L 13 AS 4223/12 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 21 AS 4950/12 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 4223/12 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. September 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers (vgl. §§ 172 Abs. 1 und 173 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]) ist unbegründet. Das Sozialgericht (SG) hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt.

Prozessuale Grundlage des im vorläufigen Rechtsschutz verfolgten Anspruchs ist § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG. Dies gilt, wie das SG zutreffend dargelegt hat, obwohl der in der Hauptsache streitige Versagungsbescheid vom 28. August 2012 ? nach erfolglosem Widerspruchsverfahren ? mit der isolierten Anfechtungsklage anzugreifen wäre; denn nur auf diese Weise kann dem auf Gewährung existenzsichernder Leistungen gerichteten Rechtsschutzziel ausreichend Rechnung getragen werden. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung als Regelungsanordnung setzt einen jeweils glaubhaft zu machenden (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung [ZPO]) Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch voraus. Die Dringlichkeit einer die Hauptsache vorweg nehmenden Eilentscheidung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG (Anordnungsgrund) kann bei Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in aller Regel nur bejaht werden, wenn wegen einer Notlage über existenzsichernde Leistung für die Gegenwart und die nahe Zukunft gestritten wird und dem Antragsteller schwere schlechthin unzumutbare Nachteile entstünden, wenn er auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens verwiesen würde (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Senatsbeschluss vom 25. November 2005 - L 13 AS 4106/05 ER-B). Einen finanziellen Ausgleich für die Vergangenheit, also für die Zeit vor Rechtshängigkeit des Eilverfahrens, herbeizuführen ist, von einer - hier nicht glaubhaft gemachten - in die Gegenwart fortwirkenden Notlage abgesehen, nicht Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes, sondern des Hauptsacheverfahrens (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juli 2006 - L 13 AS 1620/06 ER-B - veröffentlicht in Juris). Der Anordnungsanspruch hängt vom voraussichtlichen Erfolg des Hauptsacherechtsbehelfs ab und erfordert regelmäßig eine summarische Prüfung; an ihn sind um so niedrigere Anforderungen zu stellen, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen wiegen, insbesondere eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung droht (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG] in NJW 2003, 1236 f. und Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - veröffentlicht in Juris). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung, hier also der Entscheidung über die Beschwerde (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juli 2006 a.a.O. m.w.N.).

Ausgehend von diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht vor; der hierauf gerichtete Antrag ist unbegründet. Ob ein Anordnungsgrund gegeben ist, braucht der Senat nicht zu entscheiden; der Antragsteller hat jedenfalls das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs nicht glaubhaft gemacht. Der Senat schließt sich in dieser Frage zunächst den Gründen des mit der Beschwerde angegriffenen Beschlusses des SG vom 27. September 2012 an, nimmt auf diese zur weiteren Begründung Bezug und sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung eigener Gründe ab (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Der Antragsteller hat auch im Beschwerdeverfahren nicht dargelegt, welche Höhe die Erbschaft gehabt hat, die ihm im September 2011 (ganz oder teilweise) zugeflossen ist. Damit hat der Antragsteller weiterhin nicht glaubhaft gemacht, über keine ausreichenden Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhalts zu verfügen und deshalb hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften über die Grundsicherung für Arbeitsuchende (vgl. insbesondere §§ 9, 11 und 12 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuchs [SGB II]) zu sein.

Die zur Begründung der Beschwerde vorgelegte eidesstattliche Versicherung des Antragstellers genügt als Mittel der Glaubhaftmachung vor dem Hintergrund des bisherigen tatsächlichen und verfahrensrechtlichen Geschehensablaufs nicht, denn sie ist nicht geeignet, die gebotene Überprüfung der Angaben des Antragstellers durch den Antragsgegner und das Gericht zu ermöglichen. Auch im sozialgerichtlichen Eilverfahren können existenzsichernde Leistungen aufgrund der objektiven Beweislast abgelehnt werden, wenn der Antragsteller die vom Gericht aufgegebenen notwendigen Mitwirkungshandlungen unterlässt (Bayerisches Landessozialgericht [LSG], Beschluss vom 13. Juni 2012 ? L 7 AS 361/12 B ER ? veröffentlicht in Juris m.w.N. u. a. auf die Rspr. des BVerfG). Der Antragsteller ist (auch) vom SG erfolglos aufgefordert worden, Höhe und Verbleib seiner Erbschaft nachvollziehbar darzulegen. Dass bei Beantragung von Leistungen nach dem SGB II auch Auskünfte über die Einkommens- und Vermögenssituation des Hilfebedürftigen in der Vergangenheit verlangt werden können, ist in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt (vgl. Bayerisches LSG a.a.O. und beispielhaft Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 19. September 2008 ? B 14 AS 45/07 R ? BSGE 101, 260). Entgegen dem Vorbringen des Antragstellers ist für das Bestehen einer entsprechenden Mitwirkungspflicht nicht erforderlich, dass ein konkreter Verdacht auf Leistungsmissbrauch besteht (BSG a.a.O.), also Anhaltspunkte dafür gegeben wären, dass tatsächlich noch ein die Hilfebedürftigkeit ausschließendes Vermögen vorhanden ist. Der Antragsteller kann sich letztlich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, eine Offenlegung der Erbschaft könne von ihm wegen schützenswerter Interessen seiner Brüder als Miterben nicht verlangt werde. Die Offenlegung der Vermögensverhältnisse ist Grundvoraussetzung für den geltend gemachten Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Dies gilt unabhängig davon, ob der jeweilige Vermögensgegenstand im Allein- oder im Miteigentum des Hilfebedürftigen steht. Im Übrigen hat der Antragsteller auch nicht glaubhaft gemacht, dass seine Brüder mit einer ? in seinem Interesse stehenden ? Offenlegung der Erbschaft nicht einverstanden wären.

Die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das erstinstanzliche Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (S 21 AS 4950/12 ER) war ebenfalls zurückzuweisen, denn die Rechtsverfolgung bot aus den oben dargelegten Gründen von Anfang an keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 Satz 1 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der Beschwerde gegen die Entscheidung des SG im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auf einer analogen Anwendung des § 193 SGG. Weder das Antrags- noch das Beschwerdeverfahren hat Erfolg; zudem hat der Antragsgegner keinen Anlass für das gerichtliche Eilverfahren gegeben, so dass ein Kostenerstattungsanspruch (zum Ermessen vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 193 Rdnr. 12 ff.) unangemessen wäre. Bezüglich der Beschwerde gegen die Ablehnung von PKH findet die Kostenentscheidung ihre Rechtsgrundlage in § 127 Abs. 4 ZPO.

Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (vgl. § 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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