L 13 AL 2729/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AL 685/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 2729/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 16. Mai 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten steht im Streit, ob der Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld (Alg) wegen des Eintritts einer zwölfwöchigen Sperrzeit vom 01. Dezember 2009 bis 22. Februar 2010 ruhte und ob der Klägerin für den Zeitraum v. 02. Dezember 2009 bis 31. Dezember 2009 Alg zu bewilligen ist.

Die 1981 geborene Klägerin war bis 2009 verheiratet. Nach Angaben der Klägerin habe sie ihren jetzigen Partner, T. Sch., im Jahre 2007 über das Internet kennengelernt. Zum ersten Mal getroffen hätten sie sich im September 2008. In der Folgezeit hat sich die Klägerin mit Herrn Sch. nach ihren Angaben alle zwei, drei bis vier Wochen an den Wochenenden getroffen. Seit dem 01. Juli 2006 war die Klägerin als Pflegefachkraft bei dem Arbeitersamariterbund Landesverband Sch. H. e.V. (ASB) in xxxx Sch. beschäftigt, sie erzielte hieraus in der Zeit vom 01. Dezember 2008 bis zum 30. November 2009 ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt in Höhe von 23.791,91 Euro.

Bereits am 17. August 2009 meldete sich die Klägerin bei der Agentur für Arbeit K. arbeitssuchend und teilte mit, dass voraussichtlich ab dem 01. Dezember 2009 Arbeitslosigkeit eintreten werde. In der Folgezeit wurden der Klägerin zahlreiche Vermittlungsvorschläge unterbreitet, unter anderem wurde ihr am 23. Oktober 2009 eine sofort verfügbare Stelle als Altenpflegerin bei der C. GmbH & Co KG, Seniorendomizil, B. B., Haus K. angeboten (weitere Einzelheiten Bl. 43 bis 50 der Akten des Sozialgerichts). Am 25. Oktober 2009 kündigte die Klägerin ihr Arbeitsverhältnis bei dem ASB zum 30. November 2009. Am 12. November 2009 bewarb sich die Klägerin auf die genannte Stelle als Altenpflegerin bei der C. GmbH & Co KG. Ende November zog die Klägerin nach F. um. Ab 02. Dezember 2009 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Alg. Hierzu gab sie an, sie habe aufgrund des Umzugs von Sch. nach F. das Beschäftigungsverhältnis beendet. Am 07. Dezember 2009 fand das Vorstellungsgespräch wegen der Stelle bei der C. GmbH & Co KG statt.

Mit Bescheid vom 21. Dezember 2009 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 01. Dezember 2009 bis 22. Februar 2010 fest. Ferner verringere sich die Anspruchsdauer um 90 Tage. Die Klägerin habe ihr Beschäftigungsverhältnis bei dem ASB durch eigene Kündigung gelöst. Sie habe voraussehen müssen, dass sie dadurch arbeitslos werden würde. Ein wichtiger Grund für ihr Verhalten sei nicht mitgeteilt worden. Gleichfalls mit Bescheid vom 21. Dezember 2009 bewilligte die Beklagte der Klägerin Alg für die Zeit vom 23. Februar 2010 bis 24. November 2010 in Höhe eines täglichen Leistungsbetrags von 25,97 Euro. Wegen der Beschäftigungsaufnahme zum 01. Januar 2010 hob die Beklagte mit Bescheid vom 22. Dezember 2009 die Bewilligung des Alg ab 01. Januar 2010 wieder auf.

Mit Schreiben vom 10. Januar 2010 erhob die Klägerin gegen die Bescheide vom 21. Dezember 2009 Widerspruch. Sie trug vor, die eigene Kündigung ihrer Arbeitsstelle in Sch. beruhe auf dem Interesse, langfristig mit ihrem Lebenspartner T. Sch. in Lebensgemeinschaft zusammen zu leben und eine Familie zu gründen. Dies sei aufgrund der Entfernung von 750 Kilometer auf Dauer nicht möglich gewesen. Aufgrund der großen Entfernung sei es auch nicht möglich gewesen, zeitnah nach einer neuen Arbeitsstelle zu suchen und Vorstellungsgespräche zu führen. Dies sei erst nach dem Umzug Ende November möglich gewesen.

Auf Nachfrage der Beklagten teilte der ASB durch Schreiben vom 01. Februar 2010 mit, die Klägerin wäre zur Wahrnehmung von Vorstellungsgesprächen freigestellt worden, bzw. sie wäre auch bis Ende des Jahres weiterbeschäftigt worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 02. Februar 2010 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie an, die Klägerin habe das Beschäftigungsverhältnis durch eigene Kündigung beendet. Hierbei habe sie voraussehen müssen, dass sie dadurch arbeitslos würde. Dies habe sie billigend in Kauf genommen. Für ihr Verhalten habe die Klägerin keinen wichtigen Grund, die Klägerin habe sich zwar rechtzeitig vor Ausspruch der Kündigung bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend gemeldet und dort bereits am 17. August 2009 den Umzug am 30. November 2009 nach Baden-Württemberg mitgeteilt, es seien daraufhin auch Vermittlungsvorschläge unterbreitet worden. Ungeachtet dessen sei die Klägerin auch dazu angehalten gewesen, zumutbare Anstrengungen zur Vermeidung der Arbeitslosigkeit zu unternehmen. Die Klägerin habe mit ihrem Lebensgefährten vor dem Umzug nicht zusammen gelebt, eine zeitnahe Heirat sei nach eigenen Angaben nicht geplant gewesen. Die Klägerin habe sich zwar im Dezember 2009 um einen Anschlussarbeitsplatz beworben, allerdings habe der ASB schriftlich bestätigt, dass die Möglichkeit der Freistellung zum Zweck der Wahrnehmung von Vorstellungsgesprächen bestanden hätte. Der Klägerin sei es daher durchaus zumutbar gewesen, sich bereits unabhängig von der Arbeitssuchendmeldung vor Ausspruch der Kündigung vor Ort um einen Anschlussarbeitsplatz zu bemühen, bzw. mit Umzug und Ausspruch der Kündigung so lange zu warten bis ein Anschlussarbeitsverhältnis erlangt worden wäre.

Am 26. Februar 2010 hat die Klägerin beim Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage erhoben. Zu deren Begründung hat sie vorgetragen, es sei ihr vor dem 01. Dezember 2009 nicht möglich gewesen Vorstellungsgespräche in der hiesigen Gegend zu absolvieren. Die Entfernung von ihrem damaligen Wohnort (Sch.) nach F. betrage 780 km, so dass für eine einzige Vorstellung drei Tage benötigt worden wären. Als sie dann im Dezember hier gewesen sei, habe sie ca. 20 Gespräche geführt. Bei der Arbeitssuchendmeldung sei sie auch nicht auf den möglichen Eintritt einer Sperrzeit hingewiesen worden. Die Beklagte ist der Klage unter Verweis auf den Inhalt des angefochtenen Widerspruchsbescheids entgegen getreten.

Mit Urteil vom 16. Mai 2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe durch die Kündigung zum 30. November 2009 die Arbeitslosigkeit ab dem 01. Dezember 2009 grob fahrlässig herbeigeführt. Eine konkrete Aussicht auf einen Anschlussarbeitsplatz hatte sie nicht. Ein wichtiger Grund im Sinne von § 144 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung (a.F.) sei nicht gegeben. Die Klägerin habe mit Herrn Sch. eine nichteheliche Lebensgemeinschaft begründen wollen. Unter Zugrundelegung der im Einzelnen dargestellten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hat das SG dargelegt, dass die hier erfolgte Begründung einer zuvor nicht bestehenden nichtehelichen Lebensgemeinschaft keinen wichtigen Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses darstelle. Im Übrigen habe die Klägerin in der Zeit vom 17. August 2009 (Arbeitssuchendmeldung) bis zum Umzug Ende November 2009 kein einziges Vorstellungsgespräch in der Nähe des neuen Wohnortes geführt. Die Klägerin habe sich nicht ernsthaft bemüht, eine Arbeitslosigkeit wegen des Umzugs zu vermeiden, sondern vielmehr den zeitlichen Ablauf gewollt so gestaltet, dass erst nach ihrem Umzug Vorstellungsgespräche stattgefunden hätten, was denknotwendig zur Folge gehabt hätte, dass keine Anschlussbeschäftigung unmittelbar nach dem Umzug vorhanden gewesen sei.

Gegen das der Klägerin am 30. Mai 2012 zugestellte Urteil richtet sich die am 26. Juni 2012 eingelegte Berufung der Klägerin. Zu deren Begründung hat die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten u.a. vortragen lassen, es habe ?sehr wohl ein wichtiger Grund für die damalige Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses? bestanden. Die Klägerin sei von ?keiner Arbeitsamtsstelle auf den möglichen Eintritt einer Sperrzeit im Rahmen der Arbeitssuchendmeldung hingewiesen? worden. Das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn sei ?geprägt von einer antiquierten und mit den heutigen gesellschaftlichen Zuständen nicht mehr vertretbaren Auffassung, dass man eine nichteheliche Lebensgemeinschaft diskriminiert? habe. Diese ?antiquierte gesellschaftliche Auffassung muss zwangsläufig auch dazu führen, dass dies heute auch in der Rechtsprechung berücksichtigt werden muss; von dieser emotionalen weltanschaulichen antiquierten Auffassung des Sozialgerichts ist auch das Urteil insgesamt geprägt?. Die vom Sozialgericht aufgestellte Behauptung, es habe sich deshalb nicht um eine beachtenswerte nichteheliche Lebensgemeinschaft gehandelt, weil man sich nur über das Wochenende getroffen hätte, sei unsinnig. Die Fahrtdauer für die einfache Fahrt vom damaligen Aufenthaltsort der Klägerin zum Aufenthaltsort des Partners habe ca. 10 Stunden betragen. Eine häufige Reise für die Klägerin sei nicht möglich gewesen. Der damalige Arbeitgeber hätte auch entgegen der Feststellung des Sozialgerichts keine solchen Freistellungen erteilt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 16. Mai 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des (Sperrzeit-) Bescheids vom 21. Dezember 2009 sowie unter Abänderung des (Bewilligungs-) Bescheids vom 21. Dezember 2009, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02. Februar 2010, zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 02. Dezember 2009 bis 31. Dezember 2009 Arbeitslosengeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Entscheidung des SG sei zu Recht ergangen. Die Klägerin habe zu ihrem Partner nach F. ziehen und eine eheähnliche Gemeinschaft begründen wollen. Die Neubegründung einer zuvor nicht bestehenden eheähnlichen Gemeinschaft stellte jedoch keinen wichtigen Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses dar. Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Klägerin habe die Klägerin sehr wohl die Möglichkeit gehabt, den Eintritt einer Arbeitslosigkeit zu vermeiden und sich bereits vor dem Umzug um ein Anschlussarbeitsverhältnis zu bemühen. Sie hätte durchaus beispielsweise während eines urlaubsbedingten Aufenthalts in F. entsprechende Gespräche führen können.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie auf den Inhalt der Leistungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§ 151 Abs. 1 SGG) ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Gegenstand des Verfahrens ist, worauf das SG zutreffend hingewiesen hat, der Bescheid vom 21. Dezember 2009 über die Feststellung einer Sperrzeit vom 01. Dezember 2009 bis 22. Februar 2010 sowie der mit diesem eine Einheit bildende Bewilligungsbescheid vom 21. Dezember 2009, mit welchem Arbeitslosengeld zunächst erst ab dem 23. Februar 2010 bewilligt worden ist. Nicht Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 22. Dezember 2009 mit dem der Bewilligung wegen Arbeitsaufnahme ab 01. Januar 2010 aufgehoben worden ist.

Das SG hat zutreffend die Voraussetzung für die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 02. Dezember 2009 bis zum 31. Dezember 2009 verneint. Die streitgegenständlichen Bescheide sind rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte hat in nicht zu beanstandender Weise den Eintritt einer Sperrzeit von 12 Wochen für den Zeitraum vom 01. Dezember 2009 bis 22. Februar 2010 sowie die Minderung der Anspruchsdauer um 90 Tage (§ 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III a.F.) festgestellt.

Der Senat weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Das SG hat den Sachverhalt zutreffend erfasst und unter Berücksichtigung höchstrichterlicher Rechtsprechung die Klage zu Recht abgewiesen.

Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin im Berufungsverfahren sinngemäß vorträgt, es habe bereits vor dem Umzug nach F. eine nicht eheliche Lebensgemeinschaft zwischen der Klägerin und ihrem neuen Lebenspartner bestanden, ist dem insofern bereits nicht zu folgen, als nach den Einlassungen der Klägerin selbst ein Zusammenleben mit dem Partner erst in F. begründet worden ist. Zwingende Voraussetzung für das Bestehen einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft ist jedoch ein gemeinsamer Wohnsitz der Partner (BSG, Urteil vom 17. Oktober 2007, B 11 a/7a AL 52/06 R, veröffentlicht in juris). Nachdem die Klägerin und ihr Partner jedoch vor dem Zusammenzug in F. keinen gemeinsamen Wohnsitz genommen hatten, bestand zum Zeitpunkt der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses keine eheähnliche Gemeinschaft. Der Vortrag des Bevollmächtigten zu einer Wochenendehe geht völlig fehl.

Entgegen der Auffassung der Klägerin (bzw. ihres Bevollmächtigten) wäre es der Klägerin durchaus zumutbar gewesen ihren Umzug so lange hinaus zu zögern bis sie ein Anschlussarbeitsverhältnis in F. und Umgebung begründet hat. Dass dies aufgrund der sehr guten Arbeitsmarktlage im Pflegebereich jederzeit möglich gewesen wäre, ergibt sich bereits daraus, dass die Klägerin auf ihre schriftlichen Bewerbungen zahlreiche Antworten bekommen und auch zahlreiche Vorstellungsgespräche führen konnte. Bereits das SG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass von Anfang an geplant gewesen ist, die Zeit der Arbeitslosigkeit nach dem Umzug für Vorstellungsgespräche zu nutzen. Dies mag verständlicherweise bequemer gewesen sein, um Reisen zu vermeiden, aber dieses Verhalten kann nicht zu Lasten der Versichertengemeinschaft gehen, deren Ziel es ist, Arbeitslosigkeit - soweit kein wichtiger Grund entgegen steht - zu vermeiden. Angesichts der guten Arbeitsmarktlage im Berufsfeld der Klägerin wäre eine zeitliche Verzögerung des Umzugs in erheblichem Umfang auch nicht zu erwarten gewesen.

Die Sperrzeit beginnt gemäß § 144 Abs. 2 Satz 1 SGB III alter Fassung mit dem Tag nach dem Ereignis, dass die Sperrzeit begründet hat, vorliegend mit dem 01. Dezember 2009, also erst dem Tag nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses der Klägerin beim ASB, und endet am 22. Februar 2010.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved