Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AL 4924/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 2096/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 5. April 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten sind die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) und Arbeitslosenhilfe (Alhi) sowie die Erstattung der erbrachten Leistungen streitig.
Der 1946 geborene Kläger bezog bis 01.07.2001 Alg (Restanspruchsdauer 554 Tage). Anschließend stand er vom 02.07.2001 bis 31.03.2002 bei der Bauunternehmung Gebrüder F. als Zimmerer in einem befristeten Arbeitsverhältnis. Der Kläger meldete sich beim Arbeitsamt S. mit Wirkung zum 01.04.2002 erneut arbeitslos und beantragte Alg. Er bestätigte mit seiner Unterschrift, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben.
Mit Bescheid vom 08.05.2002 bewilligte das Arbeitsamt S. dem Kläger ab 01.04.2002 Alg in Höhe von täglich 38,51 ?. Ab 16.07.2002 übte der Kläger nach seinen Angaben bei der M -Baugesellschaft mbH (künftig M.) eine geringfügige (voraussichtlich weniger als 15 Stunden wöchentlich) Tätigkeit als Maurer aus und legte hierzu Nebentätigkeitsbescheinigungen vor. Vom erzielten Einkommen wurden auf den Alg-Anspruch für August 2002 63,84 ?, September 2002 71,54 ?, Oktober 2002 61,36 ? und November 2002 69,14 ? angerechnet. Ab 01.01.2003 bewilligte das Arbeitsamt dem Kläger Alg in Höhe von täglich 38,69 ?. Am 17.02.2003 teilte der Kläger dem Arbeitsamt mit, dass er im Jahr 2003 kein Nebeneinkommen mehr erziele. Ab Juni 2003 stand der Kläger nach seinen Angaben bei der M. erneut in einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis. Vom erzielten Nebeneinkommen wurden auf den Alg-Anspruch für Juli 2003 0,40 ?, August 2003 93,72 ? und September 2003 101,46 ? angerechnet. Ab 05.10.2003 war der Alg-Anspruch erschöpft.
Unter dem 04.09.2003 beantragte der Kläger beim Arbeitsamt die Bewilligung von Alhi. Er bestätigte mit seiner Unterschrift, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Mit Bescheid vom 30.10.2003 wurde dem Kläger Alhi ab 05.10.2003 in Höhe von täglich 32,07 ?, ab 11.01.2004 in Höhe von täglich 32,90 ? und ab 05.10.2004 (bis 31.12.2004) in Höhe von täglich 32,28 ? bewilligt. Für die Zeit vom 28.12.2003 bis 10.01.2004 wurde wegen Ortsabwesenheit keine Leistung erbracht. Vom Kläger erzieltes Nettoeinkommen wurden auf den Alhi-Anspruch für Februar 2004 7,78 ?, März 2004 31,61 ?, April 2004 38,19 ? und Juli 2004 113,75 ? angerechnet. Ab 25.07.2005 war der Kläger bei der M. versicherungspflichtig beschäftigt (durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit 40 Stunden/Woche).
Mit Schreiben vom 03.09.2008 teilte das Polizeipräsidium S. der Agentur für Arbeit S. (AA) mit, in einem durchgeführten Ermittlungsverfahren gegen den Verantwortlichen der M. sei bei der Auswertung der Beweismittel festgestellt worden, dass der Kläger als Arbeitnehmer in den Monaten Juni 2003 bis November 2003 und Januar 2004 bis Dezember 2004 als Vollzeitkraft für die Firma gearbeitet habe. Die anhand von vorgefundenen Stundenzettel bzw. handschriftlichen Aufzeichnungen ermittelten Arbeitszeiten für den Zeitraum vom Juni 2003 bis Dezember 2004 wurden unter Vorlage der Unterlagen in Kopie mitgeteilt.
Mit drei Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden vom 16.09.2008 hob die AA die Bewilligung von Alg vom 24.06.2003 bis 04.10.2003 und die Bewilligung von Alhi vom 05.10.2003 bis 27.12.2003 sowie vom 11.01.2004 bis 15.12.2004 ganz auf und forderte vom Kläger für die Zeit vom 24.06.2003 bis 04.10.2003 geleistetes Alg in Höhe von 3.985,07 ? sowie Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 1.289,68 ? (5.274,75 ?), für die Zeit vom 05.10.2003 bis 27.12.2003 Alhi in Höhe von 2.498,30 ? sowie Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung von 447,19 ? (2.945,40 ?) und für die Zeit vom 11.01.2004 bis 15.12.2004 in Höhe von 10.994,67 ? sowie Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 1.826,73 ? (12.821,40 ?) vom Kläger zurück. Zur Begründung wurde in den Bescheiden jeweils ausgeführt, der Kläger habe in den genannten Zeiträumen in einem Beschäftigungsverhältnis von mindestens 15 Stunden wöchentlich gestanden und sei daher nicht mehr arbeitslos gewesen. Ein Anspruch auf Alg bzw. Alhi habe somit nicht bestanden. Die fehlerhafte Bewilligung sei erfolgt, weil der Kläger seiner Verpflichtung nach § 60 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) grob fahrlässig nicht nachgekommen sei bzw. grob fahrlässig falsche Angaben gemacht habe.
Hiergegen legte der Kläger am 26.09.2008 Widerspruch ein. Er machte unter Vorlage von Lohnabrechnungen geltend, monatlich zwischen 14 und 32 Stunden gearbeitet zu haben. Mit drei Widerspruchsbescheiden vom 29.09.2008 wies das AA den Widerspruch des Klägers gegen die drei Erstattungsbescheide vom 16.09.2008 zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 24.10.2008 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage (S 17 AL 7152/08). Auf Antrag der Beteiligten ordnete das SG wegen eines anhängigen Strafverfahrens mit Beschluss vom 10.06.2009 das Ruhen des Verfahrens an, das von der Beklagten am 23.08.2011 wieder angerufen wurde.
