Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 15 R 1765/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 3331/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 04.07.2012 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.
Tatbestand:
Im Streit steht die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1962 geborene Kläger hat keinen Beruf erlernt. Seit 1980 war er mit Unterbrechungen versicherungspflichtig beschäftigt, zuletzt arbeitete er bis zur fristlosen Kündigung durch den Arbeitgeber im November 2007 als Lackierer; im nachfolgenden arbeitsgerichtlichen Verfahren wurde das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 01.06.2008 beendet. In der Folgezeit war der Kläger arbeitslos bzw arbeitsunfähig krank. Einen Antrag des Klägers auf Gewährung medizinischer Leistungen zur Rehabilitation vom 12.11.2009 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.06.2010 ab.
Am 19.10.2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und begründete dies mit Erkrankungen der Schulter, starken Depressionen und einem Bandscheibenvorfall. Die Beklagte ließ den Kläger daraufhin orthopädisch begutachten. Der Gutachter Dr R. stellte am 26.11.2010 einen Zustand nach zweimaliger Schulteroperation rechts wegen Tendinositis calcarea und Periarthritis humero-scapularis (PHS) mit Impingement, PHS mit Supraspinatustendopathie links und Carpaltunnelsyndrom beidseits fest. Leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten über sechs Stunden seien unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen zumutbar, auch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Lackierer.
Mit Bescheid vom 14.12.2010 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Der hiergegen eingelegte Widerspruch des Klägers vom 22.12.2010 wurde ua damit begründet, dass auf die schwere depressive Erkrankung gar nicht eingegangen worden sei. Hierzu legte der Kläger ein Attest seines behandelnden Psychiaters Dr Sch. vom 18.12.2010 vor. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine nervenärztliche Begutachtung des Klägers. Im Gutachten vom 08.03.2011 führte Dipl med G. aus, der Kläger sei bei emotionaler Anpassungsstörung nach Arbeitsplatzverlust und abgeklungener, vorbenannt mittelgradiger Störung in der Lage, auch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Kläger habe weder eine depressive Verstimmung noch eine Antriebsstörung gezeigt, sondern verbale Beschwerdeaggravation im Rahmen eines Rentenbegehrens. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.04.2011 wies die Beklagte sodann den Widerspruch zurück. Nach Einschätzung des sozialmedizinischen Dienstes seien keine Auswirkungen ersichtlich, die das Leistungsvermögen des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zeitlich einschränkten. Leichte bis mittelschwere Arbeiten in Tagesschicht ohne schweres Heben und Tragen und ohne andauernde Überkopfarbeiten seien sechs Stunden und mehr täglich zumutbar.
Am 20.04.2011 hat der Kläger zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, der Kläger sei voll erwerbsgemindert, wie sich aus dem Zusammenspiel der verschiedenen Erkrankungen ergebe.
Das SG hat die Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen schriftlich befragt. Der Internist Dr K. hat mitgeteilt, bestehende Hämorrhoiden I. bis II. Grades hätten keine Auswirkung auf eine berufliche Tätigkeit. Dr Sch. hat bei Vorliegen einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig mittelschwer mit Funktionsstörungen bezüglich Kognition, Affekt und Antrieb nur ein unterhalbschichtiges Leistungsvermögen angenommen (Schreiben vom 14.06.2011). Auf orthopädischem Gebiet hat Dr D. im Mai 2011 kurz nach Operation der linken Schulter des Klägers im Klinikum M. mitgeteilt, dass vermutlich leichte Tätigkeiten wieder vollschichtig möglich seien, wobei zwei bis drei Monate nach der Operation eine endgültige Beurteilung möglich sei.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG ein neurologisch-psychiatrisches und psychotherapeutisches Gutachten bei Dr E., Medizinischer Direktor des Klinikums N. C.-H. eingeholt. Der Gutachter Dr E. benennt im Gutachten vom 22.11.2011 folgende Gesundheitsstörungen: rezidivierende Depression mittelschwerer Ausprägung, in kritischen Situationen und Konflikten auch Symptome schwerer Ausprägung, beidseitiges Carpaltunnelsyndrom und beidseitige degenerative Schultergelenkserkrankung. Bei dem Kläger habe sich seit 2009 eine depressive Symptomatik entwickelt, zunächst überwiegend mit somatischen Beschwerden, dann unter Belastungen (Schulden, psychische Erkrankung und Tod eines Sohnes) und weiteren Erkrankungen depressive Phasen, die in den letzten 1½ Jahren nicht mehr vollständig remittiert seien. Die Symptomatik habe sich seit Februar 2011 verstärkt zum klinischen Vollbild einer Depression, seit März 2011 mittelschwer. Während der mehrstündigen Untersuchung habe der Kläger Defizite bezüglich Konzentration und Aufmerksamkeit gezeigt und sei über die Zeit immer wieder erschöpft gewesen und emotional eingebrochen. Auch bei Beachtung qualitativer Einschränkungen sei der Kläger nur zu einer Tätigkeit von maximal unter sechs Stunden in der Lage. Bei der vorliegenden mittelschweren Depression sei abweichend von der Beurteilung durch Herrn G. kein Raum für die Diagnose einer Anpassungsstörung.
