Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 3907/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 2803/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 27.04.2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der am 1953 geborene Kläger hat keine Berufsausbildung. Er war zuletzt als Maschinenbediener mit Motorblockkontrollen in vorwiegend stehender und gehender Arbeitshaltung und Heben von Gewichten bis zu 60 kg beschäftigt (Angaben des Klägers anlässlich einer Rehabilitationsmaßnahme im Jahr 2008 Bl. m6 VA). Letztmalig übte der Kläger diese Tätigkeit im April 2008 aus. Nachfolgend bezog er bis Januar 2012 Kranken- bzw. Arbeitslosengeld (Bl. 106 SG-Akte).
Der Kläger leidet an einer rezidivierenden depressiven Störung, einer Somatisierungsstörung, einem Diabetes mellitus (ohne Komplikationen), einer chronischen Raucherbronchitis (ausgeheilte Pneumonie im Februar 2010) sowie einem unklaren Hüftschmerz links (Gutachten Dr. B. , Bl. m11 VA, und Dr. L. , Bl. 51, 66 SG-Akte) Daneben bestehen noch weitere Erkrankungen auf dem orthopädischen Fachgebiet (u.a. Retropatellararthrose rechts, Z.n. Ermüdungsbruch des rechten Radius im Juli 2005, arthrotische Veränderungen am Ellenbogengelenk, an beiden Kniegelenken und am rechten Schultergelenk, sachverständige Zeugenaussage Dipl.med. L. Bl. 31 SG-Akte). Der Kläger hält sich nach eigenem Vorbringen im Wesentlichen in seinem Schrebergarten auf, wo er sich ausruht, sich ein Zimmer und eine Küche eingerichtet hat und sich um eine Ziege, ein Lamm sowie um die Pflanzen kümmert (Bl. 62/63 SG-Akte).
Aus stationären Rehabilitationsmaßnahmen in den Jahren 2008 (damalige Diagnosen u.a.: mittelgradige depressive Episode, posttraumatische Belastungsstörung mit Hyperventilationssyndrom nach dem Unfalltod seiner 19-jährigen Tochter im Jahr 2007) und 2009 (damalige Diagnosen u.a.: rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome, anhaltende somatoforme Schmerzstörung) wurde der Kläger bezogen auf seine letzte Tätigkeit als arbeitsunfähig entlassen. Allerdings wurde zuletzt angenommen, er könne bei Durchführung einer ambulanten Psychotherapie für seine letzte Tätigkeit und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zumindest nach ca. drei bis vier Monaten eine Leistungsfähigkeit im Umfang von sechs Stunden täglich erreichen.
Am 31.03.2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Der behandelnden Allgemeinmediziner Dr. L. attestierte wegen einer eingeschränkten körperlichen Belastbarkeit ein Leistungsvermögen von unter drei Stunden (Bl. m10 VA). Bei der Begutachtung durch den Internisten Dr. B. im Juni 2010 (Bl. m11 VA) wirkte der Kläger nicht depressiv und gab an, mit der Medikation gegen seine Depression werde wegen Nebenwirkungen pausiert. Dr. B. ging von einer Teilremission der depressiven Episoden aus und äußerte einen Verdacht auf eine somatoforme Schmerzstörung. Er hielt den Kläger für in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne besonderen Nervenstress vollschichtig zu verrichten. Darauf gestützt lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 30.06.2010 den Rentenantrag des Klägers ab. Im Widerspruchsverfahren attestierte Dr. L. nach wie vor ein Leistungsvermögen von unter drei Stunden, nunmehr insbesondere wegen der psychiatrischen Grunderkrankung des Klägers. Dr. B. sah dadurch und auch durch Arztbriefe des Orthopäden Dipl.med. L. sowie des Psychiaters Dr. G. (Arztbrief vom August 2010: depressive Episode mit Somatisierungstendenz bei Fortsetzung der Medikation) keine neuen Erkenntnisse, worauf die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.10.2010 den Widerspruch des Klägers zurückwies.