Der Kläger trug zur Begründung seiner Klage vor, er bestreite, in dem von der Beklagten festgestellten Umfang bei der M. gearbeitet zu haben. Stundenzettel und/oder Rapporte, auf die sich die Beklagte stützte, seien der Verwaltungsakte nicht zu entnehmen. Er habe nicht mehr als 15 Stunden wöchentlich, sondern monatlich zwischen 14 und 32 Stunden gearbeitet. Die in der Verwaltungsakte befindlichen Ablichtungen von Kalenderaufschrieben stünden im Widerspruch mit den Lohnabrechnungen und den Bescheinigungen über Nebeneinkommen der M. Den von der Beklagten herangezogenen Erkenntnismitteln müsse dahingehend Glauben geschenkt werden, dass es sich bei der aufgelisteten Person ?Ante? tatsächlich um ihn, den Kläger, handele und dass die Stundenangaben zutreffend angegeben worden seien. Es stehe zu vermuten, dass sich die Abrechnungspraxis der M. gegenüber ihren Auftraggebern sowie gegenüber den eigenen Arbeitnehmern unzutreffend darstelle.
Das SG zog von der Staatsanwaltschaft Stuttgart die Ermittlungsakten gegen den Kläger (wegen Leistungsmissbrauchs) bei und nahm daraus den Ermittlungsbericht des Hauptzollamtes S. vom 02.12.2008 zu den Akten. In dem Ermittlungsbericht ist ausgeführt, aufgrund der Auswertung der Firmenunterlagen und der Zeugenaussagen sei nachgewiesen, dass der Kläger in der Zeit vom 24.06.2003 bis 04.10.2003 Alg und in der Zeit vom 05.10.2003 bis 27.12.2003 sowie vom 11.01.2004 bis 15.12.2004 Alhi zu Unrecht bezogen habe.
Mit Strafbefehl des Amtsgerichts Stuttgart vom 19.03.2010 (16 Cs 211 Js 19996/09) wurde gegen den Kläger wegen Betrugs nach § 263 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe von 9 Monaten verhängt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Dabei ging das Amtsgericht davon aus, dass der Kläger aufgrund seiner Anträge unter anderem im Zeitraum vom 24.06.2003 bis 04.10.2003, 05.10.2003 bis 27.12.2003 und 11.01.2004 bis 15.12.2004 Alg/Alhi von der AA bezogen habe. Entgegen der ihm bekannten Verpflichtung habe er der AA nicht unaufgefordert und unverzüglich mitgeteilt, dass er in dieser Zeit bei der M. in einem weit größeren Umfang als angegeben gearbeitet habe, mit der Folge, dass ihm seiner Absicht entsprechend in den genannten Zeiträumen irrigerweise Alg/Alhi in Höhe von insgesamt 17.478,04 ? ausbezahlt worden sei, auf das er keinen Anspruch gehabt habe, wodurch der AA ein entsprechender Schaden entstanden sei. Gegen den Strafbefehl legte der Kläger Einspruch ein. In der Hauptverhandlung beim Amtsgericht Stuttgart am 23.09.2010 beschränkte der Kläger (nach durchgeführter Beweisaufnahme) seinen Einspruch auf die Rechtsfolgen. Mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 23.09.2010 (16 Cs 211 Js 19996/09/Ha) wurde der Strafbefehl vom 19.03.2010 - u.a. - mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass die zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe auf 6 Monate reduziert wird.
Mit Gerichtsbescheid vom 05.04.2012 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, die Beklagte habe zu Recht die Bewilligung von Alg für die Zeit vom 24.06.2003 bis 04.10.2003 gemäß § 48 SGB X aufgehoben, da der Kläger in diesem Zeitraum in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden habe und somit nicht arbeitslos gewesen sei. Aufgrund der Ermittlungen im Strafverfahren stehe fest, dass der Kläger im streitigen Zeitraum als Vollzeitkraft bei M. tätig gewesen sei. Die Arbeitszeiten des Klägers hätten anhand vorgefundener Stundenzettel bzw. handschriftlicher Aufzeichnungen sowie der Angaben des Herrn S. und der Frau C. bei ihren polizeilichen Vernehmungen festgestellt werden können. Somit stehe fest, dass der Kläger ab dem 24.06.2003 über 15 Stunden pro Woche gearbeitet habe, wodurch seine Arbeitslosigkeit entfallen sei. Sollte der Kläger in einer Woche tatsächlich unter 15 Stunden gearbeitet haben, sei wegen Erlöschens der Arbeitslosmeldung gleichwohl ein Anspruch auf Alg nicht gegeben. Der Kläger sei weiter seiner Verpflichtung zur Mitteilung wesentlicher Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen, weshalb die Bewilligung mit Wirkung zum Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden könne. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X lägen vor. Die Beklagte habe auch gemäß § 45 SGB X zu Recht die Bewilligung von Alhi für die Zeiträume vom 05.10.2003 bis 27.12.2003 sowie 11.01.2004 bis 15.12.2004 aufgehoben. Der Kläger habe auch in diesem Zeitraum in der Regel über 15 Stunden pro Woche gearbeitet. Sollte dies einmal nicht der Fall gewesen sein, scheitere ein Anspruch auf Alhi an der nicht erfolgten erneuten Arbeitslosmeldung. Der Kläger sei auch hinsichtlich der Bewilligung von Alhi in den genannten Zeiträumen zumindest grob fahrlässig seiner Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse nicht nachgekommen, weshalb die Bewilligung von Alhi aufgehoben und die gewährten Leistungen zurückgefordert werden könnten.