Die Beklagte ist der Klage unter Vorlage einer beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr Ed. entgegen getreten und hat ausgeführt, es sei nicht von einer dauerhaften Einschränkung im Erwerbsleben auszugehen, da Dr E. eine Besserung des Krankheitsbilds für möglich halte.
Mit Urteil vom 04.07.2012 hat das SG die Beklagte verurteilt, dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.10.2011 bis 30.09.2014 zu gewähren und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, es sei nach dem Gutachten von Dr E. davon überzeugt, dass der Kläger aus gesundheitlichen Gründen seit März 2011 nicht mehr in der Lage sei, mindestens sechs Stunden täglich auch nur leichte Tätigkeiten zu verrichten. Das Gutachten sei unter Berücksichtigung der von Dr E. erhobenen Befunde schlüssig. Die dargelegte Entwicklung der Depression sei nicht nur lebensgeschichtlich durch den Verlust eines Sohnes im August 2010, den Verlust des Arbeitsplatzes und die seit 2007 bestehenden erheblichen körperlichen Beschwerden nachvollziehbar, sondern werde auch durch Dr Sch. bestätigt. Aus dem erhobenen Tagesablauf ergäben sich keine dem entgegenstehenden Anhaltspunkte. Der Kläger habe einen deutlich veränderten Schlafrhythmus, er verlasse kaum noch das Haus und schildere außer Fernsehen keine Freizeitaktivitäten. Hinsichtlich des angenommenen Eintritts der Erwerbsminderung im März 2011 stehe das Gutachten von Herrn G. nicht entgegen, da dieses zeitlich davor liege und eine kontinuierliche Verschlechterung gegeben sei. Zudem gehe das SG davon aus, dass Herr G. die primär depressiven Aussagen zur Selbstwahrnehmung des Klägers nicht gewürdigt habe. Zudem sei in seinem Gutachten die Erhebung des Tagesablaufs zur Prüfung der Auswirkungen der Erkrankung auf den Alltag nicht erkennbar. Der Auffassung der Beratungsärztin Dr Ed. könne sich das SG nicht anschließen. Sie stütze sich zum einen darauf, dass Dr E. die Einnahme der Psychopharmaka nicht überprüft habe und zum anderen, dass er von einer chronifizierten depressiven Störung ausgehe. Maßgeblich für die Rentengewährung sei der tatsächliche Zustand; eine fehlende Einnahme von Medikamenten könne allenfalls dazu führen, dass Besserungsaussichten bestünden, die eine dauerhafte Erwerbsminderung ausschlössen. Dass eine zunächst phasenweise verlaufende depressive Erkrankung sich soweit verschlechtere, dass zwischenzeitliche Besserungen nicht mehr aufträten, rechtfertige die Diagnose einer Chronifizierung. Mit einem Leistungsvermögen zwischen drei und unter sechs Stunden sei der Kläger zwar nur teilweise erwerbsgemindert, er habe aber unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarkts zeitgleich Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, weil er keinen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz innehabe. Im Hinblick auf die für möglich gehaltene Besserung sei der Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 102 Abs 2 Satz 5 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) zu befristen, die Rente wegen voller Erwerbsminderung sei ohnehin gemäß § 102 Abs 2 Satz 1 SGB VI zu befristen. Ausgehend vom Eintritt der Erwerbsminderung im März 2011 beginne die befristete Rente gemäß § 101 Abs 1 SGB VI am 01.10.2011 und ende nach Ablauf des Dreijahreszeitraums am 30.09.2014.
