L 13 R 3337/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 5883/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 3337/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 15. April 2010 abgeändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.

Der 1956 geborene Kläger absolvierte vom 1. September 1971 bis zum 28. Februar 1975 eine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker, welche er mit Erfolg abschloss. Anschließend war er zunächst vom 1. April 1975 bis zum 11. April 1977 als landwirtschaftlicher Hilfsarbeiter versicherungspflichtig beschäftigt. Vom 12. April 1977 bis zum 31. Dezember 1991 war er als Baumaschinist tätig, bevor er am 1. Januar 1992 eine Tätigkeit als LKW-Fahrer aufnahm. Ab dem 1. November 1992 war der Kläger als Bus- und Straßenbahnfahrer bei der F. AG beschäftigt, wofür eine Anlernzeit von bis zu drei Monaten notwendig war. Die Tätigkeit ist tarifvertraglich im TV-N Baden-Württemberg in der Lohngruppe F Stufe 6 erfasst. Das Arbeitsverhältnis wurde zum 31. März 2008 einvernehmlich beendet.

Bei dem Kläger wurde am 30. Mai 2006 eine Bandscheibenoperation im Bereich der Lendenwirbelsäule (L 4/5) durchgeführt. Zuvor war es infolge eines Bandscheibenvorfalls L 4/5 rechts bei seit Jahren wiederkehrenden Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule zu einem motorischen Defizit mit einer Instabilität des rechten Beines gekommen. Vom 20. Juni bis 11. Juli 2006 führte die Beklagte bei dem Kläger eine stationäre Anschlussheilbehandlung (AHB) in der Klinik Ha. durch. In dem Entlassungsbericht wird mitgeteilt, bei dem Kläger bestehe ein restmotorisches Defizit im Sinne einer Fuß- und Zehenheberschwäche nach der Bandscheibenoperation. Nach Rekonvaleszenz von drei bis maximal sechs Monaten sei von einem vollschichtigen Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten auszugehen. Die Entlassung erfolgte als arbeitsunfähig. Vom 25. Juli bis 6. September 2006 wurde eine ambulante Stabilisierungsmaßnahme durch die Rehaklinik Ha. durchgeführt. Hier wurde mitgeteilt, es bestehe nur noch ein diskretes restmotorisches Defizit. Das in der Anschlussheilbehandlung erstellte Leistungsbild habe weiterhin Gültigkeit (Bericht vom 9. Oktober 2006). Aufgrund eines Antrags des Klägers auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben veranlasste die Beklagte eine orthopädische Begutachtung des Klägers durch den Orthopäden, Sport- und Sozialmediziner Dr. Ro ... In seinem Gutachten vom 27. Juni 2007 diagnostizierte dieser ein Postnukleotomiesyndrom der Lendenwirbelsäule. Das motorische Defizit des rechten Fußes sei dezent ausgeprägt und nicht funktionell störend. Die Erwerbsfähigkeit sei nicht erheblich gefährdet. Auszuschließen seien Tätigkeiten mit lang dauernden Zwangshaltungen der Wirbelsäule und mit häufigem Bücken. Sowohl die letzte Tätigkeit als Busfahrer als auch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes überwiegend im Stehen, Gehen und Sitzen könnten mindestens sechs Stunden täglich verrichtet werden. Mit Bescheid vom 4. Juli 2007 wurde der Antrag auf Leistungen zur Teilhabe abgelehnt, da die Erwerbsfähigkeit des Klägers nicht erheblich gefährdet oder bereits gemindert sei. Der Kläger könne noch als Busfahrer arbeiten. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens gab der sozialmedizinische Dienst der Beklagten eine Stellungnahme ab, wonach von einer erheblichen Gefährdung der Erwerbsfähigkeit als Busfahrer auszugehen sei, da diese Tätigkeit zu 90 % im Sitzen zu verrichten sei, aber nur überwiegend sitzende Tätigkeiten zumutbar seien. Hinzu kämen die Nebenwirkungen der Medikamente. Mit Bescheid vom 11. September 2007 gewährte die Beklagte dem Kläger dem Grunde nach Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. In einem Rehaberatungsgespräch am 1. Oktober 2007 teilte der Kläger mit, er könne derzeit überhaupt nicht arbeiten; eine innerbetriebliche Umsetzung sei nicht realisierbar.

Am 12. Oktober 2007 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Unter Bezugnahme auf das Gutachten von Dr. Ro. lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 3. Januar 2008 den Antrag ab, da der Kläger weder erwerbsgemindert noch berufsunfähig sei.

Den Widerspruch vom 9. Januar 2008 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 2008 zurück, da der Kläger weder teilweise noch voll erwerbsgemindert sei. Der Kläger sei noch in der Lage, leichte bis mittelschwere Arbeiten mindestens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Er sei auch nicht berufsunfähig, da seine letzte versicherungspflichtige Beschäftigung als Bus- und Straßenbahnfahrer dem Leitberuf des angelernten Arbeiters des unteren Bereichs zuzuordnen sei. Der Kläger sei daher auf sämtliche angelernten und ungelernten Tätigkeiten verweisbar. Der Widerspruchsbescheid wurde am 15. Oktober 2008 zur Post aufgegeben; die Prozessbevollmächtigte hat auf dem Anschreiben als Eingangsdatum den 22. Oktober 2008 vermerkt (Bl. 41 der SG-Akte).

Mit seiner am 21. November 2008 zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Im Rahmen der Beweisaufnahme hat das SG die F. AG als frühere Arbeitgeberin zu dem Beschäftigungsverhältnis befragt. Diese hat mitgeteilt, dass für die von dem Kläger ausgeübte Tätigkeit keine Ausbildung vorgeschrieben oder vorausgesetzt und nur eine Anlernzeit von bis zu drei Monate erforderlich sei. Dem Hinweis des SG, dass sich ein Berufsschutz hieraus nicht ergeben dürfte, hat sich die Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 29. Juni 2009 angeschlossen. Das SG hat ferner die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen befragt; die Praxis Dres. Lü. und Kollegen hat am 9. Juni 2009 angegeben, den Kläger zuletzt am 2. November 2007 behandelt zu haben. Der Allgemeinmediziner Dr. Pi. hat am 22. Juli 2009 mitgeteilt, selbst leichtere Tätigkeiten seien dem Kläger keine sechs Stunden zumutbar. Das Gericht hat dann ein fachorthopädisches Gutachten bei dem Facharzt für Orthopädie und Chirurgie Prof. Dr. Sto. eingeholt, das dieser aufgrund einer Untersuchung des Klägers am 25. November 2009 mit Datum vom 30. November 2009 erstattet hat. Der Sachverständige hat angegeben, bei dem Kläger bestehe eine schmerzhafte Funktionsbeeinträchtigung der Lendenwirbelsäule im Sinne eines ausgeprägten Facetten- bzw. Postnukleotomiesyndroms bei Zustand nach im Mai 2006 erfolgter Bandscheibenoperation mit Hemilaminektomie L 4/5 rechts, mit operationsbedingtem knöchernen Substanzdefekt am intersegmentalen Facettengelenkfortsatz und epiduralem Narbengewebe, betont im Nervenwurzelbereich L 5 rechts. Darüber hinaus bestünden degenerative Veränderungen der distalen Wirbelsäule mit spondylotischen Randausziehungen, spondylarthrotischen Veränderungen an den kleinen Wirbelgelenken sowie osteochondrotische Veränderungen mit Bandscheibenprotrusion der mittleren und unteren Lendenwirbelsäule. Neurologisch seien sensible und motorische Beeinträchtigungen im Segment L 5 rechts mit Fuß- und Großzehenheberschwäche und Missempfindung an der Außenseite des rechten Unterschenkels und Fußes festzustellen. Der Kläger sei nur kurzzeitig in der Lage, zu sitzen und zu stehen. Auch die Gehleistung sei erheblich eingeschränkt. Bücken, Heben und Tragen seien stark behindert. Es bestehe die Notwendigkeit zur regelmäßigen Einnahme von allgemein beeinträchtigenden Schmerzmitteln. Der jetzt erhobene Befund sei deutlich ausgeprägter als der von Dr. Ro. im Vorgutachten vom 26. Juni 2007 beschriebene, entspreche aber den Befundberichten des behandelnden Orthopäden und der Neurochirurgischen Universitätsklinik F ... Befundverbesserungen sei nur durch weitere Therapiemaßnahmen ggf. auch operativ zu erreichen, wobei eine wesentliche Befundverbesserung nicht vor Ablauf von etwa zwei Jahren wahrscheinlich sei. Auch bei Vermeidung besonderer Lendenwirbelsäulenbelastungen sei der Kläger aktuell und bis auf Weiteres nicht in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten auch leichter Art mit der erforderlichen Regelmäßigkeit auszuüben. Mit hinreichender Wahrscheinlichkeit habe die gleiche Einschränkung wie jetzt schon zum Zeitpunkt des Antrags auf Versichertenrente bestanden. Der Kläger sei außerdem nicht in der Lage, täglich viermal eine Wegstrecke von mehr als 500 Metern innerhalb von 20 Minuten zurückzulegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptzeit zu benutzen. Auf die Einwendungen des sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten (Bl. 102/104 der Gerichtsakte) hin hat das Gericht eine ergänzende Stellungnahme bei Prof. Dr. Sto. eingeholt, die dieser mit Datum vom 1. März 2010 schriftlich erstattet hat (Bl. 107/108 der Gerichtsakte). Der sozialmedizinische Dienst hat sich hiermit erneut auseinandergesetzt (Bl. 117 der Gerichtsakte).

In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger beantragt, ihm ab dem 1. Oktober 2007 eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung "auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt" zu gewähren. Mit Urteil vom 15. April 2010 hat das SG die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 8. Januar 2008 (berichtigt: 3. Januar 2008) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2008 verurteilt, dem Kläger ausgehend von einem am 25. November 2009 eingetretenen Leistungsfall befristet ab dem 1. Juni 2010 bis 30. November 2011 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das SG hat sich in seiner Entscheidung im Wesentlichen auf das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. Sto. gestützt und sich dessen Leistungsbeurteilung angeschlossen. Der Kläger sei jedenfalls seit dem 25. November 2009, dem Tag der Begutachtung durch Prof. Dr. Sto., nicht mehr in der Lage, mindestens drei Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts erwerbstätig zu sein. Soweit der Sachverständige eine entsprechende Leistungsminderung bereits mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zum Zeitpunkt des Antrags auf Rente im Oktober 2007 sah, vermochte das SG sich dieser Leistungseinschätzung nicht mit der erforderlichen Gewissheit anzuschließen. Die Erwerbsminderung ergebe sich neben der zeitlichen Einschränkung des Leistungsvermögens auch daraus, dass der Arbeitsmarkt für den Kläger wegen fehlender Wegefähigkeit verschlossen sei. Der Kläger sei aufgrund der Einnahme des Medikaments Gabapentin nicht in der Lage, ein Kfz zu führen, so dass allein auf die Gehfähigkeit abzustellen sei. Nach dem Gutachten von Prof. Dr. Sto. sei der Kläger nicht in der Lage, regelmäßig eine Wegstrecke von vier Mal 500 Metern arbeitstäglich innerhalb von jeweils 20 Minuten zurückzulegen. Entsprechend dem gesetzlichen Regelfall sei die Rente zu befristen, da eine Besserung des gesundheitlichen Zustandes des Klägers nicht unwahrscheinlich sei. Der Sachverständige habe insoweit ausgeführt, dass eine Befundverbesserung durch eine Therapie möglich sei und diese erfahrungsgemäß zwei Jahre dauere. Ausgehend von einem am 25. November 2009 eingetretenen Leistungsfall beginne die Rente am 1. Juni 2010 und dauere bis zum 30. November 2011.

Gegen das der Beklagten am 8. Juli 2010 und dem Kläger am 7. Juli 2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 15. Juli 2010 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Mit dem Gutachten des Prof. Dr. Sto., welches das SG in seiner Entscheidung im Wesentlichen zugrunde gelegt habe, habe sich die sozialmedizinische Beraterin Dr. La. ausführlich auseinandergesetzt und dargelegt, weshalb im Einzelnen die Leistungsbeurteilung nicht nachvollziehbar sei. Insbesondere seien die Angaben des Klägers hinsichtlich der Funktionseinschränkung unkritisch übernommen worden, ohne diese auf ihre Plausibilität zu prüfen. In seiner ergänzenden Stellungnahme habe der Gutachter sich nicht mit den von Dr. La. vorgebrachten Kritikpunkten aufeinandergesetzt. Das SG habe sich ebenfalls nicht hinreichend mit der Stellungnahme von Dr. La. auseinandergesetzt und sei nicht darauf eingegangen, dass es der Gutachter versäumt habe, in seiner ergänzenden Stellungnahme im Einzelnen auf die Einwendungen von Dr. La. einzugehen. Des weiteren habe das SG auch die Feststellungen des Gutachters, dass die Gehstrecke des Klägers in rentenrelevantem Maße eingeschränkt sei, unkritisch übernommen, obwohl diese Einschätzung seitens des Gutachters nicht annähernd begründet worden sei. Auch hier habe er sich offenbar nur auf die Angaben des Klägers gestützt, ohne diese auf ihre Plausibilität (z.B. durch eine Gehstreckenbestimmung) zu überprüfen.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichtsgerichts Freiburg vom 15. April 2010 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen sowie die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen sowie das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 15. April 2010 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 3. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Oktober 2008 zu verurteilen, ihm ab dem 1. Dezember 2009 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer zu gewähren.

Er hält das angefochtene Urteil des SG für zutreffend. Mit Schriftsatz vom 8. Juni 2011 wird beantragt, Rente wegen voller Erwerbsminderung nunmehr ohne zeitliche Beschränkung zuzusprechen. Die Klägervertreterin hat unter dem 23. Juli 2012 noch einen Befundbericht des Universitätsklinikums F. vom 22. März 2012 über ein tagesstationäres Assessment vom 21. März 2012 sowie einen Bericht vom 5. April 2012 übersandt.

Der Senat hat den Orthopäden und Rheumatologen Prof. Dr. He. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 22. Oktober 2010, beruhend u. a. auf einer ambulanten Untersuchung des Klägers am 20. Oktober 2010, bei dem Kläger Lumboischialgien rechts bei Zustand nach Bandscheibenoperation wegen eines sequestrierten Vorfalles im Segment L 4/5 sowie an der Lendenwirbelsäule eine geringfügige skoliotische Haltung und eine geringfügige polysegmentale Spondylose diagnostiziert. Durch diese Gesundheitsstörungen seien dem Kläger schwere und mittelschwere Tätigkeiten körperlicher Art nicht mehr zumutbar. Leichte Tätigkeiten körperlicher Art im Wechselrhythmus oder überwiegend sitzend seien aus orthopädischer Sicht möglich. Tätigkeiten in stetiger extrem gebeugter Haltung, mit ständigem extremen Richtungswechsel der Wirbelsäule, in ständiger Nässe und solche, die mit ständigen Trage- und Hebebelastungen von mehr als 20 kg sowie mit ständigem Klettern und Steigen auf Gerüsten und Leitern verbunden seien, seien nicht möglich. Hinsichtlich der Länge und Dauer des Arbeitsweges bestünden keine besonderen Einschränkungen. Der Arbeitsplatz könne aus gesundheitlichen Gründen sowohl zu Fuß als auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln uneingeschränkt erreicht werden. Für die endgültige Beurteilung sei aber ein nervenärztliches, insbesondere neurologisch orientiertes Zusatzgutachten notwendig. Der Senat hat dann bei dem Hausarzt des Klägers Dr. Pi. eine Auskunft über die in den letzten 12 Monaten durchgeführten Untersuchungen und konkreten Therapien eingeholt. Dr. Pi. hat am 10. Januar 2011 angegeben, es finde hauptsächlich eine intensivierte Schmerztherapie mit Tilidin, Carbapentin sowie Unterstützung einer antidepressiven Medikation mit Venlaflaxin statt. Anschließend ist der Facharzt für Neurologie Dr. Co. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt worden. Dr. Co. hat in seinem Gutachten vom 17. März 2011 auf Grundlage einer Untersuchung am 16. Februar 2011 angegeben, bei dem Kläger bestehe neben einer älteren sensiblen Wurzelläsion L 5 rechts ohne Nachweis einer motorischen Beteiligung eine anhaltende depressive Verstimmung im Sinne einer Dysthymia. Seitens seines Fachgebietes seien leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten mindestens sechs Stunden pro Tag durchführbar. Zwangshaltungen, häufiges Bücken sowie das häufige Ersteigen von Leitern und Gerüsten solle vermieden werden. Gemäß den erhobenen Befunden seien überwiegend sitzende Tätigkeiten sowie zeitweise Tätigkeiten im Stehen und Gehen möglich. Besondere psychische Belastungen wie Zeitdruck und Akkordarbeit seien nicht geeignet, Publikumsverkehr sei möglich. Nach Zuleitung des Gutachtens von Dr. Co. hat Prof. Dr. He. unter dem 15. Mai 2011 abschließend Stellung genommen und seine Leistungseinschätzung dahingehend korrigiert, dass auch mittelschwere Tätigkeiten zumutbar seien. Wegen der Aussage im Einzelnen wird auf Bl. 92/93 Bezug genommen. Aufgrund von Einwänden der Klägervertreterin vom 8. Juni 2011 (Bl. 94/99) hat Prof. Dr. He. nochmals unter dem 16. August 2011 Stellung genommen und an seiner bisherigen Einschätzung weiterhin festgehalten.

Mit Schriftsätzen vom 21. November 2011 und 30. August 2011 haben die Beteiligten sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten (24 16 05 56 K 008), die Klageakten des SG (S 13 R 5883/2008) und die Berufungsakte des Senats (L 13 R 3337/10) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist erfolgreich; die Anschlussberufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Der Senat konnte gemäß § 153 Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten sich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben.

Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung der Beklagten ist zulässig, sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist auch begründet, das SG hat der auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI gerichteten Klage zu Unrecht teilweise stattgegeben. Die nach Ablauf der Berufungsfrist mit Schriftsatz vom 8. Juni 2011 eingelegte und mithin unselbständige Anschlussberufung des Klägers, mit der über die durch das SG zugesprochene Rente hinaus die Gewährung einer unbefristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung begehrt wird, ist gemäß § 202 SGG i. V. m. § 524 Zivilprozessordnung zulässig, da sie sich im Rahmen des Streitgegenstandes der Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung hält, in der Sache jedoch nicht begründet.

Die Klage ist trotz des durch das SG aufgezeigten Täuschungsversuchs der Prozessbevollmächtigten hinsichtlich des Zugangs des Widerspruchsbescheides zulässig. Der Senat verweist insoweit auf die zutreffenden Ausführung des SG.

Gegenstand der Klage ist der Bescheid der Beklagten vom 3. Januar 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Oktober 2008, mit dem die Beklagte den Antrag des Klägers vom 12. Oktober 2007 auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI abgelehnt hat. Dieser Bescheid erweist sich insoweit als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzen fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im Übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Der Senat ist im Ergebnis zu der Überzeugung gelangt, dass dem Kläger zumindest leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen noch in einem zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden arbeitstäglich zugemutet werden können. Er schließt sich im Ergebnis der Leistungseinschätzung der gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. He. und Dr. Co. an. Nicht zu folgen vermochte der Senat der Leistungseinschätzung des im erstinstanzlichen Verfahren gehörten Sachverständigen Prof. Dr. Sto ... Die Leistungseinschätzung der Sachverständigen Prof. Dr. He. und Dr. Co. ist vor dem Hintergrund der jeweils erhobenen Befunde und gestellten Diagnosen schlüssig und nachvollziehbar. Der Kläger leidet nach den Feststellungen der Sachverständigen, denen sich der Senat anschließt, unter Lumboischialgien rechts bei Zustand nach einer Bandscheibenoperation im Mai 2006 wegen eines sequestrierten Vorfalls im Segment L4/5 sowie an einer geringfügigen skoliotischen Haltung und geringfügiger polysegmentaler Spondylose. Außerdem besteht eine ältere sensible Wurzelläsion L 5 rechts ohne Nachweis einer motorischen Beteiligung und eine anhaltende depressive Verstimmung. Trotz der vorliegenden Gesundheitsstörungen ist der Kläger nach Überzeugung des Senats im Anschluss an die Ausführungen von Prof. Dr. He. und Dr. Co. in der Lage, einer Tätigkeit mindestens sechs Stunden arbeitstäglich nachzugehen. Die Gutachter haben sich ausführlich mit der Krankheitsgeschichte des Klägers auseinandergesetzt und gründlich Befunde erhoben. Der Schwerpunkt der Beschwerden liegt nach den mitgeteilten Befunden – auch des durch des durch das SG gehörten Sachverständigen Prof. Dr. Sto. sowie des Verwaltungsgutachters Dr. Ro. – im Bereich der Wirbelsäule. Die Gesundheitsstörungen sind auf einen sequestrierten Bandscheibenvorfall im Lumbalsegment L 4/5 und die darauf erfolgte operative Entfernung (Nukleotomie) im Mai 2006 zurückzuführen. Hierdurch sind nach den übereinstimmenden Angaben der Gutachter auch weiterhin Beschwerden und Funktionsbeeinträchtigungen bedingt. Durch die Gutachter im Berufungsverfahren wie auch durch Prof. Dr. Sto. wurde ein erheblicher Druckschmerz im oberen Ischiaspunkt bzw. über den Dornfortsätzen festgestellt. Auch ist die Beweglichkeit der Wirbelsäule in erheblichem Umfang eingeschränkt. Der konkrete Umfang der Bewegungseinschränkung ist durch die Gutachter im Berufungsverfahren ermittelt worden. Während Prof. Dr. Sto. aufgrund der Schmerzangaben des Klägers auf die Bewegungsprüfungen der Brust- und Lendenwirbelsäule verzichtete, wurden diese durch Prof. Dr. He. durchgeführt. Er stellte thorakal eine starke Einschränkung sowohl der Inklination als auch der Reklination fest; lumbal war die Beweglichkeit sowohl bei Inklination als auch bei Reklination fast vollständig eingeschränkt. Der Finger-Boden-Abstand war in Höhe des oberen Kniescheibenpoles zu messen. Sowohl die Seitneigung als auch die Rotation wies Einschränkungen auf. Im Bereich der unteren Extremitäten war insbesondere eine geringere Kraftentfaltung der Hebemuskeln des Fußes, der Zehen und der Großzehe gegen Widerstand feststellbar. Prof. Dr. He. hat sich sehr ausführlich mit den medizinisch-somatischen nicht erklärbaren Widersprüchen und Differenzen auseinandergesetzt. Für den Senat schlüssig und überzeugend führt er aus, dass die bekundeten Schmerzen weder in ihrer Heftigkeit noch in ihrer weiten topographischen Ausstrahlung noch in ihrer Beständigkeit zum 2 1/2 Jahre postoperativ erhobenen Befund passen. Der kernspintomographischen Befund beweist nach den Ausführungen des Sachverständigen, dass das prolabierte Bandscheibengewebe vollständig entfernt und kein erneuter Prolaps aufgetreten ist. Für das von Prof. Dr. Sto. angenommene Facettensyndrom gibt es nach den überzeugenden Ausführungen von Prof. Dr. He. weder radiologisch noch kernspintomographisch Hinweise. Als weitere Diskrepanz weist der Sachverständige auf, dass Seitneigung und Rotation im Gegensatz zur fast vollständigen Strecksteife der Lendenwirbelsäule kaum eingeschränkt sind, obwohl hier ebenso deutliche Druck- und Zugkräfte wirkten. Nachvollziehbar führt der Sachverständige aus, dass es nicht zusammenpasst, dass die Beugung der Wirbelsäule sofort starke Schmerzen verursacht, wohingegen die Beugung des Beines keine Schmerzen auslöst, obwohl die Bewegungsverhältnisse dieselben sind. Die starke lumbale Bewegungseinschränkung ist nach Einschätzung des Sachverständigen auch durch die radiologischen Befunde nicht erklärbar. Gegen die demonstrierte Muskelschwäche führt der Gutachter überzeugend die fehlende Atrophie der geschwächten Muskeln an, welche nach einer vierjährigen neurogen bedingten Muskelschwäche zu erwarten wäre. Die seitengleiche Bemuskelung spricht nachvollziehbar gegen eine Muskelschwäche und für einen alltäglichen seitengleichen Gebrauch der Beine. Prof. Dr. He. weist zutreffend darauf hin, dass auf diese Widersprüche durch Prof. Dr. Sto. nicht eingegangen wurde. Die fehlenden somatischen Erklärungen für ein Wurzelreiz- bzw. Postnukleotomiesyndrom, einen erneuten Bandscheibenschaden oder andere Nervenwurzelkompressionen, eine relevante lumbale Bewegungseinschränkung und für muskuläre Schwächen wurden schließlich durch Dr. Co. bestätigt. Der Sachverständige konnte bei seiner Untersuchung, die eine Elektromyographie sowie eine Elektroneurographie einschloss, ein sensibles Defizit an der unteren Extremität feststellen, welches in der Ausdehnung aber nicht sicher segmental oder dem Versorgungsgebiet peripherer Nerven zuzuordnen war. Darüber hinaus war kein manifestes neurologisches Defizit festzustellen, insbesondere keine Muskellähmungen und kein Nervenwurzelreizzustand. Eine etwas wechselnde Innervation der Fuß- und Zehenhebermuskulatur rechts war nach Aufforderung mit voller Kraftentfaltung überwindbar, der Hackengang war durchführbar, eine wesentliche muskuläre Atrophie bestand nicht. Der Befund entspricht nach Einschätzung des Sachverständigen Dr. Co. einer älteren Läsion im Segment L 5 rechts mit inkomplettem residualem sensiblen Defizit, ohne motorisches Defizit und ohne wesentlichen Reizzustand. Aufgrund der mitgeteilten objektivierten Befunde sowie der Abklärung auf orthopädischem und neurologischen Fachgebiet ist für den Senat die durch die Sachverständigen im Berufungsverfahren getroffene Leistungseinschätzung überzeugend. Eine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens in rentenbegründendem Umfang lässt sich aus den orthopädischen und neurologischen Beschwerden nicht ableiten. Unter Betrachtung dieser Gesundheitsstörungen im Einzelnen und in deren Zusammenschau ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger noch in der Lage ist, zumindest leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter den dort üblichen Bedingungen mindestens sechs Stunden an fünf Tagen in der Woche zu verrichten. Die von Prof. Dr. Sto. angenommene Leistungseinschränkung auf unter drei Stunden arbeitstäglich wird durch die Gutachten von Prof. Dr. He. und Dr. Co. zur Überzeugung des Senats widerlegt. Die Sachverständigen im Berufungsverfahren haben die festgestellten Einschränkungen nachvollziehbar objektiviert. Dr. Co. führt überzeugend aus, dass die von Prof. Dr. Sto. genannten Einschränkungen der körperlichen Leistungsfähigkeit anhand der von ihm erhobenen Befunde seitens des neurologischen Fachgebiets nicht zu begründen sind. Wesentliche Muskellähmungen waren trotz wechselnder Innervation in der Untersuchungssituation nicht feststellbar. Dr. Co. weist in diesem Zusammenhang nachvollziehbar darauf hin, dass die Prüfung der Sensibilität einer erheblichen Beeinflussbarkeit durch die Mitarbeit des Untersuchten unterliegt. Als objektivierbares Kriterium fand sich auch im Gutachten von Prof. Dr. Sto. im Seitenvergleich keine relevante muskuläre Atrophie; Hackenstand und –gang wurden als sicher beschrieben, was gegen eine relevante muskuläre Schwäche von Fuß- und Zehenhebermuskulatur spricht. Die durch die Prozessbevollmächtigte gegen die Gutachten aus dem Berufungsverfahren vorgebrachten Einwände wurden durch Prof. Dr. He. zur Überzeugung des Senats medizinisch fundiert widerlegt. Hier ist insbesondere zu berücksichtigen, dass im Berufungsverfahren die Gesundheitsstörungen in einer Zusammenschau aus orthopädischem und neurologischem Fachgebiet beurteilt wurden. Die durch das Universitätsklinikum F. in den zuletzt vorgelegten Berichten vom 22. März 2012 und 5. April 2012 geschilderte chronische Schmerzstörung wurde bereits durch die beiden Gutachter im Berufungsverfahren bewertet. Aus diesen Berichten ergibt sich keine Verschlechterung des Gesundheitszustandes.

Eine weitergehende Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens resultiert auch nicht aus der anhalten depressiven Verstimmung. Der Senat folgt auch insoweit der Einschätzung des Sachverständigen Dr. Co ... Bei der Untersuchung waren Antrieb und Schwingungsfähigkeit erhalten, es bestanden keine relevanten vegetativen Störungen und keine sozialen Rückzugstendenzen. Gegenüber dem Gutachter gab der Kläger an, ausreichend Freunde und Bekannte zu haben. Er arbeite gerne am PC und gehe mit seinem Hund spazieren. Aus den Berichten des Universitätsklinikums F. vom 22. März 2012 und 5. April 2012 geht darüber hinaus hervor, dass der Kläger seiner Frau in ihrer eigenen, im Haus befindlichen Gaststätte bei leichteren Arbeiten je nach gesundheitlicher Verfassung helfe, dort Gesellschaft habe und wenn möglich seinen Stammtisch pflege. Der Senat verkennt nicht, dass der Kläger seine früheren Hobbys wie Tanzen und Motoradfahren aufgeben musste, dies aber nicht aufgrund psychischer, sondern aus physischen Gründen. Eine psychische Erkrankung, die sich zeitlich leistungsmindernd auswirken würde, ist nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. Co. nicht gegeben. Auch im genannten Bericht des Universitätsklinikums F. wird lediglich eine leichte depressive Episode geschildert.

Aus den festgestellten Gesundheitsstörungen resultieren aber qualitative Einschränkungen des Leistungsvermögens Dem Kläger sind schwere Tätigkeiten nicht mehr zumutbar. Tätigkeiten in stetiger extrem gebeugter Haltung, mit ständigen extremen Richtungswechseln der Wirbelsäule, in ständiger Nässe und mit Trage- und Hebebelastungen von mehr als 20 kg sowie mit ständigem Klettern und Steigen auf Gerüsten und Leitern sind nicht mehr zumutbar. Leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus oder überwiegend sitzend sind hingegen leidensgerecht. Darüber hinaus sind aufgrund der Erkrankungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet besondere Belastungen wie Zeitdruck und Akkordarbeit nicht geeignet; Publikumsverkehr hingegen ist möglich.

Die vorliegenden Einschränkungen können damit zwar das Spektrum der für den Kläger in Betracht kommenden Tätigkeiten einschränken, sie begründen aber keine Zweifel an der normalen betrieblichen Einsatzfähigkeit für leichtere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes.

Aus den genannten qualitativen Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit ergeben sich weder schwere spezifische Leistungsbehinderungen noch stellen die qualitativen Leistungseinschränkungen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen (vgl. dazu BSG Urteil vom 11. Mai 1999 - B 13 RJ 71/97 R = SozR 3-2600 § 43 Nr. 21 - Juris Rdnr. 18 ff.) dar. Insbesondere konnte der Senat sich von einer Einschränkung der Wegefähigkeit nicht überzeugen. Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit des Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen. Eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die dem Versicherten dies nicht erlaubt, stellt eine derart schwere Leistungseinschränkung dar, dass der Arbeitsmarkt trotz eines vorhandenen vollschichtigen Leistungsvermögens als verschlossen anzusehen ist (BSG Großer Senat vom 19.12.1996 - GS 2/95 - Juris). Diese Kriterien hat das BSG zum Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit entwickelt, wie ihn § 1247 RVO und § 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (a.F.) umschrieben hatten (vgl. BSG Urteil vom 17. Dezember - 13/5 RJ 73/90 - Juris). Diese Maßstäbe gelten für den Versicherungsfall der vollen Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 2 SGB VI) unverändert fort (vgl. BSG Urteil vom 28. August 2002 - B 5 RJ 12/02 R - Juris). Konkret gilt: Hat der Versicherte keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm möglich sein müssen, - auch in Anbetracht der Zumutbarkeit eines Umzugs - nach einem generalisierenden Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt. Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel sowie vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege absolvieren muss. Eine (volle) Erwerbsminderung setzt danach grundsätzlich voraus, dass der Versicherte nicht vier Mal am Tag Wegstrecken von über 500 m mit zumutbarem Zeitaufwand (also jeweils innerhalb von 20 Minuten) zu Fuß bewältigen und ferner zwei Mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren kann. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z. B. Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten zu berücksichtigen (vgl. BSG Urteil vom 17. Dezember 1991 - 13/5 RJ 73/90 - Juris). Dazu gehört z. B. auch die zumutbare Benutzung eines eigenen Kfz (zur Wegefähigkeit vgl. zuletzt BSG Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 79/11 R – Juris). Soweit Prof. Dr. Sto. eine entsprechende Einschränkung der Wegefähigkeit – ohne nähere Begründung – annahm, ist dies für den Senat nicht überzeugend. Der Senat schließt sich auch insoweit der Einschätzung von Prof. Dr. He. und Dr. Co. an. Aufgrund der Schmerzmedikation ist es dem Kläger nicht mehr zumutbar, ein Kraftfahrzeug zu führen. Der Kläger ist aber in der Lage, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen und den Weg von und zu den öffentlichen Verkehrsmitteln in angemessener Zeit zurückzulegen. Hinsichtlich der Länge und der Dauer des Arbeitsweges bestehen aus orthopädischer und neurologischer Sicht nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. He. und Dr. Co. keine Einschränkungen. Der Kläger hat gegenüber Dr. Co. selbst angegeben, bis zu einem Kilometer am Stück zurücklegen zu können.

Der Kläger hat daher keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, weswegen der Senat das angefochtene Urteil aufhebt, die Klage insgesamt abweist und die Berufung des Klägers zurückweist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei war für den Senat im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens ausschlaggebend, dass die Beklagte keinen berechtigten Anlass zur Klageerhebung gegeben, im Berufungsverfahren obsiegt hat und die Rechtsverfolgung des Klägers insgesamt ohne Erfolg geblieben ist.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved