgemeinen Verhalten des Versicherten, das er während der Begutachtung zeigte, auf die dem Versicherten noch möglichen Fähigkeiten geschlossen werden. Der Hausbesuch des Dr. K. beim Kläger dauerte nach den Angaben des Sachverständigen eine Stunde 55 Minuten, der Kläger gibt sogar eine Dauer von zwei Stunden und zehn Minuten an. Hierbei hat Dr. K. die Beweglichkeit und die Fähigkeiten des Klägers bei dessen alltäglichen Bewegungen überprüft. Er beschreibt insoweit im Gutachten das Aufstehen des Klägers vom Sofa, das mit Unterstützung und Hilfe der Pflegeperson erfolgte, sein Gehverhalten, sein Verhalten beim Treppensteigen und die Art und Weise, wie er, der Sachverständige, vom Kläger mit Händedruck begrüßt wurde. Aus diesen Angaben kann abgeleitet werden, über welche körperlichen Ressourcen der Kläger verfügt und in welchem Umfang er Hilfe benötigt. Dass Dr. K. den Kläger hierbei nicht nur im Zusammenhang mit einem Pflegegutachten, sondern auch wegen eines im Schwerbehindertenverfahren zu erstattenden Gutachtens begutachtete, ist insoweit ohne Belang, denn die Begutachtungen sind insoweit nicht zu trennen. Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht die Tatsache, dass Dr. K. nach den Ausführungen des Klägers während des Hausbesuchs nahezu eineinhalb Stunden von seiner Frau berichtet habe. Auch wenn dem so gewesen sein sollte, hinderte dies Dr. K. nicht, während seiner eigenen Schilderung, den Kläger mit Blick auf dessen Verhalten und Beweglichkeit zu beobachten und dies in seinem Gutachten niederzulegen.
cc) Der Senat lässt dahingestellt, ob - dem Gutachten von Dr. K. folgend - nur eine Teilübernahme beim Richten der Bekleidung notwendig ist und ob diese nur fünfmal täglich zu erfolgen hat, während Pflegefachkraft O. insoweit eine volle Übernahme für erforderlich hielt und sieben Hilfebedarfe täglich annahm. Selbst wenn man hierfür einen Bedarf von 14 (Pflegefachkraft O.) und nicht von neun Minuten (Dr. K.) berücksichtigte, wäre unter Zugrundelegung des von Dr. K. angenommenen Wertes von 94 Minuten mit 99 Minuten der für die Pflegestufe II erforderliche Mindestzeitaufwand von 120 Minuten nicht erreicht.
dd) Ebenso verhält es sich mit Blick auf die von Dr. K. angenommenen geringeren Werte für das Kämmen, das Rasieren und die mundgerechte Zubereitung der Nahrung. Insoweit hat Pflegefachkraft O. einen um insgesamt sechs Minuten höheren Bedarf angenommen. Dies ergäbe damit allenfalls einen Zeitaufwand von 105 Minuten. Mit Blick auf die mundgerechte Zubereitung der Nahrung kann keinesfalls ein höherer Wert als der von Pflegefachkraft O. angenommene Wert von zehn Minuten angesetzt werden, nachdem Allgemeinmediziner Steinfeld in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 18. September 2011 als behandelnder Arzt angab, dass im Bereich der Ernährung kein Hilfebedarf erkennbar sei.
ee) Soweit der Kläger beanstandet, dass für das Rasieren von Pflegefachkraft O. nur sieben Minuten und von Dr. K. sogar nur sechs Minuten berücksichtigt seien, sind diese Werte nach Auffassung des Senats plausibel. Die Begutachtungs-Richtlinie sieht für das Rasieren einen Wert zwischen fünf und zehn Minuten vor. Angesichts dessen ist damit der von Pflegefachkraft O. angenommene Wert nicht fehlerhaft. Ein höherer Wert ist insoweit auch nicht wegen der vom Kläger beklagten Schmerzen anzusetzen. Schmerzen beim Rasieren durch eine Pflegekraft - wie es von Pflegefachkraft O. in ihrem Gutachten zugrundegelegt wird - sind nicht anzunehmen, denn hierbei wird dem Kläger lediglich ein Stillsitzen, bei dem keine Schmerzen auftreten, abverlangt.
ff) Auch soweit sowohl Pflegefachkraft O. als auch Dr. K. für die Zahnpflege einen Bedarf von zwei Minuten täglich annahmen, ist diese übereinstimmende Schätzung plausibel. Die Begutachtungs-Richtlinie sieht für die volle Übernahme einen Wert von fünf Minuten vor. Die Notwendigkeit der vollen Übernahme ist für den Senat indessen nicht ersichtlich. Die Zahnpflege setzt keine besondere feinmotorische Geschicklichkeit und auch keine Kraftentfaltung voraus, weshalb der Kläger insoweit, nachdem er die Arme auch zumindest bis Mundhöhe erheben kann, nur der Teilunterstützung bedarf. Im Übrigen ist mit Blick auf die Störung der Feinmotorik auch nicht außer Acht zu lassen, dass die vom Kläger in den Akten befindlichen Unterschriften keinerlei Schluss auf eine gestörte Feinmotorik zulassen. Das Schriftbild ist kräftig und sicher. Einer Hilfe bedarf er deshalb vermutlich nur an "schlechten Tagen".
gg) Im streitigen Zeitraum bestand und besteht ferner kein Hilfebedarf bei der Verrichtung des Verlassens und Wiederaufsuchens der Wohnung. Hilfeleistungen auf Wegen außerhalb der Wohnung sind nur in begrenztem Maße im Bereich der Mobilität zu berücksichtigen, weil sie in der Regel anderen Lebensbereichen zuordnen sind (BSG, Urteile vom 24. Juni 1998 - B 3 P 4/97 R - SozR 3 3300 § 14 Nr. 5, vom 6. August 1998 - B 3 P 17/97 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 6, vom 10. Oktober 2000 - B 3 P 15/99 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 16, vom 21. Februar 2002 - B 3 P 12/01 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 19 und vom 28. Mai 2003 - B 3 P 6/02 R - SozR 4-3300 § 15 Nr. 1 sowie Beschluss vom 18. August 2011 - B 3 P 10/11 B -, nicht veröffentlicht). Hilfe im Bereich der Mobilität außerhalb der eigenen Wohnung bei der Verrichtung Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung ist als Pflegebedarf der sozialen Pflegeversicherung nur berücksichtigungsfähig, wenn sie erforderlich ist, um das Weiterleben in der eigenen Wohnung zu ermöglichen, also Krankenhausaufenthalte und die stationäre Pflege in einem Pflegeheim zu vermeiden (grundlegend dazu BSG, Urteile vom 24. Juni 1998 - B 3 P 4/97 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 5 und 6. August 1998 - B 3 P 17/97 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 6 m.w.N.). Diese Voraussetzung ist u.a. nur dann gegeben, wenn ein mindestens einmal wöchentlicher Hilfebedarf beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung für Arztbesuche oder das Aufsuchen ärztlich verordneter Behandlungen gegeben ist, weil nur dann dieser Hilfebedarf "regelmäßig" im Sinne von § 14 SGB XI ist (vgl. BSG, Urteil vom 29. April 1999 - B 3 P 7/98 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 10; Urteil vom 12. August 2010 - B 3 P 3/09 R - SozR 4-3300 § 45b Nr. 1). Dies ist hier nach den sachverständigen Zeugenauskünften von Dr. U. und Arzt Steinfeld nicht der Fall.
hh) Schließlich bleibt ein nicht verrichtungsbezogener Aufsichtsbedarf ("allgemeiner Aufsichts- und Betreuungsbedarf") bei der Ermittlung des Pflegebedarfs außer Ansatz, da nur die bei den Katalogverrichtungen anfallenden notwendigen Hilfeleistungen berücksichtigungsfähig sind (vgl. BSG, Urteil vom 28. Juni 2001 - B 3 P 7/00 R - SozR 3-3300 § 43a Nr. 5).
c) Dass die Gutachtenlage nicht mehr aktuell ist, ist für den Senat nicht ersichtlich. Das Gutachten des Dr. K. erfolgte aufgrund einer Untersuchung des Klägers am 17. November 2011. Damit ist seither zwar nahezu ein Jahr vergangen. Dr. K. wies in seinem Gutachten jedoch nicht darauf hin, dass sich der Zustand des Klägers zukünftig verschlechtern würde. Arzt Steinfeld stellte während der von ihm erfolgten Behandlung zwischen dem 30. November 2010 und 15. September 2011 keine relevante Änderung des Gesundheitszustands des Klägers fest, weshalb, nachdem der Kläger auch nicht vorträgt, dass sich sein Gesundheitszustand verschlechtert habe, für den Senat nicht ersichtlich ist, dass die von Pflegefachkraft O. und Dr. K. erstatteten Gutachten nicht mehr den aktuellen Gesundheitszustand des Klägers wiedergeben. Der Gesundheitszustand des Klägers ist weitgehend stabil.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger ab 01. Mai 2010 Anspruch auf Pflegegeld nach der Pflegestufe II statt Pflegestufe I hat.
Der am 1961 geborene Kläger ist bei der Beklagten pflegeversichert. Er leidet nach einer Nephrektomie rechts unter ständigen Schmerzen und einer Einschränkung der Bewegungsfreiheit Am 08. Dezember 2008 stellte er erstmals einen Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung bei der Beklagten. Pflegefachkraft O. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) erstattete daraufhin auf Ersuchen der Beklagten das Gutachten vom 07. Januar 2009. Sie schätzte in ihrem Gutachten den Zeitaufwand für die Verrichtungen der Grundpflege auf 88 Minuten täglich (Körperpflege 44 Minuten, Ernährung sechs Minuten und Mobilität 38 Minuten). Der Kläger benötige wegen eines Zustands nach Nephrektomie rechts 1999, eines Phantomschmerzes am rechten Rippenbogen und einer körperlichen Schwäche Hilfe beim Waschen des Rückens, der Beine und im Intimbereich sowie je nach Allgemeinzustand Teilhilfe beim Waschen des vorderen Oberkörpers. Außerdem müsse das einmal wöchentliche Haarewaschen, das Kämmen, die Reinigung nach Stuhlentleerung sowie das Richten der Bekleidung nach den Toilettengängen übernommen werden und nachrasiert werden. Harte Nahrung müsse kleingeschnitten, Getränke müssten eingeschenkt werden. Außerdem bestehe Hilfebedarf beim Aufstehen und Zu-Bett-Gehen und beim An- und Entkleiden. Beim Gehen und Treppensteigen sei Begleitung notwendig. Der daraus abgeleiteten Empfehlung der Pflegestufe I folgte die Beklagte mit Bescheid vom 16. Januar 2009, mit dem sie dem Kläger Pflegegeld der Pflegestufe I ab 01. November 2008 bewilligte.
Im August 2009 veranlasste die Beklagte eine Überprüfung. Pflegefachkraft O., MDK, schätzte in ihrem Gutachten vom 15. September 2009 den Hilfebedarf im Bereich der Körperpflege auf 34 Minuten, der Ernährung auf sechs Minuten und der Mobilität auf 21 Minuten, insgesamt auf 61 Minuten. Der Hilfebedarf habe sich reduziert. Der Kläger sei am Rolllator wieder ohne Hilfe gehfähig. Mit Bescheid vom 22. September 2009 teilte die Beklagte dem Kläger hierauf mit, dass die Pflegeleistungen in der bisherigen Pflegestufe weitergewährt würden. Seinen dagegen erhobenen Widerspruch nahm der Kläger zurück.
Am 10. Mai 2010 stellte der Kläger einen förmlichen Höherstufungsantrag bei der Beklagten. In ihrem von der Beklagten veranlassten Gutachten vom 09. Juni 2010 aufgrund eines Hausbesuchs am Vortag nannte wiederum Pflegefachkraft O., MDK, als pflegebegründende Diagnosen einen Zustand nach Nephrektomie rechts 1999 bei Nierenkarzinom, einen Phantomschmerz rechter Rippenbogen, Mobilitätseinschränkungen bei körperlicher Schwäche und Schmerzsymptomatik und eine Schwindelsymptomatik und schätzte den Zeitaufwand für die Verrichtungen der Grundpflege mit 99 Minuten (Körperpflege 59 Minuten, Ernährung zehn Minuten, Mobilität 30 Minuten). Da der anfallende Hilfebedarf von Tag zu Tag unterschiedlich sei und deshalb von der "Tagesform" des Klägers abhänge, seien die dokumentierten Zeitwerte als Mittelwerte anzusehen. Duschen Sechsmal wöchentlich Teilübernahme/Unterstützung 14 Minuten Baden Einmal wöchentlich Teilübernahme/Unterstützung 3 Minuten Zahnpflege Zweimal täglich Unterstützung 2 Minuten Kämmen Zweimal täglich Volle Übernahme 2 Minuten Rasieren Einmal täglich Volle Übernahme 7 Minuten Stuhlgang Einmal täglich Volle Übernahme 4 Minuten Richten der Bekleidung Siebenmal täglich Volle Übernahme 14 Minuten Wechseln kleiner Vorlagen Einmal täglich Teilübernahme/Unterstützung 1 Minute Wechsel/Entleerung Urinbeutel/Toilettenstuhl Sechsmal täglich Volle Übernahme 12 Minuten Mundgerechte Zubereitung Achtmal täglich Volle Übernahme 10 Minuten Aufstehen/Zu-Bett-Gehen Zweimal täglich Teilübernahme 2 Minuten Ankleiden gesamt Einmal täglich Teilübernahme/Unterstützung 8 Minuten Entkleiden gesamt Einmal täglich Teilübernahme/Unterstützung 4 Minuten Gehen Zwanzigmal täglich Teilübernahme/Unterstützung 10 Minuten Stehen(Transfer) Zweimal täglich Teilübernahme 2 Minuten Treppensteigen Zweimal täglich Unterstützung 4 Minuten
Der Hilfebedarf habe deutlich zugenommen, insbesondere bei körperlicher Schwäche und ausgeprägter Schmerzsymptomatik. Der Kläger wirke sehr kraftlos. Er könne sich etwas mühsam von der liegenden in die sitzende Position aufrichten. Die Arme könne er beidseits über die Horizontale anheben, die Hände erreichten das Gesicht. Der Schürzengriff gelinge beidseits bis hintere Flanke. Der Zehengriff werde sitzend aufgrund der Kraftlosigkeit nicht ausgeführt. Der Händedruck sei beidseits deutlich kraftgemindert. Faustschluss und Pinzettengriff gelängen beidseits. Insbesondere in den Händen, gelegentlich auch in den Füßen, bestünden Sensibilitätsstörungen mit pelzigem Gefühl. Die Feinmotorik sei hierdurch beeinträchtigt. Hilfe beim Aufstehen und Setzen sei erforderlich. Mit Hilfe von zwei Unterarmgehstützen gehe der Kläger in sehr kleinschrittigem, schlürfendem und sehr verlangsamtem Gangbild. Ein sicherer Stand gelinge ihm nur mit Halt beider Hände. Es bestehe eine leichte Tröpfcheninkontinenz. Tagsüber und nachts werde die Urinflasche angelegt und anschließend geleert. Bei der Körperpflege könne der Kläger nur noch geringe Mithilfe leisten, insbesondere etwa im Gesicht und vorderen Oberkörper. Die restliche Pflege werde vollständig übernommen. Seine Zähne reinige er eigenständig. Auch beim Ankleiden und Entkleiden könne der Kläger mit Armen und Beinen noch geringe Mithilfe leisten. Die Beklagte lehnte es ab, Pflegegeld nach der Pflegestufe II zu zahlen (Bescheid vom 24. Juni 2010).
Der Kläger erhob Widerspruch. Er beanstandete die in dem Gutachten angeführten Zeitansätze. Diese seien absolut realitätsfremd. Es sei im Bereich der Grundpflege ein Hilfebedarf von mindestens 120 Minuten erforderlich. Am 27. Juli 2010 erstattete daraufhin Pflegefachkraft M. vom MDK ein Gutachten nach Aktenlage, in dem sie den von Pflegefachkraft O. angesetzten Pflegebedarf bestätigte. Der Kläger berief sich in seiner im Rahmen der Anhörung erfolgten Äußerung vom 13. August 2010 insbesondere darauf, dass bei ihm als pflegeerschwerender Faktor ein erhöhter Schmerzfaktor gegeben sei und dass die von den ambulanten Pflegediensten angesetzten Zeitansätze insbesondere beim Duschen, Baden und Rasieren höher seien. Zu berücksichtigen sei auch seine häusliche Situation. Allein für das Erreichen des 2. Obergeschosses, wo sich das Schlafzimmer befinde, benötige er aufgrund des erhöhten Schmerzfaktors und der notwendigen Pausen 15 Minuten, umgekehrt zehn Minuten. In der hierauf von der Beklagten veranlassten sozialmedizinischen Fallberatung führte Pflegefachkraft M. unter dem 03. September 2010 aus, dass beim Waschen des Klägers nur Teilhilfen erforderlich seien, da er Gesicht und vorderen Oberkörper selbstständig waschen könne. Für die Gesichtsrasur sei eine volle Übernahme gewertet worden. Diese sei mit sieben Minuten täglich zeitlich ausreichend berücksichtigt. Warum hier Schmerzen als pflegeerschwerender Faktor gewertet werden sollten, sei nicht nachvollziehbar, da der Kläger bei dieser Verrichtung nicht mithelfe. Auch die vom Kläger angesetzten Zeitwerte beim Treppensteigen und Aufsuchen und Verlassen des Bettes seien nicht nachvollziehbar. Er könne sich zwar schlechter bücken und sein Gangbild habe sich etwas verschlechtert. Aus diesem Grund habe sich der Hilfebedarf aber auch um 38 Minuten erhöht. Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Oktober 2010 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Gestützt auf das Gutachten vom 09. Juni 2010 liege beim Kläger ein Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege von 99 Minuten vor. Zusammen mit dem Hilfebedarf im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung (täglich 60 Minuten) erreiche der Hilfebedarf nicht den für die Zuordnung in Pflegestufe II erforderlichen zeitlichen Mindestumfang von 180 Minuten im Tagesdurchschnitt, wobei auf die Grundpflege mindestens 120 Minuten entfallen müssten. Es werde nicht bezweifelt, dass die tatsächlich täglichen Hilfeleistungen in größerem Umfang erbracht würden, als dies hier zu berücksichtigen sei. Die Zeiten der Betreuung seien jedoch im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen für die Einstufung in eine Pflegestufe nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) nicht berücksichtigungsfähig. Es könne nur der unbedingt erforderliche Zeitaufwand für die Grundpflege in die Berechnung einfließen, nicht jedoch der tatsächlich erbrachte Zeitaufwand.
Am 22. November 2010 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG). In den Gutachten bzw. Stellungnahmen des MDK seien die Auswirkungen der pflegebegründenden Diagnosen vor allem auf seinen Hilfebedarf im Bereich der Mobilität nicht ausreichend berücksichtigt worden. Auch erhebliche pflegeerschwerende Faktoren seien als solche nicht berücksichtigt, sondern lediglich in den Umständen am Rande erwähnt worden. Er müsse täglich mindestens zweimal vom Erdgeschoss in das 2. Obergeschoss (32 Stufen) hinauf- und hinuntergehen und nachts einmal vom 2. in das 1. Obergeschoss (17 Stufen) hinabsteigen und wieder hinaufgehen. Dabei sei er durchweg auf fremde Hilfe angewiesen. Seine Schmerzen seien insoweit als pflegeerschwerender Faktor zu berücksichtigen. Der festgestellte Hilfebedarf von vier Minuten für das Treppensteigen sei im Hinblick auf die räumlichen Verhältnisse und die therapieresistenten Schmerzen deshalb bei weitem nicht ausreichend. Der Hilfebedarf für das Treppensteigen betrage über eine halbe Stunde täglich. Auch der Hilfebedarf für das Aufstehen und Zu-Bett-Gehen in einem Umfang von zwei Minuten und für das An- und Entkleiden von acht bzw. vier Minuten sei wegen seiner therapieresistenten Schmerzen nicht ausreichend. Es werde der untere Rand der Skala nach der Richtlinie der Spitzenverbände der Pflegekassen zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI (Begutachtungs-Richtlinie) genommen, obwohl ausgeführt werde, dass das Kleiden weitgehend übernommen werden müsse. Nicht berücksichtigt worden sei bislang auch ein Hilfebedarf beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung im Rahmen von Arztbesuchen. Auch im Bereich der Körperpflege sei der pflegeerschwerende Faktor der starken Schmerzen nicht berücksichtigt. Im Bereich der Körperpflege betrage der Hilfebedarf über 75 Minuten täglich. Insgesamt halte er derzeit einen grundpflegerischen Hilfebedarf von ca. 145 Minuten für gegeben.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Arzt für Allgemeinmedizin Dr. U. teilte in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 15. Juli 2012 mit, in der Zeit vom 06. Mai bis 23. November 2010 habe ihn der Kläger in den Monaten Mai, September, Oktober und November jeweils dreimal, im Juni viermal und im August zweimal konsultiert. Nach dem 23. November 2010 sei ein Arztwechsel erfolgt. Der Kläger leide unter Bewegungsschmerzen, seine Psyche sei deutlich depressiv alteriert. Außerdem bestehe eine Angst, Selbstunsicherheit und Unruhezustände. Im Laufe der Behandlung sei keine wesentliche Befundänderung eingetreten, allenfalls eine minimale Verschlechterung. Im Bereich der Ernährung sei der Kläger sicher selbst in der Lage gewesen zu essen. Die Mobilität sei mit entsprechenden Hilfsmitteln eingeschränkt möglich. Die Körperpflege sei wohl auf Dauer nicht ohne fremde Hilfe möglich. Der ebenfalls als sachverständiger Zeuge gehörte Arzt für Allgemeinmedizin Steinfeld, der den Kläger seit 30. November 2010 behandelt, führte in seiner Auskunft vom 18. September 2011 aus, dass er den Kläger im Jahr 2010 im November einmal und im Dezember zweimal und im Jahr 2011 im Februar zweimal, im März viermal, im April und Mai zweimal, im Juni, Juli und August dreimal und zuletzt am 15. September 2011 behandelt habe. Im Vordergrund der Beschwerden des Klägers bestehe eine chronische Schmerzsymptomatik. Unter Opioid-Medikation habe unter Ruhebedingungen ein subjektiv erträgliches Schmerzniveau erreicht werden können. Infolge der Schmerzen bestehe eine hochgradige Einschränkung der Mobilität. Auch würden die typischen Symptome einer mittelgradigen Depression geschildert. Im Bereich der Ernährung sei kein Hilfebedarf erkennbar. Im Bereich der Körperpflege erscheine Hilfe beim Duschen und Baden erforderlich. Nach eigenen Angaben werde auch Hilfe beim Toilettengang benötigt. Kein Hilfebedarf bestehe bei der Teilwäsche. Eine assistierende Hilfe sei auch notwendig beim An- und Auskleiden. Außer Haus und teils auch im häuslichen Bereich sei der Kläger häufig auf einen Rollstuhl angewiesen. Kurze Strecken könne er auch mit einem Gehstock zurücklegen.
Im Auftrag des SG erstattete Arzt für Allgemeinmedizin und Arbeitsmedizin Dr. K. das Gutachten vom 01. Dezember 2011. Er nannte nach einer Untersuchung am 17. November 2011, die nach seinen Angaben in der Zeit von 10.55 Uhr bis 12.45 Uhr stattfand, als pflegebegründende Diagnosen eine kombinierte Persönlichkeitsstörung, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, den fortgesetzten Gebrauch von morphinhaltigen Schmerzmitteln, einen Zustand nach Entfernung der rechten Niere wegen Nierenkarzinoms 1999, Phantomschmerzen im Bereich der rechten Flanke und röntgenologisch nachweisbare Veränderungen an der Wirbelsäule. Er schätzte den zeitlichen Hilfebedarf für die Verrichtungen der Grundpflege auf insgesamt 94 Minuten (Körperpflege 52 Minuten, Ernährung sechs Minuten, Mobilität 36 Minuten).
Duschen Sechsmal wöchentlich Teilübernahme 15 Minuten Baden Einmal wöchentlich Teilübernahme 3 Minuten Zahnpflege Zweimal täglich Teilübernahme 2 Minuten Kämmen Einmal täglich Teilübernahme 1 Minute Rasieren Einmal täglich Teilübernahme 6 Minuten Stuhlgang Einmal täglich Teilübernahme 4 Minuten Richten der Bekleidung Fünfmal täglich Teilübernahme 9 Minuten Wechsel/Entleerung Urinbeutel/Toilettenstuhl Sechsmal täglich Volle Übernahme 12 Minuten Mundgerechte Zubereitung der Nahrung Dreimal täglich Volle Übernahme 6 Minuten Aufstehen/Zu-Bett-Gehen Zweimal täglich Teilübernahme 4 Minuten Ankleiden Ober-/Unterkörper Einmal täglich Teilübernahme 8 Minuten Entkleiden Ober-/Unterkörper Einmal täglich Teilübernahme 4 Minuten Gehen Sechszehnmal täglich Teilübernahme 10 Minuten Stehen(Transfer) Zweimal täglich Teilübernahme 4 Minuten Treppensteigen Viermal täglich 6 Minuten
Dem Kläger gelinge die Körperpflege am Rücken und im Bereich der unteren Extremitäten nicht mehr ohne Fremdhilfe. Freies Gehen und Stehen seien ihm durch eine ängstliche Gangunsicherheit nur noch kurzfristig und nach seiner Aussage nur nach vorheriger Morphinmedikation möglich. Innerhalb der Wohnung benutze der Kläger zwei Unterarmgehstützen bzw. einen Gehstock. Hilfebedarf beim An- und Ablegen der Kleidung und beim Richten der Bekleidung vor und nach den Toilettengängen sei den schmerzhaften Bewegungseinschränkungen geschuldet. Hilfebedarf bestehe auch überwiegend bei den Transferleistungen. Das mundgerechte Zubereiten der Nahrung sei an "schlechten" Tagen (mit heftigen Schmerzen) erforderlich. Im Rahmen der Begutachtung sei der Kläger aufgefordert worden, sich vom Sofa zu erheben, hierbei sei ihm die Pflegeperson behilflich gewesen, die ihn hochgezogen habe und ihm die Unterarmgehstützen gereicht habe. Der Kläger sei dann zur Treppe gegangen und habe auch die Treppe unter Anstrengung selbstständig bestiegen. Außer der teilweisen Hilfe beim Duschen und Baden benötige der Kläger auch teilweise Hilfe bei der Zahnpflege, beim Kämmen und beim Rasieren sowie beim Stuhlgang und beim Richten der Bekleidung. Volle Übernahme sei erforderlich mit Blick auf den Wechsel und die Entleerung des Urinbeutels. Teilhilfe sei auch erforderlich beim Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, beim Ankleiden des Ober- und Unterkörpers sowie beim Entkleiden sowie beim Gehen und Stehen.
Der Kläger wandte gegen dieses Gutachten ein, dass der Sachverständige Dr. K. zum einen allein aufgrund der Vermutung, dass es möglich sein sollte (Fettdruck im Original), die Form der Hilfe auf Teilübernahme reduziert habe, zum anderen auch die Häufigkeit der Verrichtungen pro Tag reduziert habe. So werde z.B. im Gegensatz zum Vorgutachten für das Richten der Bekleidung nicht mehr eine volle Übernahme mit sieben Verrichtungen und einem Zeitaufwand pro Tag von 14 Minuten, sondern nur noch von einer Teilübernahme mit einer Häufigkeit von fünf Verrichtungen am Tag und einem Zeitaufwand von neun Minuten ausgegangen. Gleiches ergebe sich bei der Hilfeleistung für das Gehen, welche im Vorgutachten noch mit 20 Verrichtungen im Gutachten des Dr. K. aber nur mit 16 Verrichtungen angesetzt sei. Eine Mithilfe sei ihm, dem Kläger, aufgrund der starken therapieresistenten Schmerzen freilich in den meisten Fällen nicht möglich. Erforderlich sei in der Regel eine Vollübernahme bei den Verrichtungen. Die starken therapieresistenten Schmerzen wirkten sich dazu weiter pflegeerschwerend und damit den Grundpflegebedarf erhöhend aus.
Mit Urteil vom 26. April 2012 wies das SG die Klage ab. Die im Laufe des Verfahrens durchgeführten Pflegebegutachtungen ergäben im Wesentlichen übereinstimmend einen grundpflegerischen Hilfebedarf in der Größenordnung von etwa 90 bis 100 Minuten täglich. Eine grundpflegerische Mindestpflegezeit von 120 Minuten im Tagesablauf (Voraussetzung für die Pflegestufe II) könne somit nicht festgestellt werden. Dr. K. führe in seinem Gutachten nachvollziehbar aus, dass der Kläger vor allem durch seine erheblichen Schmerzen in den pflegerelevanten Verrichtungen beeinträchtigt sei. Allerdings wirkten sich die Schmerzen durchweg nur dahin aus, dass der Kläger eine teilweise Unterstützung benötige. Eine volle Übernahme sei lediglich des nachts beim Benutzen der Urinflasche erforderlich. Darüber hinaus betone Dr. K. zu Recht, dass das Ausmaß des Hilfebedarfs sehr stark von der jeweiligen Tagesform des Klägers abhinge, und daher schwanke. Somit könne nur eine an Durchschnittswerten orientierte Einschätzung des Pflegebedarfs erfolgen. Vor diesem Hintergrund seien die von Dr. K. für die jeweiligen Verrichtungen angesetzten Zeiten durchaus angemessen und ausreichend. Insgesamt ergebe sich, dass der von Dr. K. angenommene tägliche Grundpflegebedarf von (nur) 94 Minuten auch unter Berücksichtigung der Begutachtungs-Richtlinie nicht zu beanstanden sei.
Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 02. Mai 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 08. Mai 2012 Berufung eingelegt. Das Urteil des SG sei für ihn unter Bezugnahme auf seine bereits erstinstanzlich vorgetragenen Einwände nicht nachvollziehbar. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass der Hausbesuch des Dr. K. zwar zwei Stunden und zehn Minuten gedauert habe, hierbei sei jedoch eine Begutachtung sowohl im Rahmen des Schwerbehindertenrechts als auch im Zusammenhang mit dem hier anhängigen Verfahrens erfolgt. Während des Hausbesuchs habe der Sachverständige auch nahezu eineinhalb Stunden von seiner Ehefrau, die in einem Hospiz tätig sei, berichtet. Im Übrigen habe er keine ausreichende Untersuchung vorgenommen. Er habe ihn lediglich aufgefordert, vom Sofa aufzustehen und die Treppe ins erste Obergeschoss hinaufzugehen. Den Nacken- oder Schürzengriff und die sonstige Beweglichkeit der Hände und Schultergelenke habe er nicht geprüft. Soweit Pflegefachkraft O. im Rahmen der Untersuchung am 08. Juni 2010 festgestellt habe, dass er die Arme beidseits über die Horizontale anheben könne und dass die Hände auch das Gesicht erreichten, sei darauf hinzuweisen, dass er bereits seinerzeit über Schmerzen im Schulterbereich und allgemeine Kraftlosigkeit geklagt habe. Beschrieben würden auch ein beidseits deutlich kraftgeminderter Händedruck sowie Sensibilitätsstörungen. Insoweit liege es auf der Hand, dass erhebliche Beeinträchtigungen im Rahmen der Verrichtungen bestünden, die feinmotorische Fähigkeiten voraussetzten (Zahnpflege, Kämmen, Rasieren und mundgerechte Zubereitung der Nahrung). Der Zeitaufwand für die Zahnpflege in Höhe von zwei Minuten pro Tag sei bei einer Häufigkeit der Verrichtung von zweimal pro Tag zu knapp bemessen. Das Kämmen der Haare sei bei einer Armhebung nur in die Horizontale nicht möglich, diesbezüglich sei von einer vollständigen Übernahme auszugehen. Dies gelte auch für das Rasieren und die mundgerechte Zubereitung der Nahrung. Hinsichtlich der Verrichtungen im Zusammenhang mit der Darm- und Blasenentleerung erschließe sich nicht, warum bei sieben Verrichtungen pro Tag ein Richten der Bekleidung lediglich fünfmal erforderlich sein solle. Die Gutachtenlage sei nicht mehr aktuell.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 26. April 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 24. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Oktober 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01. Mai 2010 Pflegegeld nach Pflegestufe II zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das angefochtene Urteil entspreche vollumfänglich der Sach- und Rechtslage. Die Behauptung hinsichtlich der unzureichenden Untersuchung durch den Sachverständigen weise sie, die Beklagte, zurück.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss, da der Senat die Berufung des Klägers einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.
1. Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, sie ist insbesondere nicht nach § 144 Abs. 1 SGG ausgeschlossen. Denn der Kläger begehrt Leistungen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
2. Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 24. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Oktober 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höheres Pflegegeld nach der Pflegestufe II.
a) Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers auf Pflegegeld nach der Pflegestufe II anstelle des bislang gezahlten Pflegegelds nach der Pflegestufe I ist § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Eine wesentliche Änderung ist nicht eingetreten. Der Hilfebedarf für die Verrichtungen der Grundpflege beträgt ab 01. Mai 2010 nicht mindestens 120 Minuten.
b) Pflegebedürftige können nach § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB XI anstelle der Pflegesachleistungen ein Pflegegeld erhalten. Pflegebedürftig sind nach § 14 Abs. 1 SGB XI Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, die im Einzelnen in § 14 Abs. 4 SGB XI genannt sind, auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichem oder höherem Maß (§ 15 SGB XI) der Hilfe bedürfen. Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI). Pflegebedürftige der Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftige) sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe II mindestens drei Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 SGB XI). Die Grundpflege umfasst die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen aus den Bereichen der Körperpflege (§ 14 Abs. 4 Nr. 1 SGB XI), der Ernährung (§ 14 Abs. 4 Nr. 2 SGB XI) und der Mobilität (§ 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI). Zur Grundpflege zählt ein Hilfebedarf im Bereich der Körperpflege beim Waschen, Duschen, Baden, der Zahnpflege, dem Kämmen, Rasieren, der Darm- und Blasenentleerung, im Bereich der Ernährung beim mundgerechten Zubereiten der Nahrung und der Aufnahme der Nahrung sowie im Bereich der Mobilität beim selbstständigen Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, dem An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen und dem Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung. Das Ausmaß des Pflegebedarfs ist nach einem objektiven ("abstrakten") Maßstab zu beurteilen. Maßgebend für den zeitlichen Aufwand ist grundsätzlich die tatsächlich bestehende Pflegesituation unter Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse des zu Pflegenden, allerdings am Maßstab des allgemein Üblichen. § 14 SGB XI stellt allein auf den "Bedarf" an Pflege und nicht auf die im Einzelfall unterschiedliche Art der Deckung dieses Bedarfs oder die tatsächlich erbrachte Pflege ab (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil 21. Februar 2002 - B 3 P 12/01 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 19). Bei der Bestimmung des erforderlichen Zeitbedarfs für die Grundpflege sind als Orientierungswerte die Zeitkorridore der Begutachtungs-Richtlinie zu berücksichtigen. Diese Zeitwerte sind zwar keine verbindlichen Vorgaben; es handelt sich jedoch um Zeitkorridore mit Leitfunktion (Abschnitt F Nr. 1 Begutachtungs-Richtlinie; vgl. dazu BSG, Urteil vom 22. Juli 2004 - B 3 P 6/03 R - SozR 4-3300 § 23 Nr. 3 m.w.N.). Dabei beruhen die Zeitkorridore auf der vollständigen Übernahme der Verrichtungen durch eine Laienpflegekraft. Die Zeiten für den Hilfebedarf bei den einzelnen Verrichtungen beruhen regelmäßig auf Schätzungen, denen eine gewisse und auf wenige Minuten beschränkte Unschärfe nicht abgesprochen werden kann und die dennoch hinzunehmen sind (vgl. BSG, Urteil vom 10. März 2010 - B 3 P 10/08 R - SozR 4-3300 § 15 Nr. 4).
aa) Beim Kläger bestehen hauptsächlich Mobilitätseinschränkungen aufgrund der bei ihm vorliegenden Schmerzen und eine körperliche Schwäche. Des Weiteren bestehen Sensibilitätsstörungen mit pelzigem Gefühl insbesondere in beiden Händen, wodurch die Feinmotorik beeinträchtigt ist. Außerdem besteht eine Schwindelsymptomatik. Dies ergibt sich aus dem Gutachten der Pflegefachkraft O. vom 09. Juni 2010 und mit Ausnahme der beeinträchtigten Feinmotorik auch aus dem durch das SG erhobenen Gutachten des Sachverständigen Dr. K. vom 17. November 2011, wobei eine Beeinträchtigung der Handgeschicklichkeit letztlich auch aus dem Gutachten des Dr. K. hervorgeht, nachdem er geschildert hat, dass der Kläger "an schlechten Tagen" nicht in der Lage sei, feste Nahrung mundgerecht zu portionieren.
bb) Aufgrund dieser Erkrankungen bedarf der Kläger bei der Körperpflege, der Ernährung und der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe. Der erforderliche Hilfebedarf beträgt seit 01. Mai 2010 jedoch nicht mindestens 120 Minuten täglich. Der Senat folgt den Schätzungen des zeitlichen Hilfebedarfs durch die Pflegefachkraft O., die den Pflegebedarf des Klägers auf 99 Minuten geschätzt hat, und durch den Sachverständigen Dr. K., der den Pflegebedarf des Klägers mit 94 Minuten ermittelte. Bestätigt werden diese Werte im Wesentlichen durch das nach Aktenlage erstattete Gutachten der Pflegefachkraft M. vom 27. Juli 2010 und deren sozialmedizinische Fallberatung vom 03. September 2010, in der sie ebenfalls jeweils einen Zeitaufwand für die Verrichtungen der Grundpflege von 99 Minuten annimmt.
Die von den Pflegefachkräften O. und M. sowie dem Sachverständigen Dr. K. im Wesentlichen übereinstimmend angenommenen Pflegebedarfe sind auf der Grundlage der erhobenen Befunde für den Senat jeweils nachvollziehbar. Soweit der Kläger beanstandet, dass Dr. K. keine ausreichende Untersuchung vorgenommen habe, führt dies nicht dazu, dass die von Dr. K. angesetzten Werte für den Hilfebedarf nicht schlüssig sind. Es ist dem Kläger insoweit zwar einzuräumen, dass auch nach den schriftlichen Ausführungen im Gutachten des Dr. K. keine Untersuchung mit Blick darauf, ob der Kläger den Schürzen- und Nackengriff durchführen kann, ihm der Faustschluss gelingt, wie er die Arme bewegen kann etc., durchgeführt wurde, doch ist im Rahmen der Pflegebegutachtung grundsätzlich nicht die Beweglichkeit im Einzelnen zu überprüfen, entscheidend ist, welche Ressourcen bei den Versicherten mit Blick auf die durchzuführende Grundpflege noch vorhanden sind und dies erfordert nicht zwingend eine eingehende ärztliche Untersuchung, vielmehr kann aus dem allgemeinen Verhalten des Versicherten, das er während der Begutachtung zeigte, auf die dem Versicherten noch möglichen Fähigkeiten geschlossen werden. Der Hausbesuch des Dr. K. beim Kläger dauerte nach den Angaben des Sachverständigen eine Stunde 55 Minuten, der Kläger gibt sogar eine Dauer von zwei Stunden und zehn Minuten an. Hierbei hat Dr. K. die Beweglichkeit und die Fähigkeiten des Klägers bei dessen alltäglichen Bewegungen überprüft. Er beschreibt insoweit im Gutachten das Aufstehen des Klägers vom Sofa, das mit Unterstützung und Hilfe der Pflegeperson erfolgte, sein Gehverhalten, sein Verhalten beim Treppensteigen und die Art und Weise, wie er, der Sachverständige, vom Kläger mit Händedruck begrüßt wurde. Aus diesen Angaben kann abgeleitet werden, über welche körperlichen Ressourcen der Kläger verfügt und in welchem Umfang er Hilfe benötigt. Dass Dr. K. den Kläger hierbei nicht nur im Zusammenhang mit einem Pflegegutachten, sondern auch wegen eines im Schwerbehindertenverfahren zu erstattenden Gutachtens begutachtete, ist insoweit ohne Belang, denn die Begutachtungen sind insoweit nicht zu trennen. Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht die Tatsache, dass Dr. K. nach den Ausführungen des Klägers während des Hausbesuchs nahezu eineinhalb Stunden von seiner Frau berichtet habe. Auch wenn dem so gewesen sein sollte, hinderte dies Dr. K. nicht, während seiner eigenen Schilderung, den Kläger mit Blick auf dessen Verhalten und Beweglichkeit zu beobachten und dies in seinem Gutachten niederzulegen.
cc) Der Senat lässt dahingestellt, ob - dem Gutachten von Dr. K. folgend - nur eine Teilübernahme beim Richten der Bekleidung notwendig ist und ob diese nur fünfmal täglich zu erfolgen hat, während Pflegefachkraft O. insoweit eine volle Übernahme für erforderlich hielt und sieben Hilfebedarfe täglich annahm. Selbst wenn man hierfür einen Bedarf von 14 (Pflegefachkraft O.) und nicht von neun Minuten (Dr. K.) berücksichtigte, wäre unter Zugrundelegung des von Dr. K. angenommenen Wertes von 94 Minuten mit 99 Minuten der für die Pflegestufe II erforderliche Mindestzeitaufwand von 120 Minuten nicht erreicht.
dd) Ebenso verhält es sich mit Blick auf die von Dr. K. angenommenen geringeren Werte für das Kämmen, das Rasieren und die mundgerechte Zubereitung der Nahrung. Insoweit hat Pflegefachkraft O. einen um insgesamt sechs Minuten höheren Bedarf angenommen. Dies ergäbe damit allenfalls einen Zeitaufwand von 105 Minuten. Mit Blick auf die mundgerechte Zubereitung der Nahrung kann keinesfalls ein höherer Wert als der von Pflegefachkraft O. angenommene Wert von zehn Minuten angesetzt werden, nachdem Allgemeinmediziner Steinfeld in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 18. September 2011 als behandelnder Arzt angab, dass im Bereich der Ernährung kein Hilfebedarf erkennbar sei.
ee) Soweit der Kläger beanstandet, dass für das Rasieren von Pflegefachkraft O. nur sieben Minuten und von Dr. K. sogar nur sechs Minuten berücksichtigt seien, sind diese Werte nach Auffassung des Senats plausibel. Die Begutachtungs-Richtlinie sieht für das Rasieren einen Wert zwischen fünf und zehn Minuten vor. Angesichts dessen ist damit der von Pflegefachkraft O. angenommene Wert nicht fehlerhaft. Ein höherer Wert ist insoweit auch nicht wegen der vom Kläger beklagten Schmerzen anzusetzen. Schmerzen beim Rasieren durch eine Pflegekraft - wie es von Pflegefachkraft O. in ihrem Gutachten zugrundegelegt wird - sind nicht anzunehmen, denn hierbei wird dem Kläger lediglich ein Stillsitzen, bei dem keine Schmerzen auftreten, abverlangt.
ff) Auch soweit sowohl Pflegefachkraft O. als auch Dr. K. für die Zahnpflege einen Bedarf von zwei Minuten täglich annahmen, ist diese übereinstimmende Schätzung plausibel. Die Begutachtungs-Richtlinie sieht für die volle Übernahme einen Wert von fünf Minuten vor. Die Notwendigkeit der vollen Übernahme ist für den Senat indessen nicht ersichtlich. Die Zahnpflege setzt keine besondere feinmotorische Geschicklichkeit und auch keine Kraftentfaltung voraus, weshalb der Kläger insoweit, nachdem er die Arme auch zumindest bis Mundhöhe erheben kann, nur der Teilunterstützung bedarf. Im Übrigen ist mit Blick auf die Störung der Feinmotorik auch nicht außer Acht zu lassen, dass die vom Kläger in den Akten befindlichen Unterschriften keinerlei Schluss auf eine gestörte Feinmotorik zulassen. Das Schriftbild ist kräftig und sicher. Einer Hilfe bedarf er deshalb vermutlich nur an "schlechten Tagen".
gg) Im streitigen Zeitraum bestand und besteht ferner kein Hilfebedarf bei der Verrichtung des Verlassens und Wiederaufsuchens der Wohnung. Hilfeleistungen auf Wegen außerhalb der Wohnung sind nur in begrenztem Maße im Bereich der Mobilität zu berücksichtigen, weil sie in der Regel anderen Lebensbereichen zuordnen sind (BSG, Urteile vom 24. Juni 1998 - B 3 P 4/97 R - SozR 3 3300 § 14 Nr. 5, vom 6. August 1998 - B 3 P 17/97 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 6, vom 10. Oktober 2000 - B 3 P 15/99 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 16, vom 21. Februar 2002 - B 3 P 12/01 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 19 und vom 28. Mai 2003 - B 3 P 6/02 R - SozR 4-3300 § 15 Nr. 1 sowie Beschluss vom 18. August 2011 - B 3 P 10/11 B -, nicht veröffentlicht). Hilfe im Bereich der Mobilität außerhalb der eigenen Wohnung bei der Verrichtung Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung ist als Pflegebedarf der sozialen Pflegeversicherung nur berücksichtigungsfähig, wenn sie erforderlich ist, um das Weiterleben in der eigenen Wohnung zu ermöglichen, also Krankenhausaufenthalte und die stationäre Pflege in einem Pflegeheim zu vermeiden (grundlegend dazu BSG, Urteile vom 24. Juni 1998 - B 3 P 4/97 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 5 und 6. August 1998 - B 3 P 17/97 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 6 m.w.N.). Diese Voraussetzung ist u.a. nur dann gegeben, wenn ein mindestens einmal wöchentlicher Hilfebedarf beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung für Arztbesuche oder das Aufsuchen ärztlich verordneter Behandlungen gegeben ist, weil nur dann dieser Hilfebedarf "regelmäßig" im Sinne von § 14 SGB XI ist (vgl. BSG, Urteil vom 29. April 1999 - B 3 P 7/98 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 10; Urteil vom 12. August 2010 - B 3 P 3/09 R - SozR 4-3300 § 45b Nr. 1). Dies ist hier nach den sachverständigen Zeugenauskünften von Dr. U. und Arzt Steinfeld nicht der Fall.
hh) Schließlich bleibt ein nicht verrichtungsbezogener Aufsichtsbedarf ("allgemeiner Aufsichts- und Betreuungsbedarf") bei der Ermittlung des Pflegebedarfs außer Ansatz, da nur die bei den Katalogverrichtungen anfallenden notwendigen Hilfeleistungen berücksichtigungsfähig sind (vgl. BSG, Urteil vom 28. Juni 2001 - B 3 P 7/00 R - SozR 3-3300 § 43a Nr. 5).
c) Dass die Gutachtenlage nicht mehr aktuell ist, ist für den Senat nicht ersichtlich. Das Gutachten des Dr. K. erfolgte aufgrund einer Untersuchung des Klägers am 17. November 2011. Damit ist seither zwar nahezu ein Jahr vergangen. Dr. K. wies in seinem Gutachten jedoch nicht darauf hin, dass sich der Zustand des Klägers zukünftig verschlechtern würde. Arzt Steinfeld stellte während der von ihm erfolgten Behandlung zwischen dem 30. November 2010 und 15. September 2011 keine relevante Änderung des Gesundheitszustands des Klägers fest, weshalb, nachdem der Kläger auch nicht vorträgt, dass sich sein Gesundheitszustand verschlechtert habe, für den Senat nicht ersichtlich ist, dass die von Pflegefachkraft O. und Dr. K. erstatteten Gutachten nicht mehr den aktuellen Gesundheitszustand des Klägers wiedergeben. Der Gesundheitszustand des Klägers ist weitgehend stabil.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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