Deswegen hat der Kläger am 28.10.2010 beim Sozialgericht Heilbronn Klage erhoben. Das Sozialgericht hat Dipl.med. L. und Dr. G. schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Dipl.med. L. hat ausgeführt, der Kläger könne Tätigkeiten ohne längere unphysiologische Haltung, ohne schweres Heben und ohne Überkopfarbeiten sechs Stunden täglich verrichten. Dr. G. hat sich im Mai 2011 angesichts einer zuletzt im Januar 2011 erfolgten Vorsprache des Klägers nicht in der Lage gesehen, eine Leistungseinschätzung vorzunehmen.
Auf der Grundlage einer Untersuchung des Klägers im Juli 2011 hat Dr. L. ein Gutachten erstellt. Sie hat den Kläger unter Berücksichtigung der depressiven und der Somatisierungsstörung für in der Lage erachtet, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Heben und Tragen von schweren Gewichten über 10 kg, ohne Schicht-, Akkord- sowie Nachttätigkeit und Publikumskontakt und ohne besondere Anforderungen an die Qualifikation mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Der Kläger hat im Anschluss an die Erstellung des Gutachtens behauptet, die Begutachtung durch Dr. L. habe nur 10 bis 15 Minuten gedauert. Er hat zudem das Attest von Dr. G. vom 31.03.2012 vorgelegt, in dem dieser auf Grund eines Befundes vom Januar 2012 von einer schweren depressiven Episode und einem dauerhaft auf unter drei Stunden eingeschränkten Leistungsvermögen ausgegangen ist.
In der mündlichen Verhandlung vom 27.04.2012 hat der Kläger zu Protokoll gegeben, keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu beantragen. Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom gleichen Tag abgewiesen. Hierzu hat es sich auf das Gutachten des Dr. B. , die sachverständige Zeugenaussage des Dipl.med. L. und das Gutachten der Dr. L. gestützt. Die im Vordergrund stehende Erkrankung liege nach dem gesamten Akteninhalt auf dem psychiatrischen Fachgebiet. Die insoweit vom Allgemeinmediziner Dr. L. im Attest vom 03.08.2010 aufgestellte Behauptung eines Leistungsvermögens von unter drei Stunden täglich sei durch das fachärztliche Gutachten von Dr. L. eindrucksvoll widerlegt worden. Sie habe sich ausführlich mit dem Gesundheitszustand des Klägers beschäftigt. Sein Einwand, die Untersuchung habe lediglich wenige Minuten gedauert, sei auf Grund der ausführlich dokumentierten Anamnese - und Befunderhebung (Seite 7 bis 15 des Gutachtens) nicht nachvollziehbar. Auch aus dem vom Kläger zuletzt vorgelegten Bericht des Dr. G. vom Januar 2012 würden sich keine Gründe ergeben, von der schlüssigen Einschätzung der Sachverständigen abzuweichen. Es könne bereits nicht nachvollzogen werden, ob die Kriterien für eine schwere depressive Episode tatsächlich erfüllt gewesen seien. Aber selbst wenn zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. G. im Januar 2012 tatsächlich eine schwere Episode vorgelegen haben sollte, sei damit das Vorliegen einer Erwerbsminderung nicht nachgewiesen. Denn erforderlich sei ein auf nicht absehbare Zeit herabgesunkenes Leistungsvermögen. Die rezidivierende depressive Störung des Klägers sei aber gerade charakterisiert durch wiederholte depressive Episoden, die entsprechend der jeweiligen Ausprägung, als leicht, mittelgradig oder schwer beschrieben worden seien. Somit stehe nach dem Gesamtergebnis fest, dass der Kläger noch in der Lage sei, mindestens sechs Stunden täglich eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne Heben und Tragen von Gewichten über 10 kg, ohne ständige Überkopfarbeit über die Horizontale, ohne Nervenstress und ohne Schicht-, Akkord- und Nachtätigkeiten zu verrichten.
Gegen das ihm am 31.05.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am Montag, den 02.07.2012 Berufung eingelegt. Er trägt vor, das Sozialgericht habe ihm kein rechtliches Gehör gewährt und die Stellungnahme von Dr. G. nicht ausreichend berücksichtigt. Der Neurologe und Psychiater Dr. S. habe in einem Attest aus 2002 oder 2008 (siehe Aktenvermerk Bl. 19a Rücks. LSG-Akte) eine Dystonie und eine somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert und sein Leistungsvermögen auf weniger als vier Stunden eingeschätzt. Das Gutachten von Dr. L. sei nicht schlüssig. Sie habe ihm eine von Stimmungsschwankungen, Unruhe, Ängsten, sozialem Rückzug sowie Schlafstörungen geprägte depressive Störung bescheinigt. Zudem sei er regelmäßig auf die Einnahme von Tabletten angewiesen. So könne er den Beruf des Maschinenbedieners nicht ausüben. Diese Divergenz habe Dr. L. nicht entsprechend berücksichtigt. Der Kläger behauptet nach wie vor, die Begutachtung habe keine zehn Minuten gedauert. Er hat angeregt, Dr. L. und Dr. G. mündlich zu hören.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 27.04.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 30.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.10.2010 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils die hier maßgebliche Rechtsgrundlage (§ 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI) dargestellt und zutreffend ausgeführt, dass der Kläger weder die Voraussetzungen einer Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung erfüllt, weil er zumindest leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann.
Überzeugend ist das Sozialgericht auf der Grundlage der Gutachten von Dr. B. und Dr. L. sowie der sachverständigen Zeugenaussage von Dipl.med. L. trotz der beim Kläger bestehenden rezidivierenden depressiven Störung und der Somatisierungsstörung sowie der Erkrankungen auf dem internistischen und orthopädischen Fachgebiet (Diabetes mellitus, chronische Raucherbronchitis, unklarer Hüftschmerz links, Retropatellararthrose rechts, Z.n. Ermüdungsbruch des rechten Radius, arthrotische Veränderungen am Ellenbogengelenk, an beiden Kniegelenken und am rechten Schultergelenk) von einem lediglich durch qualitative Einschränkungen (kein Heben und Tragen von Gewichten über 10 kg, keine ständige Überkopfarbeit über die Horizontale oder sonstige unphysiologische Arbeitshaltungen über längere Zeit, kein Nervenstress, keine Schicht-, Akkord- und Nachtätigkeiten) geprägten mindestens sechsstündigen Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts ausgegangen. Nachvollziehbar ist das Sozialgericht nicht den davon abweichenden Auffassungen von Dr. L. und Dr. G. gefolgt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die Ausführungen des Sozialgerichts Bezug und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Zum Berufungsvorbringen des Klägers ist zu ergänzen:
Seine Behauptung, das Sozialgericht habe ihm kein rechtliches Gehör gewährt, ist unzutreffend. Es hat eine mündliche Verhandlung vor dem Sozialgericht stattgefunden. Der Kläger ist bei dieser Verhandlung anwesend gewesen. Damit ist ihm die Möglichkeit gegeben worden, sich zu äußern und rechtliches Gehör zu verschaffen. Wie sich aus den in der Sitzungsniederschrift protokollierten Angaben des Klägers ergibt, hat er davon auch Gebrauch gemacht.
Die Behauptung des Klägers, seine Erkrankungen seien nicht umfassend ermittelt worden, ist, da das Sozialgericht ein Gutachten auf dem hier letztlich maßgeblichen Fachgebiet der Psychiatrie eingeholt hat, ebenfalls nicht nachzuvollziehen.
Soweit der Kläger darauf hingewiesen hat, Dr. S. habe im Jahr 2002 oder 2008 eine Dysthonie und eine somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert und sei von einem Leistungsvermögen von maximal vier Stunden ausgegangen, ergibt sich daraus kein bedeutsamer Erkenntnisgewinn. Zum einen ist hier hinsichtlich der Diagnosestellung keine wesentliche Abweichung von dem Gutachten von Dr. L. ersichtlich. Angesichts des - schon vom Sozialgericht angesprochenen - schwankenden Verlaufs der rezidivierenden depressiven Störung des Klägers kommt einer Beurteilung des Leistungsvermögens, die zwei oder acht Jahre vor Stellung des Rentenantrags liegt, wegen der danach eingeholten Gutachten und der Erkenntnisse aus dem Rehabilitationsverfahren im Jahr 2009 keine Bedeutung - mehr - zu.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist das Gutachten von Dr. L. , wie auch vom Sozialgericht zu Grunde gelegt, schlüssig. Eine depressive Störung bedingt nicht zwangsläufig des Vorliegen einer Erwerbsminderung. Schon gar nicht kann dies zwingend aus dem Umstand geschlossen werden, dass regelmäßig Tabletten einzunehmen sind. Ansonsten wäre ein Großteil der Bevölkerung erwerbsgemindert. Anzumerken ist hierbei noch, dass die Angaben des Klägers zu der Medikamenteneinnahme schwankend waren. Gegenüber Dr. B. gab der Kläger im Juni 2010 an, die Medikamente abgesetzt zu haben. Trotz nicht eingenommener Medikamente wirkte der Kläger auf Dr. B. gerade nicht depressiv. Im Übrigen ist die Bemerkung von Dr. G. im Arztbrief vom August 2010, die Medikation sei "fortzusetzen", so nicht zutreffend. Vielmehr ergibt sich aus den vorherigen Angaben bei Dr. B. , dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt allenfalls eine Medikation wieder neu aufnahm. Auch hierin zeigt sich, dass der Einwand des Sozialgerichts hinsichtlich des Attests von Dr. G. vom März 2012, es könne nicht von einem dauerhaften Befund ausgegangen werden, berechtigt ist.
Es kommt nicht darauf an, ob der Kläger wegen seiner Beeinträchtigungen oder wegen der Medikamenteneinnahme und etwaiger Nebenwirkungen, gehindert ist, den Beruf des Maschinenbedieners auszuüben. Streitgegenständlich ist alleine das Vorliegen eines Anspruches auf eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat der Kläger ausdrücklich nicht beantragt. Beurteilungsmaßstab ist damit der allgemeine Arbeitsmarkt. Unerheblich ist damit, ob der Kläger seine frühere Tätigkeit als Maschinenbediener wegen der bei ihm bestehenden qualitativen Einschränkungen (s.o.) nicht mehr ausüben kann. Bei Beachtung dieser qualitativen Einschränkungen sieht der Senat betreffend den allgemeinen Arbeitsmarkt jedenfalls - wie bereits unter Verweis auf das angefochtene Urteil des Sozialgerichts ausgeführt - keine rentenrelevante Leistungseinschränkung. Dies spiegelt sich auch in dem vom Kläger selbst angegebenen Tagesablauf, der von Gartenarbeiten und der Beschäftigung mit zwei Nutztieren geprägt ist, wider.
Die vom Kläger im Berufungsverfahren wiederholte Behauptung, die Begutachtung bei Dr. L. habe nur zehn Minuten betragen, ist nicht glaubhaft. Zu Recht hat das Sozialgericht ausgeführt, dass dagegen schon allein die ausführliche Wiedergabe des erhobenen Befundes und der Anamnese in dem von der Sachverständigen erstellten schriftlichen Gutachten spricht. Es ist faktisch ausgeschlossen, dass diese Wiedergabe auf einem nur zehnminütigen Kontakt beruht.
Nach alledem besteht auch keine Veranlassung, Dr. G. oder Dr. L. ergänzend mündlich zu hören.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der am 1953 geborene Kläger hat keine Berufsausbildung. Er war zuletzt als Maschinenbediener mit Motorblockkontrollen in vorwiegend stehender und gehender Arbeitshaltung und Heben von Gewichten bis zu 60 kg beschäftigt (Angaben des Klägers anlässlich einer Rehabilitationsmaßnahme im Jahr 2008 Bl. m6 VA). Letztmalig übte der Kläger diese Tätigkeit im April 2008 aus. Nachfolgend bezog er bis Januar 2012 Kranken- bzw. Arbeitslosengeld (Bl. 106 SG-Akte).
Der Kläger leidet an einer rezidivierenden depressiven Störung, einer Somatisierungsstörung, einem Diabetes mellitus (ohne Komplikationen), einer chronischen Raucherbronchitis (ausgeheilte Pneumonie im Februar 2010) sowie einem unklaren Hüftschmerz links (Gutachten Dr. B. , Bl. m11 VA, und Dr. L. , Bl. 51, 66 SG-Akte) Daneben bestehen noch weitere Erkrankungen auf dem orthopädischen Fachgebiet (u.a. Retropatellararthrose rechts, Z.n. Ermüdungsbruch des rechten Radius im Juli 2005, arthrotische Veränderungen am Ellenbogengelenk, an beiden Kniegelenken und am rechten Schultergelenk, sachverständige Zeugenaussage Dipl.med. L. Bl. 31 SG-Akte). Der Kläger hält sich nach eigenem Vorbringen im Wesentlichen in seinem Schrebergarten auf, wo er sich ausruht, sich ein Zimmer und eine Küche eingerichtet hat und sich um eine Ziege, ein Lamm sowie um die Pflanzen kümmert (Bl. 62/63 SG-Akte).
Aus stationären Rehabilitationsmaßnahmen in den Jahren 2008 (damalige Diagnosen u.a.: mittelgradige depressive Episode, posttraumatische Belastungsstörung mit Hyperventilationssyndrom nach dem Unfalltod seiner 19-jährigen Tochter im Jahr 2007) und 2009 (damalige Diagnosen u.a.: rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome, anhaltende somatoforme Schmerzstörung) wurde der Kläger bezogen auf seine letzte Tätigkeit als arbeitsunfähig entlassen. Allerdings wurde zuletzt angenommen, er könne bei Durchführung einer ambulanten Psychotherapie für seine letzte Tätigkeit und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zumindest nach ca. drei bis vier Monaten eine Leistungsfähigkeit im Umfang von sechs Stunden täglich erreichen.
Am 31.03.2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Der behandelnden Allgemeinmediziner Dr. L. attestierte wegen einer eingeschränkten körperlichen Belastbarkeit ein Leistungsvermögen von unter drei Stunden (Bl. m10 VA). Bei der Begutachtung durch den Internisten Dr. B. im Juni 2010 (Bl. m11 VA) wirkte der Kläger nicht depressiv und gab an, mit der Medikation gegen seine Depression werde wegen Nebenwirkungen pausiert. Dr. B. ging von einer Teilremission der depressiven Episoden aus und äußerte einen Verdacht auf eine somatoforme Schmerzstörung. Er hielt den Kläger für in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne besonderen Nervenstress vollschichtig zu verrichten. Darauf gestützt lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 30.06.2010 den Rentenantrag des Klägers ab. Im Widerspruchsverfahren attestierte Dr. L. nach wie vor ein Leistungsvermögen von unter drei Stunden, nunmehr insbesondere wegen der psychiatrischen Grunderkrankung des Klägers. Dr. B. sah dadurch und auch durch Arztbriefe des Orthopäden Dipl.med. L. sowie des Psychiaters Dr. G. (Arztbrief vom August 2010: depressive Episode mit Somatisierungstendenz bei Fortsetzung der Medikation) keine neuen Erkenntnisse, worauf die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.10.2010 den Widerspruch des Klägers zurückwies.
Deswegen hat der Kläger am 28.10.2010 beim Sozialgericht Heilbronn Klage erhoben. Das Sozialgericht hat Dipl.med. L. und Dr. G. schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Dipl.med. L. hat ausgeführt, der Kläger könne Tätigkeiten ohne längere unphysiologische Haltung, ohne schweres Heben und ohne Überkopfarbeiten sechs Stunden täglich verrichten. Dr. G. hat sich im Mai 2011 angesichts einer zuletzt im Januar 2011 erfolgten Vorsprache des Klägers nicht in der Lage gesehen, eine Leistungseinschätzung vorzunehmen.
Auf der Grundlage einer Untersuchung des Klägers im Juli 2011 hat Dr. L. ein Gutachten erstellt. Sie hat den Kläger unter Berücksichtigung der depressiven und der Somatisierungsstörung für in der Lage erachtet, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Heben und Tragen von schweren Gewichten über 10 kg, ohne Schicht-, Akkord- sowie Nachttätigkeit und Publikumskontakt und ohne besondere Anforderungen an die Qualifikation mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Der Kläger hat im Anschluss an die Erstellung des Gutachtens behauptet, die Begutachtung durch Dr. L. habe nur 10 bis 15 Minuten gedauert. Er hat zudem das Attest von Dr. G. vom 31.03.2012 vorgelegt, in dem dieser auf Grund eines Befundes vom Januar 2012 von einer schweren depressiven Episode und einem dauerhaft auf unter drei Stunden eingeschränkten Leistungsvermögen ausgegangen ist.
In der mündlichen Verhandlung vom 27.04.2012 hat der Kläger zu Protokoll gegeben, keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu beantragen. Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom gleichen Tag abgewiesen. Hierzu hat es sich auf das Gutachten des Dr. B. , die sachverständige Zeugenaussage des Dipl.med. L. und das Gutachten der Dr. L. gestützt. Die im Vordergrund stehende Erkrankung liege nach dem gesamten Akteninhalt auf dem psychiatrischen Fachgebiet. Die insoweit vom Allgemeinmediziner Dr. L. im Attest vom 03.08.2010 aufgestellte Behauptung eines Leistungsvermögens von unter drei Stunden täglich sei durch das fachärztliche Gutachten von Dr. L. eindrucksvoll widerlegt worden. Sie habe sich ausführlich mit dem Gesundheitszustand des Klägers beschäftigt. Sein Einwand, die Untersuchung habe lediglich wenige Minuten gedauert, sei auf Grund der ausführlich dokumentierten Anamnese - und Befunderhebung (Seite 7 bis 15 des Gutachtens) nicht nachvollziehbar. Auch aus dem vom Kläger zuletzt vorgelegten Bericht des Dr. G. vom Januar 2012 würden sich keine Gründe ergeben, von der schlüssigen Einschätzung der Sachverständigen abzuweichen. Es könne bereits nicht nachvollzogen werden, ob die Kriterien für eine schwere depressive Episode tatsächlich erfüllt gewesen seien. Aber selbst wenn zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. G. im Januar 2012 tatsächlich eine schwere Episode vorgelegen haben sollte, sei damit das Vorliegen einer Erwerbsminderung nicht nachgewiesen. Denn erforderlich sei ein auf nicht absehbare Zeit herabgesunkenes Leistungsvermögen. Die rezidivierende depressive Störung des Klägers sei aber gerade charakterisiert durch wiederholte depressive Episoden, die entsprechend der jeweiligen Ausprägung, als leicht, mittelgradig oder schwer beschrieben worden seien. Somit stehe nach dem Gesamtergebnis fest, dass der Kläger noch in der Lage sei, mindestens sechs Stunden täglich eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne Heben und Tragen von Gewichten über 10 kg, ohne ständige Überkopfarbeit über die Horizontale, ohne Nervenstress und ohne Schicht-, Akkord- und Nachtätigkeiten zu verrichten.
Gegen das ihm am 31.05.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am Montag, den 02.07.2012 Berufung eingelegt. Er trägt vor, das Sozialgericht habe ihm kein rechtliches Gehör gewährt und die Stellungnahme von Dr. G. nicht ausreichend berücksichtigt. Der Neurologe und Psychiater Dr. S. habe in einem Attest aus 2002 oder 2008 (siehe Aktenvermerk Bl. 19a Rücks. LSG-Akte) eine Dystonie und eine somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert und sein Leistungsvermögen auf weniger als vier Stunden eingeschätzt. Das Gutachten von Dr. L. sei nicht schlüssig. Sie habe ihm eine von Stimmungsschwankungen, Unruhe, Ängsten, sozialem Rückzug sowie Schlafstörungen geprägte depressive Störung bescheinigt. Zudem sei er regelmäßig auf die Einnahme von Tabletten angewiesen. So könne er den Beruf des Maschinenbedieners nicht ausüben. Diese Divergenz habe Dr. L. nicht entsprechend berücksichtigt. Der Kläger behauptet nach wie vor, die Begutachtung habe keine zehn Minuten gedauert. Er hat angeregt, Dr. L. und Dr. G. mündlich zu hören.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 27.04.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 30.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.10.2010 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils die hier maßgebliche Rechtsgrundlage (§ 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI) dargestellt und zutreffend ausgeführt, dass der Kläger weder die Voraussetzungen einer Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung erfüllt, weil er zumindest leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann.
Überzeugend ist das Sozialgericht auf der Grundlage der Gutachten von Dr. B. und Dr. L. sowie der sachverständigen Zeugenaussage von Dipl.med. L. trotz der beim Kläger bestehenden rezidivierenden depressiven Störung und der Somatisierungsstörung sowie der Erkrankungen auf dem internistischen und orthopädischen Fachgebiet (Diabetes mellitus, chronische Raucherbronchitis, unklarer Hüftschmerz links, Retropatellararthrose rechts, Z.n. Ermüdungsbruch des rechten Radius, arthrotische Veränderungen am Ellenbogengelenk, an beiden Kniegelenken und am rechten Schultergelenk) von einem lediglich durch qualitative Einschränkungen (kein Heben und Tragen von Gewichten über 10 kg, keine ständige Überkopfarbeit über die Horizontale oder sonstige unphysiologische Arbeitshaltungen über längere Zeit, kein Nervenstress, keine Schicht-, Akkord- und Nachtätigkeiten) geprägten mindestens sechsstündigen Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts ausgegangen. Nachvollziehbar ist das Sozialgericht nicht den davon abweichenden Auffassungen von Dr. L. und Dr. G. gefolgt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die Ausführungen des Sozialgerichts Bezug und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Zum Berufungsvorbringen des Klägers ist zu ergänzen:
Seine Behauptung, das Sozialgericht habe ihm kein rechtliches Gehör gewährt, ist unzutreffend. Es hat eine mündliche Verhandlung vor dem Sozialgericht stattgefunden. Der Kläger ist bei dieser Verhandlung anwesend gewesen. Damit ist ihm die Möglichkeit gegeben worden, sich zu äußern und rechtliches Gehör zu verschaffen. Wie sich aus den in der Sitzungsniederschrift protokollierten Angaben des Klägers ergibt, hat er davon auch Gebrauch gemacht.
Die Behauptung des Klägers, seine Erkrankungen seien nicht umfassend ermittelt worden, ist, da das Sozialgericht ein Gutachten auf dem hier letztlich maßgeblichen Fachgebiet der Psychiatrie eingeholt hat, ebenfalls nicht nachzuvollziehen.
Soweit der Kläger darauf hingewiesen hat, Dr. S. habe im Jahr 2002 oder 2008 eine Dysthonie und eine somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert und sei von einem Leistungsvermögen von maximal vier Stunden ausgegangen, ergibt sich daraus kein bedeutsamer Erkenntnisgewinn. Zum einen ist hier hinsichtlich der Diagnosestellung keine wesentliche Abweichung von dem Gutachten von Dr. L. ersichtlich. Angesichts des - schon vom Sozialgericht angesprochenen - schwankenden Verlaufs der rezidivierenden depressiven Störung des Klägers kommt einer Beurteilung des Leistungsvermögens, die zwei oder acht Jahre vor Stellung des Rentenantrags liegt, wegen der danach eingeholten Gutachten und der Erkenntnisse aus dem Rehabilitationsverfahren im Jahr 2009 keine Bedeutung - mehr - zu.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist das Gutachten von Dr. L. , wie auch vom Sozialgericht zu Grunde gelegt, schlüssig. Eine depressive Störung bedingt nicht zwangsläufig des Vorliegen einer Erwerbsminderung. Schon gar nicht kann dies zwingend aus dem Umstand geschlossen werden, dass regelmäßig Tabletten einzunehmen sind. Ansonsten wäre ein Großteil der Bevölkerung erwerbsgemindert. Anzumerken ist hierbei noch, dass die Angaben des Klägers zu der Medikamenteneinnahme schwankend waren. Gegenüber Dr. B. gab der Kläger im Juni 2010 an, die Medikamente abgesetzt zu haben. Trotz nicht eingenommener Medikamente wirkte der Kläger auf Dr. B. gerade nicht depressiv. Im Übrigen ist die Bemerkung von Dr. G. im Arztbrief vom August 2010, die Medikation sei "fortzusetzen", so nicht zutreffend. Vielmehr ergibt sich aus den vorherigen Angaben bei Dr. B. , dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt allenfalls eine Medikation wieder neu aufnahm. Auch hierin zeigt sich, dass der Einwand des Sozialgerichts hinsichtlich des Attests von Dr. G. vom März 2012, es könne nicht von einem dauerhaften Befund ausgegangen werden, berechtigt ist.
Es kommt nicht darauf an, ob der Kläger wegen seiner Beeinträchtigungen oder wegen der Medikamenteneinnahme und etwaiger Nebenwirkungen, gehindert ist, den Beruf des Maschinenbedieners auszuüben. Streitgegenständlich ist alleine das Vorliegen eines Anspruches auf eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat der Kläger ausdrücklich nicht beantragt. Beurteilungsmaßstab ist damit der allgemeine Arbeitsmarkt. Unerheblich ist damit, ob der Kläger seine frühere Tätigkeit als Maschinenbediener wegen der bei ihm bestehenden qualitativen Einschränkungen (s.o.) nicht mehr ausüben kann. Bei Beachtung dieser qualitativen Einschränkungen sieht der Senat betreffend den allgemeinen Arbeitsmarkt jedenfalls - wie bereits unter Verweis auf das angefochtene Urteil des Sozialgerichts ausgeführt - keine rentenrelevante Leistungseinschränkung. Dies spiegelt sich auch in dem vom Kläger selbst angegebenen Tagesablauf, der von Gartenarbeiten und der Beschäftigung mit zwei Nutztieren geprägt ist, wider.
Die vom Kläger im Berufungsverfahren wiederholte Behauptung, die Begutachtung bei Dr. L. habe nur zehn Minuten betragen, ist nicht glaubhaft. Zu Recht hat das Sozialgericht ausgeführt, dass dagegen schon allein die ausführliche Wiedergabe des erhobenen Befundes und der Anamnese in dem von der Sachverständigen erstellten schriftlichen Gutachten spricht. Es ist faktisch ausgeschlossen, dass diese Wiedergabe auf einem nur zehnminütigen Kontakt beruht.
Nach alledem besteht auch keine Veranlassung, Dr. G. oder Dr. L. ergänzend mündlich zu hören.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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