Gegen den dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 18.04.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten am 18.05.2012 Berufung eingelegt und zur Begründung auf seine bisherigen Ausführungen im Klageverfahren Bezug genommen.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 5. April 2012 sowie die Bescheide der Beklagten vom 16. September 2008 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 30. September 2008 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Der Kläger habe nichts vorgetragen, das geeignet sei, die zutreffenden Ausführungen des SG zu widerlegen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Der Senat hat die Strafakte des Amtsgerichts Stuttgart (16 Cs 211 Js 19996/09) sowie die Ermittlungsakten des Hauptzollamtes S. / Polizeipräsidiums S. beigezogen. Hierauf sowie auf zwei Band Verwaltungsakten der Beklagten, die Gerichtsakten des SG und die beim Senat angefallene Akte wird wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat den Berufungsantrag des Klägers nach seinem erkennbaren Begehren sachdienlich gefasst.
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten vom 16.09.2008 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 30.09.2008 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.
Das SG hat im angefochtenen Gerichtsbescheid die für die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung von Alg sowie die Rücknahme der Bewilligung von Alhi maßgeblichen Rechtsgrundlagen und Grundsätze vollständig und zutreffend dargestellt. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Dass die Vorschriften über Arbeitslosenhilfe zwischenzeitlich außer Kraft getreten sind, hindert ihre Anwendbarkeit nicht. Sie sind weiterhin als Grundlage für die Beurteilung der Frage, ob dem Kläger Leistungen im streitigen Zeitraum rechtswidrig erbracht worden sind, heranzuziehen.
Das SG hat weiter zutreffend begründet, dass der Kläger in der Zeit vom 24.06.2003 bis 04.10.2003 in einem nicht geringfügigen Beschäftigungsverhältnis bei der M. gestanden hat und damit nicht arbeitslos war, weshalb in diesem Zeitraum die Voraussetzungen für die Bewilligung von Alg - gegebenenfalls auch mangels erneuter Arbeitslosmeldung - nicht vorlagen. Das SG hat weiter zutreffend ausgeführt, dass die subjektiven Rückforderungsvoraussetzungen des § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB X beim Kläger deswegen erfüllt sind, weil er vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig seiner Pflicht zur Mitteilung wesentlicher Änderungen der Verhältnisse gemäß § 60 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB I nicht nachgekommen ist. Das SG hat außerdem zutreffend begründet, dass die Voraussetzungen des § 45 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X zur Rücknahme der Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 05.10.2003 bis 27.12.2003 und vom 11.01.2004 bis 15.12.2004 beim Kläger erfüllt sind, weil der Kläger auch in diesen Zeiträumen über 15 Stunden pro Woche gearbeitet hat, weshalb er ebenfalls nicht arbeitslos war, so dass ihm ein Anspruch auf Alhi - gegebenenfalls auch mangels erneuter Arbeitslosmeldung - nicht zustand und dass die subjektiven Rückforderungsvoraussetzungen beim Kläger erfüllt sind, weil er auch insoweit zumindest grob fahrlässig seiner Pflicht zur Mitteilung wesentlicher Änderungen der Verhältnisse nicht nachgekommen ist. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zur selben Überzeugung. Er schließt sich den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids in vollem Umfang an, die er sich zur Begründung seiner eigenen Entscheidung zu eigen macht und auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen ebenfalls Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend bleibt auszuführen:
Die streitgegenständlichen Bescheide sind nicht gemäß § 24 SGB X wegen eines Anhörungsfehlers formell rechtswidrig. Zwar ist der Verwaltungsakte der Beklagten eine Anhörung des Klägers vor Erlass der streitgegenständliche Bescheide nicht zu entnehmen. Der Anhörungsfehler ist jedoch im Rahmen des Widerspruchsverfahrens geheilt worden und deshalb unbeachtlich (§ 41 Abs.1 Nr. 3 SGB X). Im Rahmen der Anhörung muss die Beklagte dem Kläger die Gelegenheit einräumen, sich zu den für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachen zu äußern. Dem Kläger sind in den Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden vom 16.09.2008 jeweils die Tatsachen, die zur Überzahlung von Alg bzw. Alhi geführt haben (fehlende Arbeitslosigkeit wegen eines Beschäftigungsverhältnisses), der Erstattungszeitraum, die zu erstattenden Beträge sowie die Gründe einer rückwirkenden Aufhebung der Leistungsbewilligung genannt worden, so dass er hinreichend Gelegenheit hatte, auf die in den Bescheiden vom 16.09.2008 mitgeteilten Tatsachen im Widerspruchsverfahren einzugehen. Einen Anhörungsfehler hat der Kläger im Übrigen auch nicht gerügt.
Nach dem Ergebnis der vom Hauptzollamt S. und vom Polizeipräsidium S. durchgeführten Ermittlungen steht auch zur Überzeugung des Senates fest, dass der Kläger im streitigen Zeitraum ab Juni 2003 - entgegen seinen gegenüber dem AA sowie den in den vorgelegten Verdienstbescheinigungen gemachten Angaben - nicht in einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis bei der M., sondern in einem seine Arbeitslosigkeit ausschließenden Beschäftigungsverhältnis gestanden hat. So sind im Juni 2003 (ab 24.06.2003) vom Kläger 34 Arbeitsstunden geleistet worden, mithin weit mehr als 15 Stunden wöchentlich, was seine Arbeitslosigkeit ab 24.06.2003 ausschließt. Entsprechendes gilt jedenfalls für den August 2003 (107 Stunden), September 2003 (166 Stunden), Oktober 2003 (143,5 Stunden), November 2003 (127 Stunden), Februar 2004 (149 Stunden), März 2004 (134 Stunden), Juni 2004 (81 Stunden), Juli 2004 (88 Stunden), Oktober 2004 (164 Stunden) und November 2004 (142 Stunden). Somit sind die in den Lohnabrechnungen und dem AA vorgelegten Nebenverdienstbescheinigungen genannten Arbeitsstunden des Klägers tatsächlich deutlich übertroffen worden. Damit ist für den Senat das (pauschale) Vorbringen des Klägers, er habe bei der M. nicht mehr als 15 Stunden wöchentlich, sondern lediglich zwischen 14 und 32 Stunden monatlich gearbeitet, widerlegt. Der Senat entnimmt der urkundenbeweislich verwerteten Aussage des Zeugen S. , dass die von ihm gefertigten Stundenaufschriebe, die vom Hauptzollamt ausgewertet wurden, vollständig und korrekt waren, sowie dass der Kläger und sein Bruder auf den von Zeugen beaufsichtigten Baustellen Vollzeit gearbeitet haben. Soweit im streitigen Erstattungszeitraum für einzelne Monate die Geringfügigkeitsgrenze vom Kläger nicht überschritten worden sein sollte, steht ihm wegen nicht erfolgter neuer Arbeitslosmeldung ein Anspruch auf Alg bzw. Alhi für die entsprechenden Monate nicht zu, wie das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend begründet hat. Neue Gesichtspunkte, die eine günstigere Beurteilung rechtfertigen, hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht aufgezeigt.
Für die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Bescheide spricht auch der durch das rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 23.09.2010 (16 Cs 211 Js 19996/09/Ha) hinsichtlich des Schuldspruches bestätigte Strafbefehl des Amtsgerichts Stuttgart vom 19.03.2010, mit dem das Amtsgericht gegen den Kläger wegen Betrugs nach § 263 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe verhängt hat, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Dabei hat das Amtsgericht es als bewiesen angesehen, dass der Kläger für die Zeit vom 24.06.2003 bis 04.10.2003, 05.10.2003 bis 27.12.2003 und 11.01.2004 bis 15.12.2004 entgegen seiner Mitwirkungspflicht der AA nicht mitgeteilt hat, dass er in dieser Zeit bei der M. in einem weit größeren Umfang als angegeben gearbeitet hat, mit der Folge, dass ihm seiner Absicht entsprechend in den genannten Zeiträumen irrigerweise Alg bzw. Alhi in Höhe von insgesamt 17.478,04 ? ausbezahlt worden ist, auf das er keinen Anspruch gehabt hat, wodurch der AA ein entsprechender Schaden entstanden ist.
Der Kläger ist auch zur Erstattung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge verpflichtet. Der Erstattungsanspruch der Beklagten erstreckt sich gemäß § 335 Abs.1 Satz 1 und § 335 Abs. 5 SGB III auch auf die von ihr entrichteten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge. Dass in § 335 Abs.1 Satz 1 SGB III seit 01.01.2005 nur noch von Bezieher von Arbeitslosengeld oder Unterhaltsgeld und nicht mehr - wie noch bis 31.12.2004 - auch von Bezieher von Arbeitslosenhilfe die Rede ist, ändert an der Erstattungspflicht der Beiträge für den streitigen Zeitraum ab 05.10.2003 nichts. Zwar sind die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide erst am 16.09.2008, mithin unter der Geltung des § 335 Abs. 1 Satz 1 SGB III in seiner ab 01.01.2005 geltenden Fassung ergangen. Das Bundessozialgericht (BSG) hat hierzu aber mit Urteilen vom 07.10.2009 in den Revisionsverfahren B 11 AL 31/08 R und B 11 AL 32/08 R (veröffentlicht in juris) entschieden, dass für Bezieher von Alhi auch nach dem 01.01.2005 eine Rechtsgrundlage für die Erstattung der gezahlten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge besteht. Der Senat hat sich dieser Rechtsauffassung des BSG angeschlossen (Urteil vom 25.02.2011 - L 8 AL 2088/07 -). Die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Ersatzpflicht nach § 335 Absatz 1 Satz 2 SGB III liegen nicht vor. Nach dem Ergebnis der vom Hauptzollamt S. durchgeführten Ermittlungen, war der Kläger in den streitigen Erstattungszeiträumen von der M. nicht zur Sozialversicherung gemeldet worden.
Die Beklagte hat die Bewilligung von Alg und Alhi auch rechtzeitig aufgehoben. Nach §§ 45 Abs. 4 Satz 2, 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen erfolgen, welche die Aufhebung eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen. Die AA ist durch das am 08.09.2008 eingegangene Schreiben des Polizeipräsidiums S. vom 03.09.2008 erstmals über die Tatsachen in Kenntnis gesetzt worden, die zur Aufhebung der Leistungsbewilligung von Alg und Alhi und zur Rückforderung erbrachter Leistungen in den streitigen Zeiträumen geführt haben. Dies ist durch die Bescheide vom 16.09.2008 innerhalb der Jahresfrist erfolgt.
Die Rückforderung der überzahlten Leistungen beruht auf § 50 Abs. 1 SGB X, wonach erbrachte Leistungen zu erstatten sind, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist.
Die Erstattungsbeträge der zu Unrecht erbrachten Leistungen (Alg, Alhi, Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung) hat die Beklagte für die einzelnen Erstattungszeiträume jeweils zutreffend errechnet. Hiergegen hat der Kläger im Übrigen auch keine Einwendungen erhoben.
Die Berufung des Klägers war deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten sind die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) und Arbeitslosenhilfe (Alhi) sowie die Erstattung der erbrachten Leistungen streitig.
Der 1946 geborene Kläger bezog bis 01.07.2001 Alg (Restanspruchsdauer 554 Tage). Anschließend stand er vom 02.07.2001 bis 31.03.2002 bei der Bauunternehmung Gebrüder F. als Zimmerer in einem befristeten Arbeitsverhältnis. Der Kläger meldete sich beim Arbeitsamt S. mit Wirkung zum 01.04.2002 erneut arbeitslos und beantragte Alg. Er bestätigte mit seiner Unterschrift, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben.
Mit Bescheid vom 08.05.2002 bewilligte das Arbeitsamt S. dem Kläger ab 01.04.2002 Alg in Höhe von täglich 38,51 ?. Ab 16.07.2002 übte der Kläger nach seinen Angaben bei der M -Baugesellschaft mbH (künftig M.) eine geringfügige (voraussichtlich weniger als 15 Stunden wöchentlich) Tätigkeit als Maurer aus und legte hierzu Nebentätigkeitsbescheinigungen vor. Vom erzielten Einkommen wurden auf den Alg-Anspruch für August 2002 63,84 ?, September 2002 71,54 ?, Oktober 2002 61,36 ? und November 2002 69,14 ? angerechnet. Ab 01.01.2003 bewilligte das Arbeitsamt dem Kläger Alg in Höhe von täglich 38,69 ?. Am 17.02.2003 teilte der Kläger dem Arbeitsamt mit, dass er im Jahr 2003 kein Nebeneinkommen mehr erziele. Ab Juni 2003 stand der Kläger nach seinen Angaben bei der M. erneut in einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis. Vom erzielten Nebeneinkommen wurden auf den Alg-Anspruch für Juli 2003 0,40 ?, August 2003 93,72 ? und September 2003 101,46 ? angerechnet. Ab 05.10.2003 war der Alg-Anspruch erschöpft.
Unter dem 04.09.2003 beantragte der Kläger beim Arbeitsamt die Bewilligung von Alhi. Er bestätigte mit seiner Unterschrift, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Mit Bescheid vom 30.10.2003 wurde dem Kläger Alhi ab 05.10.2003 in Höhe von täglich 32,07 ?, ab 11.01.2004 in Höhe von täglich 32,90 ? und ab 05.10.2004 (bis 31.12.2004) in Höhe von täglich 32,28 ? bewilligt. Für die Zeit vom 28.12.2003 bis 10.01.2004 wurde wegen Ortsabwesenheit keine Leistung erbracht. Vom Kläger erzieltes Nettoeinkommen wurden auf den Alhi-Anspruch für Februar 2004 7,78 ?, März 2004 31,61 ?, April 2004 38,19 ? und Juli 2004 113,75 ? angerechnet. Ab 25.07.2005 war der Kläger bei der M. versicherungspflichtig beschäftigt (durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit 40 Stunden/Woche).
Mit Schreiben vom 03.09.2008 teilte das Polizeipräsidium S. der Agentur für Arbeit S. (AA) mit, in einem durchgeführten Ermittlungsverfahren gegen den Verantwortlichen der M. sei bei der Auswertung der Beweismittel festgestellt worden, dass der Kläger als Arbeitnehmer in den Monaten Juni 2003 bis November 2003 und Januar 2004 bis Dezember 2004 als Vollzeitkraft für die Firma gearbeitet habe. Die anhand von vorgefundenen Stundenzettel bzw. handschriftlichen Aufzeichnungen ermittelten Arbeitszeiten für den Zeitraum vom Juni 2003 bis Dezember 2004 wurden unter Vorlage der Unterlagen in Kopie mitgeteilt.
Mit drei Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden vom 16.09.2008 hob die AA die Bewilligung von Alg vom 24.06.2003 bis 04.10.2003 und die Bewilligung von Alhi vom 05.10.2003 bis 27.12.2003 sowie vom 11.01.2004 bis 15.12.2004 ganz auf und forderte vom Kläger für die Zeit vom 24.06.2003 bis 04.10.2003 geleistetes Alg in Höhe von 3.985,07 ? sowie Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 1.289,68 ? (5.274,75 ?), für die Zeit vom 05.10.2003 bis 27.12.2003 Alhi in Höhe von 2.498,30 ? sowie Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung von 447,19 ? (2.945,40 ?) und für die Zeit vom 11.01.2004 bis 15.12.2004 in Höhe von 10.994,67 ? sowie Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 1.826,73 ? (12.821,40 ?) vom Kläger zurück. Zur Begründung wurde in den Bescheiden jeweils ausgeführt, der Kläger habe in den genannten Zeiträumen in einem Beschäftigungsverhältnis von mindestens 15 Stunden wöchentlich gestanden und sei daher nicht mehr arbeitslos gewesen. Ein Anspruch auf Alg bzw. Alhi habe somit nicht bestanden. Die fehlerhafte Bewilligung sei erfolgt, weil der Kläger seiner Verpflichtung nach § 60 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) grob fahrlässig nicht nachgekommen sei bzw. grob fahrlässig falsche Angaben gemacht habe.
Hiergegen legte der Kläger am 26.09.2008 Widerspruch ein. Er machte unter Vorlage von Lohnabrechnungen geltend, monatlich zwischen 14 und 32 Stunden gearbeitet zu haben. Mit drei Widerspruchsbescheiden vom 29.09.2008 wies das AA den Widerspruch des Klägers gegen die drei Erstattungsbescheide vom 16.09.2008 zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 24.10.2008 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage (S 17 AL 7152/08). Auf Antrag der Beteiligten ordnete das SG wegen eines anhängigen Strafverfahrens mit Beschluss vom 10.06.2009 das Ruhen des Verfahrens an, das von der Beklagten am 23.08.2011 wieder angerufen wurde.
Der Kläger trug zur Begründung seiner Klage vor, er bestreite, in dem von der Beklagten festgestellten Umfang bei der M. gearbeitet zu haben. Stundenzettel und/oder Rapporte, auf die sich die Beklagte stützte, seien der Verwaltungsakte nicht zu entnehmen. Er habe nicht mehr als 15 Stunden wöchentlich, sondern monatlich zwischen 14 und 32 Stunden gearbeitet. Die in der Verwaltungsakte befindlichen Ablichtungen von Kalenderaufschrieben stünden im Widerspruch mit den Lohnabrechnungen und den Bescheinigungen über Nebeneinkommen der M. Den von der Beklagten herangezogenen Erkenntnismitteln müsse dahingehend Glauben geschenkt werden, dass es sich bei der aufgelisteten Person ?Ante? tatsächlich um ihn, den Kläger, handele und dass die Stundenangaben zutreffend angegeben worden seien. Es stehe zu vermuten, dass sich die Abrechnungspraxis der M. gegenüber ihren Auftraggebern sowie gegenüber den eigenen Arbeitnehmern unzutreffend darstelle.
Das SG zog von der Staatsanwaltschaft Stuttgart die Ermittlungsakten gegen den Kläger (wegen Leistungsmissbrauchs) bei und nahm daraus den Ermittlungsbericht des Hauptzollamtes S. vom 02.12.2008 zu den Akten. In dem Ermittlungsbericht ist ausgeführt, aufgrund der Auswertung der Firmenunterlagen und der Zeugenaussagen sei nachgewiesen, dass der Kläger in der Zeit vom 24.06.2003 bis 04.10.2003 Alg und in der Zeit vom 05.10.2003 bis 27.12.2003 sowie vom 11.01.2004 bis 15.12.2004 Alhi zu Unrecht bezogen habe.
Mit Strafbefehl des Amtsgerichts Stuttgart vom 19.03.2010 (16 Cs 211 Js 19996/09) wurde gegen den Kläger wegen Betrugs nach § 263 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe von 9 Monaten verhängt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Dabei ging das Amtsgericht davon aus, dass der Kläger aufgrund seiner Anträge unter anderem im Zeitraum vom 24.06.2003 bis 04.10.2003, 05.10.2003 bis 27.12.2003 und 11.01.2004 bis 15.12.2004 Alg/Alhi von der AA bezogen habe. Entgegen der ihm bekannten Verpflichtung habe er der AA nicht unaufgefordert und unverzüglich mitgeteilt, dass er in dieser Zeit bei der M. in einem weit größeren Umfang als angegeben gearbeitet habe, mit der Folge, dass ihm seiner Absicht entsprechend in den genannten Zeiträumen irrigerweise Alg/Alhi in Höhe von insgesamt 17.478,04 ? ausbezahlt worden sei, auf das er keinen Anspruch gehabt habe, wodurch der AA ein entsprechender Schaden entstanden sei. Gegen den Strafbefehl legte der Kläger Einspruch ein. In der Hauptverhandlung beim Amtsgericht Stuttgart am 23.09.2010 beschränkte der Kläger (nach durchgeführter Beweisaufnahme) seinen Einspruch auf die Rechtsfolgen. Mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 23.09.2010 (16 Cs 211 Js 19996/09/Ha) wurde der Strafbefehl vom 19.03.2010 - u.a. - mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass die zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe auf 6 Monate reduziert wird.
Mit Gerichtsbescheid vom 05.04.2012 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, die Beklagte habe zu Recht die Bewilligung von Alg für die Zeit vom 24.06.2003 bis 04.10.2003 gemäß § 48 SGB X aufgehoben, da der Kläger in diesem Zeitraum in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden habe und somit nicht arbeitslos gewesen sei. Aufgrund der Ermittlungen im Strafverfahren stehe fest, dass der Kläger im streitigen Zeitraum als Vollzeitkraft bei M. tätig gewesen sei. Die Arbeitszeiten des Klägers hätten anhand vorgefundener Stundenzettel bzw. handschriftlicher Aufzeichnungen sowie der Angaben des Herrn S. und der Frau C. bei ihren polizeilichen Vernehmungen festgestellt werden können. Somit stehe fest, dass der Kläger ab dem 24.06.2003 über 15 Stunden pro Woche gearbeitet habe, wodurch seine Arbeitslosigkeit entfallen sei. Sollte der Kläger in einer Woche tatsächlich unter 15 Stunden gearbeitet haben, sei wegen Erlöschens der Arbeitslosmeldung gleichwohl ein Anspruch auf Alg nicht gegeben. Der Kläger sei weiter seiner Verpflichtung zur Mitteilung wesentlicher Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen, weshalb die Bewilligung mit Wirkung zum Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden könne. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X lägen vor. Die Beklagte habe auch gemäß § 45 SGB X zu Recht die Bewilligung von Alhi für die Zeiträume vom 05.10.2003 bis 27.12.2003 sowie 11.01.2004 bis 15.12.2004 aufgehoben. Der Kläger habe auch in diesem Zeitraum in der Regel über 15 Stunden pro Woche gearbeitet. Sollte dies einmal nicht der Fall gewesen sein, scheitere ein Anspruch auf Alhi an der nicht erfolgten erneuten Arbeitslosmeldung. Der Kläger sei auch hinsichtlich der Bewilligung von Alhi in den genannten Zeiträumen zumindest grob fahrlässig seiner Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse nicht nachgekommen, weshalb die Bewilligung von Alhi aufgehoben und die gewährten Leistungen zurückgefordert werden könnten.
Gegen den dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 18.04.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten am 18.05.2012 Berufung eingelegt und zur Begründung auf seine bisherigen Ausführungen im Klageverfahren Bezug genommen.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 5. April 2012 sowie die Bescheide der Beklagten vom 16. September 2008 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 30. September 2008 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Der Kläger habe nichts vorgetragen, das geeignet sei, die zutreffenden Ausführungen des SG zu widerlegen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Der Senat hat die Strafakte des Amtsgerichts Stuttgart (16 Cs 211 Js 19996/09) sowie die Ermittlungsakten des Hauptzollamtes S. / Polizeipräsidiums S. beigezogen. Hierauf sowie auf zwei Band Verwaltungsakten der Beklagten, die Gerichtsakten des SG und die beim Senat angefallene Akte wird wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat den Berufungsantrag des Klägers nach seinem erkennbaren Begehren sachdienlich gefasst.
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten vom 16.09.2008 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 30.09.2008 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.
Das SG hat im angefochtenen Gerichtsbescheid die für die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung von Alg sowie die Rücknahme der Bewilligung von Alhi maßgeblichen Rechtsgrundlagen und Grundsätze vollständig und zutreffend dargestellt. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Dass die Vorschriften über Arbeitslosenhilfe zwischenzeitlich außer Kraft getreten sind, hindert ihre Anwendbarkeit nicht. Sie sind weiterhin als Grundlage für die Beurteilung der Frage, ob dem Kläger Leistungen im streitigen Zeitraum rechtswidrig erbracht worden sind, heranzuziehen.
Das SG hat weiter zutreffend begründet, dass der Kläger in der Zeit vom 24.06.2003 bis 04.10.2003 in einem nicht geringfügigen Beschäftigungsverhältnis bei der M. gestanden hat und damit nicht arbeitslos war, weshalb in diesem Zeitraum die Voraussetzungen für die Bewilligung von Alg - gegebenenfalls auch mangels erneuter Arbeitslosmeldung - nicht vorlagen. Das SG hat weiter zutreffend ausgeführt, dass die subjektiven Rückforderungsvoraussetzungen des § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB X beim Kläger deswegen erfüllt sind, weil er vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig seiner Pflicht zur Mitteilung wesentlicher Änderungen der Verhältnisse gemäß § 60 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB I nicht nachgekommen ist. Das SG hat außerdem zutreffend begründet, dass die Voraussetzungen des § 45 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X zur Rücknahme der Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 05.10.2003 bis 27.12.2003 und vom 11.01.2004 bis 15.12.2004 beim Kläger erfüllt sind, weil der Kläger auch in diesen Zeiträumen über 15 Stunden pro Woche gearbeitet hat, weshalb er ebenfalls nicht arbeitslos war, so dass ihm ein Anspruch auf Alhi - gegebenenfalls auch mangels erneuter Arbeitslosmeldung - nicht zustand und dass die subjektiven Rückforderungsvoraussetzungen beim Kläger erfüllt sind, weil er auch insoweit zumindest grob fahrlässig seiner Pflicht zur Mitteilung wesentlicher Änderungen der Verhältnisse nicht nachgekommen ist. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zur selben Überzeugung. Er schließt sich den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids in vollem Umfang an, die er sich zur Begründung seiner eigenen Entscheidung zu eigen macht und auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen ebenfalls Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend bleibt auszuführen:
Die streitgegenständlichen Bescheide sind nicht gemäß § 24 SGB X wegen eines Anhörungsfehlers formell rechtswidrig. Zwar ist der Verwaltungsakte der Beklagten eine Anhörung des Klägers vor Erlass der streitgegenständliche Bescheide nicht zu entnehmen. Der Anhörungsfehler ist jedoch im Rahmen des Widerspruchsverfahrens geheilt worden und deshalb unbeachtlich (§ 41 Abs.1 Nr. 3 SGB X). Im Rahmen der Anhörung muss die Beklagte dem Kläger die Gelegenheit einräumen, sich zu den für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachen zu äußern. Dem Kläger sind in den Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden vom 16.09.2008 jeweils die Tatsachen, die zur Überzahlung von Alg bzw. Alhi geführt haben (fehlende Arbeitslosigkeit wegen eines Beschäftigungsverhältnisses), der Erstattungszeitraum, die zu erstattenden Beträge sowie die Gründe einer rückwirkenden Aufhebung der Leistungsbewilligung genannt worden, so dass er hinreichend Gelegenheit hatte, auf die in den Bescheiden vom 16.09.2008 mitgeteilten Tatsachen im Widerspruchsverfahren einzugehen. Einen Anhörungsfehler hat der Kläger im Übrigen auch nicht gerügt.
Nach dem Ergebnis der vom Hauptzollamt S. und vom Polizeipräsidium S. durchgeführten Ermittlungen steht auch zur Überzeugung des Senates fest, dass der Kläger im streitigen Zeitraum ab Juni 2003 - entgegen seinen gegenüber dem AA sowie den in den vorgelegten Verdienstbescheinigungen gemachten Angaben - nicht in einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis bei der M., sondern in einem seine Arbeitslosigkeit ausschließenden Beschäftigungsverhältnis gestanden hat. So sind im Juni 2003 (ab 24.06.2003) vom Kläger 34 Arbeitsstunden geleistet worden, mithin weit mehr als 15 Stunden wöchentlich, was seine Arbeitslosigkeit ab 24.06.2003 ausschließt. Entsprechendes gilt jedenfalls für den August 2003 (107 Stunden), September 2003 (166 Stunden), Oktober 2003 (143,5 Stunden), November 2003 (127 Stunden), Februar 2004 (149 Stunden), März 2004 (134 Stunden), Juni 2004 (81 Stunden), Juli 2004 (88 Stunden), Oktober 2004 (164 Stunden) und November 2004 (142 Stunden). Somit sind die in den Lohnabrechnungen und dem AA vorgelegten Nebenverdienstbescheinigungen genannten Arbeitsstunden des Klägers tatsächlich deutlich übertroffen worden. Damit ist für den Senat das (pauschale) Vorbringen des Klägers, er habe bei der M. nicht mehr als 15 Stunden wöchentlich, sondern lediglich zwischen 14 und 32 Stunden monatlich gearbeitet, widerlegt. Der Senat entnimmt der urkundenbeweislich verwerteten Aussage des Zeugen S. , dass die von ihm gefertigten Stundenaufschriebe, die vom Hauptzollamt ausgewertet wurden, vollständig und korrekt waren, sowie dass der Kläger und sein Bruder auf den von Zeugen beaufsichtigten Baustellen Vollzeit gearbeitet haben. Soweit im streitigen Erstattungszeitraum für einzelne Monate die Geringfügigkeitsgrenze vom Kläger nicht überschritten worden sein sollte, steht ihm wegen nicht erfolgter neuer Arbeitslosmeldung ein Anspruch auf Alg bzw. Alhi für die entsprechenden Monate nicht zu, wie das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend begründet hat. Neue Gesichtspunkte, die eine günstigere Beurteilung rechtfertigen, hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht aufgezeigt.
Für die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Bescheide spricht auch der durch das rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 23.09.2010 (16 Cs 211 Js 19996/09/Ha) hinsichtlich des Schuldspruches bestätigte Strafbefehl des Amtsgerichts Stuttgart vom 19.03.2010, mit dem das Amtsgericht gegen den Kläger wegen Betrugs nach § 263 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe verhängt hat, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Dabei hat das Amtsgericht es als bewiesen angesehen, dass der Kläger für die Zeit vom 24.06.2003 bis 04.10.2003, 05.10.2003 bis 27.12.2003 und 11.01.2004 bis 15.12.2004 entgegen seiner Mitwirkungspflicht der AA nicht mitgeteilt hat, dass er in dieser Zeit bei der M. in einem weit größeren Umfang als angegeben gearbeitet hat, mit der Folge, dass ihm seiner Absicht entsprechend in den genannten Zeiträumen irrigerweise Alg bzw. Alhi in Höhe von insgesamt 17.478,04 ? ausbezahlt worden ist, auf das er keinen Anspruch gehabt hat, wodurch der AA ein entsprechender Schaden entstanden ist.
Der Kläger ist auch zur Erstattung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge verpflichtet. Der Erstattungsanspruch der Beklagten erstreckt sich gemäß § 335 Abs.1 Satz 1 und § 335 Abs. 5 SGB III auch auf die von ihr entrichteten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge. Dass in § 335 Abs.1 Satz 1 SGB III seit 01.01.2005 nur noch von Bezieher von Arbeitslosengeld oder Unterhaltsgeld und nicht mehr - wie noch bis 31.12.2004 - auch von Bezieher von Arbeitslosenhilfe die Rede ist, ändert an der Erstattungspflicht der Beiträge für den streitigen Zeitraum ab 05.10.2003 nichts. Zwar sind die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide erst am 16.09.2008, mithin unter der Geltung des § 335 Abs. 1 Satz 1 SGB III in seiner ab 01.01.2005 geltenden Fassung ergangen. Das Bundessozialgericht (BSG) hat hierzu aber mit Urteilen vom 07.10.2009 in den Revisionsverfahren B 11 AL 31/08 R und B 11 AL 32/08 R (veröffentlicht in juris) entschieden, dass für Bezieher von Alhi auch nach dem 01.01.2005 eine Rechtsgrundlage für die Erstattung der gezahlten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge besteht. Der Senat hat sich dieser Rechtsauffassung des BSG angeschlossen (Urteil vom 25.02.2011 - L 8 AL 2088/07 -). Die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Ersatzpflicht nach § 335 Absatz 1 Satz 2 SGB III liegen nicht vor. Nach dem Ergebnis der vom Hauptzollamt S. durchgeführten Ermittlungen, war der Kläger in den streitigen Erstattungszeiträumen von der M. nicht zur Sozialversicherung gemeldet worden.
Die Beklagte hat die Bewilligung von Alg und Alhi auch rechtzeitig aufgehoben. Nach §§ 45 Abs. 4 Satz 2, 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen erfolgen, welche die Aufhebung eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen. Die AA ist durch das am 08.09.2008 eingegangene Schreiben des Polizeipräsidiums S. vom 03.09.2008 erstmals über die Tatsachen in Kenntnis gesetzt worden, die zur Aufhebung der Leistungsbewilligung von Alg und Alhi und zur Rückforderung erbrachter Leistungen in den streitigen Zeiträumen geführt haben. Dies ist durch die Bescheide vom 16.09.2008 innerhalb der Jahresfrist erfolgt.
Die Rückforderung der überzahlten Leistungen beruht auf § 50 Abs. 1 SGB X, wonach erbrachte Leistungen zu erstatten sind, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist.
Die Erstattungsbeträge der zu Unrecht erbrachten Leistungen (Alg, Alhi, Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung) hat die Beklagte für die einzelnen Erstattungszeiträume jeweils zutreffend errechnet. Hiergegen hat der Kläger im Übrigen auch keine Einwendungen erhoben.
Die Berufung des Klägers war deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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