Am 03.08.2012 hat die Beklagte gegen das Urteil beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und durch ihren Ärztlichen Dienst (Dr Ed.) zur Begründung ausgeführt, das Gutachten von Dr E. biete erhebliche Mängel. An der Validität sei schon wegen der Latenz zwischen Untersuchung am 19.08.2011 und Erstellung des Gutachtens am 22.11.2011 sehr zu zweifeln. Dr E. habe auch nicht nachweisen können, dass bei dem Kläger eine leitliniengerechte Therapie der depressiven Symptomatik vorgenommen worden sei. Er habe eine Kontrolle der Wirkspiegelhöhe der Psychopharmaka versäumt und sei einer Chronologisierung der Medikamenteneinnahme in der Vorgeschichte nicht nachgegangen. Der Gedanke, dass der Kläger eine leidensgerechte Therapie nicht gesucht habe, weil ein entsprechender Leidensdruck nicht vorliege, sei nicht gestellt worden. Zudem habe Dr E. als Hauptdiagnose eine rezidivierende Depression mittelschwerer Ausprägung gestellt, jedoch nach ICD-10 nur eine mittelgradige depressive Episode verschlüsselt, somit ein Phase, die Remissionen, also wiederkehrende Besserungen, impliziere.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 04.07.2012 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die Entscheidung für zutreffend und das Gutachten von Dr E. für schlüssig und begründet.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte und auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte (§§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 SGG), hat keinen Erfolg.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Das SG hat die Beklagte zu Recht verurteilt, dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.10.2011 bis 30.09.2014 zu gewähren. Der Bescheid der Beklagten vom 15.02.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.06.2008 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
Die Anspruchsvoraussetzungen ergeben sich aus § 43 SGB VI in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I 554). Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Nach Würdigung der gesamten vorliegenden medizinischen Unterlagen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger teilweise erwerbsgemindert ist, weil er unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann. Der Senat macht sich insoweit die überzeugenden und zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils zu Eigen und weist die Berufung zur Vermeidung von Wiederholungen aus diesen Gründen zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend wird im Hinblick auf das Berufungsvorbringen angemerkt, dass der Senat die von der Beklagten vorgebrachten Zweifel an dem Gutachten von Dr E. nicht teilt. Soweit die Beklagte darauf abstellt, dass allein schon wegen des zeitlichen Abstands von drei Monaten zwischen Untersuchung und endgültiger Fertigstellung des Gutachtens Zweifel an der Validität bestünden, trifft dies nicht zu. Ab welcher Latenz zwischen Untersuchung und Gutachtenserstellung die Verwertbarkeit eines Gutachtens problematisch werden kann, bedarf dabei im vorliegenden Fall keiner weiteren Ausführungen, denn jedenfalls der hier gegebene Ablauf bewegt sich noch absolut im gerichtsüblichen Rahmen. Auch aus dem Gutachten selbst sind keinerlei Hinweise darauf zu entnehmen, dass etwa dem Gutachter Erkenntnisse aus Untersuchung oder Anamnese zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Gutachtens nicht mehr präsent gewesen wären. Derartiges hat auch die Beklagte nicht behauptet.
Dr E. hat ausdrücklich unter Würdigung und ausführlicher Darlegung und Berücksichtigung des klinischen Befunds, testpsychologischer Verfahren und umfangreicher Anamnese festgestellt, dass jedenfalls seit März 2011 bei dem Kläger nach einer Verschlechterung des gesundheitlichen Zustands eine rezidivierende Depression mit mittelschwerer Ausprägung besteht. Die unzutreffende Verschlüsselung der Diagnose nach ICD-10 ändert daran nichts, insbesondere folgt daraus nicht, dass entgegen sämtlichen Ausführungen des Gutachters nur eine einmalige und vereinzelt auftretende depressive Episode vorliegen könnte. Vielmehr ist die Würdigung durch Dr E. auch deshalb schlüssig und nachvollziehbar, weil sie sich umfassend mit den Auswirkungen der durch die Depression bestehenden Funktionseinschränkungen auseinandersetzt und dies nicht nur im Hinblick auf die subjektiven Angaben des Klägers zu seinem Alltagsleben, sondern auch auf die im Rahmen der Untersuchung offen zu Tage getretenen Schwierigkeiten bezüglich Ausdauer, Konzentration und emotionaler Stabilität. Die unterbliebene Wirkspiegelkontrolle hinsichtlich der verordneten Medikation ändert daran nichts. Ein fehlender Leidensdruck erscheint für den Senat schon aufgrund des glaubhaft geschilderten extrem eingeschränkten sozialen Spielraums des Klägers mit Interessen- und Perspektivlosigkeit, Anhedonie und Selbstvorwürfen ausgeschlossen. Zudem befindet sich der Kläger in regelmäßiger nervenärztlicher Behandlung, ihm werden Antidepressiva verordnet. Dass bei intensivierter Behandlung eine Besserung nicht ausgeschlossen ist, steht der derzeitigen Feststellung eines zeitlich nur eingeschränkten Leistungsvermögens nicht entgegen; insoweit hat das SG zutreffend die Rente befristet.
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 43 Abs 1 Satz 1 Nr 2 und Nr 3 SGB VI sind unstreitig erfüllt. Bei Eintritt des Leistungsfalls Mitte März 2011 reicht die Fünf-Jahres-Frist vom 15.03.2006 bis 14.03.2011. Der Kläger hat zuletzt vom 01.06.2005 bis 31.05.2008 drei Jahre Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Tätigkeit zurückgelegt. Wegen des anschließenden Bezugs von Arbeitslosengeld und Krankengeld verlängert sich der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung jedoch entsprechend, so dass mit den vom 01.06.2005 bis 31.05.2008 zurückgelegten Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Tätigkeit die entsprechende versicherungsrechtliche Voraussetzung für den Rentenanspruch erfüllt ist (§ 43 Abs 4 Nr 1, § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 1 und Nr 3 SGB VI). Die allgemeine Wartezeit von fünf Jahre ist ebenfalls erfüllt (§ 50 Abs 1 Satz 1 Nr 2, § 51 Abs 1 SGB VI).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.
Tatbestand:
Im Streit steht die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1962 geborene Kläger hat keinen Beruf erlernt. Seit 1980 war er mit Unterbrechungen versicherungspflichtig beschäftigt, zuletzt arbeitete er bis zur fristlosen Kündigung durch den Arbeitgeber im November 2007 als Lackierer; im nachfolgenden arbeitsgerichtlichen Verfahren wurde das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 01.06.2008 beendet. In der Folgezeit war der Kläger arbeitslos bzw arbeitsunfähig krank. Einen Antrag des Klägers auf Gewährung medizinischer Leistungen zur Rehabilitation vom 12.11.2009 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.06.2010 ab.
Am 19.10.2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und begründete dies mit Erkrankungen der Schulter, starken Depressionen und einem Bandscheibenvorfall. Die Beklagte ließ den Kläger daraufhin orthopädisch begutachten. Der Gutachter Dr R. stellte am 26.11.2010 einen Zustand nach zweimaliger Schulteroperation rechts wegen Tendinositis calcarea und Periarthritis humero-scapularis (PHS) mit Impingement, PHS mit Supraspinatustendopathie links und Carpaltunnelsyndrom beidseits fest. Leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten über sechs Stunden seien unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen zumutbar, auch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Lackierer.
Mit Bescheid vom 14.12.2010 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Der hiergegen eingelegte Widerspruch des Klägers vom 22.12.2010 wurde ua damit begründet, dass auf die schwere depressive Erkrankung gar nicht eingegangen worden sei. Hierzu legte der Kläger ein Attest seines behandelnden Psychiaters Dr Sch. vom 18.12.2010 vor. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine nervenärztliche Begutachtung des Klägers. Im Gutachten vom 08.03.2011 führte Dipl med G. aus, der Kläger sei bei emotionaler Anpassungsstörung nach Arbeitsplatzverlust und abgeklungener, vorbenannt mittelgradiger Störung in der Lage, auch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Kläger habe weder eine depressive Verstimmung noch eine Antriebsstörung gezeigt, sondern verbale Beschwerdeaggravation im Rahmen eines Rentenbegehrens. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.04.2011 wies die Beklagte sodann den Widerspruch zurück. Nach Einschätzung des sozialmedizinischen Dienstes seien keine Auswirkungen ersichtlich, die das Leistungsvermögen des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zeitlich einschränkten. Leichte bis mittelschwere Arbeiten in Tagesschicht ohne schweres Heben und Tragen und ohne andauernde Überkopfarbeiten seien sechs Stunden und mehr täglich zumutbar.
Am 20.04.2011 hat der Kläger zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, der Kläger sei voll erwerbsgemindert, wie sich aus dem Zusammenspiel der verschiedenen Erkrankungen ergebe.
Das SG hat die Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen schriftlich befragt. Der Internist Dr K. hat mitgeteilt, bestehende Hämorrhoiden I. bis II. Grades hätten keine Auswirkung auf eine berufliche Tätigkeit. Dr Sch. hat bei Vorliegen einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig mittelschwer mit Funktionsstörungen bezüglich Kognition, Affekt und Antrieb nur ein unterhalbschichtiges Leistungsvermögen angenommen (Schreiben vom 14.06.2011). Auf orthopädischem Gebiet hat Dr D. im Mai 2011 kurz nach Operation der linken Schulter des Klägers im Klinikum M. mitgeteilt, dass vermutlich leichte Tätigkeiten wieder vollschichtig möglich seien, wobei zwei bis drei Monate nach der Operation eine endgültige Beurteilung möglich sei.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG ein neurologisch-psychiatrisches und psychotherapeutisches Gutachten bei Dr E., Medizinischer Direktor des Klinikums N. C.-H. eingeholt. Der Gutachter Dr E. benennt im Gutachten vom 22.11.2011 folgende Gesundheitsstörungen: rezidivierende Depression mittelschwerer Ausprägung, in kritischen Situationen und Konflikten auch Symptome schwerer Ausprägung, beidseitiges Carpaltunnelsyndrom und beidseitige degenerative Schultergelenkserkrankung. Bei dem Kläger habe sich seit 2009 eine depressive Symptomatik entwickelt, zunächst überwiegend mit somatischen Beschwerden, dann unter Belastungen (Schulden, psychische Erkrankung und Tod eines Sohnes) und weiteren Erkrankungen depressive Phasen, die in den letzten 1½ Jahren nicht mehr vollständig remittiert seien. Die Symptomatik habe sich seit Februar 2011 verstärkt zum klinischen Vollbild einer Depression, seit März 2011 mittelschwer. Während der mehrstündigen Untersuchung habe der Kläger Defizite bezüglich Konzentration und Aufmerksamkeit gezeigt und sei über die Zeit immer wieder erschöpft gewesen und emotional eingebrochen. Auch bei Beachtung qualitativer Einschränkungen sei der Kläger nur zu einer Tätigkeit von maximal unter sechs Stunden in der Lage. Bei der vorliegenden mittelschweren Depression sei abweichend von der Beurteilung durch Herrn G. kein Raum für die Diagnose einer Anpassungsstörung.
Die Beklagte ist der Klage unter Vorlage einer beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr Ed. entgegen getreten und hat ausgeführt, es sei nicht von einer dauerhaften Einschränkung im Erwerbsleben auszugehen, da Dr E. eine Besserung des Krankheitsbilds für möglich halte.
Mit Urteil vom 04.07.2012 hat das SG die Beklagte verurteilt, dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.10.2011 bis 30.09.2014 zu gewähren und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, es sei nach dem Gutachten von Dr E. davon überzeugt, dass der Kläger aus gesundheitlichen Gründen seit März 2011 nicht mehr in der Lage sei, mindestens sechs Stunden täglich auch nur leichte Tätigkeiten zu verrichten. Das Gutachten sei unter Berücksichtigung der von Dr E. erhobenen Befunde schlüssig. Die dargelegte Entwicklung der Depression sei nicht nur lebensgeschichtlich durch den Verlust eines Sohnes im August 2010, den Verlust des Arbeitsplatzes und die seit 2007 bestehenden erheblichen körperlichen Beschwerden nachvollziehbar, sondern werde auch durch Dr Sch. bestätigt. Aus dem erhobenen Tagesablauf ergäben sich keine dem entgegenstehenden Anhaltspunkte. Der Kläger habe einen deutlich veränderten Schlafrhythmus, er verlasse kaum noch das Haus und schildere außer Fernsehen keine Freizeitaktivitäten. Hinsichtlich des angenommenen Eintritts der Erwerbsminderung im März 2011 stehe das Gutachten von Herrn G. nicht entgegen, da dieses zeitlich davor liege und eine kontinuierliche Verschlechterung gegeben sei. Zudem gehe das SG davon aus, dass Herr G. die primär depressiven Aussagen zur Selbstwahrnehmung des Klägers nicht gewürdigt habe. Zudem sei in seinem Gutachten die Erhebung des Tagesablaufs zur Prüfung der Auswirkungen der Erkrankung auf den Alltag nicht erkennbar. Der Auffassung der Beratungsärztin Dr Ed. könne sich das SG nicht anschließen. Sie stütze sich zum einen darauf, dass Dr E. die Einnahme der Psychopharmaka nicht überprüft habe und zum anderen, dass er von einer chronifizierten depressiven Störung ausgehe. Maßgeblich für die Rentengewährung sei der tatsächliche Zustand; eine fehlende Einnahme von Medikamenten könne allenfalls dazu führen, dass Besserungsaussichten bestünden, die eine dauerhafte Erwerbsminderung ausschlössen. Dass eine zunächst phasenweise verlaufende depressive Erkrankung sich soweit verschlechtere, dass zwischenzeitliche Besserungen nicht mehr aufträten, rechtfertige die Diagnose einer Chronifizierung. Mit einem Leistungsvermögen zwischen drei und unter sechs Stunden sei der Kläger zwar nur teilweise erwerbsgemindert, er habe aber unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarkts zeitgleich Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, weil er keinen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz innehabe. Im Hinblick auf die für möglich gehaltene Besserung sei der Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 102 Abs 2 Satz 5 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) zu befristen, die Rente wegen voller Erwerbsminderung sei ohnehin gemäß § 102 Abs 2 Satz 1 SGB VI zu befristen. Ausgehend vom Eintritt der Erwerbsminderung im März 2011 beginne die befristete Rente gemäß § 101 Abs 1 SGB VI am 01.10.2011 und ende nach Ablauf des Dreijahreszeitraums am 30.09.2014.
Am 03.08.2012 hat die Beklagte gegen das Urteil beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und durch ihren Ärztlichen Dienst (Dr Ed.) zur Begründung ausgeführt, das Gutachten von Dr E. biete erhebliche Mängel. An der Validität sei schon wegen der Latenz zwischen Untersuchung am 19.08.2011 und Erstellung des Gutachtens am 22.11.2011 sehr zu zweifeln. Dr E. habe auch nicht nachweisen können, dass bei dem Kläger eine leitliniengerechte Therapie der depressiven Symptomatik vorgenommen worden sei. Er habe eine Kontrolle der Wirkspiegelhöhe der Psychopharmaka versäumt und sei einer Chronologisierung der Medikamenteneinnahme in der Vorgeschichte nicht nachgegangen. Der Gedanke, dass der Kläger eine leidensgerechte Therapie nicht gesucht habe, weil ein entsprechender Leidensdruck nicht vorliege, sei nicht gestellt worden. Zudem habe Dr E. als Hauptdiagnose eine rezidivierende Depression mittelschwerer Ausprägung gestellt, jedoch nach ICD-10 nur eine mittelgradige depressive Episode verschlüsselt, somit ein Phase, die Remissionen, also wiederkehrende Besserungen, impliziere.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 04.07.2012 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die Entscheidung für zutreffend und das Gutachten von Dr E. für schlüssig und begründet.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte und auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte (§§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 SGG), hat keinen Erfolg.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Das SG hat die Beklagte zu Recht verurteilt, dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.10.2011 bis 30.09.2014 zu gewähren. Der Bescheid der Beklagten vom 15.02.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.06.2008 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
Die Anspruchsvoraussetzungen ergeben sich aus § 43 SGB VI in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I 554). Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Nach Würdigung der gesamten vorliegenden medizinischen Unterlagen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger teilweise erwerbsgemindert ist, weil er unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann. Der Senat macht sich insoweit die überzeugenden und zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils zu Eigen und weist die Berufung zur Vermeidung von Wiederholungen aus diesen Gründen zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend wird im Hinblick auf das Berufungsvorbringen angemerkt, dass der Senat die von der Beklagten vorgebrachten Zweifel an dem Gutachten von Dr E. nicht teilt. Soweit die Beklagte darauf abstellt, dass allein schon wegen des zeitlichen Abstands von drei Monaten zwischen Untersuchung und endgültiger Fertigstellung des Gutachtens Zweifel an der Validität bestünden, trifft dies nicht zu. Ab welcher Latenz zwischen Untersuchung und Gutachtenserstellung die Verwertbarkeit eines Gutachtens problematisch werden kann, bedarf dabei im vorliegenden Fall keiner weiteren Ausführungen, denn jedenfalls der hier gegebene Ablauf bewegt sich noch absolut im gerichtsüblichen Rahmen. Auch aus dem Gutachten selbst sind keinerlei Hinweise darauf zu entnehmen, dass etwa dem Gutachter Erkenntnisse aus Untersuchung oder Anamnese zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Gutachtens nicht mehr präsent gewesen wären. Derartiges hat auch die Beklagte nicht behauptet.
Dr E. hat ausdrücklich unter Würdigung und ausführlicher Darlegung und Berücksichtigung des klinischen Befunds, testpsychologischer Verfahren und umfangreicher Anamnese festgestellt, dass jedenfalls seit März 2011 bei dem Kläger nach einer Verschlechterung des gesundheitlichen Zustands eine rezidivierende Depression mit mittelschwerer Ausprägung besteht. Die unzutreffende Verschlüsselung der Diagnose nach ICD-10 ändert daran nichts, insbesondere folgt daraus nicht, dass entgegen sämtlichen Ausführungen des Gutachters nur eine einmalige und vereinzelt auftretende depressive Episode vorliegen könnte. Vielmehr ist die Würdigung durch Dr E. auch deshalb schlüssig und nachvollziehbar, weil sie sich umfassend mit den Auswirkungen der durch die Depression bestehenden Funktionseinschränkungen auseinandersetzt und dies nicht nur im Hinblick auf die subjektiven Angaben des Klägers zu seinem Alltagsleben, sondern auch auf die im Rahmen der Untersuchung offen zu Tage getretenen Schwierigkeiten bezüglich Ausdauer, Konzentration und emotionaler Stabilität. Die unterbliebene Wirkspiegelkontrolle hinsichtlich der verordneten Medikation ändert daran nichts. Ein fehlender Leidensdruck erscheint für den Senat schon aufgrund des glaubhaft geschilderten extrem eingeschränkten sozialen Spielraums des Klägers mit Interessen- und Perspektivlosigkeit, Anhedonie und Selbstvorwürfen ausgeschlossen. Zudem befindet sich der Kläger in regelmäßiger nervenärztlicher Behandlung, ihm werden Antidepressiva verordnet. Dass bei intensivierter Behandlung eine Besserung nicht ausgeschlossen ist, steht der derzeitigen Feststellung eines zeitlich nur eingeschränkten Leistungsvermögens nicht entgegen; insoweit hat das SG zutreffend die Rente befristet.
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 43 Abs 1 Satz 1 Nr 2 und Nr 3 SGB VI sind unstreitig erfüllt. Bei Eintritt des Leistungsfalls Mitte März 2011 reicht die Fünf-Jahres-Frist vom 15.03.2006 bis 14.03.2011. Der Kläger hat zuletzt vom 01.06.2005 bis 31.05.2008 drei Jahre Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Tätigkeit zurückgelegt. Wegen des anschließenden Bezugs von Arbeitslosengeld und Krankengeld verlängert sich der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung jedoch entsprechend, so dass mit den vom 01.06.2005 bis 31.05.2008 zurückgelegten Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Tätigkeit die entsprechende versicherungsrechtliche Voraussetzung für den Rentenanspruch erfüllt ist (§ 43 Abs 4 Nr 1, § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 1 und Nr 3 SGB VI). Die allgemeine Wartezeit von fünf Jahre ist ebenfalls erfüllt (§ 50 Abs 1 Satz 1 Nr 2, § 51 Abs 1 SGB VI).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
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