L 8 SB 2690/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 12 SB 4432/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 2690/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 06. Juni 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die rückwirkende Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von mindestens 50 ab 01.11.2000.

Der 1943 geborene Kläger beantragte erstmals am 18.11.1998 die Feststellung seines GdB. Mit Bescheid vom 18.01.1999 stellte der Beklagte einen GdB von 30 fest. Auf einen Antrag vom 02.08.1999 stellte der Beklagte mit Bescheid vom 22.11.1999 einen GdB von 40 wegen eines Diabetes (GdB 30), der Folgen eines Unterschenkelbruchs links (GdB 20) und einer Sehminderung beidseits (GdB 10) fest. Ein Änderungsantrag vom 21.09.2000 hatte keinen Erfolg (Bescheid vom 23.01.2001).

Am 05.08.2003 beantragte der Kläger im Wege einer Zugunstenentscheidung die rückwirkende Feststellung eines GdB von 50 ab 01.11.2000. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 11.09.2003 und Widerspruchsbescheid vom 15.12.2003 ab. Klage und Berufung hatten keinen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Heilbronn – SG - vom 15.06.2004 – S 2 SB 3577/03; Urteil des Senats vom 20.11.2009 – L 8 SB 3837/09).

Ein Neufeststellungsantrag vom 17.12.2007 wegen einer Verschlimmerung führte zur Feststellung eines GdB von 70 seit 17.12.2007 (Bescheid vom 24.06.2008).

Am 25.11.2008 beantragte der Kläger die Überprüfung bestandskräftiger Bescheide und begehrte die Feststellung eines GdB von mindestens 50 ab 01.11.2000. Der Beklagte habe einen Diabetes mellitus nicht entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ausreichend berücksichtigt. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 15.09.2010 und Widerspruchsbescheid vom 04.10.2010 ab. Dagegen rügte der Kläger mit Fax vom 09.10.2010 die fehlende Anhörung und bat den Beklagten um Prüfung, ob der "mickrige" Widerspruchsbescheid vom 04.10.2010 nicht zurückgenommen werden solle. Der Beklagte wies ihn mit Schreiben vom 11.10.2010 auf die Möglichkeit hin, gegen den Widerspruchsbescheid Klage zu erheben. Eine weitere Überprüfung im Verwaltungsverfahren sei nicht vorgesehen. Mit Schreiben vom 27.10.2010 antwortete das Landratsamt S. auf ein weiteres Schreiben des Klägers unmittelbar an den Landrat vom 26.09.2010 und verwies erneut auf die Möglichkeit der Klageerhebung gegen den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 04.10.2010.

Am 02.10.2003 und 30.03.2004 beantragte der Kläger die Neufeststellung seiner Behinderung wegen eines am 06.09.2003 eingetretenen Schlaganfalls und weiterer neu aufgetretener Behinderungen. Diesem Antrag gab der Beklagte mit Bescheid vom 13.10.2010 insofern statt als er ab 01.09.2003 einen GdB von 50 feststellte. Dagegen erhob der Kläger am 09.11.2010 Widerspruch, mit dem er die Feststellung eines GdB von 50 ab 01.11.2000 begehrte. Mit Widerspruchsbescheid vom 17.11.2010 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Darin wies er darauf hin, dass es für die Zeit ab 17.12.2007 beim Bescheid vom 24.06.2008 verbleibe. Gegenüber dem Bescheid vom 22.11.1999 sei ab 01.09.2003 insofern eine wesentliche Änderung eingetreten als nunmehr wegen der Folgen des Schlaganfalls ein GdB von 50 festgestellt werde. Dem Neufeststellungsantrag könne deshalb nicht in weiterem Umfang als bisher stattgegeben werden.

Dagegen erhob der Kläger am 30.11.2010 Klage zum SG, die er ausdrücklich gegen den Widerspruchsbescheid vom 17.11.2010 richtete und damit begründete, dass ab 01.11.2000 ein GdB von 50 festzustellen sei. Medizinische Erhebungen seien nicht erforderlich, deshalb bedürfe es auch keiner Entbindung von der Schweigepflicht. Er begehre nur eine andere Bildung des Gesamt-GdB. Das SG wies den Kläger darauf hin, dass in den angefochtenen Bescheiden über Änderungsanträge ab 01.09.2003 und nicht über seinen Antrag auf Überprüfung der bestandskräftigen Bescheide vom 22.11.1999 und 23.01.2001 entschieden worden sei. Der Widerspruchsbescheid vom 04.10.2010, der den Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X betreffe, sei gerade nicht mit der Klage angefochten worden. Es bestünden deshalb Zweifel an der Zulässigkeit der Klage.

Der Kläger führte darauf hin aus, dass er das Verfahren von 2003 trotz des Urteil des LSG vom 20.11.2009 fortsetzen wolle, weil das LSG in seiner Entscheidung nicht berücksichtigt habe, dass der Diabetes mit seinen Nebenwirkungen negative Auswirkungen auf die Sehbehinderung habe. In der DDR hätten alle Behinderten mit einem Diabetes mellitus mit Insulinbehandlung einen Schwerbeschädigtenausweis II, der nach dem Einigungsvertrag einem Schwerbehindertenausweis mit einem GdB von 50 entspreche. Das stehe auch ihm zu, denn schließlich müssten alle Menschen gleich behandelt werden.

Mit Gerichtsbescheid vom 06.06.2011 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, dass die Klage zulässig, aber unbegründet sei. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse sei zwischen dem Bescheid vom 22.11.1999 und dem 01.09.2003 nicht eingetreten. Ein GdB von 50 ab 01.11.2000 sei nicht eingetreten, wie schon das LSG im Urteil vom 20.11.2009 entschieden habe. Eine Änderung komme weder nach § 48 SGB X noch nach § 44 SGB X in Betracht.

Gegen den ihm am 09.06.2011 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 28.06.2011 eingelegte Berufung des Klägers. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass der angefochtene Gerichtsbescheid unrichtig von einem Verfahren nach § 48 SGB X ausgehe. Er wolle eine Überprüfung nach § 44 SGB X. Das LSG habe in dem Urteil vom 20.11.2009 nicht hinreichend berücksichtigt, dass mit dem Arbeitsunfall von 1998 sein Arbeitsleben vorbei gewesen sei. Er bezieht sich auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 24.04.2008 – B 9/9a SB 6/06 R.

Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 06.06.2011 sowie den Bescheid vom 13.10.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.11.2010 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen unter Rücknahme des Bescheids vom 23.01.2001 und Änderung des Bescheids vom 22.11.1999 ab 01.11.2000 einen GdB von 50 festzustellen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung führt er aus, das SG habe zutreffend darauf hingewiesen, dass der Überprüfungsbescheid vom 14.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.10.2010 bestandskräftig geworden sei. Schon deshalb sei die Klage abzuweisen. Aus der Berufungsbegründung ergäben sich keine neuen Erkenntnisse.

Der Berichterstatter hat den Klägervertreter darauf hingewiesen, dass in der Klageschrift allein der Widerspruchsbescheid vom 17.11.2010 genannt sei. Der Bescheid vom 14.09.2010 und Widerspruchsbescheid vom 04.10.2010 sei nicht mit der Klage angefochten worden. Insofern fehle es an einer anfechtbaren Entscheidung nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Der Kläger hat darauf geltend gemacht, dass zwar der Kläger ohne seinen Prozessbevollmächtigten im Jahr 2007 einen Verschlimmerungsantrag gestellt habe. Der Weg des Prozessbevollmächtigten sehe aber so aus, dass er seit 2003 die Feststellung eines GdB von 50 ab 01.11.2000 verfolge. Also müsse der hier angefochtene Bescheid auch über dieses Begehren entscheiden. Sein erklärtes Prozessziel sei es, ab 01.11.2000 einen GdB von 50 zu erlangen. Der im Jahr 2003 eingetretene Schlaganfall helfe da nicht. Man hätte eben in die Bescheide "§§ 44 und 48 SGB X" schreiben sollen oder man hätte eben zwei Bescheide erteilen sollen. Man möge prüfen, ob die beiden Behörden ihre Bescheide ergänzen oder berichtigen könnten. Dazu hat er auf eine Entscheidung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 24.02.2011 – B 14 AS 49/10 R) verwiesen, nach der das Gericht den Antrag auslegen und gegebenenfalls auf sachdienlich Anträge hinwirken müsse.

Der Berichterstatter hat den Kläger darauf hin darauf hingewiesen, dass der Beklagte zwei Entscheidungen getroffen habe. Es bestehe nur die Möglichkeit, erneut einen Antrag nach § 44 SGB X zu stellen. Der Kläger hat demgegenüber die Auffassung vertreten, dass der Beklagte im angefochtenen Bescheid auch über die Zeit vor dem 01.09.2003 entschieden habe.

Der Berichterstatter und die nunmehr zuständige Berichterstatterin haben weitere rechtliche Hinweise zu §§ 44, 48 SGB X und dem zulässigen Umfang einer Klage erteilt.

Auf Hinweis der Berichterstatterin zur Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 26.06.2010 – L 8 SB 553/11) zum Umfang der Vertretungsbefugnis von Rentenberatern in sozialgerichtlichen Verfahren zur Feststellung des GdB und Merkzeichen hat der Klägervertreter vorgetragen, dass er seit November 2003 und im Zusammenhang mit einer Altersrente für Schwerbehinderte für den Kläger tätig sei. Er hat ein Schreiben der (ehemaligen) LVA Baden-Württemberg vom 20.04.2004 an ihn vorgelegt, nach dem die Entscheidung über einen Antrag auf Altersrente bei Schwerbehinderung zurückgestellt wurde bis über die Klage betreffend den Grad der Behinderung entschieden sei.

Auf eine Ladung zum Erörterungstermin am 12.09.2012 hat der Kläger vorgetragen, dass es nicht seine Schuld sei, dass der Beklagten einen "reinen 48er-Bescheid" erteile, obwohl er einen Antrag nach § 44 SGB X gestellt habe. Außerdem habe das Landratsamt seinen Antrag so verstehen müssen, dass er alles haben wolle, was ihm zustehe, also auch eine Überprüfung nach § 44 SGB X.

Der Beklagte hat sich in einem Erörterungstermin am 12.09.2012 bereit erklärt, über den nunmehr als erneut gestellt anzusehenden Antrag nach § 44 SGB X eine rechtsmittelfähige Entscheidung zu treffen.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch Urteil ohne münd-liche Verhandlung einverstanden erklärt.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf einen Band Akten des Beklagten, einen Band Akten des Sozialgerichts Heilbronn und die beim Senat angefallenen Akten einschließlich der Akten aus dem vorhergehenden Verfahren (L 8 SB 2909/04 und L 8 SB 3837/09).

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet.

Der Senat entscheidet gemäß § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung, weil die Beteiligten dieser Verfahrensweise zugestimmt haben.

Der vom Kläger mit seiner Vertretung beauftragte Rentenberater war nicht gemäß § 73 Abs. 3 SGG zurückzuweisen, denn er handelt im Rahmen seiner Befugnisse nach § 10 RDG, § 73 Abs. 1 Nr. 3 SGG (vgl. Beschlüsse des Senats vom 26.06.2012 - L 8 SB 553/11 und L 8 SB 537/11, veröffentlicht in www.sozialgerichtsbarkeit.de). Das Verfahren hat einen unmittelbaren Bezug zur durch seinen prozessbevollmächtigten Rentenberater beantragten Altersrente für schwerbehinderte Menschen, so dass dem Klägervertreter eine Annexkompetenz zur Vertretung des Klägers im hiesigen Verfahren zusteht.

Der Senat hat den Antrag des Klägers nach seinem erkennbaren Begehren sachdienlich gefasst.

Die Klage ist unzulässig. Es fehlt an einem noch anfechtbaren Bescheid betreffend die Feststellung eines GdB von mindestens 50 ab 01.11.2000. Nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG kann durch Klage die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Die Klage ist nach Satz 2 SGG zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein. Diese Voraussetzungen für die hier erhobene kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage liegen erkennbar nicht vor. Auch der Kläger behauptet nicht (mehr) durch den angefochtenen Bescheid vom 13.10.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.11.2010 beschwert zu sein, denn er gesteht inzwischen selbst zu, dass diese Bescheide nicht zu der Frage ergangen sind, ob der Bescheid vom 23.01.2001 aufgehoben und der Bescheid vom 22.11.1999 abgeändert werden soll. In diesem Bescheid, wie er seine Gestalt durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat, findet sich nur eine Entscheidung über die Anträge vom 02.10.2003 und 30.03.2004 (jeweils Eingang beim Beklagten). Diese Anträge betreffen – auch nach Auffassung des Klägervertreters - ausschließlich die Feststellung eines höheren GdB ab Eintritt des ersten Schlaganfalls am 06.09.2003, sind also Änderungsanträge ab diesem Zeitpunkt für die Zukunft.

Der Bescheid vom 13.10.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.11.2010 kann auch nicht so ausgelegt werden, dass er eine Entscheidung auch über die Frage trifft, ob für die Zeit vor dem 01.09.2003 ebenfalls ein GdB von wenigstens 50 festzustellen ist. Diese Entscheidung, die den Antrag des Klägervertreters vom 25.11.2008 betraf, wurde bereits mit Bescheid vom 14.09.2010 und Widerspruchsbescheid vom 04.10.2010 getroffen. In diesem Bescheid findet nicht nur das Antragsdatum des Überprüfungsantrags nach § 44 SGB X und der Hinweis auf die Überprüfung der insofern maßgeblichen Entscheidung vom 22.11.1999 für die Zeit ab 01.11.2000. Auf diese Entscheidung wurde der Klägervertreter mit verschiedenen Schreiben des Regierungspräsidiums und des Landratsamts hingewiesen. Dem Klägervertreter sind diese Bescheide auch zugegangen, denn er hat mit Schreiben vom 09.10.2010 darum gebeten, diesen Bescheid zurückzunehmen. Bei Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont war für einen objektiven Empfänger erkennbar, dass der Beklagte hier zwei völlig verschiedene Entscheidungen getroffen hat, nämlich einmal betreffend den Zeitraum ab 01.11.2000 und das zweite Mal ausschließlich betreffend den Zeitraum ab 01.09.2003. Eine Auslegung des Bescheids vom 13.10.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.11.2010 dahingehend, dass hier erneut über die Höhe des GdB ab 01.11.2000 entschieden werden sollte, ist vor diesem Hintergrund nicht möglich.

Soweit der Kläger geltend macht, seine Klage weiter führen zu wollen, die mit der Entscheidung des Senats vom 20.11.2009 ihren Abschluss gefunden hat, steht diesem Begehren die Rechtskraft des Urteils vom 20.11.2009 entgegen.

Soweit der Kläger sich in der Sache gegen den Bescheid vom 14.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.10.2010 wehrt, ist diese Klage ebenfalls unzulässig, denn der Kläger hat insofern die Klagefrist versäumt. Nach § 87 Abs. 1 und 2 SGG ist die Klage innerhalb eines Monats nach der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids zu erheben. Nach § 37 SGB X erfolgt die Bekanntgabe eines schriftlichen Verwaltungsakt durch Zugang beim Betroffenen oder dessen Bevollmächtigten. Der Widerspruchsbescheid vom 04.10.2010 ist dem Klägervertreter spätestens am 09.10.2010 zugegangen, denn mit diesem Datum ist er dagegen vorgegangen, indem er angeregt hat, diesen Widerspruchsbescheid zurückzunehmen. Die Klagefrist lief insofern spätestens am Dienstag, den 09.11.2010 ab. Die am 30.11.2010 beim SG eingegangene Klage konnte diese Frist nicht mehr wahren.

Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 13.10.2010 vom 09.11.2010 kann ebenso wenig wie das Fax vom 09.10.2010 als Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 04.10.2010 ausgelegt werden. Das Fax vom 09.10.2010 fragt nach der Rücknahme des "mickrigen" Widerspruchsbescheids, weil das Landratsamt bzw. das Regierungspräsidium den Kläger nicht hinreichend angehört habe. Trotz der mit Schreiben vom 11.10.2010 und 27.10.2010 durch Landratsamt und Regierungspräsidium erfolgten Hinweise auf die Möglichkeit der Klage, hat der Kläger, der immerhin einen als Rentenberater mit dem Sozialrecht vertrauten Prozessbevollmächtigten hat, nicht erklärt, dass sein Fax vom 09.10.2010 als Klage verstanden werden soll. Vielmehr stellt sich dieses Fax als Antrag an die Behörde auf eigenständige Rücknahme dieses Widerspruchsbescheids nach § 44 SGB X dar. Ein an ein Gericht gerichtetes Begehren ergibt sich daraus nicht.

Auch der Widerspruch vom 09.11.2010 gegen den Bescheid vom 13.10.2010 kann nicht als Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 04.10.2010 ausgelegt werden. Zwar begehrte der Kläger schon in diesem Widerspruch die Feststellung eines GdB von 50 ab 01.11.2000 und gab damit zu erkennen, dass sein eigentliches Begehren die rückwirkende Beurteilung des GdB war. Jedoch bezeichnet dieser Widerspruch ohne jeden Zweifel den Bescheid vom 13.10.2010 als angefochtenen Bescheid. Der Widerspruchsbescheid vom 04.10.2010 oder der Ausgangsbescheid vom 14.09.2010 werden darin – trotz der Hinweise des Landratsamts und des Regierungspräsidiums vom 11.10.2010 und 27.10.2010 – nicht genannt. Der Widerspruch kann deshalb nur so verstanden werden, dass er sich – insofern schon unzulässig – gegen den Bescheid vom 13.10.2010 wandte.

Der Widerspruchsbescheid vom 17.11.2010 kann schließlich auch nicht so ausgelegt werden, dass er seinerseits erstmals erneut über einen im Widerspruch enthaltenen erneuten Antrag auf Überprüfung bestandskräftiger Bescheide nach § 44 SGB X entscheidet, denn auch der Widerspruchsbescheid gibt eindeutig zu erkennen, dass er nur über die Frage eine Entscheidung trifft, ob ab 01.09.2003 ein höherer GdB als 50 (und das Merkzeichen G) zuzuerkennen ist. Über die Zeit bis 01.09.2003 verhält sich der Widerspruchsbescheid nicht.

Sofern mit dem Widerspruch vom 09.11.2010, jedenfalls aber mit Klage- und Berufungsbegründung erneut ein Antrag auf Überprüfung bestandskräftiger Bescheide ab 01.11.2000 gestellt wurde, fehlt es noch an der vom Beklagten im Erörterungstermin vom 12.09.2012 angekündigten rechtsbehelfsfähigen Entscheidung.

Die Berufung ist deshalb zurückzuweisen.

Selbst wenn man den Widerspruch vom 09.11.2010 als Klage gegen den Bescheid vom 14.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.10.2010 und diese Klage trotz der Zugangsfiktion des § 37 Abs. 2 SGB X mit dem dritten Tag der Aufgabe zur Post (04.10.2010) als noch rechtzeitig ansehen wollte, wäre die Berufung zurückzuweisen, denn dann wäre die Berufung mangels Entscheidung des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid über diese Klage unzulässig.

Im Übrigen hat das SG zutreffend ausgeführt, dass dem Kläger kein Anspruch auf Rücknahme des Bescheids vom 21.01.2001 und Änderung des Bescheids vom 22.11.1999 sowie Feststellung eines GdB von 50 ab 01.11.2000 zusteht. Der Senat bezieht sich insofern auf die Entscheidungsgründe im Gerichtsbescheid vom 06.06.2010, denen er sich nach erneuter Überprüfung vollumfänglich anschließt, § 153 Abs. 2 SGG, und die Gründe seiner eigenen Entscheidung vom 20.11.2009.

Die Berufung war auch deshalb zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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