L 13 R 2832/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 3897/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 2832/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. Mai 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1978 geborene Klägerin absolvierte nach erfolgreichem Abschluss der Realschule von 1976 bis 1977 zunächst ein freiwilliges soziales Jahr in der Krankenpflege. Eine im Anschluss begonnene Ausbildung zur Krankenschwester musste sie krankheitsbedingt aufgeben. In der Folge war die Klägerin u. a. als Bedienung in Restaurants, Bars und Discotheken, bei Zeitarbeitsfirmen, als Kindermädchen, Packerin sowie als Kinderschminkerin beschäftigt. Eine im September 2008 begonnene Ausbildung zur Kinderpflegerin brach sie Ende November 2008 ab.

Am 30. Dezember 2008 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung gab sie an, sie halte sich u. a. wegen psychischer Erkrankungen, einem Borderline-Syndrom, einer posttraumatischen Belastungsstörung und chronischen Kopfschmerzen für erwerbsgemindert. Nach Beiziehung von Befundunterlagen der die Klägerin behandelnden Ärzte veranlasste die Beklagte eine Begutachtung durch die Ärztin für Psychiatrie Dr. Lie. Diese stellte in ihrem Gutachten vom 24. April 2009 folgende Diagnosen: (1.) Borderline-Persönlichkeitsstörung mit histrionischen Zügen, aktuell zufriedenstellend kompensiert; (2.) anamnestisch bipolare affektive Störung bei einmalig manischer Phase unter exzessivem Cannabiskonsum und rezidivierenden depressiven Phasen, gegenwärtig remittiert; (3.) Cannabisabusus mit regelmäßigem Konsum. Trotz dieser Erkrankungen sei die Klägerin in der Lage, mittelschwere Arbeiten ohne Zeitdruck und ohne das Erfordernis eines besonderen Reaktions- und Konzentrationsvermögens sechsstündig und länger zu verrichten. In qualitativer Hinsicht seien darüber hinaus Tätigkeiten mit Publikumsverkehr nur bedingt geeignet. Mit Bescheid vom 6. Mai 2009 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Den seitens der Klägerin gegen diesen Bescheid am 5. Februar 2009 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. August 2009 zurück.

Mit der am 4. September 2009 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt und zur Begründung weitere Arztberichte vorgelegt. Sie fühle sich nicht in der Lage, einer bezahlten Arbeit nachzugehen. Sie müsse sich derzeit gegen ihren Willen auf richterlichen Beschluss in einer psychiatrischen Fachklinik stationär behandeln lassen. Die Beklagte ist der Klage unter Vorlage einer ärztlichen Stellungnahme der Ärztin für Psychiatrie und Sozialmedizin MUDr. Ho. vom 11. April 2011 (Bl. 190/191 der SG-Akte) entgegengetreten. Das SG hat zunächst schriftliche sachverständige Zeugenaussagen des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Schmi., des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. Ke. und des Arztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Schne. eingeholt. Dr. Schmi. hat in seiner Aussage vom 1. Dezember 2009 mitgeteilt, der Gesundheitszustand der Klägerin habe sich erheblich verschlechtert. Im Juli 2009 sei es zu einer Exacerbation der bipolaren affektiven Störung mit einer stark ausgeprägten manischen Episode und psychotischen Symptomen gekommen. Seit diesem Zeitpunkt sei die Klägerin arbeitsunfähig und erhole sich nur langsam. Dr. Ke., der die Klägerin über einen Zeitraum von zuletzt eineinhalb Jahren nicht mehr behandelt hatte, sah sich nicht in der Lage, die Leistungsfähigkeit der Klägerin zu beurteilen (Aussage vom 25. November 2009). Der Nervenarzt Schne. hat in seiner Aussage vom 15. März 2010 ebenfalls mitgeteilt, er könne die aktuelle Leistungsfähigkeit der Klägerin nicht beurteilen. Das SG hat daraufhin den Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Schw. zum Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Dr. Schw. hat in seinem Gutachten vom 11. August 2010 (ergänzt durch seine Stellungnahme vom 23. Februar 2011) ausgeführt, die Klägerin leide unter einer bipolaren Störung mit gegenwärtig leichtgradiger depressiver Episode, an einer emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung mit Borderline-Typus und an einem Cannabis-Abhängigkeitssyndrom (gegenwärtig abstinent). Diese Gesundheitsstörungen führten zu einer Minderung der Stressresistenz und zu einer Minderung der sozialen Kompetenzen. Bei Beachtung qualitativer Funktionseinschränkungen (Vermeidung von Tätigkeiten mit deutlich erhöhter Stressbelastung, mit erhöhtem Zeitdruck oder besonders hoher Verantwortung für Personen oder Sachwerte, mit besonders anspruchsvollen sozialen Interaktionen und Tätigkeiten mit Kontakt zu Alkohol oder suchterzeugenden Medikamenten) sei die Klägerin aber noch in der Lage, weiterhin vollschichtig, d. h. bis zu acht Stunden an fünf Tagen pro Woche zu arbeiten.

Auf Antrag der Klägerin ist in der Folge gemäß § 109 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) der Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. Eb. mit der Erstattung eines weiteren Gutachtens beauftragt worden. Prof. Dr. Eb. hat bei der Klägerin folgende Diagnosen erhoben: (1.) schwere depressive Episode im Rahmen einer bipolaren Störung; (2.) Persönlichkeitsstörung vom emotional-instabil-impulsiven Typ bzw. Borderline-Typ; (3.) Cannabisabhängigkeit, zum Begutachtungszeitpunkt abstinent. Unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen seien der Klägerin nur noch Tätigkeiten mit einem zeitlichen Umfang von ca. vier Stunden täglich im Rahmen einer Fünftagewoche möglich. Mit Urteil vom 24. Mai 2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Überzeugung der Kammer stehe fest, dass die Klägerin noch in der Lage sei, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Das Gericht schließe sich dabei der Beurteilung des Sachverständigen Dr. Schw. sowie dem im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten von Dr. Lie. an. Die abweichende Einschätzung von Prof. Dr. Eb. teile die Kammer hingegen nicht.

Gegen dieses ihr gemäß Empfangsbekenntnis am 14. Juni 2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin unter eingehender Darstellung ihrer Krankengeschichte (Bl. 3 bis 30 der Berufungsakte) am 3. Juli 2011 schriftlich beim Landessozialgericht Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Eine sie sehr stark belastenden Antriebsarmut während der häufigen depressiven Phasen habe dazu geführt, dass sie eine Arbeit über längere Zeit nicht mehr durchstehen könne.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. Mai 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 6. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. August 2009 zu verurteilen, ihr ab 1. Dezember 2008 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält ihren Bescheid für rechtmäßig und das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat den Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Ma. zum Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines (weiteren) Gutachtens über die Klägerin beauftragt. In seinem Gutachten vom 6. Mai 2012 hat Nervenarzt Ma. bipolare affektive Störungen, zum Zeitpunkt der Begutachtung in weitgehender Remission, eine emotional-instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ, eine Cannabisabhängigkeit mit manifestem erheblichen täglichen Missbrauch und episodische Spannungskopfschmerzen diagnostiziert. Trotz dieser Erkrankungen könne die Klägerin ohne unmittelbare Gefährdung ihrer Gesundheit leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden täglich und mehr an fünf Tagen in der Woche ausüben.

Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten (64 030678 K 517), die Klageakte des SG (S 9 R 3897/09) und die Berufungsakte des Senats (L 13 R 2832/11) Bezug genommen.

II.

Der Senat konnte über die Berufung durch Beschluss der Berufsrichter und ohne mündliche Verhandlung entscheiden (vgl. § 153 Abs. 4 SGG), denn er hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Anhörung der Beteiligten hat keine Gesichtspunkte ergeben, die Anlass geben könnten, von dieser Verfahrensform abzuweichen.

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Die gemäß §§ 143, 144 Abs.1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch unbegründet, das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl. Bundessozialgericht [BSG] SozR 3-2600 § 44 Nr. 7) ist der den Rentenantrag der Klägerin vom 30. Dezember 2008 ablehnende Bescheid vom 6. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. August 2009. Dieser erweist sich als rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in subjektiven Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.

Durch das am 1. Januar 2001 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827 ff.) hat der Gesetzgeber das Recht der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit grundlegend neu geordnet. Kernstück der auch im vorliegenden Fall anwendbaren Neuregelung ist die Abschaffung der bisherigen Berufsunfähigkeitsrente für nach dem 1. Januar 1961 geborene Versicherte und die Einführung einer zweistufigen Erwerbsminderungsrente mit einer vollen Erwerbsminderungsrente bei einem Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von unter drei Stunden und einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei einem Restleistungsvermögen von drei bis sechs Stunden.

Gemäß § 43 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB V) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im Übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben darüber hinaus Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind, bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie die sonstigen Voraussetzungen erfüllen. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs. 2 Sätze 2 und 4 SGB VI).

Die Klägerin ist noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Sie ist damit nicht erwerbsgemindert und hat deshalb keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung. Die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil die Klägerin erst am 3. Juni 1978 und damit nach dem 1. Januar 1961 geboren ist. Dass bei der Klägerin eine quantitative Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens auf ein unter sechsstündiges Maß nicht gegeben ist, hat das SG in nicht zu beanstandender Würdigung der umfassend erhobenen Beweise zutreffend insbesondere aus dem im Verlauf des Klageverfahrens eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. Schw. sowie dem im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten von Dr. Lie. geschlussfolgert. Der Senat schließt sich deshalb zunächst den Entscheidungsgründen des mit der Berufung angefochtenen Urteils vom 24. Mai 2011, insbesondere der dort vorgenommenen Beweiswürdigung an, macht sich diese aufgrund eigener Überzeugungsbildung vollinhaltlich zu eigen und sieht insoweit von einer (weiteren) Darstellung eigener Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Das Vorbringen der Klägerin zur Begründung der Berufung rechtfertigt, ebenso wie die im Verlauf des Berufungsverfahrens durchgeführte Beweiserhebung, keine abweichende Beurteilung. Dass das Schwergewicht der das Leistungsvermögen einschränkenden Erkrankungen der Klägerin dem nervenärztlichen Fachgebiet zuzurechnen ist, wird auch von der Klägerin selbst so gesehen. Insoweit hat neben dem im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens gehörten Gutachter Dr. Schw. und der im Verwaltungsverfahren mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragten Ärztin für Psychiatrie Dr. Lie. auch der vom Senat zum Sachverständigen ernannte Nervenarzt Ma. der Klägerin ? in der Begründung nachvollziehbar ? ein noch mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen attestiert. Damit ist auch aus Sicht des Senats die entgegenstehende Einschätzung des gemäß § 109 Abs. 1 SGG beauftragten Gutachters Prof. Dr. Eb. widerlegt. Insoweit überzeugt den Senat insbesondere die ergänzende Stellungnahme von Dr. Schw. vom 23. Februar 2011, in der dieser zu Recht die unzureichende Befund- und Anamneseerhebung durch Prof. Dr. Eb. bemängelt. Vor diesem Hintergrund vermögen auch die von Prof. Dr. Eb. gezogenen sozialmedizinischen Schlussfolgerungen nicht zu überzeugen. Nachdem selbst die Klägerin keine Einwände gegen die sozialmedizinische Beurteilung von Nervenarzt Ma. erhoben hat, bestand für den Senat zudem keine Veranlassung, weitere medizinische Ermittlungen in die Wege zu leiten.

Letztlich ist auch der Ausnahmefall einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung (vgl. hierzu etwa BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 117; auch Großer Senat BSGE 80, 24, 33 ff.) nicht gegeben. In einem solchen Fall kann der Arbeitsmarkt selbst bei einem noch vorhandenen sechsstündigen Leistungsvermögen ausnahmsweise als verschlossen gelten. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Verweisung auf noch vorhandenes Restleistungsvermögen nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 110). Einschränkungen, die eine solche Annahme rechtfertigen könnten, liegen bei der Klägerin nicht vor. In qualitativer Hinsicht muss diese, wie Dr. Schw. in seinem Gutachten vom 11. August 2010 ? auch insoweit überzeugend ? ausgeführt hat, Tätigkeiten mit deutlich erhöhter Stressbelastung, mit erhöhtem Zeitdruck oder besonders hoher Verantwortung für Personen oder Sachwerte, mit besonders anspruchsvollen sozialen Interaktionen sowie Tätigkeiten mit Kontakt zu Alkohol oder suchterzeugenden Medikamenten vermeiden. Die genannten Einschränkungen können zwar das Spektrum der für die Klägerin in Betracht kommenden Tätigkeiten einschränken, sie begründen aber keine Zweifel an der normalen betrieblichen Einsatzfähigkeit für leichtere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei war für den Senat im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens ausschlaggebend, dass die Beklagte keinen berechtigten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat und die Rechtsverfolgung insgesamt ohne Erfolg geblieben ist.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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